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Nr. 60 - Herbst 2016

Vallée de la Dordogne: Wo man « wie Gott in Frankreich lebt » Saint-Germain-des-Près: die Seele von Paris ? Occitanie; Sigean: das Reservat der Glücklichen Tiere Chantals Rezept: Tarte d'automne aux champignons à la farine de châtaignes

Vallée de la Dordogne: Wo man « wie Gott in Frankreich lebt »
Saint-Germain-des-Près: die Seele von Paris ?
Occitanie; Sigean: das Reservat der Glücklichen Tiere
Chantals Rezept: Tarte d'automne aux champignons à la farine de châtaignes

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Macht man dies, trifft einen die Realität mit voller Wucht. Was<br />

würden Yves Montand oder Simone Signoret – ebenfalls ehemalige<br />

Stammgäste in diesem Etablissement, ebenso wie im nur wenige<br />

Schritte entfernten und nicht weniger berühmten Café de Flore – über<br />

eine Karte sagen, auf der ein Espresso für 4,<strong>60</strong> Euro und ein Cappuccino<br />

für 7,20 Euro angeboten werden? Würden sie es nicht übertrieben<br />

finden, für ein normales Frühstück 26 Euro berappen zu müssen?<br />

Sicher, der Obstsaft ist zwar, wie die Karte präzisiert, « frisch », das<br />

Gebäck « vielfältig » und das Baguette « vom Bäcker » (wo sollte es auch<br />

sonst herkommen?). Trotzdem … Ist dies wirklich der Esprit Saint-<br />

Germain-des-Prés?<br />

Quand je te reverrai<br />

À Saint-Germain-des-Prés<br />

Ce ne sera plus toi<br />

Ce ne sera plus moi<br />

Il n’y a plus d’autrefois<br />

Tu me dis « comme tout change »<br />

Les rues te semblent étranges<br />

Même les cafés crème<br />

N’ont plus le goût que tu aimes<br />

Nous sommes étrangers<br />

À Saint-Germain-des-Prés*<br />

Die Seelen der Künstler, Intellektuellen und Schriftsteller, die<br />

früher hier in diesem Viertel verkehrten, die seinen Ruf ausmachten,<br />

könnten heute gemeinsam aufstehen und dieses Chanson singen, eines<br />

der schönsten aus der Feder von Guy Béart, der ebenfalls hier ein und<br />

aus ging … Ja, Saint-Germain-des-Prés, du hast dich wirklich verändert,<br />

du bist nicht mehr dasselbe, das ist offensichtlich …<br />

Setzt man sich heute auf eine der berühmten Caféterrassen in diesem<br />

Viertel (Deux Magots, Café de Flore und Brasserie Lipp), dann<br />

tut man dies nicht, um über die Politik zu diskutieren, einige Seiten<br />

seines nächsten Buches zu schreiben oder über seinen nächsten Film<br />

nachzudenken. Man tut dies, um zu sehen und gesehen zu werden: Es<br />

ist allgemein bekannt, dass man hier gute Chancen hat, eine berühmte<br />

Persönlichkeit, eine Schauspielerin oder einen bekannten Politiker zu<br />

erspähen. Also setzt man sich hin und wartet, das Smartphone selbstverständlich<br />

in Griffnähe. Es könnte ja sein, Catherine Deneuve, die in<br />

diesem Viertel wohnt, kommt auf die gute Idee, schnell einen Kaffee zu<br />

trinken. Oder Woody Allen lässt sich am Nebentisch nieder …<br />

An diese Entwicklung passen sich auch die Cafébetreiber an: Im<br />

Deux Magots ist die Terrasse seit einigen Jahren von einigen Büschen<br />

* Wenn ich dich wiedersehen werde / In Saint-Germain-des-Prés /<br />

Wirst du nicht mehr du sein / Werde ich nicht mehr ich sein /<br />

Es gibt kein Früher mehr<br />

Du sagst mir, « wie sich alles verändert » /<br />

Die Straßen erscheinen dir seltsam / Sogar der Café crème /<br />

Hat nicht mehr den Geschmack, den du liebst<br />

Wir sind Fremde / In Saint-Germain-des-Prés<br />

Frankreich erleben · <strong>Herbst</strong> <strong>2016</strong> · 43

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