24.07.2020 Aufrufe

RA 08/2020 - Entscheidung des Monats

Das OLG befasst sich mit der Strafbarkeit der Verwendung einer fremden ec-Karte beim Bezahlen ohne PIN-Abfrage und kommt zum Ergebnis, dass hier nur der Tatbestand des § 274 I Nr. 2 StGB erfüllt ist.

Das OLG befasst sich mit der Strafbarkeit der Verwendung einer fremden ec-Karte beim Bezahlen ohne PIN-Abfrage und kommt zum Ergebnis, dass hier nur der Tatbestand des § 274 I Nr. 2 StGB erfüllt ist.

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN
  • Keine Tags gefunden...

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

440 Strafrecht <strong>RA</strong> <strong>08</strong>/<strong>2020</strong><br />

Problem: Computerbetrug bei fehlender PIN-Abfrage<br />

Einordnung: Strafrecht BT I/Betrug<br />

OLG Hamm, Beschluss vom 07.04.<strong>2020</strong><br />

4 RVs 12/20<br />

LEITSÄTZE (DER REDAKTION)<br />

1. Bei kontaktlos mit einer ec-Karte<br />

ausgelösten Transaktionen („NFC“)<br />

ohne starke Kundenauthentifizierung<br />

(d.h. ohne Abfrage der PIN)<br />

ist bei einem Auslösen<br />

<strong>des</strong> Vorgangs durch einen Nichtberechtigten<br />

keine Täuschung i.S.v.<br />

§ 263 I StGB über die Berechtigung<br />

zur Kartennutzung gegeben.<br />

2. Mangels Täuschungsäquivalenz<br />

stellt ein solches Verhalten auch<br />

keine unbefugte Verwendung von<br />

Daten i.S.v. § 263a I 3. Fall StGB<br />

dar.<br />

3. Allerdings erfüllt ein solches Verhalten<br />

den Tatbestand der Unterdrückung<br />

beweiserheblicher Daten<br />

gem. § 274 I Nr. 2 StGB.<br />

EINLEITUNG<br />

Das OLG befasst sich mit der Strafbarkeit der Verwendung einer fremden<br />

ec-Karte beim Bezahlen ohne PIN-Abfrage und kommt zum Ergebnis, dass<br />

hier nur der Tatbestand <strong>des</strong> § 274 I Nr. 2 StGB erfüllt ist.<br />

SACHVERHALT<br />

Der Zeuge Z verlor seine Geldbörse, in der sich insb. seine ec-Karte befand, die<br />

ihm von der Sparkasse Sp ausgestellt worden war. Der Angeklagte A gelangte<br />

noch am gleichen Tage in den Besitz der Geldbörse. In dem Wissen, dass ihm<br />

die Karte nicht gehörte und er zur Nutzung nicht berechtigt war, begab er sich<br />

zum H-Markt, einem Getränkemarkt, und tätigte dort bei der Kassiererin K<br />

einen Einkauf im Wert von 12,79 €, indem er die zuvor aufgefundene ec-Karte<br />

auf das Kartenlesegerät zur Bezahlung auflegte (sog. NFC-Verfahren). Da der<br />

Einkauf einen Warenwert unter 25,- € aufwies, war die Eingabe der PIN nicht<br />

erforderlich, was A bekannt war und von diesem bewusst ausgenutzt wurde.<br />

Hat A sich durch die Benutzung der ec-Karte strafbar gemacht?<br />

[Anm.: §§ 202a, 266b, 269, 270, 303a StGB sind nicht zu prüfen.]<br />

PRÜFUNGSSCHEMA: COMPUTERBETRUG, § 263a I 3. Fall StGB<br />

A. Tatbestand<br />

I. Tathandlung: Unbefugte Verwendung von Daten<br />

II. Beeinflussung <strong>des</strong> Ergebnisses eines Datenverarbeitungsvorgangs<br />

III. Vermögensschaden<br />

IV. Kausalität I. – II. und II. – III.<br />

V. Vorsatz bzgl. I. bis IV.<br />

VI. Absicht rechtswidriger und stoffgleicher Bereicherung<br />

B. Rechtswidrigkeit und Schuld<br />

LÖSUNG<br />

A. Strafbarkeit gem. § 263 I StGB<br />

Durch die Verwendung der ec-Karte könnte A sich wegen Betrugs gem.<br />

§ 263 I StGB gegenüber K und zum Nachteil der Sp strafbar gemacht haben.<br />

Täuschung ist jede intellektuelle<br />

Einwirkung auf das Vorstellungsbild<br />

eines anderen, die geeignet ist, eine<br />

Fehlvorstellung über Tatsachen hervorzurufen.<br />

Irrtum ist jede Fehlvorstellung über<br />

Tatsachen.<br />

I. Tatbestand<br />

A müsste zunächst K über Tatsachen getäuscht und bei dieser einen täuschungsbedingten<br />

Irrtum hervorgerufen haben.<br />

„[9] Es konnte insbesondere nicht festgestellt werden, dass der Angeklagte<br />

eine natürliche Person über Tatsachen getäuscht hätte und als Erfolg dieser<br />

Handlung bei dem Täuschungsadressaten ein Irrtum, also eine Fehlvorstellung<br />

über Tatsachen, erregt worden wäre.<br />

© Jura Intensiv Verlags UG & Co. KG


<strong>RA</strong> <strong>08</strong>/<strong>2020</strong><br />

Strafrecht<br />

441<br />

[10] Vor dem Hintergrund der vom Landgericht festgestellten Zahlungsmodalitäten<br />

kann nicht davon ausgegangen werden, dass der Angeklagte<br />

mit dem Einsatz der ec-Karte nach der Verkehrsanschauung konkludent<br />

erklärt hätte, er sei zu ihrer Nutzung berechtigt, und die beteiligten Kassenmitarbeiter<br />

<strong>des</strong> H-Marktes spiegelbildlich dazu wenigstens in Form<br />

eines sachgedanklichen Mitbewusstseins irrig davon ausgegangen wären,<br />

dass der Angeklagte der berechtigte Karteinhaber sei. Die Berechtigung<br />

<strong>des</strong> Angeklagten zur Verwendung der ec-Karte war aus der objektiven<br />

Perspektive <strong>des</strong> an den Zahlungsvorgängen beteiligten Betreibers <strong>des</strong><br />

H-Marktes bzw. den in seinem Lager stehenden Kassenmitarbeitern bei der<br />

kontaktlosen ec-Zahlung ohne PIN-Abfrage ohne rechtliche Relevanz, weil<br />

der Zahlungsausgleich <strong>des</strong> Händlers unabhängig von der Berechtigung<br />

<strong>des</strong> Angeklagten durch die Sp garantiert war.<br />

[11] Bei [dem] hier vorliegenden kontaktlosen [Einsatz] einer ec-Karte wird<br />

die Bezahlung im point of sale-Verfahren („POS“) abgewickelt. Anders als<br />

bei der herkömmlichen Bezahlung im POS-Verfahren, bei welcher<br />

die ec-Karte durch ein Lesegerät gezogen wird, muss bei der kontaktlosen<br />

Bezahlung mittels near field communication-Technologie<br />

(„NFC“) die Karte nicht in das Kartenlesegerät eingesteckt, sondern<br />

nur in <strong>des</strong>sen Nähe gehalten werden, um den elektronischen Zahlungsvorgang<br />

auszulösen. Zudem kann die kartenausgebende Bank<br />

[- wie im vorliegenden Fall -] bei kontaktlos ausgelösten Transaktionen<br />

unter bestimmten Voraussetzungen davon absehen, eine starke Kundenauthentifizierung<br />

zu verlangen. Das bedeutet, dass die Bank<br />

darauf verzichten kann, die zu der ec-Karte gehörige PIN (personal<br />

identification number) abzufragen. Der Verzicht auf die PIN-Abfrage ist<br />

dabei für die beteiligte Bank freiwillig; der am Zahlungsvorgang beteiligte<br />

Händler hat darauf keinerlei Einfluss.<br />

[12] Wird mit einer ec-Karte kontaktlos ein Zahlungsvorgang ausgelöst,<br />

werden die Zahlungsdaten an die Autorisierungszentrale der kartenausgebenden<br />

Bank übermittelt. Dort überprüft ein Computer der<br />

kartenausgebenden Bank, ob die verwendete ec-Karte in keine Sperrdatei<br />

eingetragen ist, der Verfügungsrahmen nicht überschritten wird<br />

und ob die Voraussetzungen für das Absehen von einer PIN-Abfrage<br />

im konkreten Fall vorliegen. Sind diese Voraussetzungen erfüllt,<br />

erteilt der Bankencomputer eine elektronische Autorisierung <strong>des</strong><br />

Umsatzes, die dem am Zahlvorgang beteiligten Händler - vorliegend<br />

dem Betreiber [<strong>des</strong> H-Markts] - übermittelt wird. Mit der positiven<br />

Autorisierung gibt das kartenausgebende Kreditinstitut zugleich die<br />

Erklärung gegenüber dem Händler ab, dass es die Forderung in Höhe<br />

<strong>des</strong> am ec-Terminal autorisierten Betrages begleichen werde.<br />

[13] Im Falle der elektronischen Autorisierung durch die kartenausgebende<br />

Bank erlangt der Händler also unmittelbar eine einredefreie<br />

Forderung gegen die Bank in Höhe <strong>des</strong> autorisierten Betrages. Dies<br />

ist gerade auch dann der Fall, wenn ein Nichtberechtigter die ec-<br />

Karte verwendet hat und auch, wenn die kartenausgebende Bank zuvor<br />

auf die Abfrage der PIN verzichtet hat. […] Für das Entstehen <strong>des</strong> Zahlungsanspruchs<br />

gegen die Bank muss der Händler die Berechtigung <strong>des</strong><br />

kartenvorlegenden Kunden <strong>des</strong>halb weder positiv überprüfen noch muss<br />

er sich diese auch nur vorgestellt haben. Vielmehr genügt es in dieser Hinsicht,<br />

dass der Händler jedenfalls nicht positiv von der Nichtberechtigung<br />

ausgegangen ist.<br />

© Jura Intensiv Verlags UG & Co. KG<br />

Palandt, BGB, § 362 Rn 12<br />

Systematischer Kommentar, StGB,<br />

§ 263 Rn 79


442 Strafrecht <strong>RA</strong> <strong>08</strong>/<strong>2020</strong><br />

Systematischer Kommentar, StGB,<br />

§ 263 Rn 79<br />

[14] Vor dem Hintergrund dieser Zahlungsmodalitäten hatte [K]<br />

vorliegend keinerlei Anlass, sich Vorstellungen über die Berechtigung<br />

<strong>des</strong> Angeklagten zur Kartenverwendung zu machen. Im<br />

Gegenteil [lief] sie vielmehr Gefahr, bei positiver Kenntnis von der<br />

Nichtberechtigung wegen kollusiven Zusammenwirkens mit dem<br />

Kartenverwender ihren Zahlungsanspruch gegen die Sp als kartenausgebender<br />

Bank zu verlieren, weshalb aus Händlersicht gerade<br />

kein Anreiz bestand, über die Berechtigung <strong>des</strong> Angeklagten nachzudenken<br />

und so womöglich bösgläubig zu werden. Auch traf den<br />

Betreiber <strong>des</strong> H-Marktes bzw. seine Kassenmitarbeiter nach den Händlerbedingungen<br />

gegenüber der Sp als kartenausgebender Bank keine<br />

Pflicht, die Berechtigung <strong>des</strong> Angeklagten anderweitig zu überprüfen,<br />

etwa durch Ausweiskontrolle. Damit aber fehlt es an einer Grundlage<br />

für die Annahme, dass der Angeklagte als Kunde seine Berechtigung<br />

zur Kartennutzung nach der Verkehrsanschauung fälschlich konkludent<br />

erklärt hätte und dass die Kassenmitarbeiter wenigstens im Sinne eines<br />

sachgedanklichen Mitbewusstseins einer entsprechenden irrigen Vorstellung<br />

unterlegen wären.“<br />

Es liegen also weder eine Täuschung noch ein Irrtum vor.<br />

II. Ergebnis<br />

A ist nicht strafbar gem. § 263 I StGB.<br />

B. Strafbarkeit gem. § 263a I 3.Fall StGB<br />

Durch das Verwenden der fremden ec-Karte könnte A sich aber wegen Computerbetrugs<br />

gem. § 263a I 3.Fall StGB zum Nachteil der Sp strafbar gemacht<br />

haben.<br />

I. Tatbestand<br />

A müsste eine tatbestandsmäßige Handlung vorgenommen haben; bei<br />

§ 263a I 3.Fall StGB müsste er unbefugt Daten verwendet haben.<br />

„[18] Zwar werden bei dem kontaktlosen Einsatz der ec-Karte im POS-<br />

Verfahren Daten in einem Datenverarbeitungsvorgang im Sinne <strong>des</strong><br />

§ 263a Abs. 1 Var. 3 StGB verwendet. Insofern gilt nichts anderes als bei<br />

einem Einsatz einer ec-Karte in Verbindung mit der PIN im POS-Verfahren.<br />

[19] Diese Datenverwendung war aber nicht unbefugt im Sinne <strong>des</strong> § 263a<br />

Abs. 1 StGB.<br />

Vgl. hierzu Schumacher/Schwein berger,<br />

JU<strong>RA</strong> INTENSIV, Strafrecht BT I,<br />

Rn 601<br />

BGH, Beschluss vom 21.11.2001,<br />

2 StR 260/01, NJW 2002, 905<br />

BGH, Beschluss vom 22.01.2013,<br />

1 StR 416/12, NJW 2013, 26<strong>08</strong>; OLG<br />

Hamm, Beschluss vom <strong>08</strong>.<strong>08</strong>.2013,<br />

III-5 RVs 56/13, NStZ 2014, 275<br />

[20] Die Auslegung <strong>des</strong> Merkmals der „unbefugten” Datenverwendung ist<br />

umstritten. […] Mit § 263a StGB sollte die Strafbarkeitslücke geschlossen<br />

werden, die dadurch entstanden war, dass der Tatbestand <strong>des</strong> Betruges<br />

menschliche <strong>Entscheidung</strong>sprozesse voraussetzt, die bei dem Einsatz<br />

von Computern fehlen. Eine Ausdehnung der Strafbarkeit darüber hinaus<br />

war nicht beabsichtigt. Dem entspricht eine betrugsspezifische Auslegung,<br />

wie sie von der ganz überwiegenden Meinung in Rechtsprechung<br />

und Literatur vertreten wird und welcher sich der Senat anschließt.<br />

[21] Nach der betrugsspezifischen Auslegung ist eine Verwendung von<br />

Daten nur dann ‚unbefugt‘, wenn sie gegenüber einer natürlichen<br />

Person Täuschungscharakter hätte. Um die Vergleichbarkeit sicherzustellen,<br />

ist für die Täuschungsäquivalenz dabei nicht auf einen fiktiven<br />

© Jura Intensiv Verlags UG & Co. KG


<strong>RA</strong> <strong>08</strong>/<strong>2020</strong><br />

Strafrecht<br />

443<br />

Bankangestellten abzustellen, der die Interessen der Bank im Autorisierungsverfahren<br />

einer ec-Zahlung umfassend wahrzunehmen<br />

hat, sondern auf das Vorstellungsbild eines Schalterangestellten,<br />

der sich nur mit den Fragen befasst, die auch der Computer prüft<br />

bzw. für die sich auch im Computerprogramm Ansätze zur Kontrolle<br />

finden.<br />

[22] Gemessen an diesen Maßstäben fehlt es bei den hier vorliegenden<br />

kontaktlosen Einsätzen einer ec-Karte im POS-Verfahren, bei denen die PIN<br />

bei der Bezahlung gerade nicht abgefragt wird, an der Betrugsähnlichkeit.<br />

Denn anders als in den Fällen, in denen der Bankcomputer die PIN vom<br />

Kartenverwender abfragt, wird hierbei die Berechtigung <strong>des</strong>jenigen, der<br />

den elektronischen Zahlungsvorgang durch Vorhalten der Karte vor das<br />

Lesegerät auslöst, gerade nicht durch Anwendung einer starken Kundenauthentifizierung<br />

[…] überprüft. Statt<strong>des</strong>sen überprüft der Computer der<br />

Sp als kartenausgebendem Kreditinstitut in der Autorisierungszentrale<br />

lediglich, ob die Karte in keine Sperrdatei eingetragen ist, der Verfügungsrahmen<br />

nicht überschritten wird und ob die Voraussetzungen für das<br />

Absehen von der PIN-Abfrage […] gegeben sind. Bereits bei Vorliegen<br />

dieser Voraussetzungen erteilt der Bankcomputer eine elektronische Autorisierung<br />

der Zahlung, die dem Händler übermittelt wird. Gegenüber einem<br />

an die Stelle <strong>des</strong> Bankcomputers in der Autorisierungszentrale tretenden<br />

Bankangestellten würden also auch nur die Einhaltung <strong>des</strong> Verfügungsrahmens,<br />

die Nicht-Eintragung in eine Sperrdatei und das Vorliegen der<br />

Voraussetzungen für das Absehen von der starken Kundenauthentifizierung<br />

erklärt. Nicht erklärt würde hingegen, dass die Voraussetzungen<br />

zur vollen Überprüfung der materiellen Berechtigung zur Kartennutzung<br />

vorliegen. Damit aber würde ein fiktiver menschlicher Bankangestellter<br />

an Stelle <strong>des</strong> Bankcomputers auch keinem dahingehenden Irrtum bezüglich<br />

der Berechtigung unterliegen, womit es an der für die Unbefugtheit<br />

erforderlichen Betrugsähnlichkeit fehlt.“<br />

Eine Tathandlung i.S.v. § 263a I 3. Fall StGB ist somit nicht gegeben.<br />

II. Ergebnis<br />

A ist nicht strafbar gem. § 263a I StGB.<br />

C. Strafbarkeit gem. § 274 I Nr. 2 StGB<br />

Durch das Verwenden der ec-Karte könnte A sich jedoch wegen Unterdrückung<br />

beweiserheblicher Daten gem. § 274 I Nr. 2 StGB strafbar<br />

gemacht haben.<br />

I. Tatbestand<br />

1. Beweiserhebliche Daten<br />

„[35] Die erforderlichen beweiserheblichen Daten ergeben sich in diesem<br />

Kontext aus der Höhe <strong>des</strong> Verfügungsrahmens sowie den Umständen<br />

der bisherigen Karteneinsätze seit der letzten PIN-Abfrage […], die im<br />

Computer der Autorisierungszentrale bzw. auf dem Chip der ec-Karte<br />

gespeichert werden.<br />

© Jura Intensiv Verlags UG & Co. KG


444 Strafrecht <strong>RA</strong> <strong>08</strong>/<strong>2020</strong><br />

Für bloße Beweiserheblichkeit: Schönke/<br />

Schröder, StGB, § 274 Rn 22c<br />

Für Urkundengleichheit: OLG Nürnberg,<br />

Beschluss vom 23.01.2013, 1 Ws 445/12,<br />

StV 2014, 296<br />

Prüfung der Voraussetzungen einer<br />

Urkunde zur Feststellung der Urkundengleichheit<br />

[36] Dabei kann dahinstehen, ob der Begriff der Daten im Sinne <strong>des</strong> § 274<br />

Abs. 1 Nr. 2 StGB lediglich erfordert, dass die Daten beweiserheblich sind,<br />

oder ob die Daten darüber hinaus wie auch im Rahmen <strong>des</strong> § 269 StGB<br />

urkundengleich sein müssen. Denn die hier relevanten Daten <strong>des</strong> Verfügungsrahmens<br />

und der Umstände der bisherigen Karteneinsätze weisen<br />

jedenfalls Urkundengleichheit auf.<br />

[37] Der noch bestehende Verfügungsrahmen sowie die Umstände der<br />

bisherigen Kartennutzung seit der letzten PIN-Abfrage stellen Gedankenerklärungen<br />

dar, die durch die Speicherung im Autorisierungssystem bzw.<br />

auf dem Chip der ec-Karte perpetuiert sind. Weiterhin sind diese Daten<br />

auch beweiserheblich, weil sie für die Autorisierung weiterer Bezahlvorgänge<br />

mit der ec-Karte relevant sind. Nur wenn der Verfügungsrahmen<br />

noch nicht ausgeschöpft ist und in Bezug auf die Umstände der bisherigen<br />

Kartennutzung die Voraussetzungen […] für das Absehen von der PIN-<br />

Abfrage erfüllt sind, erteilt die kartenausgebende Bank im POS-Verfahren<br />

die Autorisierung der Zahlung (ohne PIN-Abfrage). Anders als im Hinblick<br />

auf die Transaktionsdaten ist in Bezug auf den Verfügungsrahmen und die<br />

Umstände der bisherigen Kartennutzung auch die Garantiefunktion <strong>des</strong><br />

Urkundenbegriffs erfüllt. Es ist nämlich die kartenausstellende Bank als<br />

Aussteller dieser Daten […] erkennbar.“<br />

2. Keine ausschließliche Verfügungsbefugnis<br />

„[38] Über diese Daten durfte der Angeklagte auch nicht verfügen.<br />

Das Tatbestandsmerkmal der Verfügungsbefugnis bezieht sich im § 274<br />

Abs. 1 Nr. 2 StGB auf das Recht, mit den Daten im Rechtsverkehr Beweis<br />

zu erbringen. Dieses Recht stand dem Angeklagten als Nichtberechtigtem<br />

nicht zu, sondern vielmehr dem Zeugen [Z] als berechtigtem Karteninhaber<br />

bzw. der Sp als kartenausgebendem Kreditinstitut.“<br />

3. Tathandlung<br />

„[39] Mit dem Einsatz der ec-Karte durch den Angeklagten im POS-<br />

Verfahren wurden diese Daten schließlich überschrieben, also gelöscht,<br />

bzw. verändert im Sinne der Norm.“<br />

4. Subjektiver Tatbestand<br />

„[40] Nach den Feststellungen <strong>des</strong> Landgerichts handelte der Angeklagte<br />

auch vorsätzlich. Er hat danach die beschriebenen Vorgänge in seiner Laiensphäre<br />

nachvollzogen und die Verwirklichung der Umstände, die den<br />

objektiven Tatbestand ausmachen, zumin<strong>des</strong>t für möglich gehalten und<br />

billigend in Kauf genommen. Zudem hat er auch mit der erforderlichen<br />

Nachteilzufügungsabsicht gehandelt. Denn er hat in dem Bewusstsein<br />

gehandelt, dass notwendige Folge seiner Tat der Nachteil <strong>des</strong> Berechtigten<br />

ist, mit der Urkunde keinen Beweis mehr führen zu können.“<br />

II. Rechtswidrigkeit und Schuld<br />

A handelte rechtswidrig und schuldhaft.<br />

III. Ergebnis<br />

A ist strafbar gem. § 274 I Nr. 2 StGB.<br />

© Jura Intensiv Verlags UG & Co. KG


© Syda Productions - stock.adobe.com<br />

Examenstipps Digital für das Öffentliche Recht:<br />

Länderspezifische Tipps für das Examen<br />

Sie wünschen sich eine verlässliche Quelle, die Ihnen<br />

mitteilt, was im Examen laufen könnte, ohne stundenlang<br />

im Netz zu recherchieren?<br />

Nutzen Sie Ihre Zeit in der Examensvorbereitung mit<br />

unseren Examenstipps noch effektiver und konzentrieren<br />

Sie sich auf die inhaltliche Bearbeitung.<br />

nur<br />

8,99 €<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

Laufende Aktualisierungen<br />

Einordnung der Examensprobleme<br />

Direkte Verweise zum Crashkursskript<br />

Infos zu Examenstreffern aus dem<br />

1. und 2. Staatsexamen<br />

Aktuell erhältlich für:<br />

Baden-Württemberg, Berlin,<br />

Brandenburg, Hamburg, Hessen,<br />

NRW, Rheinland-Pfalz, Saarland,<br />

Sachsen<br />

Einmal<br />

zahlen<br />

Immer<br />

aktuell<br />

Direkt online<br />

im Shop bestellen!<br />

verlag.jura-intensiv.de /digitale-produkte


ZUM SHOP<br />

Geschmack auf mehr?<br />

Die VOLLVERSION gibt‘s hier!<br />

<strong>RA</strong> <strong>08</strong>/<strong>2020</strong><br />

Unsere Zeitschrift<br />

ist als Print- &<br />

Digitalausgabe<br />

erhältlich.<br />

Ab<br />

4,99 €<br />

Weitere Informationen zu unseren <strong>RA</strong>-Optionen<br />

gibt es in unserem Online-Shop!<br />

verlag.jura-intensiv.de/ra-ausbildungszeitschrift

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!