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MITARBEITER<br />
DAS LINDENHOF MAGAZIN <strong>2020</strong> SEITE 38<br />
„DAS AUGE“ ISST<br />
IMMER MIT…<br />
Ein Chef de Rang wie Alex Panin<br />
muss beim Abendmenü den ganzen<br />
Speisesaal im Blick haben<br />
Manchmal wacht Alex Panin<br />
mitten in der Nacht auf. „Meistens<br />
überlege ich mir dann, ob ich die<br />
nachbestellte Butter tatsächlich an<br />
Tisch 23 gebracht habe. Oder mir<br />
fällt auf, dass ich an Tisch 15 nicht<br />
mehr darauf geachtet habe, ob das<br />
richtige Dessert angekommen ist“,<br />
sagt der Chef de Rang des Lindenhof-Hotels<br />
in Naturns.<br />
Alex Panin – oder: „Das Auge“ isst<br />
immer mit.<br />
Wie ein Feldherr steht der 47-Jährige<br />
hinter dieser acht Meter breiten und<br />
1,40 Meter hohen Schrankwand. Von<br />
hier aus ist der Blick auf den Reschensaal<br />
frei. Von hier aus hat man<br />
den besten Überblick. Auf das Revier<br />
des Oberkellners Alex.<br />
Wo fehlt das Wasser? Wo muss Wein<br />
nachgeschenkt werden? Warum ist<br />
an Tisch 14 der leere Teller mit der<br />
Vorspeise noch nicht abgetragen?<br />
Gibt es oben am Fenster Probleme?<br />
„Ich nutze die Minute zwischen dem<br />
Service an den Tischen, um mir hier<br />
den Stand der Dinge einzuprägen“,<br />
sagt er – und mit einer Kopfbewegung<br />
in eine bestimmte Richtung dirigiert<br />
er danach seine Kollegen.<br />
„Wichtig ist, dass du dich in dem Moment,<br />
an dem du an einem Tisch bedienst,<br />
voll auf diese Gäste konzentrierst.<br />
Wenn ich aber dazwischen<br />
schnell ein Wasser holen muss, gilt<br />
der Blick schon dem gesamten Speisesaal.“<br />
Alex Panin will auf keinen Fall, dass<br />
die Gäste warten müssen. Schon gar<br />
nicht die neuen Gäste, die gerade von<br />
einem Mitglied der Familie Nischler<br />
an ihren Tisch gebracht worden sind.<br />
„Ich möchte auch nicht in ein Restaurant<br />
kommen, um dann ein paar Minuten<br />
nicht beachtet zu werden“, sagt<br />
der Mann, der sich auch zwischendurch<br />
an dem mit der Küche vernetzten<br />
Computer über den Stand der<br />
Speisenfolgen informiert. „Wenn ich<br />
sehe, dass jemand vielleicht schon<br />
länger ohne Teller am Tisch sitzt,<br />
kann ich nachschauen, ob und wann<br />
was bestellt worden ist.“<br />
„Man sollte alles andere<br />
ausblenden. Die kranke Frau,<br />
Ärger mit den Kollegen,<br />
Schmerzen – in dieser Zeit<br />
spürst du nichts mehr.“<br />
Es ist eine enorme Konzentrationsarbeit,<br />
auf die sich Alex und seine Kollegen<br />
zwischen 19 Uhr und 21.30<br />
Uhr einlassen müssen. „Man sollte<br />
alles andere ausblenden. Die kranke<br />
Frau, Ärger mit den Kollegen, körperliche<br />
Probleme, Schmerzen – in<br />
dieser Zeit spürst du nichts mehr“,<br />
sagt Alex. Ob er sich zu Hause auch<br />
so konzentriert und den Ablauf im<br />
Haushalt steuert? Er schaut irritiert.<br />
„Meine Kinder würden mich fragen:<br />
Papa, hast Du bei der Arbeit was getrunken…?“