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INFO Mai-Juni 06-2020

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Im Überblick

Ganztagsschule im Blickpunkt

Schule mit Chancen

Verpassen die Schulen in unserem Land gerade eine große Schulentwicklungsaufgabe?

Schulinspektor Christian Alber plädiert für offenere Ganztagsmodelle.

In vielen Ländern der Erde sind Ganztagsschulen

längst Standard. Mittlerweile

erfahren ganztägige Schulformen auch in

unseren Nachbarländern immer stärkere

Unterstützung und wachsende Nachfrage.

So hat Österreich beispielsweise eine Ausbauoffensive

für Ganztagsschulen gestartet

und auch in Deutschland und der Schweiz

werden Modelle der Ganztagsschule aktiv

mit entsprechenden Investitionsprogrammen

gefördert. In Italien nimmt circa ein

Viertel aller Schüler und Schülerinnen

Ganztagsangebote wahr. Ähnlich stellt

sich die Lage an den italienischsprachigen

Schulen im Lande dar. An den deutschsprachigen

Schulen des Landes hingegen ist das

Angebot an Ganztagsschulen seit Jahren

rückläufig.

„Normale“ Schulen und

Ganztagsschulen

Ganztägige Schulformen zeichnen sich

dadurch aus, dass sie viel Zeit und Raum

fürs Lernen bieten. Der erweiterte Zeitrahmen

eröffnet die Möglichkeiten eines vielfältigen

Bildungsangebotes zur Förderung

und Forderung der Lernenden. Individuelles,

leistungsdifferenziertes, fachliches und

soziales Lernen werden im Sinne einer

ganzheitlichen Bildung miteinander verknüpft,

integrative und inklusive Bildung

wird gefördert und die Vereinbarkeit von

Familie und Beruf unterstützt. Dies kommt

auch und besonders sozial benachteiligten

Familien zugute.

Ganztagsschulen sind mehr als Halbtagsschulen

mit Nachmittagsbetreuung und

erfordern einen organisatorischen Umbau

der Schulen. Phasen der Anspannung

müssen sich mit Phasen der Entspannung

abwechseln, Unterrichtsphasen werden mit

Lern- und Übungsangeboten ergänzt. Vor

allem gilt es, Lernzeit und Freizeitangebote

in eine gute Balance zu bringen. Auch die

Zusammenarbeit mit außerschulischen

Partnern (z. B. Musikschulen, Sportvereine,

Jugendtreffs und Jugendzentren) kennzeichnet

Schulen mit Ganztagsangeboten.

Warum ist der Anteil der

Ganztagsschulen in der deutschen

Schule in Südtirol rückläufig?

Diese Frage erscheint insofern berechtigt,

als der Anteil an Ganztagsschulen in anderen

europäischen Ländern kontinuierlich

ansteigt. Ein wesentlicher Grund besteht

wohl darin, dass in Südtirol vor allem das

Modell der gebundenen Ganztagsschule

verbreitet ist, welches die verpflichtende

Teilnahme der Schüler und Schülerinnen

in der Zeit von 8.00 bis 16.00 Uhr an allen

Schultagen in der Woche vorsieht. Familien

wünschen sich aber flexiblere und bedürfnisorientiertere

Modelle. Daher nutzen Familien

lieber die Angebote im Wahlpflichtbereich

und Wahlbereich. Der Nachteil dieser

Form der ganztägigen Betreuung liegt in

der Qualität. Ganztagsschulen verfolgen ein

pädagogisch-organisatorisches Konzept mit

einer Rhythmisierung des Schulalltages und

stellen dadurch die Wirksamkeit der Angebote

sicher.

Offene Modelle andenken

Daher wären Bildungspolitik und Schulen

gut beraten, darüber nachzudenken, ob

unsere derzeitige Form der Begleitung und

Betreuung von Kindern und jungen Menschen

noch zukunftsträchtig ist, oder ob wir

nicht stärker daran arbeiten sollten, das

starre Modell der gebundenen Ganztagsschule

in Richtung eines teilgebundenen

oder offenen Modells weiterzuentwickeln.

Dadurch könnte einerseits die Qualität des

Bildungsangebotes garantiert und andererseits

den individuellen Bedürfnissen der

Familien Rechnung getragen werden. Wenn

das gelänge, könnte die Ganztagsschule in

Zukunft einen nicht unwesentlichen Beitrag

zur Weiterentwicklung der Bildungsqualität

und zu mehr Chancengerechtigkeit leisten.

Christian Alber

Schulinspektor

Ganztägig: sechs Grundschulen,

eine Mittelschule

Im kommenden Schuljahr 2020/2021

gibt es an sechs deutschsprachigen

Grundschulen ein Ganztagsangebot.

Von 20.264 Schülerinnen und

Schülern besuchen somit 627 ein

Ganztagsangebot. Das sind 3,1 Prozent

aller Grundschülerinnen und Grundschüler.

Fünf klassische Ganztagsmodelle gibt

es an der Grundschule (GS) Bruneck

„Bachlechner“, GS Leifers, GS Meran

„Wolkenstein“, GS Bozen „Pestalozzi“, GS

Brixen „Tschurtschenthaler“ und ein

offenes Ganztagsmodell an der GS Bozen

„Goethe“. Bei den Mittelschulen bietet die

Mittelschule „Vigil Raber“ in Sterzing einen

offenen Ganztagsunterricht an, in der

Oberschule gibt es dieses Angebot nicht.

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