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Das Wirtschaftsmagazin für das Bergische und Kreis Mettmann

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seine 200.000 Beschäftigten, incl. der Beschäftigten

in der Muttergesellschaft Alphabet, nicht nur

bis Januar 2021, sondern sogar bis Juli 2021 noch

von zu Hause arbeiten lassen wolle.

Gerade in Industrieunternehmen wird die Belegschaft

durch die Homeoffice-Regelungen

geteilt. Büroangestellte bekommen diese Möglichkeit,

Menschen, die im Produktionsprozess

eingebunden sind und deren Arbeitskraft physisch

benötigt wird, erhalten sie nicht. Wie

kann ein Unternehmen hier Unmut unter den

Beschäftigten vermeiden? Muss nicht für

Ausgleich, etwa bei der Arbeitszeit gesorgt

werden? Denn alleine die Vorteile gewonnener

Freizeit durch den Wegfall der Fahrt zur Arbeit

liegen ja schon auf der Hand.

Bei den Industrieunternehmen sind manchmal

nicht die Produktionsbeschäftigten die Gegner

der Mobilen Arbeit, sondern die Betriebsräte, die

auch die Bürobeschäftigten vertreten. Sie befürchten,

dass sich die Beschäftigten zu Hause

selbst „ausbeuten“, weil sie länger und mehr arbeiten

als sie müssten oder weil die technische

Ausstattung des Arbeitsplatzes unzureichend sei,

wenn die Beschäftigten mit einem kleinen Laptop-Bildschirm

auskommen müssten oder weil sie

die Arbeitsschutzregelungen nicht kennen. Auch

Isolation oder Entfremdung von der Firma oder

den Kollegen wird oft als Argument dagegen angeführt.

Aber es gibt in der Tat auch solche Unternehmen,

in denen die gewerblichen Beschäftigten nach einem

Ausgleich für „entgangene Telearbeit“ mit

dem Vorteil eingesparter Pendelzeit und eingesparter

Kosten fragen. Unternehmen finden hier meist

gute Lösungen. Und nicht zu vergessen: auch in

der Produktion hat die Digitalisierung schon Einzug

gehalten – für die Überwachung von Produktionsabläufen

ist beispielsweise vielfach keine physische

Präsenz mehr nötig, sondern dies kann auch

vom heimischen Computer aus geschehen.

Wäre es aus Ihrer Sicht sinnvoll, wenn es gesetzliche

Regelungen zur Heimarbeit geben

würde? Entsprechende Forderungen bzw. Anregungen

gab es ja bereits aus der Politik.

Ja, wir haben auch die Forderungen, die Wünsche

und die Absichten wahrgenommen, aber noch

liegt kein Referentenentwurf eines solchen Gesetzes

vor – weder zum Recht auf „Mobiles Arbeiten“

noch zum Recht auf „Telearbeit“. In verschiedenen

Medien war nur zu lesen, dass Fragen

wie Arbeitsschutz und Erreichbarkeit in dem Gesetz

geregelt werden sollten.

Und nein, wir halten solch ein Gesetz für überflüssig.

Wir sehen in der Praxis, dass die Sozialpartner

und Betriebsparteien dies ohne den Gesetzgeber

gut meistern können: Beispielsweise

haben Konzernpersonalvorstand und Gesamtbetriebsrat

von Daimler schon im Sommer 2016 unter

großer Beteiligung der Belegschaft eine Konzernbetriebsvereinbarung

geschaffen, die „allen

Beschäftigten der Daimler AG ein grundsätzliches

Recht gewährt, mobil zu arbeiten, wenn dies

mit der jeweiligen Aufgabe vereinbar ist“. Und

das ist ja für ein technik-orientiertes Unternehmen

erstaunlich. Bosch hatte eine solche Betriebsvereinbarung

schon 2014. Viele kleinere

Unternehmen haben längst nachgezogen und haben

Vereinbarungen zu „Mobiler Arbeit“ entwickelt.

Welches Arbeitsmodell können Sie sich zukünftig

vorstellen? Mit anderen Worten: Wird

es einen Mix aus Präsenz am Arbeitsplatz und

Homeoffice geben?

Ja, auf jeden Fall. Schon als wir 1999 bei unserem

ersten Telearbeitsprojekt Betriebe bei der Einführung

von Telearbeit begleitet haben und dafür von

der Europäischen Kommission für den „Europäischen

Telearbeitspreis“ nominiert wurden, haben

wir den Betrieben geraten, die Form der „alternierenden

Telearbeit“ einzuführen und flexible

Absprachen zwischen den Beschäftigten, ihren

Teams und den Vorgesetzten zu ermöglichen.

Das hat sich auf Dauer in den Unternehmen bewährt:

Arbeitszufriedenheit und Produktivität

stiegen, Fehlzeitenquote und Fluktuation sanken.

Viele Geschäftsführer sagten uns damals schon:

„Schade, dass wir nicht früher damit begonnen

haben“.

Das Gespräch führte Stefanie Bona

Foto: Institut der deutschen Wirtschaft

(IW)

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