Die Kraft des Evangeliums 2/2020
Eine Ausgabe vom Missionswerk Voice of Hope
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Nun geht es mir darum, die Auffassung zu untersuchen,<br />
dass jeder Mann, der ein Christ ist,<br />
predigen könne und predigen solle. Es gibt wohl<br />
Gruppierungen in der Christenheit, die dies ständig<br />
gelehrt haben. Es gab den Slogan: »Gebt dem<br />
Neubekehrten etwas zu tun; sendet ihn aus, um zu predigen<br />
und sein Zeugnis zu geben!«, usw. Es bestand diese<br />
Tendenz, Menschen regelrecht zum Predigen<br />
zu zwingen. Vieles davon kann dem Einfluss von<br />
Charles Finney und D.L. Moody zugeschrieben<br />
werden, die es für eine besonders gute Idee hielten,<br />
den Neubekehrten »etwas zu tun zu geben«.<br />
Aus welchem Grund stehen wir dieser Haltung<br />
zum Predigtdienst kritisch gegenüber? Ich denke,<br />
dass sie daraus entsprang, dass man keinen<br />
Unterschied machte zwischen der Aufforderung<br />
an jeden Christen, »bereit [zu sein] zur Verantwortung<br />
gegenüber jedermann, der Rechenschaft fordert<br />
über die Hoffnung, die in [ihm] ist«, wie Petrus es in 1.<br />
Petrus 3,15 formuliert, und dem missverstandenen<br />
Gedanken, dass jeder Christ das Evangelium<br />
verkündigen sollte. Gewiss sollte jeder Christ erklären<br />
können, warum er ein Christ ist; doch das<br />
bedeutet nicht, dass jeder Christ predigen sollte.<br />
<strong>Die</strong>ser Unterschied kommt auf überaus interessante<br />
Weise in Apostelgeschichte 8,4-5 zum<br />
Ausdruck. Dort erfahren wir im ersten Vers, dass<br />
eine große Verfolgung der Gemeinde in Jerusalem<br />
entstand, und dass außer den Aposteln alle Glieder<br />
der Gemeinde zerstreut wurden. Dann lesen<br />
wir in den Versen 4 und 5: »<strong>Die</strong> Zerstreuten nun gingen<br />
umher und verkündigten das Wort. Philippus aber<br />
ging hinab in eine Stadt Samarias und predigte ihnen<br />
den Christus« (ELB). Manche Übersetzungen haben<br />
in beiden Fällen das Wort »verkündigen« benutzt.<br />
Im Grundtext jedoch wurde nicht in beiden<br />
Versen dasselbe Wort verwendet, und das ist der<br />
entscheidende Unterschied. Was »die Zerstreuten«<br />
taten, kann man, wie jemand vorschlug, mit »besprachen<br />
das Wort«, redeten miteinander darüber,<br />
übersetzen. Philippus dagegen tat etwas anderes:<br />
Er »predigte ihnen den Christus«. Es ist wichtig, dass<br />
ein solcher Unterschied im vorliegenden Text gemacht<br />
werden sollte.<br />
Unser Standpunkt ist also, dass jeder Christ<br />
fähig sein sollte, das zu tun, was im vierten Vers<br />
angedeutet wird, dass aber nur einzelne berufen<br />
sind, das zu tun, was im fünften Vers beschrieben<br />
wird. Im Neuen Testament wird dieser Unterschied<br />
ganz deutlich gemacht; daraus geht hervor,<br />
dass nur bestimmte Leute dazu ausgesondert und<br />
berufen sind, in der Gemeinde die Botschaft zu<br />
predigen. Das ist nämlich den Ältesten vorbehalten,<br />
und auch nur einigen von ihnen, nämlich den<br />
lehrenden Ältesten – den Ältesten, die die Gabe <strong>des</strong><br />
Lehrens empfangen haben, d. h. den Pastoren und<br />
den Lehrern (1.Tim. 5,17). Es ist deutlich, dass das<br />
Predigen im Neuen Testament auf die Apostel, die<br />
Propheten, die Evangelisten und jene anderen erwähnten<br />
Personen beschränkt war (Eph. 4,11-12).<br />
Warum ist dies meines Erachtens so wichtig?<br />
Was ist letztlich die Kritik an der so genannten<br />
»Laienpredigt«? <strong>Die</strong> Antwort läuft darauf hinaus,<br />
dass dabei von einer »Berufung« überhaupt nicht<br />
die Rede zu sein scheint. Es gibt auch noch andere<br />
Gründe, die meiner Beurteilung nach gegen diese<br />
Idee zu sprechen scheinen. Mein Hauptargument<br />
ist, dass ein Prediger nicht lediglich ein Mann ist,<br />
der dazu berufen wurde, sondern <strong>des</strong>sen ganze<br />
Zeit davon beansprucht ist.<br />
Das Predigeramt ist nicht etwas, das man sozusagen<br />
nebenbei ausüben kann. Das ist ein verkehrter<br />
Ansatz und dazu eine falsche Haltung.<br />
Wir wollen dies zunächst im Sinne dieser Frage<br />
der Berufung betrachten.<br />
WAS IST DER PREDIGER?<br />
Nun, offensichtlich ist der Prediger ein Christ wie<br />
jeder andere Christ. Das ist grundlegend und absolut<br />
unerlässlich. Doch er ist noch etwas mehr;<br />
und gerade hier stellt sich die Frage nach einer<br />
Berufung. Ein Prediger ist nicht jemand, der sich<br />
einfach dazu entscheidet, zu predigen; und genauso<br />
wenig, wie er sich dazu entscheidet, zu predigen,<br />
entscheidet er sich, den Predigtdienst als<br />
seine Berufung anzunehmen.<br />
Ich brauche kaum zu sagen, dass eine solche<br />
Meinung völlig falsch ist und dem Bild, das man in<br />
der Bibel erkennt und auch in den Biografien der<br />
großen Prediger über die Jahrhunderte hinweg<br />
sieht, völlig widerspricht.<br />
<strong>Die</strong> Antwort auf diese falsche Auffassung ist,<br />
dass das Predigtamt niemals etwas ist, das ein Mensch<br />
selbst auszuüben beschließt. Vielmehr geschieht es,<br />
dass er sich seiner »Berufung« bewusst wird. <strong>Die</strong><br />
ganze Frage der Berufung ist keine leichte Angelegenheit,<br />
und alle <strong>Die</strong>ner <strong>des</strong> Wortes haben mit ihr<br />
gerungen, weil sie für uns von so entscheidender<br />
Bedeutung ist.<br />
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