Nr. 60 - Herbst 2016
Vallée de la Dordogne: Wo man « wie Gott in Frankreich lebt » Saint-Germain-des-Près: die Seele von Paris ? Occitanie; Sigean: das Reservat der Glücklichen Tiere Chantals Rezept: Tarte d'automne aux champignons à la farine de châtaignes
Vallée de la Dordogne: Wo man « wie Gott in Frankreich lebt »
Saint-Germain-des-Près: die Seele von Paris ?
Occitanie; Sigean: das Reservat der Glücklichen Tiere
Chantals Rezept: Tarte d'automne aux champignons à la farine de châtaignes
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das Festival als auch für Ausstellungen und private Veranstaltungen<br />
wie Hochzeiten optimale Bedingungen bieten.<br />
Auf Einladung von Richter kamen inzwischen nicht nur<br />
einflussreiche Politiker, sondern vor allem international<br />
renommierte Musiker, Interpreten und Dirigenten in die<br />
Grange de Meslay und machten das Festival zu einem<br />
wichtigen Ereignis. Es war ein enormer Erfolg. Die wunderschöne<br />
Scheune inmitten von Feldern wurde innerhalb<br />
weniger Jahre zu einer Hochburg der Kammermusik in<br />
Europa. So unglaublich dies für die Bewohner der Region<br />
erscheinen mochte, plötzlich besuchten so berühmte<br />
Persönlichkeiten der Musikszene wie Pierre Boulez, Elisabeth<br />
Schwarzkopf, Barbara Hendricks, Jessye Norman<br />
und Dietrich Fischer-Dieskau « ihre Gegend ».<br />
Alle diese Künstler, die normalerweise in viel komfortableren<br />
und renommierteren Sälen auf der ganzen<br />
Welt auftreten, schätzen die besondere Atmosphäre des<br />
Festival de la Grange de Meslay, selbst wenn es dort keine<br />
großartigen Logen gibt, wenn manchmal ein krähender<br />
Hahn ihre Interpretation stört – denn dieser waltet noch<br />
immer mitten im Hof seines Amtes – oder wenn eine Eule<br />
während der Vorstellung durch die Scheune fliegt … Dies<br />
ist Teil der Magie des Festivals, das eindeutig anders als<br />
andere Festivals ist. 1988 hatte Richter die künstlerische<br />
Leitung seinem langjährigen Freund René Martin anvertraut,<br />
der auch nach dem Tod des Maestros im Jahr 1997<br />
dem Festival treu blieb. Er reist unaufhörlich durch die<br />
Weltgeschichte, ist international bekannt und organisiert<br />
jährlich mehr als 2500 Konzerte auf der ganzen Welt.<br />
Doch nach wie vor engagiert und begeistert er sich für die<br />
Grange de Meslay, und das Festival hat ihm inzwischen<br />
viel zu verdanken: Anspruchsvolle Künstler vertrauen ihm<br />
blind und kommen Jahr für Jahr, um in Meslay aufzutreten.<br />
Manche sehen in der Einladung sogar ein Zeichen<br />
besonderer Anerkennung. Seine Verbundenheit mit der<br />
Scheune erklärt René Martin folgendermaßen: « Musik ist<br />
etwas Besonderes, aber sie benötigt einen Raum, um sich<br />
auszudrücken. Ich habe immer sehr sensibel auf Orte reagiert,<br />
und Meslay ist einzigartig. Selbst wenn die Akustik<br />
einer Scheune technisch nicht die beste ist, so sorgt<br />
dieses unvergleichliche Umfeld für besonders emotionale<br />
Augenblicke. »<br />
Gérard, Michel, Danielle, Jean-Claude,<br />
Josiane, Jean-Luc und all die anderen …<br />
Was heute, über die international anerkannte, hochwertige<br />
Programmgestaltung hinaus, den Erfolg des Festival<br />
de la Grange de Meslay ausmacht, ist das Ambiente, das<br />
dort herrscht. Seit den ersten Auflagen wird das Festival<br />
von einem tollen Team ehrenamtlicher Helfer getragen,<br />
von denen die meisten von Anfang an dabei waren. Egal<br />
ob ehemaliger Lehrer oder Ingenieur, ob Koch, Caterer,<br />
Fotograf oder Rentner: Alle tragen heute noch mit derselben<br />
Freigiebigkeit und demselben Eifer zum Erfolg des<br />
Festivals bei. Man merkt sehr schnell, dass es sich hier<br />
um mehr als « nur » einen Verein handelt, der anlässlich<br />
des Festivals ins Leben gerufen wurde, es ist eine große<br />
Familie.<br />
Gérard Proust war 1964 Praktikant bei der lokalen<br />
Zeitung La Nouvelle République, als sein Arbeitgeber ihn<br />
bat, « Richter in Meslay zu fotografieren ». Damals hatte<br />
er weder eine Ahnung, wo sich Meslay befindet, noch wer<br />
Richter ist, obwohl jeder ihn als sehr wichtige Persönlichkeit<br />
bezeichnete. Seitdem ist er nicht nur der offizielle<br />
Fotograf des Festivals, sondern er war auch einer der wenigen<br />
Fotografen, die der Maestro akzeptierte, obwohl er<br />
sich ansonsten überhaupt nicht gerne ablichten ließ. Doch<br />
die Bilder, die Gérard von seinen diversen Konzerten gemacht<br />
hatte, wollte er immer schnell sehen, und manchmal<br />
ließ er es sich nicht nehmen, sogar vor dessen Kamera<br />
den Hanswurst zu spielen. Gérard erinnert sich: « Gleich<br />
zu Beginn hatte man mich vorgewarnt: ‹ Wenn der Maestro<br />
dich während des Konzertes beim Fotografieren sieht<br />
Frankreich erleben · <strong>Herbst</strong> <strong>2016</strong> · 61