Nr. 60 - Herbst 2016
Vallée de la Dordogne: Wo man « wie Gott in Frankreich lebt » Saint-Germain-des-Près: die Seele von Paris ? Occitanie; Sigean: das Reservat der Glücklichen Tiere Chantals Rezept: Tarte d'automne aux champignons à la farine de châtaignes
Vallée de la Dordogne: Wo man « wie Gott in Frankreich lebt »
Saint-Germain-des-Près: die Seele von Paris ?
Occitanie; Sigean: das Reservat der Glücklichen Tiere
Chantals Rezept: Tarte d'automne aux champignons à la farine de châtaignes
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UNTERWEGS IN FRANKREICH Dordogne-Tal<br />
Der Bürgermeister Olivier Laporte und die<br />
beiden Verantwortlichen des neuen Musée<br />
de la Noix in Saillac, Hélène Hacquart und<br />
Cécile Brégiroux, trinken auf der angenehmen<br />
Terrasse des Museums gemeinsam etwas.<br />
Rechte Seite: Das Gîte von Véronique und<br />
Francis Simbille ist eine regelrechte Oase<br />
des Friedens.<br />
sich dies bald ändert, was wir ihm aus tiefstem Herzen<br />
wünschen. Hier wurde nämlich im Sommer dieses Jahres<br />
ein etwas außergewöhnliches Museum eröffnet, das neben<br />
dem kulturellen Aspekt einem sozialen Zweck dienen und<br />
ein Ort der Begegnung und des Austausches zwischen<br />
Bewohnern und Besuchern sein soll. Der Name: Les<br />
quatre Demoiselles, le Musée de la noix. Es ist ein Beispiel<br />
dafür, zu welch mutigen und überraschenden Initiativen<br />
die Menschen in dieser Region fähig sind, wenn sie ihre<br />
Gegend und ihr Kulturerbe bekanntmachen wollen und<br />
dabei die vorgezeichneten Pfade verlassen.<br />
Alles begann 1993, als der damalige Bürgermeister<br />
Léon Marcillou das Projekt entwickelte, in Saillac ein<br />
Maison de la noix einzurichten. Betrachtet man den Stellenwert<br />
und die Geschichte der Nuss – sie wurde lange Zeit<br />
als das « Gold » dieser Region angesehen –, erscheint diese<br />
Idee völlig gerechtfertigt. Davon zeugt unter anderem eine<br />
notarielle Urkunde aus dem Jahr 1502, in der die Verfasser,<br />
die sich wohl des Wertes der Walnussbäume bewusst<br />
waren, präzise vermerkt haben, wie viele solcher Bäume es<br />
in der Gemeinde gab. Es heißt, dass in den Fünfzigerjahren<br />
ein schöner Nussbaum zu einem Preis verkauft werden<br />
konnte, der heute – Inflation eingerechnet – einem Wert<br />
von mehr als 30.000 Euro entspräche. Das sagt viel über<br />
die Bedeutung dieses ehrwürdigen Baumes aus, der bis zu<br />
300 Jahre alt werden kann. Man sollte zudem wissen, dass<br />
ein Walnussbaum in Saillac nicht einfach irgendein Walnussbaum<br />
ist: Auf ihm wachsen schließlich die berühmten<br />
Marbot-Nüsse. Dies ist eine der vier Nuss-Sorten der<br />
Appellation d’Origine Protégée (AOP) « Noix du Périgord »,<br />
die als der Rolls-Royce unter den Nüssen bezeichnet und<br />
vor allem frisch konsumiert wird. Diese Nuss reift früh,<br />
ist groß, und man kann sie an einem amüsanten Detail<br />
erkennen: Es ist die einzige Nuss, die, wenn man sie aufrecht<br />
auf den Tisch stellt, aufgrund ihrer Form und ihres<br />
Gewichtes auch aufrecht stehen bleibt. Nach wie vor ist<br />
ein Viertel der 445 Hektar, die zum Gebiet der Gemeinde<br />
Saillac gehören, mit Nussbäumen bepflanzt. Es ergab also<br />
durchaus Sinn, dieser Nuss mit einem eigenen Museum<br />
die Ehre zu erweisen.<br />
Allerdings hat man sich nicht darauf beschränkt, einfach<br />
ein « normales » Museum zu kreieren. Es sollte zum<br />
einen ein schönes, zum anderen aber auch ein Museum<br />
sein, das der heutigen Zeit entspricht. Und so kam es, dass<br />
sich die Besucher nun in einem wunderschönen Gebäude<br />
– ein ehemaliges Frauenkloster, das die Gemeinde von<br />
Grund auf renoviert hat – inmitten von Nussbäumen wiederfinden.<br />
Dort tauchen sie durch die Magie eines Filmes<br />
und durch eine sorgfältige und originelle Inszenierung in<br />
eine lehrreiche « virtuelle Versammlung » des Cercle International<br />
des Amis de la Noix ein, bei der sie, sofern sie der<br />
französischen Sprache mächtig sind – die Übersetzung in<br />
andere Sprachen ist geplant –, alles über diese Schalenfrucht,<br />
die Heldin der Region, erfahren. Die Gemeindeverwaltung<br />
wollte allerdings noch mehr. Das Museum<br />
sollte zudem eine soziale und wirtschaftliche Rolle im<br />
Gemeindeleben spielen, es sollte ein neuer Begegnungsort<br />
sein. Daher hat sie die Verwaltung des Ortes an Hélène<br />
Hacquart und Cécile Brégiroux vergeben. Diese beiden<br />
sehr motivierten jungen Frauen aus dem Departement<br />
Cantal haben nun neben der Führung des kleinen Museums<br />
die Aufgabe, gleichzeitig ein Restaurant mit Bar zu<br />
betreiben. Aufgrund der beengten Küche ist das Angebot<br />
zwar auf Quiches, Salate und so weiter beschränkt, was<br />
28 · Frankreich erleben · <strong>Herbst</strong> <strong>2016</strong>