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BERGWANDERN<br />
DAS LINDENHOF MAGAZIN <strong>2020</strong> SEITE 36<br />
und der Abstieg über die Vordere<br />
Rotspitze. Der Wetterbericht sagte<br />
zwar für den späten Nachmittag ein<br />
Unwetter voraus, aber wir starteten<br />
in aller Herrgottsfrühe. Viel mehr als<br />
sieben Stunden, so war mein Plan,<br />
sind wir nicht unterwegs. Allein<br />
schaffe ich die Gipfelwanderung locker<br />
in sechs Stunden.<br />
Allein. Aber ich hatte Laszlo dabei.<br />
Hier findet Helmut<br />
Stieger sein Glück:<br />
mit Frau Irmi am<br />
Gipfelkreuz<br />
Die ersten Zweifel kommen mir auf<br />
2.610 Meter Höhe. Wir sind auf dem<br />
Weg zur Marteller Hütte. Laszlo atmet<br />
schon schwer, was vielleicht daran<br />
liegt, dass er nicht gewohnt ist, 15<br />
Kilo Gepäck mit sich zu schleppen. 15<br />
Kilo sind es gewesen. Bestimmt. Für<br />
die Tour über die Gletscher braucht<br />
man ein Steigeisen, einen Stehpickel,<br />
einen Eispickel, Kletterseil, Schnüre,<br />
Proviant, Wasser. Ein zweites Paar<br />
Stiefel kann nichts schaden, warme<br />
Kleidung auch nicht.<br />
Von der Marteller Hütte aus geht es<br />
steil nach oben. Über das Gletschergebiet<br />
hängen wir zusammen am Seil.<br />
Laszlo stürzt immer wieder, weil er es<br />
nicht gewohnt ist, mit den Steigeisen<br />
breiter zu laufen. Sie verhaken sich<br />
schnell. Das kostet Zeit – und mich<br />
Nerven. Weil ich Angst um ihn habe,<br />
schließlich braucht er auch den Pickel<br />
in der Hand, der am Armgelenk mit<br />
einer Schleife befestigt ist. Nicht auszudenken,<br />
wenn er auf diesen Pickel…<br />
Ich achte mehr auf ihn als auf mich.<br />
Wir sind auf der Marmotta, auch<br />
Köllkuppe genannt. Sie liegt genau<br />
auf der Grenze zwischen Südtirol<br />
und Trentino im Nationalpark Stilfser<br />
Joch. Die 690 Höhenmeter von<br />
der Martellhütte aus haben uns viel<br />
Zeit und Laszlo viel Kraft gekostet.<br />
Trotzdem will er weiter. Zur Veneziaspitze.<br />
Wir müssen klettern. Senkrecht<br />
nach oben. Es wird zur Qual<br />
b<br />
MEHR IM<br />
LINDENHOF<br />
BLOG<br />
WANDERTIPPS<br />
vom Lindenhof-Wanderführer<br />
Helmut Stieger<br />
können Sie im neuen<br />
Onlinemagazin nachlesen.<br />
Da beschreibt der<br />
54-Jährige die Touren, die<br />
er donnerstags seinen<br />
Gästen anbietet. „Ich bin<br />
bergsüchtig“, hat er in der<br />
SUITE-Geschichte „Der<br />
Wanderer zwischen den<br />
Welten“ erklärt (auch<br />
diese finden Sie im neuen<br />
Onlinemagazin).<br />
„Bergsüchtig“ ist sicher<br />
auch der zweite<br />
Lindenhof-Wanderführer.<br />
Rudi Alber bietet jeden<br />
Montag geführte<br />
Wanderungen an.<br />
für Laszlo, auch wenn es nur 86 Höhenmeter<br />
sind.<br />
Trotzdem will er hoch. Ich nicht.<br />
Meine Ausdauer ist bestens. Bergwandern<br />
ist meine Leidenschaft. In<br />
jeder freien Minute bin ich mit meiner<br />
Frau Irmi auf dem Weg nach<br />
oben. Ganz oben, meistens. Ich brauche<br />
das. Ich brauche die Luft, die<br />
Aussicht, diese Freiheit, die mir so<br />
eine Tour schenkt. Vielleicht liegt es<br />
daran, dass ich im Martelltal geboren<br />
bin. Auf einem Bauernhof, von dem<br />
aus ich jeden Tag den Berg runter in<br />
die Schule laufen musste. Und natürlich<br />
nach der Schule wieder hoch. Ich<br />
habe noch nie aufgegeben. Egal, was<br />
für ein Wetter – mein Ziel habe ich<br />
immer erreicht. Bis dahin.<br />
Den weiteren Weg über die drei Venezierspitzen<br />
hinüber zur Hinteren<br />
Schranspitze erspare ich Laszlo. Und