15.04.2020 Aufrufe

syndicom magazin Nr. 16

Das syndicom-Magazin bietet Informationen aus Gewerkschaft und Politik: Die Zeitschrift beleuchtet Hintergründe, ordnet ein und hat auch Platz für Kultur und Unterhaltendes. Das Magazin pflegt den Dialog über Social Media und informiert über die wichtigsten Dienstleistungen, Veranstaltungen und Bildungsangebote der Gewerkschaft und nahestehender Organisationen.

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10 Dossier<br />

«Lokal einkaufen, sonst wird die Krise eine<br />

Lizenz zum Gelddrucken für Amazon»<br />

Bei <strong>syndicom</strong> sind alle Branchen von den Corona-Massnahmen<br />

betroffen. Hier erzählen Freischaffende,<br />

Angestellte und Selbständige von<br />

den Veränderungen.<br />

Text: Philippe Wenger<br />

Bilder: Markus Forte<br />

Erhan (Name geändert) sitzt auf dem Balkon und macht<br />

eine Pause – Home-Office, wie so viele in der grafischen<br />

Industrie. Er zieht an einer Zigarette, während er per Video-Chat<br />

sein Dilemma schildert: «Ich habe gestern die<br />

Zusage für den neuen Job gekriegt. Ich weiss aber nicht,<br />

ob ich ihn annehmen soll.» Dieser neue Job ist die eigentlich<br />

lang ersehnte Möglichkeit für Erhan, seine unfairen<br />

Arbeitsbedingungen hinter sich zu lassen. Aber nicht nur<br />

sein jetziger Arbeitgeber hat «wegen Corona» Kurzarbeit<br />

(s. Kasten) beantragt, auch «der Neue» tat dies. In diesem<br />

Umfeld eine neue Stelle anzutreten, ist riskant.<br />

Als der Bundesrat am 13. März die «ausserordentliche<br />

Lage» ausrief, ging ein Ruck durch das Land, als hätte der<br />

Fahrer eines Reisecars scharf gebremst. Um im Bild zu<br />

bleiben: Jene, die ungesichert im Mittelgang Getränke<br />

servierten, flogen sofort auf die Nase; die Nicht-Angeschnallten<br />

mussten sich an der Vorderlehne festhalten,<br />

bei den Angegurteten weiss man noch nicht, was dieser<br />

Gurt an Druckstellen auf dem Körper hinterlassen wird.<br />

In den Branchen von <strong>syndicom</strong> findet man alle Beispiele.<br />

Kurierbranche: Verluste und ganz neue Kundschaft<br />

«Ich gehe zwar wie immer zur Arbeit, aber gleichzeitig stellen<br />

wir gerade unser Geschäftsmodell auf den Kopf», sagt<br />

Marc Herter, Co-Geschäftsleiter der Genossenschaft Velokurier<br />

Winterthur. Die üblichen Botenaufträge von Büro<br />

Was für<br />

Verhältnisse<br />

herrschen,<br />

wenn Corona<br />

vorbei ist?<br />

Die TX-Aktionäre sollen mithelfen<br />

Corona-Erwerbsersatz<br />

Die Massnahmen des Bundesrats zur Eindämmung der Corona-Pandemie<br />

zerrütten die Schweizer Wirtschaft. Im «Kreisschreiben<br />

Corona-Erwerbsersatz» (KS CE) beschreibt das<br />

Bundesamt für Sozialversicherung, wie selbständig Erwerbende<br />

und bestimmte Angestellte an Geld kommen können.<br />

Zentral ist, dass man einen Nachweis für den Ausfall des<br />

Einkommens erbringen muss – das können Flyer, Verträge<br />

oder andere Dokumente sein. Den Antrag muss man bei der<br />

AHV-Ausgleichskasse stellen, bei der man Beiträge bezahlt.<br />

Anspruch haben auch Eltern, die wegen eines Ausfalls der<br />

Fremdbetreuung ihre Kinder selbst betreuen müssen und<br />

deswegen nicht arbeiten können, und Menschen, die in Quarantäne<br />

verbleiben müssen. Die Leistungen des KS CE kommen<br />

nur zum Tragen, wenn nicht anderswo Geld beschafft<br />

werden kann. Dazu gehört auch die erweiterte Kurzarbeit.<br />

Kurzarbeit<br />

Kurzarbeit ist die vorübergehende Reduzierung der Arbeit,<br />

etwa aufgrund einer behördlichen Anweisung wie jetzt. Die<br />

Entschädigung kann von den Unternehmen beantragt werden,<br />

um Arbeitsplätze zu sichern, und wird normalerweise<br />

ebenfalls von den AHV-Ausgleichskassen koordiniert. In manchen<br />

Kantonen übernimmt das aber eine andere Stelle. Das<br />

Antragsverfahren wurde stark vereinfacht. Informationen<br />

dazu finden sich auf der Website des Seco: arbeit.swiss.<br />

In 5 Jahren 230 Millionen Dividende ausgeschüttet<br />

<strong>syndicom</strong> fordert: Die Aktionäre der grossen Firmen sollen bei<br />

der Bewältigung der Krise mithelfen. Stephanie Vonarburg,<br />

Vizepräsidentin von <strong>syndicom</strong>, nennt die TX Group (früher<br />

Tamedia) als Beispiel: Dort wurde – auf Druck von Personal<br />

und <strong>syndicom</strong> – die Kurzarbeit auch für regelmässige Freie<br />

beantragt, und der Lohnausgleich auf 100 % wird bis Juni<br />

vom Konzern übernommen. Zudem verzichtet die Unternehmensleitung<br />

2020 auf ihre Bonus-Zahlungen. Allerdings sei<br />

das nur ein kleiner Schritt für einen Konzern, der in den letzten<br />

fünf Jahren insgesamt über 230 Millionen an Dividenden<br />

ausbezahlt hat. Die Aktionäre seien aufgefordert, auf die Dividenden<br />

der Jahre 2019 und 2020 zu verzichten (passiert ist<br />

dies nur für das laufende Jahr), geplante Sparmassnahmen<br />

sind zu stoppen. Es sei undenkbar, dass der Verlag von einer<br />

höheren Medienförderung profitieren kann, wenn er die Redaktionen<br />

von Bund und Berner Zeitung sowie der Zürcher<br />

Regionalzeitungen und des Tages-Anzeigers noch enger<br />

zusammenführt. <br />

(Ph. W.)<br />

Die Lösung von Basel-Stadt<br />

<strong>syndicom</strong> möchte, dass der Bund sich an der Lösung von<br />

Basel-Stadt ein Beispiel nimmt, um den Selbständigen und<br />

Freischaffenden eine Art Existenz minimum zu geben. Mit<br />

einem Anmeldeformular, das in 30 Minuten ausgefüllt werden<br />

kann, verspricht der Kanton eine Unterstützung, die auch<br />

tatsächlich zum Überleben reicht. Anders als die meisten<br />

anderen Stellen garantiert Basel-Stadt einen Mindestsatz<br />

von 98 Franken pro Tag und beschränkt die Taggelder nicht<br />

auf abgesagte Veranstaltungen. So erhalten Selbständige<br />

mit einem 100-Prozent-Ausfall zumindest knapp 3000 Franken<br />

pro Monat. <br />

(Red.)

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