Nr. 30 - November / Dezember 2010
Burgund: Die Abtei von Fontenay Paris: Friedhöfe, Museen unter freiem Himmel Languedoc-Roussillon: im Katharland, ein Wanderweg zwischen Mittelmeer und den Pyrenäen Angers: eine der Städte Frankreichs mit der höchsten Lebensqualität Franche-Comté: in der Kathedrale des Comté: das Fort Saint-Antoine Charentes: Schloss La Rochefoucauld Val d'Isère: für Skifahrer empfehlenswert Rezept: Poulet basquaise Weinbrand: die Geschichte des Armagnac Schauwein: welchen Champagner zu Silvester ?
Burgund: Die Abtei von Fontenay
Paris: Friedhöfe, Museen unter freiem Himmel
Languedoc-Roussillon: im Katharland, ein Wanderweg zwischen Mittelmeer und den Pyrenäen
Angers: eine der Städte Frankreichs mit der höchsten Lebensqualität
Franche-Comté: in der Kathedrale des Comté: das Fort Saint-Antoine
Charentes: Schloss La Rochefoucauld
Val d'Isère: für Skifahrer empfehlenswert
Rezept: Poulet basquaise
Weinbrand: die Geschichte des Armagnac
Schauwein: welchen Champagner zu Silvester ?
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Unterwegs in Frankreich Burgund<br />
Fontenay brach dagegen eine Art zweites Leben an, denn<br />
ein Unternehmer kaufte die Anlage und errichtete darin<br />
eine Papierfabrik. Das Holz der dichten Klosterwälder und<br />
das klare Wasser waren ideal, um aus Fontenay einen solchen<br />
Industriestandort zu machen.<br />
Die Fabrik gelangte Anfang des 19. Jahrhunderts in den<br />
Besitz von Elie de Montgolfier, eine der Nachkommen des<br />
Erfinders des Heißluftballons. In den folgenden Jahrzehnten<br />
entwickelte sich eine dynamische Fabrik. Um 1890 war<br />
es schließlich die Enkelin von Elie, Rose de Montgolfier,<br />
die sich der Anlage in ihrer vormaligen Funktion eines<br />
Klosters annahm. Sie war mit Edouard Aynard verheiratet,<br />
einem Bankier und Abgeordneten aus Lyon. Diese beiden<br />
feinsinnigen Kunstliebhaber ließen die Spuren industrieller<br />
Nutzung entfernen. Zwischen 1906 und 1914 gaben<br />
sie einen Großteil ihres Vermögens aus, um die Abtei von<br />
Fontenay wieder auferstehen zu lassen. Eine Arbeit, die ihre<br />
Nachfahren unbeirrt fortsetzten. So auch François Aynard,<br />
der heutige Besitzer, der sich nicht weniger um Fontenay<br />
bemüht und dort auch seinen Wohnsitz hat.<br />
Heute ist die Abtei, könnte man sagen, immer noch eine<br />
Fabrik – eine Kulturfabrik. Gut zehn Mitarbeiter kümmern<br />
sich um das alte Gemäuer, dessen Türen den Besuchern<br />
aus aller Welt weit offen stehen. 120.000 werden pro Jahr<br />
gezählt, davon mehr als 40 Prozent aus dem Ausland. Das<br />
Gelände wird auch für Filmaufnahmen genutzt, wie zum<br />
Beispiel zu den Dreharbeiten von « Cyrano von Bergerac »<br />
von Jean-Paul Rappenau.<br />
François Aynard, der das Glück hat, einen so schönen<br />
Ort sein eigen nennen zu können, ist deshalb noch lange<br />
nicht vermögend. Es ist noch gar nicht lange her, da betrug<br />
das jährliche Defizit der Anlage 100.000 Euro. Da braucht<br />
es schon einigen Erfindungsgeist und neue Ideen, um solche<br />
Finanzierungslücken zu schließen. Nicht zuletzt sind es<br />
stärkere Partner, auf die sich Fontenay in solchen Momenten<br />
stützen muss.<br />
Einen solchen Partner fand Aynard bei der Instandsetzung<br />
der uralten Schmiede, und vor allem beim Herrichten<br />
des riesigen Schmiedehammers aus dem 12. Jahrhundert.<br />
Am Ende seines langen Stiels wiegt der Kopf ganze 85<br />
Kilogramm, der von einem Schaufelrad mit einem Durchmesser<br />
von fünf Metern bewegt wird. Mit ihm wurde früher<br />
das Metall, das die Mönche aus der Mine förderten,<br />
zur Weiterverarbeitung zugerichtet. Man schätzt, dass die<br />
Kraft des Schmiedehammers der Schlagkraft von einem<br />
Dutzend Männer entspricht.<br />
Vor zwei Jahren wurde die Schmiedeanlage für 85.000<br />
Euro komplett restauriert und funktioniert heute wieder<br />
wie früher. Dabei halfen sieben höherbildende Technische<br />
Schulen aus Frankreich, Deutschland, Italien, Rumänien<br />
und Polen. Finanziert wurden die Arbeiten vom Conseil<br />
Général, dem Conseil Régional, einigen Sponsoren und<br />
der Familie Aynard selbst. Viel Fleiß, Einfallsreichtum<br />
und guter Wille waren dazu noch nötig, um das historische<br />
Schmiedewerk in einen Zustand zu versetzen, der dem von<br />
vor 800 Jahren sehr nahe kommt.<br />
Noch weniger als das ständige Bemühen einer einzelnen<br />
Familie um den Fortbestand dieses Weltkulturdenkmals ist<br />
bekannt, dass auch eine berühmte Frau eng mit der Abtei<br />
von Fontenay verbunden ist. Es handelt sich um Andrée<br />
Putman, die von einem US-amerikanischen Magazin einmal<br />
als die « Coco Chanel der Innenarchitektur » bezeichnet<br />
wurde. Sie lebte während ihrer Kindheit in der Anlage,<br />
denn sie ist eine Enkelin von Edouard Aynard, der die<br />
Restaurierungsarbeiten zu Beginn des 20. Jahrhunderts in<br />
Gang brachte. Sie beruft sich auf ihre Kinderjahre als frühe<br />
20 · Frankreich erleben · <strong>November</strong> / <strong>Dezember</strong> <strong>2010</strong>