15.04.2020 Aufrufe

syndicom magazin Nr. 16

Das syndicom-Magazin bietet Informationen aus Gewerkschaft und Politik: Die Zeitschrift beleuchtet Hintergründe, ordnet ein und hat auch Platz für Kultur und Unterhaltendes. Das Magazin pflegt den Dialog über Social Media und informiert über die wichtigsten Dienstleistungen, Veranstaltungen und Bildungsangebote der Gewerkschaft und nahestehender Organisationen.

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«Die Spirale des Lohndumpings wird besonders stark<br />

angetrieben von der öffentlichen Hand.» Daniel Hügli<br />

19<br />

Lohnschutz dank der<br />

Personenfreizügigkeit<br />

Dank den flankierenden Massnahmen zur Personenfreizügigkeit<br />

lässt sich der allgemeinverbindliche GAV der Netzinfrastruktur<br />

umfassend durchsetzen. Das ist auch bitter nötig.<br />

Jede Ähnlichkeit mit realen Ereignissen<br />

und Unternehmen ist purer Zufall:<br />

Aber nehmen wir mal an, ein Schweizer<br />

Unternehmen vergibt einen Auftrag<br />

im Bereich der Netzinfrastruktur<br />

an die Schweizer Tochtergesellschaft<br />

eines ausländischen Unternehmens.<br />

Diese hat jedoch keine eigenen Arbeitnehmenden<br />

in dem Tätigkeitsbereich.<br />

Sie beauftragt deshalb ein anderes<br />

Unternehmen mit der Ausführung der<br />

Arbeiten – wiederum ein Subunternehmen.<br />

Doch auch dieses hat keine auf die<br />

Tätigkeiten spezialisierten Arbeitnehmenden.<br />

Darum werden die Arbeitnehmenden<br />

von einem Unternehmen<br />

ausgeliehen, das auf den Verleih von<br />

Personal spezialisiert ist. Diese Arbeitnehmenden<br />

– zum Beispiel meldepflichtige<br />

Kurzaufenthalter in der<br />

Schweiz – führen schliesslich die Arbeiten<br />

aus.<br />

Nur durch Kontrollen vor Ort kann Lohndumping<br />

aufgedeckt und abgestellt werden. (© <strong>syndicom</strong>)<br />

GAV gilt auch für ausländische<br />

Dienstleister in der Schweiz<br />

Dank dem Gesamtarbeitsvertrag der<br />

Netzinfrastruktur-Branche hat <strong>syndicom</strong><br />

über die Paritätische Kommission<br />

aus Gewerkschafts- und Arbeitgebervertretern<br />

die Möglichkeit, auch<br />

solche Konstrukte auf Einhaltung der<br />

Lohn- und Arbeitsbedingungen zu<br />

kontrollieren. Der Bundesrat hat den<br />

Gesamtarbeitsvertrag per 1. Oktober<br />

2018 allgemeinverbindlich erklärt und<br />

beschliesst auch jede Vertragsanpassung<br />

– wie beispielsweise die von <strong>syndicom</strong><br />

ausgehandelte Erhöhung der<br />

Mindestlöhne. Die Allgemeinverbindlicherklärung<br />

und die ausgebaute<br />

Kontrollkompetenz der Paritätischen<br />

Kommission sowie die wichtige Möglichkeit,<br />

den Gesamtarbeitsvertrag<br />

auch gegenüber ausländischen Dienstleistern<br />

in der Schweiz durchzusetzen:<br />

alle basieren auf den Flankierenden<br />

Massnahmen im Rahmen der Personenfreizügigkeit.<br />

Personenfreizügigkeit<br />

bedeutet also mehr Lohnschutz<br />

für alle, die in der Schweiz arbeiten.<br />

Wer bezahlt den Preis?<br />

Und dieser Lohnschutz dank ausgebauter<br />

Kontrollen ist auch bitter nötig.<br />

Denn in dem fiktiven Beispiel wird<br />

der Preis, der für die Arbeitserledigung<br />

bezahlt wird, in dieser Kette der<br />

Subunternehmen von Kettenglied zu<br />

Kettenglied immer tiefer. Und am<br />

Ende der Kette stehen die Arbeitnehmenden,<br />

die nicht selten von Unternehmen<br />

durch Lohn- und Sozialdumping<br />

ausgebeutet werden.<br />

Diese Lohndumping-Spirale wird<br />

besonders von der öffentlichen Hand<br />

und ihren Betrieben angetrieben. Dahinter<br />

steckt nur allzu oft die bürgerliche<br />

Ideologie der ständigen Kostensenkung,<br />

die schliesslich kriminelle<br />

Konstrukte begünstigt – auf Kosten<br />

der Arbeitnehmenden und eines starken<br />

Service public für die Bevölkerung.<br />

Der Lohnschutz muss deshalb<br />

nicht nur in den Branchen und Unternehmen,<br />

sondern auch in der Politik<br />

immer wieder erkämpft werden.<br />

Daniel Hügli<br />

Ein Beispiel für Kapitalismus<br />

in Reinform!<br />

Am 10. März veröffentlichte Tamedia<br />

(jetzt TX Group) den Jahresabschluss<br />

2019. Vom ausgewiesenen Gewinn<br />

von 98 Millionen werden 37 Mio. an<br />

Angelo Zanetti, Zentralsekretär Sektor Medien<br />

die Anteilseigner ausgeschüttet. Ein<br />

Blick auf die letzten 10 Jahre zeigt eine<br />

Entwicklung von 59,5 (2010) auf 47<br />

Millionen in den Jahren 2014, 2015,<br />

20<strong>16</strong>, 2017 und 2018. Ein Anteil von<br />

70 % geht an die Familie Coninx-Supino,<br />

die sich, wie uns scheint, guter Gesundheit<br />

erfreut. Die Bezüge des Verwaltungsrats<br />

(mit dem Vorsitzenden<br />

Pietro Supino und weiteren 7 Mitgliedern)<br />

belaufen sich auf 2,39 Mio. und<br />

lagen seit 2010 nie unter 2,3 Mio. Die<br />

Mitglieder der Unternehmensleitung<br />

(8 Personen) bekommen 8,55 Millionen.<br />

Im Jahr 2010 belief sich dieser Betrag<br />

auf 5,61 Millionen und stieg dann<br />

über die Jahre: 7,57 – 7,95 – 6,67 – 8,23,<br />

–12,46 – 8,97 – 10,19 Mio., auf 8,81 Millionen<br />

im Jahr 2018. Ganze acht Personen<br />

haben sich dieses Sümmchen einverleibt.<br />

Dagegen mussten die 41<br />

Journalist*innen des Matin für einen<br />

Sozialplan vor Gericht, und die Zeitungsdrucker<br />

müssen ab Januar 2020<br />

eine Lohnkürzung von 1 % in Kauf<br />

nehmen, und 2021 eine weitere von<br />

0,5 %. Und die Liste der Entlassungen<br />

in den letzten zehn Jahren ist lang.<br />

Ausquetschen, abkassieren und wegwerfen<br />

– wohl eine Konstante der TX.<br />

Was wir fordern: Sofortige Rückerstattung<br />

der Lohnkürzung von 1 % in<br />

den Druckzentren, Streichung der<br />

Vereinbarungen, die mit den jeweiligen<br />

Personalkommissionen unter<br />

Ausübung eines enormen Drucks abgeschlossen<br />

wurden bzw. gerade abgeschlossen<br />

werden, und ein Stopp aller<br />

Kürzungen und Sparmassnahmen zulasten<br />

des Personals, Unterzeichnung<br />

der bestehenden Gesamtarbeitsverträge<br />

bzw. Verhandlungen mit den Gewerkschaften,<br />

um fehlende Verträge<br />

abzuschliessen. Zulasten des Personals<br />

Geld zu machen, ist wirklich zu<br />

einfach!<br />

<strong>syndicom</strong>s Appell an die TX-Aktionäre:<br />

Bit.ly/2UObxGb

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