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GAST-ANSICHTEN<br />

DAS LINDENHOF MAGAZIN <strong>2020</strong> SEITE 42<br />

AB INS FICKERSTIFT<br />

Wie erkenne ich, welcher Urlaubstyp ich bin?<br />

Unser Kolumnist hat entsprechende Tests gemacht.<br />

Fragen beantwortet: Reisen Sie lieber<br />

mit a) dem Rucksack, b) dem Hartschalen-Koffer<br />

oder c) der Reisetasche.<br />

Und: Was brauchen Sie im Urlaub:<br />

a) einen MacBook Pro, b) ein<br />

Feuerzeug, c) einen Kasten Bier.<br />

Was<br />

brauchen Sie<br />

im Urlaub?<br />

Die Frau war vielleicht so<br />

30. Und saß am ersten Urlaubsabend<br />

plötzlich an meinem Tisch.<br />

Sie redete und redete. Über ihre kaputten<br />

Beziehungen. Und dass sie<br />

sich jetzt einen jungen Mann<br />

wünscht, der zuhören kann. Und was<br />

ich denn heute Abend noch machen<br />

würde. Und dass sie gerne morgen<br />

mit mir Tennis spielen wolle. Und<br />

dass sie mit dem Zug in dreieinhalb<br />

Stunden von Castrop Rauxel zu mir<br />

nach Stuttgart fahren könne.<br />

Es war der erste (und einzige) Abend,<br />

an dem ich vor einer Frau geflüchtet<br />

bin, was ich schon deshalb beweisen<br />

kann, weil es jeden Monat in den 40<br />

Folgejahren umgekehrt gewesen ist.<br />

Damals habe ich meine Suppe gelöffelt<br />

und mich schnell mit peinlichem<br />

Magen-Darm-Vorwand verabschiedet.<br />

Ich bin von meinem kleinen Tennishotel<br />

in Malcesine fast jeden<br />

Abend weit weg in die große Pizzeria<br />

nach Riva geflüchtet – und habe mich<br />

tagsüber im Tenniskurs und im Hotelzimmer<br />

versteckt. Es war der<br />

schlimmste Urlaub meines Lebens<br />

und der, der mich am meisten geprägt<br />

hat: Seit meinem 25. Lebensjahr ahne<br />

ich jedenfalls, was ich für ein Urlaubstyp<br />

sein könnte – keiner, der<br />

sich in einem kleinen Hotel mit zehn<br />

Zimmern wohl fühlt, in dem einem<br />

Gäste aus Castrop-Rauxel oder Ennepetal<br />

auf die Pelle rücken. Und<br />

schon Zugverbindungen von ihrer<br />

Heimat in meine Heimat sichten.<br />

Dank dieser schicksalhaften Begegnung<br />

kann ich die Psychologen verstehen,<br />

die uns dringend ermahnen,<br />

im Vorfeld der Reisezeit zu erkunden,<br />

welcher Urlaubstyp wir eigentlich<br />

sind. Nur dann können die schönsten<br />

Wochen des Jahres auch zur Erholung<br />

werden, behaupten sie. Falls Sie<br />

noch unschlüssig sind, empfehle ich<br />

den Test im Internet. Bevor ich mich<br />

für ein Resort wie den Lindenhof<br />

entschieden habe, habe ich folgende<br />

Es wäre unfair, Ihnen jetzt meine<br />

richtigen Antworten vorzugeben, nur<br />

damit Sie sich auch für den Lindenhof<br />

entscheiden können. Vielleicht<br />

reisen Sie ja lieber mit dem Feuerzeug<br />

– und landen deshalb in einem kleinen<br />

Tennishotel am Gardasee, wo sie<br />

für ihre Tischnachbarin die Kerze<br />

beim Abendessen anzünden dürfen.<br />

Aber beachten Sie: Sie können die<br />

Frau anschließend nicht – wie bei<br />

Tinder – einfach nach links (oder<br />

rechts?) wegwischen. Nur so viel: 20<br />

Prozent der Menschheit tickt, laut<br />

dieser Umfrage, so wie ich und würde<br />

sich mit MacBook Pro und der Reisetasche<br />

in größeren Speisesälen wohlfühlen.<br />

Nein, ich muss berichtigen:<br />

es sind 20 Prozent der Menschen, die<br />

den Urlaubstypen-Test ausgefüllt haben.<br />

Also wahrscheinlich doch nicht<br />

ganz 20 Prozent der Menschheit.<br />

Wichtig ist, diesen Urlaubstypentest<br />

ständig zu wiederholen. Weil sich ja<br />

im Laufe der Jahre die innere Einstellung<br />

gepaart mit der von außen zu<br />

erkennenden körperlichen Konstitution<br />

verändert. Vielleicht ist Ihnen ja<br />

irgendwann der Hartschalen-Koffer<br />

mit dem Kasten Bier zu schwer – und<br />

schwuppdiwupp sind Sie ein anderer<br />

Urlaubstyp. Ich zum Beispiel habe<br />

mich schon gefragt, ob ich mich im<br />

Fickerstift in Kirchheim (das ist ein<br />

ALTENHEIM in meiner Heimatstadt!!!)<br />

auf eine 30-jährige Pflegerin<br />

freuen würde, die sich zu mir an den<br />

Tisch setzt. Vielleicht könnte ich ja<br />

dann mit ihr in das Tennishotel nach<br />

Malcesine. Mit Rucksack und Feuerzeug.<br />

Wie es sich für einen Urlaubstypen<br />

in meinem Alter gehört.

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