Nr. 60 - Herbst 2016
Vallée de la Dordogne: Wo man « wie Gott in Frankreich lebt » Saint-Germain-des-Près: die Seele von Paris ? Occitanie; Sigean: das Reservat der Glücklichen Tiere Chantals Rezept: Tarte d'automne aux champignons à la farine de châtaignes
Vallée de la Dordogne: Wo man « wie Gott in Frankreich lebt »
Saint-Germain-des-Près: die Seele von Paris ?
Occitanie; Sigean: das Reservat der Glücklichen Tiere
Chantals Rezept: Tarte d'automne aux champignons à la farine de châtaignes
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DAS UNABHÄNGIGE FRANKREICH-MAGAZIN <strong>Nr</strong>. <strong>60</strong> · <strong>Herbst</strong> <strong>2016</strong><br />
Vallée de la<br />
Dordogne<br />
Wo man « wie Gott in Frankreich » lebt<br />
Loiretal<br />
Von der Holzkathedrale<br />
zum Musiktempel<br />
Bretagne<br />
Die Johnnies, die Helden von Roscoff<br />
Saint-Germaindes-Prés<br />
Mehr als ein Viertel, die Seele von Paris?<br />
Gesellschaft Wie denken Briten in Frankreich über den Brexit?<br />
Art de vivre Frankreich, das neue Eldorado für Bierliebhaber<br />
Geschichte Das unglaubliche Vermächtnis von Maurice Ravel<br />
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EDITORIAL<br />
Liebe Leserin, lieber Leser,<br />
in der Ausgabe <strong>Nr</strong>. <strong>60</strong> von Frankreich<br />
erleben werden Sie viele Menschen kennenlernen. Wir<br />
haben uns nämlich für Sie mit Catherine, Barbara,<br />
Stéphanie, Bernard, Cyril, Christophe, Eva, Folker,<br />
Klaus, Arne, Silke und Heike unterhalten. Sie<br />
zeichnen sich alle durch eine sehr interessante,<br />
manchmal sogar berührende Persönlichkeit<br />
und einen besonderen Werdegang aus,<br />
deshalb möchten wir sie Ihnen vorstellen.<br />
Ob sie nun Touristen in einem Gîte auf<br />
dem Lande beherbergen, ein Schloss<br />
in ein 4-Sterne-Hotel-Restaurant<br />
umwandeln, ein Kulturfestival<br />
organisieren, geduldig Automaten<br />
restaurieren, jeden Morgen Löwen<br />
füttern oder den Franzosen die<br />
Tradition der Weihnachtsmärkte<br />
näherbringen: All diesen Frauen<br />
und Männern ist gemeinsam,<br />
dass sie entschlossen, mutig und<br />
mit Leidenschaft ihren Aufgaben<br />
nachgehen. Die Gespräche mit<br />
ihnen waren ein echtes Vergnügen,<br />
das wir mit Ihnen teilen möchten.<br />
Schöne Landschaften, ein reiches kulturelles<br />
und geschichtliches Erbe und<br />
attraktive Tourismuslabels sind nicht<br />
alles. Was beeindruckt, was im Gedächtnis<br />
bleibt, das sind vor allem Austausch<br />
und gemeinsame Erlebnisse.<br />
Wir<br />
laden Sie<br />
also ein, einmal<br />
mehr mit uns<br />
diese menschliche Seite<br />
von Frankreich, die weit über<br />
die üblichen touristischen Darstellungen<br />
hinausgeht, zu entdecken. In einer<br />
Zeit, in der man von einer Vereinheitlichung des Geschmacks<br />
und einem Standardangebot für Urlauber spricht,<br />
erscheint es uns notwendiger denn je, dies zu unterstützen.<br />
Der erste Teil unserer Reise durch Frankreich führt uns<br />
ins Vallée de la Dordogne, wo wir festgestellt haben, dass<br />
der Ausdruck « leben wie Gott in Frankreich » für viele<br />
Menschen hier seine Berechtigung hat. Wir wollten<br />
verstehen, warum. Dann begeben wir uns in das<br />
legendäre Pariser Viertel Saint-Germain-des-<br />
Prés und fragen uns, was aus ihm geworden<br />
ist. Weiter im Süden, zwischen Narbonne<br />
und Perpignan, entdecken wir einen in<br />
seiner Art quasi einzigartigen Tierpark,<br />
während uns in der Nähe von Tours ein<br />
Festival zeigt, dass klassische Musik<br />
und eine Getreidescheune aus dem 13.<br />
Jahrhundert durchaus zusammenpassen.<br />
In Bordeaux gibt uns ein Zusammenschluss<br />
« mobiler » Zeichner die Gelegenheit, von unserem<br />
gewohnten Stil etwas abzuweichen … Aber mehr<br />
verrate ich nicht, das dürfen Sie selbst entdecken!<br />
Ich bin überzeugt davon, dass auch diese Ausgabe<br />
von Frankreich erleben Sie wieder neugierig machen<br />
wird. Wenn sie Ihnen dann noch Lust darauf macht,<br />
diese Frauen und Männer ebenfalls zu besuchen,<br />
dann haben wir unsere Aufgabe erfüllt: die Aufgabe<br />
zu informieren, zu teilen und Lust zu machen.<br />
Ihnen allen viel Spaß beim Lesen!<br />
Titelbild: das Dorf Collonges-la-Rouge (Corrèze)<br />
Jean-Charles Albert<br />
Chefredakteur<br />
jc.albert@frankreicherleben.de<br />
Frankreich erleben · <strong>Herbst</strong> <strong>2016</strong> · 3
INHALT<br />
Grange de<br />
Meslay · 56<br />
Rezept · 82<br />
Vallée de la Dordogne · 22<br />
Paris · 40<br />
Bordeaux · 64<br />
Sigean · 48<br />
Ravel · 76<br />
Johnnies · 78<br />
4 · Frankreich erleben · <strong>Herbst</strong> <strong>2016</strong>
Nantes<br />
64 · Bordeaux<br />
40 · Paris<br />
Lille<br />
56 · Grange de Meslay<br />
Tours<br />
38 · Hotel<br />
Toulouse<br />
Lyon<br />
22 · Vallée de la Dordogne<br />
48 · Sigean<br />
Unterwegs in Frankreich<br />
Marseilles<br />
Strasbourg<br />
22 Vallée de la Dordogne<br />
Wo man « wie Gott in Frankreich lebt »<br />
Das Vallée de la Dordogne zieht sich durch drei Departements<br />
(Dordogne, Lot und Corrèze) und ist eine besonders<br />
privilegierte Gegend. Begegnungen mit Menschen, die<br />
dem Charme eines Tales erlegen sind, der den Ausdruck<br />
« leben wie Gott in Frankreich » absolut rechtfertigt.<br />
38 Hotel<br />
Château de la Treyne, Lacave<br />
40 Saint-Germain-des-Prés<br />
Mehr als ein Viertel, die Seele von Paris?<br />
Saint-Germain-des-Prés war jahrelang ein beliebter<br />
Treff punkt von Intellektuellen, Künstlern und Politikern und<br />
wurde lange Zeit als die intellektuelle Seele der Hauptstadt<br />
betrachtet. Was ist von diesem Mythos heute noch<br />
übriggeblieben?<br />
48 Réserve africaine de Sigean<br />
Das Reservat der glücklichen Tiere<br />
Hat sich der « Zoo von heute » gegenüber dem « Zoo von<br />
früher » verändert? Kann man sich in einem Tierpark um<br />
das Wohlbefinden der Tiere kümmern, sie respektieren,<br />
zu ihrer Erhaltung beitragen? Diese Fragen haben uns in<br />
ein einzigartiges Reservat im Süden Frankreichs geführt.<br />
56 Grange de Meslay<br />
Von der Holzkathedrale zum Musiktempel<br />
Knapp zehn Kilometer nordöstlich von Tours steht inmitten<br />
von Feldern ein bemerkenswertes und erstaunliches<br />
Gebäude aus dem 13. Jahrhundert: die Grange de<br />
Meslay. Seit mehr als 50 Jahren findet hier jährlich ein<br />
klassisches Musikfestival statt, das in seiner Art einmalig ist.<br />
64 Bordeaux<br />
Im Juni <strong>2016</strong> waren während einiger Tage Dutzende<br />
Zeichner in den Straßen von Bordeaux unterwegs. Die<br />
Mitglieder der Vereinigung Urban Sketchers hielten dort<br />
ihr jährliches Treffen ab und nutzten die Gelegenheit, die<br />
Stadt zu zeichnen. Wir haben uns von ihnen inspirieren<br />
lassen, um das Zeitgeschehen auf andere Art zu skizzieren.<br />
Frankreich heute<br />
70 Gesellschaft<br />
Brexit: Wie denken Briten, die in<br />
Frankreich leben, darüber?<br />
Am 23. Juni <strong>2016</strong> haben die Briten mit 51,9 % der Stimmen<br />
für den Austritt aus der Europäischen Union gestimmt.<br />
Die rund 200.000 Engländer, von denen viele<br />
seit Langem in Frankreich leben, sind nun zutiefst verun<br />
sichert, welche Konsequenzen dieses Votum für sie<br />
haben wird. Wir haben einige von ihnen getroffen.<br />
72 Gesellschaft<br />
Frauen und Männer, die sich für die deutschfranzösische<br />
Freundschaft einsetzen<br />
Barbara Barberon-Zimmermann ist Mitbegründerin<br />
eines deutsch-französischen Kulturfestivals in Hamburg<br />
und stellt es Jahr für Jahr erneut mit viel Energie und<br />
Arbeitseinsatz auf die Beine. Ihre Leidenschaft für<br />
Frankreich und die deutsch-französische Freundschaft<br />
gibt ihr die Kraft für diese zeitaufwändige Aufgabe.<br />
76 Musik<br />
Das Vermächtnis von Maurice Ravel<br />
Der Bolero ist eines der bekanntesten klassischen<br />
Musikstücke der Welt, entsprechend hoch sind die<br />
Tantiemen. Nun versucht eine Erbengemeinschaft die<br />
Urheberschaft anzufechten, um weiterhin zu profitieren.<br />
78 Geschichte<br />
Die Johnnies, die Lieblingsfranzosen<br />
der Engländer<br />
Seit 188 Jahren überqueren Bretonen aus Roscoff<br />
und umliegenden Gemeinden im Finistère Jahr für<br />
Jahr den Ärmelkanal, um in England ihre berühmten<br />
rosa Zwiebeln zu verkaufen, eine Sorte, die als der<br />
« Rolls-Royce » unter den Zwiebeln angesehen wird.<br />
Art de vivre<br />
82 Chantals Rezept<br />
Tarte d’automne aux champignons<br />
et à la farine de châtaigne<br />
84 Alkoholische Getränke<br />
Frankreich, das neue Eldorado für Bierliebhaber<br />
In Frankreich gibt es immer mehr Bier, das lokal und<br />
in handwerklichen Verfahren hergestellt wird. Liebhaber<br />
dieses Gebräus haben die Qual der Wahl.<br />
88 Produkte<br />
Der Bistrostuhl « Drucker »: zeitlos und pariserisch<br />
Er ist von allen Pariser Bistrostühlen der authentischste.<br />
Seit mehr als einem Jahrhundert wird er auf den<br />
Terrassen schicker Pariser Brasserien eingesetzt.<br />
3 Editorial<br />
6 On en parle<br />
12 Frankreichkalender<br />
14 On lit<br />
16 On écoute<br />
18 On regarde<br />
20 On surfe<br />
21 Abonnement<br />
90 Nachbestellungen<br />
94 Kulturschock<br />
96 Guéwen a testé<br />
98 Impressum<br />
98 Vorschau<br />
Frankreich erleben im Internet:<br />
www.frankreicherleben.de
ON EN PARLE<br />
STADTBILD<br />
5 neue vergoldete Zwiebeltürme über den Dächern von Paris<br />
Auf einem Areal, auf dem sich früher die Räumlichkeiten<br />
von Météo-France befanden, ist nach<br />
mehrmonatigen Bauarbeiten das neue kulturelle<br />
und spirituelle russisch-orthodoxe Zentrum von Paris<br />
entstanden. Es liegt im 7. Arrondissement am Seineufer<br />
gegenüber der Pont de l‘Alma, nur wenige Schritte vom<br />
Eiffelturm entfernt, und hat bereits viel von sich reden<br />
gemacht. Nach seiner Fertigstellung wird es das Bild dieses<br />
Viertels mit Sicherheit auf spektakuläre Art und Weise<br />
verändern: Fünf mit Blattgold überzogene Zwiebeltürme<br />
werden die Kuppeln der orthodoxen Kathedrale<br />
Sainte-Trinité schmücken, die bei dieser Gelegenheit<br />
ebenfalls gebaut wurde. Der größte ist bereits an Ort und<br />
Stelle. Er hat einen Durchmesser von 11 Metern, reckt<br />
sich 38 Meter in den Himmel von Paris und kann unmöglich<br />
übersehen werden. Insgesamt werden für die<br />
fünf Zwiebeltürme 90.000 Bogen Blattgold verarbeitet,<br />
wobei man sich für eine Legierung entschieden hat, die<br />
matter als das klassische Gelbgold erscheint, das bereits<br />
den Invalidendom und die Statuen der Pont Alexandre-<br />
Trois ziert. Vielleicht, um nicht mit diesen zu konkurrieren?<br />
ERÖFFNUNG<br />
UMGESTALTUNG<br />
Einblick in das Leben von<br />
Leonardo da Vinci<br />
Vor genau 500 Jahren ist Leonardo da Vinci in das Château<br />
du Clos Lucé in Amboise (Indre-et-Loire) ein ge zogen.<br />
Es war sein letzter Wohnsitz. In den letzten <strong>60</strong> Jahr en<br />
wurde das Schloss aufwändig renoviert. Die Ar beit en<br />
sind nun fertiggestellt und Werkstätten, Bibliothek und<br />
Ar beits zim mer des italienischen Genies für die Öffentlich<br />
keit zugänglich. Ein 3-D-Film mit Spezialeffekten und<br />
Ho lo gram men lässt den Besucher beispielsweise auf erstaun<br />
liche und ma gische<br />
Weise an der Be geg nung<br />
zwischen Leo nar do da<br />
Vinci und dem Kardinal<br />
Aragon teilhaben.<br />
(www.vinci-closluce.com)<br />
Zutritt zum Louvre vereinfacht<br />
Die vom Architekten Ieoh Ming Pei entworfene und<br />
1989 eingeweihte Glaspyramide des Louvre sollte den<br />
Besuchern den Zutritt vereinfachen. Sie war auf 4,5<br />
Millionen Besucher pro Jahr ausgerichtet. In zwi schen<br />
besuchen jedoch mehr als 10 Millionen Men schen jährlich den Louvre,<br />
weshalb es sehr oft zu langen Warteschlangen kam. Um diese Situation<br />
zu verbessern, wurden 53,5 Millionen Euro in die Neugestaltung des<br />
Eingangsbereichs, die Modernisierung des Informatiksystems sowie in<br />
Sicherheitsschleusen und -tunnel investiert. Letztere dienen dazu, die<br />
mitgeführten Taschen und Ge päck stücke noch besser durchleuchten zu<br />
können. Gut organisierte Be such er können nun ihr Ticket auch im Voraus<br />
per Internet kaufen. Ist man zu der auf dem Ticket angegebenen Uhrzeit<br />
am Louvre, so ist der Zu tritt innerhalb von maximal 30 Minuten garantiert.<br />
Ist man allerdings nicht rechtzeitig da, gelten dieselben Wartezeiten wie<br />
für Besucher ohne Ticket. (www.louvre.fr)<br />
6 · Frankreich erleben · <strong>Herbst</strong> <strong>2016</strong>
TGV<br />
In weniger als<br />
zwei Stunden<br />
von Straßburg<br />
nach Paris<br />
Neun Jahre nach seiner Inbetriebnahme wurde der<br />
TGV Est weiter ausgebaut und die Verbindungen<br />
zwi schen Paris und dem Elsass, Deutschland, Belgien<br />
sowie Luxemburg schneller gemacht: Vor<br />
Kurz em wurde ein neuer, 106 km langer Bau abschnitt<br />
der Hochgeschwindigkeitslinie fertiggestellt.<br />
Nun ist Paris nur noch 1 Stunde und 46 Minuten von<br />
Straß burg, 3 Stunden und 9 Minuten von Stuttgart<br />
und 5 Stunden und 41 Minuten von München entfernt.<br />
In 3 Stunden und 38 Minuten gelangt man auf<br />
der « Südstrecke » (über Straßburg) von der fran zösischen<br />
Hauptstadt nach Frankfurt. Auf der « Nordstrecke<br />
» (über Saarbrücken) dauert die Fahrt 10<br />
Minuten länger. Nach Mannheim sind es über Straßburg<br />
2 Stunden und 57 Minuten; über Saarbrücken<br />
muss man ebenfalls 10 Minuten mehr einkalkulieren.<br />
Ein e weitere Auswirkung: Der TGV zwischen Paris<br />
und Straßburg ist nun der schnellste in Frankreich. Im<br />
Rahmen der Kooperation zwischen der SNCF und<br />
der Deutschen Bahn fahren jetzt täglich auf drei<br />
Ver bin dungen zwischen Paris und Deutschland via<br />
Straß burg ICE-Waggons der neuesten Generation.<br />
UNGEWÖHNLICH<br />
Erste Weizenernte in Paris<br />
Vergangenen Oktober wurde in Paris erstmals eine<br />
Mischung aus fünf verschiedenen Getreidesorten<br />
auf einer 7000 m 2 großen Fläche ausgesät! Wo? Das<br />
Feld befindet sich in der Ferme de la Ville de Paris,<br />
einem 5 Hektar großen, biologisch bewirtschafteten<br />
Bauernhof, der im Bois de Vincennes (12. Arron disse<br />
ment) liegt und für die Öffentlichkeit zu gäng lich<br />
ist. Geerntet wurde Ende Juli, und das Getreide wird<br />
zum Füttern der Zugpferde des Bois de Vincennes<br />
und der Tiere auf dem Hof verwendet. Im Falle eines<br />
sehr kalten und frostigen Winters sollen auch Wildvögel<br />
davon profitieren.<br />
SCHNAPPSCHÜSSE<br />
Unerwartete Folge der Regionalreform ++ Laut Aussage<br />
der Zollbehörden sind der Region Ile-de-France, die bis heute in Sachen<br />
Export an der Spitze liegt, nun andere Regionen auf den Fersen: Auf die Ilede-France<br />
entfallen zwar noch immer 18,7 % der französischen Exporte, die<br />
Region Grand Est vereinigt ihrerseits aber bereits beachtliche 13,3 % auf sich.<br />
Vor allem besitzt die Ile-de-France aufgrund ihres Importvolumens von allen<br />
Regionen das größte Außenhandelsdefizit (52 Milliarden Euro), während<br />
Regionen wie Midi Pyrénées-Languedoc-Roussillon, Grand Est, Bourgogne-<br />
Franche-Comté und Aquitaine-Limousin-Poitou einen Überschuss aufweisen.<br />
Ausgefüllter Auftakt der Literatursaison ++ Jedes Jahr<br />
zwischen Mitte August und Ende Oktober ist die Verlagswelt in Frankreich in<br />
Aufruhr. Es ist die Zeit des Rentrée littéraire, wie der Auftakt der Literatursaison<br />
im Hexagon genannt wird. Traditionsgemäß erscheinen in dieser Zeit die<br />
meisten Bücher. In diesem Jahr sind 5<strong>60</strong> Romane und Sammlungen mit<br />
Kurzgeschichten französischer Autoren sowie ausländischer Autoren, die<br />
in die französische Sprache übersetzt wurden, angekündigt. Das sind 29<br />
weniger als im letzten Jahr. Die Anzahl der Erstlingsromane bleibt mit 66 Titeln<br />
(gegenüber 68 im Jahr 2015) quasi stabil. Der Auftakt der Literatursaison wird<br />
also auch <strong>2016</strong> die Möglichkeit für Entdeckungen bieten.<br />
Die Franzosen und ihr Budget ++ Gemäß einer jüngeren<br />
Umfrage des Instituts CSA im Auftrag von Cofidis sahen sich mehr als 4 von<br />
10 Franzosen im Verlauf der vergangenen 12 Monate mit einer ungeplanten<br />
finanziellen Ausgabe konfrontiert. Doch sie haben ihr Budget besser im Griff:<br />
Nur noch 16 % geraten Monat für Monat ins Minus, während es 2014 noch 5 %<br />
mehr waren. Um ein Projekt zu realisieren, greifen 62 % auf ihre Ersparnisse<br />
zurück, 26 % nehmen besondere Zahlungsbedingungen in Anspruch und<br />
23 % nehmen einen Kredit auf.<br />
Wenig Made in France in den Museumsshops ++ Eine<br />
« überraschend » durchgeführte Studie der Fédération indépendante<br />
du made in France (FIMIF) hat zutage gefördert, dass nur 30 % der in 13<br />
Museumsshops wichtiger touristischer Anziehungspunkte in Frankreich<br />
verkauften Produkte auch im Land selbst hergestellt werden. Die meisten der<br />
kleinen Souvenir-Eiffeltürme, die in den Shops des Tour Eiffel verkauft werden<br />
stammen ... aus China. Eine Tatsache, die nicht gut ankommt!<br />
Zahlen aus dem MuCEM ++ Das Musée des civilisations de l’Europe<br />
et de la Méditerranée (MuCEM), das auf einer künstlichen Halbinsel im Meer<br />
vor Marseille errichtet und 2013 nach 10-jähriger Vorbereitungs- und 4-jähriger<br />
Bauzeit eingeweiht wurde, ist Frankreichs erstes Nationalmuseum außerhalb<br />
von Paris. 2015 zählte man 1,5 Millionen Besucher. Diese Zahl hört sich zwar<br />
nicht schlecht an, bedeutet jedoch einen deutlichen Rückgang gegenüber<br />
2014, als 2 Millionen Menschen das Museum besucht haben.<br />
2015, ein gutes Jahr für das französische Kino ++<br />
2015 wurden 234 französische Filme produziert, 31 mehr als 2014. Das ist das<br />
beste Ergebnis seit 1952.<br />
Frankreich erleben · <strong>Herbst</strong> <strong>2016</strong> · 7
ON EN PARLE<br />
EINWEIHUNG<br />
Ein neues Glasmuseum<br />
im Departement Nord<br />
In Zeiten budgetärer Restriktionen<br />
kommt es selten vor, dass ein neues<br />
Museum eröffnet wird. Das Departement<br />
Nord hat allerdings die nötigen Mittel<br />
bereitgestellt, um ein schönes Ziel<br />
zu verwirklichen: die Kultur, genauer<br />
gesagt das lokale Kulturgut Glas, ins<br />
Zentrum der strategischen Entwicklung<br />
zu stellen und sich gegenüber Kreationen und Innovationen aus dem Ausland zu öffnen. Am<br />
1. Oktober <strong>2016</strong> wird im Herzen des wichtigsten Glasbläsergebiets in Nordwesteuropa, in Sars-<br />
Poteries, das Museum MusVerre eröffnet. In dem architektonisch sehr modern gestalteten<br />
Gebäude sollen mehr als 3000 Unikate präsentiert werden, die repräsentativ für die Kunst<br />
des Glasblasens sind. Darüber hinaus werden 800 Bousillés zu sehen sein, das sind Arbeiten,<br />
die die Glasbläser zu ihrem eigenen Vergnügen in der Pause für Familienmitglieder oder<br />
Freunde hergestellt haben. Die meisten dieser Exponate wurden von den Einwohnern selbst<br />
zur Verfügung gestellt. (www.musverre.lenord.fr)<br />
UMWELT<br />
100 % elektrisch fahrende<br />
Busse in Marseille<br />
Auf nationaler Ebene wurde die<br />
Nachricht kaum beachtet, obwohl sie<br />
ein echtes Experiment in Frankreich<br />
darstellt: Die Agglomération de<br />
Marseille und die Régie des Transports<br />
de Marseille (RTM) haben gemeinsam<br />
eine Buslinie eingerichtet, auf der<br />
ausschließlich elektrisch betriebene<br />
Busse fahren. Die Linie 82/82S fährt<br />
vom Sitz der Metropolregion über<br />
den Alten Hafen und das MuCEM<br />
zum neuen Geschäftsviertel<br />
Euroméditerranée. Jeder Bus besitzt<br />
auf seinem Dach eine drei Tonnen<br />
schwere Batterie, die eine Reichweite<br />
von 240 Kilometern gewährleistet.<br />
KLASSIFIZIERUNG<br />
Das Werk von Le Corbusier ins<br />
Weltkulturerbe aufgenommen<br />
Nach zwei vergeblichen Anläufen in Folge (2009 und<br />
2011) wurden bei der 40. Sitzung des Welterbekomitees<br />
im Juli <strong>2016</strong> in Istanbul 17 Bauwerke des französisch-schweizerischen<br />
Architekten Le Corbusier (1887-1965)<br />
ins Weltkulturerbe der UNESCO aufgenommen. Zehn dieser<br />
Orte liegen in Frankreich. Die bekanntesten davon sind die Villa<br />
Savoye in Poissy (Yvelines), die Cité Radieuse in Marseille<br />
(Bouches-du-Rhône, Foto), der Couvent de la Tourette<br />
(Rhône), die Chapelle Notre-Dame-du-Haut in Ronchamp<br />
(Haute-Saône) und das Quartier de Firminy (Loire).<br />
8 · Frankreich erleben · <strong>Herbst</strong> <strong>2016</strong>
Frankreich digital erleben!<br />
Ab sofort können Sie das aktuelle Heft sowie ältere Ausgaben von<br />
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ON EN PARLE<br />
NOSTALGIE<br />
Rückt das Ende des<br />
Pariser Metrotickets<br />
näher?<br />
AUSZEICHNUNG<br />
Das beste Flughafenrestaurant der Welt<br />
ist in Paris-Charles-de-Gaulle ...<br />
Valérie Pécresse, die Präsidentin<br />
der Region Ile-de-France,<br />
möchte bis 2021 das Metroticket<br />
abschaffen. Gelegenheitsnutzer<br />
sollen dann einen Geldbetrag<br />
auf eine kontaktlose Bezahlkarte<br />
laden können, einen sogenannten<br />
anonymen Pass Navigo, von<br />
dem der entsprechende Betrag<br />
beim Entwerten abgebucht wird.<br />
Die Präsidentin setzt darüber<br />
hinaus auf die Entwicklung<br />
des kontaktlosen Zahlens per<br />
Smartphone.<br />
Anlässlich der Verleihung der FAB Awards (The Airport Food & Beverage Confe<br />
rence & Awards), mit denen die besten Flughafenrestaurants ausgezeichnet<br />
wer den, wurde das Feinschmeckerrestaurant des Sternekochs Guy Martin, I Love<br />
Paris by Guy Martin, das im Juni 2015 eröffnet worden war und im Terminal 2E<br />
des Flughafens Paris-Charles-de-Gaulle liegt, als bestes Flughafenrestaurant<br />
der Welt ausgezeichnet. Auf der Karte findet man Vorspeisen zwischen 15 Euro<br />
(Karottencremesuppe) und 45 Euro (Kaviar) sowie Hauptgänge von 21,50 Euro<br />
(Burger) bis 34 Euro (Entrecote vom Rind mit Sauce béarnaise).<br />
RENOVIERUNG<br />
Das Château de Vaux-le-Vicomte<br />
erstrahlt wieder in alter Schönheit<br />
Vaux-le-Vicomte ist das Schloss, das der Finanzminister von<br />
Ludwig XIV. (1638-1715) Nicolas Fouquet (1615-1680) rund<br />
50 Kilometer südöstlich von Paris für sich bauen ließ und das<br />
schließlich seinen Untergang besiegelte, da der<br />
Sonnenkönig bei seinem Anblick vor Neid<br />
erblasste. Zurzeit werden dort umfangreiche<br />
Renovierungsarbeiten durchgeführt, die<br />
bis Januar 2017 dauern sollen. Sie betreffen<br />
zum einen die Decke des Chambre<br />
des Muses, die durch den Maler und<br />
Dekorateur Charles le Brun (1619-1690)<br />
gestaltet worden war, zum anderen 32<br />
Skulpturen, welche die durch den Gartenarchitekten<br />
André le Nôtre (1613-1700) gestalteten<br />
Jardins à la française schmücken. Schloss<br />
und Gärten bleiben jedoch während<br />
der Arbeiten geöffnet.
ERÖFFNUNG<br />
... und ein<br />
Sternekoch lässt<br />
sich am Flughafen<br />
Orly nieder<br />
Offenbar sind die Pariser Flughäfen<br />
dabei, ihr Image in Sachen<br />
Verpflegung aufzubessern.<br />
Im öffentlich zugänglichen Bereich des<br />
Terminal Sud des zweiten Pariser Flughafens,<br />
Orly, hat der Sternekoch Gilles<br />
Choukroun ebenfalls ein Restaurant eröffnet.<br />
Es nennt sich CUP (Cuisine Urbaine<br />
Parisienne). Auf der ganz zeitgemäßen<br />
Karte dieser modernen Brasserie<br />
finden sich sowohl einfache, aber originell<br />
präsentierte Gerichte, wie der<br />
« Echte Pariser Schinken mit Butter und<br />
Brot » (8 €), als auch exotischere wie die<br />
« Chinesischen Nudeln mit Huhn, Koriander<br />
und Soja » (13 €). Für 22 € erhält<br />
man ein von Gilles Choukroun kreiertes<br />
Gericht, das jeweils auf einer Tafel angeschrieben<br />
ist.<br />
CAMPING<br />
Mitten in Paris im Grünen campen<br />
Die Pariser Bürgermeisterin Anne Hidalgo hat vielen Campern einen<br />
langgehegten Wunsch erfüllt: Vor Kurzem wurde der Camping Indigo Paris, der<br />
einzige Campingplatz innerhalb der Stadtgrenzen, eröffnet. Er liegt im Herzen<br />
des Bois de Boulogne, erstreckt sich über 7 Hektar und gehört der Stadt. Auf<br />
410 Plätzen an den Ufern der Seine haben Camper sowohl die Möglichkeit, ihre<br />
eigene Unterkunft (Zelt, Wohnwagen, Wohnmobil) aufzustellen, als auch eine<br />
Unterkunft zu mieten. Dafür stehen Zelte, Roulottes (Zirkuswagen) und Cottages<br />
für bis zu 5 Personen zur Verfügung. Mit einem Shuttlebus erreicht man vom<br />
Campingplatz aus in zehn Minuten die Porte Maillot, wo man dann ein Fahrrad<br />
mieten kann. (www.camping-indigo.com)<br />
KULTURERBE<br />
Ein historisches Gebäude in Straßburg<br />
unter Denkmalschutz gestellt<br />
Die regionale Kommission für Kulturerbestätten<br />
befürwortet die Klassifizierung der Manufacture des<br />
tabacs de Strasbourg als Monument Historique. Es<br />
handelt sich dabei um ein mehr als 22.000 m 2 großes<br />
Meisterwerk der Industriearchitektur, das Mitte des<br />
19. Jahrhunderts im Stadtzentrum, im Viertel Krutenau,<br />
auf einem 1,4 Hektar großen Gelände errichtet<br />
wurde. Nachdem dort 1<strong>60</strong> Jahre lang knapp 50 % der<br />
französischen Zigarren produziert worden waren, ist<br />
die Manufaktur seit 2010 geschlossen und war mehrere<br />
Jahre lang das Objekt von Immobilienspekulationen.<br />
Die definitive Entscheidung muss aber noch durch<br />
den Präfekten beurkundet werden.<br />
Frankreich erleben · <strong>Herbst</strong> <strong>2016</strong> · 11
FRANKREICHKALENDER<br />
Auf keinen Fall verpassen:<br />
Montpellier erweist Frédéric Bazille die Ehre<br />
Frédéric Bazille (1841-1870) ist einer der Wegbereiter der impressionistischen Bewegung<br />
in Frankreich. Ein Großteil seiner Werke, die auf der ganzen Welt verstreut sind, werden<br />
nun erstmals im Rahmen einer Ausstellung gezeigt, mit der ihn seine Geburtsstadt Montpellier<br />
würdigt. Die Ausstellung wurde vom Musée Fabre in Montpellier in Zusammenarbeit<br />
mit dem Musée d‘Orsay in Paris und der National Gallery of Art in Washington<br />
organisiert und präsentiert gleichzeitig Werke von Zeitgenossen Bazilles (Delacroix,<br />
Courbet, Corot, Manet, Monet, Renoir, Sisley …). Damit wird der beachtliche und oft<br />
verkannte Beitrag dieses Künstlers zur Entwicklung des Impressionismus deutlich.<br />
Montpellier, Musée Fabre, bis 16. Oktober <strong>2016</strong><br />
museefabre.montpellier3m.fr<br />
Begegnungen mit Le Corbusier<br />
Nachdem das Werk von Le Corbusier gerade ins<br />
Weltkulturerbe der UNESCO aufgenommen wurde<br />
(siehe On en parle), freut man sich umso mehr über die<br />
Initiative des Site Le Corbusier in Firminy (Loire), des<br />
wichtigsten durch den Architekten in Europa realisierten<br />
Ortes und des zweitwichtigsten weltweit nach<br />
Chandigarh in Indien. Zusammen mit dem Institut<br />
d’Art Contemporain (IAC) Rhône-Alpes findet in<br />
der symbolträchtigen, von Le Corbusier entworfenen<br />
Kirche Saint-Pierre eine Ausstellung statt. Sie zeigt<br />
die Arbeit von sieben internationalen Künstlern aus<br />
verschiedenen Generationen, die, selbst wenn sie sich<br />
nicht direkt auf Le Corbusier berufen, ihm jedoch sehr<br />
nahekommen oder von ihm inspiriert wurden. Ein<br />
Beispiel ist der chinesische<br />
Künstler Wang Du, der<br />
auf der ganzen Welt für<br />
seine überdimensionalen<br />
Arbeiten bekannt ist, vor<br />
allem für seine zerknüllten<br />
Zeitungsseiten. Eine Anspielung<br />
auf die spezielle<br />
Beziehung, die Le Corbusier<br />
mit den Medien pflegte<br />
Firminy (Loire), Site Le Corbusier,<br />
Eglise Saint-Pierre,<br />
bis 6. November <strong>2016</strong><br />
www.sitelecorbusier.com<br />
Dreißig Jahre Skulpturen im Park<br />
Die Domaine de Kerguéhennec im Morbihan ist für<br />
ihr Schloss aus dem 18. Jahrhundert bekannt, das<br />
auch als Versailles Breton bezeichnet wird. Auf Initiative<br />
des französischen Kulturministeriums, der Region<br />
Bretagne und des Departements Morbihan hat<br />
sich der Park seit 1986 in eine Art « Freiluftgalerie »<br />
verwandelt, die von Jahr zu Jahr wächst. Innerhalb<br />
von 30 Jahren wurden inzwischen rund 30 Werke<br />
von großen internationalen Künstlern im Park aufgestellt<br />
– die meisten sind Auftragsarbeiten speziell<br />
für diesen Ort. Heute stellen diese Kunstwerke einen<br />
richtiggehenden « Skulpturenpark » dar, der eng mit<br />
dieser Region verbunden ist und der sich vor allem<br />
im <strong>Herbst</strong> für schöne Spaziergänge anbietet. Auch<br />
Fotografen schätzen diesen Ort als Inspirationsquelle,<br />
da die Skulpturen für besondere Kontraste und<br />
Perspektiven sorgen. Anlässlich des 30. Geburtstages<br />
des Skulpturenparks wird zusätzlich eine Sonderausstellung<br />
mit dem Titel Paysages contemporains gezeigt.<br />
Bignan (Morbihan), Domaine de Kerguéhennec, ganzjährig<br />
geöffnet, Sonderausstellung bis 6. November <strong>2016</strong><br />
www.kerguehennec.com<br />
12 · Frankreich erleben · <strong>Herbst</strong> <strong>2016</strong>
Die Shadoks im<br />
Museum!<br />
Die Shadoks sind ein Teil<br />
des französischen Kulturerbes.<br />
Diese lustigen<br />
Figuren aus der gleichnamigen<br />
französischen<br />
Zeichentrickserie, die<br />
zwischen 1968 und 1973 im<br />
Fernsehen ausgestrahlt wurde,<br />
sind nun für die Dauer<br />
einer Ausstellung in einem<br />
Museum zu sehen. Die<br />
Gelegenheit, ihr einzigartiges<br />
Universum zu entdecken.<br />
Sète (Hérault), Musée International des Arts<br />
Modestes, bis 6. November <strong>2016</strong><br />
www.miam.org<br />
Picasso, L’œuvre<br />
ultime<br />
Diese bedeutende Ausstellung<br />
ist die erste Hommage<br />
an Picassos letzte Ehefrau,<br />
Jacqueline Roque. Sie<br />
versammelt Werke aus<br />
den letzten zwanzig<br />
Jahre seines Schaffens,<br />
in denen diese Frau eine<br />
wichtige Rolle spielte.<br />
Martigny (Schweiz),<br />
Fondation Pierre<br />
Gianadda, bis 20. November <strong>2016</strong><br />
www.gianadda.ch<br />
Karikaturen und<br />
Plakate<br />
Zwischen 1850 und 1918 ist<br />
die Geschichte des Plakates<br />
eng mit der der Presse<br />
und dem politischen und<br />
wirtschaftlichen Kontext<br />
verknüpft. Diese Ausstellung<br />
zeigt die Entwicklung im<br />
Frankreich dieser Epoche,<br />
als Karikaturisten begannen,<br />
Plakate zu gestalten.<br />
Évian (Haute-Savoie), Musée Lumière,<br />
5. November <strong>2016</strong> bis 8. Januar 2017<br />
www.ville-evian.fr<br />
Außerdem lohnenswert<br />
Ernest Pignon-Ernest<br />
Ernest Pignon-Ernest wurde 1942 in Nizza geboren<br />
und ist ein Begründer der Street Art in Frankreich. Mit<br />
der Präsentation Hunderter Dokumente und Werke,<br />
die die Entwicklung seiner Arbeit aufzeigen, erweist<br />
die Stadt ihm nun die Ehre. Die Ausstellung, die in<br />
Zusammenarbeit<br />
mit dem Künstler<br />
organisiert wurde,<br />
lässt den Besucher<br />
in die Intimität<br />
seines Universums<br />
eintauchen.<br />
Nizza (Alpes-Maritimes),<br />
Eglise abbatiale<br />
de Saint-Pons,<br />
bis 2. Oktober <strong>2016</strong>;<br />
Musée d’Art Moderne<br />
et d’Art Contemporain<br />
(MAMAC),<br />
bis 8. Januar 2017<br />
www.mamac-nice.<br />
org<br />
Zwischen<br />
zwei Horizonten<br />
Diese faszinierende<br />
Ausstellung<br />
stellt einen Dialog<br />
zwischen der<br />
deutschen und<br />
der französischen<br />
Malerei seit der<br />
Zeit des Impressionismus<br />
her.<br />
Man versteht,<br />
inwiefern der<br />
bewegte geschichtliche<br />
Kontext die Kunst beeinflussen konnte,<br />
und in welcher Weise sich – durch die Faszination<br />
für den Nachbarn einerseits und die Fragestellungen<br />
und Besorgnis ihm gegenüber andererseits – eine<br />
gegenseitige Beeinflussung entwickeln konnte. Von<br />
Auguste Renoir bis Max Liebermann, von André<br />
Derain bis Ernst Ludwig Kirchner, über Max Ernst,<br />
Aurélie Nemours und Hans Hartung erzählt uns diese<br />
Ausstellung von einer mehr als hundertjährigen gemeinsamen<br />
Geschichte, die sich noch heute fortsetzt.<br />
Metz (Moselle), Centre Pompidou-Metz, bis 16. Januar 2017<br />
www.centrepompidou-metz.fr<br />
Frankreich erleben · <strong>Herbst</strong> <strong>2016</strong> · 13
ON LIT<br />
SACHBUCH<br />
Ein Einblick in die Seele der Pariser<br />
Es ist schwierig, den Pariser zu definieren. Hauptstadtbewohner?<br />
Zu vereinfacht. Gewohnheitsnörgler?<br />
Zu verallgemeinernd. Die Pariser definieren<br />
sich vor allem über die Dinge, die sie mögen, aber ganz<br />
besonders über solche, die sie nicht mögen. Über das, was<br />
sie tun, aber ganz besonders darüber, was sie nicht tun.<br />
Olivier Magny ist selbst Pariser, und mit diesem Buch<br />
gelingt es ihm, nicht nur humorvoll, sondern auch sehr<br />
realistisch typische Angewohnheiten der Pariserinnen<br />
und Pariser zu beschreiben: die Art vorzugeben – um<br />
möglichst seriös zu erscheinen –, man sei ein eifriger Leser<br />
der Zeitung Le Monde, « der einzigen verlässlichen<br />
Informationsquelle auf Erden »; über alles und jedes eine<br />
Meinung zu haben; der Ansicht zu sein, dass « ein Restaurant,<br />
das keinen Moelleux au Chocolat auf der Karte<br />
hat, zwangsläufig von gestern ist »; oder auch ausländische<br />
Filme immer in der Originalversion mit Untertiteln anzusehen,<br />
« da nur Ignoranten die französische Version bevor<br />
zugen »… Unser Lieblingskapitel: die ach so realistische<br />
Beschreibung<br />
des Autors über die<br />
systematische Verwendung<br />
des Wor tes sympa<br />
durch die Pariser:<br />
« In Paris gibt es auf<br />
die Frage ‹ Wie war’s<br />
denn? › nur eine mögliche<br />
Antwort: ‹ Sympa!<br />
› (…) Sympa ist<br />
positiv, aber lange<br />
nicht so stark wie exzellent,<br />
genial, außergewöhnlich,<br />
großartig oder fantastisch. Etwas ist einfach<br />
nur sympa. Bezeichnet der Pariser etwas oder jemanden<br />
als sympa, dann erkennt er ihm damit einen Pluspunkt zu.<br />
Aber nur einen. Etwas Mäßigung bitte …» So, damit haben<br />
Sie einen Tipp, der très sympa ist, um die Sprache der<br />
Pariser besser zu verstehen!<br />
Olivier Magny • Paris für Liebhaber • Blanvalet • ISBN 978-3764505585<br />
COMIC<br />
Mit dem Sonnenkönig<br />
in Versailles<br />
Den ersten Ludwig XIV. gewidmeten Band<br />
dieser schönen Reihe Ils ont fait l’Histoire<br />
haben wir Ihnen bereits vorgestellt. Auch<br />
diesem zweiten Band, der das Porträt<br />
des Sonnenkönigs vervollständigt, gelingt<br />
es wieder, die französische Geschichte<br />
ansprechend und lebendig zu erzählen.<br />
Er ist durchaus auch geeignet, wenn man<br />
die französische<br />
Sprache nicht<br />
perfekt beherrscht.<br />
Jean-David<br />
Morvan, Frédérique<br />
Voulysé, Renato<br />
Guedes und Hervé<br />
Drévillon • Louis XIV<br />
Tome II • Glénat-<br />
Fayard • ISBN<br />
KOCHBUCH<br />
Kulinarische Reise<br />
ins impressionistische<br />
Frankreich<br />
Claude Monet (1840-1926) war nicht<br />
nur ein berühmter Maler, sondern<br />
auch ein passionierter Gourmet. Der<br />
kleine Ort Giverny nordwestlich von<br />
Paris war sein Refugium: In seinem<br />
Haus inmitten einer traumhaften<br />
Gartenanlage mit den berühmten<br />
Seerosenteichen bewirtete der Künstler seine zahlreichen Freunde mit<br />
gutbürgerlichen und gleichzeitig höchst delikaten französischen Gerichten.<br />
Die in seinem Nachlass befindlichen Carnets de Cuisine – originale<br />
Rezeptaufzeichnungen Monets – lassen bis heute an den Genüssen von<br />
damals teilhaben. Dieses Buch ist viel mehr als ein Kochbuch. Es ist eine<br />
originelle und genussvolle Art der Annäherung an den Künstler. Gelungen!<br />
978-2344007433 Florence Rentner und Francis Hammond • Zu Gast bei Monet,<br />
Rezepte aus Giverny • Prestel • ISBN 978-3791382876<br />
14 · Frankreich erleben · <strong>Herbst</strong> <strong>2016</strong>
BEAUX-ARTS<br />
Wenn Matisse<br />
Baudelaire illustriert<br />
Lange Zeit wagte es niemand, sich an<br />
die Illustration eines der Meisterwerke der<br />
französischen Poesie zu wagen: Les Fleurs<br />
du mal von Charles Baudelaire (1821-1867).<br />
Man muss wissen, dass das Buch bei Erscheinen für einen Skandal<br />
sorgte, da es mit der damals sehr geschätzten idealistischen<br />
Romantik brach und den Zeitgeist auf moderne Art vermittelte. Im<br />
Sommer 1944 hat sich Henri Matisse (1869-1954) an die Illustration<br />
dieses Werkes gemacht. Seine Arbeit wurde 1947 publiziert.<br />
Diese Ausgabe ist ein Faksimile der Originalausgabe. Sie macht<br />
die Verbindung zwischen der Sichtweise des Dichters und der<br />
des Malers deutlich, und man versteht, was die beiden Künstler<br />
verband. Eine berührende und komplementäre Begegnung!<br />
Stéphane Guégan (Einleitung) • Les Fleurs du mal illustrées<br />
par Henri Matisse • Hazan • ISBN 978-2754109536<br />
COMIC<br />
Über die Pyrenäen<br />
nach Frankreich fliehen<br />
Vor achtzig Jahren begann der Spanische<br />
Bürgerkrieg, an dessen Ende fast eine halbe<br />
Million Menschen in langen Trecks über die<br />
Pyrenäen nach Frankreich flohen. Dort wurden<br />
sie, getrennt nach Frauen und<br />
Männern, in Lagern interniert.<br />
Diese Graphic Novel erzählt das<br />
Schicksal einer der Familien.<br />
Eduard Torrents, Denis Lapière<br />
• Der Treck •<br />
Jacoby & Stuart •<br />
ISBN 978-3941787940<br />
SPRACHBUCH<br />
Französisch sprechen wie ein Franzose in Frankreich<br />
Französische Redewendungen sind selten selbsterklärend.<br />
Wenn man in Frank reich davon spricht, dass<br />
zwei Menschen « wie Schweine befreundet sind »,<br />
dann ist nicht die Rede von<br />
sehr schlechten Umgangsformen,<br />
sondern von einer besonders<br />
engen Freundschaft.<br />
Genauso wundern wird sich<br />
der Französisch schü ler über<br />
Begriffe wie « Mittags dämon »<br />
oder « Chris ten ersticker », bis<br />
die Lek türe ihm verrät, dass<br />
mit dem ersten Begriff eine<br />
Midlifecrisis und mit dem<br />
zweiten eine schwer verdauliche<br />
Speise gemeint ist. Der Autorin, einer in Deutschland<br />
le ben den Französin, gelingt es, sehr präzise und mit viel<br />
Talent rund 150 typisch fran zö sis che Redewendungen, deren<br />
wortwörtliche Übersetzung in vielen Fällen eher ein<br />
Schmunzeln hervorruft, in ihren Kontext zu setzen, zu erläutern<br />
und « richtig » in die deutsche Sprache zu übertragen.<br />
So erfährt man, dass der Ausdruck raconter des salades<br />
– wörtlich übersetzt « Salate erzählen » – in Wirklichkeit<br />
bedeutet, dass man Lügengeschichten erzählt. Oder dass la<br />
cerise sur le gâteau nicht, wie die wörtliche Übersetzung<br />
suggeriert, « die Kirsche auf dem Kuchen » ist, sondern das<br />
Tüpfelchen auf dem I! Ein unverzichtbares Buch für alle,<br />
die möglichst viele Fauxpas vermeiden möchten und Lust<br />
haben, mit einigen Bonmots ihre französischen Freunde zu<br />
verblüffen!<br />
Marie-Odile Buchschmid • Bessersprecher Französisch: 150 Redewendungen für<br />
ein ausdrucksstarkes Französisch • Conbook • ISBN 978-3958891050<br />
Bücher in deutscher Sprache: · Bücher in französischer Sprache: = leicht verständlich, = mittleres Niveau, = für Fortgeschrittene<br />
Frankreich erleben · <strong>Herbst</strong> <strong>2016</strong> · 15
ON ÉCOUTE<br />
CHANSON<br />
Slimane: À bout de rêves<br />
Slimane Nebchi, genannt Slimane, stammt aus einer<br />
bescheidenen Familie. Er wurde 1989 in Chelles geboren,<br />
einem Pariser Vorort, den man als « schwierig »<br />
bezeichnen kann. Er singt, seit er 12 Jahre alt ist, und wurde<br />
von seiner Familie immer darin bestärkt. Zunächst war er<br />
Mitglied eines Gospelchors, später nahm er Unterricht an<br />
verschiedenen Musikschulen und entdeckte dabei, dass Musik<br />
den sozialen Aufstieg fördern kann. In diesem Jahr ging<br />
er aus der Talentshow des französischen Fernsehens The<br />
Voice als Sieger hervor. Doch Slimane hat sich bei Weitem<br />
nicht vom rein kommerziellen Aspekt der Dinge überrollen<br />
lassen. Auf dieser CD, bei der die meisten Texte aus seiner<br />
Feder stammen, interpretiert<br />
er Rap<br />
mit tiefgründigem<br />
Text ebenso gut wie<br />
leise und gefühlvolle<br />
Stücke, beispielsweise<br />
Paname, dessen<br />
Refrain einem nicht<br />
aus dem Kopf geht<br />
(« Paris, Paris, wir<br />
kommen, ich, meine<br />
Träume und meine Chansons »), oder L‘enfant de la rue, wo<br />
er ergriffen singt: « Das Kind der Stadt ist groß geworden,<br />
aber es hat in der Tasche noch immer die Gedichte von früher.<br />
» Ein oft berührendes Album mit sehr schönen Texten.<br />
Vielversprechend!<br />
CHANSON<br />
Claudio Capéo:<br />
Claudio Capéo<br />
Dieser<br />
30-jährige<br />
Musiker<br />
aus<br />
Straßburg,<br />
der sich<br />
mit dem<br />
Akkordeon<br />
oder der<br />
Gitarre<br />
begleitet,<br />
hat sowohl etwas von Georges<br />
Brassens als auch von ZAZ. Mit kräftiger<br />
Stimme und Spottlust erinnert er uns<br />
an Straßensänger oder an die Musiker,<br />
die man früher auf Bällen hören<br />
konnte, die man jedoch heute kaum<br />
mehr antrifft. Seine beschwingte Musik<br />
und die Texte, die unbefangen vom<br />
wahren Leben der Menschen erzählen,<br />
bringen einen unweigerlich zum<br />
Lächeln. Eine CD, die sich vom üblichen<br />
kommerziellen Einheitslook abhebt und<br />
dem französischen Chanson wieder<br />
etwas des politischen und sozialen<br />
Engagements verleiht, welches man<br />
vergessen glaubte. Ein echter Erfolg!<br />
Amir: Au cœur de moi<br />
Amir, der Frankreich beim diesjährigen<br />
Eurovision Song Contest auf Platz 6 gesungen<br />
hat, hat nun sein erstes Album in französischer Sprache veröffentlicht.<br />
Darauf kann man noch andere Titel von ihm entdecken, als den Song<br />
J‘ai cherché, mit dem er das Hexagon in Stockholm vertreten hat. Und<br />
er spricht in ihnen andere, persönlichere Themen wie Familie, Liebe<br />
und wichtige Lebensfragen an. Immer mit derselben dunklen Stimme,<br />
die einen nicht gleichgültig lässt.<br />
KLASSIK<br />
Richard Galliano: Mozart<br />
POP/ELECTRO<br />
Wer hat gesagt, das Akkordeon sei ein altmodisches<br />
Instrument? Um dieses Vorurteil endgültig aus der<br />
Welt zu räumen, hat der berühmte französische<br />
Akkordeonist Richard Galliano eine CD mit Stücken<br />
von Mozart eingespielt, nachdem er Bach und Vivaldi bereits jeweils ein Album<br />
gewidmet hat. Hört man den bekannten Türkischen Marsch oder auch die Kleine<br />
Nachtmusik in der Interpretation mit dem Akkordeon, wird man sich der virtuosen<br />
Leistung des Musikers und der intelligenten Übertragung bewusst. Dies ist die<br />
Gelegenheit, Mozart aus einem anderen Blickwinkel zu entdecken und dabei<br />
vielleicht gleichzeitig eine neue Leidenschaft zu entwickeln.<br />
16 · Frankreich erleben · <strong>Herbst</strong> <strong>2016</strong>
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Frank<strong>60</strong>15
ON REGARDE<br />
KOMÖDIE<br />
Ein unbeschwerter Blick auf das Leben<br />
Der Mittfünfziger Michel (Bruno Podalydès) steckt<br />
in seiner täglichen Routine fest. Wenn er nach der<br />
Arbeit auf sein Motorrad steigt, träumt er von<br />
einem anderen Leben. Wie gerne würde er in einer Propellermaschine<br />
durch den Abendhimmel schweben, hätte er<br />
nur nicht solche Flugangst. Als Michel eines Tages auf das<br />
Foto eines Kajaks stößt, ist es Liebe auf den ersten Blick!<br />
Ein Klick, und ein Grand Raid 416 liegt im virtuellen Einkaufskorb.<br />
Ganze Nachmittage verbringt er fortan in seinem<br />
neuen Gefährt auf der Dachterrasse und träumt vom<br />
großen Abenteuer. Seine Frau Rachelle (Sandrine Kiberlain)<br />
bereitet den Trockenübungen ein Ende und setzt ihren<br />
Mann an einem Fluss aus. Weit<br />
kommt er allerdings nicht: Schon bei seiner<br />
ersten Rast strandet Michel im Ausflugslokal<br />
der schönen Laetitia (Agnès<br />
Jaoui) und taucht ein in eine Idylle, die<br />
von sommerlicher Unbeschwertheit,<br />
Sinnlichkeit und eisgekühltem Absinth geprägt ist … Ein<br />
modernes und humorvolles Sommermärchen, eine Einladung<br />
zu mehr Unbeschwertheit und Verrücktheit in unserem<br />
Leben. Diese Komödie sorgt ab der ersten Minute<br />
für ein angenehmes Wohlbehagen. Deshalb sollte man die<br />
DVD eigentlich immer griffbereit zu Hause haben …<br />
Nur Fliegen ist schöner • Frankreich, 2015, 111 min • Originaltitel: Comme un avion • Ein Film von Bruno Podalydès mit Bruno<br />
Podalydès, Sandrine Kiberlain, Agnès Jaoui u. a. • Sprachen und Untertitel: deutsch/französisch • Ab 22. September im Handel.<br />
FILMBIOGRAFIE<br />
Zwei Künstler –<br />
eine einmalige Freundschaft<br />
Mit ihren gigantischen Lebenswerken gehören der<br />
Schriftsteller Émile Zola und der Maler Paul Cézanne<br />
zu den wichtigsten Figuren der französischen<br />
Kulturgeschichte. Weniger bekannt ist die tiefe<br />
Freundschaft, die die beiden Künstler ein Leben lang<br />
verband. Es ist eine hochspannende Geschichte von<br />
Zuneigung und Eifersucht, von Mut und Verzweiflung<br />
sowie von unbändiger Schöpfungskraft. Der Film<br />
lässt uns auf besonders gelungene Art an der<br />
Beziehung zwischen diesen beiden Künstlern<br />
teilhaben. Dies liegt nicht zuletzt an der sehr guten<br />
Interpretation<br />
der Schauspieler.<br />
Gleichzeitig<br />
nehmen uns die<br />
Bilder mit auf eine<br />
wunderschöne<br />
Reise durch die<br />
Landschaften der<br />
Provence.<br />
Meine Zeit mit Cézanne • Frankreich, 2015,<br />
113 min. • Originaltitel: Cézanne et moi • Ein<br />
Film von Danièle Thompson mit Guillaume<br />
Galienne, Guillaume Canet, Alice Bol, Sabine<br />
Azéma u. a. • Ab 6. Oktober <strong>2016</strong> im Kino.<br />
FILMBIOGRAFIE<br />
Das vergessene Schicksal<br />
einer Tänzerin in Paris<br />
Niemand hätte ahnen können, dass Loïe Fuller (Soko), die Tochter<br />
eines Rodeoreiters irgendwo aus dem amerikanischen Westen, zum<br />
Star der Belle Époque in Europa werden würde. Unter Metern von<br />
Seide, die Arme verlängert durch Holzstäbe, erfindet sie ihren Körper<br />
auf der Bühne jeden Abend neu und verzaubert das Publikum mit<br />
ihrem revo lu tionären Tanzstil. Mit ihrem magischen Serpentinentanz<br />
aus Stoff und Licht wurde sie zum neuen Stern am Pariser Nachthimmel<br />
und im Folies Bergère gefeiert wie keine zweite Künstlerin ihrer Zeit.<br />
Ihr schonungsloser Köpereinsatz und das gleißende Bühnenlicht<br />
schwächen sie zunehmend, doch vom Perfektionismus getrieben gibt<br />
Loïe nicht auf. Unterstützung findet sie in ihren Bewunderern. Der melancho<br />
lische Adlige Louis Dorsay (Gaspard Ulliel) fasziniert sie und wird zu<br />
ihrem Seelenverwandten. Die sanfte Gabrielle (Mélanie Thierry) erdet<br />
und umsorgt sie. Die junge, grazile Tänzerin Isadora Duncan (Lily-Rose<br />
Depp) beflügelt sie, bringt sie aber auch fast um ihren Verstand. Am<br />
Ende muss Loïe ihren Weg alleine gehen, um ihren persönlichen Traum<br />
zu leben: das Publikum der Pariser Oper mit ihrem Tanz zu betören.<br />
Dieser Film, der vom Leben der Tänzerin Loïe Fuller (geborene Marie<br />
Louise Fuller) inspiriert wurde, sorgte bei seiner Präsentation anlässlich<br />
des diesjährigen Filmfestivals in Cannes für Aufsehen. Umsetzung und<br />
Interpretation sind dem Porträt dieser Frau würdig, die damals eine<br />
Wegbereiterin des modernen Tanzes war.<br />
Die Tänzerin • Frankreich, 2015, 111 min. • Originaltitel: La danseuse • Ein<br />
Film von Stéphanie di Giusto, mit Soko, Gaspard Ulliel, Mélanie Thierry,<br />
Lily-Rose Depp, François Damiens u. a. • Ab 3. November <strong>2016</strong> im Kino.<br />
18 · Frankreich erleben · <strong>Herbst</strong> <strong>2016</strong>
DOKUMENTATION<br />
Was ist Haute Couture?<br />
Unmittelbar nach dem Zweiten Weltkrieg erlebte die Pariser<br />
Haute Couture einen bemerkenswerten Wiederaufschwung,<br />
der dem „New Look” von Dior, der Eleganz von Givenchy,<br />
dem Stilgespür von Chanel und der Raffinesse von Cristóbal<br />
Balenciaga zu verdanken war. Niemand ahnte, dass dieses<br />
Goldene Zeitalter letztlich den Niedergang der hohen<br />
Schneiderkunst „Made in Paris” einläuten sollte. „Was ist Haute<br />
Couture?” gewährt Einblick in die letzten Glanzstunden einer<br />
vergangenen Welt.<br />
Dokumentation von Loïc<br />
Prigent •<br />
ARTE France, Slow<br />
Production • Frankreich<br />
<strong>2016</strong>, 52 min.<br />
Freitag, 30. September<br />
<strong>2016</strong> um 21:40<br />
DOKUMENTATION<br />
Jean Paul Gaultier<br />
Der weltbekannte Modeschöpfer<br />
Jean Paul Gaultier<br />
fasziniert immer wieder mit<br />
außergewöhnlichen Ideen. Und er<br />
liebt die große Show. Jetzt wird er für<br />
Europas größtes Revuetheater, den<br />
Friedrichstadtpalast, die Kostüme für die One Grand<br />
Show entwerfen. Für ARTE gestattet der französische<br />
Designer einen exklusiven Blick hinter die Kulissen.<br />
Eine Hommage an Kreativität und Handwerk, Schönheit<br />
und Tradition und zugleich das Portrait eines genialen<br />
Künstlers.<br />
Dokumentation von Hilka Sinning •<br />
RBB/ARTE, Kobalt Film • Deutschland <strong>2016</strong>, 52 Min<br />
Sonntag, 2. Oktober <strong>2016</strong> um 17.30 Uhr<br />
DOKUMENTATION<br />
Hergé. Mit Tim & Struppi auf Abenteuer<br />
Anlässlich der Eröffnung der Ausstellung im Grand Palais in Paris<br />
entstand ein Dokumentarfilm über den genialen Zeichner Hergé<br />
und seine Figur Tintin - im Deutschen als Tim und Struppi mit Kultstatus<br />
behaftet - die letztendlich noch berühmter als sein Zeichner wurden.<br />
Die Dokumentation taucht in George Remis Werk ein, entschlüsselt<br />
seinen kreativen Prozess und zeigt den Künstler<br />
bei seiner Arbeit wie man ihn zuvor noch nie<br />
gesehen hat.<br />
Dokumentation von Hugues Nancy •<br />
Gedeon Programmes/ARTE France •<br />
Frankreich <strong>2016</strong>, 52 min.<br />
Samstag, 22. Oktober <strong>2016</strong> um 20.15 Uhr<br />
DOKUMENTATION<br />
Die Freiheit führt die Kunst<br />
Von David bis Monet: Maler im Angesicht der Macht<br />
Im Jahr <strong>2016</strong> feiert das Pariser Musée<br />
d‘Orsay sein dreißig jähriges Bestehen.<br />
Anhand außergewöhnlicher Sammlungen<br />
führt uns das Museum durch<br />
das 19. Jahr hun dert: Ein Sprung in<br />
eine Zeit voller politischer, in dustrieller,<br />
wissenschaftlicher - und natürlich auch künst lerischer<br />
- Revolutionen. In der Dokumentation steht dabei das<br />
Verhältnis von Künstlern mit der jeweiligen politischen<br />
Machtkonstellation im Mittel punkt.<br />
Dokumentation von Jean-Baptiste Peretie • Schuch<br />
Productions/ARTE France • Frankreich 2015, 53 Min.<br />
Sonntag, 4. Dezember <strong>2016</strong> um 17:35 Uhr<br />
Das komplette tägliche ARTE TV-Programm finden Sie im ARTE Magazin.<br />
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Frankreich erleben · <strong>Herbst</strong> <strong>2016</strong> · 19
ON SURFE<br />
TAXI<br />
Stressfrei ein Taxi bestellen<br />
Wenn man sich im Ausland aufhält,<br />
ist es nicht immer einfach,<br />
ein Taxi zu finden oder zu bestellen.<br />
Zunächst muss man wissen, welche<br />
Vorschriften es dabei einzuhalten gilt<br />
(Muss man dazu an einen Taxistand gehen<br />
oder darf man ein Taxi auf der Straße<br />
anhalten?) und welche Preisregelungen<br />
gelten (Ist die Anfahrt kostenpflichtig?<br />
Gibt es einen Zuschlag für das Gepäck?). Auch die Telefonnummern<br />
der jeweiligen Taxiunternehmen sollte man<br />
kennen. In Frankreich erleichtern Ihnen nun zwei neue<br />
Apps diese Aufgabe. Die erste, Taxiloc, ermöglicht Ihnen,<br />
mit Ihrem Smartphone auf einer Karte ein Taxi in der<br />
Nähe zu finden und dieses sofort zu bestellen, wobei keine<br />
Gebühren für die Anfahrt anfallen. Sie sehen die Entfernung<br />
und die Anfahrtsdauer, die Fahrzeugmarke, die<br />
Transportkapazität sowie andere praktische Informationen,<br />
zum Beispiel, ob eine Kreditkartenzahlung möglich ist.<br />
Mit der zweiten App, Taxiloc Airport, finden Sie ein Taxi,<br />
wenn Sie zu einem Flughafen gebracht oder von dort abgeholt<br />
werden möchten. Sie müssen nur die Flugnummer,<br />
den Typ des gewünschten Fahrzeugs sowie die Abholzeit<br />
angeben, fertig. Mit dieser App können Sie momentan ein<br />
Taxi von und zu den Flughäfen in Marseille, Aix-en-Provence<br />
und Montpellier bestellen. Demnächst ist dies auch<br />
in La Rochelle, Lyon, Rennes, Niort und Paris möglich. In<br />
Abhängigkeit von der Registrierung der Taxis sollen nach<br />
und nach weitere Städte folgen.<br />
Apps (kostenlos) Taxiloc und Taxiloc Airport<br />
(iOS bereits verfügbar & Android ab Oktober)<br />
CAMPING<br />
INTERNETZUGANG<br />
Im Ausland zu überschaubaren<br />
Kosten mobil surfen<br />
Willkommen in meinem Garten<br />
Auf der Plattform Home Camper können Reisende, die mit Zelt,<br />
Wohn mobil oder Wohnwagen unterwegs sind, statt auf einem der<br />
oft über füllten Campingplätze einen Platz direkt bei Privatpersonen<br />
buchen. Dabei findet man nicht selten besonders angenehme Bedin<br />
gun gen vor: ruhige Gärten mit Meeresblick oder freier Sicht auf<br />
die Ber ge, einen Schlosspark mit Pool oder Whirlpool … Die Plattform<br />
stellt den Kontakt zwischen privaten Anbietern und Reisenden, die<br />
solche be son deren Orte suchen, her, und diese können bereits im<br />
Vorfeld mit ein ander kommunizieren. Auf Reservierungen, die über<br />
diese Platt form getätigt werden, erhält Home Camper eine Provision.<br />
Eine sehr gute Idee, bei der man nicht nur in einem besonderen<br />
Umfeld näch ti gen und von zahlreichen Insidertipps profitieren kann,<br />
sondern bei der oft auch schöne Freundschaften entstehen.<br />
Im Ausland mit dem Smartphone oder Computer im<br />
Mobilfunknetz zu surfen kann teuer, wenn nicht gar<br />
sehr teuer sein. Gemeinsam mit Air France KLM bietet<br />
Transatel nun den mobilen 4G-WLAN-Router Bitebird<br />
an, der in dieser Situation helfen kann, viel Geld zu<br />
sparen. Das Prinzip ist einfach: Vor der Abreise bestellt<br />
man auf der Website www.bitebird.com zum Preis<br />
von 99,95 Euro diesen handlichen Router, der in jede<br />
Hosentasche passt. Dann lädt man ein Guthaben von<br />
30, 50 oder 130 Euro auf die bereits vorinstallierte SIM-<br />
Karte auf, und los gehts. Mit dem Guthaben, das ein<br />
Jahr gültig ist, kann man in 48 Ländern zum Ortstarif<br />
surfen – also ohne Auslandszuschlag –, wobei bis zu 10<br />
Geräte (Smartphones, Tablets, Laptops) gleichzeitig per<br />
WLAN mit dem Router verbunden werden können. Eine<br />
sehr praktische Möglichkeit, die hilft, unangenehme<br />
Überraschungen<br />
zu vermeiden.<br />
www.bitebird.com<br />
www.homecamper.com<br />
20 · Frankreich erleben · <strong>Herbst</strong> <strong>2016</strong>
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Berlin, Gläubiger-Identifikationsnummer DE39Z0200000080844<br />
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Diese Bestellung kann innerhalb von 14 Tagen beim Aboservice<br />
schriftlich ohne Angabe von Gründen widerrufen werden.
Vallée de la<br />
Dordogne<br />
Wo man « wie Gott in Frankreich lebt »<br />
Das Vallée de la Dordogne zieht sich durch drei Departements<br />
(Dordogne, Lot und Corrèze) und ist eine besonders privilegierte<br />
Gegend. Hier lässt es sich angenehm und friedlich leben, man<br />
ist umgeben von wunderschönen Landschaften, außergewöhnlichen<br />
architektonischen und historischen Kulturgütern und kann<br />
dazu noch eine schmackhafte Küche genießen. Kurz: Diese<br />
Ecke Frankreichs kann zu Recht als kleines Paradies bezeichnet<br />
werden! Sarlat, La Roque Gageac, Rocamadour, Gouffre du<br />
Padirac und der Neandertaler sind zwar die bekanntesten<br />
Botschafter dieser Region, aber bei Weitem nicht die einzigen.<br />
Vor allem im östlichen Teil des Tals (Lot und Corrèze), über den<br />
wir hier berichten wollen, gibt es ein touristisches Potenzial, das<br />
überraschenderweise noch weitgehend unbekannt ist. Verlässt<br />
man also die ausgetretenen Pfade und folgt den Hinweisen<br />
derer, die hier leben, dann entdeckt man schnell den Charme<br />
eines Tales, der den Ausdruck « leben wie Gott in Frankreich »<br />
absolut rechtfertigt.
UNTERWEGS IN FRANKREICH Dordogne-Tal<br />
Vorherige Seite: Blick von einem der Zimmer im Château de la Treyne auf die Dordogne. Oben: Eines der Häuser des Dorfes Autoire<br />
unterhalb der Felsen der Causse de Gramat. Rechte Seite: Das Dorf Collonges-la-Rouge, eines der schönsten Dörfer Frankreichs.<br />
Sind vielleicht die Deutschen die besten Botschafter<br />
des Dordognetals? Die Frage mag überraschen. Und<br />
doch stellt sie sich, denn nach ein paar Tagen in dieser<br />
Gegend wird einem bewusst, dass es hier nicht nur Bewohner<br />
gibt, die seit Generationen hier leben, sondern dass<br />
sich auch immer mehr Deutsche hier niederlassen, nachdem<br />
sie diese Region im Urlaub kennen und lieben gelernt<br />
haben.<br />
Eigentlich ist es paradox: Dieses Tal ist eine der Gegenden<br />
Frankreichs, die mit den meisten touristischen<br />
Anziehungspunkten gesegnet sind. Die Landschaft ist<br />
mit steinigen Kalkplateaus, schwindelerregend hohen<br />
Felsenkesseln, grünen Bergen und tief eingeschnittenen<br />
Tälern so schön und so abwechslungsreich wie kaum eine<br />
andere. Zeugnisse der Geschichte und kulturelle Sehenswürdigkeiten<br />
– vom Neandertaler über das Mittelalter<br />
bis in die Renaissance – sind omnipräsent und oft spektakulär.<br />
Und die Lebensqualität scheint ebenfalls nicht<br />
zu kurz zu kommen. Es ist alles vorhanden, um selbst<br />
anspruchsvollste Menschen glücklich zu machen. Und<br />
trotzdem gehört dieser Teil des Dordognetals nicht zu den<br />
gefragtesten Reisezielen in Frankreich …<br />
Lange Zeit konnten die örtlichen Tourismusexperten<br />
diese Tatsache mit der isolierten Lage der Region, ihrer<br />
schlechten Verkehrsanbindung – sowohl was die Straßen,<br />
als auch die Eisenbahn- und Flugverbindungen anging<br />
– erklären. Nicht zu Unrecht. Doch seit einigen Jahren<br />
haben sich die Dinge in dieser Beziehung geändert. Über<br />
die Autobahnen A20 und A89 erreicht man das Vallée<br />
de la Dordogne nun problemlos, die Flughäfen in Brivela-Gaillarde,<br />
Toulouse und Limoges haben, ebenso wie<br />
neue Zugverbindungen, die Verkehrsanbindung eindeutig<br />
verbessert.<br />
Die Politiker haben sogar, zumindest auf dem Papier,<br />
schweres Geschütz aufgefahren. Erstmals in Frankreich<br />
ist es gelungen, die administrativen Grenzen zweier<br />
Regionen (Languedoc-Roussillon-Midi-Pyrénées und<br />
Aquitaine-Limousin-Poitou-Charentes) sowie zweier De-<br />
24 · Frankreich erleben · <strong>Herbst</strong> <strong>2016</strong>
partements (Lot und Corrèze) zu überwinden und ein gemeinsames<br />
Fremdenverkehrsamt zu gründen, das knapp<br />
150 Gemeinden zusammenfasst: das Office du Tourisme<br />
de la Vallée de la Dordogne. Wenn man weiß, wie sehr<br />
in Frankreich selbst kleine Behörden oder Institutionen<br />
auf ihren Vorrechten beharren, dann kann man sich vorstellen,<br />
wie schwierig diese Aufgabe war, und muss sich<br />
darüber umso mehr freuen.<br />
Sonderbarerweise stellt man jedoch fest, dass die<br />
Tourismuspolitik, trotz besserer Infrastruktur und einer<br />
offensichtlichen Lust auf Veränderung, heute immer noch<br />
relativ traditionelle Wege geht – von einigen mutigen<br />
lokalen Initiativen abgesehen. Es scheint schwerzufallen,<br />
sich nicht nur auf « große Klassiker » wie Rocamadour zu<br />
fokussieren. Dieser legendäre Ort hat sich in den letzten<br />
Jahren zu einer Art « lokalem Mont-Saint-Michel » entwickelt,<br />
der im Sommer von Tausenden Touristen quasi gestürmt<br />
wird. Es scheint so, als wolle man den Tourismus<br />
zwar weiterentwickeln, als habe man jedoch Mühe damit,<br />
die Liebe zu dieser Region in Worte zu kleiden und sie<br />
mit anderen Menschen zu teilen.<br />
Engländer und Holländer waren die ersten Ausländer,<br />
die sich in dieser geschützten Ecke Frankreichs niedergelassen<br />
haben – was viele der ansässigen Franzosen zunächst<br />
erstaunte. Seit einigen Jahren kommen nun immer<br />
mehr Deutsche, um hier ihre Zelte aufzuschlagen, sei es<br />
zeitweise oder dauerhaft. Mit einigen von ihnen haben<br />
wir uns unterhalten. Es schien uns interessant, ihre Sicht<br />
auf die Region zu hinterfragen, um nachzuvollziehen, was<br />
ihnen hier so besonders gut gefällt. Daraus sind Begegnungen<br />
und Entdeckungen entstanden, die diesen noch<br />
unbekannten Teil des Vallée de la Dordogne noch liebenswerter<br />
machen.<br />
Fünf der « schönsten Dörfer Frankreichs »<br />
Das Label plus beaux villages de France ist eines der<br />
renommiertesten und von den Gemeinden heiß begehrt.<br />
Frankreich erleben · <strong>Herbst</strong> <strong>2016</strong> · 25
UNTERWEGS IN FRANKREICH Dordogne-Tal<br />
Das Dorf Autoire und sein Wasserfall. Im 16. Jahrhundert hatten<br />
viele reiche Familien aus Saint-Céré hier ihren Zweitwohnsitz.<br />
Nur 154 Dörfer können sich heute damit schmücken. Es<br />
wird durch eine nationale Vereinigung nach sehr strengen<br />
Kriterien vergeben und garantiert quasi ab dem auf die<br />
Vergabe folgenden Jahr eine Steigerung der Besucherfrequenz<br />
um rund 30 %. Im Bereich des Vallée de la Dordogne,<br />
der in den Departements Lot und Corrèze liegt, besitzen<br />
fünf Dörfer diese Auszeichnung: Autoire, Carennac,<br />
Collonges-la-Rouge, Curemonte und Loubressac. Das<br />
sagt viel über das reiche kulturelle Erbe in dieser Region<br />
aus. Natürlich hat der Besucherstrom die Atmosphäre<br />
dieser Dörfer etwas verändert, das ist unvermeidbar. Doch<br />
obwohl diese Orte seit der Vergabe des Labels im Scheinwerferlicht<br />
der Tourismusindustrie stehen, scheinen sie<br />
eine Art Ausnahme darzustellen: Sie haben sich ihre<br />
ursprüngliche Authentizität bewahrt und entwickeln ihr<br />
dörfliches Leben weiter. In anderen « schönsten Dörfern »<br />
ist das nicht zwangsläufig der Fall.<br />
Geht man also heute durch die Straßen von Collonges-la-Rouge,<br />
einem Ort, der sich vor allem durch seine<br />
Häuser aus rotem Sandstein auszeichnet, so bedeutet das<br />
nicht, das man im Gänsemarsch hinter Tausenden anderer<br />
Touristen herlaufen und sich zwischen Eisständen und<br />
Verkäufern von Souvenirs made in China hindurchschlängeln<br />
muss. Im Hochsommer kann dies natürlich einmal<br />
vorkommen. Besucht man das Dorf jedoch beispielsweise<br />
abends nach 20 Uhr, so kann man selbst in der Hochsaison<br />
durch verlassene Straßen schlendern. Außerdem ist zu<br />
dieser Tageszeit das Licht am schönsten, weil die untergehende<br />
Sonne die Häuserfassaden noch röter erscheinen<br />
lässt. Der malerischste Blick bietet sich dem Betrachter,<br />
wenn er das Dorf über die kleine Straße hinter der Kirche<br />
verlässt, um es mit dem notwendigen Abstand als Ganzes<br />
erfassen und die glutrote Farbe bewundern zu können, die<br />
aus der Ferne einen wunderschönen Kontrast zum Grün<br />
der umliegenden Natur bildet.<br />
Autoire, ein anderes dieser plus beaux villages de France<br />
in dieser Gegend, liegt eingebettet in einem Felsenkessel.<br />
Dieser Ort ist zwar im Sommer ebenfalls sehr frequentiert,<br />
doch auch ihn kann man selbst in der Hochsaison<br />
in den Morgen- oder Abendstunden geruhsam entdecken.<br />
Die heiße Tageszeit ist dagegen die ideale Gelegenheit für<br />
einen schattigen Spaziergang zu einem sehr netten und<br />
erfrischenden Wasserfall. Es ist eine der Stärken dieser<br />
Region, dass selbst vielbesuchte Orte immer Möglichkeiten<br />
für angenehme Besichtigungen bieten, sieht man von<br />
Rocamadour ab. Denn diesen Ort sollte man wirklich nur<br />
außerhalb der Saison besuchen, um ihn in Ruhe genießen<br />
zu können.<br />
Ein Museum, in dem man<br />
essen und trinken kann<br />
Richtung Süden, rund zehn Fahrminuten von Collonges-la-Rouge<br />
entfernt, liegt das sympathische, winzige<br />
Dorf Saillac (210 Einwohner). Bis heute wird es in keinem<br />
Reiseführer besonders erwähnt, doch es ist möglich, dass<br />
26 · Frankreich erleben · <strong>Herbst</strong> <strong>2016</strong>
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UNTERWEGS IN FRANKREICH Dordogne-Tal<br />
Der Bürgermeister Olivier Laporte und die<br />
beiden Verantwortlichen des neuen Musée<br />
de la Noix in Saillac, Hélène Hacquart und<br />
Cécile Brégiroux, trinken auf der angenehmen<br />
Terrasse des Museums gemeinsam etwas.<br />
Rechte Seite: Das Gîte von Véronique und<br />
Francis Simbille ist eine regelrechte Oase<br />
des Friedens.<br />
sich dies bald ändert, was wir ihm aus tiefstem Herzen<br />
wünschen. Hier wurde nämlich im Sommer dieses Jahres<br />
ein etwas außergewöhnliches Museum eröffnet, das neben<br />
dem kulturellen Aspekt einem sozialen Zweck dienen und<br />
ein Ort der Begegnung und des Austausches zwischen<br />
Bewohnern und Besuchern sein soll. Der Name: Les<br />
quatre Demoiselles, le Musée de la noix. Es ist ein Beispiel<br />
dafür, zu welch mutigen und überraschenden Initiativen<br />
die Menschen in dieser Region fähig sind, wenn sie ihre<br />
Gegend und ihr Kulturerbe bekanntmachen wollen und<br />
dabei die vorgezeichneten Pfade verlassen.<br />
Alles begann 1993, als der damalige Bürgermeister<br />
Léon Marcillou das Projekt entwickelte, in Saillac ein<br />
Maison de la noix einzurichten. Betrachtet man den Stellenwert<br />
und die Geschichte der Nuss – sie wurde lange Zeit<br />
als das « Gold » dieser Region angesehen –, erscheint diese<br />
Idee völlig gerechtfertigt. Davon zeugt unter anderem eine<br />
notarielle Urkunde aus dem Jahr 1502, in der die Verfasser,<br />
die sich wohl des Wertes der Walnussbäume bewusst<br />
waren, präzise vermerkt haben, wie viele solcher Bäume es<br />
in der Gemeinde gab. Es heißt, dass in den Fünfzigerjahren<br />
ein schöner Nussbaum zu einem Preis verkauft werden<br />
konnte, der heute – Inflation eingerechnet – einem Wert<br />
von mehr als 30.000 Euro entspräche. Das sagt viel über<br />
die Bedeutung dieses ehrwürdigen Baumes aus, der bis zu<br />
300 Jahre alt werden kann. Man sollte zudem wissen, dass<br />
ein Walnussbaum in Saillac nicht einfach irgendein Walnussbaum<br />
ist: Auf ihm wachsen schließlich die berühmten<br />
Marbot-Nüsse. Dies ist eine der vier Nuss-Sorten der<br />
Appellation d’Origine Protégée (AOP) « Noix du Périgord »,<br />
die als der Rolls-Royce unter den Nüssen bezeichnet und<br />
vor allem frisch konsumiert wird. Diese Nuss reift früh,<br />
ist groß, und man kann sie an einem amüsanten Detail<br />
erkennen: Es ist die einzige Nuss, die, wenn man sie aufrecht<br />
auf den Tisch stellt, aufgrund ihrer Form und ihres<br />
Gewichtes auch aufrecht stehen bleibt. Nach wie vor ist<br />
ein Viertel der 445 Hektar, die zum Gebiet der Gemeinde<br />
Saillac gehören, mit Nussbäumen bepflanzt. Es ergab also<br />
durchaus Sinn, dieser Nuss mit einem eigenen Museum<br />
die Ehre zu erweisen.<br />
Allerdings hat man sich nicht darauf beschränkt, einfach<br />
ein « normales » Museum zu kreieren. Es sollte zum<br />
einen ein schönes, zum anderen aber auch ein Museum<br />
sein, das der heutigen Zeit entspricht. Und so kam es, dass<br />
sich die Besucher nun in einem wunderschönen Gebäude<br />
– ein ehemaliges Frauenkloster, das die Gemeinde von<br />
Grund auf renoviert hat – inmitten von Nussbäumen wiederfinden.<br />
Dort tauchen sie durch die Magie eines Filmes<br />
und durch eine sorgfältige und originelle Inszenierung in<br />
eine lehrreiche « virtuelle Versammlung » des Cercle International<br />
des Amis de la Noix ein, bei der sie, sofern sie der<br />
französischen Sprache mächtig sind – die Übersetzung in<br />
andere Sprachen ist geplant –, alles über diese Schalenfrucht,<br />
die Heldin der Region, erfahren. Die Gemeindeverwaltung<br />
wollte allerdings noch mehr. Das Museum<br />
sollte zudem eine soziale und wirtschaftliche Rolle im<br />
Gemeindeleben spielen, es sollte ein neuer Begegnungsort<br />
sein. Daher hat sie die Verwaltung des Ortes an Hélène<br />
Hacquart und Cécile Brégiroux vergeben. Diese beiden<br />
sehr motivierten jungen Frauen aus dem Departement<br />
Cantal haben nun neben der Führung des kleinen Museums<br />
die Aufgabe, gleichzeitig ein Restaurant mit Bar zu<br />
betreiben. Aufgrund der beengten Küche ist das Angebot<br />
zwar auf Quiches, Salate und so weiter beschränkt, was<br />
28 · Frankreich erleben · <strong>Herbst</strong> <strong>2016</strong>
dem Erfolg jedoch keinen Abbruch tut! Die beiden Frauen<br />
verstehen es, den Stellenwert der Nuss und der typischen,<br />
überwiegend biologisch erzeugten Produkte optimal<br />
hervorzuheben. Der Gast kann sich an einem schattigen<br />
Tisch niederlassen und eine einfallsreiche Küche entdecken.<br />
Ein wahres Vergnügen! Die Initiative dieser kleinen<br />
Gemeinde ist es wirklich wert, unterstützt zu werden!<br />
Was macht letztendlich Erholung aus?<br />
Rund 15 Kilometer nordwestlich von Saillac machen<br />
wir dann die nächste Begegnung. Le Pescher ist ebenfalls<br />
eine kleine Gemeinde, von der Größe her mit Saillac vergleichbar.<br />
Inmitten von Feldern leben dort Véronique und<br />
Francis Simbille. Kennengelernt haben sie sich zwar in<br />
der Picardie, nun wohnen sie aber hier, im Haus der Familie<br />
von Francis, das in einem ehemaligen Weiler steht,<br />
in dem früher bis zu elf Familien lebten. Heute sind sie<br />
die einzigen ständigen Bewohner und vermieten eines der<br />
Häuser, da es dort, am Ende der Welt, genau so aussieht,<br />
wie man sich « Urlaub auf dem Lande » vorstellt. Zwangsläufig<br />
kennen Véronique und Francis die Touristen gut, sie<br />
haben schließlich das ganze Jahr über mit ihnen zu tun.<br />
Umso mehr als dass Véronique gleichzeitig das Musée de<br />
l’homme de Néandertal in La Chapelle-aux-Saints leitet.<br />
Und sie teilen gerne ihre Liebe zu dieser Region mit den<br />
Reisenden.<br />
Das Haus, das sie vermieten, ist ein altes, authentisches<br />
Gebäude, wie man sie in dieser Gegend noch findet.<br />
Gäbe es nicht einen Swimmingpool in der Nähe, hätte<br />
man den Eindruck, sich in einem historischen Film zu<br />
befinden, so unverfälscht ist alles. Über der Eingangstür<br />
ist die Zahl 1804 in den Stein geritzt. « Es handelt sich<br />
dabei nicht zwangsläufig um das Baujahr », präzisiert<br />
Francis. « Schauen Sie, dort unten steht 1921, in dem Jahr<br />
fand eine Hochzeit statt. Daneben sind zwei Initialen zu<br />
sehen, F und L, das sind die Initialen der Brautleute. »<br />
Im Inneren erkennt man, wie dick die Mauern sind. Der<br />
Kamin ist riesig. Der Holzfußboden und die Treppe, die<br />
nach oben in die Schlafzimmer führt, knarren so, wie es<br />
sich für ein altes Haus gehört. In einer anderen Region<br />
würde man sich dafür vielleicht entschuldigen, vorgeben,<br />
eine Renovierung sei geplant … Hier ist das nicht nötig,<br />
im Gegenteil: Dieses alte, beinahe « antiquierte » Aussehen<br />
macht gerade den Charme dieses Ortes aus. « Dies ist<br />
ein für die Corrèze typisches Haus. Wir wollten seinen<br />
Charakter bewahren. In den Schränken sind noch die<br />
Spielsachen unserer eigenen Kinder. Gerade das schätzen<br />
die Menschen, die hierher kommen. Wie wir suchen sie<br />
einen gemütlichen Ort, wo es ruhig und erholsam ist, wo<br />
die Kinder draußen gefahrlos umhertollen können. Sie<br />
sagen, dass sie sich vor allem erholen möchten. Das haben<br />
wir alle nötig. Was macht aber letztendlich die Erholung<br />
aus, wenn nicht die Tatsache, von einfachen und authentischen<br />
Dingen umgeben zu sein? » Um uns zu überzeugen,<br />
laden uns die beiden ein, auf der Terrasse etwas mit ihnen<br />
zu trinken. Die Zeit scheint stehengeblieben zu sein. Das<br />
tut gut.<br />
Frankreich erleben · <strong>Herbst</strong> <strong>2016</strong> · 29
UNTERWEGS IN FRANKREICH Dordogne-Tal<br />
Im vergangenen Jahr haben Véronique und Francis<br />
ihr Haus an ein deutsches Paar aus Mannheim vermietet,<br />
an Folker und seine Partnerin Eva. Diese haben sich dort<br />
ganz besonders wohlgefühlt. So wohl, dass sie ein Projekt<br />
entwickelt und zwischenzeitlich in die Realität umgesetzt<br />
haben: ein Haus hier in dieser Region zu kaufen, in dem<br />
sie regelmäßig mit ihrer Familie den Urlaub verbringen<br />
können.<br />
Das Tal der Dordogne ist unserer Meinung nach ein<br />
einzigartiger Kultur- und Lebensraum. Entlang des Flusses<br />
reihen sich malerische Orte und Schlösser wie die Perlen<br />
einer Kette aneinander, und es ist einfach ein Genuss,<br />
mit offenen Augen durch diese Gegend zu streifen, dabei<br />
den alltäglichen Stress zu vergessen und die Idylle zu genießen.<br />
Ganz besonders freut es uns, dass es den Kindern<br />
hier so gut gefällt. Sie lieben es, draußen an der frischen<br />
Luft zu spielen und mit uns neue Orte zu entdecken – und<br />
natürlich das großartige Essen und die Märkte. Es gibt<br />
so viele Möglichkeiten, aktiv zu sein: mit dem Kanu, dem<br />
Rennrad oder Mountainbike oder einfach zu Fuß. Und<br />
auch Wintersport ist möglich, aber das haben wir noch<br />
nicht ausprobieren können. Vielleicht an Weihnachten …<br />
Wie wurden Sie von den Menschen hier aufgenommen?<br />
Die Menschen haben uns herzlichst aufgenommen,<br />
und wir fühlen uns schon wie zu Hause. In den vergangenen<br />
elf Monaten haben wir bereits viele neue Freundschaften<br />
geschlossen, okzitanische Musik und Theater<br />
genossen, uns der Sprache, der Kultur und den Menschen<br />
genähert, rotarische Freunde getroffen und Projekte geschmiedet.<br />
Wir freuen uns sehr, dass wir so gut empfangen<br />
wurden, und der erste Gegenbesuch in Mannheim hat<br />
bereits stattgefunden.<br />
Was haben Ihnen die Menschen in dieser Gegend gegeben, und<br />
umgekehrt, denken Sie, dass Sie ihnen ebenfalls etwas gegeben<br />
haben?<br />
Folker und seine Partnerin, ein Paar das<br />
sofort dem Charme der Region erlag<br />
Folker, wie kam es, dass Sie sich in dieser Region niedergelassen<br />
haben?<br />
Folker: Während unserer Ferien haben wir uns so<br />
sehr in die Region verliebt, dass wir uns spontan dazu<br />
entschlossen, hier ein Haus zu kaufen. Was uns überzeugt<br />
hat, waren nicht nur die unglaubliche Vielfalt an<br />
historischen Sehenswürdigkeiten, authentischen Dörfern<br />
und wunderschönen Landstrichen, sondern vor allem<br />
die Menschen, die hier leben. Sie waren wahrscheinlich<br />
der ausschlaggebende Faktor, dass wir in Kaffeelaune<br />
– wir saßen in Meyssac in einem Café, in der Nähe<br />
von drei Agences immobilières – begannen, uns nach einem<br />
Haus umzusehen. Wir haben uns in der Folge einige sehr<br />
unterschiedliche Immobilien angesehen. Unser jetziges<br />
Haus war ein coup de foudre, Liebe auf den ersten Blick.<br />
Wir haben uns nur angesehen und genickt.<br />
Unterscheidet sich das Tal der Dordogne so gravierend von anderen<br />
Regionen Frankreichs?<br />
Nachdem wir mit so offenen Armen aufgenommen<br />
wurden, war es natürlich einfach, sich zu öffnen. Allein<br />
das Interesse für die lokale Kultur, ihre Besonderheiten<br />
und historischen Wurzeln erzeugt bei den Menschen vor<br />
Ort einen sehr positiven Effekt. Denn wenn man in einer<br />
Region lebt, ist man sich der Besonderheiten gar nicht mehr<br />
so sehr bewusst, weil sie selbstverständlich geworden sind.<br />
Das Auge von außen sieht dies aber auf andere Art, und wir<br />
haben schon viele Begegnungen gehabt, bei denen das Gefühl<br />
aufkam, dass dieses große Interesse, z. B. an der okzitanischen<br />
Sprache, den lokalen Gebräuchen, Gepflogenheiten<br />
und Lebensmitteln, die Menschen glücklich macht.<br />
Auf diese Weise können wir vielleicht ein wenig von dem<br />
Glück, das wir erfahren, zurückgeben … Dies alles trägt<br />
natürlich auch zur deutsch-französisch-österreichischen<br />
Freundschaft bei, die uns beiden sehr am Herzen liegt.<br />
Hier können wir vielleicht in Zukunft einen Mehrwert für<br />
die Region und vor allem für ihre Menschen schaffen.<br />
Ein nationaler Schatz<br />
Das Vallée de la Dordogne hält einige Überraschungen<br />
bereit. Eine der unerwartetsten und wahrscheinlich eine<br />
der bewegendsten ist das Musée de l‘Automate in Souillac.<br />
In einer ehemaligen Zigarrenfabrik entdeckt man einen<br />
wahren nationalen Schatz, den sogar viele Bewohner der<br />
Region nicht einmal kennen. Und das ist wirklich schade.<br />
30 · Frankreich erleben · <strong>Herbst</strong> <strong>2016</strong>
Dieser Schatz ist eine in Europa einzigartige Sammlung<br />
von 300 Automaten und mechanischen Spielzeugen aus<br />
dem 19. und 20. Jahrhundert. Sie stammen im Wesentlichen<br />
aus den Werkstätten des französischen Unternehmens<br />
Roullet-Decamps, das zunächst in Paris, dann hier im Ort<br />
ansässig war, heute jedoch nicht mehr existiert. Die Automaten<br />
waren aufgrund ihrer Qualität weltweit renommiert,<br />
und das Unternehmen galt als einer der Vorreiter in diesem<br />
Bereich. In diesem Museum mit seiner magischen Atmosphäre<br />
kann man nicht nur eines der ältesten mechanischen<br />
Spielzeuge entdecken, den Petit Jardinier, der aus dem Jahr<br />
1865 stammt, sondern auch die berühmte Charmeuse au<br />
Serpent, die an die Vorstellungen des Pariser Folies Bergères<br />
erinnert, und den ersten elektrischen Automaten, Mère ours<br />
berçant son petit, der vor dem Ersten Weltkrieg hergestellt<br />
wurde. Im Laufe des Besuches versteht man, warum solche<br />
Spielzeuge, die zunächst den Kindern wohlhabender Eltern<br />
vorbehalten waren, im Laufe der Jahre aber für alle Bevölkerungsschichten<br />
erschwinglich wurden und schließlich<br />
den Bereich der Verkaufsförderung eroberten, selbst heute<br />
noch den Ruf großer Geschäfte wie Bon Marché oder<br />
Galeries Lafayette ausmachen – und dies über die französischen<br />
Grenzen hinaus bis nach London und New York.<br />
Bei dem Besuch dieses Museums kann man im Übrigen<br />
auf einen begeisterten und begeisternden Menschen treffen:<br />
auf Klaus Lorenz, den Konservator des Museums. Das Besondere<br />
an ihm: Er ist Deutscher und seine Leidenschaft<br />
ist die Welt der Automaten. Der Leiter einer unglaublichen<br />
Werkstatt, in der er sorgfältig alles Notwendige für den<br />
Unterhalt dieser Automaten aufbewahrt, ist genau genommen<br />
einer der letzten Menschen auf der Welt, die das<br />
notwendige Wissen besitzen, wie man diese wunderbaren<br />
Maschinen unterhält und für die Nachwelt erhält.<br />
Ein Teil der Sammlungen des Musée de l‘Automate<br />
in Souillac; Catherine und Klaus Lorenz in ihrem<br />
Atelierhaus, das wie Ali Babas Höhle erscheint.<br />
Klaus Lorenz, der Mann, der<br />
Automaten wieder zum Leben erweckt<br />
Klaus Lorenz, wie kommt es, dass jemand, der in Leipzig geboren<br />
ist, nun mitten im Tal der Dordogne lebt und das Musée<br />
de l‘Automate in Souillac leitet?<br />
Erstaunlicherweise hat alles mit einem Albtraum begonnen,<br />
den ich als Kind hatte: Ich träumte von Personen,<br />
die sich auf dem Teppich des Zimmers, das ich mit<br />
meinem Bruder teilte, drehten. Ich erinnere mich noch<br />
heute gut daran. Ich betrachtete sie und verstand nicht,<br />
wie sie funktionierten. Ich bin überzeugt davon, dass<br />
meine Faszination für Automaten damals begonnen hat.<br />
Und ohne sie würde ich vermutlich heute nicht in Souillac<br />
leben. Einen Teil davon habe ich aber auch von meinen<br />
Großeltern geerbt: Sie waren Konstrukteure und Mechanikbegeisterte.<br />
Das hat ebenfalls eine Rolle gespielt.<br />
Auf jeden Fall ist klar, dass es mich aufgrund dieser Leidenschaft<br />
für die Mechanik und für Automaten hierher<br />
verschlagen hat. Außerdem besitze ich die Veranlagung,<br />
immer neugierig zu sein, niemals zu zögern, mich in ein
UNTERWEGS IN FRANKREICH Dordogne-Tal<br />
Abenteuer zu stürzen. Wenn ich das Gefühl habe, das<br />
muss ich jetzt machen, dann kann mich auch das Unbekannte<br />
nicht abschrecken. Selbst wenn manche Dinge am<br />
Anfang verrückt erscheinen mögen, wie beispielsweise die<br />
Entscheidung, in Frankreich zu leben.<br />
Wann haben Sie Frankreich entdeckt?<br />
Nachdem ich Ostdeutschland verlassen hatte, kam ich<br />
1984 zum ersten Mal nach Paris. Dort erschien mir alles<br />
ganz anders. Ich war extrem hungrig darauf, Neues zu<br />
entdecken, hungrig auf Freiheit … Ich fühlte mich wie ein<br />
Schwamm: Alles interessierte mich, ich wollte alles aufsaugen.<br />
Ein Verständnis für Frankreich bekam ich durch<br />
die Geschichte der Franche-Comté. Irgendwie war mir<br />
das Buch La saison des loups des französischen Schriftstellers<br />
Bernard Clavel in die Finger geraten. Die Handlung<br />
spielt dort unter der Herrschaft Ludwigs XIII. Ich erinnere<br />
mich sehr gut, dass ich die ersten drei Seiten las, jedoch<br />
mangels ausreichender Französischkenntnisse nicht wirklich<br />
viel verstand. Also begann ich wieder von vorne und<br />
so weiter. Irgendwann hat sich mein Französisch dann<br />
verbessert. Dazu beigetragen hat eine besondere Technik:<br />
Ich stellte mir einen leeren Raum vor und richtete ihn im<br />
Geist mit allen Objekten ein, deren französische Bezeichnung<br />
ich kannte. Am Anfang war der Raum leer, nach<br />
und nach füllte er sich dann aber, und irgendwann sah<br />
er wirklich nach etwas aus … Seitdem ich in Frankreich<br />
lebe, kann ich mich natürlich mit Freunden unterhalten<br />
und Filme im Fernsehen ansehen. Das hat mir sehr geholfen,<br />
die Sprache besser zu verstehen!<br />
Wie kamen Sie ins Musée de l‘Automate in Souillac?<br />
Das ist eine typisch französische Geschichte, in der die<br />
Beziehungen zwischen Industrie, Politik und Kulturerbe<br />
eine Rolle spielen. Alles begann mit dem französischen<br />
Unternehmen Roullet-Decamps, das 1865 gegründet<br />
worden und weltweit für seine Automaten bekannt war. In<br />
den 70er-/80er-Jahren kamen jedoch elektronische Spielzeuge<br />
auf den Markt, Spielzeuge aus Asien stellten eine<br />
immer größere Konkurrenz dar, die Werbewelt veränderte<br />
sich. Die Folge war, dass das Unternehmen in große<br />
Schwierigkeiten geriet. Die Schließung war irgendwann<br />
unvermeidlich, und 1995 war es dann soweit. Doch dem<br />
französischen Staat war bereits zuvor bewusst geworden,<br />
welch außerordentliche Sammlung an historischen Automaten<br />
hier im Departement Lot, in der Produktionsstätte<br />
von Roullet-Decamps, vorhanden war. In den 80er-Jahren<br />
hatte der Bürgermeister von Souillac, Alain Chastagnol<br />
– ein Politiker der Rechten –, den damaligen Kulturminister<br />
unter François Mitterand, Jack Lang – also ein<br />
Politiker der Linken –, in diesem Punkt sensibilisiert.<br />
Jack Lang setzte sich für die Rettung dieser Sammlung<br />
ein. Linke und Rechte zogen also an einem Strang, und<br />
der Staat kaufte die Sammlung Roullet-Decamps. In der<br />
Folge konnte dann das Musée de l’Automate in Souillac gegründet<br />
werden.<br />
Und dann hat man Sie damals hinzugezogen?<br />
Ja. Allerdings kam das nicht von heute auf morgen. Als<br />
der Staat die Automatensammlung gekauft hatte, standen<br />
sofort die staatlichen Konservatoren auf dem Plan. Sie ordneten<br />
an, dass nichts berührt werden dürfe, dass alles in<br />
ihre Zuständigkeit fiele. Objektiv gesehen wären natürlich<br />
nur die Leute vor Ort, diejenigen, die für Roullet-Decamps<br />
gearbeitet hatten oder noch arbeiteten, die einzigen wirklich<br />
Kompetenten für diese Automaten gewesen … Egal,<br />
man musste den « normalen » hierarchischen Weg einhalten,<br />
also abwarten, bis der Staat über seine Vertreterin, die<br />
Konservatorin des Lot, die Person bestimmte, die dann die<br />
Automaten offiziell aus ihren verstaubten Kartons holen<br />
durfte, um sie wieder zusammenzubauen, zu unterhalten,<br />
schließlich auszustellen und damit dieses Museum zu<br />
schaffen. Zu diesem Zeitpunkt hat man mich kontaktiert.<br />
Ich lebte damals in der Schweiz. Die Konservatorin hatte<br />
die Verbindung zwischen der Mechanik und der bekannten<br />
und renommierten Schweizer Uhrmacherkunst hergestellt<br />
und sich daher dort umgesehen. Ich erinnere mich, dass<br />
ich auf einer Karte nachsehen musste, wo Souillac liegt. Im<br />
ersten Augenblick war ich ein wenig erstaunt, aber angesichts<br />
der Chance, an einer solchen Sammlung arbeiten zu<br />
können, habe ich keine Sekunde gezögert. Und so bin ich<br />
schließlich 1989 nach Souillac gekommen.<br />
Das war also nicht nur für Deutschland und Europa ein besonderes<br />
Jahr, sondern auch für Sie<br />
Wahrhaftig! Bei meiner Ankunft stellte ich fest, dass<br />
die Automaten der Sammlung in einem erbärmlichen<br />
Zustand waren. Ich habe also Tag und Nacht gearbeitet.<br />
Ein Nachbar hat mir dann die Neuigkeit mitgeteilt. Er<br />
kam angerannt und rief: « Klaus, Klaus, … die Mauer ist<br />
gefallen! » Es ist verrückt, aber ich erinnere mich gut, dass<br />
die Nachricht so unglaublich war, dass sie mir im ersten<br />
Moment beinahe seltsam vorkam. Dann haben wir uns<br />
hingesetzt und Champagner getrunken! Mir wurde bewusst,<br />
dass ich mich nun nicht mehr mit meinen Eltern<br />
an einer Autobahntankstelle Richtung Berlin verabreden<br />
musste, um sie zehn Minuten lang heimlich zu treffen …<br />
Wie haben Sie sich in der Region eingelebt?<br />
Sehr gut. Am Anfang hat man mich sicher ein wenig<br />
für verrückt gehalten. Man muss wissen, dass ich zunächst<br />
etwas zurückgezogen lebte. Ich war derart davon<br />
begeistert, diese Automaten wieder zum Leben zu erwecken,<br />
dass ich meine Werkstatt nur selten verließ. Für<br />
mich war es wie in einem Kindertraum: Plötzlich hatte<br />
ich die schönsten Automaten der Welt vor mir. Und ich,<br />
der kleine Deutsche aus Leipzig, war für diese Sammlung<br />
32 · Frankreich erleben · <strong>Herbst</strong> <strong>2016</strong>
Die Gîtes von Arne Thies liegen inmitten der Natur. Hier bieten<br />
sich ungezählte Möglichkeiten für Freizeitaktivitäten, selbst<br />
Rollstuhlfahrer können eine Kanutour unternehmen.<br />
verantwortlich, für einen wichtigen Teil des französischen<br />
Kulturerbes! Welch ein Glücksfall! Das mag vielleicht erstaunlich<br />
erscheinen. Ich erinnere mich daran, als ich zum<br />
ersten Mal ein Mitglied der Familie Decamps getroffen<br />
habe. Es war eine ziemlich betagte Frau. Sie war aufgebracht<br />
darüber, dass ein junger Mensch mit langen Haaren<br />
es wagte, « ihre » Automaten anzufassen – obwohl diese<br />
natürlich zu diesem Zeitpunkt bereits im Besitz des Staates<br />
waren. Ich erklärte ihr, dass ich weiß, dass ihre Familie<br />
der berühmte Hersteller dieser Automaten ist, dass ich dies<br />
zutiefst respektiere, dass es nun aber mein Auftrag ist, sie<br />
zu restaurieren. Und dass meine Arbeit dazu beiträgt, das<br />
Andenken ihrer Familie zu wahren … Sie hat dies sofort<br />
verstanden, und ich konnte mit meiner Arbeit fortfahren.<br />
« Leben wie Gott in Frankreich », sagt Ihnen das etwas?<br />
(Mit einem Lachen) Aber natürlich! Catherine und<br />
ich, wir sind wirklich glücklich hier! Wir arbeiten beide<br />
im Bereich der Restaurierung, wobei jeder seine Spezialität<br />
hat. Bei mir ist es die Mechanik, bei Catherine sind es<br />
Stoffe. Unsere Berufe ergänzen sich perfekt, für uns beide<br />
sind sie unsere Leidenschaft. Das ist bereits eine wunderbare<br />
Chance. Aber wir haben hier zusätzlich noch Platz<br />
für unsere Werkstätten, sind umgeben von Natur, Ruhe<br />
und vielen Freunden. Ehrlich, was will man mehr? Und<br />
dann gibt es hier im Tal der Dordogne dieses gewisse Etwas,<br />
das typisch französisch ist, als ob Leichtigkeit in der<br />
Luft läge. Die Dinge sind nicht kompliziert, und wenn<br />
es so wäre, dann wäre das nicht schlimm. Man weiß sich<br />
hier immer zu helfen, es gibt immer eine Lösung. Ich liebe<br />
diese Philosophie. Vielleicht, weil es auch in der Mechanik<br />
sehr nützlich ist, wenn man sich zu helfen weiß!<br />
Urlaub à la française mit deutschem Touch<br />
Wenn es außer Klaus Lorenz noch jemanden gibt, der<br />
glücklich ist, in dieser Region zu leben und damit nicht<br />
Frankreich erleben · <strong>Herbst</strong> <strong>2016</strong> · 33
UNTERWEGS IN FRANKREICH Dordogne-Tal<br />
Oben: Arne Thies liebt es, mit seiner « Ente » ein paar Besorgungen zu erledigen. Arne bei einer Hilfsaktion seines<br />
Vereins BonAgera in Afrika. Rechte Seite: Der Weihnachtsmarkt belebt die Straßen von Meyssac.<br />
hinter dem Berg hält, dann ist das Arne Thies. Seinem<br />
Vornamen nach könnte Arne ebenfalls ein Deutscher sein.<br />
Er ist aber Franzose. Er ist hier geboren und in dieser<br />
Gegend tief verwurzelt. Allerdings hat er deutsche Eltern:<br />
Seine Mutter Heinke stammt aus Berlin, sein Vater Karl<br />
aus Ostdeutschland. Mehrere Jahre lang hat dieser ausgebildete<br />
Ingenieur das Tal der Dordogne verlassen, um die<br />
Welt zu bereisen, vor allem Afrika, wo er fünfundzwanzig<br />
Jahre für verschiedene internationale Organisationen verschiedenste<br />
Entwicklungshilfeprojekte fachlich bewertete.<br />
Eines Tages hatte Arne genug von all diesen Projekten,<br />
von denen sich viele als nicht nachhaltig und demzufolge<br />
als sinnlos erwiesen. Er wollte stattdessen eine andere,<br />
direktere Form der Hilfe auf die Beine stellen, die einen<br />
echten Know-how-Transfer ermöglicht. Dafür hat er<br />
mit einigen Gleichgesinnten den Verein BonAgera e. V.<br />
(www.bonagera.biz) gegründet. Das Ziel: mit Brunnen,<br />
die 100 Euro kosten, Tausenden Menschen den Zugang<br />
zu Wasser zu ermöglichen. Im Kongo werden heute mit<br />
700 bereits installierten Brunnen 400.000 Personen versorgt,<br />
weitere hundert sind in Benin geplant. Ein wirklich<br />
toller Erfolg!<br />
Inzwischen steuert Arne diese Projekte von Frankreich<br />
aus. Denn 1990 hat er sich mit seiner Frau Silke – schau<br />
an, noch eine Deutsche – auf dem Anwesen seiner Familie<br />
in Payrac, südlich von Souillac, niedergelassen. Dort<br />
gibt es auf einem ausgedehnten Grundstück (mehr als 50<br />
Hektar) mehrere freistehende Häuser, die sie als Gîtes vermieten.<br />
Das sind aber keine Ferienhäuser wie andere …<br />
Arne Thies, ein überzeugter Europäer<br />
Arne Thies, worin unterscheiden sich die Gîtes, die Sie anbieten,<br />
von anderen, die man in dieser Region mieten kann?<br />
Ich überlasse es Ihnen, sich selbst ein Urteil zu bilden,<br />
aber ich glaube, dass es Silke und mir gelungen ist, etwas<br />
zu schaffen, das man anderswo nicht findet. Ich glaube,<br />
dass auch unsere enge Beziehung zu Deutschland ihren<br />
Anteil daran hat. Der Ausgangspunkt war, dass wir nicht,<br />
wie alle anderen, französische, englische und holländische<br />
Touristen ansprechen wollten – diese Zielgruppe lag damals<br />
gerade « im Trend » –, sondern dass wir stattdessen<br />
an deutsche Urlauber gedacht haben. Denn wir hatten<br />
festgestellt, dass viele unserer deutschen Freunde sich<br />
beim ersten Besuch bereits in die Region verliebten. Sie<br />
beneideten uns, hier zu wohnen. Wir wollten es einfach<br />
ausprobieren. Da wir also deutsche Gäste beherbergen<br />
wollten, entschlossen wir uns, das richtig gut zu machen<br />
und Dienstleistungen anzubieten, die der deutschen Mentalität<br />
entsprechen, aber in französischen Ferienhäusern<br />
nur selten vorhanden sind. Unsere fünf Gîtes sind freistehende<br />
Häuser, von denen die meisten eine eigene Sauna<br />
und einen eigenen Pool haben. Wie es in Deutschland<br />
üblich ist, kann jeder, der es möchte, nach dem Aufguss<br />
nackt in den Pool springen: Alle Gîtes sind so konzipiert,<br />
dass die Intimsphäre der Bewohner gewahrt ist.<br />
Eine Sauna im Ferienhaus und ein Pool, in dem man nackt<br />
baden kann, sind in der Tat in Frankreich nicht sehr verbreitet.<br />
Wie wurde dieses Angebot von den Akteuren des Tourismus<br />
vor Ort aufgenommen?<br />
Man hat niemals gewagt, es uns ins Gesicht zu sagen,<br />
aber ich bin sicher, man hat uns für verrückt gehalten!<br />
Zu Beginn glaubte niemand daran, wir wurden<br />
als versponnene Träumer eingestuft. Dabei sind manche<br />
Dinge im Prinzip ganz einfach: Wir haben beispielsweise<br />
an unserem Teich eine Plattform und eine Leiter<br />
installiert, damit er für alle als Badeteich zugänglich<br />
ist. Für Franzosen ist es bereits unglaublich, in einem<br />
Teich zu baden, das aber auch noch den Gästen eines<br />
Ferienhauses anzubieten … Es wurde schlichtweg als<br />
« total daneben » eingestuft! Und dabei habe ich noch<br />
nicht einmal unser Vorhaben erwähnt, von Beginn an<br />
alles so zu konzipieren, dass die Häuser – einschließlich<br />
34 · Frankreich erleben · <strong>Herbst</strong> <strong>2016</strong>
der Saunas und Pools – für Menschen im Rollstuhl zugänglich<br />
sind. Für die Tourismusverantwortlichen vor<br />
Ort war dies schlichtweg unmöglich und wurde nur als<br />
Einschränkung betrachtet. Wir blieben jedoch standhaft<br />
bei unserem Vorhaben, und heute freuen wir uns mit unseren<br />
Gästen, die auf den Rollstuhl angewiesen sind (das<br />
sind rund 10 %) darüber, dass sie wie alle anderen von<br />
der Natur und der Region profitieren können.<br />
Das Konzept ging also auf, und es kommen nun zahlreiche<br />
Deutsche …<br />
Genau! Es gibt eine echte Nachfrage von Deutschen,<br />
die diese Region entdecken möchten. Und wir merken es<br />
nur zu gut, dass die Nachfrage immer mehr steigt. Wenn<br />
einem Deutschen eine Region gefällt, dann entwickelt er<br />
sofort eine Beziehung zu ihr. Er ist auf alles neugierig,<br />
will alles entdecken, will Erfahrungen machen, wie ein<br />
« Franzose in Frankreich » leben. Wir können bezeugen,<br />
dass daraus schöne Bekanntschaften und gemeinsame Visionen<br />
entstehen. Meiner Ansicht nach gehört das ebenfalls<br />
zu Europa. Es ist wichtig, alles daranzusetzen, solche<br />
Beziehungen zu entwickeln. Allerdings kann man nur<br />
bedauern, dass die Fremdenverkehrsämter der Region und<br />
die Institutionen, die diese Region im Ausland bewerben<br />
sollten, sich dieser Tatsache nicht wirklich bewusst sind.<br />
Es ist immer noch schwierig, hier in der Gegend Prospekte<br />
in deutscher Sprache zu finden. Aber ich bin mir<br />
sicher: Die Welt dreht sich weiter, und die Zeiten werden<br />
sich ändern. Im Übrigen wird der Brexit unweigerlich<br />
eine sinkende Zahl englischer Gäste zur Folge haben, und<br />
vielleicht wird dies dazu beitragen, dass man sich zukünftig<br />
besser darüber bewusst ist, welchen Stellenwert der<br />
deutsche Markt hat. In der Zwischenzeit kann ich Ihnen<br />
versichern, dass alle Deutschen, die hierher kommen, dem<br />
Charme der Region erliegen: Kanufahrten auf der Dordogne,<br />
höllische Pétanque-Partien, Rundfahrten mit der<br />
« Ente » und feine Gerichte mit Biogemüse aus dem eigenen<br />
Garten … Sie können nicht genug davon bekommen!<br />
Vom Teilen festlicher Traditionen<br />
Auch Heike Mas bekennt sich dazu, eine Deutsche<br />
zu sein, die sich voll und ganz in diese Gegend verliebt<br />
hat. Sie stammt aus dem Nürnberger Raum und ist mit<br />
Bernard Mas, einem waschechten Corrézien aus Brivela-Gaillarde<br />
verheiratet. Dieser ist der Gründer der Unternehmensgruppe<br />
Sothys, einem der weltweiten Marktführer<br />
im Bereich professioneller Kosmetikprodukte.<br />
Als Anfang der 70er-Jahre die Weiterentwicklung des<br />
Unternehmens am Pariser Standort nicht mehr möglich<br />
war, entschied er sich, es in der Corrèze anzusiedeln.<br />
Heike und Bernard sind dann hierher gezogen und haben<br />
inzwischen eine Produktionsstätte in Meyssac eröffnet.<br />
Heike Mas kennt diese Stadt also sehr gut und hat hier<br />
eine bis dato völlig unbekannte Tradition eingeführt, die<br />
heute in der ganzen Region beliebt ist …<br />
Heike Mas, eine Frau,<br />
die für festliche Stimmung sorgt<br />
Heike Mas, wie verläuft das Leben in der Corrèze?<br />
Sehr gut, ich liebe es, hier zu leben! Brive-la-Gaillarde<br />
ist eine überschaubare Stadt, wirklich sehr überschaubar.<br />
Das entspricht mir voll und ganz. Ich habe mich von Anfang<br />
an wohlgefühlt. Wie überall in der Region nimmt<br />
man das Leben hier generell etwas leichter. Im Vergleich<br />
zu Deutschland regt man sich weniger schnell auf. Sie<br />
müssen wissen, ich habe immer noch eine Wohnung dort,<br />
in der ich mich von Zeit zu Zeit aufhalte. Kürzlich war<br />
ich über die Reaktion eines Nachbarn erstaunt, dem ich<br />
begegnete, als ich meinen Müll zum Container brachte.<br />
Dieser befindet sich in einem abgeschlossenen Bereich,
UNTERWEGS IN FRANKREICH Dordogne-Tal<br />
Der Weihnachtsmarkt in Meyssac und seine Gründerin Heike Mas.<br />
für den man einen Schlüssel benötigt. Der Mann kam<br />
also an und fragte mich in einem wirklich barschen Ton:<br />
« Was machen Sie hier? » Logischerweise antwortete<br />
ich: « Ich bringe meinen Müll weg. » An seiner Reaktion<br />
merkte ich dann, dass er erstaunt darüber war, mich nicht<br />
zu kennen. Anscheinend hätte ich die Tür sofort wieder<br />
mit dem Schlüssel abschließen müssen, damit kein Unbefugter<br />
dort eindringen kann … Ich sage nicht, dass sich<br />
so etwas in Brive-la-Gaillarde oder an einem anderen Ort<br />
in Frankreich nicht genauso abspielen könnte. Aber hier<br />
sind die Menschen weniger gestresst, sie sind vielleicht<br />
« cooler ». Und glauben Sie mir, es tut gut, von « coolen »<br />
Menschen umgeben zu sein.<br />
Gab es Dinge, an die Sie sich als Deutsche erst gewöhnen mussten?<br />
Ja natürlich, vor allem am Anfang. Aber im Endeffekt<br />
ging dies ziemlich schnell. Was mich besonders freut, ist<br />
die Tatsache, dass ich zwar viele Dinge von den Franzosen<br />
gelernt habe, dass es mir aber von Zeit zu Zeit in einem<br />
bescheidenen Rahmen gelungen ist, sie ebenfalls dazu<br />
zu bewegen, einige ihrer Angewohnheiten zu ändern.<br />
Nehmen Sie beispielsweise die Fußgängerüberwege. In<br />
Brive-la-Gaillarde und in Meyssac habe ich gelernt, es zu<br />
« wagen », die Straße zu überqueren, selbst wenn das kleine<br />
Männchen auf Rot steht. Das ist typisch französisch<br />
und theoretisch verboten, aber sehr zeitsparend, vor allem,<br />
wenn weit und breit kein Auto zu sehen ist … und natürlich,<br />
wenn mich kein Kind dabei beobachten kann. (lacht)<br />
Umgekehrt habe ich als Autofahrerin meinen französischen<br />
Freunden beigebracht, Fußgänger, die die Straße<br />
überqueren möchten, mehr zu respektieren. Sie sehen also,<br />
wir ergänzen uns sehr gut!<br />
Vor allem aber haben Sie den Bewohnern von Meyssac eine<br />
typisch deutsche Tradition nähergebracht …<br />
Ja, die der Weihnachtsmärkte! Als ich in der Region<br />
ankam, musste ich schockiert feststellen, dass es weder einen<br />
einzigen Weihnachtsmarkt gab, noch dass in den Straßen<br />
der Stadt irgendetwas auf Weihnachten hinwies. Es<br />
gab kein Konzert, keine Dekoration, keine festliche Stimmung.<br />
Um ein paar Weihnachtskugeln zu sehen, musste<br />
man in den Supermarkt gehen. Das fand ich trist. Deshalb<br />
hatte ich beschlossen, in Meyssac einen Weihnachtsmarkt<br />
zu organisieren. Ich habe einen kleinen Verein gegründet<br />
und die Städtepartnerschaft mit Bettenhausen in Thüringen<br />
wieder aufleben lassen. 1998, im ersten Jahr, hatten<br />
wir noch keine Hütten und der Markt fand daher in der<br />
überdachten Markthalle des Dorfes statt. Es gab 20 Aussteller.<br />
Obwohl wir ja ein Dach über dem Kopf hatten,<br />
war meine größte Angst, es könnte regnen. Eines habe ich<br />
nämlich in Frankreich gelernt: Wenn es regnet, gehen die<br />
Franzosen nicht aus dem Haus. Glücklicherweise schien<br />
die Sonne. Heute gibt es auf dem Weihnachtsmarkt in<br />
Meyssac rund <strong>60</strong> Stände in richtigen kleinen Holzhütten,<br />
genau so wie in Deutschland. 50 bis <strong>60</strong> freiwillige Helfer<br />
sind im Einsatz und inzwischen kommen mehr als 10.000<br />
Besucher. Nicht schlecht für ein kleines Dorf, oder?<br />
Und man kann sagen, dass die Franzosen ihn schätzen …<br />
Ja, das ist sicher. Der Markt ist inzwischen in der Region<br />
zu einer richtiggehenden Institution geworden. Er<br />
ist besonders für die Qualität seiner Produkte bekannt:<br />
Es werden ausschließlich hochwertige handwerklich gefertigte<br />
Produkte verkauft. Und vor allem strahlt er diese<br />
besondere Atmosphäre aus, die man in Deutschland gut<br />
kennt, die die Franzosen aber erst entdecken mussten,<br />
und die sie jetzt offensichtlich umso mehr schätzen.<br />
Sie müssen wissen, dass jedes Jahr Deutsche aus Bettenhausen<br />
kommen, die auf dem Weihnachtsmarkt in<br />
Meyssac Bier und Tausende von Würsten verkaufen. Ich<br />
bin überzeugt, dass auf dem Weihnachtsmarkt hier inzwischen<br />
mehr Bier getrunken wird und mehr Würste<br />
gegessen werden als auf dem in Bettenhausen! Geben Sie<br />
zu, dass dies eine lustige Entwicklung ist. Angesichts der<br />
Beziehungen zwischen Franzosen und Deutschen in der<br />
Region wird mir ganz warm ums Herz. Eines ist sicher:<br />
Wenn ich zurückblicke, dann fühle ich mich zwar noch<br />
immer als Deutsche, aber mein Leben ist jetzt hier. Hier<br />
bin ich wirklich glücklich.<br />
36 · Frankreich erleben · <strong>Herbst</strong> <strong>2016</strong>
A83<br />
Saint-Sigismond<br />
N11/E<strong>60</strong>1<br />
Niort<br />
La Rochelle<br />
E5/A10<br />
Montluç<br />
Vallée de la Dordogne …<br />
… Berlin 1.500 km … Hamburg 1.400 km<br />
… Köln 1.000 km … München 1.000 km<br />
… Wien 1.500 km … Zürich 780 km<br />
Die nächstgelegenen Flughäfen sind<br />
Brive-Vallée de la Dordogne, Tou louse-Blagnac<br />
und Limoges. Nach Toulouse<br />
gibt es aus Deutsch land, Österreich<br />
und der Schweiz Direkt flüge.<br />
Die größten Bahnhöfe in diesem Teil<br />
des Vallée de la Dordogne liegen<br />
in Brive-la-Gaillarde, Rocamadour,<br />
Saint-Denis-près-Martel und Souillac.<br />
www.vallee-dordogne.com<br />
Office de Tourisme de la Vallée de la<br />
Dordogne<br />
L’hospitalet<br />
46500 Rocamadour<br />
Telefon: + 33 (0)5 65 33 22 00<br />
Pamplona<br />
Ausgabe <strong>Nr</strong>. 56: Die schönsten Gärten des Périgord<br />
(+/- 20 km entfernt)<br />
Das Périgord ist eine Urlaubsregion, die den<br />
großen Trubel nicht mag. Wer ins Périgord<br />
reist, ist auf der Suche nach Natur, Harmonie<br />
und Entspannung. Symbolhaft dafür stehen<br />
die vielen kleinen und großen Parks in der<br />
Region, die teils klas sisch, teils modern, teils<br />
künstlerisch inszeniert daherkommen. Für Lieb ha ber schöner<br />
Gärten ist die Region geradezu ein Eldorado. Einen Schwerpunkt<br />
bildet jedoch das Tal der Dordogne. Im Fol gen den werden<br />
vier ganz unterschiedliche Gärten vorgestellt, die die große<br />
Bandbreite der Parks verdeutlichen und Lust mach en sollen,<br />
weitere Gärten des Périgord zu erkunden.<br />
Ausgabe <strong>Nr</strong>. 44: Gouffre de Padirac: der Erdmitte ein<br />
Stückchen näherkommen (+/- 30 km entfernt)<br />
LESETIPPS FÜR AUSFLÜGE IN DIE UMGEBUNG<br />
Der Schlund von Padirac im Departement Lot ist eine<br />
der größten geologischen Besonderheiten<br />
Frank reichs. Wie ein riesiges Loch mit<br />
einem Durchmesser von 33 Metern und<br />
einer Tiefe von 75 Metern tut er sich in<br />
der Erdoberfläche auf. Der Schlund zieht<br />
jedes Jahr um die 450.000 neu gierige<br />
E<strong>60</strong>2/A837<br />
Les quatre Demoiselles<br />
Musée de la noix<br />
19500 Saillac<br />
Telefon: + 33 (0)6 88 17 52 21<br />
(provisorisch) Montalivet<br />
www.4demoiselles.fr<br />
Gîte von Véronique und Francis<br />
E5/A10<br />
Simbille<br />
Lieu dit Le La Porge Chapelle<br />
Bordeaux<br />
19190 Le Pescher<br />
Telefon: Cap-Ferret + 33 (0)5 55 85 03 64 A52/E72<br />
www.gites.simbille.com<br />
Musée de l’Automate<br />
Place Mimizan de l’abbaye<br />
46200 Souillac sur Dordogne<br />
E5-E70/A63<br />
Telefon: + 33 (0)5 65 37 07 07<br />
www.musee-automate.fr<br />
France<br />
Hossegor Gîtes von Silke und Arne Thies<br />
46350 Payrac<br />
Biarritz Bayonne<br />
HendayeTelefon: + 33 (0)5 65 A64/E80 37 96 44<br />
www.lecolombie.eu<br />
Sare<br />
Donostia-<br />
Pau<br />
S. Sebastian<br />
Spanien<br />
Angoulême<br />
Weihnachtsmarkt in Meyssac<br />
Limoges<br />
Findet jedes Jahr am zweiten<br />
Adventswochenende statt und<br />
dauert zwei Tage.<br />
www.meyssac.fr<br />
Périgueux<br />
A89/E70<br />
Sarlat-le-Canéda<br />
Souillac sur<br />
Dordogne<br />
Le Pescher<br />
Payrac<br />
Tulle<br />
Brive-la-Gaillarde<br />
A20/E9<br />
Saillac<br />
Rocamadour<br />
Toulouse<br />
Besucher an, die hier ihren Traum von einer Reise unter die Erde<br />
verwirklichen können und dabei ein faszinierendes Höhlensystem<br />
mit unterirdischen Seen, Gängen und Sälen entdecken. Was<br />
jedoch weniger bekannt ist: Der Besuch dieser Sehenswürdigkeit Andorra<br />
wäre heute nicht ohne das Generationen übergreifende<br />
Engagement einer Familie möglich, die einst durch großen Zufall<br />
den Vater der modernen Höhlenforschung, Edouard-Alfred<br />
Martel, traf.<br />
Ausgabe <strong>Nr</strong>. 54: Rodez: in der Heimat von Pierre<br />
Soulages (+/- 100 km entfernt)<br />
Rodez mag zwar eine Hauptstadt sein, die des<br />
Departements Avey ron, dies ändert aber<br />
nichts daran, dass die 25.000 Ein wohn er<br />
zählende Stadt ein verschlafenes Pro vinznest<br />
ist. Rodez liegt schlicht zu weit entfernt<br />
von den großen Tran sit routen und Bal lungsräumen<br />
Frankreichs. Selbst die nächs te<br />
Autobahn ist viele Kilo meter entfernt und nur mühsam über<br />
kurvige Landstraßen zu er reichen. Seit letztem Sommer gibt es<br />
aber einen stichhaltigen Grund, trotzdem den Weg nach Rodez<br />
auf sich zunehmen: In der Heimat von Pierre Soulages eröffnete<br />
ein Museum über diesen großen französischen Maler, der die<br />
Farbe Schwarz über alles liebt.<br />
A8<br />
Limoux<br />
Fra<br />
Cé<br />
Spa<br />
INFORMATIONEN ZUR BESTELLUNG DIESER UND ANDERER AUSGABEN FINDEN SIE AUF SEITE 90.<br />
Frankreich erleben · <strong>Herbst</strong> <strong>2016</strong> · 37
UNTERWEGS IN FRANKREICH Hotel<br />
Château<br />
Treyne<br />
de la<br />
Wo der Aufenthalt ein wahres Vergnügen ist<br />
Es gibt Gebäude, die sind schlichtweg beeindruckend.<br />
Und das Château de la Treyne gehört unbestritten<br />
dazu. Es thront majestätisch zwischen Sarlat und<br />
Ro ca ma dour oberhalb der Dordogne, und bereits der Anblick<br />
sei ner Steinfassade, der man ihre lange Vergangenheit<br />
ansieht, flößt Respekt ein. Eine beharrliche Suche hat<br />
Zeugnis se zutage gefördert, nach denen die Geschichte des<br />
Gebäudes im 14. Jahrhundert begann, genauer gesagt 1342.<br />
In diesem Jahr wurde erstmals der Bau des « Fort de la<br />
Treyne » erwähnt.<br />
Die Historie, die Architektur und das einzigartige<br />
Umfeld rufen vielleicht eine gewisse Ehrfurcht hervor –<br />
die das Château de la Treyne auch wahrlich verdient hat<br />
–, trotzdem wäre es schade, daran vorbeizugehen, ohne<br />
zumindest einen Blick hinter das Eingangstor zu werfen.<br />
Dabei mag der Eindruck entstehen, es sei einfach zu « zu »:<br />
zu alt, zu schick, zu steif, zu sehr vieille France und vermutlich<br />
auch zu teuer …<br />
Sicher, das Haus, das zu der vornehmen Gruppe Relais<br />
& Châteaux gehört, ist ein außergewöhnliches Hotel. Ein<br />
geschützter, von einem Park und 120 Hektar Privatwald<br />
umgebener Ort, an den man nicht zufällig kommt und<br />
für den man die notwendigen Mittel haben muss, um sich<br />
einen Besuch desselben leisten zu können. Ein Zimmer<br />
kostet hier ab 200 Euro aufwärts pro Nacht. Ein nicht<br />
unerhebliches Budget. Und doch haben die Verantwortlichen<br />
des Château de la Treyne die Fähigkeit, ihre Gäste<br />
auf eine einfache und authentische Art zu empfangen –<br />
etwas, das heute sehr selten geworden ist.<br />
Wohlhabende treue Kunden – offensichtlich Stammgäste<br />
– fühlen sich hier wie zu Hause, es kommen aber<br />
auch junge Paare – vermutlich weniger gut betuchte –,<br />
denen man ansieht, wie glücklich sie hier sind. Man kann<br />
sich gut vorstellen, dass sie sich mit dem Aufenthalt einen<br />
langgehegten Wunsch erfüllen.<br />
Denn an diesem Ort zu verweilen, hat gewissermaßen<br />
etwas von einem Traum. La tour, Louis XVI, Prison<br />
dorée, La Favorite, Enfant modèle, Vendange: Bereits die<br />
Namen der Zimmer laden zu einer Reise in eine imaginäre<br />
Welt, in eine andere Zeit ein, wobei man die Nacht<br />
bequem in einem absolut modern ausgestatteten Bett mit<br />
zeitgemäßen Abmessungen verbringt (Kingsize- und<br />
Queensize-Betten). Der Begriff « historisches Gebäude »<br />
bedeutet hier nicht, dass man verstaubte, altmodische<br />
Tagesdecken und Wandbehänge vorfindet. Ganz im Gegenteil:<br />
Das alte, oft mehr als eineinhalb Meter dicke Gemäuer<br />
wurde zwar erhalten, jedoch diskret umgestaltet,<br />
sodass nun aller moderne Komfort, den man sich heute<br />
vorstellen kann, vorhanden ist: Klimaanlage, WLAN, geräumige<br />
Badezimmer mit Whirlpool und Massagedusche.<br />
Die Besitzer des Hotels, das deutsch-französische<br />
Ehepaar Philippe und Stéphanie Gombert, haben lange<br />
an diesem Projekt gearbeitet, haben auf das kleinste Detail<br />
geachtet und alles daran gesetzt, um den Aufenthalt für<br />
die Gäste zu einem wahren Vergnügen werden zu lassen.<br />
Die beeindruckenden Gästebücher, die auf dem Flügel in<br />
einem der Salons ausliegen und an sich bereits wunderschöne<br />
Objekte sind, bestätigen dies: « Vielen Dank für<br />
38 · Frankreich erleben · <strong>Herbst</strong> <strong>2016</strong>
diesen unvergesslichen Aufenthalt<br />
», « Ein seltener Augenblick,<br />
den ich niemals vergessen<br />
46200 Lacave<br />
werde », « Wir gehen schweren<br />
Herzens » … Der aufmerksame<br />
Leser kann diesen Bemerkungen<br />
bereits zahlreiche Hinweise<br />
auf die schönen Momente « fern<br />
unserer Zeit » entnehmen, die<br />
man hier verleben kann.<br />
Zu diesen einzigartigen<br />
und seltenen Dingen zählt ein<br />
Mountainbike.<br />
Abendessen auf der Terrasse<br />
oberhalb der Dordogne: ein<br />
Muss! Der Rahmen an sich, mit<br />
dem wunderschönen Blick und<br />
– mit etwas Glück – einem magischen<br />
Sonnenuntergang über<br />
dem Tal, verzaubert bereits,<br />
doch auch der Küchenchef Stéphane<br />
Andrieux und sein Team<br />
Küchenchefs).<br />
tragen ihren Teil dazu bei. Auf<br />
der Karte finden sich einerseits<br />
edle Gerichte wie hausgemachte Foie gras, Langusten und<br />
blauer Hummer, auf der anderen Seite aber auch authentische<br />
Speisen wie gebratenes Kalbskotelett, Poulardenbrust<br />
und Zitronenbiskuit nach Savoyer Art. Die Küchencrew<br />
beherrscht Garzeiten sowie die Zubereitung der Saucen<br />
auf meisterhafte Art und Weise, und das Servicepersonal<br />
weiß seinerseits die Gerichte so köstlich zu beschreiben,<br />
dass einem bereits beim Zuhören das Wasser im Mund<br />
zusammenläuft.<br />
Während des Diners geht Stéphanie Gombert immer<br />
wieder von Tisch zu Tisch, um sich nach der Zufriedenheit<br />
der Kunden zu erkundigen. Eine Übung, die in vielen<br />
Château de la Treyne ****<br />
Telefon: + 33 (0) 5 65 27 <strong>60</strong> <strong>60</strong><br />
www.chateaudelatreyne.com<br />
treyne@relaischateaux.com<br />
14 Zimmer und Suiten sowie<br />
3 Appartements, ab 200 Euro.<br />
WLAN, Klimaanlage, Pool, Tennis, Kanu,<br />
Abendessen: täglich ab 19.15 Uhr,<br />
à la carte oder Menü ab 96 Euro.<br />
Mittagessen: Samstag, Sonntag, Montag<br />
und Feiertage ab 12.30 Uhr; Mittagsmenü<br />
48 Euro (eine Vorspeise, ein Hauptgericht,<br />
ein Dessert gemäß Vorschlag des<br />
anderen Etablissements als sehr<br />
kommerziell eingestuft werden<br />
würde. Hier ist es jedoch angenehm<br />
und wird geschätzt. Oft<br />
entsteht daraus eine lebhafte<br />
Unterhaltung: « Ich liebe diese<br />
Momente, den Austausch, wir<br />
geben Tipps für Aktivitäten in<br />
der Region, es ist ein Ausdruck<br />
von Gastfreundschaft. Für<br />
mich ist es wichtig, dass die<br />
Gäste sich hier wohlfühlen »,<br />
erklärt die Besitzerin.<br />
Am Ende des Aufenthalts<br />
bleibt nur festzustellen: Alles<br />
ist eine Frage der Ausgewogenheit<br />
zwischen der Fähigkeit,<br />
den Gästen die außergewöhnliche<br />
Leistung eines Etablissements<br />
der Spitzenklasse zu bieten,<br />
und der Kunst, dies nicht<br />
zu übertreiben und bescheiden<br />
zu bleiben. Auch wenn man<br />
dafür manchmal den Wunsch eines Kunden ablehnen<br />
muss: « Das ist vielleicht meine deutsche Seite », erklärt<br />
Stéphanie Gombert lächelnd. « Aber ich kann einem<br />
Gast im Winter durchaus den Wunsch nach Erdbeeren<br />
abschlagen. » Bravo, Madame Gombert! Vielleicht ist gerade<br />
diese Geradlinigkeit, diese Persönlichkeit einer der<br />
größten Vorzüge des Hauses. Die Fähigkeit, seine Seele<br />
bewahrt zu haben, ohne so unpersönlich zu werden wie<br />
viele andere, die sich sogar als Palace einstufen. Der wahre<br />
Luxus besteht darin, authentisch, einfach und diskret<br />
bleiben zu können. Und das Château de la Treyne ist dafür<br />
der perfekte Beweis!<br />
Frankreich erleben · <strong>Herbst</strong> <strong>2016</strong> · 39
UNTERWEGS IN FRANKREICH Paris<br />
40 · Frankreich erleben · <strong>Herbst</strong> <strong>2016</strong>
Saint-Germaindes-Prés<br />
Mehr als ein Viertel,<br />
die Seele von Paris?<br />
Saint-Germain-des-Prés gehört neben dem<br />
Eiffelturm, Montmartre und den Champs-Élysées<br />
zu den legendären Orten in Paris. Das Viertel war<br />
jahrelang ein beliebter Treffpunkt von Intellektuellen,<br />
Künstlern und Politikern und wurde lange Zeit als<br />
die intellektuelle Seele der Hauptstadt betrachtet.<br />
Was ist von diesem Mythos heute noch übrig ge -<br />
blieben? Wie sieht die Realität in diesem Viertel aus?<br />
Frühmorgens um 7.30 Uhr, wenn das Deux Magots öffnet, sollte<br />
man sich auf der Terrasse dieses Cafés an der Ecke von Boulevard<br />
Saint-Germain und Place Saint-Germain-des-Prés niederlassen.<br />
Dann ist es noch relativ ruhig, es fahren nur wenige Autos, Paris erwacht<br />
langsam zum Leben und gehört noch den Parisern. In einem Hin<br />
und Her, das sich seit Generationen nicht verändert zu haben scheint,<br />
bereiten sich die in Schwarz und Weiß gekleideten Kellner auf den Service<br />
des Tages vor. In solch seltenen ruhigen Momenten scheint es, als<br />
schwebten noch die Geister seiner berühmten Stammgäste – Pablo Picasso,<br />
Jacques Prévert, Ernest Hemingway – in der Luft. Man kann sich<br />
unschwer vorstellen, wie Simone de Beauvoir und Jean-Paul Sartre am<br />
Nebentisch diskutieren, während Serge Gainsbourg etwas weiter den<br />
Text für ein Chanson zu Papier bringt und trotz der frühen Stunde bereits<br />
eine seiner Lieblingszigaretten, eine Gitane, raucht. Niemand würde<br />
sich daran stören. Zu seiner Zeit war es noch erlaubt. In wenigen<br />
Stunden werden die Touristen und der Lärm der Stadt über die Terrasse<br />
herfallen. Deshalb sollte man jetzt noch die Ruhe vor dem Sturm genießen<br />
und ein Frühstück bestellen.<br />
Frankreich erleben · <strong>Herbst</strong> <strong>2016</strong> · 41
UNTERWEGS IN FRANKREICH Paris<br />
Vorherige Seite: Blick von der Rue de Rennes auf die Kirche Saint-Germain-des-Prés.<br />
Oben: Die Terrasse des Deux Magots, eine der legendären Brasserien dieses Viertels.<br />
42 · Frankreich erleben · <strong>Herbst</strong> <strong>2016</strong>
Macht man dies, trifft einen die Realität mit voller Wucht. Was<br />
würden Yves Montand oder Simone Signoret – ebenfalls ehemalige<br />
Stammgäste in diesem Etablissement, ebenso wie im nur wenige<br />
Schritte entfernten und nicht weniger berühmten Café de Flore – über<br />
eine Karte sagen, auf der ein Espresso für 4,<strong>60</strong> Euro und ein Cappuccino<br />
für 7,20 Euro angeboten werden? Würden sie es nicht übertrieben<br />
finden, für ein normales Frühstück 26 Euro berappen zu müssen?<br />
Sicher, der Obstsaft ist zwar, wie die Karte präzisiert, « frisch », das<br />
Gebäck « vielfältig » und das Baguette « vom Bäcker » (wo sollte es auch<br />
sonst herkommen?). Trotzdem … Ist dies wirklich der Esprit Saint-<br />
Germain-des-Prés?<br />
Quand je te reverrai<br />
À Saint-Germain-des-Prés<br />
Ce ne sera plus toi<br />
Ce ne sera plus moi<br />
Il n’y a plus d’autrefois<br />
Tu me dis « comme tout change »<br />
Les rues te semblent étranges<br />
Même les cafés crème<br />
N’ont plus le goût que tu aimes<br />
Nous sommes étrangers<br />
À Saint-Germain-des-Prés*<br />
Die Seelen der Künstler, Intellektuellen und Schriftsteller, die<br />
früher hier in diesem Viertel verkehrten, die seinen Ruf ausmachten,<br />
könnten heute gemeinsam aufstehen und dieses Chanson singen, eines<br />
der schönsten aus der Feder von Guy Béart, der ebenfalls hier ein und<br />
aus ging … Ja, Saint-Germain-des-Prés, du hast dich wirklich verändert,<br />
du bist nicht mehr dasselbe, das ist offensichtlich …<br />
Setzt man sich heute auf eine der berühmten Caféterrassen in diesem<br />
Viertel (Deux Magots, Café de Flore und Brasserie Lipp), dann<br />
tut man dies nicht, um über die Politik zu diskutieren, einige Seiten<br />
seines nächsten Buches zu schreiben oder über seinen nächsten Film<br />
nachzudenken. Man tut dies, um zu sehen und gesehen zu werden: Es<br />
ist allgemein bekannt, dass man hier gute Chancen hat, eine berühmte<br />
Persönlichkeit, eine Schauspielerin oder einen bekannten Politiker zu<br />
erspähen. Also setzt man sich hin und wartet, das Smartphone selbstverständlich<br />
in Griffnähe. Es könnte ja sein, Catherine Deneuve, die in<br />
diesem Viertel wohnt, kommt auf die gute Idee, schnell einen Kaffee zu<br />
trinken. Oder Woody Allen lässt sich am Nebentisch nieder …<br />
An diese Entwicklung passen sich auch die Cafébetreiber an: Im<br />
Deux Magots ist die Terrasse seit einigen Jahren von einigen Büschen<br />
* Wenn ich dich wiedersehen werde / In Saint-Germain-des-Prés /<br />
Wirst du nicht mehr du sein / Werde ich nicht mehr ich sein /<br />
Es gibt kein Früher mehr<br />
Du sagst mir, « wie sich alles verändert » /<br />
Die Straßen erscheinen dir seltsam / Sogar der Café crème /<br />
Hat nicht mehr den Geschmack, den du liebst<br />
Wir sind Fremde / In Saint-Germain-des-Prés<br />
Frankreich erleben · <strong>Herbst</strong> <strong>2016</strong> · 43
UNTERWEGS IN FRANKREICH Paris<br />
Während in den Schaufenstern<br />
des Viertels die Luxusmarken<br />
überhandnehmen, scheint der<br />
Charme der Architektur den Wandel<br />
überlebt zu haben. An manchen<br />
Fassaden erinnern Schilder an<br />
die illustren Persönlichkeiten,<br />
die hier gelebt haben.<br />
44 · Frankreich erleben · <strong>Herbst</strong> <strong>2016</strong>
eingerahmt, wie um den berühmten Gästen die Illusion<br />
eines Schutzes vor den Blicken der Menge zu verschaffen.<br />
Dabei kommen diese im Grunde genommen doch auch<br />
hierher, um « erkannt » zu werden …<br />
Und was ist eigentlich aus den Buchhändlern geworden,<br />
die in diesem Quartier littéraire einen so hohen Stellenwert<br />
hatten? Die Geschichte einer der bekanntesten<br />
Buchhandlungen von Paris, La Hune, ist in dieser Beziehung<br />
ein sehr aussagekräftiges Beispiel: Ursprünglich<br />
war sie ideal zwischen dem Café de Flore und dem Deux<br />
Magots platziert, am Boulevard Saint-Germain <strong>Nr</strong>. 170.<br />
Diese legendäre Adresse, die sie seit ihrer Gründung in<br />
der Nachkriegszeit innehatte, musste sie 2012 aus wirtschaftlichen<br />
Gründen aufgeben. Sie zog einige Schritte<br />
weiter, in viel bescheidenere Räumlichkeiten in der Rue<br />
de l'Abbaye <strong>Nr</strong>. 18. Vor allem durch die stark gestiegenen<br />
Mieten in diesem Viertel geriet La Hune 2015 jedoch erneut<br />
in große wirtschaftliche Schwierigkeiten und musste<br />
endgültig die Türen schließen. Sie wurde durch ein Art<br />
Librairie-Galerie ersetzt, die zwar immer noch denselben<br />
Namen trägt, aber der Fotografie gewidmet ist. Heute gibt<br />
es auf dem Boulevard Saint-Germain nur noch eine einzige<br />
Buchhandlung: L'écume des pages. Wie lange noch?<br />
Am ursprünglichen Platz von La Hune hat sich seit<br />
2012 ein Geschäft eines anderen Genres niedergelassen.<br />
Im Schaufenster präsentieren sich nun, selbstverständlich<br />
in einem grundverschiedenen Ambiente, Luxustaschen<br />
und Prêt-à-porter-Mode der Marke Louis Vuitton. Quasi<br />
genau gegenüber, an der Ecke von Boulevard Saint-Germain<br />
und Rue de Rennes, thronen die riesige Boutique<br />
von Emporio Armani sowie das Emporio Armani Caffé,<br />
und, ebenfalls gegenüber der Kirche Saint-Germain-des-<br />
Prés, spricht der Luxusjuwelier Cartier seinerseits die gut<br />
betuchte Kundschaft an, die man in diesem Viertel mittlerweile<br />
antrifft.<br />
Rund um die Kirche Saint-Germain-des-Prés ist nämlich<br />
eine richtiggehende Pariser « Goldmine » entstanden,<br />
die an die Avenue Montaigne und die Rue du Faubourg<br />
Saint-Honoré erinnert. Ein weiterer Hinweis auf die<br />
Veränderungen in diesem Viertel sind die Immobilienpreise.<br />
Die in Saint-Germain-des-Prés haben inzwischen<br />
Spitzenwerte erreicht: 12.000 Euro pro Quadratmeter<br />
im Durchschnitt, bis zu 19.000 Euro für die Crème de la<br />
Crème … Unter diesen Bedingungen ist es schwierig, die<br />
einstige Seele von Saint-Germain-des-Prés zu bewahren,<br />
daran besteht kein Zweifel. Aber will man das überhaupt?<br />
Wird der Einzug des Luxus in diesem Viertel überhaupt<br />
negativ wahrgenommen?<br />
Seit 1997 haben sich die für die intellektuelle und<br />
künstlerische Seele von Saint-Germain-des-Prés so symbolträchtigen<br />
Etablissements Café de Flore, Deux Magots<br />
und Brasserie Lipp mit Vuitton, Cartier und Armani im<br />
Comité Saint-Germain zusammengeschlossen. Paradoxerweise<br />
hat man sich das Ziel gesetzt, alles dafür zu tun,<br />
dass der Luxus nicht zu sehr überhandnimmt, um die<br />
Seele des Viertels zu erhalten. Kultur und Geld Hand in<br />
Sie wollen aufregende Tage<br />
in Paris verbringen und sich<br />
gleichzeitig entspannen?<br />
Im Hotel & Spa „LA BELLE JULIETTE“<br />
im beliebtesten Viertel von Paris, Saint<br />
Germain des Prés werden Sie himmlische<br />
Ruhe und Entspannung finden.<br />
Das Hotel bietet ein „No Stress“<br />
Programm mit folgendem Inhalt :<br />
• Ein Aperitif auf der Terrasse oder in dem<br />
idyllischen Garten<br />
• Ein Dinner für zwei Personen: À la carte<br />
snacking chic entwickelt von Chef Flora<br />
Mikula<br />
• Eine Nacht in einem romantischen<br />
Zimmer (nach Wahl im klassischen<br />
Gebäude oder im modernen Flügel )<br />
• zweimal Frühstück inklusive Buffet<br />
• Nicht zu vergessen eine Pflege im „Duo au<br />
Spa de l’hotel“ (Körperbehandlung)<br />
Das Pauschalangebot „No Stress“ ist vom<br />
1. September bis zum 15. Oktober <strong>2016</strong><br />
gültig und kostet pro Person ab 2<strong>60</strong> € pro<br />
Nacht (alles inbegriffen)<br />
Nur mit Reservierung möglich<br />
HÔTEL & SPA LA BELLE JULIETTE ✴✴✴✴<br />
92, rue du Cherche Midi, 75006 Paris<br />
www.labellejuliette.com<br />
reservation@labellejuliette.com
UNTERWEGS IN FRANKREICH Paris<br />
Le Café de Flore<br />
172, boulevard Saint-Germain<br />
75006 Paris<br />
Telefon: + 33 (0)1 45 48 55 26<br />
www.cafedeflore.fr<br />
Les Deux Magots<br />
6, place Saint-Germain-des-Prés<br />
75006 Paris<br />
Telefon: + 33 (0)1 45 48 55 25<br />
www.lesdeuxmagots.fr<br />
Brasserie Lipp<br />
151, boulevard Saint-Germain<br />
75006 Paris<br />
Telefon: + 33 (0)1 45 48 53 91<br />
www.brasserielipp.fr<br />
46 · Frankreich erleben · <strong>Herbst</strong> <strong>2016</strong>
Buchhandlung L’écume des pages<br />
174, boulevard Saint-Germain<br />
75006 Paris<br />
Telefon: + 33 (0)1 45 48 84 00<br />
www.ecumedespages.com<br />
Hand … Warum nicht? Angesichts der<br />
Entwicklung von Saint-Germain-des-<br />
Prés scheint allerdings momentan noch<br />
viel Arbeit anzustehen.<br />
Und doch gibt es einen besonderen<br />
Ort, wo das Viertel noch seinen<br />
Charme bewahrt hat und wo es noch<br />
ein bisschen an das « alte » Saint-<br />
Germain-des-Prés erinnert. Ein Ort,<br />
der nichts mit dem Lärm und dem<br />
protzigen Luxus auf dem Boulevard<br />
gemein hat. Ein diskreter Ort, den<br />
sogar viele Pariser nicht kennen. Um<br />
dorthin zu gelangen, muss man über<br />
die Rue de l'Abbaye um die Kirche<br />
Saint-Germain-des-Prés herumgehen.<br />
Dort befindet sich der hübsche Place<br />
de Furstenberg mit dem Musée Eugène<br />
Delacroix. Die Ruhe und Authentizität,<br />
die auf dem Platz herrschen, erinnern<br />
an ein kleines Dorf, und das Museum<br />
gleicht eher einem schönen Künstleratelier.<br />
Man hat den Eindruck, vom<br />
Rest der Welt abgeschnitten zu sein.<br />
Letztendlich stellt man erfreut fest,<br />
dass es zumindest noch einen Platz in<br />
Saint-Germain-des-Prés gibt, an dem<br />
sich auch heute noch ein Künstler, ein<br />
Schriftsteller oder ein Dichter niederlassen<br />
und inspirieren lassen kann. Wenigstens<br />
hier gibt es sie noch, die Seele<br />
von Saint-Germain-des-Prés.<br />
Der Place de Furstenberg ist einer der<br />
letzten Orte, wo die Atmosphäre in<br />
Saint-Germain-des-Prés unverändert<br />
zu sein scheint. Man fühlt sich<br />
hier wie auf einem Dorfplatz.<br />
Musée Eugène Delacroix<br />
6, rue de Furstenberg<br />
75006 Paris<br />
Telefon: + 33 (0)1 44 41 86 50<br />
www.musee-delacroix.fr<br />
LESESETIPPS FÜR<br />
AUSFLÜGE IN DIE<br />
UMGEBUNG<br />
Ausgabe <strong>Nr</strong>. 58:<br />
Le Train Bleu: Ist das<br />
legendäre<br />
Restaurant noch<br />
immer einen<br />
Besuch wert ?<br />
(5 km entfernt)<br />
Le Train Bleu, das<br />
Restaurant im ersten Stock des Pariser<br />
Gare de Lyon, gegenüber den Gleisen,<br />
gehört zu den Lokalen der Hauptstadt,<br />
die man als legendär bezeichnen<br />
kann. Es wurde 1900 im Rahmen der<br />
Weltausstellung eröffnet und zählt zu den<br />
luxuriösesten Bahnhofsrestaurants der<br />
Welt. 2014 wurden 4,5 Millionen Euro in<br />
die Renovierung dieses renommierten<br />
Etablissements investiert. Ein Jahr<br />
später ist es Zeit, Bilanz zu ziehen: Ist das<br />
legendäre Restaurant noch immer einen<br />
Besuch wert?<br />
Ausgabe <strong>Nr</strong>. 57:<br />
Musée d’Histoire de<br />
la Médecine: ein<br />
ungewöhnliches Museum<br />
im Herzen der<br />
Hauptstadt<br />
(1km entfernt)<br />
Mitten im<br />
Quartier Latin<br />
befindet sich<br />
hinter den Mauern der ehemaligen<br />
medizinischen Fakultät eines der<br />
verkanntesten und ungewöhnlichsten<br />
Museen von Paris. Es wurde im 18.<br />
Jahrhundert zu Zeiten Ludwigs XV. zu<br />
pädagogischen Zwecken eingerichtet<br />
und zeichnet mit seinen Sammlungen<br />
– die zu den ältesten Europas zählen<br />
– die Geschichte der Medizin vom<br />
Alten Ägypten bis ins 19. Jahrhundert<br />
nach. Ein Besuch dieses originellen und<br />
sympathischen Museums abseits der<br />
ausgetretenen Touristenpfade wartet mit<br />
einigen Überraschungen auf.<br />
INFORMATIONEN ZUR BESTELLUNG<br />
DIESER UND ANDERER AUSGABEN<br />
FINDEN SIE AUF SEITE 90.<br />
Frankreich erleben · <strong>Herbst</strong> <strong>2016</strong> · 47
DAS RESERVAT DER<br />
GLÜCKLICHEN TIERE<br />
Ich war nie ein Freund von zoologischen Gärten. Für mich gibt es<br />
keinen Grund, warum man wilde Tiere in Käfige sperren sollte. Man<br />
hat den Eindruck, die Menschen sperren sie darin ein, weil sie sich<br />
vor ihnen schützen wollen. Also habe ich Zoos immer gemieden.<br />
Doch das gehört der Vergangenheit an, einer Zeit, bevor ich im<br />
Rahmen einer Reportage für Frankreich erleben das Réserve africaine<br />
de Sigean entdeckt habe … Heute erzähle ich Ihnen nun,<br />
wie das gekommen ist.
UNTERWEGS IN FRANKREICH Sigean<br />
Am Morgen des 4. Mai <strong>2016</strong> sind im Réserve africaine<br />
de Sigean, das einige Kilometer südwestlich<br />
von Narbonne liegt, vier Gepardenbabys auf die<br />
Welt gekommen. Noch vor einigen Monaten hätte ich diese<br />
Nachricht überhaupt nicht wahrgenommen. Da ich seit<br />
meinem Besuch jedoch den Newsletter des Tierparks<br />
abonniert habe, landete diese Information direkt in meiner<br />
Mailbox. Beim Lesen stellte ich fest, dass mich das, was ich<br />
las, zutiefst berührte, mir vor dem Bildschirm ein Lächeln<br />
entlockte und mich für einige Augenblicke dem Alltag<br />
entfliehen ließ. Ich stellte mir diese in Sigean so heiß ersehnten<br />
kleinen Fellknäuel vor und das immense Glück,<br />
das die Tierpfleger verspürt haben müssen.<br />
Vor einigen Monaten hatte ich die Aufgabe übernommen,<br />
einen Artikel über das Réserve africaine de<br />
Sigean zu schreiben. Dies war für mich eigentlich recht<br />
ungewöhnlich, denn die Besuche solcher Einrichtungen<br />
in meiner Kindheit waren mir in unschöner Erinnerung<br />
geblieben; als Erwachsener hatte ich mich daher immer<br />
gesträubt, einen Zoo zu betreten. Allerdings muss ich zugeben,<br />
dass ich im Laufe der Jahre mehrfach sehr positive<br />
Aussagen über diesen Ort gehört habe. Die Tatsache, dass<br />
diese sowohl von regelmäßigen Zoobesuchern als auch<br />
von Menschen kamen, die wie ich solchen Tierparks eher<br />
skeptisch gegenüberstanden, hatte meine Neugier geweckt,<br />
und so habe ich mir einige Informationen über das<br />
Réserve africaine de Sigean besorgt.<br />
Zunächst entnahm ich der Präsentation, dass man in<br />
diesem Zusammenhang nicht von einem « Zoo », sondern<br />
von einem « Reservat » spricht. « Wieder einmal eine politisch<br />
korrekte Art, die Realität zu kaschieren. Ein Zoo<br />
ist ein Zoo, die Tiere sind in Käfigen… », schoss es mir<br />
damals spontan durch den Kopf. Falsch gedacht! Ich<br />
musste schnell erkennen, dass der « Zoo » als solcher sich<br />
50 · Frankreich erleben · <strong>Herbst</strong> <strong>2016</strong>
in den letzten Jahrzehnten weiterentwickelt hatte. Dies<br />
gilt besonders für eine Einrichtung wie die in Sigean. Die<br />
Vorstellung, die ich von dem hatte, was ich nach wie vor<br />
« Zoo » nannte, sollte sich schnell als überholt erweisen!<br />
Überrascht hat mich ebenfalls die Größe des sogenannten<br />
Reservats: 300 Hektar. 300.000 Quadratmeter,<br />
mehr als neunmal so groß wie der Berliner Zoo, der als<br />
eine der Referenzen in Europa gilt. Das war viel mehr, als<br />
ich mir hätte träumen lassen. Noch erstaunlicher ist die<br />
Tatsache, dass auf diesen 300 Hektar « nur » 3800 Tiere<br />
leben, also durchschnittlich nicht einmal 13 pro Hektar.<br />
Zum Vergleich: Der Berliner Zoo beherbergt 18.<strong>60</strong>0<br />
Tiere, was einem Durchschnitt von mehr als 5<strong>60</strong> Tieren<br />
pro Hektar entspricht! Man muss diese Zahlen sicherlich<br />
relativieren, denn ein Mittelwert kann nicht immer<br />
alles erklären. Er verdeutlicht jedoch besser, dass Sigean<br />
wirklich etwas Besonderes ist, und er verleiht dem Begriff<br />
« Reservat » seine Berechtigung. Ich musste mich also mit<br />
dem Gedanken anfreunden, dass meine Vorstellung von<br />
einem Zoo mit engen Käfigen und unglücklichen Tieren<br />
möglicherweise überholt war …<br />
Als ich schließlich meinen Besuch im Réserve africaine<br />
de Sigean telefonisch vorbereitete, machten mich einige<br />
Begriffe stutzig, die fielen, wenn die Mitarbeiter von<br />
ihrer Arbeit und der Philosophie des Reservats sprachen:<br />
Wohlbefinden der Tiere, Respekt, Schutz, Arterhaltung,<br />
Studien, Wissen … Dies alles schien offensichtlich vom<br />
merkantilen Aspekt der Zoos aus meiner Kindheit meilenweit<br />
entfernt zu sein.<br />
Ausgerüstet mit all diesen Informationen und mit dem<br />
festen Willen, mir eine umfassende Meinung zu bilden,<br />
machte ich mich also auf, dieses besondere Reservat zu erkunden.<br />
Und nach dem Besuch kann es nun vorkommen,<br />
dass mich eine E-Mail mit der Information über die Ge-<br />
Frankreich erleben · <strong>Herbst</strong> <strong>2016</strong> · 51
UNTERWEGS IN FRANKREICH Sigean<br />
burt von vier Gepardenjungen ausgesprochen berührt …<br />
Beim Lesen dieser Nachricht musste ich unweigerlich<br />
an das Gespräch denken, das ich vor Ort mit Cyril Vaccaro<br />
geführt hatte. Wenn der junge Mann im Alltag nach<br />
seinem Beruf gefragt wird, antwortet er immer etwas lapidar<br />
mit « Tierpfleger ». Genauer gesagt ist er einer der Verantwortlichen<br />
für den « Bereich Fleischfresser ». Darunter<br />
fallen die fünf fleischfressenden Tierarten, die im Reservat<br />
leben: Erdmännchen, Löwen, Bären, Geparden und<br />
Afrikanische Wildhunde. Mit seinen Kollegen verteilt er<br />
täglich – unter anderem – 75 kg Fleisch bester Qualität:<br />
rotes Fleisch (Rind) und weißes Fleisch (Huhn). Man<br />
kann sich vorstellen, dass dies kein Beruf wie alle anderen<br />
ist. Aber Cyril ist hier voll in seinem Element: « Ich habe<br />
als Saisonarbeiter begonnen und dabei entdeckt, dass ich<br />
mich zu den Fleischfressern sehr hingezogen fühle. »<br />
Vor allem die Löwen haben es ihm angetan. Die Art,<br />
wie sie sich fortbewegen, ihre Art zu leben, ihre Beziehungen<br />
untereinander. Man muss Cyril gesehen haben,<br />
wie er sie beobachtet und uns dann aufklärt, wenn wir<br />
unser Erstaunen darüber äußern, dass sie sich alle auf<br />
einem Hügel versammelt haben: « Das ist normal, es<br />
sind schließlich Raubtiere. Sie lieben es, die Übersicht<br />
über ihr Territorium zu haben. » Dann zählt er alle ihre<br />
Vornamen auf. Sein Blick verrät, dass es für ihn mehr als<br />
« nur » Arbeit ist. Es ist eine echte Leidenschaft, die oft<br />
mit emotionalen Erlebnissen verbunden ist. Aus gutem<br />
Grund: Cyril hat quasi die Geburt all dieser Löwen hier<br />
miterlebt. Ich erfahre von ihm, dass Löwen keine festen<br />
Paarungszeiten haben, sondern sich das ganze Jahr über<br />
paaren können. Demzufolge kann es quasi das ganze Jahr<br />
über zu Geburten kommen. Innerhalb eines Rudels haben<br />
die Tiere allerdings denselben Rhythmus. Die Weibchen<br />
werden ungefähr gleichzeitig läufig und bekommen ihre<br />
Jungen dann ebenfalls zur selben Zeit. Dadurch hat ein<br />
Teil von ihnen die Möglichkeit, auf die Jagd zu gehen,<br />
während andere auf den Nachwuchs aufpassen. Die Natur<br />
hat also schon viel früher als die Menschen das Prinzip<br />
der Kinderkrippe erfunden!<br />
Cyril hat mir anvertraut, dass der emotionalste Moment<br />
im Reservat für ihn der gewesen sei, als er beim<br />
Decken der Gepardenweibchen dabei sein konnte. « Dies<br />
ist sehr selten. Man kann hier ein, zwei oder sogar drei<br />
Jahre arbeiten, bevor man dies miterlebt », erläutert er. Der<br />
Grund ist einfach: Die Weibchen sind Einzelgängerinnen<br />
und ertragen die Anwesenheit eines Männchens nur,<br />
wenn sie gerade läufig sind. Um ein Weibchen decken lassen<br />
zu können, muss man in der Lage sein, zu erkennen,<br />
wann dieser Moment gekommen ist – wobei die Läufigkeit<br />
bei Geparden sehr diskret abläuft –, um ihnen dann im<br />
richtigen Moment ein Männchen zu präsentieren. Dafür<br />
sind Geduld und Präzision nötig! Deshalb kann ich heute<br />
problemlos nachvollziehen, welche Freude die Pfleger in<br />
Sigean bei der Geburt der vier Gepardenbabys empfunden<br />
haben müssen. 2015 ist nur in zwölf europäischen Tierparks<br />
die Reproduktion dieser Raubkatzen gelungen.<br />
Man könnte meinen, der Hauptzweck des Parks sei,<br />
die überwiegend afrikanische Fauna, die um einige Repräsentanten<br />
anderer Kontinente erweitert wurde, den mehr<br />
als 300.000 Besuchern pro Jahr zu präsentieren. Doch<br />
dem ist nicht so. Die wichtigsten Aufgaben des Réserve<br />
africaine de Sigean sind vermutlich die Erhaltung und der<br />
Schutz bestimmter Spezies. In der freien Natur nimmt der<br />
Bestand von mehr und mehr Tierarten immer schneller<br />
ab. Deshalb haben Geburten eine so besondere Bedeutung.<br />
Und in Sigean sind sie zahlreich: mehr als 10.000<br />
innerhalb von 40 Jahren! Neben den Geparden zeichnen<br />
sich dabei noch andere freudige Ereignisse durch ihre<br />
Seltenheit aus: Rötelpelikane, Somalische Wildesel, Afrikanische<br />
Windhunde … Alle diese Spezies sind bedroht,<br />
und jede einzelne Geburt ist ein Ereignis auf internationaler<br />
Ebene. Und im Anschluss werden viele dieser Tiere<br />
dann mit anderen Tierparks in Europa ausgetauscht, um<br />
das Überleben bedrohter Arten zu sichern und Risiken<br />
durch Blutsverwandtschaft auszuschließen.<br />
Die Organisation solcher Programme läuft heutzutage<br />
auf internationaler Ebene ab: Die Giraffen sind beispielsweise<br />
Teil eines europäischen Zuchtprogramms. Der<br />
Verantwortliche des Parks kann jederzeit genau nachvollziehen,<br />
wie viele Giraffenbullen und -kühe es in Europa<br />
gibt. Jährliche Empfehlungen sollen eine optimale Fortpflanzung<br />
gewährleisten. Jedem Park steht es frei, sich mit<br />
einem beliebigen anderen in Verbindung zu setzen und das<br />
Decken zu organisieren. Sigean arrangiert sich oft mit dem<br />
Berliner Zoo, indem es ein bestimmtes Tier eine Zeit lang<br />
verleiht oder ein Tier von dort ausleiht, bis es zu einer Paarung<br />
kommt. Dies ist nicht immer einfach, denn die Tiere<br />
müssen zunächst überhaupt Lust dazu haben … Alle diese<br />
Austausche erfolgen kostenlos. Laut internationalem Recht<br />
darf ein Tier nicht als Handelsware eingestuft werden.<br />
Dank dieser Vorgehensweise können bedrohte Tierarten<br />
geschützt werden, und mittlerweile gibt es einige, die in<br />
zoologischen Einrichtungen zahlreicher als in der freien<br />
Wildbahn sind: Im Reservat von Sigean leben beispielsweise<br />
heute mehr Kragenbären als in der Tibet-Hochebene.<br />
Christophe Jodar ist ebenfalls einer der Pfleger des<br />
Reservats, mit denen ich gesprochen habe. Er kümmert<br />
sich seinerseits um Giraffen, Mufflons und die lustigen<br />
und sympathischen kleinen Erdmännchen. Man nennt<br />
ihn hier den « Erdmännchen-Flüsterer ». Mit einem bestimmten<br />
Schrei gelingt es ihm, dass sie sich aufrichten,<br />
indem sie sich auf die Hinterbeine stellen und so die berühmte<br />
Wartestellung einnehmen, die man vor allem aus<br />
Zeichentrickfilmen kennt. Alle ohne Ausnahme haben<br />
sich ihm zugewendet und scheinen an seinen Lippen zu<br />
hängen. Ein erstaunlicher Moment! Man versteht, dass<br />
die Tiere eine enge Beziehung zu ihren Pflegern haben.<br />
Christophe erklärt mir, dass die Fütterung in der Regel<br />
vormittags gegen 10.30 Uhr stattfindet. Neben dem<br />
Fleisch für die Raubtiere werden täglich knapp 3 Tonnen<br />
Nahrung ausgegeben, darunter rund 300 Kilogramm<br />
Obst und Gemüse, 150 Kilogramm Brot und Zwieback,<br />
52 · Frankreich erleben · <strong>Herbst</strong> <strong>2016</strong>
Das mehr als 300 Hektar große Reservat bietet den Tieren ein naturnahes, weitläufiges Umfeld, sodass<br />
sie ein Leben wie in der Wildnis führen können. Sowohl in den Bereichen, die mit dem Fahrzeug<br />
zugänglich sind, als auch im begehbaren Teil können sie sich so ganz natürlich verhalten.<br />
Frankreich erleben · <strong>Herbst</strong> <strong>2016</strong> · 53
UNTERWEGS IN FRANKREICH Sigean<br />
Die von den Primaten des Reservats gemalten Bilder lassen nicht unberührt. « Die Kunst der Affen » weckt<br />
im Übrigen seit den Fünfzigerjahren die Neugierde – selbst von Malern wie Dali und Picasso. Ohne jede<br />
Anerkennung von außen widmen sich die Tiere ihren Werken, als wollten sie eine visuelle Spur hinterlassen.<br />
Dabei legen sie einen zwar einfachen, aber sehr charakteristischen Sinn für Ästhetik an den Tag.<br />
100 Kilogramm Fisch, 500 Kilogramm Körner und Granulat<br />
und mehr als 1500 Kilogramm Trockenfutter.<br />
In dem Teil des Parks, den man mit dem Fahrzeug<br />
erkunden kann und in dem sich die Tiere in Halbfreiheit<br />
bewegen, sind die meisten Spezies Pflanzenfresser. Sie<br />
finden daher im Laufe des Tages in der ausgedehnten<br />
Weite ihrer Gehege genügend Nahrung. Dies ist auch der<br />
Gedanke des Reservats: Die Tiere sollen nicht wie in einem<br />
klassischen Zoo « eingesperrt » sein, sondern über so<br />
viel Platz wie möglich verfügen. Sie sollen sich immer von<br />
den Besuchern isolieren können. Alles ist so angelegt, dass<br />
sie die Möglichkeit haben, soziale Gruppen zu bilden, so<br />
wie dies in Freiheit der Fall wäre. Das Réserve africaine<br />
de Sigean ist eine der raren Einrichtungen, die den Tieren<br />
eine derart große Fläche bieten kann. Forscher, vor allem<br />
Ethnologen, wissen dies zu schätzen: Sie erkennen an,<br />
dass sie in Sigean Herden vorfinden, die auf ausgedehnten<br />
natürlichen Territorien und unter Bedingungen leben, die<br />
denen ihres natürlichen Lebensraumes gleichen.<br />
Am spektakulärsten, vor allem für Kinder, ist die Fahrt<br />
mit dem Auto durch die Gehege der Bären und Löwen.<br />
Die kleinen Besucher sind einerseits entzückt darüber,<br />
diesen Tieren so nahe zu kommen, haben aber andererseits<br />
ein wenig Angst – und das nicht zu Unrecht –, wenn<br />
sie feststellen, dass es sich dabei tatsächlich um wilde Tiere<br />
handelt. Zum Glück! Mich persönlich haben im Reservat<br />
jedoch die Schimpansen am meisten beeindruckt. In<br />
einem Gebäude der Anlage gibt es eine Ausstellung mit<br />
Bildern, die alle einen ganz besonderen Stil aufweisen und<br />
eine Gemeinsamkeit haben: Sie wurden von Schimpansen<br />
gemalt … Am Anfang stand ein Experiment: Man hat<br />
ihnen ein großes Blatt Papier und Farbstifte gegeben und<br />
dann künstlerische Freiheit gelassen. Denn es handelt sich<br />
hier tatsächlich um künstlerische Kreationen. Die Formen<br />
und Farben erinnern unweigerlich an unsere eigene<br />
Denkweise. Das ist auf der einen Seite verwirrend, auf der<br />
anderen aber auch berührend!<br />
Wie alle Primaten haben diese Tiere Angst vor dem<br />
Wasser und leben auf einer riesigen bewachsenen Insel,<br />
die als natürliche Barriere dient. Man kann sie nur aus der<br />
Entfernung von zu diesem Zweck eingerichteten Beobachtungsposten<br />
aus betrachten, wobei man sich so diskret<br />
wie möglich verhalten sollte, um die Tiere nicht zu stören.<br />
Das Prinzip besteht darin, niemals, oder fast niemals,<br />
in direkten Kontakt mit ihnen zu treten, damit sie ihr<br />
Leben so wie in Freiheit organisieren können. Die Einschränkung<br />
gilt selbst für die Pfleger. An einem Beobachtungsposten<br />
erläutern Schilder verschiedene Gesten, die<br />
Schimpansen ausführen können. Dabei erfahre ich, dass<br />
es für einen Schimpansen riskant ist, wenn er mit dem<br />
Zeigefinger auf einen anderen deutet, da er damit diesen<br />
Körperteil einem Bissrisiko aussetzt. Für ihn ist das also<br />
eine Geste des Vertrauens. Wenn der andere Schimpanse<br />
dies annimmt, streckt er seinerseits einen Finger aus.<br />
Das bedeutet jedoch nicht, dass ihre Absichten friedlicher<br />
Natur bleiben. Ein Schimpanse kann in einer solchen<br />
Situation jederzeit seine Meinung ändern und angreifen.<br />
Dies zu lesen, ist bereits interessant. Es jedoch dann mit<br />
eigenen Augen bei den Schimpansen auf der Insel beobachten<br />
zu können, ist ein seltener und außergewöhnlicher<br />
Augenblick.<br />
Eine der Stärken des Réserve africaine de Sigean ist,<br />
dass die Tiere hier nach Ansicht der Experten glücklich<br />
zu sein scheinen. Selbstverständlich ist ein Tier nur in<br />
seinem natürlichen Umfeld wirklich an seinem richtigen<br />
Platz. Das Reservat in Sigean hat mir jedoch gezeigt, dass<br />
ein solcher « Zoo » durchaus um ihr Wohlbefinden besorgt<br />
sein und zu ihrer Erhaltung beitragen kann. Und sicher<br />
ist, dass ich seit diesem Besuch solche Einrichtungen mit<br />
anderen Augen sehe …<br />
54 · Frankreich erleben · <strong>Herbst</strong> <strong>2016</strong>
A71/E11<br />
<br />
Man erreicht das Réserve Montalivetafricaine<br />
de Sigean über die Autobahn A9.<br />
Aus Richtung Perpignan nimmt man<br />
die Ausfahrt <strong>Nr</strong>. 39 (Sigean) und dann<br />
die D<strong>60</strong>09 (Richtung Narbonne); aus<br />
Le Porge<br />
Richt ung Montpellier bzw. Toulouse Bordeaux<br />
nimmt man die Ausfahrt <strong>Nr</strong>. 38 (Narbonne<br />
Sud) und dann ebenfalls die<br />
Cap-Ferret<br />
D<strong>60</strong>09 (Richtung Sigean/Perpignan).<br />
Sigean …<br />
Mimizan<br />
… Berlin 1.634 km … Hamburg 1.587 km<br />
… Köln 1.152 km … München 1.143 km<br />
E5-E70/A63<br />
… Wien 1.591 km … Zürich 840 km<br />
Öster reich eine Direktverbindung.<br />
Aller dings bietet Chalair von Genf aus<br />
Di rekt flüge Pamplona dorthin an. Direktflüge<br />
Spanien<br />
aus Deutsch land, Österreich und<br />
der Schweiz gibt es zum Flughafen in<br />
Montpellier (118 km).<br />
Die nächstgelegenen Bahnhöfe sind<br />
in Port-la-Nouvelle (11 km) und Narbon<br />
ne (17 km).<br />
E<strong>60</strong>2/A837<br />
France<br />
Angoulême<br />
Der Eintritt kostet 32 Euro pro Person<br />
für Erwachsene und 23 Euro für<br />
Kinder (4 - 14 Jahre).<br />
Dieser Preis mag hoch erscheinen.<br />
Nach einem Tag im Reservat sagt<br />
man sich jedoch, dass er im Hinblick<br />
Toulouse<br />
auf die Qualität der Einrichtungen,<br />
den Umgang mit den Tieren, die Anzahl<br />
der zu entdeckenden Tierarten<br />
und die Fläche des Reservats wirklich<br />
ge recht fertigt ist, zumal der Tierpark<br />
kein er lei Subventionen erhält.<br />
Andorre<br />
Das Reservat besteht aus zwei Teilen.<br />
Der erste Teil mit acht Gehegen (drei<br />
mit Busch land, drei mit Savanne, ein<br />
es für Löwen und eines für Bären)<br />
Limoges<br />
wird mit dem eigenen Fahrzeug<br />
besichtigt. Der zweite Teil ist ein<br />
großer Park, den man zu Fuß begeht.<br />
www.reserveafricainesigean.fr<br />
Ein Tipp: Nutzen Sie den kühleren Vormittag,<br />
um den zu Fuß begehbaren<br />
Périgueux<br />
Tulle<br />
Réserve africaine de Sigean<br />
Brive-la-Gaillarde Teil zu erkunden, und setzen Sie den<br />
19, chemin Hameau A89/E70 du lac<br />
Be such dann nachmittags mit dem<br />
E5/A10<br />
Beaulieu-sur-Dordogne<br />
RD <strong>60</strong>09, 11130 Sigean<br />
Auto fort. Bei dieser Reihenfolge<br />
Aurillac<br />
Telefon: + 33 (0)4 68 48 20 20 Sarlat-le-Canédabewegen Sie sich zudem gegen den<br />
Be sucher strom, da die meisten in der<br />
A52/E72 Das Reservat öffnet täglich um 9.00<br />
Re gel zuerst die Bären und Löwen mit<br />
Uhr und schließt je nach Jahreszeit<br />
dem Auto besuchen.<br />
zwischen 16.00 Uhr und 18.30 Uhr.<br />
Bei der Fahrt mit Ihrem Fahrzeug müssen<br />
Sie selbstverständlich die Scheiben<br />
vollständig schließen, und Sie<br />
dürfen die Tiere nicht füttern.<br />
Eine Besichtigung mit Cabrio, Motorrad<br />
oder Fahrrad ist nicht<br />
A75/E11<br />
gestattet.<br />
Limoux<br />
France<br />
A89/E70<br />
A81/E80<br />
Céret<br />
Perpignan<br />
Espagne<br />
Von Düsseldorf aus kann man mit<br />
Hossegor<br />
Ryanair direkt zum nächstgelegenen<br />
Flughafen in Biarritz Béziers Bayonne (45 km) fliegen.<br />
Zum Hendaye<br />
A64/E80<br />
etwas weiter entfernt liegenden<br />
Sare<br />
Flug hafen Perpignan (51 km) gibt es<br />
Donostia-<br />
Pau<br />
we der S. Sebastian aus Deutschland noch aus<br />
Clermont-<br />
Ferrand<br />
A75/E11<br />
le Mont-Dore<br />
Narbonne<br />
A9/E15<br />
AP7/E15<br />
Puy de Dôme<br />
Lodève<br />
A9/E15<br />
Bézier<br />
Sigean<br />
Collioure<br />
A72/E70<br />
Montpellier<br />
LESETIPPS FÜR AUSFLÜGE IN DIE UMGEBUNG<br />
Ausgabe <strong>Nr</strong>. 59: Languedoc-Roussillon<br />
Überraschende Mittelmeerregion<br />
Dieses Gebiet erstreckt sich wie ein<br />
geografischer Kreisbogen um die Küste, es<br />
ist wie ein natürliches Amphitheater, das sich<br />
zum Mittelmeer hin öffnet. Folgen Sie unserer<br />
Route, die sich über etwas mehr als 300<br />
Kilometer zwischen Montpellier und den Pyrenäen erstreckt, und<br />
lassen Sie sich überraschen.<br />
Ausgabe <strong>Nr</strong>. 56: Perpignan: Frankreichs<br />
katalanische Seele (48 km entfernt)<br />
Mit seinen knapp 120.000 Einwohnern zählt Perpignan<br />
nicht zu Frankreichs größten Städten.<br />
Trotzdem ist die Haupt stadt des De partements<br />
Pyrénées-Atlan ti ques eine ganz beson<br />
dere Stadt im Land. Der Grund liegt nicht<br />
in ihrer Größe, sondern in ihren kulturellen Wur zeln. Perpignan<br />
ist so etwas wie ein Vorbote katalanischer Kul tur nördlich der<br />
Pyrenäen. Das Lebensgefühl in der Stadt ähnelt mehr dem in<br />
Barcelona als dem in Paris. Doch auch die nun schon 350 Jahre<br />
dauernde Verbundenheit zu Frankreich zeigt sich in der Stadt.<br />
Ausgabe <strong>Nr</strong>. 57: Carcassonne: Imponierende<br />
Festungsstadt des Mittelalters (72 km entfernt)<br />
Mit ihrer drei Kilometer langen doppelten Befestigungs<br />
mauer und ihren rund fünfzig Tür men<br />
bietet die Cité de Carcassonne ein im po santes<br />
Bild. Ihre Lage auf dem Hü gel oberhalb<br />
des Vallée de l’Aude, an einer strategischen<br />
Kreuzung der Achsen zwischen Atlantik und<br />
Mittelmeer sowie zwi schen Zentralmassiv<br />
und Spanien, flößt Respekt ein und zeugt von der bewegten<br />
Geschichte der Region.<br />
INFORMATIONEN ZUR BESTELLUNG DIESER UND ANDERER AUSGABEN FINDEN SIE AUF SEITE 90.<br />
Frankreich erleben · <strong>Herbst</strong> <strong>2016</strong> · 55
UNTERWEGS IN FRANKREICH Val de Loire<br />
Grange<br />
de Meslay<br />
Von der Holzkathedrale zum Musiktempel<br />
In der Region Centre-Val de Loire, knapp zehn<br />
Kilometer nordöstlich von Tours, steht inmitten von<br />
Feldern ein bemerkenswertes und erstaunliches<br />
Gebäude aus dem 13. Jahrhundert: die Grange<br />
de Meslay. Dieser Ort, der weit von den bekannten<br />
touristischen Pfaden entfernt liegt, ist nicht nur eines<br />
der besterhaltenen Klostergebäude für landwirtschaftliche<br />
Zwecke in Frankreich – beziehungsweise<br />
sogar in Europa –, sondern er beherbergt darüber<br />
hinaus einen der schönsten Konzertsäle des Landes.<br />
Seit mehr als 50 Jahren findet hier jährlich ein<br />
klassisches Musikfestival statt, das in seiner Art<br />
einmalig ist und bei dem renommierte Interpreten aus<br />
aller Welt ganz unkompliziert ihre Kunst darbieten.<br />
Ein kaum hörbares Rascheln, ein kaum wahrnehmbarer Luftzug.<br />
So diskret, dass das Publikum – immerhin knapp tausend Personen<br />
–, das ganz konzentriert der Klaviersonate <strong>Nr</strong>. 18 Es-Dur<br />
von Ludwig van Beethoven lauscht, dies gar nicht bemerkt zu haben<br />
scheint. Eine Eule – oder ein Uhu, in der Dunkelheit ist dies schwer<br />
festzustellen – hat mehrmals majestätisch und geräuschlos die Scheune<br />
in ihrer ganzen Länge durchquert. Davon unbeeindruckt setzt der berühmte<br />
norwegische Pianist Leif Ove Andsnes, der gewöhnlich in den<br />
größten Konzertsälen der Welt auftritt, sein Spiel fort und entlockt dem<br />
herrlichen Steinway auf der Bühne wohltemperierte Klänge, und man<br />
hat den Eindruck, die Zeit würde stillstehen. Am Ende seines Fluges<br />
setzt sich der Nachtvogel auf einen der Eichenbalken des unglaublichen<br />
Dachstuhls der Scheune. Man fragt sich, ob auch er dem Konzert<br />
lauscht und gleichzeitig darüber erstaunt ist, dass sein Universum, das<br />
normalerweise nachts menschenleer ist, für die Dauer einiger Tage in<br />
einen der schönsten und ausgefallensten Konzertsäle Frankreichs verwandelt<br />
wurde. Und dies Jahr für Jahr, seit nunmehr 52 Jahren.<br />
56 · Frankreich erleben · <strong>Herbst</strong> <strong>2016</strong>
Frankreich erleben · <strong>Herbst</strong> <strong>2016</strong> · 57
UNTERWEGS IN FRANKREICH Val de Loire<br />
Von oben nach unten und von<br />
links nach rechts: Sviatoslav<br />
Richter bei seinem ersten<br />
Besuch in der Grange de<br />
Meslay; auf dem Quai des<br />
Bahnhofs in Saint-Pierre-des-<br />
Corps; Jessye Norman 1982 bei<br />
einem Konzert in der Grange;<br />
Sviatoslav Richter 1993 in der<br />
Grange mit René Martin, der<br />
immer noch künstlerischer Leiter<br />
des Festivals ist; das Via Nova<br />
Quartett spielt mit den Hühnern<br />
der Grange, ein Zeugnis der<br />
lockeren Atmosphäre, die dort<br />
herrscht; ein Konzert in diesem<br />
Sommer in der Grange.<br />
Ein einmaliges Landwirtschaftsgebäude<br />
aus dem 13. Jahrhundert<br />
Wie in so vielen anderen Gebäuden, die in Europa im<br />
Umfeld reicher Abteien gebaut wurden, um die durch die<br />
Bewirtschaftung des dortigen Grund und Bodens produzierten<br />
Erzeugnisse zu lagern, waren in der Grange de<br />
Meslay lange Zeit « nur » Stroh, Heu und Korn untergebracht.<br />
Dabei ist diese Scheune in ihrer Art einzigartig:<br />
Während sich die meisten Abteien mit Speichern viel bescheidenerer<br />
Ausmaße zufriedengaben, haben die Mönche<br />
der nur wenige Kilometer entfernt liegenden, mächtigen<br />
und reichen Abbaye de Marmoutier um 1220 auf einer<br />
Fläche von insgesamt zwei Hektar ein monumentales<br />
Bauwerk, eine regelrechte « Wehr-Burg » errichtet, die mit<br />
einer imposanten Mauer umgeben ist und mehrere Gebäude<br />
umfasst. So entstand diese außergewöhnliche Anlage<br />
mit einer Scheune, die alleine bereits <strong>60</strong> Meter lang und<br />
25 Meter breit ist und auf deren mehr als vier Meter dicken<br />
Mauern ein Ziegeldach mit riesigen Ausmaßen ruht.<br />
Für den – perfekt erhaltenen – Dachstuhl mussten seinerzeit<br />
die schönsten Eichen aus den umliegenden Wäldern<br />
gefällt werden, und noch heute beeindruckt er durch seine<br />
Architektur, die sowohl an eine Kathedrale aus Holz als<br />
auch an ein Meisterwerk des Schiffsbaus erinnert. Zahlreiche<br />
Details zeugen davon, dass die Erbauer beeindrucken<br />
und die Macht der Abtei unterstreichen wollten,<br />
wie dies auch die imposante Rosette auf der gewaltigen<br />
Eingangstür zum Gut zeigt, deren Motiv dem der Rosette<br />
im nördlichen Querschiff der Kathedrale von Chartres<br />
entspricht. In Europa gibt es heute nur noch zwei Scheunen<br />
aus derselben Epoche, die ebenso gut erhalten und<br />
mit der Grange de Meslay vergleichbar sind, obschon sie<br />
wesentlich bescheidenere Ausmaße haben: Vaulerent im<br />
Norden von Paris und Ter Doest in Belgien, in der Nähe<br />
von Bruges. Selbst ohne Konzertbesuch ist die Grange de<br />
Meslay also bereits einen Besuch wert.<br />
Eine nervenaufreibende Auktion bei brennender Kerze<br />
Obwohl die Grange de Meslay ein monumentales Gebäude<br />
war – oder vielleicht gerade weil sie, wie so viele andere<br />
Besitztümer der Kirche, zu auffällig war –, wurde sie<br />
während der Französischen Revolution beschlagnahmt.<br />
Die neu gewählte Nationalversammlung wollte die Macht<br />
der geistlichen Orden einschränken beziehungsweise aus-<br />
58 · Frankreich erleben · <strong>Herbst</strong> <strong>2016</strong>
löschen und beschloss, das Gut inklusive der Scheune zu<br />
verkaufen. Der Verkauf fand am 20. April 1791 in einer<br />
traditionellen Art und Weise statt, nämlich als sogenannte<br />
Vente à la Bougie (Auktion bei brennender Kerze), die<br />
heute noch in Frankreich in bestimmten Fällen praktiziert<br />
wird. Dies ist eine der spektakulärsten und für die Käufer<br />
stressigsten Arten der Versteigerung: Sie beginnt ganz<br />
normal, solange bis niemand mehr überbietet. Nun zündet<br />
der Notar eine erste Kerze beziehungsweise einen Docht<br />
an. Bis dieser abbrennt, dauert es nicht mehr als zwanzig<br />
Sekunden. Passiert in dieser Zeit nichts, wird ein zweiter<br />
Docht angezündet. Ist auch dieser heruntergebrannt, ohne<br />
dass ein weiteres Gebot abgegeben wurde, erhält der letzte<br />
Bieter den versteigerten Gegenstand. Gehen dagegen<br />
während des Abbrennens der Dochte weitere Gebote ein,<br />
wird der Preiskampf fortgesetzt und ein Docht nach dem<br />
anderen angezündet. Der Druck auf die Bieter ist groß, da<br />
es vorkommen kann, dass ein Docht ganz überraschend<br />
erlischt … Dann entscheidet der weiße Rauch unwiderruflich<br />
zugunsten des letzten Bieters. An jenem Tag im Jahr<br />
1791 wurde ein gewisser Monsieur Derouët Eigentümer<br />
der Grange de Meslay. Glücklicherweise handelte es sich<br />
dabei um einen Architekten aus Tours, dessen Intention es<br />
ganz und gar nicht war, die Gebäude abreißen zu lassen,<br />
um sie in einen riesigen Steinbruch unter freiem Himmel<br />
zu verwandeln und mit dem Material neue Bauwerke zu<br />
errichten, so wie dies in der damaligen Zeit oft der Fall<br />
war. Er hatte wohl ein Gespür dafür, dass das Gut eine<br />
interessante Immobilieninvestition sein würde, und wollte<br />
die Grange de Meslay und den Rest des Gutes erhalten.<br />
Eine Familienangelegenheit<br />
Es ist äußerst selten, dass ein Besitz in der Größenordnung<br />
der Grange de Meslay, die heute sogar als Monument<br />
Historique klassifiziert ist, in den Händen ein und<br />
derselben Familie bleibt. Und doch ist Patrick Lefebvre,<br />
der sie heute mit seiner Frau Claire unterhält und verwaltet,<br />
ein Nachfahre des Käufers aus dem Jahr 1791.<br />
Verständlicherweise sind die beiden von dem Ort total<br />
begeistert und leben in einem angrenzenden Haus. « Ich<br />
wurde vor 73 Jahren in Meslay geboren », präzisiert Patrick,<br />
den man problemlos zehn Jahre jünger schätzen<br />
würde. Sein Vater, ein Industrieller und Geschäftsmann,<br />
der den Großteil seiner Zeit in Paris verbrachte, hat ihm<br />
das gesamte Gut vermacht. Ein bemerkenswertes Erbe,<br />
Frankreich erleben · <strong>Herbst</strong> <strong>2016</strong> · 59
UNTERWEGS IN FRANKREICH Val de Loire<br />
Von links nach<br />
rechts: Einer der<br />
renommiertesten<br />
Klavierstimmer,<br />
Denijs de Winter,<br />
kümmert sich vor<br />
jedem Konzert<br />
um die letzten<br />
Abstimmungen;<br />
der norwegische<br />
Pianist Leif Ove<br />
Andsnes bei<br />
einem Konzert<br />
in diesem Jahr;<br />
die freiwilligen<br />
Helfer beim<br />
Bearbeiten der<br />
Post; Patrick und<br />
Claire Lefebvre,<br />
die Besitzer<br />
der Grange.<br />
aber gleichzeitig ein folgenschweres, wie Patrick erläutert:<br />
« Das ganze Erbe meines Vaters ist in die Renovierung<br />
geflossen. Der Unterhalt von Meslay ist immens. Ständig<br />
fallen neue Arbeiten an. Alleine der Dachdecker arbeitet<br />
jedes Jahr drei bis sechs Wochen hier … » Vor allem<br />
eines ist Patrick schnell klar geworden: Das Gut ist mit<br />
130 Hektar zwar groß, doch <strong>60</strong> Hektar davon sind Wald,<br />
sodass die landwirtschaftlich nutzbaren Flächen nicht<br />
ausreichen, um die Kosten zu decken. Also war es wichtig,<br />
andere Einkommensquellen zu finden. Da war es ein<br />
fast unglaubliches Zeichen des Himmels, dass es zu einer<br />
entscheidenden Begegnung kam, die das Schicksal der<br />
Grange de Meslay gravierend veränderte.<br />
Einer der größten Pianisten des<br />
20. Jahrhunderts ist Feuer und Flamme<br />
Anfang der <strong>60</strong>er-Jahre unternahm der berühmte russische<br />
Pianist Sviatoslav Richter (1915-1997), der damals<br />
bereits als einer der größten Musiker des 20. Jahrhunderts<br />
galt, eine Frankreichtournee. Französische Freunde hatten<br />
von der Touraine geschwärmt, und da er neugierig geworden<br />
war, wollte er dort die berühmten Schlösser besuchen<br />
und sich gleichzeitig nach Möglichkeiten für Konzerte<br />
umsehen. Im Laufe der Besichtigungen war er jedoch<br />
immer mehr von der mangelhaften Akustik der Orte und<br />
dem, für sein Empfinden, oft zu spektakulären Aussehen<br />
enttäuscht. Richter gehörte zu den Menschen, die einfachen<br />
Dingen manchmal eine größere Bedeutung beimessen<br />
und sie daher bevorzugen. Für ihn konnte das Erfolgsrezept<br />
eines Konzertes ganz unspektakulär sein: « Nehmen<br />
Sie ein Klavier, laden Sie es auf einen Lkw und fahren Sie<br />
übers Land », schrieb er. « Lassen Sie sich Zeit, erkunden<br />
Sie die Gegend und halten Sie an einem netten Ort mit<br />
einer schönen Kirche an. Laden Sie das Klavier ab, unterhalten<br />
Sie sich mit den Einwohnern, geben Sie ein Konzert,<br />
schenken Sie den Menschen, die freundlicherweise<br />
gekommen sind, Blumen und fahren Sie wieder ab. » Als<br />
er in Tours ein Konzert gab, erzählte ihm Pierre Boille,<br />
ein befreundeter Architekt, von einer Scheune aus dem<br />
13. Jahrhundert ganz in der Nähe, die seinen Ansprüchen<br />
zu genügen schien: Es war die Grange de Meslay. Richter<br />
beschloss, unverzüglich dorthin zu fahren. Das war 1963,<br />
Mitte November, es war kalt und regnerisch und vermutlich<br />
der ungeeignetste Zeitpunkt, um diesen Ort zu besichtigen.<br />
Dessen ungeachtet war Richter bereits beim Betreten<br />
der Scheune Feuer und Flamme und beschloss, dort<br />
ein Festival der klassischen Musik zu veranstalten: « Als<br />
ich in die Scheune kam, war diese voll mit der Heuernte<br />
des Jahres, und überall lief Geflügel herum; trotzdem war<br />
ich auf der Stelle begeistert. » Am Ende seines Besuches<br />
äußerte sich Richter – zwischen Stroh und Hühnermist –<br />
eindeutig: « Hier will ich spielen! » Am 23. Juni 1964 gab<br />
der Maestro sein erstes Konzert und lancierte das Festival<br />
de la Grange de Meslay, das heute einen internationalen Ruf<br />
genießt. So hat Richters Begeisterung die Bestimmung<br />
der Scheune entscheidend verändert und die Holzkathedrale<br />
für die Lagerung von Weizen im Laufe der Jahre in<br />
einen regelrechten Musiktempel verwandelt.<br />
Eine Scheune als Symbol für<br />
musikalische Höchstleistungen<br />
Für den Hausherrn Patrick Lefebvre war diese Begegnung<br />
ein Wink des Schicksals. In den ersten Jahren stellte<br />
er die Grange de Meslay für das Festival zwar kostenlos<br />
zur Verfügung, doch der Erfolg der Veranstaltung bestärkte<br />
ihn darin, diesen einzigartigen Ort der Öffentlichkeit<br />
zugänglich zu machen. Da der landwirtschaftliche Betrieb<br />
den Unterhalt der Scheune nicht sicherstellen konnte,<br />
visierte er eine Neuorientierung in Richtung Kultur und<br />
Vermietung an. Patrick und Claire verbrachten viel Zeit<br />
damit, in den Gebäuden Stromkästen, Generatoren und<br />
Verstärkeranlagen zu installieren, damit sie sowohl für<br />
<strong>60</strong> · Frankreich erleben · <strong>Herbst</strong> <strong>2016</strong>
das Festival als auch für Ausstellungen und private Veranstaltungen<br />
wie Hochzeiten optimale Bedingungen bieten.<br />
Auf Einladung von Richter kamen inzwischen nicht nur<br />
einflussreiche Politiker, sondern vor allem international<br />
renommierte Musiker, Interpreten und Dirigenten in die<br />
Grange de Meslay und machten das Festival zu einem<br />
wichtigen Ereignis. Es war ein enormer Erfolg. Die wunderschöne<br />
Scheune inmitten von Feldern wurde innerhalb<br />
weniger Jahre zu einer Hochburg der Kammermusik in<br />
Europa. So unglaublich dies für die Bewohner der Region<br />
erscheinen mochte, plötzlich besuchten so berühmte<br />
Persönlichkeiten der Musikszene wie Pierre Boulez, Elisabeth<br />
Schwarzkopf, Barbara Hendricks, Jessye Norman<br />
und Dietrich Fischer-Dieskau « ihre Gegend ».<br />
Alle diese Künstler, die normalerweise in viel komfortableren<br />
und renommierteren Sälen auf der ganzen<br />
Welt auftreten, schätzen die besondere Atmosphäre des<br />
Festival de la Grange de Meslay, selbst wenn es dort keine<br />
großartigen Logen gibt, wenn manchmal ein krähender<br />
Hahn ihre Interpretation stört – denn dieser waltet noch<br />
immer mitten im Hof seines Amtes – oder wenn eine Eule<br />
während der Vorstellung durch die Scheune fliegt … Dies<br />
ist Teil der Magie des Festivals, das eindeutig anders als<br />
andere Festivals ist. 1988 hatte Richter die künstlerische<br />
Leitung seinem langjährigen Freund René Martin anvertraut,<br />
der auch nach dem Tod des Maestros im Jahr 1997<br />
dem Festival treu blieb. Er reist unaufhörlich durch die<br />
Weltgeschichte, ist international bekannt und organisiert<br />
jährlich mehr als 2500 Konzerte auf der ganzen Welt.<br />
Doch nach wie vor engagiert und begeistert er sich für die<br />
Grange de Meslay, und das Festival hat ihm inzwischen<br />
viel zu verdanken: Anspruchsvolle Künstler vertrauen ihm<br />
blind und kommen Jahr für Jahr, um in Meslay aufzutreten.<br />
Manche sehen in der Einladung sogar ein Zeichen<br />
besonderer Anerkennung. Seine Verbundenheit mit der<br />
Scheune erklärt René Martin folgendermaßen: « Musik ist<br />
etwas Besonderes, aber sie benötigt einen Raum, um sich<br />
auszudrücken. Ich habe immer sehr sensibel auf Orte reagiert,<br />
und Meslay ist einzigartig. Selbst wenn die Akustik<br />
einer Scheune technisch nicht die beste ist, so sorgt<br />
dieses unvergleichliche Umfeld für besonders emotionale<br />
Augenblicke. »<br />
Gérard, Michel, Danielle, Jean-Claude,<br />
Josiane, Jean-Luc und all die anderen …<br />
Was heute, über die international anerkannte, hochwertige<br />
Programmgestaltung hinaus, den Erfolg des Festival<br />
de la Grange de Meslay ausmacht, ist das Ambiente, das<br />
dort herrscht. Seit den ersten Auflagen wird das Festival<br />
von einem tollen Team ehrenamtlicher Helfer getragen,<br />
von denen die meisten von Anfang an dabei waren. Egal<br />
ob ehemaliger Lehrer oder Ingenieur, ob Koch, Caterer,<br />
Fotograf oder Rentner: Alle tragen heute noch mit derselben<br />
Freigiebigkeit und demselben Eifer zum Erfolg des<br />
Festivals bei. Man merkt sehr schnell, dass es sich hier<br />
um mehr als « nur » einen Verein handelt, der anlässlich<br />
des Festivals ins Leben gerufen wurde, es ist eine große<br />
Familie.<br />
Gérard Proust war 1964 Praktikant bei der lokalen<br />
Zeitung La Nouvelle République, als sein Arbeitgeber ihn<br />
bat, « Richter in Meslay zu fotografieren ». Damals hatte<br />
er weder eine Ahnung, wo sich Meslay befindet, noch wer<br />
Richter ist, obwohl jeder ihn als sehr wichtige Persönlichkeit<br />
bezeichnete. Seitdem ist er nicht nur der offizielle<br />
Fotograf des Festivals, sondern er war auch einer der wenigen<br />
Fotografen, die der Maestro akzeptierte, obwohl er<br />
sich ansonsten überhaupt nicht gerne ablichten ließ. Doch<br />
die Bilder, die Gérard von seinen diversen Konzerten gemacht<br />
hatte, wollte er immer schnell sehen, und manchmal<br />
ließ er es sich nicht nehmen, sogar vor dessen Kamera<br />
den Hanswurst zu spielen. Gérard erinnert sich: « Gleich<br />
zu Beginn hatte man mich vorgewarnt: ‹ Wenn der Maestro<br />
dich während des Konzertes beim Fotografieren sieht<br />
Frankreich erleben · <strong>Herbst</strong> <strong>2016</strong> · 61
UNTERWEGS IN FRANKREICH Val de Loire<br />
oder hört, steht er sofort vom Klavier auf und das Konzert<br />
ist beendet. › Allein bei der Vorstellung war ich entsetzt! »<br />
Nach stundenlangen Versuchen, so diskret wie möglich<br />
Fotos zu machen – und zahlreichen Krämpfen –, entstand<br />
zwischen Gérard und Richter dann schließlich eine unbestrittene<br />
Vertrautheit, die es ihm ermöglichte, einige der<br />
raren Bilder des berühmten Pianisten zu machen. Wenn<br />
man ihn heute fragt, welches Ereignis ihm aus all den<br />
Festivaljahren am meisten in Erinnerung geblieben ist,<br />
zögert Gérard nicht eine Sekunde: das Konzert von Jessye<br />
Norman 1982. Die Künstlerin hatte gerade begonnen, als<br />
draußen ein schweres Gewitter aufzog. Donner und Blitz<br />
wurden immer zahlreicher. Plötzlich fiel der Strom aus.<br />
Sofort wurde improvisiert und die Bühne mit Kerzen<br />
beleuchtet. Die Diva fuhr ungerührt mit ihrem Vortrag<br />
fort. Die Stimmung war surreal. Richter selbst war davon<br />
außergewöhnlich bewegt. « Es war ein fantastisches Konzert,<br />
bei der die Musik mit bedrohlichen Naturgewalten<br />
im Wettstreit lag. Dann gab es donnernden Applaus »,<br />
sagte er damals.<br />
Michel Puygrenier war viele Jahre Vorsitzender des<br />
Vereins, der die Organisation des Festival de la Grange de<br />
Meslay innehat. In den Jahren, als das Festival eine schwierige<br />
Zeit durchstehen musste (1993-2003), hat der ehemalige<br />
Mathematiklehrer nicht gezögert, aus finanziellen<br />
Gründen einige Grundfeste des Vereinslebens über den<br />
Haufen zu werfen und mit bestimmten Gewohnheiten zu<br />
brechen: Es gab keine kostenlosen Eintrittskarten mehr,<br />
auch nicht für die Mitglieder des Vereins – inzwischen<br />
sind es mehr als 400 –, die alle ehrenamtlich arbeiten. Ihm<br />
ist zu verdanken, dass sich das Festival weiterentwickelt<br />
hat und wirtschaftlich wieder auf soliden Beinen steht.<br />
Ein Drittel des Budgets wird heute selbst erwirtschaftet,<br />
wobei die Eintrittspreise (ab 24 Euro pro Konzert) sehr<br />
moderat sind. Der Rest stammt aus Subventionen der Region,<br />
des Departements, der Stadt Tours und von privaten<br />
Partnern. Seine größte Freude aber ist es, zu spüren, dass<br />
das Festival immer noch etwas Besonderes ausstrahlt. « Es<br />
ist wirklich schön, zu erleben, wie Künstler mit internationalem<br />
Renommee, die oft als ‹ kapriziös › bezeichnet<br />
werden, sich in Meslay unter das Publikum mischen, mit<br />
allen anderen gemeinsam einen Happen essen oder sich<br />
einen Spaß daraus machen, im Hof dem Hahn nachzurennen<br />
», gibt er mit einem breiten Lächeln zu.<br />
Die aktuelle Präsidentin des Vereins, Danielle<br />
Mommeja, ebenfalls eine pensionierte Lehrerin – in ihrem<br />
Fall für Literatur –, setzt alles daran, zusammen mit den<br />
freiwilligen Helfern weiterhin den Erfolg des Festivals<br />
zu garantieren. « Es ist jedes Jahr dasselbe. Wir arbeiten<br />
wie die Verrückten und sagen uns, dass wir dabei ein unglaubliches<br />
Glück haben. Man spürt hier etwas Besonderes,<br />
etwas, das über die Liebe zur Musik hinausgeht. Es<br />
gibt viele Emotionen, sowohl auf musikalischer, als auch<br />
auf menschlicher Ebene. » Während sie dies sagt, kommt<br />
Josiane Cier, eine weitere ehrenamtliche Helferin, die<br />
sich ebenfalls mit Herzblut und Energie für den Verein<br />
engagiert, nimmt sie an der Schulter und unterbricht das<br />
Gespräch: « Apropos Emotion, du solltest vielleicht reingehen,<br />
das Konzert beginnt in fünf Minuten … » In der Tat<br />
betreten gerade die letzten Zuhörer die Scheune. In der<br />
Ferne überwacht der Hahn auf dem Platz des Gutes ungerührt<br />
seine Hühner. Zweifellos hat die Eule – oder der<br />
Uhu – inzwischen ebenfalls oben im Gebälk Platz genommen.<br />
Alles klar, Josiane, das Konzert kann beginnen!<br />
62 · Frankreich erleben · <strong>Herbst</strong> <strong>2016</strong>
Hossegor<br />
France<br />
Boulogne<br />
A<br />
Ile de Sein<br />
Pointe<br />
du Raz<br />
La Grange de Meslay<br />
37210 Parçay-Meslay<br />
Telefon: + 33 (0)2 47 29 19 29<br />
www.meslay.com<br />
Besichtigung: Mitte April bis<br />
1. November, samstags und sonntags<br />
15.00 Uhr bis 18.30 Uhr<br />
Eintritt in das Gut und die Scheune<br />
inklusive Filmprojektion über die<br />
Geschichte des Ortes: 3 Euro<br />
Lannion<br />
N12/E50<br />
Fêtes musicales en Touraine<br />
Brest<br />
Saint-Brieuc<br />
Festival de la Grange de Meslay N12/E50<br />
16. bis 25. Juni 2017<br />
N164<br />
Telefon: + 33 (0)2 47 21 67 33<br />
www.fetesmusicales.com<br />
Quimper<br />
D768<br />
Die Konzerte N165/E<strong>60</strong> finden an den beiden N24 Tours.<br />
Le Mans<br />
Wochen enden jeweils freitags, samstags<br />
und sonntags statt. Ver an stal-<br />
Ein kostenloser Parkplatz für Pkw A11/E501<br />
Lorient<br />
Vannes<br />
t ungs ort ist immer die Grange N165/E<strong>60</strong> de<br />
Meslay. Die Anfangszeiten Quiberon sind je<br />
steht gegenüber der Scheune zur<br />
Verfügung.<br />
Angers<br />
nach Wochentag unter schied lich:<br />
A11/E<strong>60</strong><br />
La Baule<br />
Freitag 21 Uhr, Samstag 18 Uhr & 21<br />
Da im Juni die Abende manchmal<br />
St. Nazaire<br />
Uhr, Sonntag 11 Uhr, 16 Uhr & 19 Uhr.<br />
noch kühl Nantes sein können, sollten Sie<br />
A87<br />
etwas zum Überziehen mitnehmen.<br />
Einzelkarten 24 bis 30 Euro,<br />
Clisson<br />
Cholet<br />
Abonnement für 3 bis 12 Konzerte <strong>60</strong><br />
bis 210 Euro.<br />
Tickets können per Internet, per<br />
In einem der A83 Gebäude der Grange<br />
de Les Meslay Sables-gibd’Olonne in der einfache Speisen es eine angenehme<br />
Bar, an-<br />
Brief, per Telefon oder während des<br />
ge bo ten werden und wo man bei<br />
Festivals direkt vor Ort (sofern noch<br />
dieser Gelegenheit den Vouvray entdecken<br />
kann, einen Schaumwein,<br />
Amiens<br />
Plätze Cherbourg- frei sind) erworben werden.<br />
Octeville<br />
der in der Region als der lokale<br />
Da eine große Nachfrage nach den<br />
« Cham pagner » bezeichnet wird.<br />
Le A29/E44 Havre<br />
Eintrittskarten herrscht, raten wir Ihnen<br />
Nach A131 den Jumièges an Sonntagen um 11 Uhr<br />
Honfleur<br />
Rouen<br />
dringend, Ihr Ticket nicht erst vor Ort,<br />
statt findenden Konzerten bietet ein<br />
N13<br />
sondern bereits vorab per Internet zu Caen A13/E46Caterer ein Buffet an.<br />
A16<br />
reservieren. In diesem Saint-Lô Fall ist auch<br />
A13/E5<br />
eine Platzwahl möglich.<br />
A84/E401<br />
Sofern Sie nicht mit dem eigenen Auto<br />
an reisen möchten, können Sie den<br />
DinardSaint-Malo<br />
Avranches<br />
A28/E402<br />
kosten N176/E401 losen Mont-Saint-Michel<br />
Pendelbus nutzen, der<br />
während des Festivals von Tours aus<br />
A84<br />
zur Grange de Meslay fährt. Abfahrt<br />
in Tours ist jeweils eine Stunde vor<br />
A11/E50<br />
Konzertbeginn; nach Konzertende<br />
fährt der Rennes Bus wieder zurück nach<br />
A10/E5<br />
A28/E502<br />
A86/E<strong>60</strong><br />
Blois<br />
A10/E5-E<strong>60</strong><br />
Parçay-Meslay<br />
Tours<br />
A85<br />
PARIS<br />
Dreux<br />
Chartres<br />
Orléans<br />
A71/E9<br />
Bourges<br />
A10/E5<br />
A20/E9<br />
A83<br />
Poitiers<br />
Ausgabe <strong>Nr</strong>. 59:<br />
Tours: Frischer Wind im Loiretal<br />
(12 km entfernt)<br />
Es gibt hier eine der modernsten<br />
Straßenbahnen Frankreichs, belebte<br />
Fußgängerzonen, nicht alltägliche<br />
Besichtigungsmöglichkeiten, eine Fülle<br />
Montalivet<br />
einladender Bars und Restaurants, Open-<br />
Air-Konzerte, gemütliche Lokale am<br />
Flussufer … Es weht eindeutig ein frischer Wind! Und die Dynamik<br />
von Tours macht dabei nicht an den Stadtgrenzen halt, in<br />
gewisser Weise hat die ganze Region Centre-Val de Loire durch<br />
Le Porge<br />
sie neuen Schwung erhalten. Genug Gründe also für Neugierige,<br />
sich in Tours auf Entdeckungsreise zu begeben! Cap-Ferret<br />
LESETIPPS FÜR AUSFLÜGE IN DIE UMGEBUNG<br />
N11/E<strong>60</strong>1<br />
Saint-Sigismond<br />
La Rochelle<br />
E5/A10<br />
Ausgabe <strong>Nr</strong>. 36:<br />
Blois: Ein Schloss der Geheimnisse und Intrigen<br />
E<strong>60</strong>2/A837<br />
(62 km entfernt)<br />
Auf einem kleinen Hügel über Limoges der Loire<br />
Angoulême liegt idyllisch die Stadt Blois. Dabei verbirgt<br />
sie furchtbare Geheimnisse. Hier wirkt<br />
alles, als wäre die Zeit immer genauso<br />
ruhig dahingezogen wie der Fluss vor<br />
ihren Toren. Doch Périgueux oben über der Stadt Tulle hat<br />
das Schloss Intrigen, Verschwörungen und Skandale gesehen, Brive-la-Gaillarde<br />
A89/E70<br />
die dramatisch E5/A10 und nur selten amüsant waren. Ein Besuch in Beaulieu-sur-Dordogne<br />
der ehemaligen Residenz der französischen Könige ist eine Aurillac<br />
Sarlat-le-Canéda<br />
Bordeaux gute Gelegenheit, einige besondere Seiten des französischen<br />
Geschichtsbuchs aufzuschlagen.<br />
A52/E72<br />
INFORMATIONEN ZUR BESTELLUNG DIESER UND ANDERER AUSGABEN FINDEN SIE AUF SEITE 90.<br />
Niort<br />
Montluçon<br />
A<br />
Mimizan<br />
E5-E70/A63<br />
Frankreich erleben · <strong>Herbst</strong> <strong>2016</strong> · 63
Skizzen<br />
aus<br />
Bordeaux
4. Juni <strong>2016</strong>: überraschende<br />
Begegnungen in den Straßen von<br />
Bordeaux. Dutzende von Zeichnern<br />
haben sich diskret überall in der<br />
Stadt niedergelassen, manchmal<br />
alleine, manchmal zu mehreren.<br />
Dies erregt die Neugier der Passanten, sie sind erstaunt über die Anwesenheit<br />
dieser Künstler, die entweder direkt auf dem Boden sitzen …<br />
... oder<br />
sich, etwas<br />
bequemer,<br />
auf einem<br />
Klappstuhl<br />
niedergelassen<br />
haben.<br />
Es gibt jedoch<br />
einen Hinweis:<br />
Einige tragen<br />
dasselbe weiße<br />
T-Shirt mit der<br />
Aufschrift Urban<br />
Sketchers<br />
Rencontre Nationale<br />
Bordeaux<br />
4 & 5 juin <strong>2016</strong>.<br />
Internet sei Dank: Mit einem Klick<br />
auf www.urbansketchers.org<br />
erfahre ich, dass Urban Sketchers<br />
ein weltweites Netzwerk<br />
von Hobby- und Profikünstlern<br />
ist. Sie treffen sich in ihrem<br />
jeweiligen Land, um eine Stadt<br />
zu skizzieren und ihre Sicht auf<br />
die Welt miteinander zu teilen.<br />
Ein tolles Konzept!<br />
Frankreich erleben · <strong>Herbst</strong> <strong>2016</strong> · 65
UNTERWEGS IN FRANKREICH Bordeaux<br />
Bei einem Blick über ein<br />
paar Schultern stelle ich<br />
fest, dass einige ganz eindeutig<br />
sehr begabt darin<br />
sind, die Häuserfassaden in<br />
der Altstadt von Bordeaux<br />
wiederzugeben …<br />
… und auch Gebäude aus der jüngsten Zeit, wie<br />
die Cité du Vin, die gerade eingeweiht wurde.<br />
Das war erst vor einigen<br />
Ta gen, am 31. Mai. Aus<br />
die sem Anlass kam so gar<br />
der Präsident der Re publik,<br />
François Hollande,<br />
nach Bordeaux.<br />
Ich fange an zu träumen.<br />
Wenn ich so wie die Urban<br />
Sketcher zeichnen könnte,<br />
dann käme vielleicht<br />
das dabei heraus:<br />
Es war schönes Wetter<br />
an diesem Tag, und die<br />
neue Cité du Vin sah<br />
richtig toll aus.<br />
66 · Frankreich erleben · <strong>Herbst</strong> <strong>2016</strong>
Neben der nationalen war<br />
sogar die internationale<br />
Presse vertreten, das ist in<br />
Bordeaux eher eine Seltenheit!<br />
Aber man wartete<br />
immerhin auf den Präsidenten<br />
…<br />
In den Straßen machten die üblichen Polizeiskooter<br />
den schweren Motorrädern der<br />
offiziellen Eskorte von François Hollande<br />
Platz.<br />
Selbstverständlich trug<br />
der Citroën C6 des Präsidenten<br />
stolz die französische<br />
Fahne.<br />
Und da tauchte das<br />
offizielle Gefolge auch<br />
schon auf, immerhin zwölf<br />
Fahrzeuge!<br />
Kaum angekommen, wurde<br />
sie jedoch schnell im Kofferraum<br />
verstaut. Damit<br />
sie nicht beschädigt wird?<br />
Ein schnelles Gruppenfoto, eine Besichtigung im Laufschritt,<br />
eine kurze Ansprache, einige Notizen … und<br />
schon ist François Hollande wieder weg.
UNTERWEGS IN FRANKREICH Bordeaux<br />
Und in die schick<br />
designte Cité du<br />
Vin zieht vorübergehend<br />
wieder Ruhe<br />
ein.<br />
Aber zurück zu unseren Zeichenkünstlern. Nachdem sie tagsüber eine<br />
Stadt gezeichnet haben, treffen sie sich gewöhnlich abends für ein<br />
Gruppenfoto, um gemeinsam zu essen und vor allem, um ihre Skizzen zu<br />
vergleichen.<br />
An allen Tischen<br />
wird gelacht,<br />
diskutiert, man<br />
macht Bekanntschaften<br />
– und<br />
geht manchmal mit<br />
sehr persönlichen<br />
Erinnerungen wieder<br />
nach Hause …<br />
68 · Frankreich erleben · <strong>Herbst</strong> <strong>2016</strong>
Die Skizzenbücher sind wundervoll.<br />
Sie zeigen ganz unterschiedliche<br />
Sichtweisen von<br />
ein und demselben Ort. Dabei<br />
erscheint mir Bordeaux ganz<br />
anders.<br />
Vielleicht wird daraus ein<br />
Buch. Das wäre eine gute<br />
Idee. In der Zwischenzeit sagen<br />
alle zu mir: Man darf nicht<br />
schüchtern sein, man muss sich<br />
einfach trauen zu zeichnen!<br />
Wir sind alle Urban Sketcher!
FRANKREICH HEUTE Wirtschaft Gesellschaft<br />
BREXIT<br />
Wie denken Briten,<br />
die in Frankreich leben, darüber?<br />
Am 23. Juni <strong>2016</strong> haben die Briten mit 51,9 % der Stimmen für<br />
den Austritt aus der Europäischen Union gestimmt. Die rund<br />
200.000 Engländer, darunter viele Rentner, von denen viele<br />
seit Langem in Frankreich leben, haben die Abstimmung und<br />
das Resultat mit ganz besonderem Interesse verfolgt. Viele sind<br />
nun zutiefst verunsichert, welche Konsequenzen dieses Votum<br />
für sie haben wird. Wir haben einige von ihnen getroffen.<br />
Mandy ist 66 Jahre alt. Früher führte sie ein kleines<br />
Kleidergeschäft in London, aber seit einigen Jahren<br />
lebt sie rund dreißig Kilometer nördlich von<br />
Toulouse. Ihr Haus liegt auf dem Lande, und jetzt, zu Beginn<br />
des Sommers, freut sie sich über ihren wunderschön blühenden<br />
Garten. Sie hat hier alles, was sie sich für ihre Rente<br />
immer erträumt hat: ein kleines, abgelegenes Anwesen, das<br />
ihr gehört, einige Hühner, einen Esel und seit einigen Monaten<br />
sogar ein Pferd. « In England hätte ich mir dies alles mit<br />
meiner bescheidenen Rente nicht leisten können », erklärt sie<br />
in einem nahezu akzentfreien Französisch. Mandy hat bei<br />
dem Referendum per Post abgestimmt. Es fällt ihr schwer,<br />
das Ergebnis zu akzeptieren: « Ich verstehe meine Landsleute<br />
wirklich nicht. Ich habe den Eindruck, sie haben gewählt,<br />
ohne sich über die Konsequenzen ihrer Entscheidung bewusst<br />
zu sein. » Um ihren Standpunkt zu unterstreichen, zeigt<br />
die quirlige Rentnerin ein Dokument, das sie ausgedruckt<br />
hat. « Schauen Sie, das habe ich am Abend des 23. Juni, also<br />
am Abend des Abstimmungstages, auf der Website von Google<br />
England gefunden. Es ist wirklich unglaublich! Was glauben<br />
Sie, welche Fragen die Briten nach Bekanntgabe des Ergebnisses<br />
am häufigsten gestellt haben? » Da wir nicht in der<br />
Lage sind, dies aus dem Stehgreif zu beantworten, fährt<br />
Mandy fort: «‹ Was ist die Europäische Union? Sind wir<br />
noch in der Europäischen Union oder nicht? › Es ist wirklich<br />
erschreckend, dass Menschen, die soeben abgestimmt haben,<br />
sich solche Fragen stellen! Aber es kommt noch besser, halten<br />
Sie sich fest: Laut Google gab es kurz vor Schließung der<br />
Wahlbüros einen Spitzenwert für folgende Suchanfrage:<br />
‹ Was passiert, wenn wir die Europäische Union verlassen? ›<br />
Man kann also vermuten, dass ein Großteil der 17,4 Millionen<br />
Wähler, die für ‹ Leave › gestimmt haben, gar keine Ahnung<br />
von der Tragweite und den Folgen der Stimmabgabe<br />
hatte! Das macht mich wirklich traurig. »<br />
Die meisten der in Frankreich ansässigen Engländer<br />
teilen diese Bestürzung, egal wo im Hexagon sie wohnen.<br />
Graham lebt seit rund zehn Jahren in einem kleinen Dorf<br />
im Loiretal, also etwas weiter nördlich als Mandy. Er und<br />
seine Frau Anabeth haben hier, wie sie sagen, eine Lebensqualität<br />
gefunden, die sie in England lange gesucht<br />
hatten. Auch sie verhehlen nicht, dass sie heute betrübt<br />
über den Ausgang des Referendums sind. Zuvor lebten<br />
sie ebenfalls in London, in einem winzigen Appartement,<br />
für das sie eine horrende Miete bezahlen mussten. Wie<br />
viele ihrer Landsleute wollten Graham und Anabeth einen<br />
Zweitwohnsitz erwerben, um am Wochenende der Enge<br />
der Stadt zu entfliehen. Daher machten sie sich zunächst<br />
in der Umgebung von London auf die Suche. Erfolglos.<br />
Allmählich weiteten sie ihren Radius dann aus, zunächst<br />
innerhalb Englands, später, auf Anraten von in Frankreich<br />
lebenden Freunden, auf den französischen Immobilienmarkt.<br />
Das Preisniveau im Hexagon und die Aussicht auf<br />
viel mehr Sonnentage haben sie schnell überzeugt. Man<br />
muss wissen, dass die beiden damals nicht die Katze im<br />
Sack kauften. Graham erläutert: « Schon vor zehn Jahren<br />
waren zahlreiche Immobilienbüros in Tours und Angers<br />
auf englische Kunden eingerichtet, und in dem Dorf, in<br />
dem wir heute wohnen, lebten damals bereits sieben englische<br />
Familien. Das hat uns ermutigt, uns hier niederzulassen!<br />
» Und Anabeth ergänzt noch etwas, über das sie heute<br />
noch schmunzeln muss: « Als wir in dieser Region Häuser<br />
besichtigten, ging ich in dem Dorf, in dem wir heute leben,<br />
in die Épicerie, um Mineralwasser zu kaufen. Überrascht<br />
stellte ich fest, dass es ein ganzes Regal mit englischen<br />
70 · Frankreich erleben · <strong>Herbst</strong> <strong>2016</strong>
Produkten gab: Cheddar, mehrere Chutneysorten und<br />
sogar meine bevorzugte Horseradish Cream Sauce! Beim<br />
Verlassen des Geschäftes habe ich mir also gesagt, dass mir<br />
hier nichts zu meinem Glück fehlen würde! »<br />
Solche Details sind wichtig. Vor allem im Südwesten<br />
Frankreichs, wo sich ein Großteil der rund 200.000<br />
in Frankreich lebenden Briten niedergelassen hat, haben<br />
viele örtliche Supermärkte ein breites Sortiment englischer<br />
Produkte im Angebot. Darüber hinaus hat sich<br />
ein richtiger Wirtschaftszweig entwickelt, der auf anglophone<br />
Kunden ausgerichtet ist. Dies wird einem schnell<br />
klar, wenn man durch die Dörfer und Städte im Périgord<br />
geht. Vor allem Immobilienagenturen waren die Ersten,<br />
die diese Zielgruppe und ihr Potenzial erkannt haben.<br />
Die starke englische Nachfrage hat in manchen Regionen<br />
sogar die Preise in die Höhe getrieben. Kaum war der<br />
kleinste renovierungsbedürftige Bauernhof zum Verkauf<br />
ausgeschrieben, hatte er auch schon britische Käufer gefunden,<br />
die glücklich darüber waren, sich für den Preis<br />
eines Miniappartements jenseits des Ärmelkanals hier ein<br />
ganzes Anwesen leisten zu können.<br />
Mancherorts hatte dies einschneidende Folgen, wie<br />
manche Bürgermeister noch heute berichten: Einige Jahre<br />
lang hat die Ankunft der Engländer den Immobilienmarkt<br />
in ihren Kommunen tiefgreifend beeinflusst. Anwesen<br />
wurden zu überhöhten Preisen an britische Kunden<br />
verkauft, zum Nachteil der einheimischen Käufer, die<br />
bei dem Höhenflug der Preise nicht mithalten konnten.<br />
Der starke Preisauftrieb hat sich nach und nach wieder<br />
beruhigt, zumal die Engländer ebenfalls unter der Krise<br />
leiden. Objektiv gesehen muss man zudem zugeben, dass<br />
nicht wenige französische Dörfer, vor allem im Périgord,<br />
die sich heute durch perfekt erhaltene und renovierte<br />
Häuser auszeichnen, britischen Investoren viel zu verdanken<br />
haben. Patrick ist Immobilienmakler in Périgueux.<br />
Für ihn ist der Anteil der Engländer an der Aufwertung<br />
der umliegenden Dörfer unbestritten. « In manchen Orten<br />
hat das französische Kulturerbe den Engländern viel<br />
zu verdanken. Sie lieben alte Steine – gerade dies hat sie<br />
im Übrigen oftmals an unserer Region angezogen – und<br />
unberührte Natur. Vor allem aber verstehen sie es, stilvoll<br />
zu renovieren, und sie setzen alles daran, die Authentizität<br />
alter Häuser zu erhalten. Für uns ist dies umso interessanter,<br />
als dass sie dafür gerne örtliche Handwerker beschäftigen,<br />
mit denen sie dann oft leidenschaftlich über<br />
die Arbeitsweise diskutieren. »<br />
Ob an der Atlantikküste, im Loiretal, im Südwesten,<br />
in der Region Midi-Pyrénées – wo knapp 16.000 Engländer,<br />
mehrheitlich Rentner, leben – oder im Jura: In vielen<br />
französischen Dörfern hat man den Zuzug der Briten in<br />
den vergangenen Jahren sehr geschätzt. Manchmal haben<br />
diese sogar das Dorfleben erfolgreich wiederbelebt, da<br />
nicht wenige von ihnen ein Café, eine Bar oder ein Restaurant<br />
übernommen haben, um – mehr oder weniger<br />
erfolgreich – ihren französischen Freunden die englische<br />
Küche näherzubringen. In ganz Frankreich, vor allem in<br />
der Dordogne, im Périgord und in der Vendée, macht die<br />
englische Bevölkerung inzwischen nicht selten bereits einen<br />
Anteil von mehr als zehn Prozent in einer Kommune<br />
aus, und man findet dort inzwischen Bed & Breakfast mit<br />
britischem Charme.<br />
Seitdem Anabeth das Ergebnis der Volksabstimmung<br />
kennt, ist sie zugebenermaßen beunruhigt. Sie fragt sich<br />
vor allem, wie es mit der Erstattung ihrer Krankheitskosten<br />
weitergehen wird. Wie viele ihrer Landsleute schätzt<br />
sie das französische Gesundheitssystem: Es ist viel einfacher,<br />
einen Termin bei einem Allgemeinmediziner oder<br />
Spezialisten zu bekommen, und das System ist global<br />
gesehen wesentlich günstiger als in England. Bis jetzt sind<br />
sie und ihr Mann über das englische Gesundheitssystem<br />
National Health Service versichert, das aufgrund eines europäischen<br />
Abkommens alle ihre in Frankreich anfallenden<br />
Kosten übernimmt. Wie verhält sich das, sollte diese<br />
europäische Vereinbarung aufgehoben werden?<br />
Außerdem ist das Paar sehr beunruhigt darüber, dass<br />
das britische Pfund Sterling, die Währung in der sie ihre<br />
Rente erhalten, seit dem Referendum kontinuierlich an<br />
Wert verliert, was automatisch einen Rückgang ihrer<br />
Kaufkraft in Frankreich zur Folge hat. Dies geht so weit,<br />
dass Anabeth und Graham sich fragen, ob der Brexit nicht<br />
womöglich ihre Zukunftsplanung infrage stellen wird.<br />
2008 hatte die Rezession in Großbritannien bereits zu einem<br />
starken Wertverlust der englischen Währung geführt,<br />
und zahlreiche in Frankreich ansässige Hausbesitzer sahen<br />
sich genötigt, ihre Immobilie zu verkaufen und nach England<br />
zurückzukehren … Die beiden wagen gar nicht, sich<br />
vorzustellen, dass es ihnen auch so gehen könnte.<br />
Dabei ist Pessimismus bei den Briten, die wir getroffen<br />
haben, nicht verbreitet. Adrian, ebenfalls Engländer<br />
und mit dem Ehepaar befreundet, lebt seit 17 Jahren in<br />
Frankreich. Er konnte sich nicht an der Volksabstimmung<br />
beteiligen, da die gültige Regelung vorschreibt, dass jemand,<br />
der mehr als 15 Jahren außerhalb des britischen<br />
Territoriums lebt, in England nicht mehr wählen darf. Er<br />
leidet zwar unter den Folgen des Votums und ist betrübt<br />
darüber, was ihn jedoch nicht resignieren lässt: Adrian,<br />
der im Dorf Mitglied in zahlreichen Vereinen ist, ist<br />
entschlossen, sich weiterhin dort zu engagieren. Jetzt erst<br />
recht. « Genau das ist Europa, die Möglichkeit, dort zu<br />
leben und sich dort zu integrieren, wo man sich wohlfühlt.<br />
Mir geht es nicht darum, ob ich Engländer oder Franzose<br />
bin. Ich fühle mich ganz einfach als Europäer. Und egal<br />
was passiert, in meinem Herzen bleibe ich das auch! »<br />
An der Tür der Épicerie im Dorf hängt seit einer Woche<br />
ein Zettel. Darauf werden die Einwohner zu einem<br />
« Glas auf die europäische Freundschaft » eingeladen. Eine<br />
kleine Zeichnung stellt einen Franzosen dar, der einem<br />
Engländer ein Taschentuch in den Farben der europäischen<br />
Flagge reicht, damit dieser seine Tränen trocknen<br />
kann. Darüber steht: « To be or not to be, that isn’t the<br />
question: we love you! » Eine Botschaft, die nicht wenige<br />
getröstet hat …<br />
Frankreich erleben · <strong>Herbst</strong> <strong>2016</strong> · 71
FRANKREICH HEUTE Gesellschaft<br />
Frauen und Männer, die sich für die deutsch-französische Freundschaft einsetzen<br />
Barbara Barberon-Zimmermann<br />
Mitbegründerin des deutsch-französischen<br />
Kulturfestivals arabesques<br />
Seit fünf Jahren wird jeweils am 22. Januar, dem Tag<br />
der deutsch-französischen Freundschaft, in Hamburg<br />
und der Metropolregion das deutsch-französische<br />
Kulturfestival arabesques eröffnet. Dies ist der Beginn<br />
einer Reihe kultureller Veranstaltungen (Konzerte,<br />
Filmvorführungen, Theatervorstellungen, Tanzspektakel,<br />
Debatten, Lesungen, Ausstellungen …), die insgesamt<br />
bis zu 30.000 Menschen anziehen. Das Ziel dieser<br />
deutsch-französischen Kooperation ist, sowohl in<br />
deutscher als auch in französischer Sprache dafür zu<br />
sensibilisieren, wie die beiden Kulturen – aber auch<br />
andere – sich gegenseitig beeinflussen und bereichern.<br />
Barbara Barberon-Zimmermann ist Mitbegründerin<br />
dieses Festivals und stellt es Jahr für Jahr erneut<br />
mit viel Energie und Arbeitseinsatz auf die Beine. Ihre<br />
echte Leidenschaft für Frankreich und die deutschfranzösische<br />
Freundschaft gibt ihr die Kraft, diese zeitaufwändige<br />
Aufgabe couragiert zu bewältigen. Wir<br />
haben uns mit ihr unterhalten.<br />
Barbara Barberon-Zimmermann, Frankreich ist<br />
heute ein Teil Ihres Lebens. Wie kam es dazu?<br />
Ich habe mir oft die Frage gestellt, warum<br />
ich Frankreich so liebe. Glauben Sie mir,<br />
diese Frage ist nicht leicht zu beantworten!<br />
Irgendwie ist es etwas, das ich immer gefühlt<br />
habe. Eine Art Leidenschaft, die allmählich<br />
in mir entstanden und mit mir gewachsen<br />
ist. Ich bin in der Nähe von Hannover geboren,<br />
also nicht gerade in unmittelbarer Nähe<br />
zur französischen Grenze. Aber wenn ich<br />
an meine Kindheit zurückdenke, war diese<br />
bereits immer von kleinen Dingen geprägt,<br />
die einen Bezug zu Frankreich hatten: die<br />
zahlreichen Kochbücher mit französischen<br />
Rezepten in der Küche meiner Großmutter,<br />
das Béret, das mein Vater aufsetzte, sobald<br />
wir das Haus verließen, die französischen<br />
Ausdrücke, die meine Eltern benutzten …<br />
und vor allem die Urlaube in Frankreich! Die<br />
Zeit in der Bretagne, in Paimpol … das sind<br />
schöne Erinnerungen!<br />
Und dann sind Sie einem Franzosen begegnet …<br />
Genau. Ich lernte meinen Exmann ken-<br />
72 · Frankreich erleben · <strong>Herbst</strong> <strong>2016</strong>
nen. Seine Familie besaß ein Haus in der Touraine, in der<br />
Nähe von Chinon. Es ist lustig, ich erinnere mich, dass er<br />
am Anfang dachte, das Haus wäre absolut nichts für mich:<br />
Es lag abgelegen, in einem kleinen Dorf, mitten auf dem<br />
Land. Er war der Ansicht, dass das Haus mit Sicherheit<br />
zu einfach, zu « mittelalterlich » für eine junge Frau aus<br />
dem Norden wie mich sei … Doch sobald ich es gesehen<br />
hatte, schloss ich es sofort ins Herz. Ich habe mich darin<br />
sofort zu Hause gefühlt. Deshalb entschieden wir, dort<br />
einzuziehen. Und sind sieben Jahre geblieben.<br />
Wie war es, sich in einem kleinen Dorf in Frankreich zu integrieren?<br />
Ich verhehle nicht, dass es am Anfang nicht leicht war:<br />
Mein Schulfranzösisch war bei Weitem nicht ausreichend,<br />
um alleine zurechtzukommen. Hinzu kam, dass die Menschen<br />
hier, wie fast überall, mit einem eigenen Akzent<br />
sprechen. Im Dorf hat man die Angewohnheit, das « R »<br />
zu rollen. Eine solche französische Aussprache hatte ich<br />
bis dahin weder in der Schule noch sonst irgendwo gehört.<br />
Aber im Grunde genommen war es gar nicht schlimm,<br />
dass ich nicht immer alles verstand. Die Bewohner waren<br />
nett, und irgendwann kam ich dann auch gut zurecht. Ich<br />
erinnere mich daran, dass man bei meiner Ankunft noch<br />
oft vom Krieg sprach. Aber man gab mir immer zu verstehen,<br />
dass es gut sei, dass sich deutsch-französische Paare<br />
bildeten und dass die junge Generation die Vergangenheit<br />
hinter sich lassen könne. Ich habe mich schnell akzeptiert<br />
gefühlt, als ein Teil des Dorfes. Die Tatsache, dass die<br />
Mutter meines Exmannes ebenfalls Deutsche war und<br />
schon lange vor mir regelmäßig in dieses Dorf kam, hat<br />
sicherlich auch eine Rolle gespielt. Es hatte immer « eine<br />
Deutsche im Dorf » gegeben. Man war daran gewöhnt.<br />
Haben Sie sich in diesem Dorf wohlgefühlt?<br />
(Mit einem Lächeln) Aber natürlich! Ich denke noch<br />
heute wehmütig an diese Zeit zurück. Ich hätte es mir<br />
nicht vorstellen können, dass ich mich derart einem Ort<br />
verbunden fühlen kann. Die Touraine ist eine so angenehme<br />
Gegend. Die ästhetischen Häuser, die warme Farbe<br />
des Tuffsteins, das Licht, das Klima, die Schlösser … Es<br />
ist ein bisschen wie in einem Katalog, in dem man alle<br />
Dinge findet, die man mag. Dabei hatte ich eher das Bild<br />
einer etwas altmodischen Region im Kopf, in die Omas<br />
und Opas kommen, die sich für Schlösser begeistern …<br />
Aber da lag ich ganz falsch! Unser Leben war damals viel<br />
geruhsamer. Ich fühlte mich wohl, auch wenn es beruflich<br />
für mich nicht gerade einfach war, denn Arbeit war<br />
nur schwer zu finden. Schließlich konnte ich jedoch für<br />
Museen und für die Stadt Chinon arbeiten und Übersetzungen<br />
machen. Das angenehme und friedliche Leben<br />
von dort habe ich seitdem nirgendwo anders gefunden.<br />
Doch dann gingen Sie zurück nach Hamburg ...<br />
Ja, mein Vater wurde krank, ich wollte in seiner<br />
Nähe sein. Da Frankreich mir jedoch sehr fehlte, musste<br />
ich mich mit diesem Land beschäftigen, nun halt von<br />
Deutschland aus. Vielleicht war es meine Art, über die<br />
Arbeit wieder in diese Atmosphäre einzutauchen, die ich<br />
so liebte. Da ich im Verlagsbereich arbeitete, habe ich ein<br />
Buch geschrieben und veröffentlicht, das Frankreich und<br />
dem, was ich an dem Land liebe, gewidmet ist (Anm. d.<br />
Red.: Frankreich hören, das Frankreich-Hörbuch, Sprecher:<br />
Dietmar Mues, Silberfuchs Verlag). Gleichzeitig haben<br />
meine Kinder das Lycée français in Hamburg besucht.<br />
Dadurch habe ich viele deutsch-französische Paare kennengelernt.<br />
Dies war die Gelegenheit für mich, mich mit<br />
Menschen auszutauschen, die in der gleichen Situation<br />
waren wie ich, die verstanden, wie sehr mir Frankreich<br />
fehlte. Denn diesen Punkt konnten die meisten meiner<br />
deutschen Freunde nicht nachvollziehen. Es war, als hätte<br />
Frankreich sich in einem Teil meines Herzens eingenistet,<br />
und mir wurde schnell klar, dass dies immer so bleiben<br />
würde …<br />
Und dieser Teil von Frankreich musste sich ausdrücken …<br />
Genau. Ich wollte mit dieser Lust auf Frankreich, die<br />
ich verspürte, nicht alleine bleiben. Ich musste sie unbedingt<br />
mit anderen teilen. Es war stärker als ich: Auf die<br />
eine oder andere Art musste ich wieder eine Beziehung<br />
zu Frankreich herstellen. Da es nicht möglich war, wieder<br />
dorthin zurückzukehren, dort zu leben, wollte ich mich<br />
von Hamburg aus mit dem Land beschäftigen. Zunächst<br />
habe ich für eine deutsch-französische Vereinigung<br />
Abendveranstaltungen organisiert: französische Musik<br />
und Texte französischer Autoren, die auf Deutsch und<br />
Französisch präsentiert wurden. Bei dieser Gelegenheit<br />
lernte ich Nicolas Thiébaud kennen, der mir vorgeschlagen<br />
hat, das Ganze auszuweiten und eine Konzertreihe<br />
mit Rahmenprogramm zu organisieren. Darauf hatte ich<br />
sofort Lust. Mit Unterstützung einer Stiftung haben wir<br />
dann arabesques kreiert.<br />
Woher kommt der Name arabesques?<br />
Am Anfang hatte Nicolas « Die drei Musketiere » vorgeschlagen.<br />
Ich fand das amüsant, aber auf der anderen<br />
Seite fand ich es dann doch etwas zu maskulin für ein<br />
Kulturfestival. Das Wort Arabeske ist in vielen Sprachen<br />
bekannt, vor allem im Bereich von Kunst und Kultur. Es<br />
bezeichnet verschiedene Kunstformen und hat sich uns als<br />
Symbol für dieses Festival an der Grenze zwischen den<br />
Kulturen und ihren Ausdrucksformen aufgedrängt.<br />
Welche Idee verfolgen Sie mit arabesques?<br />
Für Nicolas und mich geht es vor allem darum, verschiedene<br />
Sichtweisen und Kulturen miteinander zu<br />
konfrontieren. Alle Kulturen. Denn es ist so, dass wir<br />
die deutsch-französische Beziehung als eine wunderbare<br />
Quelle für die gegenseitige Bereicherung unserer beiden<br />
Völker ansehen, als ein wertvolles Bindeglied für die Zukunft<br />
unserer Kinder. Wir sind überzeugt davon, dass die<br />
deutsch-französische Zusammenarbeit für Europa lebens-<br />
Frankreich erleben · <strong>Herbst</strong> <strong>2016</strong> · 73
FRANKREICH HEUTE Kulturaustausch<br />
wichtig ist. Und die Kultur ist ein tolles Mittel, sie auf<br />
lebendige, neugierige und freigiebige Art zu entwickeln.<br />
Daher wollten wir auch ab der ersten Auflage ein richtiges<br />
Festival schaffen, das aus einer Reihe von deutsch-französischen<br />
Kulturveranstaltungen besteht, die während<br />
mehrerer Wochen in der ganzen Stadt stattfinden.<br />
Wie haben Sie arabesques lanciert?<br />
Festival arabesques<br />
Alleine. Logischerweise<br />
Eröffnung des 6. Festivals am 22. Januar 2017<br />
gingen wir zunächst davon<br />
Programm, Tickets und Informationen auf<br />
aus, dass die französischen<br />
www.arabesques-hamburg.de<br />
Institutionen – die Botschaft,<br />
das Institut Français usw. –<br />
unsere Initiative unterstützen<br />
würden. Dem war aber nicht<br />
so. Ich vermute, sie haben am<br />
Anfang nicht daran geglaubt.<br />
Sie haben sich wohl gefragt,<br />
warum Deutsche sich für die<br />
Promotion von Frankreich<br />
einsetzen wollen. Dieser fehlende<br />
Enthusiasmus hat uns<br />
enttäuscht, hat aber unserer<br />
Motivation keinen Abbruch<br />
getan. Ganz im Gegenteil!<br />
Niemand wollte daran glauben?<br />
Ein Grund mehr für uns,<br />
zu beweisen, dass man etwas<br />
Schönes verwirklichen konnte!<br />
Beim ersten Festival arabesques<br />
im Jahr 2012 haben <strong>60</strong>00 bis<br />
7000 Menschen die rund 30<br />
Veranstaltungen besucht, die<br />
wir im ganzen Stadtgebiet von<br />
Hamburg organisiert hatten.<br />
Das war bereits ein schönes<br />
Ergebnis. Vor allem wollten<br />
alle im folgenden Jahr wiederkommen.<br />
Heute besuchen<br />
jedes Jahr mehr als 30.000 Menschen die Veranstaltungen<br />
von arabesques, die außer in der « klassischen » Festivalzeit<br />
im Januar und Februar auch im Rest des Jahres stattfinden<br />
und die sich über die Grenzen der Stadt hinweg auch auf<br />
die Metropolregion und sogar auf die Partnerstädte ausgedehnt<br />
haben! Das ist ein echter Erfolg!<br />
Das war sicher nicht immer einfach.<br />
Nein, in der Tat nicht. Vor allem weil Nicolas und ich<br />
überhaupt nicht kaufmännisch orientiert waren. Wir haben<br />
aber schnell gelernt, dass man für ein Festival auch<br />
die wirtschaftliche Struktur schaffen muss. Das war am<br />
Anfang sehr stressig, im Grunde genommen ist es das<br />
immer noch, selbst wenn mit etwas Routine viele Dinge<br />
organisierter ablaufen. Ich habe ein wenig den Eindruck,<br />
dass wir eine riesige Welle ausgelöst haben. Als diese<br />
dann erst einmal ins Rollen kam, mussten wir zwangsläufig<br />
lernen, auf ihr zu reiten, uns von ihr mittragen zu<br />
lassen und ihrer Bewegung zu folgen. Ich erinnere mich<br />
beispielsweise daran, als die Druckerei das erste Mal die<br />
Programme angeliefert und die Paletten direkt vor meiner<br />
Haustür abgestellt hat. Es regnete, und ich musste sie<br />
alleine nach drinnen schaffen.<br />
In diesem Augenblick habe<br />
ich mich wirklich gefragt, in<br />
welches Abenteuer wir uns da<br />
gestürzt hatten!<br />
Heute ist arabesques ein Teil<br />
der kulturellen Landschaft in<br />
Hamburg und spielt eine wichtige<br />
Rolle als Botschafter für die<br />
deutsch-französischen Beziehungen<br />
…<br />
In der Tat ist es ein riesiger<br />
Erfolg. Es macht großen<br />
Spaß, all diese Menschen zu<br />
sehen, die, von echter Neugier<br />
getrieben, die Konzerte und<br />
Ausstellungen besuchen oder<br />
an Debatten teilnehmen. Die<br />
Stadt betrachtet uns heute<br />
als einen echten Partner im<br />
Bereich der Kultur. Auf französischer<br />
Seite haben sich die<br />
Dinge ebenfalls nach und nach<br />
verändert. Das war unumgänglich,<br />
denn arabesques hat<br />
sich bewährt, das Festival ist<br />
ein richtiggehendes Kulturereignis<br />
geworden, das heute ein<br />
Teil der deutsch-französischen<br />
Kulturlandschaft ist und das<br />
zudem eine gute Werbung für<br />
Frankreich darstellt. Für mich<br />
ist es auf jeden Fall etwas ganz<br />
Natürliches, etwas, das mit meiner Liebe für dieses Land<br />
zusammenhängt: Kultur und Austausch habe ich schon<br />
immer gemocht. Ich bin überzeugt, dass ein soziales und<br />
kulturelles Netzwerk, Initiativen wie arabesques – und im<br />
Übrigen auch Frankreich erleben –, wesentlich für die Förderung<br />
der deutsch-französischen Beziehung sind. Wenn<br />
sie dazu noch spontan entstehen und nicht von offiziellen<br />
Institutionen, sondern von Individuen initiiert werden,<br />
dann sagt dies viel über die Stärke dieser Beziehung aus.<br />
Unser aller Aufgabe als Staatsbürger ist es, uns dafür einzusetzen.<br />
Jeder kann im Rahmen seiner Möglichkeiten<br />
Botschafter für die deutsch-französische Beziehung sein.<br />
Europa braucht dies mehr als je zuvor.<br />
Barbara Barberon-Zimmermann, vielen Dank für das Gespräch.<br />
74 · Frankreich erleben · <strong>Herbst</strong> <strong>2016</strong>
• Sprachzeitungen •<br />
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Der Duft Frankreichs<br />
aus Ihrem Kochtopf<br />
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»À table«<br />
Typisch französische Rezepte.<br />
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Mit deutschen<br />
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Bon appétit!<br />
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ART DE VIVRE Musik<br />
Das unglaubliche Vermächtnis<br />
Die Werke des französischen<br />
Komponisten Maurice Ravel<br />
(1875-1937) gehören zu den meistgespielten<br />
der Welt. Man schätzt,<br />
dass sein berühmter Bolero alle<br />
zehn Minuten irgendwo auf der<br />
Erde aufgeführt wird. Ein Erfolg,<br />
der gigantische Urheberrechtsvergütungen<br />
nach sich zieht.<br />
Genaueres über deren Höhe zu<br />
erfahren, ist allerdings unmöglich.<br />
Die Anspruchsberechtigten, die<br />
in keiner verwandtschaftlichen<br />
Beziehung zum Komponisten<br />
stehen, haben daraus eines der<br />
bestgehüteten Geheimnisse im<br />
Bereich der klassischen Musik gemacht.<br />
Doch am 1. Mai ist der<br />
Bolero Gemeingut geworden.<br />
Jeder hat seitdem also das Recht,<br />
das Stück lizenzfrei aufzuführen.<br />
Die bisherigen Bezieher der Tantiemen<br />
versuchen, sich dem zu<br />
widersetzen. Bis jetzt ohne Erfolg.<br />
Abgesehen von diesen Streitigkeiten<br />
wurde nun allerdings durch<br />
einen Vorfall das Vermächtnis<br />
von Maurice Ravel als solches ins<br />
Licht der Öffentlichkeit gerückt,<br />
und dabei wurde offensichtlich,<br />
dass dies eine höchst seltsame<br />
Geschichte ist.<br />
Maurice Ravel am Klavier (1914).<br />
Die Angelegenheit hätte unbemerkt bleiben können. Doch Neugier<br />
und Hartnäckigkeit einiger leidenschaftlicher Musikliebhaber<br />
haben den Plan durchkreuzt und dazu geführt, dass im<br />
vergangenen Februar in New York in letzter Minute eine Versteigerung<br />
annulliert wurde. Bei dieser Auktion, die durch amerikanische Händler<br />
organisiert worden war, sollte ein unglaublicher Posten mit 1300 Partiturseiten<br />
und unveröffentlichten Werken von Maurice Ravel versteigert<br />
werden. Diese größte bisher bekannte Privatsammlung seiner Werke<br />
repräsentiert einen Schatz, von dem man annahm, er würde ruhig in der<br />
Schweiz im Tresor von Evelyne Pen de Castel ruhen, der wichtigsten<br />
Anspruchsberechtigten auf den Nachlass von Ravel und der Inhaberin<br />
der Urheberrechte an seinem Gesamtwerk. Die französische Zeitung Le<br />
Figaro, die davon Wind bekommen hatte und erstaunt darüber war, dass<br />
diese Sammlung verkauft werden sollte, ohne dass die französischen<br />
Kulturbehörden darüber informiert worden waren, recherchierte in dieser<br />
Angelegenheit als Erste und kontaktierte Evelyne Pen de Castel.<br />
Diese wollte sich jedoch weder zu den Gründen für den Verkauf äußern,<br />
noch dazu, wo sich die wertvollen Schriften befinden … « Aus gutem<br />
Grund », urteilte die Zeitung. « Es scheint, dass der Nachlass von Maurice<br />
Ravel ein klassisches Beispiel für kleine Arrangements ist, bei denen<br />
man sich nur wenig darum schert, dass das Werk des Komponisten ein<br />
nationales Kulturerbe darstellt …»<br />
Der Bolero ist das bekannteste von Ravels Werken. Sein weltweiter<br />
Erfolg ist unbestritten, egal ob man ihn nun fantastisch oder – aufgrund<br />
des repetitiven Rhythmus – nervtötend findet. Maurice Ravel<br />
hatte das Musikstück 1928 auf Wunsch einer Freundin und Mäzenin,<br />
der russischen Tänzerin Ida Rubinstein, komponiert, und es wurde<br />
noch im selben Jahr an der Opéra Garnier in Paris umgesetzt. In den<br />
knapp 90 Jahren seither haben die renommiertesten Orchester der Welt<br />
den Bolero gespielt, und er hat zahlreiche Choreografien inspiriert. Ein<br />
76 · Frankreich erleben · <strong>Herbst</strong> <strong>2016</strong>
von Maurice Ravel<br />
Erfolg, der logischerweise sehr, sehr hohe Tantiemen nach<br />
sich gezogen hat. Sogar rekordverdächtige, denn obwohl<br />
der Betrag nie veröffentlicht wurde, lag der Bolero bis<br />
1994 auf Platz eins der weltweiten Tantiemenrangliste,<br />
und 2015 war er immerhin noch auf dem 103. Platz zu<br />
finden. Eingezogen und viermal pro Jahr an die Anspruchsberechtigten<br />
ausbezahlt wurden die Tantiemen für<br />
die Nutzung des Boleros von der französischen Société des<br />
auteurs, compositeurs et éditeurs de musique (SACEM). Diese<br />
französische Gesellschaft zur Verwaltung künstlerischer<br />
Urheberrechte ist das Pendant zur deutschen Gema. Wie<br />
meist in solchen Fällen wird der Betrag geheim gehalten.<br />
Man schätzt, dass sich die im Laufe der Jahre ausgezahlten<br />
Vergütungen auf mehrere Dutzend Millionen Euro<br />
belaufen … Bis hierher ist alles normal. Das Problem liegt<br />
eher in der Persönlichkeit der Rechteinhaber und darin,<br />
wie diese mit dem Vermächtnis umgehen.<br />
Zum Zeitpunkt seines Todes im Jahr 1937 hatte Maurice<br />
Ravel einen einzigen Erben: seinen Bruder Edouard.<br />
Folglich fiel diesem der gesamte Nachlass zu. 1954 hatte<br />
Edouard Ravel allerdings einen schweren Autounfall.<br />
Die Friseurin Jeanne Taverne trat daher damals in seine<br />
Dienste, ihr Mann Antoine, bis dato ebenfalls Friseur,<br />
sprang als Chauffeur ein. 1958 verfasste Edouard ein Testament,<br />
in dem er Jeanne Taverne zu seiner Universalerbin<br />
machte. Lediglich den ehemaligen Wohnsitz Belvédère<br />
von Ravel in Montfort-l’Amaury – eine Gemeinde rund<br />
50 Kilometer westlich von Paris – vermachte er der öffentlichen<br />
Einrichtung Réunion des Musées Nationaux (RMN),<br />
« um daraus ein Ravel-Museum in Gedenken an meinen<br />
Bruder zu machen », wie er im Testament präzisierte.<br />
Die Eheleute Taverne hatten von dieser Schenkung<br />
eine ganz bestimmte Vorstellung, denn für sie hatte Edouard<br />
selbstverständlich beabsichtigt, dem französischen<br />
Staat lediglich das Gebäude Belvédère zu vermachen, nicht<br />
aber den Inhalt. Demzufolge beanspruchten sie alle Möbel,<br />
Bilder, Papiere, Partituren sowie andere Objekte aus<br />
dem Besitz von Maurice Ravel für sich und entfernten alle<br />
wertvollen Besitztümer, darunter die 1300 Seiten, die im<br />
vergangenen Februar in New York hätten versteigert werden<br />
sollen, unverzüglich … Auf diese Weise sind Tausende<br />
Blätter mit Notizen von Maurice Ravel und Partituren bislang<br />
unveröffentlichter Werke verschwunden. Wie durch<br />
Zufall sind im Laufe der Jahre einige Dokumente bei<br />
verschiedenen Versteigerungen auf der ganzen Welt aufgetaucht,<br />
ohne dass dies jedoch in der breiten Masse publik<br />
geworden wäre. An ihnen erfreuen sich nun skrupellose<br />
Sammler, und die Möglichkeit, sie in einem Musée Ravel<br />
zusammentragen zu können, schwindet mehr und mehr.<br />
Das Vermächtnis von Maurice Ravel wird heute im<br />
Wesentlichen von Evelyne Pen de Castel verwaltet. Die<br />
Sechzigjährige wollte immer diskret bleiben, verwaltet<br />
jedoch « das Image des Komponisten mit eiserner Hand »,<br />
wie Le Figaro berichtet. Das geht so weit, dass sie « vom<br />
Friedhof Levallois-Perret verlangt, dass alle Anfragen<br />
bezüglich Aufnahmen seines Grabes für Fernsehen oder<br />
Kino über sie zu laufen hätten ». Sie war es auch, die hinter<br />
dem geplanten Verkauf in New York stand.<br />
Dies war jedoch vermutlich der Tropfen, der das Fass<br />
zum Überlaufen brachte: zu wichtig, zu öffentlich, sicher<br />
auch zu skandalös. Plötzlich waren alle Scheinwerfer auf<br />
die seltsamen Praktiken im Zusammenhang mit diesem<br />
bislang so diskreten Nachlass gerichtet. Inzwischen hat es<br />
die Association des Amis de Ravel übernommen, die Öffentlichkeit<br />
über die wertvollen Dokumente aus dem Nachlass<br />
von Ravel zu informieren und über die dringende Notwendigkeit,<br />
sich mehr um diesen nationalen Schatz Frankreichs<br />
zu kümmern. Diese Vereinigung hat es sich zum Ziel gesetzt,<br />
« das Andenken an den Komponisten zu wahren » und<br />
daher vor Kurzem mutig eine Petition lanciert, als « internationalen<br />
Aufruf für die Rückführung aller verschwundenen<br />
Dokumente und Besitztümer von Maurice Ravel, um diese<br />
in die öffentlichen französischen Archive zu integrieren<br />
und den Menschen zugänglich zu machen ».*<br />
Die Anspruchsberechtigten kämpfen jedoch an allen<br />
Fronten weiter: Obwohl der Bolero nun seit Anfang<br />
Mai Gemeingut geworden ist, versuchen sie, sich dem<br />
zu widersetzen. Von der Schweiz aus – von wo aus sie<br />
die Rechte über in Steuerparadiesen ansässige Gesellschaften<br />
verwalten – wollen sie die Aufrechterhaltung<br />
ihrer Ansprüche auf die Tantiemen für weitere 23 Jahre<br />
durchsetzen. Wie? Indem sie anführen, dass dem Werk<br />
ein « neuer » Koautor zuzuschreiben sei. Da das Stück als<br />
Ballett kreiert worden sei, wollten sie es als ein Gemeinschaftswerk<br />
zwischen Maurice Ravel und … dem Dekorateur<br />
Alexandre Benois anerkennen lassen. Dies hätte<br />
den Übergang in das Gemeingut hinausgeschoben. Ende<br />
April haben die Verwalter der SACEM dieses Ansinnen<br />
einstimmig abgelehnt, mit der Begründung, dass « Alexandre<br />
Benois vielleicht von der Musik zur Kreation seiner<br />
Dekoration inspiriert worden sei, dass diese Inspiration<br />
umgekehrt aber nicht gegeben war. » Ob das reichen<br />
wird, die Geldgier der Anspruchsberechtigten einzudämmen?<br />
Das ist nicht sicher …<br />
* Auf www.boleravel.fr gibt es nähere Informationen zu diesem<br />
internationalen Aufruf sowie einen Link zur Unterstützung der<br />
Petition.<br />
Frankreich erleben · <strong>Herbst</strong> <strong>2016</strong> · 77
FRANKREICH HEUTE Geschichte<br />
Die Johnnies<br />
die Lieblingsfranzosen der Engländer<br />
Seit 188 Jahren überqueren Bretonen aus Roscoff und umliegenden Gemeinden im Finistère<br />
Jahr für Jahr den Ärmelkanal, um in England ihre berühmten rosa Zwiebeln zu verkaufen, eine<br />
Sorte, die als der « Rolls-Royce » unter den Zwiebeln angesehen wird. Von diesem erstaunlichen<br />
Handel abgesehen erzählt ihre Geschichte auch vom Kampf mutiger Frauen und Männer, für<br />
die der Ärmelkanal niemals ein Hindernis war und die damit auf ihre Art Vorreiter in Sachen<br />
Freizügigkeit waren. Für sie war es die natürlichste Sache der Welt, Geschäfte mit Großbritannien<br />
zu betreiben. Dadurch haben sie nicht nur ihren Lebensunterhalt verdient, sondern auch<br />
eine dauerhafte Freundschaft zu diesem Land und seinen Bewohnern aufgebaut.<br />
78 · Frankreich erleben · <strong>Herbst</strong> <strong>2016</strong>
Eine Zwiebel mag noch so unbedeutend<br />
aussehen, dennoch kann sie<br />
das Leben einer ganzen Region<br />
verändern! Die Bewohner von Roscoff,<br />
Saint-Pol-de-Léon und Plouescat im Finistère<br />
wissen dies nur zu gut: Dieses Gemüse<br />
hat einen entscheidenden Anteil an<br />
der Entwicklung ihres kleinen, unberührten<br />
Winkels in der Bretagne, wo man<br />
sich heute angesichts der hübschen Dörfer<br />
und der mit den typischen blauen und rosafarbenen<br />
Hortensien gesäumten Straßen<br />
nur schwer vorstellen kann, dass Armut<br />
hier einmal sehr verbreitet war.<br />
Obwohl im äußersten Westen des<br />
französischen Festlandes eher die maritimen<br />
Landschaften den eigentlichen<br />
Reichtum auszumachen scheinen und<br />
immer mehr Touristen anziehen, war es<br />
paradoxerweise jedoch die Erde und nicht<br />
das Meer, die jahrhundertelang vielen<br />
Familien in Roscoff und Umgebung ein<br />
Einkommen gesichert hat. Im Umkreis<br />
von rund vierzig Kilometern um die Stadt<br />
gibt es nämlich einen sandigen und ganz<br />
besonders fruchtbaren Boden. In Verbindung<br />
mit dem sehr milden Klima – dem<br />
Golfstrom sei Dank –, bei dem Frost sehr<br />
selten ist, es dafür aber an regelmäßigen<br />
sanften Niederschlägen nicht mangelt<br />
– man spricht vom berühmten crachin<br />
breton (dem bretonischen Nieselregen)<br />
–, konnten die Bewohner dieser Gegend<br />
schon immer viele Gemüsesorten in außergewöhnlicher<br />
Qualität produzieren<br />
(Zwiebeln, Blumenkohl, Artischocken,<br />
weiße Rüben …), die auch heute noch den<br />
Ruf der Region ausmachen und in ganz<br />
Frankreich verkauft werden.<br />
Doch trotz dieses reichhaltigen Bodens<br />
und der zahlreichen Erzeugnisse, die<br />
sie darauf anbauen konnten, führten die<br />
Bauern hier lange Zeit ein sehr ärmliches<br />
Leben. Die überwiegende Zahl von ihnen<br />
hatte das Land, das sie bestellten, von reichen<br />
Grundbesitzern gepachtet, die sich<br />
nur wenig um die Lebensbedingungen<br />
dieser Menschen scherten. Insofern darf<br />
man sich von den schönen Fassaden der<br />
historischen Gebäude, die bei einem Besuch<br />
von Roscoff ins Auge stechen, nicht<br />
täuschen lassen. Sie zeugen zwar von der<br />
florierenden Vergangenheit einer Stadt,<br />
die seit dem Mittelalter mit Portugal,<br />
Spanien und England Handel getrieben<br />
hat, sie sollten jedoch die Armut derer,<br />
die dieses exportierte Gemüse produziert<br />
haben, nicht vergessen lassen: die Armut<br />
von Landarbeitern, die aufgrund des Arbeitsmangels<br />
ihre Arbeitskraft tageweise<br />
auf dem Place du Parvis in Saint-Pol für<br />
einen Hungerlohn anboten, der traditionell<br />
zu den niedrigsten in der Bretagne<br />
zählte.<br />
Neugierige Menschen, die durch<br />
Roscoff bummeln, sind vielleicht über ungewöhnliche<br />
Details an der Fassade eines<br />
hübschen Hauses erstaunt: An der Regenrinne<br />
hängen seltsame Zwiebelzöpfe<br />
und auf einem für Nichteingeweihte eher<br />
mysteriösen Schild steht Maison des Johnnies<br />
et de l’oignon geschrieben. Viele gehen<br />
daran vorbei, ohne das kleine weiße Tor<br />
zu öffnen. Das ist schade. Denn dahinter<br />
befindet sich ein sympathisches Museum,<br />
das von einer eher unbekannten Facette<br />
der Stadtgeschichte zeugt. Hier erfährt<br />
man, durch welche findige Idee einige<br />
Bretonen Mitte des 19. Jahrhunderts dem<br />
herrschenden Elend entkommen konnten:<br />
indem sie den Handel mit einem etwas<br />
anderen Gemüse aufbauten, nämlich mit<br />
der Zwiebel von Roscoff.<br />
Der Held von Roscoff heißt Henri<br />
Olivier. Die Armut trieb diesen 1808 geborenen<br />
Seemann und Bauern dazu, im<br />
Kampf um das Überleben neue Ideen zu<br />
entwickeln. Sein unternehmerischer Charakter<br />
führte ihn zunächst nach Paris, wo<br />
er Abnehmer für seine Erzeugnisse suchte.<br />
1828 kam ihm dann zu Ohren, dass<br />
in Großbritannien ein höherer Lebensstandard<br />
herrsche, da dort die industrielle<br />
Revolution viel schnellere Fortschritte als<br />
in Frankreich gemacht hatte. Es gelang<br />
ihm, vier Freunde davon zu überzeugen,<br />
gemeinsam mit ihm ein kleines Boot<br />
zu chartern, es mit Zwiebeln zu beladen<br />
– ein Gemüse, das es in Roscoff im<br />
Überfluss gab und das sich gut lagern lässt<br />
– und zu versuchen, diese Zwiebeln jenseits<br />
des Ärmelkanals zu verkaufen. Die<br />
Idee erschien verrückt. Und doch war sie<br />
ein voller Erfolg: Kurze Zeit später kehrten<br />
die fünf Freunde zurück, nachdem sie<br />
ihre ganze Ladung verkauft und damit<br />
einen neuen Markt entdeckt hatten, der<br />
den Bauern in Roscoff vielversprechende<br />
Möglichkeiten erschloss. Henri Olivier<br />
wusste zu diesem Zeitpunkt noch nicht,<br />
dass die Zwiebel für ihn und viele andere<br />
die Rettung sein würde.<br />
Im Maison des Johnnies<br />
et de l’oignon in Roscoff<br />
kann man neben<br />
zahlreichen Fotos, welche<br />
die Johnnies beim Verkauf<br />
ihrer Zwiebeln in England<br />
zeigen, auch mehrere<br />
symbolträchtige Objekte<br />
entdecken, beispielsweise<br />
eines ihrer Fahrräder.<br />
Frankreich erleben · <strong>Herbst</strong> <strong>2016</strong> · 79
FRANKREICH HEUTE Geschichte<br />
Oben und rechte Seite:<br />
Innen- und Außenansichten<br />
des Maison des Johnnies et<br />
de l‘oignon und die Kapelle<br />
der Heiligen Barbara.<br />
Roscoff und Zwiebeln, das ist eine<br />
lange Geschichte. Bereits im 16. Jahrhundert<br />
verkaufte man dieses Gemüse auf den<br />
Märkten in der Region, und sie genoss einen<br />
guten Ruf, den sie bis heute nicht verloren<br />
hat. Sie ist länger lagerfähig als ihre<br />
Konkurrentinnen und übersteht mehrere<br />
Monate, ohne zu verderben. Sie hat einen<br />
besonderen Geschmack und eine hellrosa<br />
Farbe, die vermutlich dem Tang zuzuschreiben<br />
ist, den man an den Stränden<br />
einsammelt und als Dünger benutzt.<br />
Die Initiative von Henri Olivier, diese<br />
hochwertigen Zwiebeln nach Großbritannien<br />
zu exportieren, kam zur richtigen<br />
Zeit: Zwischen 1801 und 1901 war die<br />
Bevölkerung dort von 16 auf 45 Millionen<br />
Einwohner angestiegen, und durch die<br />
industrielle Revolution waren neue Berufe<br />
entstanden. Die ländliche Bevölkerung<br />
hatte dagegen um 29 % abgenommen. Das<br />
Land stand vor vollendeten Tatsachen: Es<br />
gab nicht mehr genügend Landwirte, um<br />
alle Menschen zu ernähren. Man musste<br />
also importieren.<br />
Zwiebeln sind zwar kein Grundnahrungsmittel,<br />
aber sie sind relativ günstig,<br />
man kann sie roh, gekocht oder gebraten<br />
verwenden und mit ihnen viele Gerichte<br />
würzen. Als Zwiebelsuppe zubereitet sind<br />
sie ein eigenständiges Gericht, das zusammen<br />
mit etwas Brot den Hunger stillt.<br />
Die Engländer kannten dieses Gemüse<br />
bereits gut und konsumierten viel davon.<br />
Bald war die Zwiebel aus Roscoff ihre<br />
Lieblingszwiebel.<br />
Nach der erfolgreichen Reise von<br />
Henri Olivier entwickelte sich im Laufe<br />
der Jahre in Roscoff ein ganzer Wirtschaftszweig<br />
mit Unternehmen, die 15 bis<br />
30 Mitarbeiter und mehr beschäftigten.<br />
1902 waren es 72. Jedes Jahr trafen sich<br />
die Zwiebelproduzenten, am Tag nach<br />
dem Fest der Heiligen Barbara, jeweils<br />
am dritten Sonntag und Montag im Juli,<br />
am Alten Hafen von Roscoff. Nach einer<br />
Prozession mit ihren Familien zur kleinen<br />
Kapelle der Heiligen Barbara – die immer<br />
noch oberhalb des Alten Hafens steht<br />
– begaben sie sich auf ihre mit der Zwiebelernte<br />
beladenen Boote. Viele von ihnen<br />
sahen ihre Familien erst an Weihnachten<br />
wieder.<br />
Je nach den Wetterbedingungen dauerte<br />
die Überfahrt eine oder auch mehrere<br />
Wochen. In England angekommen,<br />
suchten die bretonischen Zwiebelerzeuger<br />
dann einen Ort, an dem sie leben und<br />
ihre Ware lagern konnten, und wurden<br />
zu Verkäufern. Die meisten sprachen<br />
zunächst kein Englisch und mussten feststellen,<br />
dass es dort eine andere Währung<br />
gab. Da jedoch Walisisch und Bretonisch<br />
verwandte Sprachen sind, funktionierte<br />
die Kommunikation nicht einmal so<br />
schlecht, und die Bretonen lernten schnell<br />
die ersten wichtigen Sätze wie: « Would<br />
you like some onions, please? » Die französischen<br />
Zwiebelverkäufer waren in<br />
England zunächst zu Fuß unterwegs, auf<br />
der Schulter trugen sie einen langen Stab,<br />
an dem manchmal bis zu 50 kg Zwiebeln<br />
hingen. Später zogen sie dann mit dem<br />
Fahrrad und schließlich mit einem Lieferwagen<br />
übers Land und, so erstaunlich<br />
es auch erscheinen mag, eroberten die<br />
Herzen der Menschen dort. Zunächst<br />
waren die Engländer zwar etwas ungehalten<br />
über diese oft sturen Verkäufer, die<br />
nicht davor zurückschreckten, durch die<br />
Hintertür zu kommen, wenn man ihnen<br />
den Zutritt durch den Haupteingang<br />
untersagte. Doch schließlich lernten sie,<br />
deren legendäre gute Laune zu schätzen<br />
und amüsierten sich über den lustigen<br />
französischen Akzent. Vor allem aber<br />
überzeugte die Zwiebel aus Roscoff durch<br />
ihre Qualität, sodass man sie jedes Jahr<br />
aufs Neue wieder sehnlichst erwartete.<br />
Im Laufe der Jahre wurden so Hunderte<br />
Tonnen Zwiebeln aus Roscoff<br />
importiert und die umherziehenden französischen<br />
Zwiebelverkäufer wurden Teil<br />
des britischen Landschaftsbildes. Auch<br />
wenn ihre Ankunft für den nahenden<br />
<strong>Herbst</strong> und Winter stand, schätzte man<br />
sie enorm. Dies ging so weit, dass man<br />
ihnen liebevolle Spitznamen verpasste,<br />
die von den französischen Vornamen Jean<br />
oder Jean-Yves abgeleitet waren, die viele<br />
von ihnen trugen: Die Engländer nannten<br />
sie Johnny Onions, die Schotten Ingan<br />
Johnnies und die Waliser Shoni Onions.<br />
Da diese Bretonen nach ihrer Rückkehr<br />
immer gern von ihren Erlebnissen berichteten,<br />
nannte man sie seitdem die Johnnies<br />
de Roscoff.<br />
Gewissermaßen waren die bretonischen<br />
Zwiebelhändler also Vorreiter in<br />
Sachen Freihandel und Freizügigkeit<br />
in Europa. Da diese Art zu handeln<br />
dem heutigen Konsumverhalten jedoch<br />
80 · Frankreich erleben · <strong>Herbst</strong> <strong>2016</strong>
nicht standhalten konnte, gibt es heute<br />
nur noch fünf oder sechs Johnnies, die<br />
nach wie vor auf diese besondere Weise<br />
« haus ieren » gehen.<br />
Das Maison des Johnnies et de l’oignon<br />
de Roscoff erinnert an sie und daran,<br />
wie sie zum Aufschwung der ehemals<br />
schwachen Wirtschaft der Region beigetragen<br />
haben. Gwyn Griffiths war an<br />
der Gründung dieses Museums beteiligt.<br />
Der ehemalige Journalist der BBC hat<br />
sich immer für die Bretagne begeistert<br />
und war einer der Ersten, der sich für die<br />
Geschichte der Johnnies interessiert hat.<br />
Mittlerweile ist er ein richtiggehender<br />
Spezialist für dieses Thema geworden<br />
und hat ihnen sogar ein Buch gewidmet<br />
(Le Monde des Johnnies, Editions le Télégramme).<br />
Seiner Meinung nach müssten<br />
die Franzosen den bretonischen Johnnies<br />
viel mehr Anerkennung zollen, als es tatsächlich<br />
der Fall ist. Zumindest sollten sie<br />
ihre Geschichte kennen. « Es ist schade,<br />
wenn man bedenkt, dass die rosa Zwiebel<br />
aus Roscoff in Großbritannien mehr<br />
geschätzt wird als in Paris. Hätte es die<br />
Johnnies nicht gegeben, die sie vermarktet<br />
haben, wäre sie dabei, zu verschwinden. »<br />
Die Tatsache, dass die Erinnerung an<br />
die Johnnies jenseits des Ärmelkanals in<br />
den Köpfen der Menschen immer noch<br />
lebendig ist, beruhigt ihn. Er berichtet<br />
von einer Zeichnung, die deren Symbolik<br />
anschaulich illustriert: « Am Tag des<br />
Durchstichs des Ärmelkanaltunnels, als<br />
sich unter dem Meer, irgendwo zwischen<br />
Dover und Calais, die Arbeiter aus beiden<br />
Ländern begegnet sind, habe ich eine<br />
Karikatur gesehen, die mit dem bekannten<br />
Image der Johnnies gespielt hat: Ein<br />
Fahrradfahrer durchquert den Tunnel,<br />
den Lenker mit Zwiebeln beladen, ein<br />
Baguette in der einen Tasche, eine Flasche<br />
Wein in der anderen … » Auch ein<br />
anderes Beispiel zeugt von der Zuneigung<br />
der Engländer zu den Johnnies. Diesmal<br />
ist es eine Szene aus der Sitcom ’Allo ’Allo!<br />
des englischen Fernsehsenders BBC. « Sie<br />
spielt in einem Pariser Bistro, das von<br />
Mitgliedern der Résistance geführt wird<br />
und in dem auch Deutsche verkehren. In<br />
einer Episode verkleiden sich die Deutschen<br />
als französische Bauern, genauer<br />
gesagt als bretonische Zwiebelhändler!<br />
Für einen Durchschnittsbriten repräsentieren<br />
bretonische Zwiebelhändler also<br />
die Franzosen, während sie vielen Franzosen,<br />
vielleicht sogar manchen Bretonen,<br />
nichts sagen. » Gwyn Griffiths hat sich in<br />
England immer darüber amüsiert, dass<br />
nur wenige Franzosen diesen Teil der Geschichte<br />
kennen, die doch ihre eigene ist.<br />
Das Bild des Zwiebelhändlers – der mehr<br />
als ein Jahrhundert lang im Normalfall<br />
der einzige Franzose war, den ein Engländer<br />
im Laufe seines Lebens traf – hat<br />
einen hohen Wiedererkennungseffekt.<br />
Dagegen kann es vorkommen, dass Südfranzosen<br />
etwas verständnislos äußern:<br />
« Wir verstehen, warum man Franzosen<br />
mit Baguette und Wein symbolisiert, auch<br />
Schnecken oder Frösche sind klar, aber<br />
warum stellt man uns mit einem Fahrrad<br />
und Zwiebeln dar? » Auch heute noch<br />
kennen viele Franzosen diese Geschichte<br />
nicht. Zögern Sie also nicht, sie ihnen zu<br />
erzählen. Sie aus dem Mund anderer Europäer<br />
zu hören, würde die letzten Johnnies,<br />
diese mutigen Bretonen, für die der<br />
Freihandel mit England schon lange eine<br />
ganz normale Angelegenheit gewesen ist,<br />
sicherlich zum Schmunzeln bringen …<br />
Maison des Johnnies<br />
et de l’oignon de Roscoff<br />
48, rue Briseur<br />
29680 Roscoff<br />
Telefon: + 33 (0)2 98 61 25 48<br />
www.roscoff.fr<br />
Frankreich erleben · <strong>Herbst</strong> <strong>2016</strong> · 81
ART DE VIVRE Chantals Rezept<br />
«<br />
Für<br />
mich ist es quasi ein Ritual: Jedes Jahr,<br />
wenn die Blätter der Bäume herbstliche<br />
Farben annehmen und die Zeit der Pilze<br />
gekommen ist, bereite ich diese Tarte zu, denn<br />
sie gehört einfach zu dieser Jahreszeit. Sie<br />
verbindet in harmonischer Weise den feinen<br />
Pilzgeschmack mit einem Mürbeteig aus<br />
Kastanienmehl. Eine einfache und köstliche<br />
Art, den <strong>Herbst</strong> zu genießen. Bon appétit!»<br />
Tarte d’automne<br />
aux champignons et à la farine de châtaigne<br />
Für 4 Personen • Zubereitungszeit: 35 Minuten • Ruhezeit: 1,5 Stunden • Koch- und Backzeit: 55 Minuten<br />
82 · Frankreich erleben · <strong>Herbst</strong> <strong>2016</strong>
Zutaten Mürbeteig<br />
125 g Weizenmehl<br />
125 g Kastanienmehl<br />
130 g Butter<br />
5 cl Wasser<br />
1 Prise Salz<br />
Zutaten Belag<br />
700 g gemischte Pilze (Champignons,<br />
Röhrlinge, Steinpilze<br />
…); idealerweise nimmt<br />
man frische Pilze, es gibt<br />
jedoch auch tiefgefrorene<br />
Mischungen in guter Qualität<br />
30 g Butter<br />
3 Eier<br />
3 EL Crème fraîche<br />
2 EL Olivenöl<br />
1 Zwiebel<br />
2 Knoblauchzehen<br />
Frische Kräuter:<br />
4-5 Thymianzweige<br />
½ Bund Schnittlauch<br />
½ Bund glatte Petersilie<br />
100 g Parmesanspäne<br />
Salz und Pfeffer<br />
Zubereitung Mürbeteig<br />
• Die beiden Mehlsorten mit dem<br />
Salz und der in kleine Stücke<br />
geschnittenen, weichen Butter<br />
mischen. Wenn die Mischung<br />
krümelig wird, nach und nach<br />
das Wasser zugeben (man benötigt<br />
nicht zwangsläufig die<br />
ganze Menge), vorsichtig kneten<br />
und zu einer Kugel formen.<br />
• Den Teig in Frischhaltefolie<br />
wickeln und eine Stunde im<br />
Kühlschrank ruhen lassen.<br />
• Teig ausrollen und eine Tarteform<br />
mit 24 cm Durchmesser damit<br />
auslegen. Boden mit einer Gabel<br />
einstechen und nochmals eine halbe<br />
Stunde in den Kühlschrank stellen.<br />
• Backofen auf 180° C vorheizen.<br />
Zubereitung Belag<br />
• Zwiebel und Knoblauchzehen<br />
schälen und separat fein<br />
hacken. Petersilie und Schnittlauch<br />
ebenfalls hacken.<br />
• Champignons putzen und in<br />
größere Stücke schneiden. Tiefgefrorene<br />
Pilze zunächst in einer<br />
heißen Pfanne anschwitzen, damit<br />
das enthaltene Wasser verdampft.<br />
• Öl in einer Pfanne erhitzen und<br />
Zwiebeln darin glasig dünsten.<br />
Dann Butter, Knoblauch, Thymianzweige<br />
und Pilze zugeben.<br />
Rund 10 Minuten anbraten, bis<br />
die Pilze schön gebräunt sind.<br />
Thymianzweige entfernen, salzen<br />
und pfeffern, Petersilie und<br />
Schnittlauch untermischen.<br />
• Abkühlen lassen und auf<br />
dem Teigboden verteilen.<br />
• Eier mit der Crème fraîche<br />
schlagen und die Mischung<br />
auf die Pilze verteilen.<br />
• Rund 45 Minuten backen, dabei<br />
von Zeit zu Zeit überprüfen und<br />
aus dem Ofen nehmen, wenn<br />
die Tarte eine schöne herbstliche<br />
Farbe angenommen hat.<br />
• Vor dem Servieren mit<br />
Parmesanspänen bestreuen.<br />
Tipp<br />
• Zu diesem herbstlichen Genuss<br />
passt ein kleiner Salat. Meine<br />
Weinempfehlung: ein Rotwein<br />
aus dem Burgund, beispielsweise<br />
ein Volnay oder ein Beaune.<br />
Frankreich erleben · <strong>Herbst</strong> <strong>2016</strong> · 83
ART DE VIVRE Bier<br />
84 · Frankreich erleben · <strong>Herbst</strong> <strong>2016</strong>
Frankreich, das neue Eldorado<br />
für Bierliebhaber<br />
Die Tatsache lässt sich nicht leugnen: Seit einigen Jahren gibt es in Frankreich immer mehr<br />
Bierliebhaber. Inzwischen ist es nicht mehr nur der Bierkonsum, der zunimmt (+2,8 % 2014 und<br />
+1 % 2015), sondern es gibt vor allem im Bereich der Produktion einen sprunghaften Anstieg.<br />
Obwohl Frankreich in Sachen Bierkonsum nur den 28. Platz in Europa innehat, liegt das Land<br />
paradoxerweise mit mehr als 800 Brauereien hinsichtlich der Anzahl der Produktionsstätten auf<br />
dem dritten Rang: eine Zahl, die sich innerhalb von nur fünf Jahren verdoppelt hat. Dieses Bier<br />
Made in France wird darüber hinaus lokal und in handwerklichen Verfahren hergestellt, sodass<br />
Liebhaber dieses Gebräus beim Geschmack die Qual der Wahl haben.<br />
Frankreich ein Bierland? Wer hätte das gedacht! Und<br />
doch geht die Entwicklung in diese Richtung. Jede<br />
Woche entstehen irgendwo im Hexagon kleine<br />
Brauereien in einer Geschwindigkeit, die selbst Fachleute<br />
in diesem Bereich erstaunt. Und auch der Konsum steigt<br />
und steigt … Auf französischem Hoheitsgebiet werden<br />
bereits mehr als 2000 verschiedene Biermarken hergestellt,<br />
oft in kleinen lokalen Betrieben. Diese Entwicklung wäre<br />
vor einigen Jahren noch nahezu unvorstellbar gewesen und<br />
bleibt nicht ohne Folgen: Insgesamt 70 % des getrunkenen<br />
Bieres werden inzwischen in Frankreich produziert, eine<br />
Tatsache, die die großen ausländischen Bierproduzenten<br />
langsam aber sicher ziemlich<br />
beunruhigt. Bis dato<br />
war Frankreich vor allem<br />
als Land der Produktion<br />
und des Konsums von<br />
Wein bekannt und stellte<br />
deshalb in Sachen Bier<br />
keine ernstzunehmende<br />
Konkurrenz dar.<br />
Erstaunlich ist auch,<br />
dass die Begeisterung<br />
für Bier und Bierbrauen<br />
gleichmäßig über das ganze Land verteilt ist, und<br />
sich selbst dort ausbreitet, wo nicht zwangsläufig eine<br />
Biertradition besteht. Mittlerweile kann man überall in<br />
Frankreich lokal hergestelltes Bier trinken, egal ob in den<br />
Bergen – die Brasserie du Mont-Blanc verwendet sogar<br />
Wasser aus den Gletschern des berühmten Berges für die<br />
Herstellung –, am Meer – und zwar sowohl an der französischen<br />
Nordküste als auch am Atlantik und am Mittelmeer<br />
– oder sogar mitten in der Stadt.<br />
Diese lokale Produktion zieht einen veränderten Konsum<br />
nach sich. Der traditionelle « öffentliche Konsum » in<br />
Brauereien, Restaurants und Cafés nimmt ab, während<br />
man nun eher dazu tendiert, zu Hause ein « Premiumbier »<br />
zu genießen, das meist in einem Radius von weniger als<br />
20 Kilometern erzeugt wurde, und sich vom altbekannten<br />
Zurzeit gibt es keine offizielle Karte der französischen<br />
Brauereien mit handwerklicher Tradition. Das ist schade. Der<br />
passionierte Bierliebhaber Yves Bou hat seine eigene Karte<br />
erstellt, die er regelmäßig aktualisiert. Ein hilfreiches Tool für<br />
alle, die bei einem Frankreichaufenthalt gerne ein lokales<br />
Bier entdecken möchten:<br />
http://yves.bou.pagesperso-orange.fr/brasseries/<br />
brasseries_francaises<br />
« Bier gegen den Durst » unterscheidet.<br />
Auch das « Terroir », ein Begriff, der vom französischen<br />
Wein bekannt ist, wird heute im Zusammenhang mit Bier<br />
eingesetzt und soll dazu dienen, dieses Getränk regional<br />
zu verankern. Viele der neuen unabhängigen Brauereien<br />
stützen sich auf regionale Besonderheiten und verleihen<br />
ihrem Bier damit eine eigene Identität. Kleine Brauereien<br />
werten das Terroir auf, und die Franzosen haben das inzwischen<br />
begriffen.<br />
Um nachzuvollziehen, wie stolz manche Franzosen<br />
inzwischen auf ihr Bier sind, begebe man sich ganz einfach<br />
an die Theke einer Bar. Dort wird man feststellen,<br />
dass der Wirt heute nicht<br />
selten über die Herkunft,<br />
die Aromen oder die Besonderheiten<br />
des betreffenden<br />
Gebräus Auskunft<br />
geben muss. Eines ist<br />
sicher: Das Image, welches<br />
Bier im Weinland<br />
Frankreich manchmal<br />
auf etwas herablassende<br />
Art und Weise als Getränk<br />
für « Fußball- und<br />
Pizzaabende » einstufte, ist heute nicht mehr gültig. Die<br />
Franzosen haben entdeckt, dass Bier ein sehr hochwertiges<br />
Produkt sein kann, für dessen Herstellung echtes Knowhow<br />
gefragt ist. Es ist im Begriff, ein « schickes » Getränk<br />
zu werden, das manchmal sogar in Feinschmeckerlokalen<br />
serviert wird. Diese Verhaltensänderung macht sich auch<br />
im Zusammenhang mit französischem Käse bemerkbar,<br />
denn anscheinend ist Bier ein absolut geeigneter Begleiter<br />
dafür … Welch eine Revolution!<br />
Der nächste Frankreichurlaub wäre also die ideale Gelegenheit,<br />
um diesem Phänomen auf den Grund zu gehen<br />
und eines der neuen lokalen Biere zu testen. Um Ihnen<br />
die Entscheidung zu erleichtern, hier unsere Auswahl an<br />
kleinen Brauereien im ganzen Land. Prosit … aber selbstverständlich<br />
avec modération*! (*in Maßen)<br />
Frankreich erleben · <strong>Herbst</strong> <strong>2016</strong> · 85
ART DE VIVRE Bier<br />
Les Brasseurs de Gayant<br />
185, rue Léo Lagrange<br />
59500 Douai (Nord)<br />
Tel. + 33 (0)3 27 93 26 22<br />
www.brasseurs-gayant.com<br />
Von den Bieren dieser Brauerei ist vermutlich<br />
La Goudale das bekannteste. Dieses<br />
helle und lagerfähige Bier mit einer goldgelben<br />
Farbe hat sich durch seine Qualität bei Bierliebhabern<br />
einen echten Namen gemacht, obwohl<br />
es in dieser Region nicht wenige Biere gibt.<br />
Brasserie Saint Germain<br />
26, route d’Arras<br />
621<strong>60</strong> Aix-Noulette (Pas-de-Calais)<br />
Tel. + 33 (0)3 21 72 24 24<br />
www.page24.fr<br />
Die von drei Freunden seit 2003 hergestellten<br />
Biere bestehen ausschließlich aus Hopfen<br />
der Region. Ihr Page 24 Brune vieillie en fût de<br />
chêne ist ein dunkles Bier, das acht Monate lang<br />
in Eichenfässern ausgebaut wurde, die zuvor Rotwein<br />
aus dem Burgund enthalten haben. Es ist ein Beispiel<br />
für die Suche nach einem überraschenden und originellen<br />
Geschmack und wird Neugierigen gefallen.<br />
Brasserie La Montreuilloise<br />
97, rue Pierre de Montreuil<br />
93100 Montreuil (Seine-Saint-Denis)<br />
Tel. + 33 (0)6 81 22 65 87<br />
www.la-montreuilloise.com<br />
Ein Modell für eine lokale Brauerei,<br />
die zum einen die Umwelt respektiert, zum<br />
anderen sehr hochwertige Biere herstellt<br />
und darüber hinaus noch einen interessanten<br />
bürgernahen Ansatz verfolgt: Die Bewohner aus<br />
Stadt und Umgebung können an sehr geselligen<br />
Workshops über die Bierherstellung teilnehmen.<br />
Das Bier ist also nicht nur gut, sondern auch noch<br />
sinnvoll.<br />
Brasserie Bapbap<br />
79, rue Saint-Maur<br />
75011 Paris<br />
Tel. + 33 (0)1 77 17 52 97<br />
www.bapbap.fr<br />
In Paris gibt es nur wenige Brauereien.<br />
Diese hier befindet sich in der Nähe des<br />
Place de la République in einem ehemaligen<br />
Lagerhaus mit einer wunderschönen<br />
Metallstruktur wie beim Eiffelturm. Ein passender<br />
Rahmen, um hochwertige Biere zu verkosten und den<br />
Herstellungsprozess mitzuverfolgen. Ein Tipp für einen<br />
originellen und lohnenswerten Programmpunkt<br />
bei einem Besuch in der französischen Hauptstadt.<br />
Brasserie du Marcaire<br />
8, rue de la Gare<br />
68380 Muhlbach sur Munster (Alsace)<br />
Tel. + 33 (0)6 74 67 23 04<br />
www.facebook.com/brasseriedumarcaire<br />
Brasserie de la Loire<br />
Chemin du Bechet<br />
42170 Saint Just St Rambert (Loire)<br />
Tel. + 33 (0)4 77 52 17 45<br />
www.brasseriedelaloire.fr<br />
Eine Mikrobrauerei par excellence, die zudem noch<br />
eine feminine Note hat! Vor einem knappen Jahr hat<br />
Bérangère Thomen sich mitten im schönen Münstertal<br />
in dieses Abenteuer gestürzt. Inzwischen braut sie neben<br />
drei klassischen Bieren (helles Bier, Amberbier, Weißbier) auch<br />
saisonale Sorten und hat sich im Tal bereits einen guten Namen<br />
gemacht. Zweifellos wird eines ihrer Biere bald mit einer Medaille<br />
ausgezeichnet werden!<br />
Das erstaunlichste dieser<br />
100 % biologisch hergestellten<br />
Biere ist wohl das Guette, dessen<br />
schöne Bernsteinfarbe durch Kakaobohnen<br />
entsteht. Es ist mehr als nur<br />
eine verkaufsfördernde Spielerei, es ist<br />
vielmehr eine echte Entdeckung!<br />
86 · Frankreich erleben · <strong>Herbst</strong> <strong>2016</strong>
Brasserie du Mont-Blanc<br />
128, rue René Cassin<br />
73290 La Motte-Servolex (Savoie)<br />
Tel. + 33 (0)4 79 62 23 99<br />
www.brasserie-montblanc.com<br />
Die mit dem Wasser der Mont-<br />
Blanc-Gletscher gebrauten Biere<br />
wurden bereits durch eine Flut von Medaillen<br />
ausgezeichnet: bestes Amberbier<br />
der Welt 2011 und 2014, bestes Weißbier der<br />
Welt 2013 und 2015. Eine feste Größe unter<br />
den Bieren!<br />
Brasserie des Abers<br />
2, avenue de Portsall<br />
29830 Ploudalmézeau (Finistère)<br />
Tel. + 33 (0)2 98 48 74 30<br />
www.lescavesadam.com<br />
Die Biere der Marke Mutine gehören<br />
zu den am westlichsten hergestellten Bieren<br />
im Hexagon. Die Brasserie des Abers<br />
liegt mitten im Pays d’Iroise im Finistère und<br />
vertreibt ihre Biere in dieser Region. Man sollte<br />
nicht darauf verzichten, das Ouessane aux algues<br />
zu probieren, dessen leicht jodhaltigen Geschmack<br />
man nicht so schnell vergessen wird.<br />
Brasserie Burdigala<br />
992, avenue Gustave Eiffel<br />
332<strong>60</strong> La Teste-de-Buch (Gironde)<br />
Tel. + 33 (0)7 82 88 94 47<br />
www.bieredebordeaux.com<br />
Grégoire Agostini ist ein mutiger<br />
Mensch: Er hat sich dazu entschlossen,<br />
in La Teste-de-Buch im Bassin<br />
d‘Arcachon ein biologisches Bier zu brauen<br />
und es lokal anzubieten. Und dies vor allem in<br />
Bordeaux, wo die Einwohner traditionell eher<br />
Wein- als Biertrinker sind … Aber es funktioniert!<br />
Sein Bier Burdigala, wird vor dem Verkauf<br />
zwei Monate gelagert und ist innerhalb weniger<br />
Monate eine Referenz geworden, die man bereits<br />
in guten Restaurants in Bordeaux findet.<br />
Brasserie Carteron Saint-Tropez<br />
9, boulevard Louis Blanc<br />
83390 Saint-Tropez (Var)<br />
Tel. + 33 (0)9 84 00 12 80<br />
www.carteron-saint-tropez.fr<br />
Wenn ein Winzer im Var, der normalerweise<br />
Rosé herstellt, ein Bier kreiert, das neben<br />
Hopfen auch Traubenmost enthält, um<br />
« eine neue Facette der Provence zu zeigen »,<br />
und wenn er dieses Produkt dann auch noch – in Anspielung<br />
auf Saint-Tropez – LA TROP Rosée nennt,<br />
denkt man eher an einen Marketinggag als an ein Geschmackserlebnis.<br />
Und doch hat dieses feine Bier mit<br />
einer leichten Roséfarbe heute zu Recht einen guten<br />
Ruf, da sich die Geschmacksnoten von Hopfen und<br />
Trauben optimal ergänzen.<br />
Brasserie artisanale du Luberon<br />
72, rue Philippe de Girard<br />
84120 Pertuis (Vaucluse)<br />
Tel. + 33 (0)9 80 74 10 97<br />
www.brasserie-luberon.com<br />
In dieser Brauerei, die kleine Mengen hochwertiger<br />
Biere im handwerklichen Verfahren<br />
erzeugt, erinnert man gerne an eine Tatsache,<br />
die heute ein bisschen in Vergessenheit geraten<br />
ist: Bier hat nämlich in dieser Region eine lange Tradition,<br />
bereits die Römer hatten rund ums Mittelmeer<br />
Brauereien eingerichtet. Alle Biere sind biozertifiziert.<br />
Das angenehmste ist vermutlich das BAL Blanche,<br />
das sowohl mittags als auch abends kühl als Aperitif<br />
getrunken wird.<br />
Brasserie Pietra<br />
Route de la Marana<br />
20<strong>60</strong>0 Furiani (Haute-Corse)<br />
Tel. + 33 (0)4 95 30 14 70<br />
www.brasseriepietra.corsica<br />
Eines der originellsten Biere Frankreichs<br />
und gleichzeitig eines der von<br />
Kennern meistgeschätzten ist das Pietra,<br />
das in seiner Zusammensetzung unter anderem<br />
Kastanienmehl enthält. Und zwar nicht irgendeines:<br />
Es stammt aus dem Kastanienhain in<br />
Castagniccia, der in einer Höhe von 1000 Metern<br />
liegt und damit der höchstgelegene Europas<br />
ist. Ein Bier mit einem subtilen Geschmack, das<br />
man schnell schätzen wird.<br />
Frankreich erleben · <strong>Herbst</strong> <strong>2016</strong> · 87
ART DE VIVRE Produkte<br />
Serie: Typisch französische Produkte (10)<br />
Der Bistrostuhl «Drucker» :<br />
zeitlos und pariserisch<br />
In Zeiten eines zunehmenden<br />
Einheitsgeschmacks und der<br />
sprunghaften Ausbreitung von<br />
Cafés, Bistros und Restaurants mit<br />
scheinbar « authentischem » Mobiliar<br />
(Starbucks, Au Bureau,<br />
Léon de Bruxelles …) ist<br />
es schön, wenn man<br />
sich ab und zu noch<br />
in einen dieser legendären<br />
Stühle mit<br />
dem so herrlichen<br />
Retrolook setzen kann,<br />
ohne die Paris nicht Paris<br />
wäre! Der Bistrostuhl<br />
« Drucker » ist<br />
von allen Pariser Bistrostühlen<br />
der authentischste.<br />
Er besteht<br />
aus Rattan, dem<br />
sehr leichten und<br />
widerstandsfähigen<br />
Holz einer tropischen<br />
Kletterpalme, das mit<br />
einem Riemengeflecht versehen ist. Der Stuhl<br />
ist stapelbar und sowohl gegen Regen als auch<br />
gegen Sonne resistent. Seit mehr als einem<br />
Jahrhundert wird er auf den Terrassen schicker<br />
Pariser Brasserien eingesetzt, wie im<br />
Deux Magots, im Café de Flore, im Royal<br />
Monceau und im Café de l’Alma, um nur die<br />
bekanntesten zu nennen.<br />
Die verschiedenen Ausführungen dieses<br />
Stuhls werden von rund fünfzehn Mitarbeitern<br />
individuell und mit handwerklichem<br />
Know-how im Atelier in Gilocourt im Departement<br />
Oise gefertigt. Alle tragen Pariser<br />
Namen – Sorbonne, Saint-Michel, Haussmann,<br />
Bastille, Montmartre oder Vendôme<br />
–, und es gibt sie in einer Vielzahl von Motiven<br />
und Farben. Der Katalog des Maison<br />
Drucker enthält mehr als 25 000 Dekors,<br />
von denen viele inzwischen zu echten Symbolen<br />
des Ortes geworden sind, an dem sie<br />
im Einsatz sind. Das Modell Seine beispielsweise,<br />
mit dem typischen grün-roten<br />
Geflecht, erinnert unweigerlich an das Café<br />
de Flore im Herzen von Saint-Germaindes-Prés.<br />
Wie schön ist es, wenn man heute<br />
auf einem dieser Stühle Platz nimmt und<br />
sich sagen kann, dass bereits Jane Fonda,<br />
Brigitte Bardot, Simone Signoret, Yves<br />
Montand, Françoise Sagan, Jean-Paul Sartre,<br />
Simone de Beauvoir und viele andere auf<br />
solchen Stühlen gesessen haben. Vielleicht<br />
macht gerade dieses Detail den Unterschied<br />
zu anderen Stühlen aus. Manche Objekte<br />
widersetzen sich einfach der Zeit und der<br />
Mode. Zum Glück!<br />
Auch Privatpersonen können beim Maison<br />
Drucker einkaufen und sogar (nach Terminvereinbarung)<br />
das Atelier besuchen. Auskünfte<br />
auf www.drucker.fr oder telefonisch<br />
unter + 33 (0)3 44 88 32 92.<br />
In dieser Serie werden Produkte vorgestellt, die sich in fast jedem französischen Haushalt befinden oder die für viele Franzosen<br />
kleine Nationalheiligtümer sind. In den letzten Ausgaben sind erschienen: Hollywood- und Malabar-Kaugummis (<strong>Nr</strong>. 51), Petit Suisse<br />
(<strong>Nr</strong>. 52), Orangina (<strong>Nr</strong>. 53), Duralex-Gläser (<strong>Nr</strong>. 54), Messer (<strong>Nr</strong>. 55), l’école des loisirs (<strong>Nr</strong>. 56), Sophie la girafe (<strong>Nr</strong>. 57), Eau de Javel (<strong>Nr</strong>.<br />
58) und Bol à prénom (<strong>Nr</strong>. 59).<br />
88 · Frankreich erleben · <strong>Herbst</strong> <strong>2016</strong>
Frankreich erleben · <strong>Herbst</strong> <strong>2016</strong> · 89
Ausgabe <strong>Nr</strong>. 23<br />
Ausgabe <strong>Nr</strong>. 28<br />
Ausgabe <strong>Nr</strong>. 31<br />
Ausgabe <strong>Nr</strong>. 34<br />
Ausgabe <strong>Nr</strong>. 35 Ausgabe <strong>Nr</strong>. 36<br />
Ausgabe <strong>Nr</strong>. 37<br />
Ausgabe <strong>Nr</strong>. 38 Ausgabe <strong>Nr</strong>. 39<br />
Ausgabe <strong>Nr</strong>. 40<br />
Ausgabe <strong>Nr</strong>. 41 Ausgabe <strong>Nr</strong>. 42<br />
Ausgabe <strong>Nr</strong>. 43 Ausgabe <strong>Nr</strong>. 44 Ausgabe <strong>Nr</strong>. 45<br />
Ausgabe <strong>Nr</strong>. 46<br />
Ausgabe <strong>Nr</strong>. 47 Ausgabe <strong>Nr</strong>. 48<br />
Ausgabe <strong>Nr</strong>. 50 Ausgabe <strong>Nr</strong>. 51<br />
Ausgabe <strong>Nr</strong>. 52<br />
Ausgabe <strong>Nr</strong>. 53 Ausgabe <strong>Nr</strong>. 54 Ausgabe <strong>Nr</strong>. 55<br />
Ausgabe <strong>Nr</strong>. 56 Ausgabe <strong>Nr</strong>. 57 Ausgabe <strong>Nr</strong>. 58 Ausgabe <strong>Nr</strong>. 59
Haben Sie eine Ausgabe verpasst?<br />
Stöbern Sie in den Themen der noch erhältlichen Ausgaben!<br />
Reisethemen,<br />
nach Regionen geordnet:<br />
8<br />
9<br />
7<br />
12<br />
6<br />
11<br />
Landesweite Themen<br />
1 2<br />
3<br />
10<br />
13<br />
5<br />
14<br />
16<br />
4<br />
15<br />
17<br />
18<br />
Fahrradrouten – Die schönsten Strecken entlang der Küsten 59<br />
Weihnachtsmärkte – Wo geht es noch authentisch zu? 57<br />
Winterurlaub – Romantische Skistationen anstatt<br />
57<br />
Bettenburgen<br />
Künstlerdörfer – 10 Künstlerdörfer zum Verlieben 54<br />
Kultur – Museumseröffnungen wie am Fließband 54<br />
Brücken – Frankreichs bemerkenswerteste Brücken 53<br />
Küsten – Frankreichs schönste Küsten 51<br />
Dörfer – Frankreichs spektakulärste Dörfer 50<br />
Traumstraßen – Frankreichs spektakulärste Traumstraßen 48<br />
Camping – Frankreichs außergewöhnliche Campingplätze 45<br />
(Teil 2: Westfrankreich)<br />
Camping – Frankreichs außergewöhnliche Campingplätze 44<br />
(Teil 1: Ostfrankreich)<br />
Wellness in den Bergen – Nach dem Sport die Erholung 43<br />
10 Ideen… – …für Ferien am Meer 40<br />
Kathedralen – Die 10 schönsten Kathedralen Frankreichs 35<br />
Inseln – Die 10 schönsten Inseln Frankreichs 34<br />
Naturwunder – Die 10 schönsten Naturwunder Frankreichs 33<br />
1 Paris <strong>Nr</strong>.<br />
Le Train Bleu – Ist das legendäre Restaurant noch immer 58<br />
einen Besuch wert ?<br />
Musée d‘Histoire de la Médecine – ein ungewöhnliches 57<br />
Museum im Herzen der Hauptstadt<br />
Events – Olympische Spiele oder Weltausstellung? 55<br />
Pariser Rathaus – Ein Palast für die Hauptstädter 53<br />
Stadtentwicklung – Die ambitionierten Projekte der neuen 51<br />
Bürgermeisterin<br />
Louvre – Wie Mona Lisa & Co. den Krieg überlebten 50<br />
Oscar Niemeyer – Mit Frankreich auf Du und Du 48<br />
Monnaie de Paris – MétaLmorphoses, die Geburt eines 48<br />
neuen Stadtteils<br />
Monnaie de Paris – Eine Fabrik hinter königlicher Fassade 46<br />
Paris mit Kindern – Tipps für einen Städtebesuch mit dem 42<br />
Nachwuchs<br />
Le Bon Marché – Eine Pariser Institution feiert ihren 1<strong>60</strong>. 41<br />
Geburtstag<br />
Hôtel des Invalides – Ein kleines Militär-Versailles mitten 38<br />
in Paris<br />
Les Arènes de Lutèce – Die unerwartete Entdeckung eines 37<br />
römischen Amphitheaters<br />
Lido – Carien, Porträt einer Startänzerin 37<br />
Avenue des Champs-Elysées – Wie steht es um den Glanz 36<br />
des Prachtboulevards?<br />
<strong>Nr</strong>.<br />
Musée Rodin – Der Charme eines Künstleranwesens mit 35<br />
einzigartigem Garten<br />
Haussmann und die Impressionisten – Wie Haussmann 34<br />
Paris neu erfand<br />
Butte-aux-Cailles – Aus der Mitte entsprang ein Fluss 31<br />
Serie: Restaurants und Brasserien der französischen 31<br />
Hauptstadt (6): Designrestaurants<br />
Batobus – Mit dem Linienschiff über die Seine 28<br />
Stadtentwicklung – Seine-Ufer: Neugestaltung der Ufer der 28<br />
Seine<br />
Serie: Restaurants und Brasserien der französischen 28<br />
Hauptstadt (3) – Ungewöhnliche Restaurants<br />
Mehr als nur Kino – Legendäre Lichtspielhäuser der 23<br />
französischen Hauptstadt<br />
Hotels<br />
Hôtel Duo – Paris 56<br />
La Belle Juliette – Paris 54<br />
Hotel Lutetia – Paris 32<br />
2 Pariser Umland <strong>Nr</strong>.<br />
Ecouen – Ein Museum für die Renaissance 50<br />
Saint-Denis – Ruhestätte der Könige 33<br />
3 Norden & Champagne <strong>Nr</strong>.<br />
Nordfrankreich – Auf den Spuren eines großen französischen 59<br />
Architekten<br />
Marais Audomarois – Ein Sumpfgebiet für Kenner 58<br />
Le Touquet-Paris-Plage – Ein Strand für die Hauptstadt 55<br />
Lille – Die unterschätzte Metropole 54<br />
Calais – Eine Stadt mit Spitze 48<br />
Musée Matisse – Kunstgenuss auf dem platten Land 47<br />
Pays de Condé – Eine Bergbaugegend erfindet sich neu 43<br />
Maison de Robert Schuman – Zu Besuch bei einem der Väter 42<br />
des vereinten Europas<br />
Marne – In der Heimat des Champagners 40<br />
10 Ideen… für Nord-Pas-de-Calais 38<br />
Arras & Douai – Riesen für den Kleinen 36<br />
Jardin Mosaic – Ein Spaziergang wird zur Reise 33<br />
Hotels<br />
Le Domaine de la Chartreuse – Gosnay 57<br />
Pasino – Saint-Amand-les-Eaux 43<br />
4 Elsass & Lothringen <strong>Nr</strong>.<br />
Château de Lunéville – Wie Phoenix aus der Asche 52<br />
Abbaye de Murbach – Es steht ein Kloster im Walde 47<br />
Schiffshebewerk Saint-Louis/Arzviller – Ein Fahrstuhl für 45<br />
Schiffe<br />
Musée Lalique – Eine Hommage an die Glasmacherkunst 43<br />
Genuss – Die AOC des Elsass 42<br />
10 Ideen… für ein Wochenende im Elsass 41<br />
Haut-Koenigsbourg – Ein wahrhaft deutsch-französisches 40<br />
Kulturerbe<br />
Bitche – Das zweite Leben einer Zitadelle 38<br />
Grand Ballon – Eine Wanderung auf die Spitze der Vogesen 37<br />
Neufchef & Aumetz – Das stolze Erbe der lothringischen 36<br />
Kumpel<br />
Mont Sainte-Odile – Berg der Hoffnung und der Tragödie 35<br />
Städtevergleich – Metz versus Nancy 34<br />
Hotels<br />
La Clairière Bio- & Spa-Hotel – La Petite-Pierre 38<br />
5 Burgund & Jura <strong>Nr</strong>.<br />
Jura – Das Loue-Tal, ein landschaftliches und kulturelles 56<br />
Kleinod<br />
Dijon – Mehr als nur Senf 53<br />
Genuss – Die AOC der Franche-Comté 47<br />
Genuss – Die AOC Burgunds 48<br />
Saône – Mit dem Hausboot auf der Saône unterwegs 44<br />
Maison de Louis Pasteur – Ein Dorf im Fokus der<br />
43<br />
Wissenschaft<br />
Hospices de Beaune – Ein Krankenhaus mit Weinbergen 41<br />
Lac de Pannecière – Spaziergang durch die Ruinen eines 41<br />
untergegangenen Dorfes<br />
Montbéliard – Die Farben einer Stadt 41<br />
Peugeot-Museum – Mehr als ein Automobilmuseum 39<br />
Roche de Solutré & Roche de Vergisson – Zwei Felsen, ein 35<br />
Wanderparadies<br />
Wein – Saint-Véran aus Burgund 35<br />
Châtillon-sur-Seine – Das Erwachen einer verschlafenen 34<br />
Provinzstadt<br />
6 Loire-Tal <strong>Nr</strong>.<br />
Tours – Frischer Wind im Loiretal 59<br />
Chambord – Mehr als nur ein beeindruckendes Schloss 58<br />
Loiret – Entdeckungen entlang der östlichen Loire 56<br />
Saumur – Stall, Schloss, Fluss 55<br />
Genuss – Die AOC der Pays de la Loire 45<br />
Cheverny – Das Schloss von Tim und Struppi 43<br />
Ballonfahrt übers Loire-Tal – Bitte zeichne mir ein Schloss 38<br />
Blois – Ein Schloss der Geheimnisse und Intrigen 36<br />
Wein – Chinon, ein Wein für alle Fälle 34<br />
Le Mans – Unerwartet anders 33<br />
Angers – Einfach l(i)ebenswert 30<br />
Hotels<br />
Troglododo – Azay-le-Rideau 31<br />
7 Normandie <strong>Nr</strong>.<br />
Cherbourg – Dem Meer zugewandt 53<br />
Rouen – Die normannische Hauptstadt 51<br />
Oscar Niemeyer – Mit Frankreich auf Du und Du 48<br />
Mont-Saint-Michel – Der Wunsch, eine Insel zu werden 48<br />
Impressionismus – Normandie, Heimat des<br />
45<br />
Impressionismus<br />
Genuss – Die AOC der Normandie 39<br />
10 Ideen… für die Normandie 37<br />
Dieppe – Die Stadt und das Meer 34<br />
Mémorial Caen – Ein Museum für den Frieden 31<br />
Ile de Tatihou – Eine fantastische Reise 28<br />
Jumièges – Die Ruinenreste der Abtei von Jumièges 23<br />
Hotels<br />
Hotel de Bourgtheroulde – Rouen 51<br />
Hôtel les bains de Cabourg – Cabourg 49<br />
Domaine de la Corniche – Rolleboise 36<br />
8 Bretagne <strong>Nr</strong>.<br />
Ile d’Ouessant – Eine Insel voller Leben 58<br />
Bretagne – Presqu’île de Crozon, Halbinsel der schroffen 56<br />
Kaps und spektakulären Ausblicke<br />
L’Aber-Wrac’h – Eine Handbreit Wasser unterm Kiel 55<br />
Montagnes Noires – Wo die Bretagne in die Höhe wächst 54<br />
Côte d’Emeraude – Vom Cap Fréhel zur Pointe du Grouin 52<br />
Ploumanac’h – Die Magie der bretonischen Nordküste 48<br />
Vitré, Fougères, Combourg, Château des Rochers-Sévigné 47<br />
– Mittelalterliche Festungen und literarische Vermächtnisse<br />
Brest – Die unterschätzte Hafenstadt am Ende der Welt 41<br />
Genuss – Die AOC der Bretagne 40<br />
Abbaye de Daoulas – Kloster der Kultur und der Heilpflanzen 39<br />
Golfe du Morbihan – Ein typisch bretonisches Naturerlebnis 35<br />
Pointe du Raz – Das Ende der Welt 31<br />
Hotels<br />
Château de Sable – Porspoder 58<br />
Castel Beau Site – Ploumanac’h 48<br />
9 Atlantikküste <strong>Nr</strong>.<br />
Baskenland – Corniche Basque, von Saint-Jean-de-Luz nach 55<br />
Hendaye<br />
Angoulême – Provinznest und Hauptstadt 52<br />
Wein – Jurade de Saint-Emilion 47<br />
Bordeaux – Bordeaux 2.0 46<br />
Ile d’Oléron, Ile de Ré, Ile Madame, Ile d’Aix, Fort Boyard 46<br />
– Reif für die Insel(n)<br />
Wein – Ein asiatischer Winzer im Bordelais 46<br />
Loire-Mündung – Kunst am Fluss 45<br />
Nantes – Im Westen viel Neues 44<br />
Cognac – Von betrunkenen Spinnen und verdächtig<br />
42<br />
schwarzen Fassaden<br />
Radfernweg – Velodyssey, immer am Atlantik entlang 41<br />
Klöster – Abteien, die sogar Kinder begeistern 40<br />
Marais Poitevin – Die grünen Kanäle des Marais Poitevin 38<br />
Likör – Angélique de Niort, Likor aus einer Heilpflanze 38<br />
Wein – Château Bardins 37<br />
Futuroscope – Zukunftspark mit rosiger Zukunft 37<br />
Gironde – Wie Vauban eine Flussmündung abriegelte 36<br />
Stadtentwicklung – Bordeaux, eine Stadt mit Ambitionen 35<br />
Genuss – Gâteau basque 34<br />
Bassin d’Arcachon – Auf den Spuren der Austernzüchter 28<br />
Hotels<br />
Surprenantes – Nantes 55<br />
Hôtel Napoléon – Ile d’Aix 46<br />
Logis Saint-Martin – Saint-Maixent-l’Ecole 37<br />
L’Avant-Scène – Bordeaux 34
10 Auvergne & Limousin <strong>Nr</strong>.<br />
Cevennen – Im Land einsamer Hochebenen und tiefer 52<br />
Schluchten<br />
Genuss – Die AOC des Limousin 48<br />
Clermont-Ferrand – Aufbruch aus schwieriger Position 47<br />
Genuss – Die AOC der Auvergne 38<br />
Viaduc de Garabit – Der horizontale Eiffelturm im<br />
37<br />
Zentralmassiv<br />
Hotels<br />
Domaine Saint Estève – Millau 53<br />
11 Périgord & Midi-Pyrénées <strong>Nr</strong>.<br />
Die schönsten Gärten des Périgord 56<br />
Rodez – In der Heimat von Pierre Soulages 54<br />
Genuss – Die AOC von Midi-Pyrénées 50<br />
Tradition – Toulouse im Zeichen des Veilchens 47<br />
Airbus-Fabrik – Zu Besuch bei Airbus in Toulouse 46<br />
Gouffre de Padirac – Der Erdmitte ein Stückchen<br />
44<br />
näherkommen<br />
Trüffel in Sarlat-la-Canéda – Schwarze Diamanten 44<br />
Pastell – Das blaue Gold 43<br />
Bastiden – Die neuen Städte des Mittelalters 42<br />
Genuss – Diskrete Früchtchen, Backpflaumen aus Agen 33<br />
Im Katharerland – Ein Wanderweg zwischen Mittelmeer und 30<br />
den Pyrenäen<br />
Hotels<br />
Grand Hôtel Le Turenne – Beaulieu-sur-Dordogne 47<br />
Le Grand Balcon – Toulouse 42<br />
12 Pyrenäen <strong>Nr</strong>.<br />
Le Train Jaune – Ein Zug als Wahrzeichen 45<br />
13 Languedoc-Roussillon <strong>Nr</strong>.<br />
Languedoc-Roussillon – Überraschende Mittelmeerregion 59<br />
Carcassonne – Imponierende Festungsstadt des Mittelalters 57<br />
Côte Vermeille – Paulilles, wenn die Hölle zum Paradies 57<br />
wird<br />
Perpignan – Frankreichs katalanische Seele 56<br />
La Grande-Motte – Retrochic am Mittelmeer 50<br />
Sète – Authentisch und definitiv südländisch 48<br />
Saint-Guilhem-le-Désert – Wenn ein Krieger zum<br />
47<br />
Klosterbruder wird<br />
Stadtentwicklung – Montpellier, ein Synonym für Dynamik 47<br />
Le Train Jaune – Ein Zug als Wahrzeichen 45<br />
Wein – Les Grés de Montpellier 44<br />
Pont du Gard – Altes Aquädukt erfrischend jung 41<br />
Céret & Collioure – Zwei Dörfer im Fokus der Kunst 37<br />
Wein – AOC Fitou, Qualitätsgarant aus dem Süden 33<br />
Nîmes – Römische Baudenkmäler und mediterrane<br />
23<br />
Lebensfreude<br />
14 Rhône-Tal <strong>Nr</strong>.<br />
Lyon – Eine Stadt gewinnt ihre Flussufer zurück 59<br />
Lyon-Confluence – 24 Stunden im Neubauviertel 48<br />
Montélimar & Umgebung – Eine Reise zwischen gestern 46<br />
und morgen<br />
Lyon & Umgebung – Eine Reise zu den städtebaulichen 44<br />
Utopien des 20. Jahrhunderts<br />
Tradition – Guignol, kleine Helden aus Lyon 43<br />
Drôme-Tal – Ein Geheimtipp zwischen Provence und Alpen 42<br />
Wein – Clairette de Die 42<br />
Genuss – Die AOC von Rhône-Alpes 41<br />
Grignan – Im Land der schönen Briefe: eine Reise nach 40<br />
Grignan<br />
Wein – Lirac, das « mediterranste » Weinanbaugebiet im 40<br />
Rhône-Tal<br />
Jardin Zen d’Erik Borja – Auf der Suche nach dem<br />
39<br />
verlorenen Garten<br />
Gastronomie – Michel Chabran, der Luxus der Simplizität 39<br />
Genuss – L’O Provençale: Olivenöl aus Nyons 36<br />
Genuss – Nougat aus Montélimar 35<br />
Ardèche – Zu den schönsten Dörfern der Ardèche 34<br />
Palais Idéal du Facteur Cheval – Die Kraft eines Traumes 33<br />
Hotels<br />
Cour des Loges – Lyon 44<br />
Manoir de la Roseraie – Grignan 40<br />
Helvie – Vals-les-Bains 23<br />
15 Alpen <strong>Nr</strong>.<br />
Lac d’Annecy – Einmal um den Lac d’Annecy 51<br />
Chambéry – Die alte Hauptstadt Savoyens 50<br />
Montblanc – Alpine Winterfreuden 31<br />
Val d’Isère – Internationale Skistation auf 1.850 Metern Höhe 30<br />
Vogelpark von Villars-les-Dombes – Gefiederte Freunde 28<br />
Hotels<br />
Petit Hôtel Confidentiel – Chambéry 50<br />
Avenue Lodge Hotel – Val d’Isère 28<br />
16 Provence <strong>Nr</strong>.<br />
Fontaine-de-Vaucluse – Die berühmteste Quelle Frankreichs 58<br />
Sénanque – Klösterliche Besinnung in der Provence 55<br />
Arles – Römische Pracht und prachtvolle Kunstvorlage 53<br />
Roussillon – Das Colorado Frankreichs 52<br />
Umwelt – Lavendel der Provence in Gefahr 46<br />
Les Baux-de-Provence – Die unerwarteten Reize eines viel 44<br />
besuchten Dorfes<br />
Genuss – Die AOC von Provence-Alpes-Côte d’Azur 44<br />
Orange – Eine Stadt spielt Theater 42<br />
10 Ideen… für die Provence 39<br />
Dentelles de Montmirail – Mit dem Mountainbike durch das 34<br />
kleine Gebirge<br />
Saint-Rémy-de-Provence – Die provenzalische Idylle von 33<br />
Saint-Rémy<br />
Avignon – Ein Tag in der Stadt der Päpste 31<br />
Hotels<br />
B Design & Spa – Le Paradou 39<br />
Attrap’Rêves – Allauch 33<br />
17 Côte d’Azur <strong>Nr</strong>.<br />
Antibes – Die Überraschung an der französischen Riviera 54<br />
Monaco – Internationales Zirkusfestival von Monte Carlo 53<br />
Parks & Gärten – Exotische Gärten und grüne Oasen an der 51<br />
Côte d’Azur<br />
Gonfaron – Ein Eldorado für Schildkröten 50<br />
Monaco – Die unglaubliche Saga eines kleines Fürstentums 47<br />
Grasse – Der Duft einer Hauptstadt 45<br />
Bormes-les-Mimosas – Wo Blumen wie Königinnen verehrt 39<br />
werden<br />
Ile de Port-Cros – Kleine Trauminsel im Mittelmeer 38<br />
Domaine du Rayol – Die Geschichte eines ungewöhnlichen 36<br />
Parks<br />
Eze – Wo die Berge ins Meer fallen 35<br />
Nizza – Frühlingsgefühle einer Diva 32<br />
Côte d’Azur – Jean Cocteau zwischen Nizza und Menton 28<br />
Hotels<br />
Mas du Grand Vallon – Mougins 45<br />
Clarion Grand Hôtel Aston – Nizza 41<br />
Château de la Messardière – Saint-Tropez 35<br />
18 Korsika <strong>Nr</strong>.<br />
Filitosa – Wenn Steine zu sprechen beginnen 55<br />
Bonifacio – Korsikas geschichtsträchtiger Höhepunkt 51<br />
Gesellschaft – Korsika, die Revolution der Frauen geht weiter 44<br />
Genuss – Die AOC Korsikas 43<br />
Überseegebiete (DOM/TOM)<br />
<strong>Nr</strong>.<br />
Guadeloupe – Mehr als eine Insel, ein ganzes Archipel 52<br />
Französisch-Guayana – Natur, Geschichte, Raumfahrt 37<br />
Martinique – Entdeckungen in einer Postkartenidylle 31<br />
Ti’Punch & Planteur – Der Charme der Antillen in zwei 31<br />
Cocktails<br />
Hotels<br />
La Toubana Hôtel & Spa – Guadeloupe 52<br />
Cap Est Lagoon Resort & Spa – Martinique 30<br />
Weitere Themen<br />
Chantals Rezepte<br />
<strong>Nr</strong>.<br />
Appetitanreger<br />
Gratin de légumes du jardin 47<br />
Suppen<br />
La soupe aux champignons de Paris 52<br />
Soupe à l’oignon gratinée 48<br />
Gaspacho de tomates et fraises 46<br />
Gaspacho de tomate 40<br />
Velouté de laitue 38<br />
Salate<br />
Salade au crottin de chèvre chaud 34<br />
Quiches & Tartes<br />
Spezial: Quiches 55<br />
Quiche sans pâte 44<br />
Tarte aux rillettes 37<br />
Quiche Lorraine 33<br />
Gratins, Aufläufe & Toasts<br />
Camembert rôti au four 57<br />
Croque Monsieur & Croque Madame 54<br />
Gratin dauphinois 35<br />
Parmentier de canard 31<br />
Fleischgerichte<br />
Rôti de porc aux pruneaux 59<br />
Steak tartare 51<br />
Coq au vin 43<br />
Desserts<br />
Profiteroles au chocolat chaud 58<br />
Fondant au chocolat au coeur de framboises 45<br />
Poires safranées et ses tuiles à l’orange 42<br />
Crème brûlée à la fleur d’oranger 39<br />
Soupe de fraises 28<br />
Gebäck<br />
Les chouquettes 56<br />
Les petits sablés de Noël 53<br />
Le Paris-Brest 50<br />
Cannelés 41<br />
Baba au rhum 23<br />
Getränke<br />
Liqueur d’estragon 36<br />
Weine & Alkoholika<br />
<strong>Nr</strong>.<br />
Wein – Der neue Trend beim Aperitif à la française 59<br />
Wein – Warum wird Wein nicht grundsätzlich im Holzfass 58<br />
gelagert?<br />
Champagner – Was Sie schon immer über Champagner 57<br />
wissen wollten<br />
Wein – Hôtel de Paris, ein Weinparadies tief unter Monaco 56<br />
Produktpiraterie – Wenn Weinflaschen gefälscht sind 54<br />
Weltkulturerbe – Frankreichs Winzer greifen zum Welterbetitel:<br />
53<br />
Les coteaux, maisons et caves de Champagne (Teil 2)<br />
Weltkulturerbe – Frankreichs Winzer greifen zum<br />
52<br />
Welterbetitel: Les Climats de Bourgogne (Teil 1)<br />
Muscadet – Ein Wein voller Überraschungen 51<br />
Châteauneuf-du-Pape – Ein Wein mit päpstlicher Aura 50<br />
Weinfarbe – Eine kleine Weinfarbenkunde 48<br />
Jurade de Saint-Emilion – Mehr als Folklore: eine Tradition, 47<br />
die lebt!<br />
Peter Kwok – Ein asiatischer Winzer im Bordelais 46<br />
Karaffieren und Dekantieren – Die Kunst des Karaffierens 45<br />
und Dekantierens<br />
Les Grés de Montpellier – Ein Weinanbaugebiet auf dem 44<br />
Sprung in die nächste Liga<br />
Picon – « Un Picon-Bière, s’il vous plaît » 43<br />
Cognac – Von betrunkenen Spinnen und verdächtig<br />
42<br />
schwarzen Fassaden<br />
Clairette de Die – Der Schaumwein für glückliche Menschen 42<br />
Lagerung – Tipps zum Aufbewahren von Wein 41<br />
Bier – Schattendasein oder Geheimtipp? 40<br />
Lirac – Das « mediterranste » Weinanbaugebiet im Rhône-Tal 40<br />
Wein & Gesundheit – Vive le vin! Vive la santé! 39<br />
Angélique de Niort – Likor aus einer Heilpflanze 38<br />
Château Bardins – Ein kleines Familien-Weingut in Pessac- 37<br />
Léognan<br />
Cognac – Eine ungewöhnliche Erfolgsgeschichte 36<br />
Saint-Véran – Erschwinglicher Spitzenwein aus Burgund 35<br />
Vinexpo – Die Welt des Weins zu Gast in Frankreich 35<br />
Chinon – Ein Wein für alle Fälle 34<br />
AOC Fitou – Qualitätsgarant aus dem Süden 33<br />
Ti’Punch & Planteur – Der Charme der Antillen in zwei 31<br />
Cocktails<br />
Alpillen – Das Weingebiet Les Baux-de-Provence 28<br />
Rum – Hochprozentiges aus Übersee 23<br />
Genuss<br />
<strong>Nr</strong>.<br />
Spitzengastronomie – Fabian Feldmann, ein deutscher 53<br />
Sternekoch im Land der Feinschmecker<br />
Produkte – Orangina 53<br />
Produkte – Petit Suisse 52<br />
Produkte – Hollywood- und Malabar-Kaugummis 51<br />
Serie: Frankreichs AOC – Die AOC von Midi-Pyrénées 50<br />
Serie: Frankreichs AOC – Die AOC des Limousin 48<br />
Serie: Frankreichs AOC – Die AOC der Franche-Comté 47<br />
Serie: Frankreichs AOC – Die AOC Burgunds 46<br />
Serie: Frankreichs AOC – Die AOC der Pays de la Loire 45<br />
Serie: Frankreichs AOC – Die AOC von Provence-Alpes-Côte 44<br />
d’Azur<br />
Trüffel – Schwarze Diamanten 44<br />
Serie: Frankreichs AOC – Die AOC Korsikas 43<br />
Serie: Frankreichs AOC – Die AOC des Elsass 42<br />
Serie: Frankreichs AOC – Die AOC von Rhône-Alpes 41<br />
Serie: Frankreichs AOC – Die AOC der Bretagne 40<br />
Gastronomie – Michel Chabran, der Luxus der Simplizität 39<br />
Serie: Frankreichs AOC – Die AOC der Normandie 39<br />
Serie: Frankreichs AOC – Die AOC der Auvergne 38<br />
Rillettes – Einfach, deftig, köstlich 37<br />
L’O Provençale – Olivenöl aus Nyons 36<br />
Nougat – Süßigkeit aus Montélimar 35<br />
Gâteau basque – Traditionelles Gebäck aus dem Baskenland 34<br />
Backpflaumen aus Agen – Diskrete Früchtchen 33<br />
Ti’Punch & Planteur – Der Charme der Antillen in zwei 31<br />
Cocktails<br />
Politik & Wirtschaft<br />
<strong>Nr</strong>.<br />
Wirtschaft – Atomkraft in Frankreich: der Niedergang eines 59<br />
Systems, das sich zu sicher fühlte<br />
Events – Paris: Olympische Spiele oder Weltausstellung? 55<br />
Regionen – Auf der Suche nach neuen Hauptstädten 55<br />
Regionen – Auf der Suche nach neuen Namen 54<br />
Kindergeld – Ist eine Reform überhaupt möglich? 53<br />
Pestizide – Marie-Lys Bibeyran, eine Frau kämpft gegen 53<br />
Pestizide
Regionen – Neugliederung der Regionen 52<br />
SNCM – Ist die Fährgesellschaft noch zu retten? 51<br />
Landesstruktur – Reform der Regionen und Departements 50<br />
Verkehrspolitik – Die Wiederentdeckung der Langsamkeit 47<br />
Monnaie de Paris – Pessac, hinter den Kulissen der Euro- 47<br />
Münzprägung<br />
Hochschulpolitik – Teaching in English? Oh mon Dieu! 46<br />
Umwelt – Lavendel der Provence in Gefahr 46<br />
Deutsch-Französische Freundschaft – Wenn eine<br />
44<br />
Freundschaft zum Ritual wird<br />
Gregor Gysi – Der Linken-Politiker und Frankreich 43<br />
Machtverhältnisse – Alles nach links 41<br />
Medien – Die politische Ausrichtung französischer Medien 40<br />
Tourismus – Hauptsache außergewöhnlich 40<br />
Volksabstimmungen – Modethema im Wahlkampf 39<br />
Fünf Jahre Sarkozy – Zeit für eine Bilanz 38<br />
François Hollande – Der neue Präsident? 37<br />
Umweltschutz – Kettensägenmassaker am Welterbe Canal 36<br />
du Midi<br />
Präsidentschaftswahl 2012 – Die Kultur als<br />
35<br />
Wahlkampfthema<br />
Laizität – Ein Thema von immerwährender Aktualität 34<br />
TGV – Wieviel Hochgeschwindigkeit kann sich Frankreich 34<br />
leisten?<br />
Bistrosterben – Naht das Ende des Bistros? 33<br />
Reiseziele der Politiker – Plages de gauche, plages de 28<br />
droite, Urlaub in politischen Farben<br />
Frankophonie – Eine Situationsanalyse 28<br />
Frédéric Mitterrand – Der neue französische Kulturminister 23<br />
Gesellschaft & Alltag<br />
<strong>Nr</strong>.<br />
Fußball – Euro <strong>2016</strong>: 10 Stadien warten auf die Fussballfans 59<br />
Integration – die Schwächen des französischen Systems 58<br />
Erfolgsgeschichten aus Frankreich –<br />
58<br />
Denis Mollat, der Buchhändler 2.0<br />
Geschichte – 300. Todestag von Ludwig XIV. in Versailles: 57<br />
Begräbnisrituale leben länger als Könige<br />
Gesellschaft – Hinter den Kulissen des CROSS Corsen. 57<br />
Infrastruktur – 50 Jahre Montblanc-Tunnel 56<br />
Geschichte – Ein Floß aus Burgund, wie Paris über<br />
56<br />
Jahrhunderte mit Holz versorgt wurde<br />
Innenstädte – Das Comeback der Innenstädte 55<br />
Erinnerungskultur – Passen Gedenken und Tourismus 52<br />
zusammen?<br />
Vergangenheitsbewältigung – Die geklauten Kinder von La 51<br />
Réunion<br />
Fußball – Annike Krahn, eine deutsche Fußballerin in Paris 50<br />
Fußball-EM <strong>2016</strong> – Frankreich im Stadienbaurausch 48<br />
Franzosen und Gesellschaftsspiele – Ein Markt mit 45<br />
Steigerungspotential<br />
Verkehr – Neuer Trend: Der Bahnhof wird zum Flughafen 44<br />
Gewalt auf Korsika – Die Revolution der Frauen geht weiter 44<br />
EU-Hauptstadtjahre: 2013 – Nantes und Marseille werden 43<br />
europäische Hauptstädte<br />
Winterschlussverkauf – Der andere Wintersport 43<br />
Michel Chevalet – Der Mann, der den Franzosen die 42<br />
Wissenschaft erklärt<br />
Kriminalität – Angst über der Stadt 42<br />
Bürgerbewegung – Libérez les menhirs 42<br />
Jean Viard – Der Mann, der Frankreich beobachtet 41<br />
Simone Hérault – Die Stimme Frankreichs 40<br />
Berühmtheiten – Die 100 bekanntesten Franzosen 39<br />
Frankreichbild – Frankreichs Image in der Welt 39<br />
Académie Française – Die Unsterblichen, die 40 Wächter der 39<br />
französischen Sprache<br />
Der Präfekt – Lebendes Symbol des Zentralismus 38<br />
Lido – Carien, Startänzerin im Lido 37<br />
Tourismus – Trends für den Winterurlaub 2011/12 36<br />
Gardienne – Félisa, Gardienne in Paris 36<br />
Spendenbereitschaft – Wie großzügig sind die Franzosen? 35<br />
Ladenöffnungszeiten – Wird der Sonntag zum Werktag 34<br />
Ehrenlegion – Geht es noch um Verdienste? 33<br />
Mona Ozouf – Bretonin, Französin und Europäerin 31<br />
Fußball – Ist der Ball denn auch in Frankreich rund? 28<br />
Frankophonie – Eine Situationsanalyse 28<br />
Versailles – Traditionelle Berufe hinter historischen Mauern 23<br />
Kunst & Kultur<br />
<strong>Nr</strong>.<br />
Interview – Maren Kroymann 56<br />
Neue Museen – Museumseröffnungen wie am Fließband 54<br />
Künstlerdörfer – 10 Künstlerdörfer zum Verlieben 54<br />
Musée Soulages Rodez – In der Heimat von Pierre Soulages 54<br />
Louvre – Wie Mona Lisa & Co. den Krieg überlebten 50<br />
Musée Matisse – Kunstgenuss auf dem platten Land 47<br />
Götz Alsmann – Götz Alsmann in Paris 46<br />
Patricia Kaas – Französische Chansonsängerin mit 45<br />
deutschen Wurzeln<br />
Museen – Frankreichs Museen auf der Überholspur 45<br />
Eine Übersicht aller jemals erschienenen<br />
Themen, also auch der ausverkauften<br />
Ausgaben, finden Sie im Internet:<br />
www.frankreicherleben.de<br />
ST-ART – Eine Kunstmesse zwischen den Welten 38<br />
Céret & Collioure – Zwei Dörfer im Fokus der Kunst 37<br />
Musée Rodin – Der Charme eines Künstleranwesens mit 35<br />
einzigartigem Garten<br />
Französisches Historisches Museum – Ein Projekt schlägt 31<br />
hohe Wellen<br />
Pariser Philharmonie – Wenn Politik von der Realität 31<br />
eingeholt wird<br />
Jean Cocteau an der Côte d’Azur – Jean Cocteau zwischen 28<br />
Nizza und Menton<br />
Lebensart<br />
<strong>Nr</strong>.<br />
Produkte – Bol à prénom 59<br />
Produkte – Eau de Javel 58<br />
Produkte – Sophie la girafe 57<br />
Produkte – L’école des loisirs 56<br />
Café-Kultur – Auf der Terrasse eines französischen Cafés… 55<br />
Produkte – Messer 55<br />
Spiele – Ein Puzzle als Unikat 54<br />
Produkte – Duralex-Gläser 54<br />
Tradition – Toulouse im Zeichen des Veilchens 47<br />
Guignol – Kleine Helden aus Lyon 43<br />
Le Bon Marché – Eine Pariser Institution feiert ihren 1<strong>60</strong>. 41<br />
Geburtstag<br />
Bunte Töpfe – Keramik aus Vallauris 28<br />
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Ausgabe <strong>Nr</strong>. 23<br />
Ausgabe <strong>Nr</strong>. 28<br />
Ausgabe <strong>Nr</strong>. 31<br />
Ausgabe <strong>Nr</strong>. 34<br />
Ausgabe <strong>Nr</strong>. 35<br />
Ausgabe <strong>Nr</strong>. 36<br />
Ausgabe <strong>Nr</strong>. 37<br />
Ausgabe <strong>Nr</strong>. 38<br />
Ausgabe <strong>Nr</strong>. 39<br />
Ausgabe <strong>Nr</strong>. 40<br />
Ausgabe <strong>Nr</strong>. 41<br />
Ausgabe <strong>Nr</strong>. 42<br />
Ausgabe <strong>Nr</strong>. 43<br />
Ausgabe <strong>Nr</strong>. 44<br />
Ausgabe <strong>Nr</strong>. 45<br />
Ausgabe <strong>Nr</strong>. 46<br />
Ausgabe <strong>Nr</strong>. 47<br />
Ausgabe <strong>Nr</strong>. 48<br />
Ausgabe <strong>Nr</strong>. 50<br />
Ausgabe <strong>Nr</strong>. 51<br />
Ausgabe <strong>Nr</strong>. 52<br />
Ausgabe <strong>Nr</strong>. 53<br />
Ausgabe <strong>Nr</strong>. 54<br />
Ausgabe <strong>Nr</strong>. 55<br />
Ausgabe <strong>Nr</strong>. 56<br />
Ausgabe <strong>Nr</strong>. 57<br />
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Ich ermächtige die AVZ GmbH, Storkower Straße 127a, 10407 Berlin,<br />
Gläubiger-Identifikationsnummer DE39Z0200000080844 den Bestellpreis<br />
von meinem Konto mittels Lastschrift einzuziehen. Die Mandatsreferenz<br />
wird mir gesondert mitgeteilt.<br />
Datum, Unterschrift<br />
Diese Bestellung kann innerhalb von 14 Tagen beim Aboservice<br />
schriftlich ohne Angabe von Gründen widerrufen werden.
KULTURSCHOCK<br />
Liebe Mama, lieber Papa,<br />
seit meiner Ankunft in Paris vor einigen Wochen telefonieren<br />
oder mailen wir zwar regelmäßig, doch heute habe ich Lust,<br />
euch wieder einmal einen Brief zu schreiben. Da das Wetter sehr<br />
schön ist, nutze ich die Gelegenheit und sitze nun auf einer<br />
Bank in einem Pariser Park, wo ich diese Zeilen verfasse.<br />
Ich muss euch unbedingt von einem Vorfall berichten, den ich<br />
ganz erstaunlich finde. Gestern war es sehr heiß, und Freunde<br />
vom LYCÉE haben mir angeboten, mich ihnen abends im Square<br />
Violet anzuschließen. Das ist ein kleiner städtischer Park im<br />
15. Arrondissement, wie es in Paris noch viele andere gibt. Wir<br />
haben uns also für 20.30 Uhr verabredet, um dort ein kleines<br />
Picknick zu machen und die kühlere Abendluft zu genießen.<br />
Wie erwartet – schließlich sind wir ja in Frankreich – waren<br />
nicht alle meine Schulfreunde pünktlich zur vereinbar ten Zeit<br />
da. Aber das machte gar nichts. Wir haben in der Zwischen zeit<br />
einen ruhigen Ort gesucht, eine Rasenfläche in einer Ecke der<br />
Grünanlage, wo wir uns niederlas sen wollten. Gegen 21 Uhr,<br />
als endlich alle eingetrudelt waren, haben wir also Oliven,<br />
Brot, Käse, Wurst und so wei ter ausgepackt und mit dem Aperitif<br />
begonnen.<br />
Alles war bestens … bis zu dem Augenblick, als ein städtischer<br />
Angestellter, offensichtlich der Parkwächter, grell pfeifend<br />
durch den Park lief. Sofort sprangen meine Freunde auf und riefen:<br />
„Verdammt! Er schließt!“ Keine zwei Minuten später standen<br />
wir draußen vor dem Park, bepackt mit unseren Taschen, in der<br />
Hand noch Flaschen und gefüllte Gläser, und mussten zusehen,<br />
wie der Wächter das schwere Tor des Parks abschloss. „Jetzt ist<br />
geschlossen! Bis morgen!“, rief er uns noch zu, bevor er sich<br />
umdrehte und wegging.<br />
So hatte ich also Bekanntschaft mit einer der Pariser Eigenheiten<br />
gemacht: Nicht nur, dass die Parks hier alle mit hohen<br />
Gitterzäunen umgeben sind, sodass man sie nur an bestimmten<br />
Stellen betreten kann, drei Viertel der 390 städtischen<br />
Parks und Grünanlagen sind nachts dazu noch geschlossen!<br />
Beim Square Violet steht man ab 21.30 Uhr vor verschlossenen<br />
Toren, selbst wenn es noch taghell ist und man eigentlich<br />
gerade mit Freunden picknicken wollte ... Welch ein Schock<br />
für mich, wo ich doch daran gewöhnt bin, dass man die Berliner<br />
Parks rund um die Uhr ungehindert betreten kann.<br />
Und das ist noch nicht alles. Bei der Diskussion mit meinen<br />
Freunden über dieses Erlebnis habe ich erfahren, dass die Vorschriften<br />
für die Gärten und Parks in Paris noch viel komplexer<br />
sind ... Stellt euch vor: Picknicks sind zwar grundsätzlich erlaubt,<br />
aber nur, wenn es weniger als 30 Personen sind. Wird diese<br />
Zahl überschritten, benötigt man eine spezielle Genehmigung<br />
94 · Frankreich erleben · <strong>Herbst</strong> <strong>2016</strong>
der Pariser Stadtverwaltung.<br />
Und alkoholische<br />
Getränke kann<br />
man darüber hinaus<br />
gleich vergessen:<br />
Wein, Bier usw. dürfen<br />
dort nicht konsumiert<br />
werden ...<br />
Im Übrigen darf man<br />
sich auch nicht<br />
jederzeit auf die<br />
Rasenflächen in<br />
Paris setzen: Von<br />
15. Oktober bis 15.<br />
April dürfen diese<br />
nämlich nicht<br />
betreten werden.<br />
Das wird zwar nicht<br />
konkret ausgeschildert, ist<br />
aber so und „soll dem Rasen ermöglichen, sich zu erholen“,<br />
wie das RÈGLEMENT DES PARCS ET ESPACES VERTS<br />
DE PARIS dazu auf ganz romantische Art und Weise aussagt.<br />
In der übrigen Zeit muss man darüber hinaus überprüfen, ob<br />
nicht ein Schild mit der Aufschrift PELOUSE AU REPOS oder<br />
ein anderes Verbotsschild den Zutritt auf die wertvolle Pariser<br />
Rasenfläche untersagt. Ihr könnt mir glauben, dass dieses<br />
Thema echt kompliziert ist. Seit gestern weiß ich beispielsweise,<br />
dass die schönsten Parkanlagen in Paris (Jardin du Palais<br />
Royal, Jardin des Tuileries, Jardin des Plantes, Jardin<br />
d’Acclimatation und Jardin du Luxembourg) gar keine städtischen<br />
Anlagen sind. Für sie gelten wiederum andere Regelungen, nach<br />
denen das Betreten des Rasens sogar die meiste Zeit verboten ist.<br />
Ihr seht also, in Berlin ist ein spontanes Picknick in einem<br />
Park wirklich viel einfacher als in Paris. Meine Freunde<br />
konnten es gar nicht glauben, als ich ihnen erzählt habe,<br />
dass man bei uns auch spätabends in einem Park picknicken<br />
oder sogar grillen kann. Hier wäre das undenkbar: Alkohol<br />
ist sowieso verboten, und dann noch seinen Grill in einem<br />
Pariser Park aufstellen? Welch absurde Idee! Das würde<br />
mit Sicherheit sofort die Polizei auf den Plan rufen!<br />
Wir haben uns gestern Abend dann in der Nähe des Parks an einem<br />
der Seinequais niedergelassen, um unser Picknick fortzusetzen.<br />
Genau genommen war es dort ja sogar viel schöner<br />
als im Park. Es war ein schöner Abend, und wir haben dann<br />
lachend auf unsere „Vertreibung“ angestoßen. Danach haben<br />
wir aber schnell unsere Flaschen versteckt, denn an diesem<br />
Ort ist Alkohol theoretisch ebenfalls verboten …...<br />
Alexander<br />
Frankreich erleben · <strong>Herbst</strong> <strong>2016</strong> · 95
GUÉWEN A TESTÉ<br />
Guéwen a testé …<br />
… die Verbindungen zwischen<br />
französischen Flughäfen<br />
und den Stadtzentren<br />
Fliegen ist heutzutage viel günstiger als noch vor einigen Jahren.<br />
In diesem Sommer bin ich beispielsweise für 25 € von Berlin<br />
nach Bordeaux geflogen. Dieser Flug hätte vor nicht allzu langer<br />
Zeit noch wesentlich mehr gekostet. Allerdings ist der Preis für<br />
das Flugticket nicht alles: Nach der Ankunft auf dem Flughafen<br />
muss man irgendwie ins Stadtzentrum gelangen. Meist kann man<br />
dabei zwischen mehreren Verkehrsmitteln (Taxi, Zug, Straßenbahn,<br />
Bus) wählen, doch die Leistungen sind unterschiedlich ...<br />
und die Preise auch. Ein Vergleich ist nicht immer einfach. Ich<br />
habe daher für Sie einen Überblick erstellt, wie Sie von den wichtigsten<br />
französischen Flughäfen ins jeweilige Stadtzentrum gelangen.<br />
Sie werden staunen, welche Unterschiede es gibt!<br />
1 – Pariser Flughäfen<br />
Flughafen Paris-Charles de Gaulle in Roissy<br />
23 km im Nordosten der Stadt<br />
<br />
Die gute Nachricht lautet, dass es keine unangenehmen<br />
Überraschungen mehr gibt. Abgerechnet wird<br />
nun ein Pauschalpreis: 50 € vom Flughafen ans rechte<br />
Seineufer, 55 € ans linke Seineufer. Akzeptieren Sie<br />
keinesfalls einen anderen Preis!<br />
Das ist das schnellste Transportmittel. Der RER B<br />
verbindet den Flughafen in 35 Minuten und ohne<br />
Staurisiko mit dem Stadtzentrum (Haltestelle Châtelet<br />
les Halles). Preis 9,75 €.<br />
Bus Direct (ehemals Cars Air France) bietet mit<br />
neuen Bussen, kostenlosem WLAN, USB-Anschluss<br />
sowie Personal für das Ein- und Ausladen<br />
des Gepäcks den größten Komfort. Das Ticket<br />
kann per Internet gekauft und auf das Smartphone<br />
heruntergeladen werden (www.lebusdirect.com).<br />
Die Linie 2 fährt in 45 bis 70 Minuten vom Flughafen<br />
über Porte Maillot, Étoile/Champs-Elysées,<br />
Trocadéro bis zum Tour Eiffel, während die Linie<br />
4 in 70 bis 80 Minuten über den Gare de Lyon zum<br />
Gare Montparnasse fährt. Preis 17 €. Etwas teuer,<br />
aber effizient.<br />
Roissybus verbindet den Flughafen in 70 Minuten<br />
mit der Haltestelle Opéra. Der Service ist einfacher,<br />
und ich musste schon oft aus Platzmangel<br />
stehen. Preis 11 €.<br />
Der Bus der Linie 350 fährt vom Flughafen zum Gare<br />
de l’Est und benötigt dafür 80 Minuten. Preis 6 €.<br />
Zum selben Preis und in derselben Zeit gelangt man<br />
mit dem Bus der Linie 351 zur Haltestelle Nation.<br />
Auch hier ist der Service dürftig.<br />
EasyBus ist ein Angebot der Fluggesellschaft EasyJet,<br />
das jedoch nicht auf deren Fluggäste beschränkt ist.<br />
Der Shuttlebus verkehrt zwischen Flughafen und<br />
Palais Royal. Die Fahrt dauert 45 bis <strong>60</strong> Minuten,<br />
der günstigste Preis beträgt 2 €. Wie bei Low-Cost-<br />
Gesellschaften üblich, variiert auch hier der Preis:<br />
Je früher man bucht, desto günstiger fährt man.<br />
Beachten Sie jedoch, dass die Anzahl der Gepäckstücke<br />
limitiert ist. Eine Reservierung ist wärmstens zu<br />
empfehlen (www.easybus.com), außerdem sollten Sie<br />
pünktlich sein.<br />
96 · Frankreich erleben · <strong>Herbst</strong> <strong>2016</strong>
Flughafen Orly<br />
Sie zwischen 20 und 30 €.<br />
14 km im Süden der Stadt<br />
<br />
Wie ab Roissy gilt hier eine Pauschale. Die Fahrt vom<br />
Flughafen ans linke Seineufer kostet 30 €, ans rechte<br />
Seineufer 35 €.<br />
Der RER B fährt von der RER-B-Haltestelle Antony<br />
ins Pariser Stadtzentrum (Haltestellen Saint-Michel/<br />
Notre Dame und Châtelet les Halles). Zur Haltestelle<br />
gelangt man mit dem relativ bequemen automatischen<br />
Shuttlezug Orlyval. Die gesamte Fahrzeit beträgt<br />
rund 40 Minuten. Beachten Sie jedoch, dass der RER<br />
zu Stoßzeiten sehr überfüllt sein kann. Preis 12,05 €.<br />
Mit Gepäck weniger praktisch ist der Shuttlebus Go<br />
C Paris, mit dem man vom Flughafen aus den RER<br />
C erreicht, der dann über den Gare d‘Austerlitz und<br />
entlang der Seine ins Stadtzentrum fährt. Die Fahrt<br />
dauert ebenfalls rund 40 Minuten. Preis 6,15 €.<br />
Die Linie 1 von Bus Direct fährt in 30 bis <strong>60</strong> Minuten<br />
über Gare Montparnasse, La Motte-Picquet, Tour<br />
Eiffel, Trocadéro zur Haltestelle Étoile/Champs-<br />
Elysées. Preis 12 €. Auch in diesem Fall ist dies die<br />
komfortabelste Lösung. Der Service ist derselbe wie<br />
bei der Verbindung ab Roissy.<br />
Orlybus verbindet den Flughafen in 20 bis 30 Minuten<br />
mit der Haltestelle Denfert-Rochereau. Für diejenigen,<br />
die in den Süden der Stadt möchten, ist dies eine<br />
praktische und günstige Möglichkeit. Preis 7,50 €.<br />
2 – Flughafen Marseille Provence<br />
25 km im Nordwesten der Stadt<br />
<br />
Der Transfer ins Stadtzentrum dauert rund 30 bis 45<br />
Minuten und kostet zwischen 50 und <strong>60</strong> €. Achtung:<br />
Auf dieser Strecke gibt es viele Staus.<br />
Es gibt eine direkte Buslinie zum Bahnhof Marseille-<br />
Saint-Charles (ca. 30 Minuten). Dies ist praktisch,<br />
sofern man einen Platz bekommt. Preis 8,30 €.<br />
3 – Flughafen Lyon Saint-Exupéry<br />
25 km im Osten der Stadt<br />
<br />
Rechnen Sie mit 30 bis 45 Minuten für diese Strecke;<br />
Sie bezahlen zwischen 45 und <strong>60</strong> €.<br />
Straßenbahn: Dies ist bei Weitem die praktischste<br />
und sicherste Möglichkeit, um in knapp 30 Minuten<br />
das Stadtzentrum (Lyon Part-Dieu) zu erreichen.<br />
Tickets können im Internet (www.rhonexpress.fr,<br />
günstigerer Preis), an den Fahrscheinautomaten oder<br />
direkt in der Straßenbahn (ohne Aufschlag) gekauft<br />
werden. Preis 14,70 €.<br />
4 – Flughafen Toulouse-Blagnac<br />
8 km im Nordwesten der Stadt<br />
Für die Fahrt, die rund 20 Minuten dauert, bezahlen<br />
Die beiden Buslinien 25 und 30 führen in Kombination<br />
mit der U-Bahn ins Stadtzentrum. Dies ist mit nur<br />
1,<strong>60</strong> € die günstigste Variante. Informationen unter:<br />
www.tisseo.fr.<br />
Komfortabler und ohne Umsteigen ist der direkte<br />
Shuttlebus Tisseo, der in 20 bis 45 Minuten zum<br />
Bahnhof Matabiau und zum Busbahnhof fährt.<br />
Preis 8 €.<br />
5 – Flughafen Nice Côte d’Azur<br />
7 km im Westen der Stadt<br />
<br />
Für die rund 10-minütige Fahrt bezahlen Sie 20 bis<br />
35 €.<br />
Mit der Buslinie 99 gelangt man ins Stadtzentrum<br />
und zum SNCF-Bahnhof. Die Linie 98 fährt dagegen<br />
zum Busbahnhof und in die Altstadt von<br />
Nizza. Die Fahrt dauert 15 bis 20 Minuten. Preis<br />
6 €.<br />
6 – Flughafen Nantes Atlantique<br />
15 km im Südwesten der Stadt<br />
<br />
Die Fahrt dauert 20 Minuten, Sie bezahlen zwischen<br />
25 und 35 €.<br />
Der Shuttlebus Tan fährt in 20 Minuten zum SNCF-<br />
Bahnhof. Dort gibt es Umsteigemöglichkeiten auf<br />
drei Straßenbahnlinien. Preis 8,50 €.<br />
7 – Flughafen Montpellier-Méditerranée<br />
7 km im Südosten der Stadt<br />
<br />
Sie müssen mit einer Fahrzeit von 15 bis 20 Minuten<br />
rechnen und bezahlen rund 20 €.<br />
Bus und Straßenbahn: Sie erreichen das Stadtzentrum<br />
in rund 15 Minuten zunächst mit der<br />
Buslinie 120 bis zur Haltestelle Place de l’Europe,<br />
von dort aus fahren Sie mit der Straßenbahn Linie<br />
1 (Antigone, Hôtel de Ville, Gare SNCF) weiter.<br />
Preis 2,<strong>60</strong> €.<br />
8 – Flughafen Bordeaux-Merignac<br />
10 km im Westen der Stadt<br />
<br />
Die Fahrt kostet 35 bis 45 €, und Sie müssen mit 20<br />
bis 35 Minuten rechnen. Aufgrund häufiger Staus<br />
kann es allerdings auch länger dauern.<br />
Ein Shuttlebus fährt in 30 Minuten vom Flughafen direkt<br />
zum SNCF-Bahnhof. Diese Zeit kann sich ebenfalls<br />
aufgrund der Staus verlängern. Der Preis ist mit<br />
7,20 € teurer als der Bus LIANE 1, der für nur 1,50<br />
€ und in vergleichbarer Zeit ebenfalls zum Bahnhof<br />
fährt, aber auch bereits vor dem Stadtzentrum anhält<br />
(Place Gambetta, Palais de Justice, Victoire). Dies ist<br />
meine bevorzugte Variante.<br />
Frankreich erleben · <strong>Herbst</strong> <strong>2016</strong> · 97
IMPRESSUM · VORSCHAU<br />
Impressum<br />
Frankreich erleben ist das Ergebnis von Teamarbeit. Neben den<br />
Autoren und Fotografen tragen auch die Lektoren, Grafiker und alle<br />
anderen Mitarbeiter zur Qualität der einzelnen Artikel bei. Daher sind<br />
keine einzelnen Personen am Ende eines Artikels hervorgehoben,<br />
sondern findet die Nennung im Impressum statt.<br />
Frankreich erleben erscheint im Verlag<br />
Ajc Presse · 57, rue Chantecrit · 33300 Bordeaux<br />
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Laurent Fournerie, Alain Lardière, Ina Muñoz, Gérard Rival, Serge Robin,<br />
Sabine Schmitt, Susanne Ziegler<br />
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Frankreich erleben erscheint alle drei Monate und ist im gut sortierten<br />
Zeitschriftenhandel in Deutschland, Österreich, der Schweiz, Luxemburg<br />
und Südtirol sowie per Abonnement erhältlich.<br />
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Robin, Ajc Presse • S.99: Serge Robin, Cédric Brown, Ajc Presse.<br />
Wir wollen zwar noch nicht alle Geheimnisse enthüllen,<br />
damit es etwas spannend bleibt, doch wir verraten<br />
Ihnen schon einmal einen Teil dessen, was Sie in der<br />
nächsten Ausgabe von Frankreich erleben lesen werden.<br />
Wir werden in einem kleinen Dorf<br />
in der Nähe der BAIE DE SOMME<br />
die nahezu unglaubliche Geschichte<br />
von der Wiedergeburt eines bemerkenswerten,<br />
aber lange Zeit in Vergessenheit<br />
geratenen Ortes entdecken, der EINE<br />
DER ALLERERSTEN KULTUR-<br />
STÄTTEN in Westeuropa war.<br />
In der BRETAGNE<br />
interessieren wir uns<br />
für mysteriöse architektonische Anlagen,<br />
die im 16. Jahrhundert aufgekommen<br />
und in Frankreich einzigartig sind: UM-<br />
FRIEDETE PFARRBEZIRKE. Wir<br />
erfahren, dass sie sowohl eine religiöse als<br />
auch eine soziale Funktion hatten und auf<br />
welche Art sie ein Symbol für die Konkurrenz<br />
zwischen den einzelnen Dörfern<br />
darstellten.<br />
In der Nähe von LYON<br />
laufen wir durch die Gänge<br />
eines ganz besonderen Museums,<br />
nämlich eines Museums<br />
unter freiem Himmel,<br />
und entdecken das faszinierende<br />
Leben EINES DER<br />
GRÜNDERVÄTER DER<br />
ZEITGENÖSSISCHEN<br />
ARCHITEKTUR.<br />
Wir treffen einen STERNEKOCH, der<br />
gerade einmal 30 Jahre alt ist, ein Wunderkind<br />
der französischen Küche, dem es gelingt,<br />
die Gastronomie mit einer ganz neuartigen<br />
und mehr als willkommenen Unbekümmertheit<br />
anzugehen.<br />
Und vieles mehr ...<br />
Ausgabe <strong>Nr</strong>. 61 – Winter <strong>2016</strong><br />
erscheint am 22. November <strong>2016</strong><br />
98 · Frankreich erleben · <strong>Herbst</strong> <strong>2016</strong>
MAGAZIN<br />
LESEN, WAS KOMMT.<br />
ARTE ERLEBEN<br />
aktuelle Kulturevents, spannende Köpfe,<br />
provokante Meinungen<br />
ARTE ENTDECKEN<br />
faszinierende Hintergrundberichte,<br />
große Reportagen, kompetente Analysen<br />
ARTE BEGEGNEN<br />
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TESTEN SIE<br />
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Denn Sie genießen eine atemberaubende Aussicht über das weite Tal des Naturparks<br />
Lubéron, nach Gordes, auf die Monts de Vaucluse und den Mont Ventoux. Allein dieser<br />
atemberaubende Panoramablick ist unbezahlbar! Außerdem erreichen Sie in nur wenigen<br />
Minuten zu Fuß den Dorfkern von Roussillon mit seinen Geschäften und Restaurants<br />
und bekommen trotzdem wegen der geschützten Lage der Villa nichts vom Trubel im Ort<br />
mit. Schließlich bilden die provenzalische Architektur und die Einrichtung im modernen<br />
Design eine gekonnte Symbiose, die Sie so schnell nicht ein zweites Mal in der Provence<br />
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