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TIPPS VOM UNTERNEHMENSBERATER<br />
IM GESPRÄCH<br />
Foto © zVg<br />
Brandbeschleuniger und Turbo<br />
Zwei Seiten einer Krise<br />
Unternehmensberater Dominik Lindner<br />
Jeder Unternehmer hat eine sehr individuelle Geschichte zu erzählen, und so individuell<br />
sind auch die Maßnahmen, die er oder sie braucht, um wirtschaftlich zu<br />
überleben. Dominik Lindner ist Partner in einer Unternehmensberatung, die maßgeschneiderte<br />
Geschäftsmodelle entwickelt. Sein Credo lautet: Kundenzentriertheit.<br />
„Das Potenzial eines Unternehmens hängt vor allem von den Kundenbedürfnissen<br />
ab. Die muss man abholen. Auch in der Krise“, erklärt der gebürtige Steirer immer<br />
wieder. Es gibt natürlich keinen pauschalen Rat für alle Branchen. Krise ist nicht<br />
gleich Krise, aber mit wirtschaftlichen Auswirkungen haben fast alle zu kämpfen. Die Frage<br />
ist, wie Unternehmer mit den neuen Rahmenbedingungen umgehen. Nora Schleich<br />
Eine saubere Lagebeurteilung ist in der momentanen Situation<br />
immer das Um und Auf, so Dominik Lindner. „Gerade jetzt muss jeder<br />
Unternehmer zuerst seine Liquidität beurteilen, bedacht einen<br />
Plan fassen und dann schnell handeln. Ob mir ein Überbrückungskredit<br />
hilft, hängt zum Beispiel davon ab, wann ich mein Produkt<br />
verkaufen darf und ob meine Kunden das Produkt kaufen oder die<br />
Dienstleistung in Anspruch nehmen können. Schicke ich Mitarbeiter<br />
in Kurzarbeit? Geht es darum, den Schaden zu minimieren oder<br />
geht es darum, den Umsatz zu optimieren? Diese Fragen müssen<br />
individuell behandelt werden. In der Hektik der Krise werden oft<br />
Fakten und Möglichkeiten übersehen. Wir Unternehmensberater<br />
helfen, Emotionen rauszulassen. Nur dann kann man überlegt,<br />
aber effektiv arbeiten.“ Dominik Lindner zitiert in diesem Zusammenhang<br />
Konfuzius: „Wenn du es eilig hast, geh langsam.“ Die<br />
Krise wird nicht schnell vorbei gehen, die Sanierung wird Zeit in<br />
Anspruch nehmen. Daher ist Geduld eine notwendige Charaktereigenschaft,<br />
um die Krise zu bewältigen.<br />
Neue Rahmenbedingungen, neue Chancen<br />
Corona hat vieles verändert. Unternehmen müssen plötzlich<br />
notgedrungen mit einem Digitalisierungsschub umgehen. Digitalisierungsprojekte<br />
und Ideen, die schon lange in der Schublade<br />
gelegen sind, wurden nun in einer Art „Rosskur“ umgesetzt, und<br />
nun trennt sich die Spreu vom Weizen. „Unternehmen, die vor der<br />
Krise schon flexibel waren, sind nun die großen Gewinner. Die, die<br />
schnell reagieren konnten, werden wie mit einem Turbo in die Zukunft<br />
katapultiert. Unternehmen, die mit ihrem Geschäftsmodell<br />
schon vor Corona gekämpft haben, werden in den nächsten ein bis<br />
zwei Jahren noch größere Probleme haben. Hier wirkt die Krise wie<br />
ein Brandbeschleuniger. Und all jene, die neue Medien gar nicht<br />
bespielen, sind völlig weg. Die Krise verstärkt meiner Meinung nach<br />
in beide Richtungen“, prophezeit der Experte.<br />
Lindner führt weiter aus, dass Homeoffice als Möglichkeit von vielen<br />
Firmen nun auch in Zukunft in Betracht gezogen werden wird.<br />
Online-Konferenzen ebenso. Auch hier muss man aus der „Rosskur“<br />
lernen, Ausfallssicherheit testen und individualisieren. Nicht<br />
für jede Branche, jede Firma und jeden Mitarbeiter ist die neue Art<br />
zu arbeiten lukrativ. „Durch die Krise ist ein Echtbetrieb entstanden,<br />
der nie simuliert geworden wäre, wenn es nicht notwendig gewesen<br />
wäre. Nun müssen Unternehmen die vergangenen Wochen<br />
auswerten. Homeoffice kann Zeit sparen, aber Homeoffice mit<br />
schlechter Internetverbindung und mit drei Kindern im Haus wird<br />
auf Dauer nicht funktionieren.“ Aus der Krise individuell lernen, das<br />
ist es, was es braucht.<br />
„Die Kunden sind die Quelle der Innovation“<br />
Immer wieder kommt Dominik Lindner zum Fokus auf die Kunden<br />
zurück. „Regionalität zum Beispiel ist lobenswert, aber schaut man<br />
sich die Bedürfnisse, Wünsche und Ängste der jeweiligen Kunden<br />
an, muss man den Nutzen der Regionalität für den Kunden hinterfragen.<br />
So kann Regionalität wesentlich sein, wie etwa bei Bioprodukten<br />
oder in der Gastronomie, aber in anderen Branchen ist<br />
dieser Faktor weniger Kaufargument, weit abgeschlagen nach Preis<br />
und Qualität des Produkts zum Beispiel. Dann kann Regionalität<br />
nur ein Nebenargument sein, das vielleicht mit Vertrauen zusammenspielt.<br />
Und genau so muss der Unternehmer das Produkt auch<br />
bewerben.“<br />
Gerade jetzt ist ein Zeitpunkt, seine Marketingstrategie zu überdenken.<br />
Aus der Vergangenheit kann man für die Zukunft momentan<br />
nicht viel mitnehmen, denn die Rahmenbedingungen haben<br />
sich geändert. „Brauche ich das Büro? Brauche ich den Schauraum?<br />
Läuft mein kleines Lokal wirtschaftlich lukrativer, wenn ich<br />
nur ausliefere? Hier muss man mit der feinen Klinge agieren, neu<br />
fokussieren und flexibel sein“, rät Dominik Lindner zu mehr Mut.<br />
Dabei können Außenstehende, die methodisch abgesichert und<br />
pragmatisch vorgehen, helfen. Das können Unternehmensberater<br />
sein, aber auch Steuerberater und Stammkunden seien wichtige<br />
Partner für Veränderung, so Lindner.<br />
JUNI <strong>2020</strong><br />
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