21.04.2020 Aufrufe

Nr. 30 - November / Dezember 2010

Burgund: Die Abtei von Fontenay Paris: Friedhöfe, Museen unter freiem Himmel Languedoc-Roussillon: im Katharland, ein Wanderweg zwischen Mittelmeer und den Pyrenäen Angers: eine der Städte Frankreichs mit der höchsten Lebensqualität Franche-Comté: in der Kathedrale des Comté: das Fort Saint-Antoine Charentes: Schloss La Rochefoucauld Val d'Isère: für Skifahrer empfehlenswert Rezept: Poulet basquaise Weinbrand: die Geschichte des Armagnac Schauwein: welchen Champagner zu Silvester ?

Burgund: Die Abtei von Fontenay
Paris: Friedhöfe, Museen unter freiem Himmel
Languedoc-Roussillon: im Katharland, ein Wanderweg zwischen Mittelmeer und den Pyrenäen
Angers: eine der Städte Frankreichs mit der höchsten Lebensqualität
Franche-Comté: in der Kathedrale des Comté: das Fort Saint-Antoine
Charentes: Schloss La Rochefoucauld
Val d'Isère: für Skifahrer empfehlenswert
Rezept: Poulet basquaise
Weinbrand: die Geschichte des Armagnac
Schauwein: welchen Champagner zu Silvester ?

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

Unterwegs in Frankreich Burgund<br />

Fontenay brach dagegen eine Art zweites Leben an, denn<br />

ein Unternehmer kaufte die Anlage und errichtete darin<br />

eine Papierfabrik. Das Holz der dichten Klosterwälder und<br />

das klare Wasser waren ideal, um aus Fontenay einen solchen<br />

Industriestandort zu machen.<br />

Die Fabrik gelangte Anfang des 19. Jahrhunderts in den<br />

Besitz von Elie de Montgolfier, eine der Nachkommen des<br />

Erfinders des Heißluftballons. In den folgenden Jahrzehnten<br />

entwickelte sich eine dynamische Fabrik. Um 1890 war<br />

es schließlich die Enkelin von Elie, Rose de Montgolfier,<br />

die sich der Anlage in ihrer vormaligen Funktion eines<br />

Klosters annahm. Sie war mit Edouard Aynard verheiratet,<br />

einem Bankier und Abgeordneten aus Lyon. Diese beiden<br />

feinsinnigen Kunstliebhaber ließen die Spuren industrieller<br />

Nutzung entfernen. Zwischen 1906 und 1914 gaben<br />

sie einen Großteil ihres Vermögens aus, um die Abtei von<br />

Fontenay wieder auferstehen zu lassen. Eine Arbeit, die ihre<br />

Nachfahren unbeirrt fortsetzten. So auch François Aynard,<br />

der heutige Besitzer, der sich nicht weniger um Fontenay<br />

bemüht und dort auch seinen Wohnsitz hat.<br />

Heute ist die Abtei, könnte man sagen, immer noch eine<br />

Fabrik – eine Kulturfabrik. Gut zehn Mitarbeiter kümmern<br />

sich um das alte Gemäuer, dessen Türen den Besuchern<br />

aus aller Welt weit offen stehen. 120.000 werden pro Jahr<br />

gezählt, davon mehr als 40 Prozent aus dem Ausland. Das<br />

Gelände wird auch für Filmaufnahmen genutzt, wie zum<br />

Beispiel zu den Dreharbeiten von « Cyrano von Bergerac »<br />

von Jean-Paul Rappenau.<br />

François Aynard, der das Glück hat, einen so schönen<br />

Ort sein eigen nennen zu können, ist deshalb noch lange<br />

nicht vermögend. Es ist noch gar nicht lange her, da betrug<br />

das jährliche Defizit der Anlage 100.000 Euro. Da braucht<br />

es schon einigen Erfindungsgeist und neue Ideen, um solche<br />

Finanzierungslücken zu schließen. Nicht zuletzt sind es<br />

stärkere Partner, auf die sich Fontenay in solchen Momenten<br />

stützen muss.<br />

Einen solchen Partner fand Aynard bei der Instandsetzung<br />

der uralten Schmiede, und vor allem beim Herrichten<br />

des riesigen Schmiedehammers aus dem 12. Jahrhundert.<br />

Am Ende seines langen Stiels wiegt der Kopf ganze 85<br />

Kilogramm, der von einem Schaufelrad mit einem Durchmesser<br />

von fünf Metern bewegt wird. Mit ihm wurde früher<br />

das Metall, das die Mönche aus der Mine förderten,<br />

zur Weiterverarbeitung zugerichtet. Man schätzt, dass die<br />

Kraft des Schmiedehammers der Schlagkraft von einem<br />

Dutzend Männer entspricht.<br />

Vor zwei Jahren wurde die Schmiedeanlage für 85.000<br />

Euro komplett restauriert und funktioniert heute wieder<br />

wie früher. Dabei halfen sieben höherbildende Technische<br />

Schulen aus Frankreich, Deutschland, Italien, Rumänien<br />

und Polen. Finanziert wurden die Arbeiten vom Conseil<br />

Général, dem Conseil Régional, einigen Sponsoren und<br />

der Familie Aynard selbst. Viel Fleiß, Einfallsreichtum<br />

und guter Wille waren dazu noch nötig, um das historische<br />

Schmiedewerk in einen Zustand zu versetzen, der dem von<br />

vor 800 Jahren sehr nahe kommt.<br />

Noch weniger als das ständige Bemühen einer einzelnen<br />

Familie um den Fortbestand dieses Weltkulturdenkmals ist<br />

bekannt, dass auch eine berühmte Frau eng mit der Abtei<br />

von Fontenay verbunden ist. Es handelt sich um Andrée<br />

Putman, die von einem US-amerikanischen Magazin einmal<br />

als die « Coco Chanel der Innenarchitektur » bezeichnet<br />

wurde. Sie lebte während ihrer Kindheit in der Anlage,<br />

denn sie ist eine Enkelin von Edouard Aynard, der die<br />

Restaurierungsarbeiten zu Beginn des 20. Jahrhunderts in<br />

Gang brachte. Sie beruft sich auf ihre Kinderjahre als frühe<br />

20 · Frankreich erleben · <strong>November</strong> / <strong>Dezember</strong> <strong>2010</strong>

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!