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2 Blickpunkt

21.06.2020

„Jesu Herz, dir ew’ge Treue“ –

Die Tradition der

Herz-Jesu-Verehrung in Tirol

Die Historikerin Margareth Lun ist Fachfrau für die

Südtiroler Zeitgeschichte

Oben auf den Hügeln und

Bergen werden landesweit die

Herz-Jesu-Feuer vorbereitet.

Am Herz-Jesu-Sonntag 21. Juni,

werden sie gezündet. Sie gehen

auf das Frühjahr 1796 zurück.

Dort traf der Krieg das Land

Tirol vollkommen überraschend

und unvorbereitet. 1796 traten

in Bozen die Tiroler Landstände

zusammen und beschlossen,

das Land dem „Heiligsten Herz

Jesu“ anzuvertrauen und so

göttlichen Beistand zu erhalten.

Als daraufhin Hofers Truppen in

der Schlacht gegen die Franzosen

und Bayern überraschend

siegten, wurde der Herz-Jesu-Sonntag

zum hohen Feiertag.

Anlässlich dieses Feiertags

wurden in Tirol Feuer entzündet.

Die Herz-Jesu-Feuer werden

heute in vielen Fällen auch von

den Ortsgruppen der Südtiroler

Bauernjugend entzündet und

sind Ausdruck von gelebtem

Brauchtum.

Bald ist es wieder soweit, und am Herz-Jesu-Sonntag wird mit

feierlichen Prozessionen, dem Herz-Jesu-Bundeslied und Bergfeuern

des Gelöbnisses gedacht, das unsere Vorfahren 1796 in

Not und Gefahr vor dem Heiligsten Herzen Jesu abgelegt haben.

Die Herz-Jesu-Verehrung selbst ist aber schon viel älter. Sie geht

auf einen Vers aus dem Johannesevangelium zurück: „Einer der

Soldaten stieß mit der Lanze in seine Seite, und sogleich floss Blut

und Wasser heraus.“ (Joh. 19,34). Erste Impulse zur Herz-Jesu-Verehrung

gingen im 13. Jh. vom deutschen Zisterzienzerkloster

Helfta in Eisleben aus. Im 16. Jh. gelangten die Ideen der

Herz-Jesu-Verehrung nach Frankreich, wo der Hl. Johannes Eudes

1670 die bischöfliche Bewilligung zur Feier des Herz-Jesu-Festes

erhielt. Den größten Einfluss auf den Herz-Jesu-Kult hatte, auch

über Frankreich hinaus, die Nonne Marguerite-Marie Alacoque,

der der Heiland in Visionen zwischen 1673 und 1675 mehrmals

das Herz Jesu gezeigt haben soll.

Große Verbreitung hat die Herz-Jesu-Verehrung aber erst ab 1765

durch die Volksmissionen der Jesuiten sowie durch die sogenannten

Herz-Jesu-Bruderschaften gefunden. Dagegen und gegen den

Herz-Jesu-Kult im Allgemeinen sprachen sich die Aufklärer aus, in

Tirol vor allem die Freimaurer, die 1777 in Innsbruck und 1780

in Bozen eine Loge gegründet hatten. Unter Kaiser Joseph II. war

die Herz-Jesu-Verehrung sogar eine Zeitlang verboten.

Offiziell eingeführt wurde die Herz-Jesu-Verehrung in der Diözese

Brixen im Jahre 1795. Seit 1800 wird das Herz-Jesu-Fest in ganz

Tirol (das damals zu vier Diözesen gehörte) jeweils am dritten

Sonntag nach Pfingsten gefeiert, und 1856 bestimmte Papst Pius

IX. den Freitag nach der Fronleichnams-Oktav zum Gedenktag für

die ganze Kirche. Außerdem heißt der erste Freitag jedes Monats

„Herz-Jesu-Freitag“. Und 1900 weihte Papst Leo XIII. die ganze

Menschheit dem Herzen Jesu.

Historisch erhielt die Herz-Jesu-Verehrung in Tirol vor allem

durch die Ereignisse des Jahres 1796 an Bedeutung, als sich die

Tiroler angesichts der napoleonischen Truppen in einer militärisch

scheinbar aussichtslosen Situation sahen. Und tatsächlich

besetzten die französischen Truppen Ende Jänner 1797 Trient

und Ende März Salurn, Bozen und Brixen.

Damals beschloss der im Bozner Palais Wolkenstein (heute Palais

Toggenburg), dem damaligen Ansitz des Landeshauptmannes,

einberufene Ausschuss der Tiroler Landstände auf Vorschlag des

Stamser Abtes Sebastian Stöckl, mit einem Gelübde an das Herz

Jesu den göttlichen Beistand zu erflehen. Demnach sollte der

Freitag nach Fronleichnam jedes Jahr im ganzen Land als Festtag

zur „Verehrung des göttlichen Herzens“ begangen werden.

Am 3. Juni 1796 wurde dieses Versprechen erstmals feierlich

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