Nr. 60 - Herbst 2016
Vallée de la Dordogne: Wo man « wie Gott in Frankreich lebt » Saint-Germain-des-Près: die Seele von Paris ? Occitanie; Sigean: das Reservat der Glücklichen Tiere Chantals Rezept: Tarte d'automne aux champignons à la farine de châtaignes
Vallée de la Dordogne: Wo man « wie Gott in Frankreich lebt »
Saint-Germain-des-Près: die Seele von Paris ?
Occitanie; Sigean: das Reservat der Glücklichen Tiere
Chantals Rezept: Tarte d'automne aux champignons à la farine de châtaignes
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UNTERWEGS IN FRANKREICH Dordogne-Tal<br />
Oben: Arne Thies liebt es, mit seiner « Ente » ein paar Besorgungen zu erledigen. Arne bei einer Hilfsaktion seines<br />
Vereins BonAgera in Afrika. Rechte Seite: Der Weihnachtsmarkt belebt die Straßen von Meyssac.<br />
hinter dem Berg hält, dann ist das Arne Thies. Seinem<br />
Vornamen nach könnte Arne ebenfalls ein Deutscher sein.<br />
Er ist aber Franzose. Er ist hier geboren und in dieser<br />
Gegend tief verwurzelt. Allerdings hat er deutsche Eltern:<br />
Seine Mutter Heinke stammt aus Berlin, sein Vater Karl<br />
aus Ostdeutschland. Mehrere Jahre lang hat dieser ausgebildete<br />
Ingenieur das Tal der Dordogne verlassen, um die<br />
Welt zu bereisen, vor allem Afrika, wo er fünfundzwanzig<br />
Jahre für verschiedene internationale Organisationen verschiedenste<br />
Entwicklungshilfeprojekte fachlich bewertete.<br />
Eines Tages hatte Arne genug von all diesen Projekten,<br />
von denen sich viele als nicht nachhaltig und demzufolge<br />
als sinnlos erwiesen. Er wollte stattdessen eine andere,<br />
direktere Form der Hilfe auf die Beine stellen, die einen<br />
echten Know-how-Transfer ermöglicht. Dafür hat er<br />
mit einigen Gleichgesinnten den Verein BonAgera e. V.<br />
(www.bonagera.biz) gegründet. Das Ziel: mit Brunnen,<br />
die 100 Euro kosten, Tausenden Menschen den Zugang<br />
zu Wasser zu ermöglichen. Im Kongo werden heute mit<br />
700 bereits installierten Brunnen 400.000 Personen versorgt,<br />
weitere hundert sind in Benin geplant. Ein wirklich<br />
toller Erfolg!<br />
Inzwischen steuert Arne diese Projekte von Frankreich<br />
aus. Denn 1990 hat er sich mit seiner Frau Silke – schau<br />
an, noch eine Deutsche – auf dem Anwesen seiner Familie<br />
in Payrac, südlich von Souillac, niedergelassen. Dort<br />
gibt es auf einem ausgedehnten Grundstück (mehr als 50<br />
Hektar) mehrere freistehende Häuser, die sie als Gîtes vermieten.<br />
Das sind aber keine Ferienhäuser wie andere …<br />
Arne Thies, ein überzeugter Europäer<br />
Arne Thies, worin unterscheiden sich die Gîtes, die Sie anbieten,<br />
von anderen, die man in dieser Region mieten kann?<br />
Ich überlasse es Ihnen, sich selbst ein Urteil zu bilden,<br />
aber ich glaube, dass es Silke und mir gelungen ist, etwas<br />
zu schaffen, das man anderswo nicht findet. Ich glaube,<br />
dass auch unsere enge Beziehung zu Deutschland ihren<br />
Anteil daran hat. Der Ausgangspunkt war, dass wir nicht,<br />
wie alle anderen, französische, englische und holländische<br />
Touristen ansprechen wollten – diese Zielgruppe lag damals<br />
gerade « im Trend » –, sondern dass wir stattdessen<br />
an deutsche Urlauber gedacht haben. Denn wir hatten<br />
festgestellt, dass viele unserer deutschen Freunde sich<br />
beim ersten Besuch bereits in die Region verliebten. Sie<br />
beneideten uns, hier zu wohnen. Wir wollten es einfach<br />
ausprobieren. Da wir also deutsche Gäste beherbergen<br />
wollten, entschlossen wir uns, das richtig gut zu machen<br />
und Dienstleistungen anzubieten, die der deutschen Mentalität<br />
entsprechen, aber in französischen Ferienhäusern<br />
nur selten vorhanden sind. Unsere fünf Gîtes sind freistehende<br />
Häuser, von denen die meisten eine eigene Sauna<br />
und einen eigenen Pool haben. Wie es in Deutschland<br />
üblich ist, kann jeder, der es möchte, nach dem Aufguss<br />
nackt in den Pool springen: Alle Gîtes sind so konzipiert,<br />
dass die Intimsphäre der Bewohner gewahrt ist.<br />
Eine Sauna im Ferienhaus und ein Pool, in dem man nackt<br />
baden kann, sind in der Tat in Frankreich nicht sehr verbreitet.<br />
Wie wurde dieses Angebot von den Akteuren des Tourismus<br />
vor Ort aufgenommen?<br />
Man hat niemals gewagt, es uns ins Gesicht zu sagen,<br />
aber ich bin sicher, man hat uns für verrückt gehalten!<br />
Zu Beginn glaubte niemand daran, wir wurden<br />
als versponnene Träumer eingestuft. Dabei sind manche<br />
Dinge im Prinzip ganz einfach: Wir haben beispielsweise<br />
an unserem Teich eine Plattform und eine Leiter<br />
installiert, damit er für alle als Badeteich zugänglich<br />
ist. Für Franzosen ist es bereits unglaublich, in einem<br />
Teich zu baden, das aber auch noch den Gästen eines<br />
Ferienhauses anzubieten … Es wurde schlichtweg als<br />
« total daneben » eingestuft! Und dabei habe ich noch<br />
nicht einmal unser Vorhaben erwähnt, von Beginn an<br />
alles so zu konzipieren, dass die Häuser – einschließlich<br />
34 · Frankreich erleben · <strong>Herbst</strong> <strong>2016</strong>