TOPFIT März 2020
Bescheid wissen - gesund bleiben Ihr Magazin für Gesundheit, Fitness und Wellness
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Nr. 1 / 2020
Jahrgang 20
DAS
KoStenloSe
Bescheid wissen
gesund BleiBen
Rheuma
eine erkrankung —
viele Gesichter
ImpfkalendeR
füR SenIoRen
Kleiner Piks,
großer Schutz
Rat auS deR
apotheke
Rosenwurz
gegen Stress
Coronavirus
Was Sie wissen müssen
THEMA AKTUELL
4 Coronavirus-Pandemie:
Was Sie wissen müssen
DIAGNOSE & THERAPIE
8 Rheuma: eine Erkrankung, viele Gesichter
10 Strategien gegen erworbene Fußprobleme:
Auch Füße werden älter!!
12 Gesund und schmackhaft essen im Alter
15 Moderne Methoden der Gesichtsverjüngung:
»Je offener der Blick, desto jünger wirken wir!«
17 Orthopädie im Blickpunkt:
»Das Knie ist unser bester Freund!«
18 Kleiner Pikser — großer Schutz:
Der 60plus-Impfkalender
19 Knochenschwund und Muskelschwund —
eine unheilvolle Kombination
GESUND LEBEN
20 Traditionelle Chinesische Medizin:
Diagnose und Therapien
24 Gesundheitsprophylaxe: Bewegung im Alltag
24 Ausleitungstherapie mit Blutegeln
AUS DER APOTHEKE
26 Rosenwurz — Arzneipflanze gegen Stress aus
dem Norden
PROMOTION
Liebe Leserin, lieber Leser,
was noch Anfang März unmöglich schien, ist jetzt Realität:
Die Corona-Pandemie hat das Leben in Deutschland
grundlegend verändert. Erstmals in unserer Geschichte
gelten Ausgangsbeschränkungen sowie eine weltweite Reisewarnung.
Kinos, Kneipen, Museen und Geschäfte sind
geschlossen, Kitas und Schulen haben zu, wir alle sollen
zu Hause bleiben und soziale Kontakte auf ein Minimum
reduzieren. Mir persönlich tut es besonders leid, dass wir
unsere betagten Familienangehörigen nicht besuchen
können. Aber auch diese Schutzmaßnahme ist derzeit
alternativlos.
Wir stehen erst am Beginn dieser Ausnahmesituation.
Und niemand weiß genau, wie lange sie dauern wird.
In dieser Zeit der Verunsicherung brauchen wir Fakten,
an denen wir uns festhalten können, und seriöse Wissenschaftler,
die sie uns erklären. Deshalb basieren die
Antworten in unserem »Thema aktuell« auf alle wichtigen
Fragen rund um die Corona-Pandemie auf den fachkundigen
Informationen des Virologen Prof. Dr. Hendrik
Streeck, der hierzulande einer der Experten ist, die uns regelmäßig
auf den neuesten Stand bringen.
Während diese Zeilen geschrieben werden, wissen wir
nicht, wie viele Menschen sich noch infizieren werden und
auch nicht, ob und wie unser Gesundheitssystem diesen
Stresstest bestehen wird – natürlich hoffen wir das Beste.
Prof. Streeck, der in dem von Covid-19 besonders betroffenen
Kreis Heinsberg von Haus zu Haus gegangen ist und
die Infizierten befragt hat, geht jedenfalls davon aus, dass
Deutschland den Stresstest bestehen und sogar gestärkt
daraus hervorgehen wird.
Passen Sie gut auf sich und Ihre Lieben auf – und bleiben
Sie vor allem gesund!
Dr. Nicole Schaenzler, Chefredakteurin
22 Der ganz persönliche Sessel
23 Für Rücken, Bauch und Beine: Unterstützung
während und nach der Schwangerschaft
RUBRIKEN
PS: Gewinnerin des letzten Gewinnspiels ist Frau Edeltraut
M. aus München.
14 Kurz notiert
16 Kurz notiert
22 Medizinische Fachberatung
22 Impressum
28 Gewinnspiel
30 Rätsel
Hier liegt TOPFIT für Sie bereit:
TOPFIT ist in Apotheken, Naturkostläden, Fitnessstudios, Kliniken, Arzt- und
Heilpraktiker-Praxen in München und Umgebung kostenlos erhältlich.
Unsere aktuelle Verteilerliste finden Sie auf unserer Website:
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31 Veranstaltungskalender
4 Thema aktuell
Coronavirus-Pandemie
Was Sie wissen müssen
Foto oben: © Kot Kenneth / 123rf.com
Das Coronavirus ist innerhalb weniger
Wochen zur weltweiten Pandemie geworden.
Plötzlich wurde unser Leben
auf den Kopf gestellt: Wir mussten
unseren Alltag neu organisieren, unser
Miteinander respektvoll einschränken,
unsere Arbeit neu gestalten. Und
immer noch gibt es einen großen
Aufklärungsbedarf — deshalb hier die
wichtigsten Fakten im Überblick.
Von Dr. Nicole Schaenzler
Wofür stehen »COVID-19« und »SARS-CoV-2«?
»COVID-19« steht für »Corona Virus Disease
2019« – so heißt die durch das Coronavirus
ausgelöste Lungenkrankheit. »SARS-CoV-2«
ist der offizielle Name des neuartigen Coronavirus.
»SARS« bedeutet »Schweres Akutes
Atemwegssyndrom«. Der Name weist auf die
enge Verwandtschaft zum SARS-Virus hin, das
2002/2003 eine Epidemie ausgelöst hatte. Während
COVID-19 durch die Weltgesundheitsorganisation
bestimmt wurde, erfolgte die Na-
mensgebung des Virus durch das »International
Commitee on Taxonomy of Viruses«.
Ist das neue Coronavirus das erste seiner Art in
Deutschland?
In Deutschland gibt es bereits vier bekannte endemische
Coronaviren, darunter z. B. HCoV-
HKU1 oder HCoV-NL63. Endemisch bedeutet,
dass sie sich hier dauerhaft niedergelassen haben,
also heimisch geworden sind. Allen Coronaviren
gemeinsam ist, dass sie einen grippalen
Infekt hervorrufen. Vermutlich wird auch das
neuartige Coronavirus hier ansässig werden.
Und wie die anderen Coronaviren wird es sehr
wahrscheinlich vermehrt in den Herbst- und
Wintermonaten auftauchen und regelmäßig für
Krankheitsausbrüche sorgen, die dann wie eine
dieser typischen saisonal bedingten Erkältungswellen
durchs Land ziehen werden.
Worin unterscheidet sich das neue Coronavirus
von den anderen Coronaviren?
Das ist im Augenblick schwer zu sagen. Das Besondere
am neuen Coronavirus ist, dass es eine
hohe Ähnlichkeit mit dem SARS-Erreger hat,
der zwischen November 2002 und Juni 2003 vor
allem in China, Taiwan, Vietnam, Singapur und
Kanada für eine Epidemie sorgte und mit einer
hohen Sterblichkeitsrate einherging; die Weltgesundheitsorganisation
schätzt sie auf etwa zehn
Prozent. Dieses SARS-Virus zeigte erstmals,
dass Coronaviren nicht nur einen harmlosen
Schnupfen hervorrufen, sondern auch sehr gefährlich
sein können. Vieles spricht jedoch dafür,
dass SARS-CoV-2 eher zur Gruppe der Coronaviren
zu zählen ist, die mildere Krankheitsverläufe
hervorrufen – so verhält es sich nach
derzeitigem Erkenntnisstand in etwa 80 Prozent
der Fälle. Unter bestimmten Umständen kann
eine Infektion allerdings auch tödlich verlaufen.
Was ist über die Ursache des Ausbruchs in
der chinesischen Millionenstadt Wuhan Ende
2019 bekannt?
Vermutet wird, dass das neue Coronavirus über
die Fledermaus zum Schuppentier gelangt ist
und dass es dann vom Schuppentier auf den
Menschen übertragen wurde.
War eine Verbreitung des Coronavirus nach
Europa und Deutschland unvermeidlich?
Die ursprüngliche Idee war, den Ausbruch vor
Ort einzudämmen. Man hatte gehofft, den Erfolg
von 2003 wiederholen zu können, als es
gelang, den SARS-Erreger vollständig aus dem
Menschen zu verbannen. Seit 2003 ist dieser
Erreger nicht wiedergekommen, das heißt, alle
eingeleiteten Mechanismen, das Virus so einzu-
TOPFIT 1 / 2020
Thema aktuell 5
grenzen, dass es schließlich im Menschen ausstirbt,
waren erfolgreich. Dies konnte jedoch
auch deshalb funktionieren, weil der SARS-Erreger
nicht so leicht übertragen wird. Anders
das neue Coronavirus, das hoch infektiös ist und
sich bereits überträgt, wenn ein Erkrankter nur
leichte oder gar keine Symptome zeigt. Deshalb
muss jetzt versucht werden, den Ausbruch zu
verlangsamen. Ziel ist es, dass sich die Menschen
nicht alle auf einmal, sondern nacheinander infizieren.
Dies ist wichtig, damit genug Ressourcen
vorhanden sind, um sich optimal um jeden
einzelnen Infizierten kümmern zu können.
Wie wird das neue Coronavirus übertragen?
SARS-CoV-2 vermehrt sich im Rachen des Infizierten
in Millionenhöhe und verbreitet sich von
dort aus in Lunge und Nase. Die Übertragung
erfolgt durch Tröpfcheninfektion, das heißt, die
Viren, die im Rachen sitzen, werden über feinste
Speichel- oder Schleimtröpfchen beim Sprechen,
Husten und Niesen an andere weitergegeben. Es
gibt derzeit keinen Hinweis darauf, dass es über
die Atemluft übertragen oder über eine Schmierinfektion
weitergegeben werden kann. Die Vermehrung
der Coronaviren im Rachen und die
Übertragung per Tröpfcheninfektion sind auch
die Gründe für ihre enorm rasche Verbreitung
und erklärt zugleich, warum die Erkrankung
in den meisten Fällen mild verläuft. Breitet sich
der Erreger jedoch in die unteren Atemwege aus,
kommt es zu einem deutlich schwereren Verlauf,
einer atypischen Lungenentzündung.
Führende Virologen schätzen, dass sich bis zu
70 Prozent der Deutschen infizieren werden.
Wie realistisch ist diese Einschätzung?
Dieser Zahl liegt ein einfaches Rechenbeispiel
zugrunde, mit dem man herausfinden möchte,
wann ein solches Virus wohl ausgebrannt sein
wird und die Infektionskette damit gestoppt ist.
Bei diesem Rechenbeispiel ist allerdings nicht
die derzeit umgesetzte Strategie der Eindämmung
berücksichtigt. Deshalb ist das Szenario
zwar möglich, aber es wird sehr wahrscheinlich
ein bis zwei Jahre dauern, bis diese hohe Infektionsrate
erreicht ist.
Welche Altersgruppen sind besonders oft
betroffen?
Hierbei muss man unterscheiden zwischen Infektion
und Krankheitsverlauf. Ob sich jemand
infiziert oder nicht, ist altersunabhängig. Das
heißt, ein Neugeborenes kann sich ebenso wie
ein hochbetagter Mensch anstecken. Wie die Erkrankung
aber dann verläuft, also ob der Betroffene
nur mild oder ob er schwer erkrankt, hängt
tatsächlich vom Alter ab: Je älter jemand ist, desto
höher ist das Risiko, dass Erkrankung und
Verlauf schwerwiegend sind. Chinesische Daten
zeigen auf, dass die Sterblichkeitsrate bei Menschen
zwischen 70 und 80 Jahren bei 8,6 Prozent
liegt, und bei Menschen, die älter als 80 Jahre
sind, sogar 14,8 Prozent beträgt. Demgegenüber
haben Neugeborene und (Klein-)Kinder allenfalls
einen milden Verlauf. Häufig sind sie zwar
infiziert, aber sie entwickeln keine Symptome.
Welche weiteren Risikofaktoren sind für einen
schweren Verlauf bekannt?
Neben dem Alter sind Vorerkrankungen wie
Herz- und Atemwegserkrankungen oder eine
Immunschwäche weitere wichtige Risikofaktoren.
Eine Immunschwäche geht z. B. mit einer
unbehandelten HIV-Infektion oder einer
Krebserkrankung einher. Hier sind vor allem
Patienten betroffen, die eine Chemotherapie erhalten.
Aber auch Personen, die z. B. nach einer
Organtransplantation Medikamente zur Unterdrückung
des Immunsystems einnehmen müssen,
oder Menschen mit einem schlecht eingestellten
Diabetes sind stark gefährdet.
Wie lange ist die Inkubationszeit, also die
Zeit zwischen der Ansteckung und den ersten
Beschwerden?
Hierzu sind die Angaben unterschiedlich –
auch, weil die Mechanismen noch nicht vollständig
verstanden sind. Man geht davon aus,
dass es eine zyklische Inkubationszeit gibt, die
zwischen fünf und zehn Tage beträgt. Allerdings
gibt es Hinweise darauf, dass schon vorher eine
Infektiosität besteht, so wie es auch einige wenige
Hinweise darauf gibt, dass die Inkubationszeit
bis zu 26 Tage dauern kann.
Husten- und Nies-Etikette: In die Armbeuge oder
in ein Einwegtaschentuch niesen oder husten!
Welche Symptome sind typisch?
Den einen »typischen« Krankheitsverlauf gibt
es nicht. Als häufigste Krankheitszeichen werden
Fieber (in knapp 88 Prozent der Fälle) und
(trockener) Husten (ca. 68 Prozent) berichtet.
Ebenso können Atemprobleme wie Kurzatmigkeit
auftreten. Weitere Beschwerden sind u. a.
Halsschmerzen und Kopfschmerzen (beide ca.
14 Prozent); selten leidet der Betroffene unter einer
verstopften bzw. schniefenden Nase (fast 5
Prozent) oder unter Durchfall (unter 4 Prozent).
Der Virologe Prof. Hendrik Streeck hat außerdem
herausgefunden, dass gut zwei Drittel der
Infizierten unter einem mehrtägigen Geruchsund
Geschmacksverlust leiden.
Gibt es Fälle, bei denen sich Menschen infiziert
haben, ohne dass sie selbst spüren, erkrankt
zu sein?
Diese Fälle gibt es. Tatsächlich ist die Bandbreite
der möglichen Krankheitserscheinungen groß:
Es gibt Betroffene, die überhaupt keine Symptome
haben; sie verspüren nicht einmal ein Kratzen
im Hals. Trotzdem sind sie infiziert und
können andere Menschen infizieren. Das ist übrigens
häufiger bei Kindern der Fall. Diese Menschen
erholen sich in der Regel, ohne dass medizinische
Hilfe notwendig ist.
Andere durchleben das gesamte Spektrum: von
einem kratzigen Hals, Reizhusten und Abgeschlagenheit
bis hin zu schwerem Husten und
einer Lungenentzündung mit Atemproblemen
und hohem Fieber. In diesem Fall müssen die
Patienten auf der Intensivstation überwacht und
oft auch künstlich beatmet werden.
Welche weiteren Komplikationen können
auftreten?
Neben einer schweren Lungenentzündung kann
sich eine virale Sepsis, eine virusbedingte Blutvergiftung,
entwickeln: Die Viren sind aus dem
entzündeten (Lungen-)Gewebe in die Blutbahn
übergetreten und verteilen sich nun im ganzen
Körper. Dadurch kommt es zu einer Überreaktion
des Immunsystems: Es produziert Abwehrstoffe
in großen Mengen, die eine Entzündung
der Blutgefäße auslösen. Die Gefäßwände
werden durchlässig, Flüssigkeit tritt aus,
das Blut gerinnt in den Adern und die Durchblutung
stockt. Je später eine solche Sepsis behandelt
wird, desto öfter endet sie tödlich. Erste
Symptome sind plötzliche Verwirrtheit, schnelle
und schwere Atmung, ein extrem ausgeprägtes
Krankheitsgefühl, Todesangst, ein rapide
sinkender Blutdruck und Herzrasen. Bei diesen
Alarmzeichen müssen die Ärzte sofort reagieren
und weitere Schritte einleiten, um das Leben des
Betroffenen zu retten.
Was ist zu tun, wenn man den Verdacht hat,
sich infiziert zu haben?
Generell wird Personen empfohlen, die Kontakt
mit einer positiv getesteten Person hatten, sich
vorsichtshalber in häusliche Quarantäne zu begeben
und ein Symptomtagebuch zu führen.
Foto links: © Brenda Carson / 123rf.com
TOPFIT 1 / 2020
6 Thema aktuell
So schützen Sie sich!
Wer sich vor einer Infektion mit dem Coronavirus
(und anderen Erregern von Atemwegserkrankungen)
schützen will, sollte die allgemeinen
Hygieneregeln einhalten:
• Häufiges Händewaschen mit Wasser und
Seife. Antimikrobielle Zusätze sind in der Regel
nicht notwendig. Auch die Temperatur
des Wassers spielt keine Rolle. Das Händewaschen
sollte mindestens 20 Sekunden
dauern, nach dem Waschen sollten die Hände
gründlich abgetrocknet werden.
• Zurückhaltend grüßen und Abstand halten.
Es muss nicht unbedingt ein Handschlag
oder eine Umarmung sein. Nach Möglichkeit
sollten Sie etwa eineinhalb bis zwei Meter
Abstand zu Menschen halten. Dies gilt umso
mehr, wenn sie Erkältungssymptome zeigen.
• Husten- und Nies-Etikette: In die Armbeuge
oder in ein Einwegtaschentuch niesen
oder husten. Taschentücher sollten Sie direkt
entsorgen. Der Rat, die Hand vor den Mund
zu halten, gilt als wissenschaftlich überholt.
Denn auf diese Weise werden Krankheitserreger
leicht weiterverbreitet, etwa beim Händeschütteln
oder Türklinken-Drücken. Gleichwohl
sollte man sich nach dem Husten, Niesen
und Naseputzen möglichst umgehend
die Hände waschen.
• Bewusst mit Berührungen des Gesichts
umgehen. Versuchen Sie, sich möglichst wenig
ins Gesicht zu fassen, damit Viren nicht
von den Händen in die Nähe der Atemwege
gelangen.
Ein solches Symptomtagebuch kann man beispielsweise
im Internet herunterladen. Treten
dann tatsächlich Beschwerden auf, sollte man
den Hausarzt anrufen. Alternativ kann man
sich auch an den ärztlichen Bereitschaftsdienst
wenden, die Telefonnummer lautet 116 117. In
Fällen, bei denen eine Infektion mit dem neuen
Coronavirus vermutet wird, wird der Arzt den
Patienten isolieren. Wer Kontakt zu einem nachweislich
Infizierten hatte, sollte das zuständige
Gesundheitsamt anrufen.
Wann wird man auf eine Coronavirus-Infektion
getestet?
Grundsätzlich gilt: Nicht jeder mit einem
Schnupfen oder Husten hat sich gleich mit
SARS-CoV-2 infiziert. Dementsprechend wird
auch nicht jeder, der unter Erkältungssymptomen
leidet, auf das Coronavirus getestet. Sich
bei der Testung auf echte Verdachtsfälle zu beschränken,
ist angemessen. Denn es geht auch
darum zu verhindern, dass die Labore an Kapazitätsgrenzen
stoßen. In den Laboren in
Deutschland können nach Angaben der Kassenärztlichen
Vereinigung (KBV) täglich rund
12 000 Tests durchgeführt werden. In der Regel
müssen deshalb zusätzlich zu den Symptomen
weitere Faktoren hinzukommen. Dazu gehört
etwa, dass der Betroffene in den vergangenen
14 Tagen Kontakt mit einem bestätigten Coronavirus-Infizierten
hatte oder dass er sich in einem
vom Robert Koch-Institut ausgewiesenen
Risikogebiet aufgehalten hat.
Wie läuft der Test ab?
Für den Coronavirus-Test wird dem Patienten
ein Rachenabstrich oder ein Abstrich aus der
Nase entnommen. Gegebenenfalls kann auch
eine Probe aus einem ausgehusteten Sekret entnommen
werden, das aus den Bronchien oder
der Lunge stammt. Im Labor wird die Probe
dann auf das Coronavirus untersucht. Das Verfahren
basiert auf einer sogenannten Polymerase-Kettenreaktion,
kurz PCR, um genetisches
Material des Virus im Abstrich nachzuweisen.
Ist der Test positiv, ist zur Bestätigung des Ergebnisses
ein zweiter Test notwendig. Bis der
Betroffene erfährt, ob er positiv getestet wurde,
vergehen in der Regel 24 Stunden.
Es gibt einen weiteren Schnelltest, der auf einer
anderen Methode basiert. Hierbei werden Antikörper
gegen SARS-CoV-2 im Blut nachgewiesen.
Ob der Test den spezifischen Anforderungen
entspricht, ist noch unklar, gerade ist man
dabei, ihn zu validieren, also die notwendigen
Bestätigungstests durchzuführen.
Gibt es Medikamente, mit denen Patienten
wirksam behandelt werden können?
Es gibt tatsächlich einige Medikamente, die zu
wirken scheinen, verschiedene klinische Studien
weisen darauf hin. Infrage kommen beispielsweise
ein HIV-Medikament namens Lopinavir,
das mit Ritonavir geboostert wird, oder Ribavirin,
ein Medikament, das zur Behandlung von
Hepatitis-C-Infektionen zum Einsatz kommt.
Auch das Malariamittel Chloroquin könnte eine
Option sein. Außerdem wird Remdesivir, ein
Ebola-Medikament, erprobt; auf diesen Wirkstoff
setzen die Ärzte gerade besonders große
Hoffnungen. Diese Medikamente würden jedoch
nur dann eingesetzt, wenn ein Patient sehr
schwer erkrankt ist. Denn zum einen sind diese
Medikamente nicht leicht verfügbar und zum
anderen können sie teilweise heftige Nebenwirkungen
auslösen. Hier wird es also darum gehen,
sorgfältig Risiken und Nutzen abzuwägen.
Was kann man selbst tun, wenn man mild
erkrankt ist und sich zu Hause auskuriert?
Die Maßnahmen sollten therapeutisch direkt
dort ansetzen, wo sich das Virus vermehrt: im
Rachen. Dort ist das Virus millionenfach zu finden,
und dort springt es von Zelle zu Zelle, um
sich weiter zu vermehren. Dies lässt sich verhindern,
indem man den Viren nicht die Möglichkeit
gibt, an einer Zelle anzuhaften. Hierfür
muss man die Schleimhäute gut befeuchten, also
vor allem viel Wasser und Tee trinken. Ein wirksames
Mittel ist Gingerol – das ist der Stoff, der
frischem Ingwer seinen scharfen Geschmack
verleiht. Deshalb bietet es sich an, viel Ingwertee
zu trinken: Er ist schleimfördernd und speziell
für die Schleimhäute hinten im Rachen nützlich,
indem er die Viren quasi aus den Geweben
herausschwemmt. Sie können dann einfach
runtergeschluckt und von der Magensäure vernichtet
werden. Dieser Effekt lässt sich auch mit
Mundspülungen (z. B. Meridol) erzielen. Wichtig
ist auch, das Immunsystem bei seiner Abwehrarbeit
zu unterstützen. Bewährt haben sich
vor allem Vitamin C und Vitamin D. Dagegen
sollte man die Anwendung von Zink, dem man
ebenfalls eine immunsystemstärkende Wirkung
zuschreibt, allenfalls auf die Anfangsphase der
Erkrankung begrenzen. Zu viel Zink kann den
angestrebten Therapieeffekt ins Gegenteil verkehren
und das Immunsystem beeinträchtigen.
Ein weiteres hilfreiches Mittel zur Unterstützung
des Immunsystems, nämlich Bewegung
an der frischen Luft, lässt sich ja nicht durchführen,
wenn man unter Quarantäne steht …
Hier finden Sie Informationen!
• (Fach-)Informationen zum Coronavirus
sind auf der Homepage des Robert Koch-
Instituts (www.rki.de) oder unter www.
infektionsschutz.de zu finden, der Informationsseite
der Bundeszentrale für gesundheitliche
Aufklärung (BZgA).
• Aktuelle Einschätzungen zur Lage auf
den Seiten der Weltgesundheitsorganisation
(www.euro.who.int/de/home)
Hotlines bieten u. a. das Bundesministerium
für Gesundheit (BMG) und die Unabhängige
Patientenberatung Deutschland an:
• 0800 / 011 77 22 — die Telefonnummer
der unabhängigen Patientenberatung
Deutschland
• 030 / 346 465 100 — das Bürgertelefon
des Bundesministeriums für Gesundheit
• 116 117 — der ärztliche Bereitschaftsdienst
• Für Gehörlose und Hörgeschädigte gibt
es ebenfalls einen Beratungsservice unter
der Faxnummer 030 / 340 60 66 07, per
E-Mail info.deaf@bmg.bund.de,
info.gehoerlos@bmg.bund.de und über
Video mit dem Gebärdentelefon unter
www.gebaerdentelefon.de/bmg/
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Thema aktuell 7
Foto oben: © Dan Grytsku / 123rf.com
… das stimmt. Aber man kann in seinen vier
Wänden immer mal wieder kräftig durchlüften
und am geöffneten Fenster tief ein- und ausatmen.
Auf diese Weise versorgt man den Organismus
mit dem belebenden Sauerstoff der frischen
Luft und bringt so auch den Kreislauf in
Schwung. Verkehrt wäre es, eine mild verlaufende
Infektion auf dem Sofa auszusitzen. Wichtig
ist, das richtige Maß zu finden: Weder sollte
man sich überanstrengen noch sollte man
auf jede Form der Bewegung verzichten. Auch
Bettruhe ist bei mäßig ausgeprägten Symptomen
nicht sinnvoll. Im Gegenteil: Wer über Tage
flach im Bett liegt, riskiert, dass die Atmung immer
flacher wird, und man so Gefahr läuft, dass
sich ein bakterieller Infekt dazugesellt.
Wer entscheidet, ob im Einzelfall eine Quarantäne
notwendig ist?
Die Anordnung, Organisation und Überwachung
einer Quarantäne erfolgen nach dem Infektionsschutzgesetz
durch die örtlich zuständigen
Landesgesundheitsbehörden. Es sind also
die Gesundheitsämter, die für die Betreuung
und Unterstützung zuständig sind. Sie entscheiden
auch darüber, wann die Quarantäne wieder
aufgehoben wird.
Kann man in dieser Zeit kurz das Haus verlassen,
um z. B. schnell einkaufen zu gehen?
Nein, das geht nicht! Die Quarantäneanordnung
bedeutet wirklich, dass man das Haus solange
nicht verlassen darf, bis sie offiziell wieder aufgehoben
ist. Wird gegen die Quarantäneanordnung
verstoßen, ist die Polizei verpflichtet, dagegen
vorzugehen. Im Extremfall droht sogar eine
mehrjährige Freiheitsstrafe.
Wie verhält sich eine Familie, die gemeinsam
mit einem positiv getesteten Familienmitglied
unter häuslicher Quarantäne gestellt wurde?
In diesem Fall sollte man nach Möglichkeit direkte
Kontakte mit dem infizierten Familienmitglied
vermeiden. Beispielsweise können die
Mahlzeiten nacheinander eingenommen werden
und die Person, bei der eine Infektion nachgewiesen
wurde, könnte sich, wenn räumlich möglich,
in einem anderen Zimmer als die übrigen
Haushaltsmitglieder aufhalten. Generell sollten
Handtücher und andere Hygieneartikel nicht
geteilt werden, und die Wäsche sollte regelmäßig
und gründlich gewaschen werden. Kontaktoberflächen
wie Tische oder Türklinken können mit
Haushaltsreiniger gereinigt werden – die häufige
Reinigung mit einem speziellen Desinfektionsmittel
ist nicht nötig. Sehr viel wichtiger ist es,
sich möglichst oft die Hände zu waschen.
Wer kümmert sich darum, dass die Familie in
Quarantäne genug zu essen hat?
Hier ist das Gesundheitsamt in der Verantwortung,
für jeden Menschen in Quarantäne eine
sinnvolle Lösung zu finden, etwa mithilfe von
Essen auf Rädern.
Wie lange dauert eine Quarantäne?
Die Dauer einer Quarantäne liegt in der Verantwortung
des Gesundheitsamts, das wiederum
den Empfehlungen des Robert Koch-Instituts
folgt. Derzeit gilt die offizielle Vorgabe, dass
mindestens zwei Tests mit einem negativen Ergebnis
erfolgt sein müssen, bevor der Betroffene
als vollständig gesund erklärt wird. Allerdings:
Gerade für respiratorische Viren ist es typisch,
dass sie noch Tage und sogar Wochen nach
Symptomende im Rachen nachweisbar sein können,
ohne jedoch infektiös zu sein. Ein Grund
könnte sein, dass die Erreger durch die Antikörper
im Rachen zwar schachmatt gesetzt wurden,
aber weiterhin dort festgehalten werden. Deshalb
hat jedes Gesundheitsamt seine eigenen
Regeln entwickelt. Während das eine sich streng
an die Vorgaben des RKI hält und die Quarantäneanordnung
erst nach zwei negativen Tests für
beendet erklärt, heben andere Gesundheitsämter
die Anordnung nach zwei Wochen oder nach
einer Symptomfreiheit plus zwei Tage auf.
Wie kann man sich vor einer Ansteckung
schützen?
Auf diese Maßnahmen kommt es an: Händehygiene,
Husten- und Nies-Etikette (siehe Kasten)
und Abstand halten zu Erkrankten, und zwar
mindestens eineinhalb Meter, besser sind zwei
Meter. Der Erkrankte sollte wiederum einen so
großen Abstand zu anderen wie möglich halten.
Warum ist Händewaschen eine so wichtige
Schutzmaßnahme?
Das Coronavirus wird von einer Lipidhülle umgeben.
Die in der Seife enthaltenen Tenside können
diese Hülle mühelos zerstören – und sind
damit ein äußerst wirkungsvolles Mittel zur Eliminierung
der Coronaviren. Bei anderen viralen
Erkrankungen, die durch Viren ohne eine Hülle
verursacht werden, hilft diese Schutzmaßnahme
weniger, denn die unbehüllten Viren sind sehr
viel widerstandsfähiger. Ein solches unbehülltes
Virus ist etwa das Norovirus; hier helfen nur
spezielle Viruzide aus der Apotheke. Demgegenüber
reichen beim Coronavirus Handdesinfektionsmittel,
die »begrenzt viruzid« sind.
Sollte man einen Mundschutz oder Handschuhe
zum Schutz vor Ansteckung tragen?
Nein, das ist nicht nötig, und es bringt im Übrigen
auch nichts. Die dünnen, weißen Papiermasken,
die im Handel angeboten werden, haben
fast keine Schutzwirkung – zumal Tröpfchen
mit potenziellen Erregern beim Anhusten
oder Niesen ohnehin oft über die Augen in den
Körper gelangen. Und spezielle Schutzmasken,
die sogenannten Respiratoren, sind für Ungeübte
nur schwer zu handhaben und sollten angesichts
der derzeitigen Knappheit dem medizinischen
Personal vorbehalten bleiben. Das Tragen
von Handschuhen hat lediglich den positiven
Effekt, dass man sich weniger ins Gesicht fasst.
Besteht die Gefahr, dass man sich über importierte
Gegenstände, Nahrungsmittel, Geldmünzen
oder Banknoten anstecken kann?
Diese Gefahr besteht praktisch nicht. Die Übertragung
erfolgt primär über menschliche Sekrete,
auf trockenen Oberflächen können sich die
Coronaviren zwar eine gewisse Zeit halten, das
Virus muss aber auch in den Rachen gelangen.
Meist ist die Anzahl der Viren ohnehin zu gering,
um eine Infektion hervorrufen zu können.
Wann ist ein Impfstoff in Sicht?
Derzeit arbeiten mehrere Forscherteams weltweit
an der Entwicklung solcher Vakzine. Allerdings
ist nicht damit zu rechnen, dass während
der akuten Phase der Pandemie ein wirksamer
Impfstoff zur Verfügung stehen wird. Damit die
Wirksamkeit und Sicherheit des Impfstoffs gewährleistet
ist, muss er vor der Zulassung mehrere
Studienphasen durchlaufen – und dies kann
einige Monate dauern.
Ist man nach überstandener Infektion immun?
Covid-19-Patienten haben nach einer Infektion
mit dem Virus Antikörper gebildet. Darauf
weist auch eine Studie mit Affen hin. Allerdings
ist noch nicht klar, wie lange diese Immunität
anhält, womöglich einige Jahre.
Die Fragen und Antworten beruhen auf dem Interview,
das Dr. Nicole Schaenzler mit Prof. Dr. Hendrik
Streeck für das E-Book »Coronavirus. Alles, was Sie
wissen müssen« geführt hat. Prof. Streeck übernahm
2019 die Nachfolge von Prof. Dr. Christian Drosten
als Professor für Virologie und Direktor des Instituts
für Virologie und HIV-Forschung an der medizinischen
Fakultät der Universität Bonn. Außerdem enthält
das E-Book (Kindle-Ausgabe für 4,99 €), das im
Gräfe und Unzer Verlag erschienen ist, Beiträge von
Günther H. Heepen.
TOPFIT 1 / 2020
8 Diagnose Thema aktuell & Therapie
Foto oben: © Puwadol Jaturawutthichai / 123rf.com; Foto rechts: © 9nong / 123rf.com
Rheuma
Eine Erkrankung —
viele Gesichter
Hierzulande leiden 17 Millionen
Menschen an einer rheumatischen Erkrankung,
unter ihnen nicht nur ältere
Menschen, sondern auch Kinder und
Jugendliche. Leider sind irreversible
Schäden möglich — aber man kann sie
verhindern, wenn nach Diagnosestellung
rasch mit der Therapie begonnen
wird.
Von Dr. Nicole Schaenzler
Geschwollene Gelenke, Muskelschmerzen,
eine versteifte Wirbelsäule, aber auch entzündete
Blutgefäße, eine ausgeprägte Mundund
Augentrockenheit – Rheuma hat viele Gesichter.
Experten gehen davon aus, dass es mindestens
100 verschiedene Krankheitsbilder gibt,
die zum »rheumatischen Formenkreis« gezählt
werden müssen – manche sprechen sogar von
mehr als 400 Erkrankungen. Allen gemeinsam
ist, dass sie mit Schmerzen und Funktionseinschränkungen
verbunden sind. Dabei treten die
Beschwerden oft schubweise auf: Während eines
Schubs, der mehrere Wochen bis mehrere Monate
anhalten kann, sind die Schmerzen besonders
stark ausgeprägt, wohingegen die Beschwerden
zwischen den einzelnen Schüben nachlassen.
Oft spielt sich das Geschehen einer rheumatischen
Erkrankung an den Strukturen des Bewegungsapparats
ab: an den Gelenken oder an den
Wirbeln der Wirbelsäule, aber auch am Weichteilgewebe
wie Muskeln, Sehnen und Bändern.
Es sind jedoch auch schwere Multiorgankrankheiten
möglich. So sind bei den Vaskulitiden
(Gefäßkrankheiten) und Kollagenosen wie das
Sjögren-Syndrom oder der systemische Lupus
erythematodes (SLE) vor allem Blutgefäße bzw.
Bindegewebe befallen.
Verschiedene
Krankheitsgruppen
Weil die jeweiligen rheumatischen Erkrankungen
sowohl in Bezug auf ihre Entstehungsmechanismen
als auch hinsichtlich ihrer Krankheitsverläufe
stark variieren, wird der rheumatische
Formenkreis in verschiedene Krankheitsgruppen
eingeteilt. Die wichtigsten sind:
• Polyarthritiden wie die rheumatoide Arthritis
oder die Arthritis bei Schuppenflechte
(Psoriasis-Arthritis)
• Vaskulitiden, z. B. die Riesenzellarteriitis
• Kollagenosen
• rheumatische Beschwerden bei Stoffwechselerkrankungen
wie der Gicht
Hinzu kommen Erkrankungen, die wie Arthrose
zwar die Gelenke betreffen, die jedoch nicht
durch eine Entzündung ausgelöst wird, oder wie
die Fibromyalgie, bei der starke Muskel- und
Gelenkschmerzen im Vordergrund stehen, die
aber ebenfalls nicht durch eine Entzündung verursacht
wird – beide gehören deshalb auch nicht
zum eigentlichen rheumatischen Formenkreis.
Soweit die medizinische Differenzierung. Im
Volksmund ist meist die rheumatoide Arthritis
(Polyarthritis) gemeint, wenn von »Rheuma«
die Rede ist. In Deutschland leiden etwa
800 000 Menschen an dieser heimtückischen
Erkrankung, die vor allem die Gelenke betrifft;
damit ist sie hierzulande die häufigste chronisch
entzündliche-rheumatische Erkrankung. Frauen
erkranken dreimal öfter daran als Männer. Von
einer »juvenilen Arthritis« spricht der Rheumatologe,
wenn das chronisch-entzündliche Gelenkleiden
bereits im Kindesalter auftritt. Jedes
Jahr erkranken etwa 1500 Kinder und Jugendliche
in Deutschland neu daran – und auch bei
den jungen Patienten überwiegt die Zahl der betroffenen
Mädchen. Unabhängig vom Alter der
Betroffenen gehört es zum Wesen der rheumatoiden
Arthritis, dass sich mit der Zeit die Gelenke
verformen und die Beweglichkeit abnimmt.
Dabei wird der Rheuma-Patient immer wieder
von starken Schmerzen heimgesucht, vor allem
nachts, wenn der Körper zur Ruhe kommt.
Beim Morbus Bechterew, der zweithäufigsten
entzündlich-rheumatischen Erkrankung, sind
die Knochen, die den Rumpf und den Kopf ausbilden,
befallen, allen voran die Wirbelsäule und
der Brustkorb mit den Rippen.
Ursache unklar
Warum Menschen eine entzündlich-rheumatische
Erkrankung entwickeln, ist noch immer
nicht abschließend geklärt. Als gesichert gilt,
dass allen Formen eine Fehlregulation des Immunsystems
zugrunde liegt, bei der körpereigenes
Gewebe attackiert wird – das Kennzeichen
einer Autoimmunerkrankung. Bei der rheumatoiden
Arthritis ist es die Innenhaut der Gelenke,
die zur Angriffsfläche wird: Abwehrzellen
des Immunsystems stufen sie irrtümlich als
»fremd« ein und greifen sie an. Dort entfachen
sie eine Entzündung, an deren Ende die vollständige
Zerstörung des betroffenen Gelenks stehen
kann, wenn nicht rechtzeitig therapeutisch gegengesteuert
wird.
Doch nicht nur die Gelenke, sondern auch andere
Organsysteme wie Blutgefäße, Herz, Lunge
und Augen können betroffen sein. Deshalb gilt
die rheumatoide Arthritis – wie auch die meisten
anderen entzündlich-rheumatischen Erkrankungen
– als systemische Erkrankung: Es ist das
gesamte »System« Körper, das von dem Entzündungsprozess
erfasst wird. Dies erklärt, weshalb
viele Rheumapatienten neben ihren rheumatischen
Beschwerden oft auch mit »unspezifischen«
Symptomen zu kämpfen haben, die
an einen beginnenden Infekt denken lassen: Sie
fühlen sich abgeschlagen und müde, schwitzen
TOPFIT 1 / 2020
Diagnose & Therapie
9
nachts oder haben immer mal wieder Muskelschmerzen
und leichtes Fieber.
Was das Immunsystem dazu veranlasst, sich gegen
den eigenen Körper zu richten, lässt sich trotz
intensiver Forschung bislang nicht mit Sicherheit
sagen. Favorisiert wird derzeit ein Erklärungsansatz,
wonach eine Kombination aus genetischer
Veranlagung und Umwelteinflüssen (z. B. eine
durchgemachte Infektion oder Rauchen) verantwortlich
ist.
Behandlungsbeginn —
je früher, desto besser
Obwohl eine ursächliche Therapie nicht möglich
ist, hat sich in der Behandlung von entzündlichrheumatischen
Erkrankungen in den letzten Jahren
viel getan. Oft lässt sich die Erkrankung therapeutisch
heute so gut kontrollieren, dass die
angestrebten Behandlungsziele erreicht werden
können: das entzündliche Geschehen zu unterdrücken,
irreversible Schäden an Bewegungsapparat
und Organen zu verhindern, die Beweglichkeit
zu erhalten – und es so den Betroffenen
zu ermöglichen, dass sie trotz ihres Leidens ein
weitgehend normales Leben führen. Wichtigste
Voraussetzung ist, dass die Erkrankung frühzeitig
erkannt und die Behandlung dann auch
umgehend eingeleitet wird. Deshalb wird heute
angestrebt, dass sich Patienten mit Verdacht
auf eine entzündlich-rheumatische Erkrankung
sobald wie möglich nach Auftreten der ersten
Symptome an einen Rheumatologen oder ein
fachlich versiertes Krankenhaus wenden und
die Therapie innerhalb von zwölf Wochen nach
Symptombeginn startet. Auf diese Weise lässt
sich nicht nur das Risiko für Folgeschäden senken,
sondern oft gelingt es sogar, die Krankheit
zum Stillstand zu bringen.
Allerdings: Zu erkennen, ob sich hinter den Muskel-
oder Gelenkschmerzen, die die Betroffenen
in die Arztpraxis geführt haben, tatsächlich eine
Erkrankung des rheumatischen Formenkreises
verbirgt, gehört nach wie vor zu den medizinischen
Herausforderungen. Erschwert wird die
Diagnostik durch den Umstand, dass es bis heute
keine speziellen Laboruntersuchungen gibt, mit
denen sich eine Erkrankung des rheumatischen
Formenkreises sicher beweisen bzw. ausschließen
lässt. Das gilt auch für den Nachweis von
Autoantikörpern im Blut (wie Rheumafaktoren)
oder die Bestimmung der Entzündungswerte, die
allenfalls ergänzende Informationen liefern können.
Richtungweisend ist deshalb eine ausführliche
Anamnese und eine eingehende körperliche
Untersuchung.
Medikamentöse Behandlung
im Umbruch
Im akuten Schub kommen Medikamente zum
Einsatz, die direkt Einfluss auf die Entzündung
nehmen. Hier hat sich vor allem Kortison bewährt,
das nicht nur ein relativ rasches Nachlassen
der entzündungsbedingten Schmerzen, sondern
auch der Allgemeinsymptome bewirkt. Der
Effekt hält jedoch nur kurz an und kann zudem
bei hohen Konzentrationen und einer zu langen
Anwendung schwerwiegende Nebenwirkungen
haben. Demgegenüber hat sich der Wirkstoff
Methotrexat, der die Überaktivität des Immunsystems
unterdrückt, auch zur langfristigen Anwendung
bewährt und wird deshalb zur Basistherapie
eingesetzt. Er ist zwar gut wirksam, hilft
aber nicht allen Patienten und wird manchmal
auch nicht gut vertragen. Darüber hinaus setzt
seine Wirkung erst nach vier bis sechs Wochen
ein, und der Therapieeffekt kann erst nach einem
halben Jahr endgültig beurteilt werden.
Seit einigen Jahren wird die medikamentöse Therapie
durch biotechnologisch hergestellte Wirkstoffe
– meist Antikörper – ergänzt, die gezielt
ins Krankheitsgeschehen eingreifen. Mit diesen
sogenannten Biologika gelingt es heute in vielen
Fällen, die Entzündungsreaktionen der rheumatischen
Erkrankung zu beenden und damit
ihr Fortschreiten zu verhindern. Gerade bei der
rheumatoiden Arthritis, der Arthritis bei Schuppenflechte
und den entzündlichen Wirbelsäulenerkrankungen
können mit den Biologika gute
Behandlungserfolge erzielt werden. Die Verträglichkeit
ist vergleichsweise gut, Langzeiterfahrungen
gibt es allerdings erst über einen Zeitraum
von 20 Jahren.
Individuelle Therapiestrategie
hilft am besten!
Den größten Nutzen haben Rheuma-Patienten
von einer individuell abgestimmten Therapiestrategie,
die neben der medikamentösen Behandlung
auch komplementärmedizinische
Maßnahmen mit einbezieht. Damit die Beweglichkeit
möglichst lange erhalten bleibt, ist
z. B. eine gezielte Bewegungstherapie sinnvoll.
Auf diese Weise wird nicht nur Versteifungen
und Fehlhaltungen vorgebeugt, sondern die
Rheuma-Patienten erlernen auch kompensierende
Bewegungsabläufe, wenn Funktionseinbußen
nicht mehr vollständig behoben werden
können.
Eine weitere bewährte Behandlungsform ist
die Ordnungstherapie, die auf eine gesunde Lebensführung
abzielt, um so den rheumatischen
Beschwerden entgegenzuwirken. Dazu gehören
u. a. ein Gleichgewicht von Entspannung und
Aktivität, Nahrungszufuhr und tatsächlichem
Energieverbrauch, aber auch eine gute Balance
von Schlaf- und Wachphasen.
Im Übrigen hat sich auch eine Ernährungsumstellung
bewährt: Studien zeigen, dass die Entzündungsaktivität
nachlässt, wenn der Betroffene
insbesondere seinen Fleisch-, Wurst- und
Eierkonsum deutlich reduziert bzw. vollständig
darauf verzichtet.
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TOPFIT 1 / 2020
10 Diagnose & Therapie
Strategien gegen erworbene Fußprobleme
Auch Füße werden älter!
Plötzlich passen die Schuhe nicht mehr richtig, die Füße wirken größer,
Zehen geraten in Schieflage oder beginnen sich zu krümmen ... Der Alterungsprozess,
der den Körper über die Jahre hinweg verändert, macht
auch vor unseren Füßen nicht halt. Nicht immer sind die Veränderungen
behandlungsbedürftig. »Wenn sie jedoch dazu führen, dass Schmerzen
beim Gehen, Laufen oder Stehen auftreten, sollte die Ursache abgeklärt
und gegebenenfalls behandelt werden«, sagt der Münchner Orthopäde
und Gründer des Hand- und Fußzentrums München (HFZ) Dr. Steffen Zenta
vom MVZ im Helios.
Von Dr. Nicole Schaenzler
Foto: © lightfieldstudios / 123rf.com
Herr Dr. Zenta, stimmt es, dass unsere
Füße im Lauf des Lebens immer größer
werden?
Dr. Zenta: Richtig ist, dass die Füße mit
den Jahren ihre Form verändern und so
in eine Fehlstellung geraten können. Oft
lässt sich z. B. beobachten, dass der Vorfuß
breiter geworden ist: Die Knochenstrahlen
sind auseinandergewichen, und das
vordere Quergewölbe des Fußes hat sich
abgesenkt; man könnte auch sagen, es
ist durchgetreten. Eine solche Fehlstellung
wird als Spreizfuß bezeichnet. Sie
kann dann ein Grund dafür sein, dass die
gewohnte Schuhgröße nicht mehr passt
und man den Eindruck bekommt, die Füße
seien größer geworden.
Sind Spreizfüße behandlungsbedürftig?
Dr. Zenta: Auch wenn sie selbst erst
einmal keine Symptome hervorrufen, sind
Spreizfüße trotzdem ein Risikofaktor für
die Fußgesundheit. Denn nun stimmt die
gesamte Fußstatik nicht mehr, eine chronische
Fehlbelastung von Knochen und
Gelenken, aber auch eine Überdehnung
einzelner Muskeln und Bänder sind die
Folgen. Vor allem im höheren Lebensalter
kann dies problematisch sein, zumal z. B.
haltgebende Strukturen wie Sehnen und
Bänder durch den Altersprozess ohnehin
zunehmend an Stärke und Elastizität verlieren.
Dies wiederum leistet der Entwicklung
weiterer Fehlstellungen Vorschub.
Welche Folgeerscheinungen kann ein
Spreizfuß haben?
Dr. Zenta: Beispielsweise steht die Ausbildung
von Ballen- oder Krallenzehen oft in
Zusammenhang mit einem Spreizfuß. Aber
auch Schmerzen und Schwielen, die sich im
Bereich der Grundgelenke der zweiten und
dritten Zehe gebildet haben, sind typische
Folgeerscheinungen. Oder es treten durch
die fehlerhafte Lastenverteilung Schmerzen
unter dem Vorfußballen auf. Eine solche
Metatarsalgie äußert sich vor allem beim
Gehen und kann sehr unangenehm sein.
Manchmal entsteht auch eine knotenartige
Verdickung der Zehennerven, die zwischen
den Köpfchen der Mittelfußknochen
verlaufen. Das Krankheitsbild ruft ebenfalls
starke Schmerzen hervor und nennt sich
Morton Neurom. Deshalb empfiehlt es sich,
einen Spreizfuß möglichst frühzeitig zu
behandeln. Ist das Gewölbe nur minimal
abgesunken, kann die Fußstatik oft noch
wiederhergestellt werden, etwa mithilfe
von Einlagen und/oder einer speziellen
Fußgymnastik, die z. B. auf dem Konzept
der Spiraldynamik® basiert. Wichtig ist,
dass die Einlage individuell angepasst ist;
hier kann z. B. eine elektronische Fußdruckmessung
wertvolle Dienste leisten.
Mit diesem Verfahren ist es möglich, die
verschiedenen Druckverhältnisse wie auch
die einzelnen Überlastungszonen der Füße
sowohl im Stand als auch in der Bewegung
genau zu bestimmen.
Eine Arthrose gehört zu den typischen
Alterserkrankungen der Gelenke.
Können auch die Zehengelenke
betroffen sein?
Dr. Zenta: Abnutzungserscheinungen des
Gelenkknorpels machen auch vor den
Zehengelenken nicht halt. Besonders oft ist
das Großzehengrundgelenk betroffen. Das
Krankheitsbild nennt sich Hallux rigidus
und ist nach dem Hallux valgus – oder auch
Ballenzeh – die häufigste Funktionsstörung
der Großzehe. Typische Beschwerden sind
Schmerzen beim Gehen und eine eingeschränkte
Beweglichkeit der Großzehe.
Wird nicht rechtzeitig gegengesteuert,
kann das Gelenk vollständig einsteifen.
Deshalb gehört ein Hallux rigidus unbedingt
in ärztliche Behandlung. Im Anfangsstadium
lässt sich meist mit orthopädischen
Einlagen, die eine steife Sohle haben, aber
auch mit speziellen Abrollhilfen und einer
Physiotherapie eine Besserung erzielen.
Stichwort Hallux valgus — eine typische
Frauenkrankheit. Ist es richtig, dass vor
allem die weibliche Vorliebe für enge
Schuhe mit hohen Absätzen der Grund
ist?
Dr. Zenta: Auf jeden Fall ist die Damenschuhmode
nicht der alleinige Grund,
weshalb sich ein Hallux valgus entwickelt.
Meist sind es mehrere Auslöser, die zusammenkommen.
So ist z. B. die Veranlagung
zu einem Hallux valgus oft erblich bedingt,
zudem neigen Frauen eher zu einer Bindegewebsschwäche
als Männer. Häufig geht
der Entstehung eines Hallux valgus eine
Veränderung des Vorfußes hin zum bereits
erwähnten Spreizfuß voraus.
Wann sollte ein Hallux valgus behandelt
werden?
Dr. Zenta: Wenn sich der Ballen vorzuwölben
beginnt oder die Großzehe ihre
Position verändert, würde ich dazu raten,
sich an einen Orthopäden wenden, der
sich auf Fußerkrankungen spezialisiert
TOPFIT 1 / 2020
Diagnose & Therapie
11
hat. Bleibt ein Hallux valgus unbehandelt,
verformt sich der Fuß immer mehr: Der
Ballenbereich des Fußes verbreitert sich,
die Zugrichtung von Sehnen verändert
sich, und über dem Ballen bildet sich
ein Schleimbeutel, der zu Entzündungen
neigt. Dann wird das Tragen von Schuhen
zunehmend durch Schmerzen, Rötungen
und Schwellungen im Bereich des Großzehengrundgelenks
erschwert. Ebenso sind
Schmerzen im Mittelfuß möglich. Zudem
besteht die Gefahr, dass sich ein Hallux
rigidus entwickelt.
Wie gehen Sie vor, wenn ein Hallux
valgus operativ korrigiert werden
muss?
Dr. Zenta: Es gibt verschiedene Methoden,
mit denen die natürlichen Verhältnisse
im Fuß patientenschonend wiederhergestellt
werden können. Welche Technik
im Einzelfall angewendet wird, um die
Großzehe wieder in ihre ursprüngliche
Form zu bringen, hängt von der genauen
anatomischen Lokalisation der Deformität
und vom Ausmaß der Fehlstellung ab.
Pauschal kann man sagen, dass bei fast
allen Operationen sowohl die Sehnen als
auch die Gelenkkapsel korrigiert werden;
ebenso wird ein Teil des Mittelfußknochens
durchtrennt, neu justiert und das
Ergebnis dann mit kleinen Schrauben fest
fixiert. Wenn möglich, geben wir biologisch
abbaubaren Implantaten wie der
Magnesiumschraube den Vorzug. Zu ihren
Vorteilen gehört, dass sie nach und nach
durch nachwachsendes Knochengewebe
ersetzt wird, bis sie schließlich vollständig
resorbiert ist. Dadurch entfällt auch eine
zweite Operation, wie sie manchmal zur
Entfernung herkömmlicher Implantate
notwendig ist.
Es gibt Fälle, bei denen auch die benachbarten
Zehen ihre Form verändert
haben. Gibt es einen Zusammenhang?
Dr. Zenta: Tatsächlich kann sich die durch
den Hallux valgus bedingte Seitabknickung
der Großzehe auch ungünstig auf
die Nachbarzehen auswirken und dann
z. B. Krallen- oder Hammerzehen hervorrufen.
der zweite oder dritte, mitunter auch der
vierte Zeh betroffen.
Macht es Sinn, einen Hammerzeh
behandeln zu lassen, auch wenn er
noch keine Beschwerden hervorruft?
Dr. Zenta: Auf jeden Fall. Gerade bei einem
Hammerzeh lässt sich mit einer frühzeitigen
Behandlung ein Fortschreiten der Fehlstellung
oft noch lange hinauszuzögern. Bleibt
dagegen eine angemessene Therapie aus,
besteht die Gefahr, dass sich der Hammerzeh
in der Beugestellung des Gelenks
immer mehr versteift. Der Betroffene merkt
dies daran, dass er den Zeh mit der Hand
nicht wieder in seine ursprüngliche Position
bringen kann.
Welche Therapiemaßnahmen kommen
infrage?
Dr. Zenta: Zur konservativen Therapie
gehören z. B. spezielle Einlagen und Nachtschienen;
mit diesen Maßnahmen lässt
sich ein Voranschreiten der Fehlstellung oft
verlangsamen. Eine Polsterung zur Entlastung
der Druckstellen, die entstehen, wenn
die vorgewölbten Zehenmittelgelenke an
den Schuhen reiben, beugt schmerzhaften
Schwielen, Hühneraugen oder Wunden vor.
Zur Person
Zudem empfehle ich meinen Patienten, bequeme
Schuhe mit weichem Oberleder zu
tragen. Begleitend bieten sich fußgymnastische
Übungen und die bereits erwähnte
Spiraldynamik® an.
Und was kann man tun, wenn der Hammerzeh
bereits unbeweglich geworden
ist?
Dr. Zenta: Wenn ein Hammerzeh versteift
ist, sodass er sich auch manuell nicht mehr
strecken lässt, rate ich meinen Patienten in
der Regel zu einer Operation. Die modernen
Verfahren erlauben uns heute eine
schonende, gelenkerhaltende Korrektur,
die auch optisch überzeugt. Welche Vorgehensweise
im Einzelfall infrage kommt,
entscheiden wir nach einer eingehenden
Diagnose. Oft genügt es, die verkürzten
Beugesehnen zu entlasten, indem die
vorstehenden Knochenanteile abgetragen
werden. Aber auch eine Verlagerung von
Sehnen, gegebenenfalls in Kombination
mit einer chirurgischen Entlastung des
Mittelfußknochens, oder eine Versteifung
des Mittels- und/oder Endgelenks sind
Optionen – je nachdem, wie ausgeprägt
die Fehlstellung ist bzw. welche (weiteren)
Beschwerden im Vordergrund stehen.
Foto: © Dmitrii Kotin / 123rf.com
Wann spricht man von Hammerzehen
und wann von Krallenzehen?
Dr. Zenta: Wenn Mittel- und Endgelenk
des Zehs so stark gekrümmt sind, dass die
Zehenkuppe auf dem Boden aufkommt,
erinnert das an die Form eines Hammers,
deshalb der Begriff Hammerzeh. Zeigen
die Zehenspitzen senkrecht nach vorn,
spricht man von Krallenzehen. Meist ist
Dr. med. Steffen Zenta praktiziert im MVZ im Helios München und behandelt
sämtliche Erkrankungen und Fehlstellungen des Fußes. Zu seinen chirurgischen
Schwerpunkten gehören z. B. gelenkerhaltende Operationen bei Hallux valgus
und anderen Vorfußerkrankungen, die operative Hammer- und Krallenzehkorrektur
sowie die endoprothetische Versorgung des Großzehengrund- und des
Sprunggelenks. Außerdem ist Dr. Zenta Gründer des Hand- und Fußzentrums
München (HFZ).
Nähere Infos: www.mvz-im-helios.de und www.hfz-muenchen.de
TOPFIT 1 / 2020
12 Diagnose & Therapie
Geriatrie
Gesund und
schmackhaft
essen im Alter
Foto oben: © Kot Kenneth / 123rf.com
Ein Essen, das gut schmeckt und zudem vielseitig und ausgewogen ist, ist ein wichtiges
Stück Lebensqualität — und trägt außerdem entscheidend zu unserem körperlichen
und geistigen Wohlbefinden bei. Allerdings: Im Alter ändern sich nicht nur die
Essgewohnheiten, sondern auch die Anforderungen an die Ernährung. Umso wichtiger
ist eine altersgerechte Ernährung, wodurch betagte Menschen genau das zu sich
nehmen, was ihr Organismus zur Gesunderhaltung benötigt.
Von Dr. Nicole Schaenzler
Eine Fehlernährung gehört zu den häufigsten
ärztlichen Diagnosen bei älteren
Menschen. Dabei steht oft eine Unterversorgung
mit lebenswichtigen Nährstoffen im
Vordergrund. Letzteres ist erst in den letzten
Jahren verstärkt in den Fokus gerückt, wird
aber inzwischen sehr ernst genommen: Bereits
ein leichtes Nährstoffdefizit führt zu
Schwäche, Müdigkeit und Antriebsarmut.
Zudem macht eine Mangelernährung nicht nur
anfälliger für Erkrankungen, sondern hat über
kurz oder lang auch erhebliche Störungen wichtiger
Organfunktionen zur Folge. »Bis zu zwei
Drittel älterer Patienten in Krankenhäusern
und Pflegeeinrichtungen sind von einer Mangelernährung
betroffen«, weiß die Geriaterin
Dr. Stefanie Martin vom Krankenhaus Barmherzige
Brüder München; hier leitet sie die Sektion
Geriatrie.
Mangelernährung — eine Gefahr
für die Gesundheit
Mangelernährung bedeutet, dass die Nahrungszusammensetzung
nicht ausgewogen genug
ist, um den tatsächlichen Bedarf an Kalorien,
Vitaminen, Spurenelementen und Mineralstoffen
zu decken. Denn auch wenn ältere
Menschen oft weniger Appetit haben als früher,
so bleibt der Nährstoff- und Energiebedarf weiterhin
gleich, oder er ist sogar erhöht.
Die Kunst, sich im Alter gesund und ausgewogen
zu ernähren, besteht also vor allem darin,
gleichbleibend viele Nährstoffe zu sich zu nehmen,
um so einer Mangelversorgung vorzubeugen.
Hinzu kommt: »Oft ist auch die Kalorienzufuhr
im Alter zu gering. In diesem Fall
sollten die Speisen mit kalorienreichen Komponenten
wie Nüssen, Sahne, Butter und Öl angereichert
werden«, sagt Frau Dr. Martin.
Praktische Tipps für mehr
Kalorien
Milchprodukte
• Eiscreme, besonders Sahne- und Milcheis
• Vollmilch, Vollmilchjoghurt, Sahnejoghurt
• Sahnekefir, Sahnequark, Milchshakes,
Doppelrahmfrischkäse
Verfeinern Sie die Milchprodukte mit Honig,
Zucker, Vanillezucker, Zimt, Kakaopulver.
Kartoffeln
• Kartoffeln als Gratin (mit einem Guss aus
Sahne, Muskat, Salz und geriebenen Bergkäse)
• Kartoffelpüree mit Butter und etwas Sahne
angereichert
• Salzkartoffeln vor dem Verzehr mit einem
Stich Butter anreichern
• Bratkartoffeln, hochwertiges Öl zum Braten
verwenden!
Nudeln
• Nudeln überbacken mit Käse
• Nudeln »natur« noch mal mit etwas Butter
oder Öl verfeinern
• Nudelsaucen: Sauce aus Sahne, Ei und
Schinken
Gemüse
• gekochtes Gemüse in Sahne oder Butter
schwenken
• Semmelbrösel in Butter bräunen und über
gekochtes Gemüse geben!
• mit Käse überbacken
• mit Schinken umwickeln
• mit Sauce servieren
Fleisch und Geflügel
• Schweinehack anstelle von Rinderhack, es
hat mehr Kalorien
• Mit einer Panade lässt sich mehr Energie
ans Fleisch bringen.
• Rouladen mit Doppelrahmfrischkäse und
Schinken füllen
• Hühnerfrikassee mit Sahne, Spargel, Erbsen
und Butter zubereiten
Suppen
• in die klare Suppe ein Ei geben, aufkochen
lassen!
• klare Suppe mit Suppennudeln kochen
• Fleischwürfel, z. B. Tafelspitz oder Hähnchenbrust
mitkochen
• Croutons oder Backerbsen in die Suppe geben
Brei und Cremesuppen
• Sahnezusatz
• etwas Butter oder Öl
• Doppelrahmfrischkäse
• Croutons auf die fertige Suppe geben oder
auch mal eine Scheibe gekochtes Ei
• Käse in die Suppe rühren
Hühnereier
• Omelett mit Sahne statt mit Milch herstellen
• in den Omelett-Teig Käse mischen
• Rühreier mit etwas Sahne zubereiten
• pikante Pfannkuchen mit Doppelrahmfrischkäse
bestreichen
• Brotaufstrich aus gekochten Eiern und
Frischkäse, frische Kräuter!
• überbackener Toast mit Ei
Süße Hauptgerichte:
Das bringt Abwechslung in den Alltag: Süße
Hauptgerichte wie Pfannkuchen, Milchreis, Puddingsuppe
oder Aufläufe!
Vorteil: schnelle Energiespender und leicht verdauliche
Kohlenhydrate
Den Kalorienbonus bekommen Sie durch:
• Sahne im Teig
• Butter oder Öl verwenden
• Eier verwenden
Desserts
• selbstgekochter Pudding aus halb Milch halb
Sahne
• Milch- und Sahneeiscreme verfeinert mit
Schokoladensauce und Beerenobst
• Quarkcreme aus Sahnequark
• gehackte Schokolade in Pudding oder über
Eis geben
• Rote Grütze mit Sahnehaube verfeinern
• Obstsalat mit Marzipansauce
• Kuchen
• Nussmus
(Quelle: Patienteninformationsflyer »Ernährung im
Alter« der Sektion Geriatrie im Krankenhaus Barmherzige
Brüder München)
TOPFIT 1 / 2020
Diagnose & Therapie
13
Das Interview zum Thema
Im Gespräch mit TOPFIT erklärt die leitende
Ärztin der Sektion Geriatrie des Krankenhauses
Barmherzige Brüder München Dr. med. Stefanie
Martin u. a., warum es so wichtig ist, im Alter
eine Mangelernährung zu vermeiden, und welche
Maßnahmen helfen, um mögliche Ursachen zu
beseitigen.
Frau Dr. Martin, weshalb fällt es im Alter oft
schwerer, sich ausgewogen zu ernähren?
Dr. Martin: Im fortgeschrittenen Alter gibt
es eine Reihe von Gründen, die das Essen
erschweren können. Beispielsweise lassen
im Alter der Geruchs- und Geschmackssinn
nach. Dies kann dazu führen, dass die Lust am
Essen abhandenkommt, weil man es einfach
nicht mehr richtig schmeckt. Die Folge: Es
wird weniger gegessen — und mit der Zeit
dann so viel zu wenig, dass der tägliche
Nährstoff- und Energiebedarf des Körpers
nicht mehr gedeckt wird. Appetitlosigkeit
gilt als Hauptursache für Untergewicht und
behandlungsbedürftige Mangelerscheinungen
im höheren Lebensalter. Aber auch die
abnehmende Sehfähigkeit und ein verändertes
Farbensehen können sich auf die Ernährung
auswirken. Hier kann man jedoch gut
gegensteuern. Weil rot die Farbe ist, die am
besten wahrgenommen wird, lässt sich z. B.
ein Grießbrei, der in seiner hellen Naturfarbe
im weißen Gefäß nahezu unsichtbar ist, mit
roter Marmelade auf einfache Weise sichtbar
machen.
Welche weiteren Gründe für eine
Mangelernährung kann es geben?
Dr. Martin: Ein häufiges Problem sind Kauschwierigkeiten.
Hier kann oft bereits ein Blick
in den Mund weiterhelfen. Denn nicht selten
sind eine schlecht sitzende bzw. fehlende
Zahnprothese, ein unzureichender Zahnstatus
oder auch schmerzende Druckstellen der
Ursprung für eine Mangelernährung. Mitunter
liegen auch Schluckprobleme vor, etwa
als Folge einer neurologischen Erkrankung
oder einer verminderten Speichelproduktion;
Letzteres kann auch durch die Einnahme von
bestimmten Medikamenten hervorgerufen
werden.
Wie kann man den Betroffenen helfen?
Dr. Martin: Ein wichtiger Schritt zur Verbesserung
des Ernährungszustands älterer
Menschen ist bereits die Verteilung der
Mahlzeiten über den Tag. Hinzu kommt,
dass Standardportionen häufig als zu groß
empfunden werden. Dann können mehrere
kleinere Mahlzeiten und Zwischenmahlzeiten
hilfreich sein.
Welche Nährstoffe fehlen besonders oft in
der Ernährung von älteren Menschen?
Dr. Martin: Viele Ältere nehmen zu wenig
Eiweiß zu sich. Dabei haben sie meist sogar
einen höheren Eiweißbedarf als Jüngere. Besteht
ein Eiweißmangel, wird der Abbau von
Muskelmasse, der im Alter ohnehin auftritt,
beschleunigt. Der Abbau von Muskulatur, der
Sarkopenie genannt wird, ist in vielerlei Hinsicht
problematisch. Vor allem nimmt dadurch
die körperliche Kraft und Leistungsfähigkeit
ab, es kommt zu Störungen in der Koordination
von Bewegungen, und die Gefahr für Stürze
steigt. Ein Sturz und seine behandlungsbedürftigen
Verletzungsfolgen kann wiederum
die Autonomie des Patienten gefährden.
Was sollte in diesem Fall in besonderem
Maße verzehrt werden?
Dr. Martin: Der wichtigste Baustein unserer
Muskulatur ist Eiweiß. Daher kann mit einer
eiweißreichen Ernährung aus Hülsenfrüchten,
Fisch, Fleisch, Eiern, Milch- und Getreideprodukten
sowie mit einem begleitenden
körperlichen Training dem Abbau von Muskulatur
sehr effektiv entgegenwirkt werden.
Die Ernährungsempfehlungen raten bei
älteren Patienten zur erhöhten Eiweißzufuhr
von 1,2 bis 1,5 Gramm Protein pro Kilogramm
Körpergewicht. Danach sollte z. B. eine Frau
mit 60 Kilogramm mindestens 72 Gramm
Eiweiß am Tag essen. Ein kleiner Joghurt
(150 Gramm) enthält gerade mal 5 Gramm,
eine Scheibe Hartkäse (30 Gramm) 8 Gramm
und 100 Gramm Fisch 22 Gramm Eiweiß.
Welche weiteren Nährstoffe sind wichtig?
Dr. Martin: Neben dem Eiweißgehalt sollte
der Fokus bei der Ernährung im Alter auch
auf einer ausreichenden Kalzium- und Vitamin
D-Zufuhr liegen. Diese Nährstoffe spielen
vor allem zur Vorbeugung von Osteoporose
(Knochenschwund) eine herausragende Rolle.
Dies ist deshalb so wichtig, weil Osteoporose
das Risiko für Knochenbrüche erhöht. Empfohlen
wird eine Zufuhr von 1000 Milligramm
Kalzium pro Tag. Sehr gute Kalziumlieferanten
sind Milchprodukte, vor allem Hartkäse,
etwa Parmesan oder Emmentaler, aber auch
grünes Gemüse. Der Tagesbedarf lässt sich
Zur Person
z. B. durch 150 Milliliter Milch, einen Becher
Naturjoghurt (250 Gramm), zwei Scheiben
Käse (60 Gramm) und eine Portion Brokkoli
(200 Gramm) decken. Vitamin D ist in erster
Linie in Seefisch, z. B. in Hering, Lachs, Makrele
und Thunfisch, und in Eigelb enthalten.
Zudem ist Sonnenlicht nötig, um die körpereigene
Vitamin-D-Produktion anzukurbeln.
Wie sieht es mit dem Eisenbedarf im
höheren Lebensalter aus?
Dr. Martin: Eisen ist ein wichtiger Baustein unseres
Bluts, ein Mangel kann eine Blutarmut
verursachen. Diese macht Patienten schwach,
was wiederum das Risiko für Stürze und
dadurch bedingte Verletzungsfolgen erhöht.
Umso wichtiger ist es, regelmäßig Eisen zuzuführen.
Das Spurenelement findet sich nicht
nur in Fleischprodukten, sondern z. B. auch in
Hülsenfrüchten, Hirse und Nüssen.
Hat auch Demenz einen Einfluss auf
Ernährungsgewohnheiten?
Dr. Martin: Eine Demenzerkrankung kann
Geschmacksveränderungen nach sich ziehen
und so die Nahrungsaufnahme zusätzlich
beeinflussen. Die Geschmacksrichtung »süß«
wird häufig als angenehm und schmackhaft
wahrgenommen. Dementsprechend kann z. B.
ein mit Honig oder Ketchup gesüßtes Schnitzel
lieber verzehrt werden als ein normal
gewürztes, das schnell als »fad« empfunden
wird. Es ist auch wichtig zu wissen ist, dass
Demenzerkrankte einen erhöhten Kalorienbedarf
von bis zu 3000 Kalorien pro Tag haben
können. So können nächtliche Unruhe und
»Umherwandern« Zeichen von Hunger sein,
der bei fortgeschrittener Demenz nicht mehr
verständlich mitgeteilt werden kann. Fällt es
den Demenzkranken schwer, das Besteck
adäquat einzusetzen, empfiehlt es sich, die
Nahrung in kleine Stücke als »Fingerfood«
vorzubereiten, dadurch kann das Essen
leichter verzehrt werden. Wird nicht genug
Energie zugeführt, kann die Nahrung mit Sahne,
Öl und Butter oder auch mit Nüssen bzw.
Nussmus angereichert werden. Zusätzlich
können eiweißreiche, hochkalorische Nahrungssupplemente
wie Trinknahrung helfen,
den notwendigen Bedarf zu decken.
Dr. Stefanie Martin ist Leitende Ärztin der Sektion Geriatrie und Oberärztin der Abteilung
Innere Medizin I des Krankenhauses Barmherzige Brüder München. Hier werden ältere
und hochbetagte Patienten mit einer Akuterkrankung behandelt. Ziel ist es, den geriatrischen
Patienten mithilfe eines individuellen Therapieplans zu ermöglichen, wieder so
selbstständig wie vor dem Akutereignis zu sein.
Nähere Infos: www.barmherzige-muenchen.de
Bildnachweis Foto: Krankenhaus Barmherzige Brüder München (Claudia Rehm)
TOPFIT 1 / 2020
14 Kurz notiertl
Wärme fördert Wundinfektionen
Nach durchschnittlich 1,6 Prozent der operativen Eingriffe
kommt es zu einer Infektion der Wunde. Mediziner der
Berliner Charité haben festgestellt, dass es eine Einflussgröße
gibt, die sich zusätzlich ungünstig auswirken kann:
das Wetter. Wie sie in einer Studie mit Daten aus 17 Jahren
zeigen konnten, treten Wundinfektionen in wärmeren Monaten
häufiger auf als in kühleren. Dabei nimmt das Risiko mit
jedem Grad, um das die Außentemperatur ansteigt, um ein
Prozent zu: Ist es draußen wärmer als 20 °C, liegt der Risikozuwachs
bei 13 Prozent und mehr. Die Forscher plädieren
nun für weitere Untersuchungen — auch angesichts der steigenden Temperaturen, wie sie mit dem
Klimawandel verbunden sind.
Neues Masernschutzgesetz in Kraft getreten
Seit Anfang März gilt für Kinder (nach vollendetem
ersten Lebensjahr), die Kitas und Schulen besuchen,
dass sie die von der Ständigen Impfkommission
(STIKO) empfohlenen Masern-Impfungen vorweisen
müssen — damit besteht de facto eine Impfpflicht
gegen Masern. Dieser neuen Vorgabe müssen auch
Lehrer, Erzieher und Menschen, die im Gesundheitswesen
arbeiten, folgen. Der Nachweis kann durch
den Impfausweis, das gelbe Kinderuntersuchungsheft
oder — insbesondere bei bereits erlittener
Krankheit — ein ärztliches Attest erbracht werden.
Kinder, die schon jetzt im Kindergarten und in der
Schule oder in anderen Gemeinschaftseinrichtungen
betreut werden, müssen den Nachweis bis zum 31. Juli 2021 erbringen. Ab Anfang August 2021
sind Praxisinhaber und andere Arbeitgeber dann dazu verpflichtet, eine Meldung beim Gesundheitsamt
zu machen und u.a. Name und Geburtsdatum der Person ohne Impfschutz anzugeben.
Werden diese Daten nicht oder nicht vollständig übermittelt, droht eine Geldbuße. Eine solche
Geldbuße (bis zu 2500 Euro) droht Eltern, die ihre in Gemeinschaftseinrichtungen betreuten Kinder
nicht impfen lassen, schon jetzt.
Fotos: unten: © tomas1111 / 123rf.com; Mitte: © hannamariah / 123rf.com; oben: © Thaut Images - Fotolia
Drei neue FSME-Risikogebiete
In Deutschland sind drei weitere Regionen als Risikogebiete
für die von Zecken übertragene Hirnentzündung
Frühsommer-Meningoenzephalitis (FSME) eingestuft
worden: der Stadtkreis Dresden und der Landkreis Meißen
in Sachsen sowie der Landkreis Schmalkalden-Meiningen
in Thüringen. Damit sind nun 164 Kreise als FSME-Risikogebiete
definiert. Ein Infektionsrisiko mit dem Virus besteht
laut RKI vor allem in Bayern, Baden-Württemberg, Südhessen,
im südöstlichen Thüringen sowie in Sachsen. Die
Einstufung als Risikogebiet basiert auf Erkrankungsdaten
mehrerer Jahre. In diesen Regionen wird Menschen, die
beispielsweise in der Freizeit oder beruflich mit Zecken in Berührung kommen könnten, eine FSME-
Impfung empfohlen.
TOPFIT 1 / 2020
Diagnose & Therapie
15
Moderne Methoden der Gesichtsverjüngung
»Je offener der Blick,
desto jünger wirken wir!«
Natürlich lässt sich das Altern nicht
aufhalten. Aber bedeutet das wirklich,
dass man sich mit einem müde
wirkenden Gesicht, herabgesunkenen
Augenlidern oder Marionettenfalten
abfinden muss? Nein, das bedeutet
es nicht! Man muss sich nur einen
kleinen Ruck geben und sich an erfahrene
Fachärzte wenden. Ein müdes
Gesicht neu zu beleben und seine
jugendliche Ausstrahlung wieder zum
Vorschein zu bringen, ist nämlich die
Domäne der Plastisch-Ästhetischen
Chirurgie. »Hierfür genügt manchmal
schon der Einsatz von fokussiertem
Ultraschall oder ein kleiner, risikoarmer
Eingriff wie eine Lidstraffung«,
weiß der Münchner Facharzt für Plastisch-Ästhetische
Chirurgie Dr. Hans-
Hermann Wörl.
Von Dr. Nicole Schaenzler
Herr Dr. Wörl, täuscht der Eindruck, oder hat
ein müder Gesichtsausdruck nicht auch viel
mit dem Zustand unserer Augenpartie zu tun?
Dr. Wörl: Da haben Sie recht. Die Haut der
Oberlider neigt als Folge des Alterungsprozesses
relativ früh dazu abzusinken. Dadurch
werden die Augen optisch verkleinert und
wirken müde. Oder der Hautüberhang des
Oberlids drückt auf die Augen. Abhilfe schafft
eine Lidstraffung; die Narben sind fast unsichtbar.
Auf diese Weise erhalten die Augen
wieder einen strahlenden, wachen Ausdruck,
und wir erreichen zugleich eine harmonisch
wirkende Verjüngung des Gesichts. Denn:
Je offener der Blick, desto jünger und vitaler
wirken wir!
Verändert sich durch eine Lidstraffung nicht
die Augenform?
Dr. Wörl: Nein! Eine Vorgehensweise »nach
Standard« gibt es allerdings nicht: Da die
Augenregion von zentraler Bedeutung für
unseren Gesichtsausdruck ist, muss für ein
optimales Ergebnis auch jede einzelne Behandlung
individuell geplant bzw. umgesetzt
werden.
Sie führen pro Jahr mehr als 200 Lidkorrekturen
durch. Wie hoch ist der Zufriedenheitsgrad
bei Ihren Patienten?
Dr. Wörl: Sehr hoch. Gerade Oberlidstraffungen
sind im Allgemeinen mit einem besonders
niedrigen Risiko für Komplikationen
verbunden. Hinzu kommt, dass sich die gewünschte
Wirkung praktisch sofort einstellt.
Lassen sich mit einer Unterlidkorrektur ähnlich
gute Ergebnisse erzielen?
Dr. Wörl: Mit einer Unterlidkorrektur lassen
sich sogar sehr gute Ergebnisse erzielen.
Tatsächlich ist eine Unterlidkorrektur der
einzige ästhetische Eingriff, den ich häufiger
bei Männern als bei Frauen durchführe. Eine
Unterlidkorrektur ist jedoch aufwendiger als
eine Oberlidstraffung und setzt langjährige
Erfahrung auch in der rekonstruktiven Chirurgie
voraus; sie gehört daher unbedingt in
erfahrene Hände.
Sie erwähnten den altersbedingten Prozess
des Absinkens — ein Prozess, von dem nicht
nur die Lider, sondern das gesamte Gesicht
erfasst wird. Was lässt sich dagegen tun?
Dr. Wörl: Eine Möglichkeit ist, frühzeitig
damit zu beginnen, die Kollagenstrukturen
zu regenerieren. Hier reicht die Bandbreite
von speziellen Cremes bis hin zu Laser
und Ultherapy. Letztere ist eine fokussierte
Der Münchner Facharzt für Plastische Chirurgie Dr. Hans-Hermann Wörl praktiziert gemeinsam
mit seinen Kollegen in der Praxisgemeinschaft Widenmayer 16 — Plastische Chirurgie
& Ästhetik an der Isar. Im Einzelnen umfasst sein Behandlungsspektrum nahezu sämtliche
Leistungen der Rekonstruktiven (u. a. Korrekturen nach Brustkrebs, Folgeoperationen nach
massivem Gewichtsverlust, Fettabsaugungen bei Lipöde men) und der Ästhetischen Chirurgie.
Dazu gehören alle operativen wie auch nicht-operativen Maßnahmen (z. B. Botox, Filler) zur
Gesichtsverjüngung, Lidkorrektur, Brustvergrößerung, Brustverkleinerung und -straffung, Fettabsaugung,
Bodycontouring / Bodylift, Oberarm-, Oberschenkel- und Bauchdeckenstraffung sowie Genitalchirurgie.
Ultraschalltherapie, mit der wir sehr effektiv
die Regeneration des Gewebes in bis zu vier
Millimetern Tiefe anstoßen können. Diese
Anregung reicht zwar nicht aus, um herabgesunkene
Weichteile anzuheben. Aber sie
ist sehr effektiv, wenn es darum geht, eine
Straffung und Verfestigung des Gewebes zu
erreichen. Und: Frühzeitig angewendet, lässt
sich mit Ultherapie der Schwerkraft durchaus
ein Schnippchen schlagen — und der Prozess
des Herabsinkens wird deutlich verzögert.
Wie gehen Sie vor, wenn die Weichteile stark
abgesunken sind?
Dr. Wörl: Dann ist ein operatives Lifting
die Methode der Wahl. Unser Anspruch ist
es, die ursprünglichen Proportionen des
Gesichts wiederherzustellen, ohne dass die
individuellen Züge verändert werden oder
dass das Gesicht danach maskenhaft und
unnatürlich geliftet aussieht. Wichtig ist, mit
den Patienten vorher genau zu besprechen,
was gewünscht wird. Meist stellen sich meine
Patienten eine moderate Anhebung ihrer
Wangen vor, den sie selbst vor dem Spiegel
mit drei Fingern demonstrieren können. Ich
denke, viele haben diese Bewegung auch
schon das eine oder andere Mal vor dem
Spiegel ausgeführt. Dann gilt es, die richtige
Technik anzuwenden — von einer kleinen
Hautentfernung um das Ohr herum in Lokalanästhesie
bis hin zu einem ausgedehnten
SMAS-Lifting in allen Schichten in Vollnarkose
sind die unterschiedlichsten Vorgehensweisen
möglich. Wir haben es uns zur Aufgabe
gemacht, die Methoden nicht übertrieben
anzuwenden, sodass am Ende das maximal
Machbare mit kleinstmöglichem Risiko dabei
herauskommt. Wir verfahren nach dem Motto
»weniger ist mehr«. Auf diese Weise bleibt
die Natürlichkeit des Gesichts erhalten, und
der maskenhafte Ausdruck wird vermieden.
Nähere Infos: www.widenmayer16.de
TOPFIT 1 / 2020
16 Kurz notiertl
Neues aus der Demenzforschung:
Wie das Demenzrisiko gesenkt werden kann!
Eine gute Blutdruckeinstellung
Dass langjähriger Bluthochdruck das Risiko für
einen Schlaganfall oder einen Herzinfarkt dramatisch
erhöht, ist bekannt. Um diese lebensbedrohlichen
Ereignisse zu vermeiden, gehört
die konsequente Behandlung eines chronisch
erhöhten Blutdrucks zu den wichtigsten vorbeugenden
Maßnahmen. Aber ein zu hoher
Blutdruck leistet auch der Entstehung einer
Demenz Vorschub. Nun hat eine Metaanalyse
von Wissenschaftlern des National Institute on
Aging in Baltimore gezeigt, dass mit einer erfolgreichen
medikamentösen Einstellung des Bluthochdrucks auch das Demenzrisiko
gesenkt werden kann, und zwar allgemein um 12 Prozent und speziell für Alzheimer
sogar um 16 Prozent. Dabei spielt es offenbar keine Rolle, mit welchen blutdrucksenkenden
Wirkstoffen behandelt wird — Hauptsache, die Werte liegen konstant unter
140/90 mmHg. Die Wissenschaftler haben dieses Ergebnis in der Fachzeitschrift
Lancet Neurology veröffentlicht.
Viel Obst und Gemüse
Fotos: unten: © Alexander Raths / 123rf.com; Mitte: © Jacek Chabraszewski - Fotolia; oben: © olegdoroshin / 123rf.com
Medizinische Fußpflege
Senioren, die viel Obst und Gemüse essen, erkranken laut
einer langjährigen Beobachtungsstudie der Rush Universität
in Chicago (Memory and Aging Project) seltener an
Demenz. Dieser Schutzeffekt wird vor allem den Flavonolen
zugesprochen. Das sind sekundäre Pflanzenstoffe, mit
denen sich Pflanzen gegen Fressfeinde und Krankheiten
schützen. Flavonole sind in fast allen Obst- und Gemüsesorten,
aber auch in Tee enthalten. An dem Memory and
Aging Project haben seit 1977 mehr als 1000 hochbetagte
Senioren teilgenommen.
Bislang wurden die Kosten für medizinische Fußpflege
(Podologie) von den gesetzlichen Krankenversicherungen
nur bei einem diabetischen Fußsyndrom erstattet.
Das ändert sich voraussichtlich schon Mitte des Jahres:
Dann tritt eine neue Verordnung in Kraft, wonach künftig
auch Sensibilitäts- und Durchblutungsstörungen und
überhaupt alle Schädigungsbildungen an Haut und
Zehennägeln, die mit einem diabetischen Fußsyndrom
vergleichbar sind, als »Kassenleistung« podologisch
behandelt werden können.
TOPFIT 1 / 2020
Diagnose & Therapie
17
Orthopädie im Blickpunkt
»Das Knie ist unser
bester Freund!«
Ob Gehen, Laufen, Radfahren oder
Schwimmen — für praktisch jede Art
der Fortbewegung werden unsere
Kniegelenke benötigt. Umso wichtiger
ist es, dass sie ihre Arbeit frei von
(schmerzhaften) Störungen verrichten
können. Was der Orthopäde tun kann,
wenn »unser bester Freund« beeinträchtigt
ist, darüber sprach TOPFIT
mit dem Münchner Orthopäden Dr.
Heribert Konvalin vom MVZ im Helios.
Von Dr. Nicole Schaenzler
Herr Dr. Konvalin, schmerzhafte
Knieprobleme sind hierzulande häufig.
Sind unsere Kniegelenke besonders
anfällig?
Dr. Konvalin: Richtig ist: Das Kniegelenk
ist eine sehr komplizierte Konstruktion.
Dadurch kann es fast alles: beugen, strecken,
rotieren, je nachdem, was dem Knie
beim Sitzen, Gehen, Laufen oder Sporttreiben
gerade abverlangt wird. Dabei muss es
stets gewaltige Kräfte und Druckbelastungen
aushalten, vor allem beim Sport: Kein
anderes Gelenk wird beim körperlichen Training
stärker gefordert als das Kniegelenk.
Verletzungen an den Menisken, den Innenund
Kreuzbändern oder dem Gelenkknorpel
gehören deshalb zu den häufigsten Sportverletzungen.
Außerdem ist das Kniegelenk
anfällig für degenerative Veränderungen des
Gelenkknorpels.
Welche Sportverletzungen kommen
besonders oft vor?
Dr. Konvalin: Die Bandbreite reicht von einer
Prellung des Kniegelenks bis hin zu schweren
Verletzungen wie etwa ein Bänder- oder
Meniskusriss. Mit starken Schmerzen ist auch
ein Kniescheibenbruch oder eine Patellaluxation
verbunden. Bei dieser Verletzung
ist die Kniescheibe aus dem Kniegelenk
«gesprungen«.
Gibt es Alarmzeichen, die anzeigen: Jetzt
muss ich den Orthopäden aufsuchen?
Dr. Konvalin: Die gibt es. Wenn das Kniegelenk
nach einem Unfall oder einer Sportverletzung
geschwollen, überwärmt und
gerötet ist oder wenn infolge einer Blockade
bestimmte Kniebewegungen nur noch eingeschränkt
möglich sind, sollte man baldmöglich
einen Orthopäden aufsuchen. Aber
auch, wenn kein auslösendes Ereignis für
anhaltende Kniebeschwerden bekannt ist,
ist das ein Grund für einen zeitnahen Besuch
beim Orthopäden. Eine solche Untersuchung
sollte dann, neben der Krankengeschichte
und einer eingehenden körperlichen Inspektion,
gegebenenfalls auch mithilfe von bildgebenden
Verfahren wie Ultraschall, Röntgen
oder Kernspintomographie erfolgen; ergänzend
bieten sich statische Untersuchungen
wie Kraftmessungen zur Bestimmung von
muskulären Dysbalancen an. Mitunter kann
es sinnvoll sein, auch das Hüftgelenk in die
Untersuchung mit einzubeziehen, denn auch
Hüftgelenkprobleme können bis ins Kniegelenk
ausstrahlen.
Wie wird eine Knieverletzung behandelt?
Dr. Konvalin: Das hängt natürlich von der
Ursache ab. Bei einigen Krankheitsbildern
können die Schmerzen oft schon mit Salben
zur lokalen Anwendung oder mit entzündungshemmenden
Schmerzmitteln in Tablettenform
gemildert werden; begleitend
bieten sich meist auch Maßnahmen der physikalischen
Therapie und eine Physiotherapie
an. Einige Sportverletzungen, etwa ein
Kreuzband riss, ziehen meist einen operativen
Eingriff nach sich. Sofern möglich, geben
wir einer Arthroskopie den Vorzug: Sie wird
minimal-invasiv durchgeführt und ist damit
schonender und risikoarmer als eine »offene«
Operation. Zudem ist die Rekonvaleszenzzeit
deutlich kürzer.
Stichwort » Arthrose«: Haben wir alle ein
gleich hohes Risiko, an einer Arthrose des
Kniegelenks zu erkranken?
Dr. Konvalin: Verschleißerscheinungen an
den Gelenken sind erst einmal altersbedingt.
Zur Person
Dabei trifft es die Kniegelenke, neben den
Hüftgelenken, besonders oft. Das bedeutet
jedoch nicht, dass jeder zwangsläufig
eine Gonarthrose entwickelt. Ob und wann
Abnutzungserscheinungen des Kniegelenkknorpels
in eine behandlungsbedürftige
Arthrose münden, hängt von vielen Einflüssen
ab. Wer z. B. regelmäßig Sport treibt
und sich ausgewogen ernährt, trägt viel
dazu bei, sein Arthroserisiko zu minimieren.
Dazu gehört auch, Übergewicht zu vermeiden.
Denn jedes Kilogramm mehr bedeutet
eine höhere Last für die Kniegelenke.
Was ist passiert, wenn Menschen bereits
in jungen Jahren eine Gonarthrose
entwickelt haben?
Dr. Konvalin: Wenn junge Menschen eine
Kniegelenksarthrose haben, steckt oft eine
nicht ausreichend behandelte Sportverletzung
wie eine Bänder- oder Meniskusverletzung
dahinter. Dadurch wird auf Dauer einer
chronischen Fehlbelastung und damit auch
der Entwicklung einer Gonarthrose Vorschub
geleistet. Ein weiterer Risikofaktor ist
Leistungssport oder eine anlagebedingte
Achsenfehlstellung wie eine O- bzw. X-Fehlstellung
der Beine. Deshalb ist es wichtig,
eine solche Fehlstellung möglichst schon im
Kindes- oder Jugendalter zu beheben.
Welche Behandlungsmaßnahmen
gibt es?
Dr. Konvalin: Die Behandlung einer Gonarthrose
erfolgt — wie bei allen Arthroseformen
— stadienabhängig. Im Frühstadium
kann das Fortschreiten des krankhaften
Gelenkverschleißes oft noch mithilfe von
speziellen Therapien verlangsamt werden,
so etwa mit biomolekularen Hemmstoffen
oder verschiedenen elektromagnetischen
Verfahren. Bei lokal begrenzten Knorpeldefekten
kann eine Knorpeltransplantation,
bei schweren Knorpelschäden gegebenenfalls
eine Knorpelzellstammtherapie helfen.
Ist kaum mehr Gelenkknorpel vorhanden,
sodass nun äußerst schmerzhaft Knochen
auf Knochen reibt, kann allerdings der Einsatz
eines künstlichen Kniegelenks notwendig
sein.
Dr. med. Heribert Konvalin ist Facharzt für Orthopädie, Chirotherapie, Sportmedizin,
spezielle Schmerztherapie und Physikalische Medizin und praktiziert im
MVZ im Helios. Zu seinen Leistungsschwerpunkten gehören die Behandlung von
Kniegelenkserkrankungen sowie Schultererkrankungen, aber auch Ellbogen- und
Sprunggelenkarthroskopie, arthroskopische Kreuzband operationen, Fußchirurgie,
regenerative Knorpeltherapie zur Behandlung von Arthrose sowie interven tionelle
Schmerztherapie einschließlich minimal-invasiver Wirbel säulenoperationen.
Nähere Infos: www.mvz-im-helios.de
TOPFIT 1 / 2020
18 Diagnose & Therapie
Illustration: © Artur Furmanek / 123rf.com
Kleiner Pikser – großer Schutz
Der 60plus–Impfkalender
Mit Impfungen ist es möglich, sich
gezielt gegen gefährliche Infektionskrankheiten
zu schützen. Einige
werden speziell für Menschen ab
einem Alter über 60 Jahre empfohlen.
Denn bei ihnen ist das Risiko
erhöht, dass eine Infektion schwerer
verläuft als bei jüngeren Menschen.
Die Ständige Impfkommission des
Robert Koch-Instituts (STIKO) veröffentlicht
jährlich ihre aktuellen Empfehlungen
zum Impfschutz. Dabei rät
sie Menschen ab einem Alter von
60 Jahren mittlerweile auch zu einer
Schutzimpfung gegen Gürtelrose.
Von Dr. Nina Schreiber
Tetanus
Die Tetanuserreger kommen besonders häufig
in Tierkot vor, sind aber auch in Erde und
Staub verbreitet. Typischerweise infizieren
sich Menschen durch eine Verletzung der
Haut durch einen Nagel, einen Holzsplitter
oder durch Dornen, wenn diese mit Tetanuserreger
kontaminiert sind. Auch der Biss eines
Tieres kann ein Übertragungsweg sein.
Besteht ein ausreichender Impfschutz gegen
Tetanus, ist eine Infektion jedoch praktisch
ausgeschlossen. Die STIKO empfiehlt
Erwachsenen, die Tetanusimpfung alle zehn
Jahre aufzufrischen.
Diphtherie
Das ist eine schwere, hoch ansteckende Infektionskrankheit,
die durch das Bakteriengift
des weltweit verbreiteten, in Industrieländern
aber inzwischen seltenen Erregers Corynebacterium
diphtherie hervorgerufen wird.
Wie bei Tetanus erfolgt die Grundimmunisierung
für Diphtherie meist in der Kindheit.
Bei Erwachsenen ist alle zehn Jahre eine Auffrischung
angeraten.
Keuchhusten
(Pertussis)
Die STIKO empfiehlt, sich bei der nächsten
Auffrischung gegen Tetanus und Diphtherie
auch gegen Keuchhusten impfen zu lassen.
Die vermeintliche Kinderkrankheit, die
durch das Bakterium Bordetella pertussis hervorgerufen
wird und durch quälende Hustenanfälle
gekennzeichnet ist, kann nämlich
für Ältere gefährlich werden. Ein Muss ist die
Keuchhustenimpfung, wenn man viel mit
(kleinen) Kindern in Kontakt ist.
Pneumokokken
Diese Bakterien können eine Reihe von
schweren Erkrankungen wie eine Lungenentzündung,
Hirnhautentzündung oder Blutvergiftung
auslösen; bei Älteren verlaufen sie oft
besonders schwer. Weil die Impfung keine lebenslange
Immunität erzeugt, hält die STIKO
es für sinnvoll, dass Menschen in höherem
Lebensalter (oder mit einer Grunderkrankung)
sechs Jahre nach der Erstimpfung eine
Auffrischimpfung erhalten.
»Echte« Grippe
(Influenza)
Eine Influenza ist eine schwere Infektionskrankheit,
für die ausgeprägte Krankheitszeichen
wie plötzliches hohes Fieber, trockener
Reizhusten, ausgeprägte Glieder- und Kopfschmerzen
typisch sind. Die STIKO empfiehlt,
sich jährlich, am besten im Oktober
oder November, impfen zu lassen. »Jährlich«
deshalb, weil sich die Influenzaviren rasch
verändern können; dementsprechend wird
der Impfstoff jedes Jahr aufgrund der jeweils
aktuellen Empfehlungen der Weltgesundheitsorganisation
(WHO) neu zusammengesetzt.
Mitunter kann auch eine spätere Impfung
noch sinnvoll sein, etwa wenn sich abzeichnet,
dass eine Grippewelle – wie dies z. B.
in der Saison 2017/2018 der Fall war – besonders
heftig ausfällt.
Gürtelrose
(Herpes-Zoster)
Nach einer durchgemachten Windpockenerkrankung
werden die auslösenden Varizella-
Zoster-Viren vom Immunsystem nicht endgültig
vernichtet, sondern verbleiben in den
Nervenknoten nahe dem Rückenmark. Durch
eine Reaktivierung der Krankheitserreger
kommt es in ca. 20 Prozent der Fälle Jahre später
zu einer Zweiterkrankung: Die Viren wandern
entlang der Nerven in die Haut und führen
dort zu den typischen Hauterscheinungen
der Gürtelrose. Gefürchtet ist die postzosterische
Neuralgie, eine gar nicht so seltene Folgeerscheinung,
die durch monatelange Schmerzen
in der betroffenen Region gekennzeichnet
ist. Die Impfung gegen Gürtelrose gehört zu
den neuen Impfungen für Senioren, für die
die Kosten seit Frühjahr 2019 von den gesetzlichen
Krankenkassen übernommen werden,
allerdings kann sie für einige Tage unangenehme
Nebenwirkungen haben.
FSME
Wenn man in einem Zecken-Risikogebiet lebt
oder sich viel im Freien aufhält, sollte man
sich gegen FSME impfen lassen. FSME ist die
Abkürzung für Frühsommer-Meningoenzephalitis,
eine Virusinfektion der Hirnhäute
und des Gehirns, die durch einen Zeckenstich
übertragen wird. Auch wenn ein tödlicher
Verlauf eher selten ist, sind vor allem bei Älteren
Komplikationen oder zumindest eine längere
Rekonvaleszenzphase keine Seltenheit.
Für die Grundimmunisierung sind drei Impfungen
im Abstand von wenigen Monaten erforderlich.
Zudem wird eine Auffrischungsimpfung
alle drei Jahre empfohlen.
TOPFIT 1 / 2020
Diagnose & Therapie
19
Knochenschwund und Muskelschwund
Eine unheilvolle Kombination
Nicht nur die Knochen, sondern auch
die Muskeln büßen im Alter an Substanz
ein. Ist der Verlust an Muskelmasse
und -kraft stark ausgeprägt, sprechen
die Ärzte von »Sarkopenie« — ein
Krankheitsbild, das oft gemeinsam mit
Osteoporose auftritt. »Umso wichtiger
ist es, bei Patienten mit einem erhöhten
Frakturrisiko neben den Knochen immer
auch die Muskeln in die Diagnostik und
Therapie mit einzubeziehen«, sagt Prof.
Dr. med. Ralf Schmidmaier, der Leiter
des Osteologischen Schwerpunktzentrums
(OSZ) am LMU Klinikum — Bayerisches
Osteoporosezentrum.
Von Dr. Nicole Schaenzler
Herr Prof. Schmidmaier, warum ist
Muskelschwund für alte Menschen so
problematisch?
Prof. Schmidmaier: Sarkopenie ist gekennzeichnet
durch einen ausgeprägten Verlust
an Muskelmasse, Muskelkraft und Muskelfunktion.
Dadurch nimmt die körperliche
Leistungsfähigkeit ab, die Betroffenen sind
weniger belastbar, schneller erschöpft und
haben Schwierigkeiten, ihren Alltag zu bewältigen.
Mit einer Sarkopenie ist also nicht
nur eine Einschränkung der Lebensqualität
verbunden, sondern sie gefährdet auch die
Mobilität und Selbständigkeit des Betroffenen.
Denn zum Wesen einer Sarkopenie
gehört leider auch, dass sie das Sturzrisiko
erhöht.
Gerade für ältere Menschen kann ein Sturz
dramatische Folgen haben …
Prof. Schmidmaier: … das ist richtig, insbesondere,
wenn gleichzeitig eine Osteoporose
besteht. Die Kombination Sarkopenie und
Osteoporose — von Ärzten auch Osteosarkopenie
genannt — kommt sehr viel häufiger
vor, als lange Zeit gedacht. Für unsere Therapieansätze
zur Verringerung des individuellen
Sturz- bzw. Frakturrisikos bedeutet dies,
dass nicht nur die Osteoporose, sondern
auch die Sarkopenie im Fokus steht: Nur mit
einer kombinierten Förderung der Knochenund
Muskelgesundheit lassen sich sturzbedingte
Knochenbrüche vermeiden oder das
Risiko dafür zumindest deutlich minimieren.
Welche körperlichen Einschränkungen sind
typisch für eine Sarkopenie?
Prof. Schmidmaier: Da praktisch alle motorischen
Funktionen ein gewisses Maß an
Muskelmasse, Muskelkraft und -funktion
voraussetzen, ist eine Vielzahl von körperlichen
Einschränkungen möglich. Oft haben
Sarkopenie-Patienten nicht mehr genug
Kraft in den Armen, um den Einkaufskorb zu
tragen oder eine Flasche zu öffnen. Oder sie
haben Schwierigkeiten, aus dem Bett aufzustehen
oder sich ohne Abstützhilfe aus dem
Sessel zu erheben. Zudem führt der Kräfteverlust
in den Beinen zu einem deutlich
reduzierten Gehtempo. Die Ermittlung der
Ganggeschwindigkeit ist denn auch — neben
der Ermittlung der Muskelmasse, einer
dynamometrischen Handkraftmessung und
anderen standardisierten Bewegungstests
— eines der diagnostischen Kriterien: Bei
einem Sarkopenie-Patienten liegt sie unter
einem Meter pro Sekunde. Möglicherweise
stehen aber auch andere Beeinträchtigungen
wie Appetitlosigkeit oder Müdigkeit
(Fatique) mit einer Sarkopenie in Zusammenhang;
hierbei sind Ursache und Folge
jedoch schwer auseinanderzuhalten.
Da nicht alle alten Menschen an einer Sarkopenie
erkranken, scheint es spezielle
Krankheitsursachen zu geben. Welche sind
das?
Prof. Schmidmaier: Wie die Osteoporose, so
ist auch die Sarkopenie ein multifaktorieller
Vorgang, wobei die Erkrankungen auffällige
pathogenetische Ähnlichkeiten aufweisen.
Noch sind allerdings nicht alle Ursachen
des übermäßigen Muskelabbaus geklärt.
Fest steht jedoch, dass neben genetischen
Faktoren sowie bestimmten neuromuskulären
und hormonellen Veränderungen u. a.
auch Lebensstil-Faktoren eine Rolle spielen.
Dabei leisten vor allem Bewegungsmangel
und eine Fehl- bzw. Mangelernährung
einem Muskelabbau Vorschub. Ebenso geht
Muskelschwund mit einigen chronischen
Erkrankungen einher.
Wie wird eine Sarkopenie behandelt?
Prof. Schmidmaier: Weltweit wird intensiv an
Medikamenten geforscht, die den Muskelwiederaufbau
fördern können. Wir gehen
davon aus, dass wir in den nächsten Jahren
solche Medikamente im klinischen Alltag
einsetzen können. Bislang ist eine medikamentöse
Behandlung jedoch noch nicht
möglich. Deshalb steht eine Optimierung
der Ernährung sowie ein kombiniertes
Bewegungsprogramm aus Kraft- und
Gleichgewichtstraining im Vordergrund der
Therapie. Studien belegen, dass mit einem
moderaten, individuell abgestimmten Trainingsprogramm
nicht nur Muskelkraft und
Muskelfunktion verbessert werden, sondern
auch die Muskelmasse gesteigert wird. Unterstützt
wird der Therapieeffekt durch eine
proteinreiche Ernährung, die wichtig für die
Muskelproteinsynthese und damit für den
Muskelaufbau ist. Wir empfehlen unseren
Patienten, pro Mahlzeit mindestens 25 bis
30 Gramm Protein aufzunehmen. Besonders
wertvoll ist Leucin, eine essenzielle Aminosäure,
die vorwiegend in Milchprodukten,
insbesondere in Molke, enthalten ist. Wichtig
ist zudem eine ausreichende Vitamin-D-Versorgung.
Es wird angestrebt, den Vitamin-D-
Spiegel über 30 Nanogramm pro Milliliter
(ng/ml) zu halten; dies ist bei geriatrischen
Patienten in der Regel jedoch nur über eine
Substitution in Tablettenform möglich. Von
diesen Maßnahmen profitieren im Übrigen
auch Osteoporose-Patienten.
Was sind die Schwerpunkte der Spezialsprechstunde
für Sarkopenie und
Osteosarkopenie?
Prof. Schmidmaier: Als Universitätsklinik
widmen wir uns vornehmlich den komplizierten
Fällen. Es geht also vor allem um
den Ausschluss von zugrunde liegenden
Erkrankungen, z. B. eines Cushing-Syndroms
oder eines Mangels an Geschlechtshormonen.
Was die Sarkopenie betrifft, so können
wir derzeit »nur« beraten. Doch möchten wir
auch gezielt Patienten identifizieren, die für
eine medikamentöse Therapie in Frage kommen,
sobald es zugelassene Präparate gibt.
Die meisten Patienten kommen wegen häufiger
Stürze mit mehrfachen Frakturen zu uns.
Wir versuchen, den Betroffenen ganzheitlich
zu begegnen, nicht als »Sarkopenologen«.
Das bedeutet: Wir wollen die Begleiterkrankungen,
die Begleitmedikamente und die
Lebensumstände sowie die individuellen
Lebensziele berücksichtigen, um so die
individuell beste Therapie für ihre Knochen
und Muskel zu ermitteln. Langfristig streben
wir an, nicht erst zum Zeitpunkt der geringen
Gehgeschwindigkeit und der manifesten
Osteoporose einzugreifen, sondern präventiv
das gesunde und erfolgreiche Altern zu
begleiten.
Prof. Dr. med.
Ralf Schmidmaier
Kontakt
Prof. Dr. med. Ralf Schmidmaier,
Stellvertretender Direktor der
Medizinischen Klinik IV und Leiter
des Osteologischen Schwerpunktzentrums
(OSZ) am LMU Klinikum
— Bayerisches Osteoporosezentrum
Spezialsprechstunde für
Sarkopenie und Osteosarkopenie
Anmeldung:
Tel. 089 / 4400–52330
Privatsprechstunde:
Tel. 089 / 4400–52354
TOPFIT 1 / 2020
20 Gesund leben
Traditionelle Chinesische Medizin
Diagnose
und Therapien
Foto rechts: © inspirestock / 123rf.com; Foto oben: © Bjoern Wylezich / 123rf.com
Die Traditionelle Chinesische Medizin (TCM) basiert auf Erfahrungen
und Behandlungen, die sich mindestens 2000 Jahre in schriftlicher Form
zurückverfolgen lassen. Sie wird bis heute als eigenständiges Medizinsystem
in China, und zunehmend auch in der westlichen Medizin, angewandt
und unterrichtet. Im Gegensatz zur uns bekannten klassischen Schulmedizin
ist die TCM eine empirische Medizin, welche den Patienten in seiner
Gesamtheit betrachtet und behandelt. Von Dr. med. Sandra Bürklin
Die Diagnose nach den Regeln der TCM wird
mithilfe einer ausführlichen TCM-Anamnese,
einer vollständigen Untersuchung, der
Zungen- und der Pulsdiagnose gestellt. Anhand
dieser spezifischen Diagnose wird ein Behandlungskonzept
entwickelt, welches je nach Notwendigkeit
die Behandlung mit Akupunktur,
Pharmokotherapie und Ernährungsberatung
einschließt. Zudem werden häufig Hinweise zu
einer Verbesserung der Lebensführung gegeben.
Auch eine Behandlung mit manuellen Therapien,
etwa Tuina, sowie das selbstständige Praktizieren
von z. B. Taiji oder Qigong durch den Patienten
ist hilfreich und gesundheitsförderlich.
Eine besondere Bedeutung kommt in der TCM
der Gesunderhaltung des Menschen, zusätzlich
zur Behandlung von akuten Erkrankungen, zu.
In diesem Sinne wurde früher in China ein Arzt
als erfolgreich und gut bezeichnet, wenn er keine
»kranken« Patienten hatte.
Chinesische Diagnostik
Die Grundlagen für eine Diagnose nach den Regeln
der TCM bilden die Symptome des Patienten,
sein äußeres Erscheinungsbild sowie die
Zungen- und Pulsdiagnose. Dabei wird schwerpunktmäßig
vor allem das aktive Körpergewebe
beurteilt. Dies schließt die Funktion der inneren
Organe und den Zustand der Muskeln und
Sehnen ein. Die Befragung der Patienten umfasst
auch ihre aktuellen Beschwerden. Einbezogen
werden zudem Appetit, Verdauung, Schlaf
und Temperaturempfinden. Das äußere Erscheinungsbild
wird anhand von bestimmten Kriterien
der TCM beurteilt, etwa was den Geruch,
Stimmklang und die Bewegungen des Patienten
anbelangt.
Die Zunge des Patienten wird als Abbild des
energetischen Zustands des Patienten angesehen
und erlaubt die diagnostische Beurteilung
aufgrund der Größe, Form, Farbe und Struktur
der Zunge und des Zungenbelags.
Bei der Pulsdiagnostik ertastet der Arzt an
sechs definierten Stellen in jeweils drei definierten
Tastniveaus unterschiedliche Pulsqualitäten.
Diese geben ihm einen Hinweis auf die
Zusammensetzung der Gewebe (Blutgefäße),
die nährenden Flüssigkeiten (Blut) und die aktive
Energie (Pulswelle) des Körpers des Patienten.
Die Qualitäten des Pulses zeigen dem Arzt
die energetischen Veränderungen im Körper
des Patienten auf.
Zusammen ergeben diese vier diagnostischen
Kriterien eine Diagnose der TCM, aus welcher
die weitere Behandlung hervorgeht und anhand
derer eine Therapiestrategie entwickelt wird.
Grundsätzliche Erklärungsmuster der TCM
schließen die Einteilung der Beschwerden anhand
der fünf Wandlungsphasen oder auch der
sechs Schichten ein und ermöglichen es häufig,
Beschwerden bereits in einem Stadium zu erkennen,
in dem die Krankheit noch nicht durch
technische Verfahren erkannt werden kann.
Therapien
Zu den Therapien der TCM zählen die Akupunktur,
die Wärmebehandlung mit Moxatherapie,
die Pharmakotherapie, die Ernährungstherapie
und auch manuelle Therapien wie z. B.
Tuina. Ergänzt wird dieses Behandlungskonzept
der fünf Säulen durch vom Patienten selbständig
durchzuführende Übungen des Qigong
oder Taiji. Im Verlauf sollten die Patienten vor
allem ihre Lebensführung anpassen und optimieren,
um den erzielten Behandlungserfolg
und vor allem eine Gesunderhaltung ihres Körpers
zu fördern.
Ein häufiger Anblick in China:
Ältere Menschen praktizieren Taiji.
Akupunktur
Die Traditionelle Chinesische Medizin betrachtet
den Menschen in seiner Gesamtheit, und
ihre Behandlungen beruhen vor allem auf einer
Wiederherstellung des energetischen Gleichgewichts
des Körpers. Das energetische Potential
des Menschen wird als »Qi« bezeichnet und
soll sich im gleichmäßigen Fluss auf definierten
Leitbahnen (Meridianen), welche unterhalb der
Haut vorhanden sind, befinden und die Organe
des Körpers versorgen und erhalten.
Durch die Behandlung mit Akupunktur werden
an verschiedenen, genau definierten Punkten,
das Qi und sein Fluss in den Meridianen beeinflusst.
Dadurch ist es möglich, den Energiefluss
im Körper zu harmonisieren, Organe gezielt zu
stärken oder überschüssige Energie abzuleiten
und pathologische, krankheitsauslösende Faktoren
gemäß der TCM-Diagnose zu eliminieren.
Eine Behandlung dauert etwa 25 bis 30 Minuten,
und es werden mehrere Punkte stimuliert.
Für die Behandlung von akuten Erkrankungen
werden meist zwischen zwei und zehn Behandlungen
benötigt, bei chronischen Erkrankungen
können auch mehr Behandlungen nötig und
sinnvoll sein.
Die dabei benutzten Akupunkturnadeln sind
sehr filigran und haben meist einen Durchmesser
von nur ca. 0,25 Millimeter im Gegensatz
zu beispielsweise Blutabnahmekanülen. Da-
TOPFIT 1 / 2020
Gesund leben
21
durch ist sogar eine Behandlung von Patienten
möglich, die eigentlich sehr große Angst »vor
Nadeln« haben. Zudem spüren viele Patienten
bereits bei der ersten Behandlung eine positive
Wirkung auf ihren Körper.
Pharmakotherapie
In der Traditionellen Chinesischen Medizin
stellt die Behandlung mit Pharmakotherapie
eine wichtige Basis dar. Hierfür werden vor allem
pflanzliche Heilmittel wie etwa Blüten und
Rinden benutzt.
In Deutschland werden die unterschiedlichen
Einzelmittel und ihre Zusammensetzungen in
speziell auf den Patienten abgestimmten Rezepturen
nur über Apotheken abgegeben. Dadurch
ist die Qualität und Herkunft der Heilmittel gesichert.
Es besteht auch die Möglichkeit einer
Therapie mit fertig hergestellten Tabletten, welche
nach höchsten Qualitätsstandards produziert
werden und einer ständigen EU-Kontrolle
unterliegen.
Die Arzneimittelsicherheit, welche durch den
Bezug über Apotheken und die dort vorherrschenden
ständigen Qualitätskontrollen gewährleistet
werden kann, stellt genauso wie in
der Schulmedizin eines der wichtigsten Prinzipen
der Therapie dar.
Durch die Behandlung mit chinesischen Arzneimitteln
ist es vor allem möglich, energetische
Mangelzustände im Körper zu beheben, einen
gleichmäßigen Fluss des Qi zu gewährleisten
und pathogene Faktoren akut und dauerhaft
auszuleiten.
Ernährungsberatung
(Diätetik)
In China war man sich schon zu sehr früher Zeit
bewusst, dass eine ausgewogene Ernährung eine
wichtige Voraussetzung für die Gesundheit ist.
Man betrachtete daher Nahrungsmittel als mild
wirkende Medikamente und setzte sie gezielt im
Alltag ein. Sie können wärmend oder kühlend
wirken, stabilisierend und erhaltend oder auch
ausleitend sein. Zudem erhalten die Patienten
dadurch die großartige Möglichkeit, selbst an
der Wiederherstellung und auch Erhaltung ihrer
Gesundheit zu arbeiten – und diese langfristig
zu gewährleisten.
Lebensführung
Die Lebensführung hat in China einen sehr hohen
Stellenwert und ist zur Erhaltung der Gesundheit
in der chinesischen Kultur tief verwurzelt.
Die Vermeidung von Krankheiten (die
häufig auch tödlich enden konnten) und die
Stärkung des Körpers war für die Menschen in
früherer Zeit das wichtigste Werkzeug um lange
zu überleben. Die Menschen führten daher
regelmäßig geistige und auch körperliche Maßnahmen
wie beispielsweise Qigong oder Taiji
durch und bereiteten auch entsprechend ihres
körperlichen und geistigen Zustands ihre Nahrung
zu.
Tuina
SMS — Societas Medicinae Sinensis
Internationale Gesellschaft für Chinesische Medizin e. V.
Die SMS ist eine der ältesten deutschsprachigen Ärztegesellschaften für Traditionelle
Chinesische Medizin (TCM) und bildet seit 40 Jahren in allen Disziplinen aus: in
Akupunktur, chinesischer Arzneimitteltherapie, Ernährungstherapie, Diätetik und in
den Bewegungstherapien Taiji und Qigong sowie der manuellen Therapie Tuina.
Neben den Ausbildungen bietet die SMS auch Praxisseminare für Patienten und
Interessierte.
Kursbeispiel: Sommerwoche Chinesische Lebenspflege
Einwöchiger Kurs in erholsamer, ländlicher Atmosphäre nach den Prinzipien der
TCM. Tägliches, intensives Qigong-Üben, Selbstmassage und Anwendung von Tuina-
Massagetechniken, praktisches Kochen und Theorie. 9. – 14.8.2020 im Chiemgau
Nähere Infos: www.tcm.edu
Die Tuina-Massagetechnik stellt eine der fünf
Säulen der Behandlungen nach der TCM dar
und wird vor allem bei Beschwerden des Bewegungsapparats
und zur Behandlung von Kindern
eingesetzt.
Ergänzt werden kann Tuina auch durch andere
manuelle Techniken wie etwa Schaben und
Schröpfen. Diese zwei Methoden können vor allem
angewendet werden, wenn tiefe Stauungen
in den Muskel- und Bindegeweben vorhanden
sind oder wenn es sich um chronische Verspannungen
handelt.
Fallbeispiel: akute Schmerzen
im unteren Rückenbereich
Bei dem Fallbeispiel handelt es sich um das Auftreten
von akuten Rückenschmerzen im unteren
Rückenbereich bei einem 45-jährigen sportlichen
Patienten.
Dieser begleitete seinen Sohn als Trainer zu einem
Fußballspiel. Am Tag des Ereignisses war
es allerdings sehr kalt und regnerisch. Der
grundsätzlich fitte und trainierte Mann stand
am Rand des Fußballfelds, er war nass geregnet
und fror. Auslöser des Schmerzes war, dass er einen
Fußball, der ins Aus geraten war, ins Spielfeld
zurückwerfen wollte und sich dabei den Rücken
«verrissen« hatte.
Der plötzlich auftretende Schmerz war derart
heftig, dass er sich auf den Boden legen musste
und nicht mehr selbständig aufstehen konnte.
Der herbeigerufene Notarzt behandelte ihn mit
Schmerzmitteln und brachte ihn ins nächstgelegene
Krankenhaus, wo mittels von bildgebenden
Verfahren ein Bruch oder Bandscheibenvorfall
ausgeschlossen werden konnte. Nachdem die
Schmerzen sich besserten, wurde der Patient
nach Hause entlassen.
Allerdings war die Gesundheit und volle Funktionsfähigkeit
des Mannes nicht wieder hergestellt,
und er musste mehrfach am Tag Schmerzmittel
einnehmen, um seinen Alltag meistern zu
können. Daraufhin stellte er sich in der TCM-
Praxis vor.
Aus Sicht der TCM handelt es sich bei dem oben
beschriebenen Fall um das Eindringen von
«Wind-Kälte» in die Leitbahnen am Rücken.
Kennzeichnend hierfür ist das plötzliche Auftreten
von sehr starkem, stechendem, lokalisiertem
Schmerz, der sich durch die Behandlung
mit Wärme und Bewegung bessert. Therapeutisch
macht man die Leitbahnen wieder durchgängig,
aktiviert die Zirkulation von Qi und
Blut, beseitigt Blockaden und führt Wärme zu.
Der Patient kam daher für insgesamt fünf Termine
zur Behandlung mit Akupunktur und
Moxatherapie und erhielt zudem als pharmakotherapeutische
Maßnahme ein Rezept zur Beseitigung
der Blockaden.
Unter dieser intensivierten Therapie war der Patient
nach zehn Tagen vollkommen schmerzfrei
und konnte wieder seinen sportlichen Aktivitäten
und seinem Alltag nachgehen.
Zur Person
Dr. med. Sandra Bürklin
ist eine promovierte
Fachärztin für Neurologie.
Sie absolvierte ein
Bachelorstudium für
Akupunktur (Bachelor in acupuncture, Li Shi
Zhen Universität Wien) und beschäftigt sich
seit vielen Jahren intensiv mit der TCM. Sie ist
Mitglied der Internationalen Gesellschaft für
Chinesische Medizin e. V. (SMS).
Kontakt: Praxis für Traditionelle Chinesische
Medizin, Marienplatz 8, 83043 Bad Aibling
www.praxis-buerklin.de
TOPFIT 1 / 2020
22 Promotion
Der ganz persönliche Sessel
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Rückengesund und bequem sitzen — mühelos Aufstehen: Das verspricht
der Fitform Sessel, der speziell auf die Bedürfnisse von Senioren
zugeschnitten ist.
Unser Alltag ist davon geprägt, dass wir viel sitzen. Dies kann vor allem
unserem Rücken zu schaffen machen. Zudem sitzen viele Menschen
falsch, oftmals, weil der Sitzplatz nicht individuell zu ihren Körpermaßen
passt. Dadurch wird die Entstehung von Rückenbeschwerden
und anderen Schmerzen des Bewegungsapparats zusätzlich geför-
dert. Gegensteuern lässt sich am besten mit einem Sitzmöbel, das
genau an die individuellen Körpermaße angepasst ist.
Ein solches Sitzmöbel ist der Fitform Sessel. Denn er ist exakt auf die
individuell richtige Sitzhöhe, Sitztiefe und Armlehnhöhe seines Besitzers
eingestellt und erlaubt damit nicht nur ein sehr bequemes,
sondern auch ein gesundes Sitzen. Die Wirbelsäule behält ihre natürliche
S-Form beim Sitzen. Die Bandscheibe steht damit weniger
unter Druck, und Rückenschmerzen werden erheblich vermindert. Per
Handbedienung lässt sich die Mechanik in Funktion setzen. Mehrere
Motoren sorgen dafür, dass getrennt voneinander Rückenlehne, Fußstütze,
Kippverstellung und Aufstehhilfe eingestellt werden können.
Bereits über 50.000 Senioren genießen alle Vorteile eines maßgeschneiderten
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Thomas Knaier, Anke Neumann-Roß, Dr. Nina
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Für die medizinische Fachberatung
in dieser Ausgabe danken wir
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Dr. med. Sandra Bürklin
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Dr. med. Heribert Konvalin
MVZ im Helios
Helene-Weber-Allee 19
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Dr. Stefanie Martin
Leiterin der Sektion Geriatrie
Innere Medizin I
Krankenhaus Barmherzige Brüder München
Romanstraße 93
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Anke Neumann-Roß
c/o Münch Naturheilkunde
Vogelweide 2c
85375 Neufahrn
Tel: 08165 / 51 04 oder 86 26 171
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Prof. Dr. med. Ralf Schmidmaier
Medizinische Klinik und Poliklinik IV
LMU Klinikum
Stellvertretender Direktor der Medizinischen
Klinik IV und Leiter des Osteologischen Schwer-
punktzentrums (OSZ) an der LMU — Bayerisches
Osteoporosezentrum
Spezialsprechstunde für Sarkopenie und
Osteosarkopenie
Tel: 089 / 44 00-52 330 (Anmeldung)
www.lmu-klinikum.de (Seite 19)
Dr. med. Hans-Hermann Wörl
Widenmayerstraße 16 • 80538 München
Tel. 089 / 54 80 66 66
www.widenmayer16.de (Seite 15)
Dr. med. Steffen Zenta
MVZ im Helios
Helene-Weber-Allee 19 • 80637 München
Tel. 089 / 15 92 77-0
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TOPFIT 1 / 2020
Promotion
23
23
Für Rücken, Bauch und Beine
Unterstützung während und
nach der Schwangerschaft
Mit Unterstützung für den Rücken und die Beine können werdende Mütter die
Zeit während und nach der Schwangerschaft rundum genießen. Dafür gibt
es clevere Lösungen mit Rückenorthesen und medizinischen Kompressionsstrümpfen.
Durch den wachsenden Babybauch verändert
sich das Gewicht und der Körperschwerpunkt
verlagert sich nach vorn. Dann
sind Rückenbeschwerden ein häufiger Begleiter
in der Schwangerschaft. Beim Aufstehen, Bücken,
längerem Sitzen und Stehen machen sie
sich besonders bemerkbar. Die neue Lumbalorthese
Lumbamed maternity kann stabilisieren
und Schmerzen lindern. Sie stützt den Bauch,
entlastet das Becken sowie die Wirbelsäule und
wirkt auch dem Hohlkreuz entgegen. Der Gurt
aus weichem Material wächst mit dem Bauchumfang
stufenlos mit. Er schränkt weder die
Bewegungsfreiheit des ungeborenen Kindes ein
noch übt er Druck auf den Bauch aus.
Bei einer Beckenringinstabilität nach der Geburt
(wie einer Symphysenlockerung) mit Beschwerden
im Iliosakralgelenk (ISG) kann eine modulare
Orthese wie die Lumbamed sacro von medi
helfen. Flexibel positionierbare Massage-Pelotten
therapieren die Schmerzpunkte im Bereich
des Iliosakralgelenks punktgenau.
Kompressionsstrümpfe:
leichte Beine während und nach
der Schwangerschaft
Auch müde und geschwollene Beine begleiten
häufig die Schwangerschaftsmonate. Die werdende
Mutter nimmt an Gewicht zu. Der Körper
produziert mehr Blut, und der Druck in
den Venen steigt. Wenn die Venen sich weiten,
schließen die Venenklappen nicht mehr richtig.
Es kommt zum Rückstau des Bluts in den
Beinvenen. Die Beine sind müde und schwer,
und viele Frauen stellen erstmals Besenreiser
oder Krampfadern fest. Dann können medizinische
Kompressionsstrümpfe wie mediven von
medi helfen. Der Druck des Strumpfes wirkt der
Beinmuskulatur von außen entgegen und unterstützt
die Venen, damit die Venenklappen wieder
besser schließen und das Blut zielgerichtet
zum Herzen fließt. Schwellungen klingen ab,
die Beine fühlen sich leichter und entspannter
an. Die Kniestrümpfe, Oberschenkel-Varianten
Medizinische Kompressionsstrümpfe können
helfen, sich vitaler zu fühlen – gerade für
Schwangere, die im Job viel stehen oder sitzen.
oder Strumpfhosen mit einem weichen Leibteil
gibt es in vielen Farben und Designs.
Der Arzt kann bei medizinischer Notwendigkeit
medizinische Hilfsmittel verordnen. Bei der
Verordnung der Lumbamed maternity sowie
der erstmaligen Verordnung von medizinischen
Kompressionsstrümpfen sind Schwangere von
der gesetzlichen Zuzahlung befreit.
Eine Lumbalorthese kann die Bauchdecke
und die Lendenwirbelsäule entlasten und
Schmerzen lindern.
Fotos: www.medi.de
Der Ratgeber »Schwangerschaft«
ist beim medi Verbraucherservice
erhältlich:
Telefon 0921 912-750
E-Mail: verbraucherservice@medi.de
sowie zum Download unter:
www.medi.de/infomaterial.
Surftipps:
www.medi.de/haendlersuche
www.medi.biz/maternity
Fotos: © www.medi.de
TOPFIT 1 / 2020
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24 Gesund leben
issenschaft und Pharmazie erkennen
W zunehmend, mit welch hochwirksamer
Wirkstoffkombination die Natur den Blutegelspeichel
ausgestattet hat. Er greift in die komplexe
Kaskade der Blutgerinnung ein, ohne Schaden
für seinen Wirt. Er löst Thromben auf, fördert
Durchblutung und Lymphfluss. Selbst in
der plastischen Chirurgie findet der Egel Anwendung
bei Gewebetransplantationen, um
mittels verbesserter Durchblutung das Anwachsen
des neuen Gewebes zu ermöglichen.
Wie funktioniert die Therapie?
Der Blutegel ist ein Parasit, der sich an Warmblütern
festsaugt. Dazu »sägt« er mit seinen ca.
80 Zähnchen an drei Sägeleisten in die Haut.
Dieser Vorgang wird meist als Ziehen oder Stechen
wahrgenommen. Danach beginnt das Saugen
– und man spürt gar nichts mehr. Dabei gibt
der Egel die Inhaltsstoffe seiner Speicheldrüsen
ins Blut ab. Die bisher bekannten wirken gerinnungshemmend,
schmerzlindernd, entzündungshemmend,
entstauend und lockern das
Gewebe nachhaltig auf. Ist der Egel satt, fällt er
Ausleitungstherapie mit Blutegeln
Diese uralte Therapieform hat auch heute noch nichts von ihrer Bedeutung für
die Gesundheit verloren, auch wenn sie eine Zeit lang fast vergessen schien.
Schon im alten Ägypten wusste man um ihre Wirkung und setzte Blutegel zu
medizinischen Zwecken erfolgreich ein. Von Anke Neumann-Roß
von allein ab. Die Wunde wird verbunden und
kann bis zu 24 Stunden nachbluten, was einer
lokalen Gewebsentlastung dient. Lokal können
für ein bis drei Tage leichter Juckreiz und / oder
eine Rötung um die Bissstelle auftreten.
Ist der Egel eklig?
Keineswegs! Natürlich ist diese Behandlung für
viele zunächst ungewohnt. Doch so individuell
wie der Mensch, so ist auch der Blutegel. Sie
sind wendige Schwimmer mit unterschiedlichen
Mustern und Farbtönen. Jeder scheint sein eigenes
Naturell zu besitzen. So beobachtet man in
der Praxis schnellentschlossene und tatkräftige
Egel. Andere wiederum lassen sich Zeit, sind
wählerisch und saugen eher wenig. Auf den therapeutischen
Effekt hat dies keine Auswirkung.
Doch erzeugt solche Beobachtung mehr Bewusstsein
dafür, dass es sich hier um Lebewesen
handelt, deren Einsatz einzig unserem Wohlbefinden
dienen soll. Diese kleinen Tierchen haben
unseren Respekt verdient! Aus medizinischer
Sicht sind Blutegel aus dafür vorgesehener Zucht
zur medizinischen Anwendung nach § 2 Abs. 1
Nr. 1 des Arzneimittelgesetzes als Fertigarzneimittel
zugelassen.
Bei welchen Beschwerden können Blutegel
eingesetzt werden?
Prinzipiell können Blutegel bei allen gesundheitlichen
Problemen Anwendung finden, denen
Zirkulationsstörungen, Flüssigkeitsstau oder
Entzündungen zugrunde liegen. In der Praxis
bewährt sich ihr Einsatz z. B. bei Rheuma,
Krampfadern, Tinnitus, Thrombose, Arthrose,
Tennis- oder Golfarm, Sehnenscheidenentzündung
und vielen mehr. Mit der Blutegeltherapie
stellt uns die Natur ein sanftes, natürliches, aber
effektives Verfahren zur Verfügung, das nachhaltige
Verbesserungen bewirken kann.
Nähere Infos:
Anke Neumann-Roß,
Heilpraktikerin,
Vogelweide 2c, 85375 Neufahrn
Tel: 08165 / 51 04
E-Mail: info@heilpraxis-an.de
www.heilpraxis-an.de
Gesundheitsprophylaxe
Bewegung im Alltag
Bewegung ist Leben, und Leben ist Bewegung: Wer sich viel bewegt,
sagt »Ja« zu seinem Körper und stärkt zugleich sein seelisches Wohlbefinden.
Nun ist unser modernes Leben jedoch davon geprägt, dass uns
eine Vielzahl von Methoden und Apparaten körperliche Arbeit abnehmen:
Das Auto, der Fahrstuhl, die Waschmaschine oder Geschirrspülmaschine
erleichtern uns die Bewältigung unserer täglichen Pflichten erheblich. Dadurch
haben wir immer weniger Gelegenheit, unsere Muskeln einzusetzen.
Mit ein paar einfachen Änderungen können Sie Ihren Alltag wieder aktiver
gestalten.
Von Sabine Jansen
Aus ärztlicher Sicht ist regelmäßige körperliche
Betätigung neben einer ausgewogenen
Ernährung das A und O für unsere Gesundheit.
Deshalb raten viele Ärzte ihren Patienten,
regelmäßig ein moderates sportliches Training
durchzuführen. Nicht jedem gelingt es jedoch,
die allgemein empfohlenen (mindestens) 30 Mi-
nuten Training dreimal pro Woche auch tatsächlich
Woche für Wooche konsequent umzusetzen.
Umso wichtiger ist es, zu versuchen, den
Alltag so aktiv wie möglich zu gestalten: Wenn
Sie es schaffen, sich jeden Tag ein bisschen mehr
zu bewegen, tragen Sie viel zur Stärkung Ihrer
Gesundheit bei.
Alle Körperfunktionen profitieren
Jede Form von alltäglicher Bewegung hilft, Fettpolster
abzubauen, das Muskel- und Skelettsystem
zu stärken, die Lungenfunktion zu verbessern
oder den Verlauf einer Herz-Kreislauf-Erkrankung
günstig zu beeinflussen. Auch andere
Gesundheitsstörungen wie Bluthochdruck oder
eine Fettstoffwechselstörung (erhöhte Triglyzerid-
und/oder Cholesterinwerte) sprechen gut
auf mehr Bewegung im Alltag an. Zudem verbessert
körperliche Aktivität die Fließeigenschaften
des Bluts und hilft beim Abbau von
Übergewicht.
Ebenso profitiert das Immunsystem, wodurch
nicht zuletzt die Widerstandsfähigkeit gegenüber
Infekten und anderen Erkrankungen gesteigert
wird. Und schließlich wird das Gehirn
besser mit Blut und Sauerstoff versorgt, die Qualität
des Nachtschlafs bessert sich, und stressige
Zeiten werden leichter weggesteckt, weil durch
regelmäßige körperliche Betätigung auch Stresshormone
sehr effektiv abgebaut werden. Kurzum:
Moderate Bewegung, die Spaß macht, kann
schon viel bewirken!
TOPFIT 1 / 2020
Gesund leben
25
Bewegen können Sie sich überall!
Tatsächlich bietet Ihnen der Alltag viele Gelegenheiten,
Ihre Muskeln zum Arbeiten zu bringen
– und dies, ohne dass Sie sich groß anstrengen
oder sehr viel Zeit dafür einplanen zu müssen.
Das ausgiebige Strecken und Recken am
Morgen kurz vor dem Aufstehen, der 15-minütige
Verdauungsspaziergang nach dem Mittag-
und/oder Abendessen oder das Kniewippen
während des abendlichen Zähneputzens sind
bereits erste Schritte hin zu mehr Bewegung im
Alltag.
Und es gibt noch viele andere Möglichkeiten,
mehr Aktivität in Ihr Leben zu bringen. Beispielsweise
können Sie den Tag mit einigen
Kniebeugen oder anderen leichten Übungen
kurz nach dem Aufstehen beginnen. Oder Sie
fahren nicht mit dem Auto oder den öffentlichen
Verkehrsmitteln zu Ihrer Arbeitsstelle, sondern
Sie gehen zu Fuß oder fahren mit dem Fahrrad.
Empfehlenswert ist zudem, über die Treppe in
obere Stockwerke zu gelangen, anstatt den Fahrstuhl
zu benutzen.
Gartenarbeit — so effektiv wie
Ausdauertraining
Die Arbeit im eigenen Heim (z. B. Staubsaugen,
Kehren, Geschirr spülen) oder im Garten (Rasenmähen,
Unkraut entfernen, Blumenbeet bepflanzen)
bringt besonders viel Bewegung in Ihren
Alltag. Beispielsweise werden Kreislauf und
Muskeln durch ausgiebiges Staubsaugen oder
eine mehrstündige Gartenarbeit ähnlich stark
beansprucht wie während der Ausübung einer
Ausdauersportart! Hier gilt es allerdings, sich
nicht zu überanstrengen, sondern stets angemessene
Pausen einzuplanen, wenn Sie spüren,
dass es zu viel wird. Sogar die Arbeit am Schreib-
tisch lässt sich aktiver gestalten, z. B. mithilfe des
»dynamischen Sitzens«: Bewegen Sie sich möglichst
viel auf Ihrem Stuhl, strecken und recken
Sie sich immer mal wieder zwischendurch, und
wechseln Sie häufig Ihre Sitzhaltung. Versuchen
Sie alles, was Sie nicht im Sitzen erledigen müssen,
im Stehen zu tun, beispielsweise wenn Sie
telefonieren, die Post öffnen, den Schreibtisch
aufräumen … kurzum, es gibt viele Möglichkeiten,
Bewegung ins Leben zu bringen.
Foto: @ Ian Allenden / 123rf.com
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Die Kunst des zur Ruhe Kommens ...
... ist fühlbar, nicht sichtbar und für viele im turbulenten Alltag verloren
gegangen. Der Verlust macht sich keineswegs sofort, sondern erst
im Laufe der Jahre bemerkbar. Schaffen Sie sich frühzeitig Ihre kleine
Entspannungsoase daheim.
Einen Ort, der Ihnen jederzeit zur Verfügung steht. Einen, der nicht nur
Ihren Kopf einlädt zur Ruhe zu kommen, sondern auch durch seine perfekte
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TOPFIT 1 / 2020
26 Rat und Hilfe aus der Apotheke
Foto: irinavar © 123rf.com
Arzneipflanze gegen Stress aus dem Norden
Rosenwurz
Stress gehört zu den Zivilisationsplagen unserer Zeit. Hier wird ein traditionelles
Naturheilmittel interessant: die Rosenwurz. Sie hat eine lange Geschichte
als Stimulanz, das zugleich die Stresstoleranz erhöht — was mittlerweile
auch in klinischen Studien nachgewiesen ist.
Von Apotheker Thomas Knaier
In einer renommierten deutschen Zeitschrift
für Pflanzenheilkunde hieß es 2009: »In
Deutschland ist der Drogenextrakt aus Rhodiola
rosea bisher weniger bekannt, doch die klinischen
Studien mit positivem Ausgang nehmen
erfreulich zu.« Dabei wurde in Österreich bereits
2008 ein entsprechendes Arzneimittel mit einem
Rosenwurzextrakt zugelassen. Die Schweiz folgte
im Jahr 2010, während in Deutschland erst
2015, wenige Jahre nach Fertigstellung der positiven
HMPC-Monographie (des Ausschusses
für pflanzliche Arzneimittel), das erste Phytotherapeutikum
mit Rosenwurzextrakt auf den
Markt kam. Mittlerweile findet man auf dem
deutschen Markt mehrere Fertigarzneimittel
mit diesem Pflanzenextrakt als Stressadaptogen.
Als Stressadaptogene werden biologisch aktive
Pflanzenstoffe bezeichnet, die die körpereigene
Widerstandskraft in Stressensituationen
unterstützen.
Herkunft
Rhodiola rosea L., die Rosenwurz (Arctic root,
roseroot, golden root) weist vor allem eine lange
Geschichte als traditionelle Arzneipflanze in
Eurasien und Nordamerika auf. Sie wächst in
Gebirgsregionen in Europa (Skandinavien, Balkan,
Island), in Nordamerika (Norden der USA,
Kanada und Grönland) sowie in Asien (Altaige-
birge, Mongolei, Tibet und vermutlich Himalaya).
Die Ursprungsregion der Pflanze wird dabei
in südsibirischen Gebieten vermutet. Auch
in China sind 55 Arten der Rosenwurz bekannt.
Man findet die Pflanze an Ufern von Flüssen,
Bächen und als »Überlebenskünstler« in Felsund
Gletscherspalten sowie in Regionen mit extremklimatischen
Bedingungen.
Geschichtliches
Schon Dioskurides erwähnt in seiner Materia
medica (77 v. Chr.) die Rosenwurz als »rodi riza«,
Carl v. Linné führt sie in seiner Materia medica
(1749) als Heilpflanze gegen Kopfschmerzen,
Hysterie und als Adstringens auf. Die Pflanze
wird in die schwedische Pharmakopöe (Arzneibuch)
von 1775 aufgenommen und findet
generell in Europa in unterschiedlichen medizinischen
Werken des 18. und 19. Jahrhunderts
Erwähnung, basierend auf ihrer traditionellen,
volksheilkundlichen Anwendung.
Seit den 1960er Jahren nimmt das wissenschaftliche
Interesse an Rhodiola rosea stark zu. Nach
einer Exkursion russischer Wissenschaftler 1961
in Südsibirien wurden die Eigenschaften der Rosenwurz
von den Sowjets anschließend intensiv
untersucht und in der Folge Rosenwurzpräparate
bei Kosmonauten und Leistungssportlern
eingesetzt. 1969 empfahl das Gesundheitsministerium
der damaligen UdSSR Zubereitungen
aus Rhodiola rosea als Stimulanz gegen Müdigkeit,
und 1975 wurde eine Tinktur aus Rhodiola
rosea dort sogar offiziell als Arzneimittel
registriert.
Von der Komission E wird Rhodiola rosea in den
1990er Jahren nicht bearbeitet, die europäische
Arzneimittelbehörde EMA hat allerdings 2012
Zubereitungen aus dem Wurzelrhizom als traditionelles
Arzneimittel zur Linderung von Stresssymptomen
wie Müdigkeit, Schwächegefühl
und Erschöpfung in einer HMPC-Monographie
beschrieben. In Europa sind mittlerweile Extraktpräparate
als traditionelle Arzneimittel sowie
zahlreiche Nahrungsergänzungsmittel mit
Rosenwurzelstock-Auszügen verfügbar
Botanik
Rhodiola rosea L. bildet eine krautige ausdauernde
Pflanze mit einer Wuchshöhe bis zu
60 Zentimeter. An der Wurzelbasis wachsen
fleischige Rhizome mit 0,5 bis 2,5 Zentimeter
im Durchmesser, die einen charakteristischen
Rosengeruch aufweisen (daher der Name). Die
sukkulenten Laubblätter sind blassgrün bis
grün-bläulich, oval bis linear mit glatter, haarloser,
wachsartiger Oberfläche und leicht gezähnten
Rändern. Rhodiola rosea ist eine diözische
Pflanze (getrennt geschlechtig), die man
aber auch mit zwittrigen Blüten findet. Die Blüten
sind meist vierzählig mit gelben bis rötlichen
Kronblättern. Der Blütenstand kann bis zu
150 Blüten umfassen. Aus den Blüten entwickeln
sich vier bis neun Millimeter große Balgfrüchte,
mit braunen 1,7 bis 2,2 Millimeter großen
Samen. Die Chromosomenzahl n2 = 22 dient
als wichtiges Merkmal zur Identifizierung. Der
Name »Rhodiola« leitet sich vom Altgriechischen
»rhodios« ab, was auf den charakterischen
Rosenduft der frischen Pflanze hinweist.
Taxonomische Einordnung
Rhodiola als Gattung gehört zur Familie der
Dickblattgewächse (Crassulaceae) innerhalb der
Ordnung der Steinbrechartigen (Saxifragales).
In der internationalen Global Biodiversity Information
Facility Datenbank (GBFI) findet man
76 Arten innerhalb der Gattung Rhodiola, in anderen
Schätzungen in der Literatur werden bis
zu 200 Arten genannt. Nur molekulargenetische
Analysen können einzelne Arten voneinander
unterscheiden. In internationalen Datenbanken
ist die Rosenwurz auch als Sedum rosea (L.) zu
finden, es deuten aber genetische Unterschiede
auf unterschiedliche Vorfahren von Rhodiola
und Sedum hin. Daher ist die taxonomische Zuordnung
zur Gattung Sedum heute strittig.
Pflanze und Inhaltsstoffe
Die therapeutisch wichtigen Inhaltsstoffe befinden
sich im Wurzelstock von Rhodiola rosea.
Hierzu zählen die Phenylethanoide und
TOPFIT 1 / 2020
Rat und Hilfe aus der Apotheke
27
Foto: i Antonio Guillem © 123rf.com
ihre Glykoside, vertreten durch Salidrosid oder
Rhodiolosid (0,04 – 1,1 %) und das Aglykon Tyrosol
(0,001 – 0,22 %). Man glaubte lange Zeit,
dass Salidrosid der wirksamkeitsbestimmende
Inhaltsstoff für die therapeutischen Effekte der
Rosenwurz sei. Daher wurde in den 1970er Jahren
in der damligen UdSSR der Salidrosidgehalt
zur Extraktstandardisierung aus Rhodiola rosea
benutzt. Salidrosid ist allerdings auch in anderen
Rhodiola-Arten und in weiteren Pflanzenextrakten,
z. B. aus Oliven und Weidenrinde,
auffindbar.
Typisch für Rhodiola rosea ist der Gehalt an Phenylpropanoiden
wie Rosin (0,02 – 0,08 %), Rosarin
(0,02 – 0,11 %) und Rosavin sowie das Verhältnis
von Rosavin zu Salidrosid von 3:1. Weitere
Inhaltsstoffe sind Proanthocyanidine und
Gallussäurederivate, wie Epigallocatechingallat.
Das Rhizom der Pflanze enthält ätherisches Öl,
je nach Herkunft zwischen 0,04 und 1,1 Prozent.
Aus Wasser-Alkohol-Extrakten konnten über
50 polare Verbindungen isoliert werden. Insgesamt
wurden 86 Substanzen identifiziert, wobei
Geraniol mit 12,3 bis 62,1 Prozent für den
typischen Rosengeruch verantwortlich zeichnet.
Terpene, organische Säuren sowie drei Prozent
Polysaccharide runden das breite Inhaltsstoffspektrum
ab.
Einsatz in der Volksmedizin
Die Wurzeln von Rhodiola rosea wurden vor allen
in der Volksmedizin von Sibirien und Tibet
genutzt. Zubereitungen aus der Wurzel finden
sich seit über 1000 Jahren in Tibet. Sie wurden
zur Erhöhung der körperlichen Leistungsfähigkeit,
zur Behandlung von Müdigkeit und für ein
langes Leben sowie bei Depressionen, Impotenz,
Entzündungen und gastrointestinalen Beschwerden
eingesetzt. In nördlichen Regionen
Sibiriens und Alaskas diente die Rosenwurz den
Ureinwohnern als Nahrungsmittel und wurde
auch als Tauschmittel gegen Honig, Obst, Wein
und Knoblauch gehandelt. Sagen aus Sibirien
berichten sogar von einer Lebensverlängerung
durch Rhodiola-Tee. In Georgien werden die
Wurzeln der Pflanzen jungen Paaren zur Erhöhung
der Fruchtbarkeit empfohlen – und um gesunde
Nachkommen zu zeugen. In Zentralasien
wird Rosenwurztee in den kalten Monaten des
Jahres zur Abwehr von Erkältungskrankheiten
getrunken. In der Mongolei wird die Rosenwurz
sogar zur Behandlung der Tuberkulose und bei
Tumorerkrankungen eingesetzt.
In Europa finden sich besonders viele Berichte
zum Einsatz von Rhodiola rosea in der Volksheilkunde
Skandinaviens. So sollen bereits die
Wikinger die Pflanzendroge zur Leistungssteigerung
genutzt haben. Es existieren von dort
auch Berichte zum Einsatz von Rosenwurztee
als Haarwaschmittel gegen Schuppen und Haarausfall.
In Norwegen wurde Rhodiola rosea auf
Dächern angebaut, um das Haus vor Feuer zu
Stress, Müdigkeit, Überforderung?
Statt zu Kaffee, Zigaretten
und Aufputschmitteln zu greifen,
gibt es nebenwirkungsarme,
aber effektive pflanzliche
Stressadaptogene.
schützen. Zahlreiche Berichte existieren auch
über die Anwendung der Pflanzendroge bei Tieren,
um diese gegen Krankheiten und Parasiten
zu schützen.
Anwendung und Wirkungen
Obgleich Rhodiola rosea als traditionelle Heilpflanze
schon lange in vielen Ländern gut etabliert
war und ist, ist ihr Stellenwert in der modernen
Medizin noch eher gering. Dies könnte
sich jedoch bald ändern. So wurden seit 1963
mehr als 800 pharmakologische, pflanzenchemische
und klinische Studien durchgeführt und
veröffentlicht. Neben klinischen Untersuchungen
zur Wirksamkeit der Pflanzendroge bei Erschöpfung,
Leistungsabfall und Stresssymptomen
existieren auch eine Reihe präklinischer
und Tiermodellstudien, die auf eine radikal abwehrende,
entzündungshemmende, adaptogene,
nervenzell-, herz- und leberzellschützende Wirkung
hinweisen. Interessante neuere Studien
deuten auf eine antivirale Wirkung durch Flavonoide,
Ellagsäure- und Gallussäureabkömmlinge
in der Rosenwurz bei Infektionen mit Ebolaviren
sowie H1N1- und H9N2-Grippeviren hin.
Unerwünschte Wirkungen
Extrakte von Rhodiola rosea gelten als sehr sicher
und weisen eine niedrige Toxizität auf, was
auch für den Inhaltsstoff Salidrosid gilt. Salidrosiddosen
von 150 Milligramm/60 Kilogramm
Körpergewicht pro Tag sind für Menschen gut
verträglich. Bei Schwangeren gibt es noch keine
verlässlichen Daten. Bei Dosierungen von 200
bis 600 Milligramm Extrakt treten selten unerwünschte
Wirkungen wie Agitiertheit, Zittern
und Angst auf. So wurden in acht klinischen
Studien mit 436 Probanden lediglich drei unerwünschte
Wirkungen (z. B. Kopfschmerzen,
Hyperventilation) berichtet, davon zwei in der
jeweiligen Placebogruppe.
Es wird jedoch empfohlen, die Extrakte nicht bei
Personen mit bipolaren Störungen einzusetzen.
Zum jetzigen Zeitpunkt können additive Effekte
mit anderen Stimulanzien nicht gänzlich ausgeschlossen
werden.
Fazit
Die traditionelle, auch in der Volksheilkunde
verankerte Anwendung von Zubereitungen aus
der Rosenwurz ist seit langer Zeit in vielen Ländern
etabliert. Neben einer Fülle überzeugender
experimenteller Untersuchungen in den letzten
Jahren fehlen nun lediglich noch gut geplante
und durchgeführte klinische Studien, um dieser
alten Arzneipflanze zum Einsatz als Phytotherapeutikum
zu verhelfen. Denn ihre oben
aufgeführten Inhaltsstoffe haben radikalabwehrende,
entzündungshemmende, neuro-, kardiound
auch hepatoprotektive Eigenschaften. In
der Volksheilkunde wird die Pflanze in Europa
und Asien bereits seit vielen Jahren erfolgreich
als Adaptogen gegen Stress und Erschöpfung
eingesetzt.
RAT DES APOTHEKERS
◾◾
Einige Fertigpräparate und Darreichungsformen
mit Rosenwurzextrakten
sind in Deutschland als apothekenexklusive
Arzneimittel auf dem
Markt. Ohne Wertung und Erhebung
eines Anspruchs auf Vollständigkeit
seien genannt: RhodioLoges ®
Filmtabletten oder Rhodiolan ® Filmtabletten.
◾◾
Als empfohlene Tagesdosis gelten
200 bis 600 Milligramm Extrakt, was
der Einnahme von zwei bis drei Filmtabletten
der erwähnten Präparate
entspricht oder 20 bis 60 Tropfen einer
standardisierten handelsüblichen
Tinktur (bis zu vier Monate lang).
◾◾
Angesichts eines Trends in der
Bevölkerung zur Rückbesinnung auf
traditionelle Naturheilmittel und
Arzneipflanzen der westlichen und
auch asiatischen Medizin, lassen die
neu entdeckten Wirkungen aus der
Forschung für diese alte Heilpflanze
einiges an Potenzial für die Zukunft
erwarten.
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TOPFIT 1 / 2020
31
Gewinnspiel
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Klinikum der Universität München
Campus Großhadern: Marchioninistraße 15 · 81377 München
Campus Innenstadt: Lindwurmstraße 2a · 80337 München
5. Mai 2020 17 —18.30 Uhr
Gesprächsabende Brustkrebs und gynäkologische Tumorerkrankungen
Im Rahmen von Patientinnenveranstaltungen informiert die Klinik und Poliklinik für
Frauenheilkunde und Geburtshilfe über neue Erkenntnisse und Behandlungsmethoden
bei Brustkrebs und anderen gynäkologischen Tumoren. Im Anschluss an den Vortrag
der jeweiligen Referenten stehen die Experten für individuelle Fragen zur Verfügung.
Weitere Termine: 7. Juli, 15. September
Ort: Klinikum der Universität München, Campus Großhadern, Hörsaal 5, Marchioninistraße
15.
Eintritt frei.
16. Juni 2020 17–18.30 Uhr
Die Krebsberatungsstellen in München stellen sich mit ihren
Schwerpunkten vor
Veranstalter: Lebensmut, TZM und Bayerische Krebsgesellschaft.
Ort: Klinikum der Universität München, Campus Großhadern, Hörsaal 5,
Marchioninistraße 15.
Eintritt frei.
Klinik Thalkirchner Straße
Thalkirchner Straße 48 · 80337 München
22. April 2020 14.30 Uhr
Krampfadern — schonende Therapie mittels Laser und
Radiofrequenz
Referenten: Dr. med.univ. Klaus Bauer, Dr. med. Justin Gabriel Schlager.
Die chronisch venöse Insuffizienz, im Volksmund »Krampfadern« genannt, ist ein häufiges
Problem unter dem viele Menschen leiden. Die Ausprägung kann sehr unterschiedlich
sein, in manchen Fällen liegen kosmetisch störende Besenreiser vor, in anderen
deutlich ausgeprägte gestaute Venen.
In den letzten Jahren hat sich die Therapie von Krampfadern gewandelt. Wo früher
eine OP notwendig war, kann heute in vielen Fällen mittels schonender Laser- oder
Radiofrequenzverfahren behandelt werden.
Im Vortrag werden diese neuen Therapiemethoden detailliert dargestellt, und es wird
darauf eingegangen, für welche Patienten diese infrage kommen.
Ort: Klinik Thalkirchner Straße, Thalkirchner Straße 48, Großer Hörsaal (2. Etage).
Eintritt frei.
Klinikum rechts der Isar
Ismaninger Straße 22 · 81675 München
25. April 2020 ∙ 10 — 14 Uhr
Patienteninformationstag: Prostatakrebs
Die Urologische Klinik und das Roman-Herzog-Krebszentrum, Teil des CCCM,
informieren in dieser Veranstaltung umfassend und ausgewogen über das Thema
»Prostatakrebs«. Neben etablierten Standardverfahren in der Diagnostik und Therapie
soll auf aktuelle Entwicklungen eingegangen werden. Insbesondere zu den Methoden
der Prostatakrebsfrüherkennung und Biopsietechnik wird der aktuelle Stand
der Forschung referiert. Aber auch hinsichtlich der gängigen Diagnostik- und Therapieverfahren
werden neueste Entwicklungen aufgezeigt. Darüber hinaus gibt es
Informationen über unterstützende Maßnahmen durch sportliche Betätigung.
▶ Ort: Klinikum rechts der Isar, Ismaninger Straße 22, Hörsaal A.
▶ Eintritt frei.
Gesundheitsladen München e. V.
Astallerstraße 14 · 80339 München
30. April 2020 17 Uhr
Gesetzlich versichert — privat bezahlen
Referent: Peter Friemelt, Patientenberater im Gesundheitsladen München e. V.
Kassenärzte bieten neben den über die Gesetzlichen Krankenkassen (GKV) abgerechneten
Behandlungen zusätzliche Dienstleistungen an, die PatientInnen selbst bezahlen.
Dazu gehören kosmetische Eingriffe, aber auch Früherkennungsuntersuchungen.
Auch Behandlungsverfahren, die nicht im Leistungskatalog der GKV stehen, weil sie
nicht genügend wissenschaftlich abgesichert sind, werden nicht von der GKV übernommen.
Gibt es sinnvolle IGeL-Leistungen? Wann scheint es eher um zusätzliches
Geld zu gehen? Auf was sollten Sie achten, wenn Sie mit Ihrem Arzt/ Ihrer Ärztin eine
Privatvereinbarung abschließen?
Ort: Gesundheitsladen München e. V., Astallerstraße 14.
Weitere Informationen: Tel. 089 / 77 25 65.
Eintritt: 3,– € (Ermäßigung möglich).
4. Mai 2020 ∙ 17 Uhr
TCE-Infoabende zu Essstörungen
(alle 14 Tage immer montags)
Veranstalter: TCE – Therapie-Centrum für Essstörungen der Klinik für Kinder- und
Jugendmedizin im Klinikum Dritter Orden
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▶ Anmeldung unter Tel. 089 /358047-3 oder online unter
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Sie sich vor Ihrem Besuch beim Veranstalter.
Kurzfristige Änderungen durch den Veranstalter vorbehalten. Wir bitten um Verständnis.
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