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Nr. 60 - Herbst 2016

Vallée de la Dordogne: Wo man « wie Gott in Frankreich lebt » Saint-Germain-des-Près: die Seele von Paris ? Occitanie; Sigean: das Reservat der Glücklichen Tiere Chantals Rezept: Tarte d'automne aux champignons à la farine de châtaignes

Vallée de la Dordogne: Wo man « wie Gott in Frankreich lebt »
Saint-Germain-des-Près: die Seele von Paris ?
Occitanie; Sigean: das Reservat der Glücklichen Tiere
Chantals Rezept: Tarte d'automne aux champignons à la farine de châtaignes

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UNTERWEGS IN FRANKREICH Sigean<br />

Die von den Primaten des Reservats gemalten Bilder lassen nicht unberührt. « Die Kunst der Affen » weckt<br />

im Übrigen seit den Fünfzigerjahren die Neugierde – selbst von Malern wie Dali und Picasso. Ohne jede<br />

Anerkennung von außen widmen sich die Tiere ihren Werken, als wollten sie eine visuelle Spur hinterlassen.<br />

Dabei legen sie einen zwar einfachen, aber sehr charakteristischen Sinn für Ästhetik an den Tag.<br />

100 Kilogramm Fisch, 500 Kilogramm Körner und Granulat<br />

und mehr als 1500 Kilogramm Trockenfutter.<br />

In dem Teil des Parks, den man mit dem Fahrzeug<br />

erkunden kann und in dem sich die Tiere in Halbfreiheit<br />

bewegen, sind die meisten Spezies Pflanzenfresser. Sie<br />

finden daher im Laufe des Tages in der ausgedehnten<br />

Weite ihrer Gehege genügend Nahrung. Dies ist auch der<br />

Gedanke des Reservats: Die Tiere sollen nicht wie in einem<br />

klassischen Zoo « eingesperrt » sein, sondern über so<br />

viel Platz wie möglich verfügen. Sie sollen sich immer von<br />

den Besuchern isolieren können. Alles ist so angelegt, dass<br />

sie die Möglichkeit haben, soziale Gruppen zu bilden, so<br />

wie dies in Freiheit der Fall wäre. Das Réserve africaine<br />

de Sigean ist eine der raren Einrichtungen, die den Tieren<br />

eine derart große Fläche bieten kann. Forscher, vor allem<br />

Ethnologen, wissen dies zu schätzen: Sie erkennen an,<br />

dass sie in Sigean Herden vorfinden, die auf ausgedehnten<br />

natürlichen Territorien und unter Bedingungen leben, die<br />

denen ihres natürlichen Lebensraumes gleichen.<br />

Am spektakulärsten, vor allem für Kinder, ist die Fahrt<br />

mit dem Auto durch die Gehege der Bären und Löwen.<br />

Die kleinen Besucher sind einerseits entzückt darüber,<br />

diesen Tieren so nahe zu kommen, haben aber andererseits<br />

ein wenig Angst – und das nicht zu Unrecht –, wenn<br />

sie feststellen, dass es sich dabei tatsächlich um wilde Tiere<br />

handelt. Zum Glück! Mich persönlich haben im Reservat<br />

jedoch die Schimpansen am meisten beeindruckt. In<br />

einem Gebäude der Anlage gibt es eine Ausstellung mit<br />

Bildern, die alle einen ganz besonderen Stil aufweisen und<br />

eine Gemeinsamkeit haben: Sie wurden von Schimpansen<br />

gemalt … Am Anfang stand ein Experiment: Man hat<br />

ihnen ein großes Blatt Papier und Farbstifte gegeben und<br />

dann künstlerische Freiheit gelassen. Denn es handelt sich<br />

hier tatsächlich um künstlerische Kreationen. Die Formen<br />

und Farben erinnern unweigerlich an unsere eigene<br />

Denkweise. Das ist auf der einen Seite verwirrend, auf der<br />

anderen aber auch berührend!<br />

Wie alle Primaten haben diese Tiere Angst vor dem<br />

Wasser und leben auf einer riesigen bewachsenen Insel,<br />

die als natürliche Barriere dient. Man kann sie nur aus der<br />

Entfernung von zu diesem Zweck eingerichteten Beobachtungsposten<br />

aus betrachten, wobei man sich so diskret<br />

wie möglich verhalten sollte, um die Tiere nicht zu stören.<br />

Das Prinzip besteht darin, niemals, oder fast niemals,<br />

in direkten Kontakt mit ihnen zu treten, damit sie ihr<br />

Leben so wie in Freiheit organisieren können. Die Einschränkung<br />

gilt selbst für die Pfleger. An einem Beobachtungsposten<br />

erläutern Schilder verschiedene Gesten, die<br />

Schimpansen ausführen können. Dabei erfahre ich, dass<br />

es für einen Schimpansen riskant ist, wenn er mit dem<br />

Zeigefinger auf einen anderen deutet, da er damit diesen<br />

Körperteil einem Bissrisiko aussetzt. Für ihn ist das also<br />

eine Geste des Vertrauens. Wenn der andere Schimpanse<br />

dies annimmt, streckt er seinerseits einen Finger aus.<br />

Das bedeutet jedoch nicht, dass ihre Absichten friedlicher<br />

Natur bleiben. Ein Schimpanse kann in einer solchen<br />

Situation jederzeit seine Meinung ändern und angreifen.<br />

Dies zu lesen, ist bereits interessant. Es jedoch dann mit<br />

eigenen Augen bei den Schimpansen auf der Insel beobachten<br />

zu können, ist ein seltener und außergewöhnlicher<br />

Augenblick.<br />

Eine der Stärken des Réserve africaine de Sigean ist,<br />

dass die Tiere hier nach Ansicht der Experten glücklich<br />

zu sein scheinen. Selbstverständlich ist ein Tier nur in<br />

seinem natürlichen Umfeld wirklich an seinem richtigen<br />

Platz. Das Reservat in Sigean hat mir jedoch gezeigt, dass<br />

ein solcher « Zoo » durchaus um ihr Wohlbefinden besorgt<br />

sein und zu ihrer Erhaltung beitragen kann. Und sicher<br />

ist, dass ich seit diesem Besuch solche Einrichtungen mit<br />

anderen Augen sehe …<br />

54 · Frankreich erleben · <strong>Herbst</strong> <strong>2016</strong>

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