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PORTRÄT<br />
DAS LINDENHOF MAGAZIN <strong>2020</strong> SEITE 24<br />
die Zeit, die sein Leben wirklich verändert<br />
hat. Damals im Sternelokal<br />
„La Perla” in Corvara. Er war 17 oder<br />
18 – und begann erstmals das zu essen,<br />
was er nicht kannte. Fisch, besonderes<br />
Fleisch, Gemüse wie Sprossenkohl<br />
oder Brokkoli. Es schmeckte<br />
ihm, und er begann damit zu zaubern.<br />
Mit immer wieder neuen Zusammenstellungen.<br />
„Als ich in den<br />
Lindenhof kam, habe ich vom damaligen<br />
Chefkoch Erich viel gelernt,<br />
weil der auch gerne experimentiert<br />
hat“, sagt Andi Pircher. Auch heute<br />
lernt er immer noch dazu. Er geht<br />
während der Ruhezeiten des Lindenhofs<br />
zur Weiterbildung in Diätküchen,<br />
er besucht andere Gourmetköche,<br />
er will mal ein paar Wochen bei<br />
einer italienischen Nonna die traditionelle<br />
Nudelherstellung studieren.<br />
Gäste im Lindenhof sehen den Südtiroler<br />
Koch nur selten. Er versteckt<br />
sich am liebsten in der Küche. Er ist<br />
keiner dieser Showköche, der die Öffentlichkeit<br />
braucht. Im Gegenteil: er<br />
braucht sie nicht. Und dass diese<br />
Glanz- und Glitzerwelt seinen Beruf<br />
immer mehr vereinnahmt, stört ihn<br />
so, dass hin und wieder doch ein alter<br />
Wunsch in ihm hochsteigt. „Eigentlich<br />
wäre ich gerne Bauer. Wie mein<br />
Vater. Wie mein Bruder“, sagt er<br />
dann leise und mehr zu sich, wohlwissend,<br />
dass auch sein privates Leben<br />
dadurch heute ganz anders aussehen<br />
würde. Er hat 2005 ein Haus<br />
gebaut, er genießt es, seiner Frau und<br />
seinen Kindern ein bisschen Luxus<br />
bieten zu können. „Es ist mir wichtig,<br />
dass ich meinen Jungs neue Fußballstiefel<br />
kaufen kann, wenn die alten<br />
kaputt sind. Und nicht überlegen<br />
muss, wo ich das wieder einspare.“<br />
Mittagessen im<br />
Hause Pircher:<br />
Hausmannskost vom<br />
Gourmetkoch<br />
So hat er vor allem noch einen Traum:<br />
einmal die Zeit für einen Garten zu<br />
haben, in dem er viel Gemüse anpflanzen<br />
würde, wie früher seine Eltern.<br />
„Wir haben damals Karotten<br />
aus dem Boden geholt, sie abgewaschen<br />
und gegessen“, sagt er und die<br />
Augen strahlen wieder. „Die Kinder<br />
heute wissen doch nicht einmal mehr,<br />
wie Karotten wachsen und wo sie<br />
herkommen.“<br />
Andi Pircher will es seinen Kindern<br />
beibringen. Er will sie zu echten Südtirolern<br />
erziehen. Sie sollen natürlich<br />
„bodenständig“ und „ehrlich“ bleiben.<br />
Wie sich das mit den Fußballprofiträumen<br />
von Raphael, der wie<br />
sein Bruder beim SSV Naturns spielt,<br />
vereinen lässt, weiß der Vater noch<br />
nicht. Bei Josef ist er da schon weiter.<br />
Denn der hat ein klares Berufsziel:<br />
„Ich will Bauer werden“, sagt der<br />
Neunjährige – und sein Vater setzt<br />
dieses Lächeln auf, das ganz Plaus signalisiert:<br />
Bei uns ist die Welt in<br />
Ordnung. Wir sind halt Südtiroler.<br />
b<br />
MEHR IM<br />
LINDENHOF<br />
BLOG<br />
SÜDTIROL<br />
FÜR GOURMETS<br />
heißt ein Artikel in unserer<br />
Online-Ausgabe, der<br />
Ihnen zeigt, dass Südtirol<br />
kulinarisch längst nicht<br />
mehr nur auf die deftige<br />
Alpenküche beschränkt<br />
ist. In Südtirol ist der<br />
Einfluss der italienischen<br />
und französischen Küche<br />
sehr groß. „Auch wenn wir<br />
mit unseren heimischen<br />
Produkten arbeiten“, sagt<br />
der Lindenhof-Chefkoch.