Nr. 30 - November / Dezember 2010

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Unterwegs in Frankreich Burgund Oben und links: Die Klosterschmiede mit dem durch Wasserkraft angetriebenen Schmiedehammer. Unten: Innenräume des Klosters, die ob ihrer schlichten Eleganz eine ganz besondere Aura ausstrahlen. S. 17: Im Park von Fontenay. S. 16 von oben nach unten: Eingangsbereich des Klosters. Wasserbecken im Park, in dem früher Fische gezüchtet wurden. Der Wohnbereich des aktuellen Eigentümers. S. 14/15: Blick vom Eingang auf die Abtei und die gepflegte Gartenanlage. S. 20: Der einstige Schlafsaal der Mönche. Der Dachstuhl erinnert an den umgestürzten Kiel eines Schiffes. 18 · Frankreich erleben · November / Dezember 2010
unabhängig von der Außenwelt. Die abgeschiedene Lage und die fast vollkommene Stille erinnern an ein anderes bekanntes Zisterzienserkloster – das von Sénanque in der Provence. Eine böse Überraschung allerdings erlebt der unvorbereitete Besucher am Eingang des Klosters. Der bloße Eintritt kostet 9,20 Euro! Der Empfang, den man uns bietet, ist auch alles andere als warmherzig. Auf die durchaus legitime Frage, wieso der Preis so hoch ist, bekommen wir ein Schulterzucken und die abweisende Antwort: « So ist das nun mal… Wollen Sie nun rein oder nicht? » Nicht wenig fehlt und wir würden auf dem Absatz wieder umdrehen. Machen wir aber nicht, sondern betreten etwas zerknirscht das Gelände und rufen uns in Erinnerung, dass die Klosteranlage von Fontenay zu den ganz wenigen Welterbe-Denkmälern der UNESCO gehört, die ausschließlich in privatem Besitz sind. Seit 1820 gehört Fontenay derselben Familie, die schon lange mit ungeheurem Aufwand die Restaurierung des einzigartigen Ensembles betreibt. Die Kosten für Erhalt und Betrieb sind enorm, was den hohen Eintrittspreis sicher rechtfertigt. Der etwas misslaunige Empfang, den man uns bot, war wohl eher eine Ausnahme, passt er doch so gar nicht zu der Philosophie des Hauses. Und sowieso lässt uns die Schönheit des Ortes den Ärger beim Eingang sehr schnell vergessen. Wir fangen mit unserem Besuch in der Abteikirche an, die sich gleich rechts am Eingang befindet. Sie wurde ab 1139 gebaut und 1147 von Papst Eugen III. eingeweiht. Ihre Größe ist für die damalige Zeit enorm: 66 Meter misst sie in der Länge, über 16 Meter in der Höhe. Vor allem ist es wieder die Nüchternheit, die hier beeindruckt. Kein Schmuckwerk an der Fassade, und auch im Inneren finden sich an den Säulen kaum Skulpturen. Nichts sollte den Betenden von seiner Einkehr ablenken. Rund um die Abteikirche gruppieren sich uralte Grabsteine. Einer davon gehört zum Grab von Ebrard von Norwich. Dieser englische Bischof musste vor Verfolgungen aus seiner Heimat fliehen und ließ sich in Fontenay nieder. Er war einer der Förderer des Ausbaus der Klosteranlage. Hinter der Kirche führt rechts eine Treppe direkt zu den Schlafräumen der Mönche. Es ist ein riesiger Saal, dessen hölzerner Dachstuhl aus dem 15. Jahrhundert berühmt ist. annonceoctobre.qxd Er erinnert ein bisschen 29/09/2010 an den umgestürzten 09:45 Page Kiel 1 eines Schiffes. Nach den Regeln des Ordens schliefen alle Mönche im selben Raum und auf einfachsten Strohbetten, die nur durch eine niedrige Wand voneinander abgetrennt waren. Wie in allen Klostern ist der Kreuzgang das Herz des Klosterlebens. Hier lasen, studierten und meditierten die Mönche die meiste Zeit, die sie mit den praktischen Übungen verbrachten. Auf der linken Seite, wo sich der Übergang zur Abteikirche befindet, zeigen Rillen in den Mauern die Stelle, wo früher die Regale aufgehängt waren, auf denen die Bücher der Mönche lagerten. Der andere Ort im Kloster, an dem sich die Mönche zum Studium der Regeln des Heiligen Bernhard versammelten, war der große Hauptsaal, der sich an den Kreuzgang anschließt. Das Gebet gab dem Leben im Kloster seinen Rhythmus, die Arbeit füllte es dazwischen aus. Im Mönchssaal versammelte man sich unter den zwölf Spitzbögen, um mit größter Sorgfalt die Abschriften der Manuskripte zu illuminieren. Die wurden dann in einer kleinen beheizten Kammer zum Trocknen ausgebreitet. Eine willkommene Gelegenheit für die Mönche, sich selbst ein wenig aufzuwärmen, denn beheizte Räume gab es im Kloster sonst nur in der Krankenstation und in der Küche. Aber die handwerklichen Tätigkeiten bestanden nicht nur im handschriftlichen Kopieren gelehrter Bücher. Man mag es kaum glauben, aber Fontenay war eine richtige… Fabrik! Schon seit Ende des 12. Jahrhunderts verfügte das Kloster über seine eigene Schmiede, die in einem Gebäude untergebracht war, das 53 mal 13 Meter maß. Noch weniger kann man sich vorstellen, dass die Mönche sogar ihr eigenes Eisenerz förderten. In einer kleinen Mine westlich des Klosters bauten sie das Erz ab, in dessen Bearbeitung sie solche Meister wurden, dass sie ihre Produkte in die gesamte Umgebung verkaufen konnten. Die Mine erschöpfte sich in den folgenden Jahrhunderten und aus dem einst prosperierenden Kloster war bis zur Französischen Revolution nur noch ein Refugium für gerade mal ein knappes Dutzend Mönche geworden. Die wurden von den Revolutionären vertrieben, während die Gebäude zu nationalem Eigentum erklärt und verkauft wurden. Fontenay hatte das Glück, nicht wie viele andere Kloster im Land als Steinbruch genutzt zu werden. Clairvaux zum Beispiel war dieses Schicksal nicht erspart geblieben. Für DIJON-Welcher Typ sind Sie: der mittelalterliche der futuristische? Puits de Moïse Der Brunnen ist ein mittelalterliches Meisterwerk von Claus Sluter. Ganzjährig täglich geöffnet. oder Auskünfte, Preise und Reservierungen erteilt das Tourismusbüro von Dijon, 11 rue des Forges sowie in der 15 Cour de la gare. Telefonnummer: +33 892 700 558 (0,34€/min) www.visitdijon.com Balade en Segway Suchen Sie das Abenteuer? Nichts einfacher als das - und darüber hinaus auch sehr amüsant! Von April bis Oktober, zwei Streckenführungen von jeweils 1,5 Std. möglich: Innenstadt oder Coulée verte (grüner Wanderweg). Frankreich erleben · November / Dezember 2010 · 19
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