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Geistiges Eigentum und die Entwicklung der ... - Florian Felix Weyh

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112 <strong>Florian</strong> <strong>Felix</strong> <strong>Weyh</strong><br />

vor herrscht für beide Seiten - den Großkonzern wie den Autor - Vertragsfreiheit,<br />

lediglich begrenzt durch <strong>die</strong> „Allgemeinen Geschäftsbedingungen" des Zivilrechtes.<br />

Das macht in einer liberalen Wirtschaftsordnung Sinn, <strong>die</strong> von <strong>der</strong> Kräftegleichheit<br />

<strong>der</strong> Geschäftspartner ausgeht, wirkt sich aber im Verhältnis zwischen<br />

Urhebern <strong>und</strong> Me<strong>die</strong>nkonzernen fatal aus; <strong>die</strong> „buy-out"-Tendenzen sprechen<br />

Bände.<br />

Wilhelm Nordemann, prominenter Urheberrechtler aus Berlin, hat schon vor<br />

Jahren einen detaillierten <strong>und</strong> sorgfältig ausformulierten Gesetzesvorschlag vorgelegt,<br />

doch in den Bonner Amtsstuben weht ein an<strong>der</strong>er Wind. Viel eher will<br />

man den Staat aus seiner kulturstaatlichen Verantwortung entlassen, als ihn weiter<br />

in <strong>die</strong> Pflicht zu nehmen. Die stückweise Aufgabe des öffentlich-rechtlichen R<strong>und</strong>funksystems,<br />

<strong>die</strong> stete Bedrohung <strong>der</strong> Buchpreisbindung durch internationale<br />

Handelsabkommen, <strong>die</strong> schleichende Entwertung des Urheberpersönlichkeitsrechtes<br />

lassen wenig Hoffnung aufkommen. Selbst <strong>der</strong> betont urheberfre<strong>und</strong>liche Chefreferent<br />

<strong>der</strong> EG-Kommission, Jean-Francois Verstrynge, präsentierte auf einem<br />

Kongreß <strong>der</strong> „Verwertungsgesellschaft Wort" im Oktober 1992 eine düstere Vision:<br />

„Wenn wir nicht jedes Mal <strong>die</strong> Exklusivität eines Rechts durchsetzen können, weil wir<br />

nicht jedem Bürger einen Polizisten für Überwachungszwecke zuteilen können, wenn wir<br />

jedes Mal nur reagieren durch <strong>die</strong> Schaffung eines bloßen Vergütungsanspruchs, bewegen<br />

wir das Urheberrecht allmählich weg von seiner Natur als f<strong>und</strong>amentalem Recht in<br />

Richtung eines Besteuerungssystems. Die erste solche Bewegung fand beim privaten<br />

Kopieren bis zur Reprographie statt. Wenn sich das ohne eine Reaktion fortsetzt, wird das<br />

Urheberrecht in 30 Jahren tot sein." 30<br />

Das wird es. Der klassische Urheber ebenfalls. Wie in den großen Industrien des<br />

19. Jahrh<strong>und</strong>erts transformiert er sich in einen Arbeitnehmer, <strong>der</strong> auf Anfor<strong>der</strong>ung<br />

Ware herstellt, auch wenn sich <strong>der</strong> kreative Prozeß gegen industrielle Zugriffe<br />

sperrt. Vom Ausdrucksgewerbe zum Informationsbetrieb: ein Gewinn an Märkten,<br />

ein Verlust an Seele.<br />

29 In einzelnen Punkten zeigte sich hier das Urheber- <strong>und</strong> Urhebervertragsrecht <strong>der</strong> DDR<br />

fortschrittlicher, auch wenn es sich ebenfalls um überwiegend nachgiebiges, d.h. in<br />

Verhandlungen abdingbares Recht handelte.<br />

30 Verstrynge, S. 89.<br />

Literatur <strong>und</strong> Quellen für Teil 1 <strong>und</strong> II<br />

Amtsblatt <strong>der</strong> Europäischen Gemeinschaften Nr. L122/42 vom 17.5.1991.<br />

Beck-Texte, 1990: Patent- <strong>und</strong> Musterrecht, München.<br />

Bosse, Heinrich, 1981: Autorschaft ist Werkherrschaft, München.<br />

Bismarck/Gaus/Kluge/Sieger, 1985: Industrialisierung des Bewußtseins, München.<br />

Brecht, Bert, 1960: Das Dreigroschenbuch, Frankfurt a.M.

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