der-Bergische-Unternehmer_0520
Das Wirtschaftsmagazin für das Bergische und den Kreis Mettmann
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TITEL INTERVIEW DIE ERZWUNGENE RUHE – KRISE, CHANCEN, WANDEL?
„Vieles wird davon abhängen, wie
schnell wir mit welchem Ergebnis
aus der Krise herauskommen“
In jeder Krise steckt eine Chance. Bei aller Dramatik sieht Rechtsanwalt Frank R. Witte, Sprecher
der Geschäftsführung der Vereinigung Bergischer Unternehmer (VBU®), gute Möglichkeiten, Unternehmen
in post-Corona Zeiten neu und besser aufzustellen.
Herr Witte, welche Sorgen beschäftigen Ihre
Mitgliedsunternehmen derzeit am stärksten?
Das hängt maßgeblich davon ab, wie schnell und
massiv die Unternehmen von den Auswirkungen
der Corona-Pandemie betroffen sind. Wer seine
Waren nicht verkaufen kann, weil Abnehmer ihre
Läden zum Beispiel gar nicht öffnen dürfen, bei
dem konzentrieren sich die Sorgen etwa darauf, ob
schnelle und ausreichende finanzielle Hilfen zur
Verfügung stehen. Hier fragt man sich natürlich,
wie schnell zuständige Behörden Anträge bewilligen
und dann tatsächlich auch Gelder fließen.
In anderen Bereichen, bei denen sich erst zu einem
späteren Zeitpunkt Schwierigkeiten abzeichnen,
stellt man sich beispielsweise folgende Fragen:
- Wie lange reichen die eigenen finanziellen
Ressourcen aus?
- Wie groß ist die Lagerreserve?
- Sind Lieferketten mit Vorprodukten unterbrochen?
- Wie steht es um den grenzüberschreitenden
Warenverkehr?
- Kann ich von woanders Vorprodukte in
entsprechender Qualität beziehen?
- Wie rasch kann geliefert werden?
Sind die staatlichen Hilfen für die Industriebetriebe
ausreichend?
Staatliche Hilfen sind erstaunlich schnell und
auch in überzeugender Größenordnung zur Verfügung
gestellt worden. Sie funktionieren aber
nur, wenn auch deren Bewilligung und Auszahlung
erfolgreich bewältigt werden können. Überwiegend
habe ich den Eindruck, dass dies relativ
gut läuft und insbesondere auch von den kleinen
Unternehmen gut angenommen wird. Für mittlere
und größere Betriebe kann sich dies allerdings
differenziert darstellen.
Natürlich kann es überall auch noch immer „etwas
mehr“ sein. Doch hier gilt es, Augenmaß zu
behalten. Zwar sind wir in der glücklichen Lage,
dass viele öffentliche Kassen durch hohe Steuerüberschüsse
aus den vergangenen Jahren gut gefüllt
sind; doch wir reden hier über Milliarden-
Ausgaben, die irgendwie auch refinanziert
werden müssen. Die Staatsverschuldungen wachsen
jedenfalls ganz beträchtlich.
So mehren sich nach nicht unerheblichen Hilfsprogrammen
für die Unternehmen auch die Stimmen,
die ein zusätzliches Konjunkturprogramm
für den Exit fordern. Hier muss aus meiner Sicht
die Politik aufpassen, nicht falsche Signale zu
senden. Abwrackprämien zum Beispiel für Autos
sind meines Erachtens nicht sonderlich zielführend.
Besser wäre es, Kaufanreize für längerfristige
Investitionen zu setzen, beispielsweise im
Bereich umweltfreundlicher Heizungen für Häuser
etc. Es gibt auch noch viele andere Sektoren,
in denen Deutschland Nachholbedarf hat: Ich
nenne beispielsweise Zukunftsfelder wie Digitalisierung,
Mobilität und Energie. Außerdem ist es
höchste Zeit, jetzt schleunigst die Investitionsbremsen
bei Planungs- und Genehmigungsverfahren
zu lösen.
Nach Aussage der meisten Experten ist die
Pandemie noch lange nicht ausgestanden.
22 www.bvg-menzel.de