der-Bergische-Unternehmer_0820
Das Wirtschaftsmagazin für das Bergische und Kreis Mettmann
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seine 200.000 Beschäftigten, incl. der Beschäftigten
in der Muttergesellschaft Alphabet, nicht nur
bis Januar 2021, sondern sogar bis Juli 2021 noch
von zu Hause arbeiten lassen wolle.
Gerade in Industrieunternehmen wird die Belegschaft
durch die Homeoffice-Regelungen
geteilt. Büroangestellte bekommen diese Möglichkeit,
Menschen, die im Produktionsprozess
eingebunden sind und deren Arbeitskraft physisch
benötigt wird, erhalten sie nicht. Wie
kann ein Unternehmen hier Unmut unter den
Beschäftigten vermeiden? Muss nicht für
Ausgleich, etwa bei der Arbeitszeit gesorgt
werden? Denn alleine die Vorteile gewonnener
Freizeit durch den Wegfall der Fahrt zur Arbeit
liegen ja schon auf der Hand.
Bei den Industrieunternehmen sind manchmal
nicht die Produktionsbeschäftigten die Gegner
der Mobilen Arbeit, sondern die Betriebsräte, die
auch die Bürobeschäftigten vertreten. Sie befürchten,
dass sich die Beschäftigten zu Hause
selbst „ausbeuten“, weil sie länger und mehr arbeiten
als sie müssten oder weil die technische
Ausstattung des Arbeitsplatzes unzureichend sei,
wenn die Beschäftigten mit einem kleinen Laptop-Bildschirm
auskommen müssten oder weil sie
die Arbeitsschutzregelungen nicht kennen. Auch
Isolation oder Entfremdung von der Firma oder
den Kollegen wird oft als Argument dagegen angeführt.
Aber es gibt in der Tat auch solche Unternehmen,
in denen die gewerblichen Beschäftigten nach einem
Ausgleich für „entgangene Telearbeit“ mit
dem Vorteil eingesparter Pendelzeit und eingesparter
Kosten fragen. Unternehmen finden hier meist
gute Lösungen. Und nicht zu vergessen: auch in
der Produktion hat die Digitalisierung schon Einzug
gehalten – für die Überwachung von Produktionsabläufen
ist beispielsweise vielfach keine physische
Präsenz mehr nötig, sondern dies kann auch
vom heimischen Computer aus geschehen.
Wäre es aus Ihrer Sicht sinnvoll, wenn es gesetzliche
Regelungen zur Heimarbeit geben
würde? Entsprechende Forderungen bzw. Anregungen
gab es ja bereits aus der Politik.
Ja, wir haben auch die Forderungen, die Wünsche
und die Absichten wahrgenommen, aber noch
liegt kein Referentenentwurf eines solchen Gesetzes
vor – weder zum Recht auf „Mobiles Arbeiten“
noch zum Recht auf „Telearbeit“. In verschiedenen
Medien war nur zu lesen, dass Fragen
wie Arbeitsschutz und Erreichbarkeit in dem Gesetz
geregelt werden sollten.
Und nein, wir halten solch ein Gesetz für überflüssig.
Wir sehen in der Praxis, dass die Sozialpartner
und Betriebsparteien dies ohne den Gesetzgeber
gut meistern können: Beispielsweise
haben Konzernpersonalvorstand und Gesamtbetriebsrat
von Daimler schon im Sommer 2016 unter
großer Beteiligung der Belegschaft eine Konzernbetriebsvereinbarung
geschaffen, die „allen
Beschäftigten der Daimler AG ein grundsätzliches
Recht gewährt, mobil zu arbeiten, wenn dies
mit der jeweiligen Aufgabe vereinbar ist“. Und
das ist ja für ein technik-orientiertes Unternehmen
erstaunlich. Bosch hatte eine solche Betriebsvereinbarung
schon 2014. Viele kleinere
Unternehmen haben längst nachgezogen und haben
Vereinbarungen zu „Mobiler Arbeit“ entwickelt.
Welches Arbeitsmodell können Sie sich zukünftig
vorstellen? Mit anderen Worten: Wird
es einen Mix aus Präsenz am Arbeitsplatz und
Homeoffice geben?
Ja, auf jeden Fall. Schon als wir 1999 bei unserem
ersten Telearbeitsprojekt Betriebe bei der Einführung
von Telearbeit begleitet haben und dafür von
der Europäischen Kommission für den „Europäischen
Telearbeitspreis“ nominiert wurden, haben
wir den Betrieben geraten, die Form der „alternierenden
Telearbeit“ einzuführen und flexible
Absprachen zwischen den Beschäftigten, ihren
Teams und den Vorgesetzten zu ermöglichen.
Das hat sich auf Dauer in den Unternehmen bewährt:
Arbeitszufriedenheit und Produktivität
stiegen, Fehlzeitenquote und Fluktuation sanken.
Viele Geschäftsführer sagten uns damals schon:
„Schade, dass wir nicht früher damit begonnen
haben“.
Das Gespräch führte Stefanie Bona
Foto: Institut der deutschen Wirtschaft
(IW)
der Bergische Unternehmer 08 |20 25