syndicom magazin Nr. 16
Das syndicom-Magazin bietet Informationen aus Gewerkschaft und Politik: Die Zeitschrift beleuchtet Hintergründe, ordnet ein und hat auch Platz für Kultur und Unterhaltendes. Das Magazin pflegt den Dialog über Social Media und informiert über die wichtigsten Dienstleistungen, Veranstaltungen und Bildungsangebote der Gewerkschaft und nahestehender Organisationen.
Das syndicom-Magazin bietet Informationen aus Gewerkschaft und Politik: Die Zeitschrift beleuchtet Hintergründe, ordnet ein und hat auch Platz für Kultur und Unterhaltendes. Das Magazin pflegt den Dialog über Social Media und informiert über die wichtigsten Dienstleistungen, Veranstaltungen und Bildungsangebote der Gewerkschaft und nahestehender Organisationen.
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
syndicom
Nr. 16 April–Mai 2020
magazin
Arbeiten
im Zeichen
von
Covid-19
Anzeige
Schenken Sie Kindern
Zukunftsperspektiven
und tragen Sie zum Aufbau einer gerechteren Welt bei!
Möchten Sie Comundo-Fachperson werden oder mit Ihrer
Spende ein Projekt finanzieren? Kontaktieren Sie uns!
Spenden aus der Schweiz
PostFinance, PC 60-394-4
IBAN CH53 0900 0000 6000 0394 4
Spenden aus Deutschland
IBAN DE14 6001 0070 0011 5877 00
Comundo
im RomeroHaus, Kreuzbuchstrasse 44
CH-6006 Luzern | Tel. +41 58 854 12 13
spenden@comundo.org
comundo.org/spenden
Fachleute im Entwicklungseinsatz
Inhalt
4 Teamporträt
5 Kurz und bündig
6 Die andere Seite
7 Gastautorin
8 Dossier: Arbeit in Zeiten
von Corona
16 Arbeitswelt
21 Logistik: Neue GAV
22 Home-Office regulieren
25 Recht so!
26 Freizeit
27 1000 Worte
28 Bisch im Bild
30 Aus dem Leben von ...
31 Kreuzworträtsel
32 Inter-aktiv
Eine neoliberale Pandemie
Die rasante weltweite Ausbreitung von Covid-19
ist nicht nur der Globalisierung zuzuschreiben.
Schwerer wiegt, dass die westlichen Staaten
ihre Fürsorgepflicht gegenüber der Bevölkerung
nicht wahrnehmen. Sie wurde dem Primat der
Wirtschaft untergeordnet. Obschon Pandemien
in allen Regierungsszenarien stehen, ist heute
die Gesundheitsversorgung überfordert. Das ist
die direkte Folge des neoliberalen Abbaus des
Service public.
Um die Wirtschaft am Laufen zu halten,
haben manche Regierungen lange mit Massnahmen
gewartet – und damit eine hohe Zahl
von Opfern in Kauf genommen. Auch wirtschaftlich
und sozial haben sie damit die Folgen
erst recht verschlimmert. Nun musste vielerorts
der Notstand ausgerufen werden, starke
Teile der Wirtschaft stehen still.
Vierzig Jahre Neoliberalismus haben zu einem
kollektiven Versagen der Politik geführt. Privatisierung
des Gesundheitswesens, Reduktion der
Intensiv- und Notfallinfrastruktur zugunsten
von VIP-Abteilungen, Auslagerung der Produktion
medizintechnischer Geräte, von Schutzausrüstungen
und Pharmawirkstoffen nach Asien,
verhaltene Investitionen in die Telekomnetze,
Reduktion von Pflichtlagern an Medikamenten
und weiteren elementaren Gütern – alles geschah
im Namen eines schlanken Staates.
Daraus können wir nur einen Schluss ziehen:
Die öffentliche Hand muss wieder das Primat
über die Wirtschaft übernehmen. Denn die
nächste Krise kommt bestimmt.
4
8
22
Giorgio Pardini (Mitglied der GL syndicom)
4
Teamporträt
«Jetzt bekommen wir eine Gegenleistung
für unsere Flexibilität»
Patrick Pflumm (47 Jahre)
Chauffeur bei PostAuto, syndicom-Mitglied
seit sieben Jahren, Präsident der
PeKo der Region Lugano. In den letzten
drei Monaten hat er für syndicom ein
«Mapping» des öffentlichen Verkehrs
im Tessin vorgenommen. Dazu hat er
mit möglichst vielen Chauffeurinnen
und Chauffeuren über ihre Arbeitsbedingungen
gesprochen. Patrick ist
auch in der Verhandlungsdelegation
GAV PostAuto 2021.
Giuseppe Magisano (45 Jahre)
Nach der Schule arbeitete er im
Maschinenbau betrieb seiner Familie
in Italien, ab 2010 in der Schweiz: zunächst
im Erdbau, dann im Fahrzeugtransport
im Kanton Graubünden und
schliesslich als Reisebus-Chauffeur.
Ab Dezember 2014 war er als Chauffeur
bei einem PostAuto-Unternehmen
tätig. Heute arbeitet er bei PostAuto.
Giuseppe war zunächst Vertrauensmann
von syndicom und ist heute Präsident
der PeKo in Bellinzona.
Text: Giovanni Valerio
Bild: Sandro Mahler
«Die Resultate gelten
schweizweit!»
In den vergangenen Jahren hat Post
Auto die PeKos (oder ersatzweise uns
Chauffeur*innen direkt) zur Unterzeichnung
einer Vereinbarung aufgefordert,
damit der Arbeitgeber uns
noch flexibler als nach Arbeitszeitgesetz
einsetzen konnte. Die Angst
vor einem Stellenverlust hat diese
Vereinbarung zu einer gängigen
Praxis gemacht, obwohl wir genau
wussten, dass sich unsere Arbeitsbedingungen
verschlechterten und
es keine Gegenleistung gab.
Da wir uns kein Gehör verschaffen
konnten und der Einsatz nicht
honoriert wurde, hat die PeKo von
PostAuto in Lugano als Zeichen des
Protestes sogar demissioniert. Sie
wurde dann mit neuen Mitgliedern
schrittweise wieder eingesetzt und
begann eine Zusammenarbeit mit
der PeKo von Bellinzona. Wir haben
mit allen gesprochen und versucht,
ihre Würde als Arbeitnehmende
wiederher zustellen.
Mit Hilfe von syndicom haben wir
eine neue Vereinbarung verfasst, in
der auch eine Anerkennung der
Flexibili tät vorgesehen ist. Den Kolleginnen
und Kollegen musste vermittelt
werden, wie wichtig es war,
die Vereinbarung von syndicom zu
unterschreiben und für unsere Flexibilität
eine Gegenleistung zu verlangen.
Die Gewerkschaft hat uns die
Rechtsgrundlagen erklärt, bis wir
mit den verschiedenen Artikeln des
GAV und des Arbeitszeit gesetzes
jonglieren konnten.
Trotz anfänglichem Druck hat
der Zusammenhalt des Personals
schweiz weit dazu geführt, dass Post
Auto beschloss, die Ausnahmen für
die Dienste zu verhandeln. Als Gegenleistung
für die Flexibilität konnten
wir eine zusätzliche Ferienwoche
für die Leute bei PostAuto erlangen
und eine Zahlung von 1000 Franken
für die Chauffeur*innen der PU.
Hinzu kommen Entschädigungen
für Dienst ausserhalb des üblichen
Dienstortes und ein Ausgleich für
Pausen ausserhalb des Arbeitsortes.
Die Resultate gelten schweizweit und
haben den Zusammenhalt und das
Bewusstsein der Arbeitnehmenden
gestärkt!
Die PeKo stellen die Anliegen der
Mitarbeiter gegenüber der Geschäftsleitung
klar und sind, wie die Gewerkschaften,
ein wichtiger Katalysator,
um kleine oder auch grosse
Probleme besser zu lösen.
Kurz und
bündig
80 000 Unterschriften für das Spitalpersonal \ Parlament tagt in
Bernexpo \ Fairlog wehrt sich gegen weniger Schutz für die
Chauffeure \ TX Group zahlt keine Dividende für 2020 \ Hilfsfonds
für die Medien jetzt! \ USV appelliert an Staatsrat \
5
80 000 Unterschriften für das
Spitalpersonal
In kurzer Zeit hat die Gewerkschaft
VPOD-SSP in der Deutsch- und Westschweiz
80 000 Unterschriften gesammelt.
Die Petition «Das Spitalpersonal
muss geschützt werden und verdient
eine Gefahrenzulage» will, dass der
Bundesrat seinen Entscheid zur Aussetzung
des Arbeitsgesetzes für das Spitalpersonal
zurücknimmt. Gerade weil
wir uns in einer Notlage befinden, muss
der rechtliche Rahmen der Arbeits- und
Ruhezeiten weiterbestehen. Erfahrungen
aus dem Ausland zeigen, dass sich
das Erkrankungsrisiko für das Pflegepersonal
leider enorm erhöht, wenn es
dem Virus länger ausgesetzt ist.
Parlament tagt in Bernexpo
Ab 4. Mai kommt das Parlament in einer
einwöchigen ausserordentlichen Session
in der Bernexpo zusammen. Aufgrund
der Pandemie kann es nicht im Bundeshaus
tagen. In der ausserordentlichen
Session sollen Kredite in Höhe von 30,7
Milliarden Franken genehmigt werden.
TX zahlt keine Dividende
für das laufende Jahr
Noch nach der Beantragung von Kurzarbeit
hat die TX-Gruppe 37 Millionen an
die Aktionäre ausgeschüttet (s. S. 19).
syndicom hatte den Verwaltungsrat aufgefordert,
auf die Dividende 2019 zu
verzichten und diese Mittel zur langfristigen
Sicherung von Arbeitsplätzen und
zur Gewährleistung von Qualitätsjournalismus
einzusetzen. Ohne Ergebnisse.
Während der Jahresversammlung kündigte
Präsident Pietro Supino (Foto) an,
dass «für das laufende Jahr aufgrund
der krisenbedingten negativen Gewinne
keine Dividende erwartet wird». Aber die
Dividenden des letzten Jahres sind bereits
in seiner Tasche.
Chauffeure in prekärer Lage
Fairlog, die Allianz von SEV, syndicom
und Unia für die Branche Logistik und
Strassengütertransport, ist beunruhigt
über die prekäre Situation der Chauffeurinnen
und Chauffeure nach dem
Beschluss des Bundesrats, die Schutzvorschriften
für die Verkehrsbranche
zu lockern und den Kurier fahrerinnen
und -fahrern Sonntagsarbeit zu verordnen.
Solche Massnahmen ohne
Gegen leistung und ohne Einbezug der
betroffenen Arbeitnehmenden und ihrer
Gewerkschaften sind inakzeptabel.
Ein Hilfsfonds für die Medien
Die Pandemie treibt die Schweizer
Medien in eine der schlimmsten Krisen
ihrer Geschichte, da die Werbeeinnahmen
zusammenbrechen. syndicom,
Impressum, SSM und mehrere Organisationen
für den Journalismus verlangen
vom Bund einen Hilfsfonds für die
Medien. Dieser soll die Unterstützung
an die Zustellung der Zeitungen erhöhen
und das Überleben von Druckereien
und Medien aller Art sicherstellen.
Auch die Finanzierung von Recherchen
und Reportagen durch einen Unterstützungsfonds
gehört dazu.
Verschleierte Werbung
Der Presserat hat Tamedia (TX Group)
mehrfach gerügt, da bezahlte Beiträge
von Pro viande, Swiss com, Mazda und
Genève Invest im Tages-Anzeiger und
in der SonntagsZeitung erschienen, die
von der Leserschaft für redaktionelle
Artikel gehalten werden konnten.
Shutdown in der Waadt?
Der Waadtländer Gewerkschaftsbund
USV fordert den Staatsrat auf, die Einstellung
sämtlicher nicht-wesentlichen
wirtschaftlichen Aktivitäten zu beschliessen,
wie es das Tessin bereits
getan hat. Diese Kantone sind am
stärksten von der Epidemie betroffen.
Die Schutzvorschriften gegen die Ausbreitung
des Virus an den Arbeitsplätzen
werden nicht eingehalten.
Agenda
April
ganzer Monat
Musealer Livestream
in die Stube
Das Museum für Kommunikation Bern
macht Online-Führungen: Dienstag bis
Freitag um 13.30 Uhr. So kommt die
Kultur nach Hause in die isolierte Stube
oder ins Home-Office. Das wird nun
per Livestream über die Facebook-
Seite des Museums ausprobiert. Alle
sind eingeladen, aktiv mitzudiskutieren.
ganzer Monat
Kinderkanäle freigeschaltet
Für die Kleinsten unter uns: UPC schaltet
vom 25. März bis 6. Mai 2020 alle
Kinderkanäle frei – und zwar kostenlos.
Die Freischaltung erfolgt automatisch
für alle Digital-TV-Kunden. Die Sender
können neben der UPC TV Box auch mit
älteren Geräten (z. B. Horizon oder Mediabox)
empfangen werden.
Mai
1.
1.-Mai-Demos abgesagt
Unter den aktuellen Umständen müssen
die Demonstrationen und Versammlungen
zum 1. Mai 2020 –
schweizweit über 50 – abgesagt
werden. Dieser historisch beispiellose
Schritt ist schmerzhaft, aber angesichts
der Pandemie unausweichlich,
schreibt der SGB. Alternative Ideen
werden geprüft.
Juni
20.
Delegiertenversammlung
syndicom
Bierhübeli, Bern
Die jährliche nationale Delegiertenversammlung
von syndicom wird sich mit
der Zukunft des Service public in einer
digitalen Gesellschaft sowie mit Ökologie
und Arbeitsbedingungen befassen.
syndicom.ch/agenda
6 Die andere
Dr. Hans C. Werner ist seit 2011 Chief Personnel Officer und
Seite
Mitglied der Konzernleitung der Swisscom. Ursprünglich Rektor
eines Wirtschaftsgymnasiums, ging er 1999 zur Swiss Re, wo er
nach mehreren Stationen Head Global Human Resources wurde.
Danach war er bei Schindler, ebenfalls im HR.
1
Ab Sommer 2020 können die Swisscom-Mitarbeitenden
ab 58 ihre
Arbeitszeit reduzieren. Wie läuft das
genau ab?
Das Modell ist für Mitarbeitende ab
58 gedacht, die sich in zwei Jahren
pensionieren lassen möchten, ihre
Arbeitszeit jedoch vorher schrittweise
reduzieren wollen, damit mehr Zeit
für private Dinge bleibt.
2
Welche anderen Beiträge nebst der
AHV-Überbrückungsrente enthält das
Swisscom-Modell?
Swisscom finanziert einen Teil der
finanziellen Auswirkungen der Beschäftigungsgrad-Reduktion,
der sich
je nach gewählter Modellvariante unterschiedlich
zusammensetzt. Bei der
Variante mit Teilpensionierung erfolgt
eine Teilkompensation der Renteneinbusse.
Bei der Variante ohne
Teilpensionierung übernimmt Swisscom
die Pensionskassenbeiträge der
Lohndifferenz sowie eine einmalige
Ausgleichszahlung für die reduzierte
AHV-Überbrückungsrente.
3
Welche Beschäftigungsgarantie gibt
es beim vereinbarten Altersteilzeit-
Modell?
Teilnehmende am Modell profitieren
von einer Beschäftigungsgarantie von
zwei Jahren.
4
Wie viele Mitarbeitende werden nach
Ihren Annahmen daran teilnehmen
oder haben sich schon angemeldet?
Die Anmeldung wird erst ab Frühjahr
möglich sein. Zum jetzigen Zeitpunkt
haben wir keine Anhaltspunkte über
die möglichen Teilnehmerzahlen.
(Red.: syndicom schätzt, dass die
Zahl der Angestellten, die profitieren
können, bei ca. 1500 liegt.)
5
In einer Umfrage von syndicom bei
Swisscom hatten 41 % der Antwortenden
von 55+ gesagt, dass sie sich aufgrund
des Alters unter Druck fühlen.
Was tun Sie dagegen?
Es ist uns sehr wichtig, auch für Kolleginnen
und Kollegen über 55 Jahre
ein attraktiver Arbeitgeber zu sein.
Gerade bezüglich Drucksituationen
bieten wir neben steigenden Ferientagen
mit zunehmendem Alter auch
verschiedenste Module zum Umgang
mit Stress an, zudem Schulungen, um
die neuen Technologien und Zusammenarbeitsformen
zu erlernen, und
nicht zuletzt auch Standortbestimmungen,
um den weiteren Verlauf
der Karriere aktiv zu planen.
6
Werden Sie das Personal über die
neuen Pensionierungsmöglichkeiten
informieren?
Ja, wir werden die Mitarbeitenden
rechtzeitig und detailliert über die
neuen Formen der Altersteilzeit
informieren und ihnen auch Zeit
einräumen, um sich mit der Entscheidung
auseinanderzusetzen.
Text: Sylvie Fischer
Bild: Swisscom
Gastautorin
Eigentlich könnte man meinen, die
Coronakrise sei ein einziger Glücksfall für den
Journalismus – kaum je war das Informationsbedürfnis
in der Gesellschaft so hoch, selten
veränderte sich die Nachrichtenlage so rasant,
noch nie war ein Thema so ressortübergreifend.
Das Virus interessiert alle, weil es alle treffen
kann. Leider auch die Medien, insbesondere freischaffende
Journalist*innen: Veranstaltungen
werden abgesagt, Recherchereisen auf Eis gelegt,
Gesprächspartner*innen stehen für persönliche
Treffen nicht mehr zur Verfügung, Behörden
oder Einrichtungen sind geschlossen.
Zwar habe ich ein Thema gefunden, das sich
trotz all dem realisieren liesse, doch ein Redaktionsleiter
lehnte meinen Artikelvorschlag ab
mit der Begründung, es wäre zwar interessant,
aber im Moment wollten sie nur Coronathemen.
Gleichzeitig ist es schwierig, einen neuen Aspekt
der Krise zu finden, da sich ohnehin fast
alle Redaktionen hauptsächlich mit Corona befassen.
Mehrere Male dachte ich an einen möglichen
Ansatz, den ich beleuchten könnte, nur
um ihn wenig später in einer Zeitung zu entdecken.
Als freie Medienschaffende nehme ich
an keiner Redaktionssitzung teil und habe somit
keine Einsicht in Diskussionen, Planung, Entscheide.
Hinzu kommt, dass paradoxerweise
trotz des hohen Informationsbedürfnisses die
privaten Medien selbst um das Überleben kämpfen:
Die Werbung bricht grösstenteils weg, das
Pensum muss gekürzt oder gar Kurzarbeit beantragt
werden. Die teilweise steigende Anzahl
Abonnements vermag den Verlust nicht wettzumachen.
Kein Wunder, wird auch mit Aufträgen
an Freie gespart. Ob oder wie hohe Entschädigungen
für den Erwerbsausfall selbständige
Medienschaffende vom Bund erhalten werden,
ist noch unklar. Sicher ist: Die gesamte Branche
wird die Konsequenzen von Corona bitter spüren.
Vielleicht realisiert die Gesellschaft durch
diese Krise aber endlich, wie wichtig qualitativer
Journalismus ist. Und dass er einen Preis hat.
Das Dilemma der
Medienschaffenden
Eva Hirschi (29) ist freie Journalistin
und schreibt für diverse Medien in
der Deutsch- und Westschweiz, hauptsächlich
aus dem Ausland. Zurzeit
steckt die Bernerin aufgrund der
Corona krise in der Schweiz fest.
Sie hat Internationale Beziehungen
sowie Medien und Kommunikation in
Genf und Stockholm studiert und ist
Mitglied der Kommission der freien
Medienschaffenden bei syndicom.
7
Grafische Industrie, Buchhandlungen: Kurzarbeit angesagt
Velokuriere: neue Ideen und schwarze Schafe
Post wird mit Paketen überschwemmt
Dünne Zeitungen und kleine Schritte eines grossen Konzerns
Dossier 9
Brot
verdienen
in Zeiten
von Corona
10 Dossier
«Lokal einkaufen, sonst wird die Krise eine
Lizenz zum Gelddrucken für Amazon»
Bei syndicom sind alle Branchen von den Corona-Massnahmen
betroffen. Hier erzählen Freischaffende,
Angestellte und Selbständige von
den Veränderungen.
Text: Philippe Wenger
Bilder: Markus Forte
Erhan (Name geändert) sitzt auf dem Balkon und macht
eine Pause – Home-Office, wie so viele in der grafischen
Industrie. Er zieht an einer Zigarette, während er per Video-Chat
sein Dilemma schildert: «Ich habe gestern die
Zusage für den neuen Job gekriegt. Ich weiss aber nicht,
ob ich ihn annehmen soll.» Dieser neue Job ist die eigentlich
lang ersehnte Möglichkeit für Erhan, seine unfairen
Arbeitsbedingungen hinter sich zu lassen. Aber nicht nur
sein jetziger Arbeitgeber hat «wegen Corona» Kurzarbeit
(s. Kasten) beantragt, auch «der Neue» tat dies. In diesem
Umfeld eine neue Stelle anzutreten, ist riskant.
Als der Bundesrat am 13. März die «ausserordentliche
Lage» ausrief, ging ein Ruck durch das Land, als hätte der
Fahrer eines Reisecars scharf gebremst. Um im Bild zu
bleiben: Jene, die ungesichert im Mittelgang Getränke
servierten, flogen sofort auf die Nase; die Nicht-Angeschnallten
mussten sich an der Vorderlehne festhalten,
bei den Angegurteten weiss man noch nicht, was dieser
Gurt an Druckstellen auf dem Körper hinterlassen wird.
In den Branchen von syndicom findet man alle Beispiele.
Kurierbranche: Verluste und ganz neue Kundschaft
«Ich gehe zwar wie immer zur Arbeit, aber gleichzeitig stellen
wir gerade unser Geschäftsmodell auf den Kopf», sagt
Marc Herter, Co-Geschäftsleiter der Genossenschaft Velokurier
Winterthur. Die üblichen Botenaufträge von Büro
Was für
Verhältnisse
herrschen,
wenn Corona
vorbei ist?
Die TX-Aktionäre sollen mithelfen
Corona-Erwerbsersatz
Die Massnahmen des Bundesrats zur Eindämmung der Corona-Pandemie
zerrütten die Schweizer Wirtschaft. Im «Kreisschreiben
Corona-Erwerbsersatz» (KS CE) beschreibt das
Bundesamt für Sozialversicherung, wie selbständig Erwerbende
und bestimmte Angestellte an Geld kommen können.
Zentral ist, dass man einen Nachweis für den Ausfall des
Einkommens erbringen muss – das können Flyer, Verträge
oder andere Dokumente sein. Den Antrag muss man bei der
AHV-Ausgleichskasse stellen, bei der man Beiträge bezahlt.
Anspruch haben auch Eltern, die wegen eines Ausfalls der
Fremdbetreuung ihre Kinder selbst betreuen müssen und
deswegen nicht arbeiten können, und Menschen, die in Quarantäne
verbleiben müssen. Die Leistungen des KS CE kommen
nur zum Tragen, wenn nicht anderswo Geld beschafft
werden kann. Dazu gehört auch die erweiterte Kurzarbeit.
Kurzarbeit
Kurzarbeit ist die vorübergehende Reduzierung der Arbeit,
etwa aufgrund einer behördlichen Anweisung wie jetzt. Die
Entschädigung kann von den Unternehmen beantragt werden,
um Arbeitsplätze zu sichern, und wird normalerweise
ebenfalls von den AHV-Ausgleichskassen koordiniert. In manchen
Kantonen übernimmt das aber eine andere Stelle. Das
Antragsverfahren wurde stark vereinfacht. Informationen
dazu finden sich auf der Website des Seco: arbeit.swiss.
In 5 Jahren 230 Millionen Dividende ausgeschüttet
syndicom fordert: Die Aktionäre der grossen Firmen sollen bei
der Bewältigung der Krise mithelfen. Stephanie Vonarburg,
Vizepräsidentin von syndicom, nennt die TX Group (früher
Tamedia) als Beispiel: Dort wurde – auf Druck von Personal
und syndicom – die Kurzarbeit auch für regelmässige Freie
beantragt, und der Lohnausgleich auf 100 % wird bis Juni
vom Konzern übernommen. Zudem verzichtet die Unternehmensleitung
2020 auf ihre Bonus-Zahlungen. Allerdings sei
das nur ein kleiner Schritt für einen Konzern, der in den letzten
fünf Jahren insgesamt über 230 Millionen an Dividenden
ausbezahlt hat. Die Aktionäre seien aufgefordert, auf die Dividenden
der Jahre 2019 und 2020 zu verzichten (passiert ist
dies nur für das laufende Jahr), geplante Sparmassnahmen
sind zu stoppen. Es sei undenkbar, dass der Verlag von einer
höheren Medienförderung profitieren kann, wenn er die Redaktionen
von Bund und Berner Zeitung sowie der Zürcher
Regionalzeitungen und des Tages-Anzeigers noch enger
zusammenführt.
(Ph. W.)
Die Lösung von Basel-Stadt
syndicom möchte, dass der Bund sich an der Lösung von
Basel-Stadt ein Beispiel nimmt, um den Selbständigen und
Freischaffenden eine Art Existenz minimum zu geben. Mit
einem Anmeldeformular, das in 30 Minuten ausgefüllt werden
kann, verspricht der Kanton eine Unterstützung, die auch
tatsächlich zum Überleben reicht. Anders als die meisten
anderen Stellen garantiert Basel-Stadt einen Mindestsatz
von 98 Franken pro Tag und beschränkt die Taggelder nicht
auf abgesagte Veranstaltungen. So erhalten Selbständige
mit einem 100-Prozent-Ausfall zumindest knapp 3000 Franken
pro Monat.
(Red.)
«Man muss für
abgesagte Lesungen
Beweise liefern –
die gibt es nicht
und wird es nie geben»
zu Büro sind verschwunden, weil: «niemand arbeitet mehr
im Büro». Dafür entstehen neue Beziehungen zu Floristen
und Apotheken, die ihre Kundschaft neuerdings nach
Hause beliefern. Was das «umgestellte Geschäftsmodell»
für den Umsatz bedeutet, könne man noch nicht abschätzen,
sagt Herter, Arbeit gebe es zumindest genug. Für den
Fall der Fälle habe man sich schon einmal über das Prozedere
informiert, wie Kurzarbeit beantragt werden kann.
Erfreulich sei, dass die Kundschaft Verständnis habe,
dass man kein Bargeld annehme und die Waren im Milchkasten
oder vor der Türe deponiere, statt sie zu übergeben.
«Wir fühlen uns auch nicht zurückgewiesen, wenn
man uns die Türe nicht öffnet, sondern sind froh, wenn
die Kunden sich selbst und uns schützen», sagt Herter.
Die Situation in der Kurierbranche ist nicht überall
gleich. So gebe es Kurierdienste in Genf, deren Umsatz
halbiert wurde, sagt syndicom-Zentralsekretär David
Roth. Gleichzeitig hat der Genfer Staatsrat 100 000 Franken
gesprochen, damit Restaurants ihre Menükarten für
Online-Lieferplattformen aufbereiten können. Die einzigen
Plattformen, die sich gemeldet haben, sind Smood
und Foodective. Smood ist ein rotes Tuch für Gewerkschaften:
«Ich kenne keine Kurierfirma, die tiefere Löhne
bezahlt. Smood verweigert sich dem GAV, Angestellte
berich ten von nicht ausbezahlten Spesen, falschen Lohnabrechnungen
oder gesetzeswidrigen Schichtplänen»,
sagt Roth. Die Frage ist: Was für Verhältnisse bestehen,
wenn die Corona-Krise vorbei ist? Verschafft Genf unfairen
Arbeitgebern einen Vorteil für danach? Smood
reagierte nicht auf eine Anfrage. Genf antwortete, noch
seien keine Partnerbetriebe «ausgewählt», und verwies
auf den Gastroverband SCRHG, der das Verfahren leite.
Buchhandlungen: der Wert des lokalen Einkaufens
Ähnliche Fragen hat Nicole Hof vom Basler Bücherladen
Ganzoni: «Jetzt geht es darum, den Leuten den Wert des
lokalen Einkaufens zu vermitteln. Die Krise ist sonst eine
Lizenz zum Gelddrucken für Amazon und Zalando, die
hier keine Steuern bezahlen.» Ganzoni ist Mitglied des wegen
der Corona-Krise gegründeten Vereins Buy-Local.ch,
ein Zusammenschluss von persönlich geführten Unternehmen,
mit guter Beratung und fairen Arbeitsbedingungen.
Kurzarbeit habe man vorsorglich beantragt – wie fast
jeder kleine Buchladen: «Das System ist toll: Man kann
trotz der Anmeldung weiterarbeiten und am Schluss abrechnen,
wie viel Arbeit weggefallen ist.» Das Ganzoni-
Team verarbeitet Bestellungen per Telefon und Mail und
fährt sie mit dem Velo aus oder verschickt sie per Post.
Paketmengen wie vor Weihnachten
Ebendiese Post spürt den Paketzuwachs. «Im Moment verteilen
wir so viel wie zur Vorweihnachtszeit», sagt der Paketzusteller
Beat Haldimann. Am Anfang hätte vieles
noch nicht geklappt: So fehlte wochenlang Desinfektions-
12 Dossier
mittel – eine Rückmeldung, die man auch vom Schalterpersonal
der Post erhält. Mittlerweile hätten sich die
Abläufe aber eingependelt und auch «die Kundschaft respektiert,
dass man Abstand halten muss», sagt Haldimann.
Für die kommenden Wochen müsse man aber «unbedingt
darauf achten, dass die Arbeitsbelastung nicht
weiter steigt. Notfalls durch eine Begrenzung der Zustellmenge
oder indem man mehr Leute einstellt».
Dünnere Zeitungen und sparende Redaktionen
Derweilen werden die Zeitungen dünner und die Redaktionen
sparen bei den Ausgaben. Sie greifen bei den Fotos
auf Archivmaterial zurück und die Freien erhalten weniger
Schreibaufträge. Die Baselbieterin Barbara Saladin ist
genau so eine freie Journalistin, die normalerweise von –
nun abgesagten – Veranstaltungen berichtet oder Porträts
schreibt. Und als Buchautorin trifft die Situation gleich
mehrere ihrer beruflichen Standbeine. «Das Problem bei
der Bundeshilfe ist, dass man die ausgefallenen Veranstaltungen
zum Beispiel mit Flyern beweisen muss. Mehrere
Lesungen im Mai sind bereits abgesagt. Dafür gibt es
keine Flyer, die ich als Beweismaterial einreichen könnte
– und wird es natürlich auch nie geben», sagt Saladin,
und fügt an: «Die Wirtschaft ist nicht so schön kategorisiert,
wie man sich das am Anfang der Krise vielleicht vorgestellt
hat.»
Fotostrecke
Der Zürcher Fotograf Markus Forte sagt zur Reportage: «Das
Coronavirus betrifft die Druckerei Stämpfli in Bern, die Buchhandlung
Nievergelt in Zürich Oerlikon und die Schweizerische
Post wirtschaftlich in sehr unterschiedlichem Mass.
In allen von mir dokumentierten Betrieben haben die Verhaltensempfehlungen
und Massnahmen des Bundes zur Eindämmung
der Pandemie aber sehr konkrete Auswirkungen
auf den Arbeitsalltag der Menschen. Abläufe wurden angepasst,
umgestellt oder komplett neu aufgebaut, Pausen verbringt
man mit viel Abstand zum Arbeitskollegen, und Oberflächen
werden noch regelmässiger gereinigt als bis anhin.
Berührt hat mich bei den Begegnungen mit den Menschen,
mit welchem Elan und mit welcher Unverdrossenheit sie die
Verrücktheit der Situation trotz allem meistern.»
Nach dem Grundstudium in Ethnologie und Geschichte an der
Universität in Zürich besuchte Markus Forte in Luzern am
Medienausbildungszentrum den Lehrgang Pressefotografie.
Seit 2005 arbeitet er als freischaffender Fotograf für Kunden
aus dem Medien- und Kommunikationsbereich.
Das Dossier zum Thema:
syndicom.ch/coronavirus
Dossier
Das Corona-Virus ist neoliberal
13
Hinter Shutdown und Wirtschaftskrise
tritt jetzt eine andere, noch mächtigere
Krise hervor.
Text: Oliver Fahrni
Bilder: Markus Forte
Er hat auf die globale Corona-Seuche spekuliert. Am
20. März war der amerikanische Hedgefonds-Manager
Bill Ackman damit um 2,6 Milliarden Dollar reicher. Das
entspricht dem Monatslohn von 1 200 000 US-Pöstlern.
Wenn sie denn noch Arbeit hätten. Im Raubtierkapitalismus
trifft eine Epidemie nicht alle gleich.
Wir wissen von Ackman, weil er mit seinem Gewinn
geprotzt hat. Doch viele andere Banker und Spekulanten,
auch in der Schweiz, haben es ihm gleichgetan. Das zeigen
die Finanzmarktstatistiken, Rubrik «Kreditderivate». Mit
Massensterben, Seuchen und wirtschaftlichen Zusammenbrüchen
lässt sich 2020 fettes Geld machen.
Derweil sterben Pfleger und Ärztinnen, Lieferboten
und Polizistinnen, Reinigungsleute, Verkäuferinnen und
Industriearbeiter, weil sie schlecht geschützt gegen Corona
kämpfen oder die Bevölkerung versorgen müssen. In
New York, Bergamo, Lille, Zürich. Überall fehlen Masken,
Beatmungsgeräte, Tests, Intensivpflege-Betten, Schutzkleidung.
Und medizinisches Personal. Ende März wurden
sogar Schmerz- und Anästhesiemittel knapp. Nun
wird in Triage-Zelten vor Krankenhäusern entschieden,
wessen Leben eine Behandlung lohnt. In den armen Quartieren
von Marseille, immerhin die zweitgrösste Stadt der
fünften Volkswirtschaft der Welt, ist eine kleine Hungersnot
ausgebrochen: Weil die Schulkantinen geschlossen
bleiben, kommen viele Kinder nicht mehr zu ihrer einzigen
warmen Mahlzeit täglich.
Wegschauen funktioniert nicht mehr. Die Lage in Gefängnissen,
Altersheimen und Flüchtlingslagern mögen
viele weiter ignorieren. Aber spätestens seit jene Kolonne
von Militärlastwagen in der Nacht Särge aus Bergamo
heraus fuhr, fühlen sich alle in Gefahr.
Covid-19 öffnet uns die Augen. Heute ist für alle einsehbar,
klarer noch als in der Krise 2007/08, wie mörderisch
der neoliberale Kapitalismus und neoliberales
Regie ren sind. Medikamente, Tests und Beatmungsgeräte
sind knapp, weil die Konzerne «lean» produzieren, wie
Betriebswirtschaftler sagen, also ohne Lagerhaltung.
Manche Mittel und Impfstoffe werden gar nicht mehr hergestellt
– Krebs ist rentabler. Spitalbetten fehlen, weil die
Gesundheitsversorgung, wie der gesamte öffentliche
Dienst, krankgespart, privatisiert und konzentriert wird.
Uns bleibt die Angst vor der Krankheit – und vor der absehbaren
Explosion der Krankenkassenprämien.
Eigentlich wüssten Regierungen, wie man Epidemien
bekämpft. Man hat aus Schweinegrippe, Ebola, Sars etc.
im Prinzip gelernt. Grundregel: Massenweise testen, isolieren,
behandeln. So hätte man auch das Corona-Virus
klein halten können. Doch erstens fehlten die Tests. Und
Mit 10 000 Milliarden
Geldspritze gegen
die Seuche?
zweitens haben die Regierungen viel zu lange gezögert,
weil sie unter dem Druck der Konzerne standen. Ärzte
warnten schon Ende Januar vor Covid-19. Doch Mitte Februar
2020 gab es noch immer täglich 14 Flugverbindungen
von Paris nach Wuhan. Denn dort liegt das Zentrum für
Asien der französischen Autoindustrie. Nur ein Beispiel
unter anderen.
Kommentatoren lesen darin ein «Versagen» der Regierungen.
Der Wahrheit näher kommt, dass Regierende die
Fürsorgepflicht für die Bevölkerungen geringer wägen als
die wirtschaftlichen Interessen. Das ist Teil ihrer neoliberalen
Programmierung. Paradoxerweise hat diese
Unterwerfung der Politik durch die Aktionäre das brutale
Herunterfahren der Wirtschaft und die globale Quarantäne
für 3 Milliarden Menschen erst notwendig gemacht.
So haben die Neoliberalen die grösste Wirtschaftskrise
seit 1929 provoziert. Mit allen politischen und gesellschaftlichen
Verwerfungen, die in den kommenden
Monaten und Jahren die Welt, wie wir sie kennen, erschüttern
werden.
Bis vor ein paar Wochen galt fast weltweit: Es gibt kein
Geld für gar nichts, nicht für die Altersvorsorge, nicht für
die Sozialversicherungen, nicht für den Service public
oder öffentliche Investitionen. Doch nun haben allein
Deutschland, Frankreich und Grossbritannien auf einen
Schlag 1,2 Billionen Euro (1350 Milliarden Franken) für
den Kampf gegen die Folgen des Shutdowns lockergemacht.
Kein Wort mehr von der 3-Prozent-Neuverschul-
14
Dossier
Was wir jetzt bräuchten, wären maximale sanitäre Massnahmen,
Lohngarantie, existenzielle Sicherung für alle und eine starke
öffentliche Hand.
Wieder sollen die
Banken gerettet werden,
Corona machts möglich
dungsgrenze in der EU. Und sie werden, bis dieses Magazin
erscheint, wohl noch stark nachlegen. US-Präsident
Trump schnürte ein Paket mit 2 Billionen Dollar (ausgeschrieben:
2 000 000 000 000 Dollar, etwa 1,9 Billionen
Franken). «Wird nicht reichen», sagt kurzum der Finanzexperte
Mohamed El-Erian (ex-IWF, Chefökonom der
Allianz-Versicherung). Weltweit summierten sich die Rettungsmassnahmen
Ende März auf mehr als 5 Billionen
Dollar. Vorläufig.
Und dabei ist das irrsinnige Geld, das die Zentralbanken
in die Wirtschaft pumpen, noch gar nicht eingerechnet.
Die EZB kündigte innerhalb von zwei Wochen zuerst
125, dann 750, schliesslich 1000 Milliarden Euro an (Stand
29. 3.). Schlicht «alles kaufen» will die US-Notenbank Fed,
also vor allem notleidende Schulden und Wertlospapiere
der Banken. Japans Zentralbank kauft sogar schon Aktien.
Unter dem Strich werden es mindestens noch einmal
5000 Milliarden sein. Zusammen, von Staaten und Zentralbanken:
10 Billionen Dollar. Für den Anfang.
Hier bricht mit ganzer Wucht eine andere Krise durch,
welche die Banken hinter der Corona-Panik zu verstecken
suchten. Sie haben spekulative Papiere in Umlauf gebracht,
die 8,5-mal das Welt-BIP (die gesamte Weltwirtschaftsleistung)
ausmachen. Diese Papiere werden gerade
wertlos. Das System steht schon wieder auf der Kippe.
Und wieder sollen die Banken gerettet werden – Corona
macht es möglich.
Der Schweizer Bundesrat hat per Notrecht 60 Milliarden
Franken bereitgestellt, etwa für Billigkredite an
Unternehmen in Schwierigkeiten. Fast so viel wie für die
Rettung der Grossbank UBS im Oktober 2008. Plus Massnahmen
für die Arbeitslosenversicherung, zusätzliche
Taggelder, erleichterte Kurzarbeit. Etliche Kantone legten
weitere Programme auf.
Das wird als Tat gefeiert, im Namen einer fiktiven nationalen
Einheit gegen den grossen Feind Corona, besonders
das von den Banken angestossene Kreditpaket. Bei
näherem Hinsehen aber tut der Bundesrat zu wenig, zu
spät und das Falsche. Die mächtigen Schweizer Pharmakonzerne
werden nicht dazu verpflichtet, schnell Tests
und Impfstoffe bereitzustellen. Viele Arbeitnehmende,
die weiterarbeiten müssen, sind noch immer schlecht geschützt,
und die Massnahmen werden nicht konsequent
kontrolliert. Ein Viertel der KMU, so lauten konservative
Prognosen, werden nicht überleben, eine enorme Konzentrationswelle
kündigt sich an. Arbeitende mit prekären
Arbeitsverträgen verlieren bereits reihum ihre Jobs.
Hohe Arbeitslosigkeit droht. Das schürt noch mehr Angst.
Und es ist Irrsinn, die Vergabe der Kredite, welche die
öffentliche Hand garantiert, allein den Banken zu überlassen.
Was wir jetzt bräuchten, wären maximale sanitäre
Massnahmen, Lohngarantie, existenzielle Sicherung für
alle und eine starke öffentliche Hand. Denn rechte Politiker,
die Exponenten der Banken und der Unternehmerverbände
drängen darauf, die Bürgerinnen und Bürger
möglichst schnell wieder an den Arbeitsplatz zu zwingen.
Als Kanonenfutter.
Corona funktioniert wie eine Lupe. Das Virus legt die
Brüche des Wirtschaftssystems offen. Es wirft ein Schlaglicht
auf horrende Ungleichheiten. Und es zeigt, wie wichtig
ein gestärkter Service public für das Allgemeininteresse
wäre. Nach Corona kann nicht vor Corona sein.
sgb.ch/corona-virus
Statistiken
in Zeiten der Seuche
Auf dieser Seite bemühen wir uns, in gedrängter statistischer
Form zentrale Fakten eines Themas zu beleuchten. In Zeiten des
Coronavirus richtet sich das Interesse auf die Verbreitung der Lungenkrankheit.
Also die Zahl der Infizierten, der im Krankenhaus
um ihr Leben ringenden und der Opfer. Und der räumlichen
Verbreitung. Zum Redaktionsschluss, Ende März, weisen die USA,
Italien, Spanien und China die höchsten Zahlen der Infizierten auf.
Aber die Realität verändert sich rasch, in der Schweiz beobachteten
wir in der dritten Märzwoche eine rasch um sich greifende
Epidemie. Doch sämtliche Statistiken sind mit äusserster Vorsicht
zu lesen, sie sind lückenhaft, hängen zeitlich hinterher und werden
manchmal aus politischen Gründen gemildert. Die Prognosen
sind kaum zuverlässiger. Eine lautet etwa: In der Schweiz könnten
sich «20 bis 60 Prozent» der Menschen mit dem Virus anstecken.
Eine «Information» mit einer solchen Spanne ist absurd. Wir
erhellen hier einige Grundfakten und Hintergründe der Epidemie.
10
Billionen
Dollar
Das ist die Summe, die bis Ende März von
den Staaten und Zentralbanken bereitgestellt
wurde, um die Folgen einer doppelten Krise
zu meistern: der Corona-Epidemie und des erneuten
globalen Bankencrashs (siehe folgende
Doppelseite). Eine Krise kaschiert eine andere.
Wahrscheinlich wird sie diese riesige Summe in
den nächsten Wochen auf mehr als 20 Billionen
verdoppeln, wenn die Interventionen aller
Zentralbanken mit eingerechnet werden. Das
entspricht fast einem Drittel des Welt-BIP, der
gesamten globalen Wirtschaftsleistung.
Corona ist hoch ansteckend
Das Problem mit dem Faktor 3.
Hoch ansteckend bedeutet: Wenn eine Person
den Virus in sich trägt und sich normal in
der Gesellschaft bewegt, steckt sie im Schnitt
3 Personen an. Jede dieser Personen wiederum
drei andere. Etc. Nach der 10. Weitergabe hat
dieser eine Virusträger Null in kurzer Zeit
59 000 Personen angesteckt. Darum besteht
heute die einzige wirksame Methode darin,
Träger des Virus zu isolieren. Und weil zu
wenig getestet wird und viele Erkrankte nur
leichte Symptome haben, greifen die Behörden
zum Shutdown, zum mehr oder weniger
strengen Ausgangsverbot, resp. zur sozialen
Distanzierung.
Die Epidemie zeitlich strecken
Anzahl der Corona-Fälle
Ohne Schutzmassnahmen
Mit Schutzmassnahmen
Kapazität Gesundheitssystem
Seit dem ersten Fall
Quelle: WHO, Siouxsview
Quelle: CDC / The Economist
Internationaler Flugverkehr
2018 wurden auf 38 Millionen Flügen 4,3 Milliarden
Passagiere befördert.
Die Zentren der Epidemie
Stand: 25. März 2020
Quelle: IATA, 2019
Quelle: WHO
16
Eine bessere
Arbeitswelt
Etappensieg auf dem Weg
zum Vollzeit-Vertrag
Viele neue PostAuto-Chauffeurinnen und -Chauffeure
in der Romandie werden mit Teilzeitarbeitsverträgen
(80 %) eingestellt, obwohl ihre Arbeitszeit
eigentlich einer 100 %-Stelle entspricht.
So beispielsweise die Kollegen der Region
Waadt-Freiburg (Garagen Sédeilles-Corcelles,
Echallens und Thierrens), die 2019 enorm viele
Überstunden geleistet haben (50 bis 180 Überstunden).
Zuerst hatte PostAuto den Kollegen der
Garage Sédeilles-Corcelles eine Erhöhung des
Beschäftigungs grads um 5 Prozent angeboten
(also einen 85 %-Vertrag). Dies entsprach aber
nicht den tatsächlich regelmässig geleisteten Arbeitsstunden.
Dank der Intervention von syndicom
und der Solidarität der Kolleginnen und Kollegen,
die sich mobilisiert haben und eine
stärkere Aufstockung forderten, konnte mit der
Westschweizer PostAuto- Direktion ein Gespräch
geführt werden.
Ergebnis: Die Verträge wurden um 10 Prozent
auf 90 Prozent angehoben. Zudem wurden mit der
Direktion zwei weitere Gespräche vereinbart, um
über eine zusätzliche Aufstockung zu diskutieren.
Dies ist nur ein Etappensieg auf dem Weg zu
einem 100 %-Vertrag. Er zeigt aber beispielhaft,
wie Verbesserungen erzielt werden können, wenn
wir gemeinsam handeln.
Dominique Gigon
Die Postautofahrer von Sédeilles-Corcelles haben schon mal erreicht, dass ihre
Beschäftigungsgrade auf 90 Prozent angehoben wurden. (© Daniel Terrapon)
Home-Office ist jetzt
salonfähig
Franz Schori, Zentralsekretär ICT
syndicom fordert seit Jahren, dass die
Arbeitgeber den Angestellten in einem
geregelten Rahmen Home-Office
ermöglichen sollen. Die Swisscom
ging noch einen Schritt weiter, sie reduzierte
die Büroflächen und prägte
den Begriff Mobile-Office: arbeiten,
wo man gerade ist, sei es im Zug, im
Bergrestaurant, daheim oder im Büro.
Bei vielen anderen Arbeitgebern
hingegen geisterten vor der Corona-
Krise noch altbackene Haltungen herum.
So galt nur die physische Präsenz
vor Ort als Arbeit, Home-Office war
verpönt und für viele nicht erlaubt.
Die Krise hat nun die alten Geister
vertrieben; viele haben neue Tools erlernt,
auch Vorgesetzte. Vor allem
haben sie gelernt, den Mitarbeitenden
auch dann zu vertrauen, wenn sie im
Home-Office arbeiten. Deshalb bin
ich überzeugt davon, dass die Krise
dem Home-Office zum Durchbruch
verhilft.
Durch die langjährige Erfahrung
mit dem Thema kennen wir aber auch
die Nachteile, vorab die fehlenden informellen
Kontakte und Informationen,
die Gefahren der Entgrenzung
der Arbeit. Deshalb sollten wöchentliche
Präsenztage sichergestellt und
ein Recht auf Nicht-Erreichbarkeit
festgelegt werden. Um diese Forderung
werden alle froh sein, die jetzt
zum ersten Mal den Home-Office-
Koller bekommen.
«Es gibt ein Problem mit der Informationsvielfalt,
der Meinungsfreiheit und der Gewerkschaftsfreiheit.» Nicola Morellato
17
syndicom gründet Komitee für
unabhängigen Journalismus
Die Entlassung eines gewerkschaftlich tätigen Redaktors des
Corriere del Ticino ist nur der jüngste umstrittene Vorfall im
Tessin. Um ihre Funktion wahrnehmen zu können, braucht die
Presse den Schutz für Journalist*innen durch einen Gesamtarbeitsvertrag
und Unter stützung von der Politik.
2018 ging das Giornale del Popolo in
Konkurs, gefolgt von der Entlassung
von etwa einem Dutzend Tessiner Arbeitnehmern
im letzten Jahr. Das Bröckeln
der RSI, mit Personalabbau und
Vorpensionierungen ohne Ersatz der
ausscheidenden Mitarbeiter, die Krise
auf dem Inseratemarkt, die alle Zeitungen
betrifft: Die Lage der Medien
wird auch in der italienischen Schweiz
immer schwieriger. Es besteht Sorge
um die Beschäftigten in der Branche,
aber auch um das Wohlergehen der
Demokratie, die wesentliche und verlässliche
Stimmen verliert, während
Fake News blühen (wie jüngst wieder
zum Thema Coronavirus).
Für die Arbeitnehmer war der letzte
Affront die Entlassung eines Redaktors
des Corriere del Ticino wegen ...
eines Kinderliedes!
Wegen eines Reims gefeuert
Um seine Versetzung in ein anderes
Ressort der Zeitung anzukündigen,
verabschiedete sich der Leiter von
Extra sette (die wöchentliche Kulturbeilage
der Zeitung) von den Leser*innen
mit einem Reim. Was der Leitung
des Corriere del Ticino offensichtlich
nicht gefiel. Ohne sich auch nur auf
Die CdT-Gruppe kontrolliert einen Fernseh- und einen Radiosender, mehrere Zeitungen
(Papier und online) und besitzt ein Druckzentrum. (© Sandro Mahler)
ein klärendes Gespräch einzulassen,
schickte sie die Kündigung an den
verantwortlichen Redaktor der Zeitschrift
– der 58 Jahre alt ist, zwei Kinder
im Schulalter hat und seit 24 Jahren
für das Unternehmen arbeitet.
Leider ist diese Haltung für den Corriere
del Ticino nicht neu. Im letzten
Jahr hatte das Unternehmen bereits
junge Mütter, Väter und Mitarbeitende
mit gesundheitlichen Problemen
nach Hause geschickt, ohne auch nur
einen Dialog mit dem Personal und
den Gewerkschaften zu suchen. Obendrein
waren vor und sogar nach den
Entlassungen neue Mitarbeitende
eingestellt worden.
Im Fall des Chefredaktors von
Extra sette wird die Entlassung als null
und nichtig betrachtet, da sie zu einem
unangemessenen Zeitpunkt ausgesprochen
wurde. Zudem sind die
von der Unternehmensleitung angegebenen
Gründe unwahr und unbegründet,
wie syndicom in einer Mitteilung
an die Beschäftigten des CdT
erklärte. Diese erhielten sogar die
Nachricht von der Entlassung des Kollegen,
bevor sie ihm selbst mitgeteilt
worden war. syndicom hat bei mehreren
Gelegenheiten wiederholt nach einer
Lösung mit der Geschäftsleitung
gesucht, sah sich aber mit einer totalen
Abschottung seitens der Direktion
konfrontiert.
Die Spitze des Eisbergs
Der Fall des Kinderliedes hat in der
italienischen Schweiz Aufsehen erregt,
nicht zuletzt, weil der Redaktor
ziemlich bekannt ist, nachdem er jahrelang
als Gewerkschaftsdelegierter
und Leiter der Branche Presse und
elektronische Medien von syndicom
Ticino gekämpft hat. Offensichtlich
haben die Medien der CdT-Gruppe die
Nachricht in keiner Weise weitergegeben.
Die Geschehnisse bestätigen,
dass es ein Problem mit der Informationsvielfalt,
der Meinungsfreiheit und
der gewerkschaftlichen Freiheit gibt,
Aspekte, die syndicom mehrfach angeprangert
hat.
Daher ergreift syndicom alle notwendigen
Massnahmen zum Schutz
des Redaktors. Diese Entlassung ist
nur ein Symptom dafür, dass es mit
den Medien den Bach hinuntergeht,
wenn es nun die Manager sind, die
filtern, was veröffentlicht werden soll,
und nicht die professionellen Nachrichtenleute.
Dies ist nur die Spitze eines
Eisbergs, unter der bedeutende
Probleme liegen, die alle, die an eine
wirklich freie und pluralistische Presse
als Säule der Demokratie glauben,
nur beunruhigen können.
Journalismus-Komitee bei syndicom
Aufgrund der mangelnden Bereitschaft
der Verleger gibt es im Tessin
seit 16 Jahren keinen Gesamtarbeitsvertrag,
der den Informationsfachleuten
nicht nur eine angemessene Vergütung,
sondern auch Würde und
einen besseren Schutz zuerkennen
würde. Sogar die Tessiner Politik, die
sich bisher nur zögerlich mit dem
Thema auseinandergesetzt hat, reagiert
jetzt. Die überparteiliche Bewegung
zur Unterstützung der lokalen
Medien, nach dem Vorbild der Kantone
Waadt und Bern, geht in diese Richtung.
Aber syndicom will mehr tun.
Deshalb beabsichtigt die Gewerkschaft,
zur Sensibilisierung der Öffentlichkeit
und zur Beschleunigung
der politischen Agenda ein Komitee
zu lancieren, um einen unabhängigen,
freien und öffentlichkeitswirksamen
Journalismus zu gewährleisten.
Den gibt es nur, wenn die Journalisten
mehr Schutz und bessere Arbeitsbedingungen
geniessen.
Nicola Morellato
Zum Fall der Entlassung wegen eines Reims:
Bit.ly/39gUY9Z
18
Arbeitswelt
«Gleiche Arbeit hat in der Schweiz immer den gleichen Wert,
auch im Druck und in der Grafikbranche.» Michael Moser
Die Flankierenden
weiterdenken
Die Flankierenden Massnahmen
(FlaM) schützen Schweizer Löhne, indem
sie für alle Arbeitenden in der
Michael Moser
Zentralsekretär Medien
Schweiz gleich lange Spiesse schaffen
– egal woher sie kommen oder was für
einen Pass sie besitzen. Die gleiche Arbeit
in der Schweiz hat den gleichen
Wert, egal wer sie ausführt. Das ist
nicht nur richtig, sondern auch wichtig.
Ohne die FlaM würden die Löhne
innert kürzester Zeit auf das Niveau
der Nachbarländer sinken. Dass im
gleichen Zug auch alle Preise, die
Krankenkassenprämien und die Mieten
sinken würden – das glauben wohl
selbst die überzeugtesten Marktgläubigen
nicht ernsthaft.
Dass dies nicht nur Schwarzmalerei
ist, zeigt ein Blick in die Druck- und
die Grafikbranche. Visitenkarten und
Flyer können ohne Probleme im Ausland
gedruckt werden. Unzählige Anbieter
haben mit entsprechenden
Angeboten den Druckmarkt in den
letzten Jahren auf den Kopf gestellt.
In der Folge sind die Marktpreise für
diese Produkte auch in der Schweiz
auf das Niveau des umliegenden Auslandes
gesunken. Mit der Konsequenz,
dass viele Druckereien kaum
noch rentabel produzieren können
und verzweifelt versuchen, bei den
Kosten zu sparen.
Den Preis für die verzerrten Preise
zahlen also die Arbeitenden mit den
sich verschlechternden Arbeitskonditionen
oder der Verlagerung ihres Arbeitsplatzes
ins Ausland. Flankierende
Massnahmen sind also nicht nur
wichtig, sondern sie müssten sogar
noch ausgebaut respektive weiterentwickelt
werden. Nicht nur in der Politik,
sondern auch in unserem Alltag
als Konsumentinnen und Konsumenten.
Poststellen-Kampagne: Jetzt
kommt die entscheidende Runde
Der Abbau der Poststellen seit 2017 hat vielfache Proteste hervorgerufen,
bei syndicom und in der Bevölkerung. Mit der kommenden
Revision des Postgesetzes spitzt sich die Lage zu.
Eine der vielen Aktionen gegen den Kahlschlag bei der Post (Mai 2017, Zürich). (© syndicom)
In den nächsten 12 Monaten wird das
Postgesetz überarbeitet und die Poststrategie
angepasst. Auch die Lobbyarbeit
von syndicom wird gefordert sein.
Wer die Liste der seit 2017 geschlossenen
Poststellen studiert, stellt einen
massiven Abbau fest. Immer stärker
zeigt sich, wie verfehlt diese Strategie
ist. Denn die alternativen Zugangspunkte
können das Angebot nicht aufrechterhalten,
und mit dem Verlust
von Flächenpräsenz drohen der Post
Einbussen am Markt. Die Verantwortlichen
betonen stereotyp, die Anzahl
der Zugangspunkte werde systematisch
erhöht, die Dienstleistungen
würden besser.
Doch kompensiert ein leerer
Schrank in einer Migros-Filiale die
Dienstleistungen einer Poststelle?
Mitnichten. Die Worte werden nicht
wahrer, je öfter man sie wiederholt.
Die Poststellen sind zu, die Öffnungszeiten
reduziert, der Minimal-Service
an einen Quartierladen ausgelagert.
PostNetz hat radikal Tatsachen geschaffen,
die so rasch nicht wieder zu
korrigieren sind.
Mithilfe vieler Mitglieder hat syndicom
in ihrer wohl bislang grössten
Kampagne versucht Gegensteuer zu
geben. Die Mitglieder harrten Stunden
vor ihren Poststellen aus, um die
Bevölkerung aufzuklären, sie sammelten
Unterschriften in ihrer Gemeinde,
sie engagierten sich in Komitees oder
in Verbandsgremien. So haben sich
grosse Teile der Bevölkerung solidarisiert
mit den Schalter-Angestellten
und auf einer guten Grundversorgung
beharrt. Allein die nationale Unterschriftensammlung
wurde 2019 von
über zehntausend Personen unterstützt.
Und dieses Signal richtet sich
primär ans Parlament in Bern: Die
Schweiz braucht einen hochwertigen
Service public. Sie braucht eine starke
Post mit einem feingliedrigen Poststellennetz.
Post und Politik müssen
die Grundversorgung wieder ins Zentrum
ihrer Entscheide setzen.
Die eidgenössischen Räte bereiten
eine Revision des Postgesetzes vor.
Diese fusst zum grossen Teil auf den
Anstrengungen von syndicom und
den zahlreichen Unterschriften. syndicom
verfolgt zwei Ziele: Erstens, die
Arbeitsplätze müssen gesichert werden.
Zweitens, die Post muss verpflichtet
werden, ihr Poststellennetz
wieder zu stärken und mit neuen Angeboten
auszustatten. Dafür muss der
Bundesrat die Renditeziele reduzieren.
Es muss aufhören, dass die Post
ihre Verluste an PostNetz auslagert
und damit den Abbau rechtfertigt.
Matthias Loosli
syndicom zum Jahresergebnis der Post:
Bit.ly/2xcVV6j
«Die Spirale des Lohndumpings wird besonders stark
angetrieben von der öffentlichen Hand.» Daniel Hügli
19
Lohnschutz dank der
Personenfreizügigkeit
Dank den flankierenden Massnahmen zur Personenfreizügigkeit
lässt sich der allgemeinverbindliche GAV der Netzinfrastruktur
umfassend durchsetzen. Das ist auch bitter nötig.
Jede Ähnlichkeit mit realen Ereignissen
und Unternehmen ist purer Zufall:
Aber nehmen wir mal an, ein Schweizer
Unternehmen vergibt einen Auftrag
im Bereich der Netzinfrastruktur
an die Schweizer Tochtergesellschaft
eines ausländischen Unternehmens.
Diese hat jedoch keine eigenen Arbeitnehmenden
in dem Tätigkeitsbereich.
Sie beauftragt deshalb ein anderes
Unternehmen mit der Ausführung der
Arbeiten – wiederum ein Subunternehmen.
Doch auch dieses hat keine auf die
Tätigkeiten spezialisierten Arbeitnehmenden.
Darum werden die Arbeitnehmenden
von einem Unternehmen
ausgeliehen, das auf den Verleih von
Personal spezialisiert ist. Diese Arbeitnehmenden
– zum Beispiel meldepflichtige
Kurzaufenthalter in der
Schweiz – führen schliesslich die Arbeiten
aus.
Nur durch Kontrollen vor Ort kann Lohndumping
aufgedeckt und abgestellt werden. (© syndicom)
GAV gilt auch für ausländische
Dienstleister in der Schweiz
Dank dem Gesamtarbeitsvertrag der
Netzinfrastruktur-Branche hat syndicom
über die Paritätische Kommission
aus Gewerkschafts- und Arbeitgebervertretern
die Möglichkeit, auch
solche Konstrukte auf Einhaltung der
Lohn- und Arbeitsbedingungen zu
kontrollieren. Der Bundesrat hat den
Gesamtarbeitsvertrag per 1. Oktober
2018 allgemeinverbindlich erklärt und
beschliesst auch jede Vertragsanpassung
– wie beispielsweise die von syndicom
ausgehandelte Erhöhung der
Mindestlöhne. Die Allgemeinverbindlicherklärung
und die ausgebaute
Kontrollkompetenz der Paritätischen
Kommission sowie die wichtige Möglichkeit,
den Gesamtarbeitsvertrag
auch gegenüber ausländischen Dienstleistern
in der Schweiz durchzusetzen:
alle basieren auf den Flankierenden
Massnahmen im Rahmen der Personenfreizügigkeit.
Personenfreizügigkeit
bedeutet also mehr Lohnschutz
für alle, die in der Schweiz arbeiten.
Wer bezahlt den Preis?
Und dieser Lohnschutz dank ausgebauter
Kontrollen ist auch bitter nötig.
Denn in dem fiktiven Beispiel wird
der Preis, der für die Arbeitserledigung
bezahlt wird, in dieser Kette der
Subunternehmen von Kettenglied zu
Kettenglied immer tiefer. Und am
Ende der Kette stehen die Arbeitnehmenden,
die nicht selten von Unternehmen
durch Lohn- und Sozialdumping
ausgebeutet werden.
Diese Lohndumping-Spirale wird
besonders von der öffentlichen Hand
und ihren Betrieben angetrieben. Dahinter
steckt nur allzu oft die bürgerliche
Ideologie der ständigen Kostensenkung,
die schliesslich kriminelle
Konstrukte begünstigt – auf Kosten
der Arbeitnehmenden und eines starken
Service public für die Bevölkerung.
Der Lohnschutz muss deshalb
nicht nur in den Branchen und Unternehmen,
sondern auch in der Politik
immer wieder erkämpft werden.
Daniel Hügli
Ein Beispiel für Kapitalismus
in Reinform!
Am 10. März veröffentlichte Tamedia
(jetzt TX Group) den Jahresabschluss
2019. Vom ausgewiesenen Gewinn
von 98 Millionen werden 37 Mio. an
Angelo Zanetti, Zentralsekretär Sektor Medien
die Anteilseigner ausgeschüttet. Ein
Blick auf die letzten 10 Jahre zeigt eine
Entwicklung von 59,5 (2010) auf 47
Millionen in den Jahren 2014, 2015,
2016, 2017 und 2018. Ein Anteil von
70 % geht an die Familie Coninx-Supino,
die sich, wie uns scheint, guter Gesundheit
erfreut. Die Bezüge des Verwaltungsrats
(mit dem Vorsitzenden
Pietro Supino und weiteren 7 Mitgliedern)
belaufen sich auf 2,39 Mio. und
lagen seit 2010 nie unter 2,3 Mio. Die
Mitglieder der Unternehmensleitung
(8 Personen) bekommen 8,55 Millionen.
Im Jahr 2010 belief sich dieser Betrag
auf 5,61 Millionen und stieg dann
über die Jahre: 7,57 – 7,95 – 6,67 – 8,23,
–12,46 – 8,97 – 10,19 Mio., auf 8,81 Millionen
im Jahr 2018. Ganze acht Personen
haben sich dieses Sümmchen einverleibt.
Dagegen mussten die 41
Journalist*innen des Matin für einen
Sozialplan vor Gericht, und die Zeitungsdrucker
müssen ab Januar 2020
eine Lohnkürzung von 1 % in Kauf
nehmen, und 2021 eine weitere von
0,5 %. Und die Liste der Entlassungen
in den letzten zehn Jahren ist lang.
Ausquetschen, abkassieren und wegwerfen
– wohl eine Konstante der TX.
Was wir fordern: Sofortige Rückerstattung
der Lohnkürzung von 1 % in
den Druckzentren, Streichung der
Vereinbarungen, die mit den jeweiligen
Personalkommissionen unter
Ausübung eines enormen Drucks abgeschlossen
wurden bzw. gerade abgeschlossen
werden, und ein Stopp aller
Kürzungen und Sparmassnahmen zulasten
des Personals, Unterzeichnung
der bestehenden Gesamtarbeitsverträge
bzw. Verhandlungen mit den Gewerkschaften,
um fehlende Verträge
abzuschliessen. Zulasten des Personals
Geld zu machen, ist wirklich zu
einfach!
syndicoms Appell an die TX-Aktionäre:
Bit.ly/2UObxGb
20 Arbeitswelt
«Eine gesamte Branche wird prekarisiert.
Wie können wir diese Entwicklung stoppen?» Lena Allenspach
94,5 % der Kreativen
rechnen Stunden weg
Eine Umfrage bei 281 selbständigerwerbenden Kreativen zeigt,
dass man den Wert der Arbeit in der Visuellen Kommunikation
wieder auf ein vernünftiges Niveau anheben muss.
Nur schnell ein Logo zeichnen – muss
nichts Grosses sein. Ich hab da schon
mal was gebastelt, schau es dir doch
mal an. Solche Aussagen hören Kreative
oft. Klingt banal, manchmal sogar
nachvollziehbar. Woher sollen Laien
auch wissen, wie viel Zeit eine Grafikerin
braucht, um das Logo für den neuen
Buchclub zu entwerfen? Wie lässt
sich der faire Preis für ein Produkt
erkennen, wenn im Internet lauter
Dumping-Angebote kursieren? Diese
Verzerrung bringt Konsequenzen für
eine gesamte Branche. Insbesondere
für Selbständigerwerbende, denn sie
tragen das gesamte Risiko selbst. Wir
haben deshalb eine Diskussion über
den Wert von selbständiger Arbeit in
der Kreativbranche lanciert.
281 selbständigerwerbende Kreative
haben unsere Umfrage zum Start
dieser Diskussion ausgefüllt. Die Ergebnisse
zeigen klar, dass eine solche
zwingend geführt werden muss. Wir
wollten von ihnen wissen, ob sie Stunden
wegrechnen, um eine günstigere
Offerte stellen zu können, oder ob sie
teilweise auch gratis arbeiten: 94,5 %
rechnen Stunden weg. 89 % haben bereits
gratis gearbeitet, wenn das Budget
aufgebraucht war. 82 % haben bereits
teilweise gratis gearbeitet, weil
der oder die Kund*in ein zu kleines
Budget hatte. 56 % haben bereits komplett
gratis gearbeitet.
Der Wert einer gesamten Branche
Stimmen Aufwand und Ertrag nicht
überein, werden zu niedrige Stundensätze
verrechnet oder nicht alle Stunden
aufgeschrieben – dann hat das
langfristige Auswirkungen, beispielsweise
auf die Altersvorsorge. Auch hier
sind die Resultate aus der Umfrage
klar. Lediglich 10,9 % glauben, dass
ihre Rente im Alter ausreichen wird.
Woher kommt diese Prekarisierung
einer gesamten Branche? Eine
mögliche These ist das Unvermögen
von Kundinnen und Kunden, der geleisteten
Arbeit einen monetären Wert
zu geben, oder sie unterschätzen ihn
schlicht. Dazu leisten Billiganbieter*innen
und Plattformen wie
99designs einen wesentlichen Beitrag.
Auch hier sprechen die Zahlen
der Umfrage Bände: 92,7 % der Befragten
hatten schon das Gefühl, dass
Kunden den monetären Wert ihrer
Arbeit nicht sehen.
Zukunft gestalten, aber wie?
Was zuerst in einer Gruppe von Luzerner
Grafikern im Atelier nach Feierabend
diskutiert wurde, spiegelt sich
in den Antworten von 281 Kreativen
wieder: 94,9 % erachten eine Diskussion
über den Wert selbständiger Arbeit
als notwendig – 88 % finden, dass sich
an den Arbeitsbedingungen in der
Branche etwas ändern muss.
Wie geht es nun weiter mit der
Kampagne Was ist meine Arbeit wert?
Was nun folgt, sind Diskussionsrunden
in verschiedenen Ateliers, das
Zusammenschliessen von Gedanken,
Meinungen und Kräften. Die Sensibilisierung
von Kunden, das Signal an
Politik und Gesellschaft. Gemeinsam
wollen wir den Wert der selbständigen
Arbeit wieder anheben. Weil Lösungen
nur im Kollektiven gefunden werden
können.
Lena Allenspach
Die Kampagne zielt darauf ab, Kunden, Politik und die Gesellschaft zu sensibilisieren. (© syndicom)
Infos, Anmeldung für Diskussionsrunden:
was-ist-meine-arbeit-wert.ch
Lohnerhöhungen in
mehreren Branchen
von syndicom
Ab April erhalten die Arbeitnehmenden
verschiedener Branchen von syndicom
mehr Lohn. Zu verdanken ist
dies der GAV-Politik.
In dieser turbulenten Zeit gibt es
für die Beschäftigten bei Post und
PostFinance eine gute Nachricht:
Dank den im letzten Jahr abgeschlossenen
Vereinbarungen steigen die
Löhne um 0,8 %. Der Mindestlohn
wird um 200 Franken monatlich auf
50 200 Franken im Jahr angehoben.
Die Erhöhung gilt ab dem April-Lohn.
Ebenfalls ab April erhalten die Post-
Auto-Angestellten eine Lohnerhöhung
von 0,6 % – dies das Ergebnis der
Verhandlungen mit den Sozialpartnern
syndicom und Transfair.
Auch für den ICT-Sektor sind Lohnerhöhungen
vorgesehen. Neben den
für UPC und Sunrise bereits bekannt
gegebenen Massnahmen (s. Magazin
Nr. 15) steigt die Lohnsumme bei Cablex
um 1,35 %. Für den Grossteil der
Mitarbeitenden erhöht sich der Lohn
um mindestens 0,5 %.
Eine schöne Anerkennung für die
Beschäftigten des öffentlichen Sektors:
Sie haben in diesen Wochen des
Lockdowns unter schwierigen Bedingungen
gewährleistet, dass wesentliche
Dienste für die Bevölkerung wie
Post oder Telekommunikation weiter
funktionieren, während die meisten
Einwohner*innen zur Eindämmung
des Coronavirus zu Hause bleiben
mussten und müssen.
Giovanni Valerio
«Gesamtarbeitsverträge sind eine gewerkschaftliche und
politische Antwort auf den herrschenden Lohndruck.» Matteo Antonini
21
Löhne schützen,
neue GAV
verhandeln in
der Logistik
Was unternehmen die Gewerkschaften
für den Lohnschutz?
Und wo liegen ihre Prioritäten
nach dem Scheitern des
Mindestlohns in der Volksabstimmung?
Dein GAV – deine Zukunft! syndicom will neue Gesamtarbeitsverträge schaffen. (© Margareta Sommer)
Es gibt zwei Aktionsrichtungen: Die
eine ist die Einführung von kantonalen
Mindestlöhnen, wie in den Kantonen
Jura, Neuenburg und Tessin geschehen.
In Genf und Basel-Stadt soll
bald darüber abgestimmt werden. Die
andere Stossrichtung ist, die bestehenden
Gesamtarbeitsverträge zu verstärken
und neue zu entwickeln. Neue
GAV werden notwendig durch das Entstehen
neuer Arbeitsformen und Berufe,
Stichwort Clickworking und
Plattformarbeit. Aber auch durch die
wachsende Aufmerksamkeit der Gewerkschaften
in Branchen, in denen
es früher keine GAV gab.
Neue Medien hier, Minijobs da
Von den Gewerkschaften neu «entdeckt»
wurden die Branchen der Angestellten
in sämtlichen Berufen der Informatik
und der neuen Medien. Aber
auch Branchen mit prekären Arbeitsverhältnissen,
mit Minijobs, die auch
in der Schweiz zunehmend verbreitet
sind, rücken in den Fokus. Die Einführung
kantonaler Mindestlöhne kann
zwar einen Einfluss auf die Minijobs
haben. Aber die gut qualifizierten Angestellten
haben davon offensichtlich
nichts.
Gesamtarbeitsverträge sind umfassend
und regeln neben den Löhnen
zentrale Aspekte der Gewerkschaftstätigkeit
wie das Mitwirkungsrecht,
die Sozialleistungen usw. Vor allem
aber schaffen sie, anders als kantonale
Mindestlöhne, sozialpartnerschaftliche
Verbindungen.
Benchmarks für die Post
und Post Finance
syndicom verfolgt beides: die Gewerkschaft
entwickelt ihre Gesamtarbeitsverträge
weiter und engagiert sich in
neuen Branchen. Die Ratifizierungen
des GAV Post und des GAV PostFinance
mit erheblichen Verbesserungen
für die Mitarbeitenden sind im Gange.
Bei diesem Ausbau werden die sich
entwickelnden neuen Arbeitsformen
berücksichtigt. Das ist aber nicht alles.
Neue GAV für die qualifizierten Angestellten
sind am Entstehen, und seit
mehreren Monaten arbeiten wir an
der Entwicklung von Benchmarks für
die Minijobs. Allein bei der Post sind
mindestens 10 000 Personen davon
betroffen, davon rund 3000 Personen
unter dem GAV der Branche KEP &
Mail (private Anbieter von Kurier-, Express-,
Paket- und Maildienstleistungen
mit ordentlicher Meldepflicht gemäss
Postverordnung).
Starke Mitwirkung ist ein Mehrwert
In den GAV muss das Mitwirkungsrecht
auf allen Ebenen verstärkt werden.
Durch Mitsprache und Mitbestimmung
können Probleme ans Licht
gebracht und gemeinsam gelöst werden.
Dies ist ein wichtiger Mehrwert,
der für die Ausdehnung der GAV in die
«neuen» Branchen spricht. Deshalb
betrachten wir die GAV-Verhandlung,
mit der die Probleme gemeinsam gelöst
und die Arbeitsbedingungen verbessert
werden können, als zentral.
Die GAV sind eine gewerkschaftliche
und politische Antwort auf den heute
in unserem Land herrschenden Lohndruck.
Matteo Antonini
Zum Genfer Mindestlohn (fr.):
salaireminimum.ch/argumentaire
Selbständige und
Freischaffende –
das neue Prekariat?
«Jetzt muss ein Ruck durch unser Land
gehen», hiess es an der Medienkonferenz
des Bundesrates zu Beginn der
Krise um das Coronavirus. Die für
den Gesundheitsschutz notwendigen
Massnahmen treffen die Arbeitswelt
hart. Und am stärksten trifft es jene,
welche auch vorher schon durch
Sozial versicherungen nicht ausreichend
geschützt wurden.
Eine dieser Berufsgruppen sind
die Selbständigerwerbenden und Freischaffenden
in den Medien- und Kreativbranchen.
Brechen die Aufträge
weg, bleibt das Einkommen aus. Reserven
haben die wenigsten. Dies hat
auch eine Umfrage von syndicom zur
Erhebung der momentanen Auftragssituation
bei Selbständigen und Freischaffenden
gezeigt. 10 % der 2500 Befragten
hatten schon in den ersten
zwei Wochen des Stillstandes keine
Reserven mehr, und 50 % können nur
ein bis zwei Monate ohne Erwerb auskommen.
Ja, es muss ein Ruck durch das
Land gehen. Denn die unmittelbare
Unterstützung in dieser Ausnahmesituation
darf nur der erste Schritt
sein. Danach müssen die fehlenden
sozialen Absicherungen, welche durch
diese Krise exemplarisch zum Ausdruck
kommen, endlich Teil der politischen
Agenda von allen sein.
Lena Allenspach
Unsere aktualisierte Info zur Unterstützung
der Freischaffenden: Bit.ly/3bxvB5b
22 Politik
Hinter einem Virus kann sich
ein anderes verbergen ...
Das Home-Office verbreitet sich – oft zu Bedingungen, die von
den Unternehmen diktiert werden. Die Arbeitnehmenden und
Gewerk schaften müssen die rechtlichen und sozialen Begleitumstände
dieser Entwicklung im Auge behalten.
Angst vor einer zweiten Virus welle
oder einer Virusmutation werden
beibehalten wollen?
Das Gleiche gilt für die Wirtschaft:
Auch ihre Massnahmen, die
sich bereits auf Millionen von Arbeitnehmenden
auswirken, werden
nach dem Ausnahmezustand fortbestehen.
Text: Marc Rezzonico
Bild: Burst
Die Schweizer Demokratie – auf
Sparflamme, pausiert oder sistiert –
bekommt die Coronavirus-Krise mit
voller Wucht zu spüren. Die Abstimmungen
vom Mai abgesagt, die parlamentarische
Arbeit offline, keine
politischen Kampagnen, E-Voting
nicht bereit, die gesetzgeberische
Arbeit blockiert. Und dies bis auf
weiteres. Niemand weiss, wie lange
der Krisenzustand anhalten wird.
Vorsicht bei Massenüberwachung
im Namen der Gesundheit
Die demokratische Funktionsweise
unseres Landes ist mit einer Gesundheitskrise
nicht vereinbar.
Deshalb behilft man sich mit Massnahmen
von Fall zu Fall. Auch mit
technologischen: Die Swisscom
etwa meldet den Behörden, wenn
über 20 Handys auf einer Fläche von
100 Quadratmetern sind. Einige dieser
Massnahmen heben Grundfreiheiten
(Versammlungsrecht) und
Grundrechte (Schutz der Privatsphäre)
auf. Im Namen der Gesundheit
sind wir daran, die geografische und
bald auch biometrische Massenüberwachung
hinzunehmen.
In seinen Massnahmen für den
Gesundheitsschutz geht der Staat
Schritt für Schritt vor und spricht
von einem Marathon. Wieso nicht
ein Sprint, um die nötigen Vorkehrungen
zu treffen? Zahlreiche Ärztinnen
und Ärzte fordern rasche
und drastische Massnahmen.
Die Wirtschaft bremst den
Staat. Eine vollständige Ausgangssperre
für die Bevölkerung wie in
Italien würde die Schweiz fast 29
Milliarden Franken monatlich kosten.
Die Wirtschaft versucht aber
nicht nur, den Schaden zu begrenzen.
Sie versucht auch, die sich bietenden
neuen Chancen zu erkennen
und zu nutzen. Sie organisiert sich
neu, legt neue Paradigmen fest.
Die biometrische Überwachung
beispielsweise. Diese erinnert an die
Diskussionen über das elektronische
Patientendossier und die riesigen
wirtschaftlichen Interessen am
Zugang zu den medizinischen Daten
der Bevölkerung. Die Corona-Krise
ist die perfekte Gelegenheit, um die
Liberalisierung dieses Marktes zu
erreichen …
Die jetzt im Namen des Notstands
ergriffenen staatlichen Massnahmen
geben auch deshalb Anlass
zu Besorgnis, weil solche temporären
Massnahmen die leidige Angewohnheit
haben, Ausnahmesituationen
zu überdauern. Wollen wir
wetten, dass die Staaten sie aus
Mogelpackung Home-Office
Home-Office als Allheilmittel. Gewöhnlich
arbeiten nur 10 % der
Schweizer Arbeitnehmenden im
Home-Office (Quelle: BFS, 2018).
Jetzt verbreitet es sich, wobei die
Unternehmen die Bedingungen vorgeben,
ohne gesetzliche Regelung.
Eine solche braucht es aber sofort.
Und nicht vergessen werden dürfen
die übrigen Arbeitnehmenden: Die,
die nicht mehr oder weniger arbeiten,
und die, die in bestimmten
Branchen nun 60-Stunden-Wochen
haben. Das Home-Office beschleunigt
die berufliche Diskriminierung,
nichts anderes.
Unfairer Wettbewerb
Der Online-Handel explodiert, super!
Trotz des vom Bundesrat beschlossenen
Massnahmenpakets in Höhe von
60 Milliarden Franken werden viele
kleine Geschäfte und Selbständige
die Krise nicht überleben. Im Paket
geht es nur um Geld, es ist kein gesetzgeberisches
«Schutz-Paket».
Denkt an die Buchhandlungen. Da
sie als «nicht essenziell» für das Land
betrachtet werden, müssen sie geschlossen
bleiben. Online-Buchbestellungen
laufen nun einfach über
Amazon. Das ist unfairer Wettbewerb.
Wie viel Finanzmacht und
Marktkontrolle werden Amazon und
weitere Online-Riesen dadurch erwerben?
Unter welchen Bedingungen
arbeiten ihre Angestellten angesichts
der Arbeitsüberlastung? Und unter
welchen Bedingungen werden die
Kleinhändler arbeiten, wenn die
Wirtschaft wieder angekurbelt wird?
Während dieses erzwungenen
Stillstands sollten Arbeitnehmende,
Gewerkschaften, Bürgerrechtsorganisationen
alles Interesse haben,
vor allem in rechtlicher und sozialer
Hinsicht und weniger in politischer
Hinsicht sehr gut hinzuschauen und
reaktionsbereit zu sein.
FAQ Corona und Arbeit bei syndicom.ch:
Bit.ly/2JrJ42w
Politik
Der Service public ist die Basis
des wirtschaftlichen Lebens
23
Jetzt, da das öffentliche
Leben stark eingeschränkt
ist, zeigt sich die Wichtigkeit
eines starken Service public,
der die Grundversorgung
für die Gesamtbevölkerung
sicherstellt und das wirtschaftliche
Leben so weit wie
möglich aufrechterhält.
Text: Christian Capacoel
Bild: Markus Forte
Wir sind derzeit froh um jedes nicht
zusammengesparte Spitalbett.
Ebenso froh sind wir um die funktionierenden
Poststellen, die Päckliboten
und die Netzbauer, die unsere
Telekommunikationsnetze instand
halten. Auf diese leistungsfähigen
und stabilen Netze sind wir in Zeiten
von Home-Office und Selbstisolation
umso mehr angewiesen.
Dabei wurde noch im Januar
behauptet, ein Drittel der Spitäler
sei überflüssig. Bei den Poststellen
tut sich das Parlament noch immer
schwer, den Schliessungen Einhalt
zu gebieten, und Avenir Suisse fordert
unbeirrt die Privatisierung von
Netzinfrastrukturen.
Die Corona-Krise zeigt deutlich,
dass der Privatisierungs- und
Sparkurs der letzten Jahre in eine
Sackgasse führt. Denn die nächste
Krise kommt bestimmt. Wenn wir
also die jetzige Krise überwunden
haben, müssen wir uns auf die
nächste vorbereiten. Dazu braucht
es eine offensive Politik beim Service
public.
Den Service public wieder
breiter fassen
Studien zeigen, dass ein starker
Service public das Vertrauen in die
Medien erhöht – und die Bereitschaft,
dafür zu zahlen. Die wissenschaftlichen
Befunde, das Allgemeinwissen,
dass das Funktionieren
der Demokratie im Wesentlichen
von den Medien abhängt, und der
offensichtliche Wert verlässlicher
News in Krisensituationen sollten
genügen, den Kurs bei der Medienförderung
zu drehen. Die Medienförderung
muss ganz dem Servicepublic-Gedanken
folgen.
Dazu gehört eine unabhängige,
dreisprachige Nachrichtenagentur –
die heutige Keystone-SDA ist es mit
ihrer Besitzerstruktur nicht – und
eine SRF mit genügend Mitteln, um
ihren Standard für alle Landesteile
aufrechtzuerhalten.
Schluss mit der Privatisierung
Das wäre ein erster Schritt, um dem
Abwehrkampf abzusagen. Gegen die
Privatisierung der Swisscom. Gegen
die Aushöhlung der SDA. Gegen die
Poststellenschliessungen. In einem
offensiven Diskurs müssen wir vielmehr
von Investitionen in das Rückgrat
unserer Gesellschaft, unserer
Wirtschaft sprechen.
Wir müssen den Moment nutzen,
um in den Köpfen der Bevölkerung
und Politik zu verankern, dass
zum Service public mehr gehört als
die Medien, die Poststellen und die
Swisscom. Wie zum Beispiel die Paketsortiererinnen
und Lieferanten,
die im Zeitalter des Onlinehandels
immer unverzichtbarer werden.
Oder die Frühzusteller*innen, die
uns auch jetzt noch die Zeitung
nach Hause bringen. Es gilt aber
auch noch weiter zu denken. Zum
Beispiel der öffentliche Verkehr:
Warum sollen in Zukunft nicht auch
Taxis dazugehören, wenn insbesondere
die ältere Bevölkerung auf
einen individuellen Service angewiesen
ist?
Gesamtarbeitsverträge in allen
Branchen der Grundversorgung
Gerade jetzt rückt die Leistung der
Arbeitnehmenden und der Wert
ihrer Arbeit in den Fokus der Öffentlichkeit.
Viele systemrelevante
Arbeitende leiden unter prekären
Arbeitsbedingungen, weil durch die
Privatisierung und Liberalisierung
der letzten Jahre ein deregulierter
Markt entstanden ist, in dem die sozialpartnerschaftlichen
Errungenschaften
massiv unter Druck stehen.
Und es kommt zu Ungleichbehandlungen:
Während eine Paketbotin
der Post noch gute Arbeitsbedingungen
geniesst, sieht es beim
DPD- oder DHL-Lieferanten deutlich
schlechter aus. Wir müssen deshalb
auf der politischen Ebene erreichen,
dass der Bund in allen
Branchen der Grundversorgung
Gesamtarbeits verträge verordnet.
Nur so erreichen wir die Gleichbehandlung
der Arbeitnehmenden der
Grundversorgung. Der Service public
als Fundament unserer Gesellschaft
verdient unseren Einsatz.
Den Beschäftigten in der Logistik, der Post
und dem öffentlichen Verkehr muss für die
Erbringung essenzieller Dienstleistungen
eine Risikoprämie gewährt werden.
Unterzeichnet die Petition von syndicom!
Bit.ly/2UPrADY
24 Politik
Der Staat muss investieren
wie ein Unternehmer
Zum 20-jährigen Bestehen
der Tessiner Associazione per
la difesa del servizio pubblico
hielt Prof. Sergio Rossi von
der Uni Freiburg einen Talk
über die Perspektiven des
Service public in der Schweiz.
Er hofft auf eine Rückkehr zu
den keynesianischen Theorien
und zu einem Staat, der
investiert, um aus der Krise
herauszufinden.
Text: Sergio Rossi
Bild: Omar Cartulano
John Maynard Keynes, einer der
gros sen Ökonomen des 20. Jahrhunderts,
forderte das antizyklische
Eingreifen des Staates in die Konjunktur:
Geht es der Wirtschaft
schlecht, soll der Staat sie unterstützen
und sich nötigenfalls verschulden.
Dies geschah nach der Krise
von 1929. Allerdings vergassen die
Politiker in den folgenden Jahrzehnten,
die öffentlichen Schulden zurückzuzahlen.
Zugunsten ihrer
Wieder wahl verzichteten sie auf
Steuererhöhungen oder Ausgabenkürzungen.
Das gemäss Keynes umgekehrt
proportionale Verhältnis
von Arbeitslosigkeit und Inflation
löste sich deshalb Ende der 70er-
Jahre auf. An die Stelle des Keynesianismus
trat die Theorie Milton
Friedmans.
Die Wirtschaftsfakultäten werden
heute vom neoliberalen Gedankengut
beherrscht: Die «Väter»
des Neoliberalismus bemächtigten
sich zunächst der Hochschulen und
dann der Zentralbanken und Verwaltungsräte.
Die Globalisierung
spielte bei der Schwächung des Service
public nur eine untergeordnete
Rolle, entscheidender war die wirtschaftliche
und finanzielle Deregulierung.
Die Banken wurden zu
Universal banken und traten mit
Versicherungen und Pensionskassen
in Wettbewerb. Dazu kommen
die Interessenkonflikte, die Drehtüren
für Bank kader. Ein Beispiel
von vielen: Vor seiner Zeit als Präsident
der Europäischen Zentralbank
war Mario Draghi bei der US-Investmentbank
Goldman Sachs. Der
Slogan «Gewinne privatisieren, Verluste
verstaatlichen» fasst die Situation
treffend zusammen. Gewinne,
die der Staat mit profitablen Tätigkeiten
erzielte, wurden privatisiert.
Geblieben sind ihm die Verluste.
Und da der Service public nicht
mehr rentierte, wurde er abgebaut.
Staatshandeln aus Manageroptik
In der Schweiz hat sich der gesellschaftliche
Zusammenhalt (zwischen
Einkommensklassen) und die
nationale Kohäsion (zwischen Zentren
und Randregionen) verringert.
Mit der Schwächung des sozialen
Gefüges verroht die Gesellschaft.
Der für die Willensnation Schweiz
typische kooperative Föderalismus
(reiche Kantone helfen den ärmeren)
ist kompetitiv geworden. Dies
zeigt ein Blick auf das Steuersystem.
Ausserdem hat der Staat einen Teil
seiner rentablen Tätigkeiten an bereitwillige
Private ausgelagert und
Leistungen abgebaut (Gesundheit,
Verkehr, Infrastruktur, Bildung).
Der Staat gleicht immer mehr
einem Konzern, effektiv und effizient.
Er soll den Service public möglichst
kostengünstig bereitstellen,
zu Lasten der Qualität. Das ist das
Resultat, wenn Entscheide von öffentlichem
Interesse aus Manageroptik
getroffen werden. Zwischen
Managern und Unternehmern gilt
es zu unterscheiden. Unternehmer
wie Steve Jobs haben zukunftsorientierte,
innovative Ideen. Manager
denken kurzfristig: Sie haben kein
Interesse, in Unternehmen zu investieren,
um deren langfristigen Fortbestand
zu sichern. Die Zahl der
Unter nehmer ist gesunken, die Zahl
der Manager gewachsen. Dies hat zu
einer Schwächung des Schweizer
Wirtschaftsgefüges geführt.
Streiken für Keynes
Greta Thunberg hat uns zum Nachdenken
über den Klimawandel und
die Jungen zum Streiken gebracht.
Nun müssten wir weniger Jungen einen
Streik für den Keynesianismus
organisieren. Wir sollten zurückkehren
zu Keynes’ Idee eines unternehmerischen
Staats, der als wichtiger
Akteur in der Marktwirtschaft
auftritt. Vor kurzem hat meine Kollegin
Mariana Mazzucato, Professorin
in London, das Buch Das Kapital
des Staates publiziert, das sich mit
genau diesem Thema befasst. Die
USA haben öffentliche Gelder in die
Eroberung des Weltraums investiert.
Auch das Internet ist durch öffentliche
Ausgaben – für die Landesverteidigung
– entstanden. Diese
staatlichen Investitionen haben es
den Unternehmen möglich gemacht,
sich mit neuen Produkten
neue Absatzmöglichkeiten und Gewinne
zu erschliessen.
Meine Prognosen sind pessimistisch:
Soziale Spannungen und
die Entfremdung von der Politik
nehmen zu. Auf der anderen Seite
ist eine solidarische Wirtschaft am
Entstehen, in der man sich gegenseitig
hilft. Es fehlt die Rolle des
Staates. Die durch das Coronavirus
ausgelöste Wirtschaftskrise zeigt
erneut, dass die öffentlichen Ausgaben
für die globale Wirtschaftsentwicklung
entscheidend sind.
Recht so!
25
Liebe Rechtsberatung von syndicom, ich
arbeite in einem Unternehmen, welches
aufgrund der Corona-Pandemie unter
einem massiven Einbruch der Auftragslage
leidet. Fast jeden Tag kommuniziert die
Geschäftsleitung neue Massnahmen.
Heute wurden für diverse Mitarbeitende
mit Wirkung ab nächster Woche Zwangsferien
verordnet. Darf das Unternehmen
Ferien anordnen?
Die Geschäftsleitung hat zudem kommuniziert,
dass wir sämtliche positiven Zeitsaldi
abbauen müssen. So werden Mitarbeitende
früher nach Hause geschickt bzw. gar nicht
erst eingeplant und die Zeitsaldi nehmen
ab. Einige Mitarbeitende sind deshalb
schon ins Minus geraten.
Unser Arbeitgeber hat mitgeteilt, dass er
die Anmeldung von Kurzarbeit in Betracht
zieht. Was hätte dies für finanzielle Konsequenzen
für uns? Können wir Kurzarbeit
ablehnen?
Antwort des syndicom-Rechtsdienstes
Bei der Festlegung der Ferien sind die Bedürfnisse der
Mitarbeitenden stets zu berücksichtigen, der Arbeitgeber
hat aber «das letzte Wort»: Können sich beide Parteien
nicht einigen, so bestimmt der Arbeitgeber den Zeitpunkt
der Ferien. Diese sog. Ferien anordnung muss aber rund
drei Monate vor Beginn der Ferien erfolgen, sodass du die
angeordneten kurzfristigen Zwangsferien nicht akzeptieren
musst. Teile per Mail oder eingeschriebenem Brief
mit, dass du die Ferien nicht akzeptierst und deine Arbeit
anbietest.
Je nach in Frage kommenden Zeit saldi ist die Rechtslage
anders: Die Kompensation von Überzeit setzt zwingend
das Einverständnis der Arbeitnehmenden voraus.
Eine Kompensation kann daher verweigert werden.
Die Kompensation von Überstunden setzt ebenfalls das
Einverständnis der Arbeitnehmenden voraus, wobei –
abweichend zur Überzeit – im Arbeitsvertrag oder GAV
von dieser Regelung abgewichen und dem Arbeitgeber
das Recht verliehen werden kann, Kompensation einseitig
anzuordnen. Enthält dein Arbeitsvertrag oder der anwendbare
GAV eine solche Regelung, muss die Anordnung
hingenommen werden. Die Kompensation von Gleitzeitguthaben
kann ohne eine explizit anderslautende Regelung
im Arbeitsvertrag angeordnet werden.
Keinesfalls zulässig ist, dass ihr aufgrund der schlechten
Auftragslage ins Minus geratet: Der Arbeitgeber trägt
das Unternehmerrisiko und darf es nicht auf die Arbeitnehmenden
abwälzen. Wehrt euch gegen die Massnahmen
und bietet die Arbeit per Mail oder eingeschriebenem
Brief an, wenn der Arbeitgeber euch nicht
vertragsgemäss arbeiten lässt.
Kurzarbeit setzt das schriftliche Einverständnis der Mitarbeitenden
voraus. Durch Kurzarbeit erleiden die Arbeitnehmenden
eine Lohneinbusse von bis zu 20 %. Wie hoch
die Einbusse im konkreten Fall ist, hängt davon ab, in
welchem Ausmass die betroffenen Mitarbeitenden noch
arbeiten können: Bei einer Kurzarbeit von bspw. 50 % werden
die geleisteten Arbeitsstunden zu 100 % durch den
Arbeitgeber entlöhnt, die Ausfallstunden hingegen zu
80 % aus den Versicherungsleistungen (Kurzarbeitsentschädigung).
Der Arbeitnehmer muss demnach bei 50 %
Kurzarbeit eine Lohneinbusse von 10 % des Lohnes hinnehmen.
Wer die Kurzarbeit ablehnt, erhält weiterhin den
vollen Lohn, muss aber damit rechnen, die Kündigung zu
erhalten.
syndicom.ch/rechtso
26 Freizeit
Tipps
Lohngleichheit in die Praxis
umsetzen
Ab 1. Juli 2020 tritt das revidierte
Gleichstellungsgesetz in Kraft. Unternehmen
mit mehr als 100 Mitarbeitenden
müssen ihre Löhne auf
Diskriminierung analysieren und
die Analyse formell durch Revisionsstellen
überprüfen lassen. Sie haben
aber auch die Möglichkeit, die
Lohnanalysen sozialpartnerschaftlich
durchzuführen.
Das Bildungsinstitut der Gewerkschaften
Movendo hat diese
Gelegenheit benützt, um einen Kurs
über die Lohngleichheitsanalysen
aufzustellen. Die Teilnehmenden
(Personalkommissionen und Gewerkschaftssekretär*innen)
bekommen
zuerst eine Einführung in die
rechtlichen und wissenschaftlichen
Grundlagen der Lohngleichheit.
Danach gibt es einen anwendungsbezogenen
Teil, damit die Teilnehmenden
kompetent sind für sozialpartnerschaftliche
Lohnanalysen
und diese bei den Arbeitgebern
auch einfordern können.
Dieser Anlass findet am 12. 5. in
Bern, Hotel Ambassador, statt und
kostet 300 Franken. Neben Regula
Bühlmann vom SGB wird Patrizia
Mordini von syndicom Argumente
für die sozialpartnerschaftliche
Durchführung der Lohnanalysen
geben.
Andere interessante Kurse haben
ebenfalls noch freie Plätze: z. B.
das Führungsseminar für Präsidien
von Personalvertretungen, vom 13.
bis 15. Mai 2020 in Vitznau, Hotel
Flora Alpina; der Kurs «Mutig handeln
im Betrieb» für den besseren
Umgang mit Vorgesetzten, HR und
Kolleg*innen (5./6. Juni 2020, Solbadhotel
Sigriswil) oder der Kurs
zum Gesundbleiben in stehenden
Berufen (25. Juni 2020, Romero-
Haus, Luzern), mit der Ergonomin
Daniela Biberstein.
Anmeldung: Movendo.ch
Rückfragen: 031 370 00 70
© El Periscopio
Ein Beispiel für den kollektiven
Kampf aus Argentinien
Im März gibt der Verlag Editions de
l’Aire das Buch «Ni fous ni morts»
heraus, die französische und aktualisierte
Übersetzung* eines in den
frühen 2000er-Jahren in Argentinien
publizierten Sammelbands. Er versammelt
die Berichte ehemaliger
politischer Gefangener, die während
der argentinischen Militärdiktatur
von 1974 bis 1979 im
Gefängnis Coronda festgehalten
wurden. Die jungen Männer – mit
unterschiedlichem politischem Hintergrund
und unterschiedlichen
Ideologien, aus allen sozialen
Schichten – kämpften gemeinsam
und mutig für ihre Ideale.
Sergio Ferrari, Journalist und
Co-Präsident des Branchenvorstands
Presse von syndicom, ist einer
dieser früheren Häftlinge. Für
ihn trägt dieses Buch nicht nur zur
Aufarbeitung der argentinischen
Diktatur bei, sondern birgt auch
eine universelle Botschaft: «In einem
solch besonderen Moment
in der Geschichte der Menschheit,
nicht nur in Lateinamerika, sondern
auch in Europa, ist es wichtig, vor
allem der jungen Generation den
Wert kollektiver und geeinter Aktionen
in Erinnerung zu rufen.»
«Ni fous ni morts» (weder verrückt
noch tot) heisst das Buch,
weil den Gefangenen im Pavillon 5,
den «Hoffnungslosen», gedroht
wurde, sie würden das Gefängnis
nur tot oder verrückt verlassen. Die
Überlebenden von Coronda aber
sind diesem Schicksal entkommen
und erinnern heute daran, wie wichtig
es ist, aufzubegehren und einig
im Kampf zu sein. Melina Schröter
* Die Übersetzung erscheint ausschliesslich in
französischer Sprache.
«Ni fous, ni morts – Prisonniers politiques
sous la dictature argentine, Coronda 1974–
1979», Editions de l’Aire, März 2020. Interview
mit Sergio Ferrari auf syndicom.ch/fr
© Konzernverantwortungsinitiative
Konzerne vor dem Gesetz
«Die Mine hat unsere Zukunft und
unsere Kultur zerstört», erzählen die
Einwohner des Departements La
Guajira in Kolumbien. Dort besitzt
der Konzern Glencore (mit Sitz in
der Schweiz) eine der weltgrössten
Kohleminen. Für den Abbau wurden
die indigenen Gemeinschaften (wie
die Wayuu) zwangsumgesiedelt. Die
Vergiftung des Flusses Ranchería
gefährdet 450 000 Menschen.
Solches Vorgehen ist für diverse
Konzerne gängige Praxis. Der Profit
geht vor, Natur und Arbeiter werden
ausgebeutet. Es gilt das Gesetz des
Geldes, andere Gesetze werden
miss achtet. Deshalb fordert die
Konzernverantwortungs-Initiative,
dass Konzerne mit Sitz in der
Schweiz die internationalen Umweltstandards
respektieren und für
Menschenrechtsverletzungen bestraft
werden. Überall auf der Welt,
dort, wo sie tätig sind.
Der Dokumentarfilm «Der Konzern-Report»
zeigt anhand mehrerer
Beispiele, wie dringend und notwendig
diese Initiative ist. Eines ist
die kolumbianische Mine El Cerrejón.
Schlimme Beispiele, auf die
auch Persönlichkeiten in der
Schweiz und in anderen Ländern
in Appellen hinweisen. Etwa Dick
Marty, der Unternehmer Dietrich
Pestalozzi oder die Präsidentin des
Schweizerischen Katholischen
Frauenbunds, Simone Curau-Aepli.
Es braucht klare Regeln, um die
Konzerne zur Rechenschaft ziehen
zu können. Giovanni Valerio
Die DVD (Fr. 10.–) kann bestellt werden auf:
konzern-initiative.ch
1000 Worte
Ruedi Widmer
27
28 Bisch im Bild Im Februar und März 2020 war syndicom aktiv mit den vielen Teilnehmer*innen
des Frauenstreiks vom 8. März, mit den Delegierten von Post, PostFinance und
PostAuto, am Kongress Reclaim Democracy, mit den Jugendlichen und jungen
Erwachsenen der Gewerkschaft und mit den Vertrauensleuten.
1
2
3
4
5
1. Am Frauentag in Bern bildeten Frauen auf dem Bundesplatz das
Symbol der Frau. (© syndicom)
2. In Lausanne haben die Frauen am Frauenstreik den Flashmob
«Un violador en tu camino» organisiert. (© Jean-Christophe Bott/keystone-sda.ch)
3. In Lugano lancierte eine Gruppe von Tessiner Frauen für den 8. März
die Initiative #stepupgirls: Auf den Treppen hinauf zum Bahnhof wurde
ein roter Teppich gegen die Lohnungleichheit zwischen Männern und
Frauen ausgelegt. Darauf konnte man sich fotografieren und das Bild in
den sozialen Netzwerken teilen. (© #stepupgirls)
4. Die Kathedrale in Genf trug ein Transparent mit der Aufschrift «Révolution
féministe». (© DR)
5. Die Delegiertenversammlung Post und PostFinance am 14. Februar in
Bern bekundete ihre Unterstützung für den Redaktor, den der Corriere
del Ticino wegen eines ironischen Reims entlassen möchte. (© syndicom)
6. An der Delegiertenversammlung vom 28. Februar in Bern weigerten
sich die PostAuto-Chauffeur*innen, in den laufenden GAV-Verhandlungen
Konzessionen zu machen (© syndicom)
7. Stephanie Vonarburg, Leiterin Sektor Medien von syndicom, diskutierte
am Reclaim-Democracy-Kongress in Zürich über Medienförderung.
(© Marco Geissbühler)
8. Die Interessengruppe Frauen von syndicom organisierte am 2. März in
Bern eine Diskussion über sexuelle Gewalt am Arbeitsplatz. (© syndicom)
9. Die syndicom-Jugend diskutierte über die Weiterbildung in Zeiten
der Digitalisierung. Gestützt darauf formulieren sie einen Antrag an die
Delegiertenversammlung. (© Marcel Lüthy)
10. Am 21./22. Februar fand das Seminar für Vertrauensleute in der
Logistik, Region Zürich/Ostschweiz, statt. (© Marcel Lüthy)
6
7
8
9
10
30
Aus dem
Leben von ...
Henner Knorr: «Die Flankierenden
Massnahmen sind eine gute Sache»
Henner Knorr, 53, geboren in Bremen
(Deutschland), schloss erst sein Studium
als Diplomphysiker ab, bevor er
eher zufällig Webdesigner für eine NGO
in den Niederlanden wurde. In dieser
Zeit engagierte er sich ehrenamtlich
für die Rechte von Migrant*innen.
Nach einem kurzen Abstecher in die
Bildungsbranche hat er erst im Callcenter
gelernt, was es eigentlich
braucht, um ein guter Lehrer zu sein:
zuhören – und Wissen in kleinen Happen
vermitteln. Er lebt in einer kleinen
Stadt im Landkreis Konstanz und nennt
Musik einen festen Teil seines Lebens.
Neben seinem Job im Callcenter bei
der Capita Customer Services AG in
Täger wilen engagiert er sich als Branchenvorstand
Contact- und Callcenter
bei syndicom.
Text: Philippe Wenger
Bild: Alexander Egger
Eine gewerkschaftliche
Einstellung ist für mich
selbstverständlich
Im Callcenter gibt es viele, die sagen:
«Ich bin nur temporär hier» – selbst
wenn sie eigentlich eine Festanstellung
haben. Das macht es schwierig,
Leute zu finden, die sich gewerkschaftlich
engagieren.
Dass Engagement aber wichtig
ist, habe ich am eigenen Leib erfahren:
Früher war es in meinem Betrieb
üblich, Kranksein abzustrafen. In
einem für mich besonders bitteren
Fall wurde mir ein Bonus mit dazugehörigem
Stufenanstieg gestrichen,
für den ich zuvor über lange Zeit gute
Leistungen gezeigt hatte. Die Hochstufung
verschob sich um ein halbes
Jahr, und das nur, weil ich in einem
Dezember für zwei Tage ausfiel.
Auf meinen Protest hin – erst bei
meinem Chef und dann bei dessen
Chef – hat man dann eine Lösung
gefunden, aber den Bonus hat man
mir trotzdem nicht ausbezahlt. Weil:
so waren ja die Regeln. Aber solche
Regeln dürfen nicht sein. Ich fühlte
mich beschmutzt und von meinem
Arbeitgeber nicht wertgeschätzt. Da
habe ich gemerkt, dass etwas grundlegend
falsch lief, das die Firma
nicht alleine korrigieren konnte.
Es brauchte die Gewerkschaft.
Seither engagiere ich mich für
bessere Arbeitsbedingungen. Dass
wir 2015 einen GAV aushandeln
konnten, hat einiges verbessert:
So ist Kranksein heute kein Grund
mehr, einen Bonus zu streichen, wir
haben mehr Urlaubstage, und die
paritä tische Kommission wacht über
die Einhaltung der gesetzlichen Bestimmungen
– etwa bei den Schichtplänen.
Zwar laufen ein paar Dinge
etwas bürokratischer ab als vorher,
aber dafür fairer.
Für mich sind die Flankierenden
Massnahmen zur Personenfreizügigkeit
eine gute Sache. Wer umgekehrt
zum Beispiel als polnischer Grenzgänger
in Deutschland arbeitet, erhält
manchmal weniger Lohn als die
deutschen Kolleginnen und Kollegen
– das baut einen ungesunden Konkurrenzdruck
in der Belegschaft auf.
In der Schweiz ist das anders: Zwar
verdienen Leute, die nahe der Grenze
wohnen, weniger als jene aus Zürich,
aber es wird nicht nach deiner Nationalität
unterschieden. Den gleichen
Job könnte ich in Deutschland nicht
machen, weil der Lohn viel zu tief
wäre.
Dafür nehme ich auch einen langen
Arbeitsweg von mindestens eineinviertel
Stunden pro Weg in Kauf.
Ich habe immer mein Faltvelo dabei,
mit dem ich über die Grenze radle,
und mein Kornett, ein kleines, trompetenähnliches
Instrument, hilft
mir, Wartezeiten zu überbrücken.
Ich mache meinen Job gerne und
für mich ist eine gewerkschaftliche
Einstellung selbstverständlich. Über
mein Amt im Branchenvorstand hinaus
habe ich aber keine Ambitionen
für eine Gewerkschaftskarriere. Ich
wünschte mir bloss, dass man uns
Milizer etwas mehr in die politischen
Entscheidungen einbezieht. Vielleicht
wird es dann etwas leichter,
die Leute zu aktivieren – auch wenn
es wohl schwierig bleiben wird.
syndicom.ch/branchen/ccc
Impressum
Redaktion: Sylvie Fischer, Giovanni Valerio
Tel. 058 817 18 18, redaktion@syndicom.ch
Freie Mitarbeit: Rieke Krüger
Porträts, Zeichnungen: Katja Leudolph
Fotos ohne ©Copyright-Vermerk: zVg
Layout und Druck: Stämpfli AG, Bern
Adressänderungen: syndicom, Adressverwaltung,
Monbijoustrasse 33, Postfach, 3001 Bern
Tel. 058 817 18 18, Fax 058 817 18 17
Inserate: priska.zuercher@syndicom.ch
Abobestellung: info@syndicom.ch
Abopreis ist im Mitgliederbeitrag inbegriffen. Für
Nichtmitglieder: Fr. 50.– (Inland), Fr. 70.– (Ausland)
Verlegerin: syndicom – Gewerkschaft
Medien und Kommunikation, Monbijoustr. 33,
Postfach, 3001 Bern
Das syndicom-Magazin erscheint sechsmal im Jahr.
Ausgabe Nr. 17 erscheint am 29. Juni 2020
Redaktionsschluss: 18. Mai 2020
Redaktionsschluss dieser Ausgabe war der 6. April.
Alle Zahlen/Daten sind aktuell für diesen Zeitpunkt.
31
Anzeige
Das syndicom-Kreuzworträtsel
Für danach, wenn wir wieder reisen können:
Zu gewinnen gibt es eine Hotelcard,
gespendet von unserer Dienstleistungspartnerin
Hotelcard. Das Lösungswort
wird in der nächsten Ausgabe zusammen
mit dem Namen der Gewinnerin
oder des Gewinners veröffentlicht.
Lösungswort und Absender auf einer
A6-Postkarte senden an: syndicom-
Magazin, Monbijoustrasse 33, Postfach,
3001 Bern. Einsendeschluss: 18.5.20
Der Gewinner
Die Lösung des syndicom-Kreuzworträtsels
aus dem syndicom-Magazin
Nr. 15 lautet:
Gewerkschaftliche Entlassung.
Gewonnen hat Walter Brun aus Emmen.
Die Reka-Checks im Wert von 50 Franken
sind unterwegs. Wir gratulieren herzlich!
Bezahlen Sie
Ihre Ferien mit
Reka-Geld.
7 %
Rabatt!
Gönnen Sie sich mehr für Ihr Budget.
Beziehen Sie Reka-Geld mit Rabatt
und bezahlen Sie damit Ihre Ferien bei
vielen Schweizer Reisebüros. Insgesamt
akzeptieren über 9‘000 Annahmestellen
Reka-Geld. reka-guide.ch
Als syndicom-
Mitglied beziehen
Sie Reka-Geld
mit 7 % Rabatt.
Mit Reka liegt mehr drin.
Reka18_Syndicom_176x88_d_01_quer.indd 1 21.11.18 13:53
32 Inter-aktiv
syndicom social
Podcasts: Trend ungebrochen
5.3.2020
Günstig in der Produktion, überall zu
konsumieren, junges Publikum, lange
Verweildauer: Podcasts boomen. Immer mehr setzen
auch Unternehmen und Organisationen auf das neue
Medium, in der Hoffnung, sich als Themenführer ihrer
Branche in Szene zu setzen.
Quelle: rnz.de
Gleichstellung: Ja, aber …3.3.2020
81 Prozent der Unternehmen weltweit sehen
Diversität und Inklusion als wichtiges Thema.
Doch weniger als die Hälfte (42 %) verfolgen eine
klare Strategie zur Erreichung von Geschlechtergerechtigkeit.
Quelle: Mercer.ch
Crowdwork in der Schweiz
2.3.2020
Als Crowdwork bezeichnet
man Aufträge, die über
Internetplattformen angeboten
und von einem oder mehreren
Crowdworkern bearbeitet werden. Gut eine
Million Schweizer*innen haben schon
Crowdwork gemacht, für rund 135 000 davon
ist es gar die einzige Einkommens quelle,
schreibt Daniel Hügli, syndicom- Zentralsekretär
im Sektor ICT, auf swissict.ch.
Der Turing-Test erklärt
Wann ist maschinelle Intelligenz der menschlichen
Intelligenz gleichwertig? – Wenn ein
Frage steller nicht unterscheiden kann, wer ihm
auf eine Reihe von Fragen geantwortet hat, ein
Mensch oder eine Maschine.
Alan Turing († 1954), der diesen Test vorgeschlagen
hat, war ein britischer Mathematiker
und Informatiker. Bisher konnte keine Maschine
den Turing-Test zweifelsfrei bestehen.
Dies ist eines von 52 Schlagwörtern aus dem
syndicom-KI-Lexikon: Bit.ly/39xOV16
syndicom begrüsst Unterstützung
für die Selbständigen20.3.2020
syndicom begrüsst die Beschlüsse des
Bundesrates, insbesondere die finanzielle
Unterstützung der Selbständigen in Form
eines Taggeldes nach dem Vorbild der
Verdienst ausfallentschädigung. Die Gewerkschaften
müssen jedoch als Sozialpartner
in die einheitliche Umsetzung
dieser Beschlüsse einbezogen werden.
Streaming über alles2.3.2020
Drei von vier Online-Nutzer*innen in der
Schweiz sind Kunden von Streaming-Diensten
wie Youtube, SRF und Spotify, so das Resultat
der NET-Metrix-Base-Studie. Am liebsten hören
und schauen wir uns die Inhalte auf dem
Smartphone an. Einzig bei Bezahldiensten wie
Netflix kommt vermehrt der Laptop zum Zug.
Digitalisierung verändert die Kreativbranche15.2.2020
«Die Digitalisierung hat tatsächlich die Kreativbranche
verändert. Dienstleistungen, die zuvor nur von Fachkräften
erledigt werden konnten, wurden auch für Laien
zugänglich gemacht. Dies zwingt uns zur Reflexion über
unsere Kompetenzen. (…) Wir sind Experten in visueller
Kommunikation von Inhalten. Diese Fähigkeit ist vermehrt
ins Zentrum unserer eigenen Tätigkeit zu rücken
und Kunden auf Augenhöhe zu vermitteln», sagt Heidi
Bernard, Innovationsprozess- und Kommunikationsdesignerin,
via LinkedIn.
Zoogler bald mit
Personalvertretung13.2.2020
Die Mitarbeitenden von Google in
Zürich, auch Zoogler genannt, erhalten
neu eine Personalvertretung.
syndicom stand ihnen dabei beratend zur Seite.
Ein Sympathisant dazu auf Facebook: «Auch amerikanische
Grossfirmen können mit ihren MA nicht
machen, was sie wollen! Recht so! »
Neuer Lohnrechner für Post-Mitarbeitende2020
Mit dem Lohnrechner von syndicom können Mitarbeitende der
Post ihre voraussichtliche Lohnerhöhung berechnen. Der Lohnanstieg
ist je nach Konzernbereich unterschiedlich. Ein Verteilschlüssel
sorgt für Fairness und Klarheit. Je weniger jemand
verdient, desto höher kann die Lohnerhöhung ausfallen.
Check deinen Lohn: syndicom.ch/lohn20