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Nr. 30 - November / Dezember 2010

Burgund: Die Abtei von Fontenay Paris: Friedhöfe, Museen unter freiem Himmel Languedoc-Roussillon: im Katharland, ein Wanderweg zwischen Mittelmeer und den Pyrenäen Angers: eine der Städte Frankreichs mit der höchsten Lebensqualität Franche-Comté: in der Kathedrale des Comté: das Fort Saint-Antoine Charentes: Schloss La Rochefoucauld Val d'Isère: für Skifahrer empfehlenswert Rezept: Poulet basquaise Weinbrand: die Geschichte des Armagnac Schauwein: welchen Champagner zu Silvester ?

Burgund: Die Abtei von Fontenay
Paris: Friedhöfe, Museen unter freiem Himmel
Languedoc-Roussillon: im Katharland, ein Wanderweg zwischen Mittelmeer und den Pyrenäen
Angers: eine der Städte Frankreichs mit der höchsten Lebensqualität
Franche-Comté: in der Kathedrale des Comté: das Fort Saint-Antoine
Charentes: Schloss La Rochefoucauld
Val d'Isère: für Skifahrer empfehlenswert
Rezept: Poulet basquaise
Weinbrand: die Geschichte des Armagnac
Schauwein: welchen Champagner zu Silvester ?

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Unterwegs in Frankreich Fort Saint-Antoine<br />

Oben: Jeder Käselaib ist ein kostbares Einzelstück,<br />

der eine eigene Nummer erhält. Unten: Die Rinde gibt<br />

einen Anhaltspunkt, wie sehr ein Comté gereift ist.<br />

S. 48/49: In den endlos erscheinenden Gängen<br />

können die Käselaiber zur Perfektion reifen.<br />

Insgesamt sind es mehr als 100.000 Stück.<br />

Die Leute in der Gegend begannen bald über das Vorhaben<br />

von Marcel Petite zu reden. Auch wenn er für sein<br />

handwerkliches Geschick bekannt und geschätzt war,<br />

hielten ihn die meisten doch für verrückt. Durch die neuen<br />

Verfahren der Milchindustrie konnte man einen Comté<br />

nach einer Reifezeit von drei Monaten auf den Markt bringen.<br />

Petite aber wollte einen « Jahrgangskäse » herstellen, so<br />

wie es auch die großen Jahrgangsweine gibt. Er erklärte den<br />

Leuten, dass sein Comté nach der Reifung kein einheitlich<br />

schmeckendes Produkt sei, sondern dass der Käse im Gegenteil<br />

je nach Boden, Jahrgang und Lagerweise einen ganz<br />

eigenen Geschmack erhalten werde. Mehr noch, er stellte<br />

das komplette System der Produktion in Frage. Anstatt<br />

den Käse nach drei Monaten aus dem Reifungsprozess zu<br />

nehmen, wollte er ihm die Zeit lassen, bis er entsprechend<br />

seiner Bedingungen die optimale Reife erhalten habe.<br />

Dabei war Petite durchaus kein realitätsfremder Revolutionär.<br />

Seine Ideen waren schon fast zu einer politischen<br />

Frage geworden, so sehr rührten sie an dem, was wirtschaftlich<br />

gerade en vogue war. Er musste sich Verbündete<br />

schaffen. Die Molkereigenossenschaften waren für ihn ein<br />

solches Vorbild. Da der Comté die eigenen Bedingungen<br />

für die Reife benötigt, haben sich die Käseproduzenten<br />

schon früh zusammengeschlossen, um ihre Produktion in<br />

größerem Umfang lagern zu können. An solche Genossenschaften<br />

auf lokaler Ebene dachte Marcel Petite, um sich<br />

der Industrialisierung der Käseherstellung zu widersetzen.<br />

Er schloss mit den lokalen Kooperativen Verträge ab, die<br />

fortan in seinem Fort ihren Käse lagern konnten.<br />

Marcel Petite hatte noch einen zweiten essentiellen<br />

Faktor im Blick. Als die Comté-Produzenten von den Verlockungen<br />

der Milchindustrie angezogen wurden, gerieten<br />

auch die naturbelassenen Wiesen der Franche-Comté, die<br />

traditionellerweise das Futter für die Montbéliarde-Milchkühe<br />

bieten, in Gefahr. Man hatte begonnen, die Milchkühe<br />

auf Weiden grasen zu lassen, die nur noch aus vier oder<br />

fünf Gräsern bestanden. Die Milchbauern wurden von der<br />

Milchindustrie ermuntert, aus Rentabilitätsgründen so ihre<br />

Felder zu bewirtschaften. Vor allem sollten die « schlechten<br />

» Gräser auf den Weiden vermieden werden, da sie die<br />

Zusammensetzung der Milch beeinflussen würden.<br />

Nun ist es aber so, dass auf den Wiesen der Milchbauern<br />

der Franche-Comté gerade eine Vielzahl von Pflanzen und<br />

Gräsern gedeihen. Man schätzt, dass auf einer Wiese mehr<br />

als 350 Arten sprießen, worunter sich auch aromareiche<br />

Pflanzen und sogar medizinische Heilkräuter befinden.<br />

Jede Kuh hat einen Hektar Weidefläche zur Verfügung.<br />

Dadurch ist die Milch der Kühe auf den traditionellen<br />

Weiden sehr viel aromatischer – je nachdem eben, welche<br />

Gräser und Kräuter auf dem Speisezettel standen. Marcel<br />

Petite war überzeugt davon, dass ein Käse, der aus dieser<br />

Milch gewonnen wird, das Aromen der Wiesen in unverwechselbarer<br />

Weise wiedergeben würde.<br />

Bei unserem Besuch im Fort von Saint-Antoine beginnen<br />

wir zu begreifen, wie Recht Marcel Petite mit seinen<br />

Theorien wohl hat. Man sieht, wie wenig sinnvoll es ist,<br />

50 · Frankreich erleben · <strong>November</strong> / <strong>Dezember</strong> <strong>2010</strong>

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