Geistiges Eigentum und die Entwicklung der ... - Florian Felix Weyh
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526 <strong>Florian</strong> <strong>Felix</strong> <strong>Weyh</strong><br />
„Nur was nicht je<strong>der</strong> kann, was also <strong>die</strong>sem Urheber persönlich zugerechnet werden kann,<br />
steht unter dem Schutz des Urheberrechts." 10<br />
Nicht darunter fällt <strong>die</strong> Substanz, <strong>die</strong> Idee an sich. Sie ist frei, ganz gleich, wer<br />
sie zuerst ersinnt. Erst wenn sie Nie<strong>der</strong>schlag in einer konkreten Gestalt findet,<br />
einem Kunstwerk o<strong>der</strong> einer patentfähigen Konstruktionszeichnung, gehört sie<br />
zu den schützenswerten Gütern. In <strong>der</strong> Praxis sind Ideen allerdings Rohstoffe,<br />
<strong>und</strong> ideenverschlingende Branchen wie das Fernsehen gehen immer mehr dazu<br />
über, darauf Honorare zu bezahlen. Juristisch ist das ebensolcher Unsinn wie <strong>die</strong><br />
Praktiken des Scheckbuch-Journalismus:<br />
„An wirklichen Geschehnissen erwächst kein Urheberrecht. (...) Es ist ein weitverbreiteter<br />
Irrglaube, man könne <strong>die</strong> 'Story seines Lebens' an eine Illustrierte verkaufen mit <strong>der</strong> Folge,<br />
daß <strong>die</strong>se daran ein Ausschließungsrecht erwerbe." 11<br />
Diesen Irrglauben lassen sich <strong>die</strong> Pressekonzerne beträchtliche Summen kosten.<br />
Als Gegenleistung erhalten sie Informationen ein bißchen früher als <strong>die</strong> Konkurrenz,<br />
<strong>und</strong> man mag geneigt sein, ihnen irrationales Verhalten zu unterstellen.<br />
Auf den zweiten Blick sieht das schon an<strong>der</strong>s aus. Die Me<strong>die</strong>nbranche traut<br />
<strong>der</strong> Rechtsprechung, <strong>die</strong> aus dem Geist <strong>der</strong> Gedankenfreiheit öffentliche Areale<br />
freigehalten hat, nicht mehr über den Weg. Zum einen, weil sie ein originäres<br />
Interesse daran hat, den Zustand zu än<strong>der</strong>n <strong>und</strong> ihre Claims in den öffentlichen<br />
Arealen abzustecken, zum an<strong>der</strong>en, weil ein Blick in <strong>die</strong> Rechtsentwicklung genügt,<br />
um ein jähes Anwachsen an „geistigen Leistungen" zu entdecken. Da kann man<br />
es schon mal darauf angelegt sein lassen, <strong>die</strong> Schutzfähigkeit von Ideen in praxi<br />
durchzusetzen, indem man ihnen mit dem freiwilligen Anerkennungshonorar<br />
einen Weg ins Bewußtsein bahnt. Nach aller historischen Erfahrung wird sich <strong>die</strong><br />
Rechtsordnung irgendwann <strong>der</strong> „normativen Kraft des Faktischen" beugen. Selbst<br />
für <strong>die</strong> Großen des Marktes ein gefährliches Spiel, denn sollten Ideen tatsächlich<br />
eine Art „Ideenschutz" genießen, sei es auch nur für Showkonzepte des Unterhaltungsfernsehens,<br />
würde sie <strong>der</strong> wirtschaftlich Stärkste aufkaufen <strong>und</strong> damit<br />
jegliche Innovation lahmlegen.<br />
Schwarzmalerei? Dem klassischen Urheber- <strong>und</strong> Patentrecht wurden in den<br />
vergangenen Jahrzehnten immer mehr Nebenrechte beigeordnet, über <strong>der</strong>en Notwendigkeit<br />
sich prinzipiell wie im Einzelfall streiten ließe. Schon für einen nicht<br />
spezialisierten Juristen ist <strong>der</strong> Terrain kaum zu überblicken, dem Laien, auch dem<br />
betroffenen, ist es unmöglich. Er mag aber entdecken, daß je jünger <strong>die</strong>se Verordnungen<br />
sind, ihre wirtschaftliche Opportunität um so deutlicher ins Auge springt,<br />
etwa beim Halbleitergesetz von 1987 o<strong>der</strong> den jüngsten Computerrichtlinien <strong>der</strong><br />
EG. Im letzten Interview vor seinem plötzlichen Tod gab Vilem Flusser das richtige<br />
Stichwort dazu:<br />
10 Fromm/Nordemann, S. 58.<br />
11 Fromm/Nordemann, S. 147.