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Geistiges Eigentum und die Entwicklung der ... - Florian Felix Weyh

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<strong>Florian</strong> <strong>Felix</strong> <strong>Weyh</strong><br />

<strong>Geistiges</strong> <strong>Eigentum</strong> <strong>und</strong> <strong>die</strong> <strong>Entwicklung</strong> <strong>der</strong><br />

Kommunikationstechnik, Teil I: Vom Buchdruck zu den<br />

Copyright-Industries<br />

I. Wer richtig handelt, ver<strong>die</strong>nt das Geld<br />

„Ich habe eine Frage an Mr. Roberts: War <strong>die</strong> Szene<br />

im Wachsmuseum zwischen Ihnen <strong>und</strong> Sandy Bates<br />

eine Hommage an den Horrorfilm The House of Wax<br />

mit Vincent Price?" - „Eine Hommage? Nein, nicht<br />

direkt. Wir haben nur <strong>die</strong> Idee geklaut."<br />

Woody Allen STARDUST MEMORIES<br />

Bill Gates ist ein reicher Mann. Vielleicht sogar <strong>der</strong> reichste seines Landes, <strong>und</strong><br />

das will in den Vereinigten Staaten etwas heißen. Dort muß man sehr reich sein,<br />

um als reichster Mann überhaupt in Erwägung gezogen zu werden, ein paar<br />

lumpige Millionen tun es nicht. Gates' Vermögen wird von <strong>der</strong> Wirtschaftspresse<br />

auf r<strong>und</strong> 61/2 Milliarden Dollar geschätzt - Privatvermögen wohlgemerkt, kein<br />

geschäftliches Kapital. Dem Acht<strong>und</strong>dreißigjährigen wurden bereits drei Biografien<br />

auf den Leibe geschrieben, denn sein Aufstieg vom Informatikstudenten zum<br />

Milliardär in weniger als zwanzig Jahren ist selbst innerhalb <strong>der</strong> amerikanischen<br />

Leistungsgesellschaft ohne Beispiel. Anfang <strong>der</strong> achtziger Jahre entwickelte er das<br />

Computerbetriebssystem MS-DOS <strong>und</strong> gründete, darauf basierend, <strong>die</strong> Firma<br />

Microsoft. Im Windschatten des Branchenriesen IBM, dessen Maschinen <strong>der</strong> Erfolgsuntemehmer<br />

jahrelang exklusiv versorgte, mauserte sich Microsoft zur größten<br />

Programmierwerkstatt <strong>der</strong> Welt.<br />

George Holliday ist ein armer Mann, den <strong>die</strong> Summe von 500 Dollar noch zu<br />

verlocken vermag. Möglicherweise heißt er auch Harry Jones, Paul Miller o<strong>der</strong><br />

Jack Farmer. Er ist so arm, daß <strong>die</strong> Geschichtsschreibung auf seinen Namen verzichtet,<br />

obwohl er eine nicht unbedeutende Rolle darin spielt. Nennen wir ihn:<br />

den Augenzeugen. Am 3. März 1991 beobachtet <strong>der</strong> Augenzeuge in seiner Heimatstadt<br />

Los Angeles, wie vier weiße Polizisten einen schwarzen Autofahrer mißhandeln.<br />

Aus dem Vorfall wird geraume Zeit später ein Anlaß, <strong>der</strong> Anlaß zu<br />

blutigen Rassenunruhen, <strong>die</strong> ganz Amerika erschüttern. Der Augenzeuge ist aber<br />

nicht nur persönlich anwesend, er trägt auch eine Videokamera bei sich. Damit<br />

wird er zum Produzenten von Information, <strong>der</strong> nicht nur juristische Bedeutung<br />

im Prozeß gegen <strong>die</strong> Polizisten zukommt; sie hat auch einen Wert. Ihn schätzt <strong>der</strong>


518 <strong>Florian</strong> <strong>Felix</strong> <strong>Weyh</strong><br />

Augenzeuge auf phantastische 500 Dollar <strong>und</strong> verkauft zu <strong>die</strong>sem Preis das Videoband<br />

an den Me<strong>die</strong>nriesen NBC. Nach dem Freispruch <strong>der</strong> vier Polizisten, <strong>der</strong><br />

<strong>die</strong> Rassenkrawalle auslöst, setzt NBC ein Vielfaches <strong>der</strong> gezahlten Summe um.<br />

Das Band geht über alle Fernsehsen<strong>der</strong> <strong>der</strong> Welt <strong>und</strong> amortisiert sich mit astronomischer<br />

Geschwindigkeit.<br />

Bill Gates <strong>und</strong> <strong>der</strong> unbekannte Augenzeuge besitzen über ihre Nationalität<br />

hinaus eine Gemeinsamkeit: Ihre Entdeckungen beziehen sich nicht mehr auf<br />

unbekannte Kontinente <strong>und</strong> sagenhafte Goldschätze, son<strong>der</strong>n auf imaginäre Waren.<br />

Diese Waren existieren nur als Code o<strong>der</strong> Gedanke, als Bild o<strong>der</strong> Sequenz.<br />

Man muß allerdings realisieren, daß es sich um Waren handelt, losgelöst vom<br />

Wert des Trägermaterials. In <strong>die</strong>sem Sinne verhält sich <strong>der</strong> Augenzeuge antiquiert,<br />

<strong>der</strong> glaubt, er habe ein gutes Geschäft gemacht, indem er eine bestimmte Summe<br />

auf den Materialwert <strong>der</strong> Videocassette aufschlägt. Das gute Geschäft machen <strong>die</strong><br />

Händler des Imaginären, <strong>und</strong> Bill Gates' Erfolg beruht nur zum kleineren Teil auf<br />

seinem Programmiertalent; zum größeren verdankt er sich seinem kaufmännischen<br />

Gespür.<br />

MS-DOS, beileibe keine originäre Erfindung, basiert auf einem früheren Betriebssystem,<br />

das Gates zum richtigen Zeitpunkt aufkaufte <strong>und</strong> für IBM modifizierte.<br />

Wie ein Immobilienhändler - als Vertreter des klassischen, untätigen Kapitals<br />

- seinen Mehrwert aus <strong>der</strong> Differenz von Investition <strong>und</strong> steigendem Bodenpreis<br />

gewinnt, braucht <strong>der</strong> Immaterialienhändler nur Kapital <strong>und</strong> ein bißchen<br />

Geduld, dann stellt sich seine schwindelerregende Rendite von selbst ein. Für<br />

jeden Menschen <strong>die</strong>ses Planeten wird täglich eine solche Überzahl an Informationen<br />

produziert, daß je<strong>der</strong>mann zwischen parallelen Zeitvernichtungsfel<strong>der</strong>n wählen<br />

kann. Filme <strong>und</strong> Computer, Musikvideos <strong>und</strong> Radiosendungen, Gameboys<br />

<strong>und</strong> Werbung - alles zielt auf sein kurzes Leben. Man mag es anthropologisch<br />

mißbilligen, aber <strong>der</strong> Markt expan<strong>die</strong>rt. Wie <strong>der</strong> klassische Overkill erfüllt <strong>die</strong><br />

Überinformation <strong>die</strong> Menschen mit einem Schauern - <strong>und</strong> dem Wunsch nach mehr<br />

Information. Im internationalen Wirtschaftsjargon nennt man <strong>die</strong> sie erzeugenden<br />

Branchen Copyright Industries.<br />

Multinationale Konzerne dominieren das Bild, doch ragen ein paar Einzelgestalten<br />

hervor: Leo Kirch in Deutschland, Silvio Berlusconi in Italien, Bill Gates<br />

in den USA. Sie haben <strong>die</strong> Zeichen <strong>der</strong> Zeit erkannt. Die Zeichen <strong>der</strong> Zeit sind<br />

<strong>der</strong> Besitz <strong>der</strong> Zeichen. Das war nicht immer so.<br />

IL Rodungsarbeiten im Me<strong>die</strong>npark. Dem Schriftfäller gehört das Wort<br />

1. Anfang <strong>der</strong> achtziger Jahre hat <strong>der</strong> Freiburger Germanist Heinrich Bosse eine<br />

Geschichte des Urheberrechts vorgelegt: „Autorschaft ist Werkherrschaft". Darin<br />

wi<strong>der</strong>spricht er den Rechtshistorikern <strong>der</strong> alten Schule, <strong>die</strong> John Lockes Naturrechtsphilosophie<br />

am Ausgang aller Theorien über geistiges <strong>Eigentum</strong> sehen. Zwar<br />

taucht Lockes Denkmodell, <strong>der</strong> Mensch grenze durch körperliche Arbeit aus dem


<strong>Geistiges</strong> <strong>Eigentum</strong> <strong>und</strong> Kommunikationstechnik 519<br />

Vorrat <strong>der</strong> Natur etwas aus <strong>und</strong> erwerbe damit <strong>Eigentum</strong>srechte, immer wie<strong>der</strong><br />

in den Diskussionen über <strong>die</strong> Rolle des Urhebers auf ...<br />

„... <strong>und</strong> zwar so, daß aus dem gemeinsamen Vorrat <strong>der</strong> Gedanken (1) ein Mensch durch<br />

körperliche Zeichen (2) etwas ausgrenzt, das einem an<strong>der</strong>en nicht mehr zugänglich (3)<br />

ist." 1<br />

... doch schwingt sich das Modell nicht zum beherrschenden Paradigma auf, ja<br />

es ist in <strong>der</strong> Entstehung <strong>der</strong> ersten Urheberrechtsgesetze nicht einmal unmittelbar<br />

nachweisbar. Bosse sieht statt dessen einen gesellschaftlichen Prozeß <strong>der</strong> kollektiven<br />

Definition am Werke, <strong>der</strong> sich in Deutschland über zwei Jahrh<strong>und</strong>ert hinzieht<br />

<strong>und</strong> keinen konkreten Ausgangspunkt kennt. Noch <strong>der</strong> Mensch <strong>der</strong> Renaissance<br />

hätte es absurd gef<strong>und</strong>en, auf gesprochenes o<strong>der</strong> geschriebenes Wort ein Besitzrecht<br />

zu erheben. Da man mit <strong>der</strong>selben Notwendigkeit kommuniziert, mit <strong>der</strong><br />

man atmet, kann man sich in <strong>die</strong>sem natürlichen Lebensvollzug nicht einschränken.<br />

Auch <strong>der</strong> aufkommende Buchdruck verän<strong>der</strong>t daran zunächst wenig. Geschützt<br />

wird durch herrschaftliche Privilegien das materielle Produkt, dessen<br />

Absatzchancen auf dem lokal begrenzten Markt gewahrt werden sollen. Die dahintersteckende<br />

Gedankenarbeit ist prinzipiell frei, also auch frei für den Nachdruck.<br />

Implizit eine Machtfrage, denn das Privileg kommt vom Herrscher, <strong>der</strong><br />

ohnehin <strong>die</strong> Gedanken kontrolliert. Ihm obliegt es, ein Druckwerk neben <strong>der</strong><br />

Zensurfreigabe zusätzlich durch einen Schutzbrief zu adeln. Über Jahrh<strong>und</strong>erte<br />

hinweg lautet <strong>der</strong> Konsens, wie ihn Samuel Heinicke formuliert:<br />

„Es ist ein Vernunftschnitzer, sein Eigenthum, das sinnlich <strong>und</strong> in <strong>der</strong> Erfahrung da ist,<br />

auf <strong>die</strong> Intellektualität auszudehnen; <strong>die</strong>se unterwirft sich keinem bürgerlichen Rechte." 2<br />

Zu <strong>die</strong>sem Zeitpunkt (1790) war das bereits eine realitätsblinde Einstellung, denn<br />

wi<strong>der</strong> <strong>die</strong> allgemeine Einschätzung hatte sich <strong>die</strong> schwarze Kunst längst zu einem<br />

Wirtschaftsfaktor gemausert, <strong>der</strong> selbstverständlich mit einem <strong>Eigentum</strong>sbegriff<br />

operiert - wenn auch einem diffusen. So kursiert lange <strong>die</strong> Ansicht, es sei erlaubt,<br />

ein Buch nachzudrucken, sobald es vom Markt verschw<strong>und</strong>en sei; eine gemeinnützige<br />

Aktivität, denn Lieferbarkeit genießt Vorrang vor dem <strong>Eigentum</strong>. Wenn<br />

jemand Rechte am Buch geltend machen kann, dann ohnehin nur <strong>der</strong> Buchhändler,<br />

<strong>der</strong> über Nachauflagen, Preise <strong>und</strong> Verän<strong>der</strong>ungen eigenmächtig entscheidet. Welcher<br />

Stellenwert dem Urheber zukommt, bleibt lange strittig. Zwei Generationen<br />

dauern <strong>die</strong> Auseinan<strong>der</strong>setzungen, bis <strong>die</strong> Staaten des Deutschen B<strong>und</strong>es 1845<br />

ein erstes Urheberrechtsgesetz einführen. Beim westlichen Nachbarn Frankreich<br />

haben in <strong>die</strong>ser Zeit <strong>die</strong> Enzyklopädisten um Di<strong>der</strong>ot <strong>und</strong> ihre Verleger bereits<br />

ein stattliches Geschäft gemacht - auf Basis eines einzigen Revolutionsdekrets,<br />

das bis 1957 eine detaillierte Gesetzesvorschrift überflüssig machte.<br />

1 Zit. in Bosse, S. 50.<br />

2 Zit. in Bosse, S. 11.


520 <strong>Florian</strong> <strong>Felix</strong> <strong>Weyh</strong><br />

2. Kein Zufall ist es, daß <strong>die</strong> <strong>Entwicklung</strong> von <strong>der</strong> schreibenden Zunft ausgeht,<br />

von Verlegern <strong>und</strong> Buchhändlern, Schriftstellern, Philosophen <strong>und</strong> Theologen.<br />

Musik <strong>und</strong> Malerei, <strong>die</strong> prinzipiell unter den gleichen Bedingungen leiden, werden<br />

von <strong>der</strong> technischen <strong>Entwicklung</strong> weniger schnell unter Druck gesetzt. Die schöpferische<br />

Arbeit eines Malers schlägt sich im einzelnen Werkstück nie<strong>der</strong> <strong>und</strong> wird<br />

mit <strong>die</strong>sem zusammen als Einheit verkauft; wie käme er auf <strong>die</strong> Idee, daß ihm<br />

nach dem Verkauf etwas zurückbleibe? Diese Überlegung taucht erst bei Walter<br />

Benjamin auf, dem das „Kunstwerk im Zeitalter seiner technischen Reproduzierbarkeit"<br />

substantiell bedroht scheint. Auch dem Komponisten bedeutet <strong>die</strong> Arbeit<br />

des Notenverlegers zunächst wenig. Sie erweitert seinen Bekanntheitsgrad, nicht<br />

seinen Reichtum; <strong>die</strong> großen Werke <strong>der</strong> Zeit entstehen als Auftragsarbeiten von<br />

Klerus <strong>und</strong> Adel. Erst mit <strong>der</strong> Erfindung veristischer Aufzeichnungsme<strong>die</strong>n<br />

- Schallplatte <strong>und</strong> Fotografie - holt <strong>die</strong> Problematik <strong>die</strong>se beiden Kunstgattungen<br />

ein.<br />

Diejenigen, <strong>die</strong> gegen ein Urheberrecht in jeglicher Form opponieren - das<br />

sind nicht wenige -, wissen gute Argumente auf ihrer Seite. Sie verteidigen <strong>die</strong><br />

Trias Weisheit-Wahrheit-Erkenntnis, <strong>die</strong> man nicht an <strong>die</strong> kurze Leine eines Besitzverhältnisses<br />

legen dürfe. Ein fast manichäisches Bild: Hie <strong>die</strong> Wahrheit, traditionelle<br />

Bestimmung allen Denkens, da <strong>der</strong> Warencharakter, neue Zielvorstellung<br />

<strong>der</strong> Copyright Industries.<br />

Früh legt sich <strong>der</strong> materialistische Schleier <strong>der</strong> industriellen Revolution über<br />

<strong>die</strong> gewachsenen Werte. Um wenigstens einen Teil <strong>der</strong> Wahrheit vor dem Ausverkauf<br />

zu schützen, einigt man sich auf das „Prinzip <strong>der</strong> unvollständigen Veräußerung"<br />

als Theorie des Transfers. Danach gibt <strong>der</strong> Autor <strong>die</strong> Früchte seiner<br />

Arbeit weg, doch bleibt ihm <strong>der</strong> Geist des Werkes zurück. Dieser ist nicht dingfest<br />

zu machen, damit unübertragbar <strong>und</strong> durchzieht <strong>die</strong> nachfolgenden Urheberrechtsdiskussionen<br />

in vielfältiger Gestalt. Mal juristisch, wie im kontinentalen<br />

Urheberrecht als Persönlichkeitsrecht; mal philosophisch als Erkenntnisanteil, <strong>der</strong><br />

sich durch <strong>die</strong> Vermittlung von Zeichen nicht auf den Empfänger überträgt. Verblüffend<br />

mo<strong>der</strong>n, nämlich <strong>der</strong> Semiotik unserer Tage angenähert, klingen <strong>die</strong> Sätze<br />

des Politik- <strong>und</strong> Finanzwissenschaftlers Johann August Schlettwein aus dem Jahre<br />

1784:<br />

„Der Gedanke, den <strong>der</strong> andre durch meine Mittheilung o<strong>der</strong> durch das Zeichen, das ich<br />

seinen Organen darstelle, in seiner Seele empfängt, ist nicht <strong>der</strong> nehmliche Gedanke, den<br />

ich hatte: den behalte ich, wie ich ihn hatte. (...) Meine denkende Kraft wirkt nicht den<br />

Gedanken in <strong>der</strong> Seele des an<strong>der</strong>n, seine eigene Denkkraft wirkt ihn. Also ist <strong>die</strong>ser<br />

Gedanke in <strong>der</strong> Seele des An<strong>der</strong>n nicht mein Eigenthum. (...) Ich lege ihm nur ein Zeichen<br />

meines Gedankens hin, <strong>und</strong> seine eigene Denkungsart bildet daraus einen Gedanken, <strong>der</strong><br />

dem meinigen ähnlich ist, o<strong>der</strong> Kopie von dem meinigen darstellt." 3<br />

Selbst <strong>die</strong> Vererbung geistigen Besitzes bezieht sich implizit auf <strong>die</strong>ses Prinzip.<br />

Während je<strong>der</strong> karge Acker über Generationen unangefochten an Kin<strong>der</strong> <strong>und</strong><br />

3 Zit. in Bosse, S. 57.


<strong>Geistiges</strong> <strong>Eigentum</strong> <strong>und</strong> Kommunikationstechnik 521<br />

Kindeskin<strong>der</strong> weitergereicht wird, streiten sich <strong>die</strong> Juristen seit h<strong>und</strong>ertfünfzig<br />

Jahren über <strong>die</strong> Lebensdauer von urheberrechtlichen Ansprüchen. Die deutsche<br />

Schutzfrist von siebzig Jahren nach dem Tode des Urhebers gilt ab 1995 in <strong>der</strong><br />

gesamten EG <strong>und</strong> ist rechtsdogmatisch so schwer begründbar wie jede an<strong>der</strong>e<br />

Frist; daß Klopstocks o<strong>der</strong> Heines Werke in <strong>der</strong> Zeit verwitterten, läßt sich wahrlich<br />

nicht behaupten. Es müssen übergeordnete, staatliche Interessen herhalten, etwa<br />

<strong>der</strong> freie Zugang zum nationalen Kulturerbe.<br />

3. Plausibel wird <strong>der</strong> krasse Wi<strong>der</strong>spruch zu sonstigen <strong>Eigentum</strong>sgebaren jedoch<br />

erst mit Blick auf <strong>die</strong> unvollständige Veräußerung. Der badische Jurist Johann<br />

Nikiaus Friedrich Brauer benutzt 1810 eine Rechtsdichtung, eine fictio iuris, um<br />

das geistige <strong>Eigentum</strong> einzugrenzen:<br />

„Wählte man einmal eine solche Rechtsdichtung, so müßte sie auch hier, wie es an<strong>der</strong>wärts<br />

geschieht, sich <strong>der</strong> Natur nachbilden; <strong>und</strong> wie nun in <strong>die</strong>ser <strong>der</strong> Körper zur Leiche wird,<br />

sobald <strong>die</strong> Persönlichkeit, <strong>die</strong> ihn belebte, aus dem Zusammenhang <strong>der</strong> Welt hinausgetreten<br />

ist, so müßte auch jenes Schrift-Eigenthum seine lebende <strong>und</strong> wirkende Eigenschaft in<br />

<strong>der</strong> bürgerlichen Verfassung verlieren, sobald <strong>die</strong>jenige Person für sie vorhanden zu seyn<br />

aufhörte, durch welche es allein wirkte <strong>und</strong> wirken konnte." 4<br />

Dem Produkt wohnt demnach, wie dem Schöpfer selbst, eine wirkende Seele inne.<br />

Stirbt er, erlischt auch sie. Für heutige Ohren klingt das reichlich esoterisch, <strong>und</strong><br />

tatsächlich hat sich eine beson<strong>der</strong>s kuriose Spielart <strong>der</strong> unvollständigen Veräußerung<br />

auf dem Esoterikmarkt breitgemacht. Dort trägt manche Meditationscassette<br />

eine Warnung, <strong>der</strong>zufolge unerlaubtes Kopieren nur unwirksame Werkstücke hervorbringe,<br />

so daß das Glück <strong>der</strong> Entspannung <strong>der</strong> geheimnisvollen Originalherstellung<br />

vorbehalten bleibt.<br />

Ähnlich skurrile Vorstellungen zur Abwehr unerwünschter Nutznießer kursierten<br />

bereits vor zweih<strong>und</strong>ert Jahren. Schriftsteller im öffentlichen Dienst sind<br />

keine Erfindung autoritärer Regime, son<strong>der</strong>n gehen auf einen Vorschlag aus dem<br />

Jahre 1814 zurück. Die regelmäßige staatliche Besoldung for<strong>der</strong>e den Geist „zu<br />

neuer Thätigkeit auf" <strong>und</strong> stifte dem Volk „aus Dankbarkeit" <strong>die</strong> entstandenen<br />

Werke als Gemeineigentum. Ein Urheberrecht mit all seinen Tücken ist hierbei<br />

nicht mehr nötig. Unnötig findet <strong>der</strong> gleiche Autor das Risiko, vom Inhalt eines<br />

Druckwerks enttäuscht zu werden. Es läßt sich vermin<strong>der</strong>n, indem man den<br />

Bücherschreiber nicht vorab bezahlt, son<strong>der</strong>n erst nach <strong>der</strong> genossenen Lektüre<br />

- getreu dem Vorbild <strong>der</strong> Kollekte, bei <strong>der</strong> <strong>die</strong> Kirchengemeinde ihrem mißliebigen<br />

Pfarrer finanziell <strong>die</strong> Leviten lesen kann. Gegen unerlaubte Vervielfältigung hilft<br />

eine „Raubdruckversicherung", wie sie Gottfried August Bürger vorschlägt, <strong>und</strong><br />

beson<strong>der</strong>s pfiffig ist das „unfehlbare Mittel", eine Paralleledition auf schlechtem<br />

Papier herauszubringen. Der Verleger als sein eigener Raubdrucker - so kurios<br />

es klingt, dem Ansatz nach ist <strong>die</strong>s <strong>die</strong> Erfindung des Paperbacks <strong>und</strong> Taschenbuchs.<br />

4 Zit. in Bosse, S. 114.


522 <strong>Florian</strong> <strong>Felix</strong> <strong>Weyh</strong><br />

Die Diskussion ist polyphon <strong>und</strong> wirr - <strong>und</strong> durchaus zeitgenössisch, wie man<br />

beim Blick auf <strong>die</strong> Auseinan<strong>der</strong>setzungen um <strong>die</strong> neuen Me<strong>die</strong>n Ende des 20.<br />

Jahrh<strong>und</strong>erts feststellen kann. Es stoßen zwei Gr<strong>und</strong>prinzipien aufeinan<strong>der</strong>, bei<br />

<strong>der</strong>en allmählicher Vermischung <strong>die</strong> Gegensätze verschwimmen, ohne sich aufzulösen.<br />

Im mündlichen Diskurs ist <strong>die</strong> Kontrolle über Gedanken unmöglich; das<br />

Gespräch bleibt frei. Erst bei ihrer Drucklegung kann man <strong>die</strong> Verbreitung kontrollieren;<br />

Rechte am Wort werden angemeldet. Überschreitet <strong>die</strong> <strong>Entwicklung</strong>,<br />

was schnell geschieht, <strong>die</strong> Schwelle zur Massenproduktion, verkehrt sie sich ins<br />

Gegenteil: Die Verbreitung wird wie<strong>der</strong> unkontrollierbar. Eine dritte Variante tritt<br />

in unserem Jahrh<strong>und</strong>ert hinzu: Durch <strong>die</strong> direkte Aufzeichnungs- <strong>und</strong> Übertragungsmöglichkeit<br />

per Magnetband <strong>und</strong> Radiowellen wird <strong>der</strong> mündliche Diskurs<br />

ohne Umweg über <strong>die</strong> Schrift kontrollierbar, also bereits als Rohstoff zur Handelsware.<br />

Von Variante zu Variante wächst das Dilemma. Erst <strong>die</strong> Technik ermöglicht<br />

<strong>die</strong> Kontrolle, ihre Weiterentwicklung macht Kontrollmöglichkeiten zunichte.<br />

Festzuhalten ist: Das Urheberrecht entstand durch Technik. Stößt sie in neue<br />

Gefilde vor, muß das Recht - lahmend o<strong>der</strong> hinkend - hinterherziehen.<br />

III. Haltet den Dieb o<strong>der</strong> Haifische im Zeichen teich<br />

1. „Das Plagiat: was ist es im letzten Gr<strong>und</strong>e andres als Selbsterkenntnis? Daß dem<br />

Betreffenden das fehlt, was er nimmt? Es gibt nun einmal - saggenwier - große Psychologen,<br />

<strong>die</strong> keinerlei Gefühl für Naturschönheit haben: soll <strong>die</strong> Landschaft ihres Buches<br />

deswegen unzulänglich bleiben müssen?: Wie närrisch!" 5<br />

Eine weitverbreitete Ansicht, <strong>die</strong> Arno Schmidt in seiner „Gelehrtenrepublik"<br />

kolportiert. Je<strong>der</strong> kennt Brechts Worte von <strong>der</strong> „gr<strong>und</strong>sätzlichen Laxheit in Fragen<br />

des geistigen <strong>Eigentum</strong>s" <strong>und</strong> seine weitere Ausführung, große Literaturepochen<br />

beruhten „auf <strong>der</strong> Kraft <strong>und</strong> Unschuld ihrer Plagiate". Dennoch - o<strong>der</strong> vielleicht<br />

gerade deshalb - bildet das Plagiat für <strong>die</strong> breite Öffentlichkeit den einzigen<br />

Zugang zum Urheberrecht.<br />

Hier ist <strong>der</strong> Raub noch bildlich vorstellbar, prominente Kontrahenten fechten<br />

erbarmungslose Kämpfe aus, in <strong>der</strong>en Verlauf menschliche Leidenschaften - Neid,<br />

Eitelkeit, Mißgunst <strong>und</strong> Schadenfreude - <strong>die</strong> Oberhand gewinnen. Plagiatsprozesse<br />

werden mit <strong>der</strong> Akribie eines Spionageskandals, mit <strong>der</strong> Infamie eines Scheidungsverfahrens<br />

<strong>und</strong> dem moralischen Impetus einer Schmiergeldaffäre geführt.<br />

Treten an<strong>der</strong>erseits wirtschaftliche Interessen in den Vor<strong>der</strong>gr<strong>und</strong>, wird aus<br />

dem Schaukampf ein zähes Ringen um mikroskopische Homologien. Über acht<br />

Jahre hinweg zog sich <strong>der</strong> Prozeß um den Schlagertitel „Ein bißchen Frieden",<br />

<strong>der</strong> einer Komposition des spanischen Sängers Julio Iglesias nachempf<strong>und</strong>en sein<br />

sollte. Trotz feinsinniger Differenzierung zwischen „unbewußter Entlehnung" <strong>und</strong><br />

„zufälliger Doppelschöpfung" mochten nicht einmal <strong>die</strong> Richter des B<strong>und</strong>esge-<br />

5 Schmidt S. 164 - Schreibweise nach dem Original.


<strong>Geistiges</strong> <strong>Eigentum</strong> <strong>und</strong> Kommunikationstechnik 523<br />

richtshofs ein abschließendes Urteil fällen. Bei <strong>der</strong> Anzahl von sieben Voll- <strong>und</strong><br />

fünf Halbtönen, <strong>die</strong> <strong>die</strong> chromatische Tonleiter anbietet, ist in <strong>der</strong> Schlagerbranche<br />

Originalität eher <strong>die</strong> Ausnahme, <strong>die</strong> Doppelschöpfung hingegen <strong>die</strong> Regel. Auf<br />

solch mathematische Naturgesetze können sich <strong>die</strong> Jünger <strong>der</strong> 24 Lettern kaum<br />

berufen. So schlagen <strong>die</strong> Wellen <strong>der</strong> Empörung hoch, wird eine „zufällige Doppelschöpfung"<br />

im Literaturbetrieb ruchbar. Das kommt seltener vor, als man denkt,<br />

vor allem aber verpufft <strong>die</strong> Sensation rasch. Wer erinnert sich beispielsweise noch<br />

an den „Papalagi"-Streit?<br />

Diese Ethno-Bibel <strong>der</strong> Friedensbewegung, von Erich Scheurmann in den zwanziger<br />

Jahren kompiliert, konnte jahrelang unbeanstandet <strong>die</strong> Bestsellerlisten erklimmen,<br />

obwohl das Werk nicht nur wissenschaftlich unhaltbar, son<strong>der</strong>n auch<br />

in weiten Teilen bei dem heute vergessenen Schriftsteller Hans Paasche abgeschrieben<br />

ist; übrigens ein seit <strong>der</strong> Erstveröffentlichung des „Papalagi" bekannter Tatbestand.<br />

Iring Fetscher hat <strong>die</strong>s anläßlich einer Paasche-Edition ins Gedächtnis<br />

gerufen <strong>und</strong> geriet statt in einen Plagiatsprozeß - <strong>der</strong> mit hoher Wahrscheinlichkeit<br />

zum Erfolg <strong>der</strong> ursprünglichen Buches beigetragen hätte - in eine wettbewerbsrechtliche<br />

Auseinan<strong>der</strong>setzung. Der „Papalagi"-Verlag klagte gegen Fetschers Vorwurf,<br />

denn nach dem „Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb" gilt er ungeachtet<br />

seines Wahrheitsgehaltes als geschäftsschädigende Herabsetzung. Die Justiz gab<br />

dem Ansinnen in zwei Urteilen statt, ohne sich um <strong>die</strong> literaturwissenschaftlichen<br />

Hintergründe zu kümmern. Zwar ging einiges Raunen ob <strong>die</strong>ses - gelinde gesagt:<br />

strittigen - Urteils durch <strong>die</strong> Presse, doch än<strong>der</strong>te das nichts am Status quo: Der<br />

„Papalagi" liegt weiterhin als Longseller in den Buchhandlungen, während Hans<br />

Paasche nur Eingeweihten ein Begriff ist.<br />

2. Der Fall zeigt, daß für geistige Schöpfungen <strong>der</strong> Primat des zeitlichen Vorsprungs<br />

nicht gilt. Ist ein Werk zum Erfolg geworden, fragt das Publikum selten danach,<br />

ob es ganz o<strong>der</strong> in Teilen einem an<strong>der</strong>en Werk nachempf<strong>und</strong>en wurde. Ähnlich<br />

verhält es sich bei Ungleichheit <strong>der</strong> Kontrahenten. Bestiehlt ein ausgewiesener<br />

Schriftsteller einen namenlosen, wertet <strong>die</strong> Öffentlichkeit <strong>die</strong>s als Kavaliersdelikt.<br />

Ein Vorfall jüngeren Datums funktioniert, obwohl vom Enthüller ganz an<strong>der</strong>s<br />

inten<strong>die</strong>rt, nach <strong>die</strong>sem Muster.<br />

„Die Geschichte eines in <strong>der</strong> mo<strong>der</strong>nen deutschen Literatur noch nicht dagewesenen<br />

Plagiatsfalls" versprach <strong>der</strong> „Stern" im Januar 1990 seinen Lesern. Gemeint<br />

war Walter Kempowskis Roman „Aus großer Zeit". Darin hatte Kempowski<br />

mehrere Seiten einer fremden Autobiographie übernommen, <strong>die</strong> Erwähnung des<br />

Verfassers Werner Tschirch jedoch geflissentlich unterlassen. Was mit <strong>der</strong> Emphase<br />

eines großen Skandals daherkam, brach in <strong>der</strong> öffentlichen Reaktion schnell zu-<br />

6 Der Prozeß wurde auf Initiative <strong>der</strong> Verwerter geführt; <strong>der</strong> Sänger selbst hielt ihn für<br />

ärgerlich. Nicht ohne Gr<strong>und</strong>: 1993 mußte er in Argentinien selbst r<strong>und</strong> eine halbe<br />

Million Mark Schadensersatz für den abgekupferten Titel „Morriftas" (Heimweh)<br />

bezahlen. Da <strong>der</strong> Komponist des Originals den Namen Moreno trug, spottete <strong>die</strong><br />

heimische Presse, Iglesias hätte den Song gleich „Morenos" taufen können.


524 <strong>Florian</strong> <strong>Felix</strong> <strong>Weyh</strong><br />

sammen. Kempowskis Vergehen, obwohl unzweideutig nachgewiesen, wurde vom<br />

Gros <strong>der</strong> Literaturwissenschaftler gedeckt, <strong>und</strong> <strong>der</strong> Ankläger Wieser sah sich<br />

gezwungen, ins wankende Gefüge <strong>der</strong> literarischen Bewertungen auszuweichen:<br />

Ob man, was Bert Brecht <strong>und</strong> Thomas Mann ohne Schaden für ihren Rang praktizierten,<br />

dem „kleinen Hochstapler" Kempowski wirklich zugestehen dürfe? Solche<br />

Vorwürfe sind zweischneidig. Als bekannt wurde, daß Wieser schon Jahre<br />

zuvor versucht hatte, <strong>die</strong> Story im „Spiegel" zu lancieren, dort aber <strong>die</strong> Brisanz<br />

des Falles richtiger eingeschätzt worden war, schrumpfte <strong>der</strong> Skandal zur kleinen<br />

Me<strong>die</strong>nfarce. Ein Irrtum wäre es freilich, dem Hamburger Nachrichtenmagazin<br />

<strong>die</strong> abgewogene Zurückhaltung stets zugute zu halten. Ein paar Jahre zuvor hatte<br />

das nämliche Magazin, ebenfalls unter Mitwirkung Wiesers, schwere Geschütze<br />

gegen Peter Schnei<strong>der</strong> aufgefahren, <strong>der</strong> in seiner Erzählung „Vati" unautorisierte<br />

Zitate einer Illustriertenserie verwendet hatte. Auch hier war es nicht schwer, den<br />

Sachverhalt im Textvergleich zu belegen, allein überzogen <strong>die</strong> Ankläger ihre Vorwürfe<br />

in Unkenntnis <strong>der</strong> Rechtslage: Schnei<strong>der</strong> hatte sich aus einer gemeinfreien<br />

Quelle be<strong>die</strong>nt.<br />

Mit Vorliebe suchen <strong>die</strong> Beteiligten eine öffentliche Plattform. So konnte <strong>die</strong><br />

interessierte Leserschaft kurz nach Weihnachten 1991 in <strong>der</strong> „Frankfurter R<strong>und</strong>schau"<br />

lesen:<br />

„Herr Konzelmann ist wirklich ein hoher Freudenspen<strong>der</strong>, denn da, wo er nicht abschreibt,<br />

schreibt er Stuß." 7<br />

Deutliche Worte aus dem M<strong>und</strong>e des Hamburger Orientalistikprofessors Gernot<br />

Rotter, <strong>der</strong> Gerhard Konzelmann - bis dato eine Ikone des öffentlich-rechtlichen<br />

Fernsehens - geistigen Diebstahl im gewaltigen Ausmaß vorwarf. Die Beweise<br />

hatten es in sich. Ganze Passagen, bis zu dreißig Prozent vom Gesamtumfang <strong>der</strong><br />

Konzelmann-Bücher, waren bei Rotter abgeschrieben, da es dem selbsternannten<br />

„Islam-Experten" <strong>der</strong> ARD offensichtlich an den nötigen Fremdsprachen- <strong>und</strong><br />

Sachkenntnissen mangelte. Kein Einzelfall im hartgesottenen News-Gewerbe. Immer<br />

seltener ist <strong>die</strong> eigene Recherche Gr<strong>und</strong>lage eines Artikels, immer häufiger<br />

ziehen Journalisten Datenbanken <strong>und</strong> Archive, Bibliotheken <strong>und</strong> Fachpublikationen<br />

als Quellen heran. Das „Übersetzen" von bereits vorhandener Fachinformation<br />

in konsumierbare Einheiten ist vor allem auf dem Sachbuchmarkt Usus geworden.<br />

Diese Autoren - Generalisten mit Talent zur Anschaulichkeit - bringen selten<br />

spezifisches Wissen mit, <strong>und</strong> da in populären Sachbüchern Quellenangaben nicht<br />

gerne gesehen sind, wan<strong>der</strong>n sie auf dem schmalen Grat zwischen erlaubtem<br />

Zitat, genehmigungspflichtiger Bearbeitung <strong>und</strong> verbotenem Abschreiben. Der<br />

Leser wird <strong>die</strong>s - außer bei süperben Fachkenntnissen - nicht feststellen können,<br />

denn er greift ja gerade zum sek<strong>und</strong>ären Material, um den sperrigen Quellenautor<br />

zu umgehen.<br />

7 FR vom 27.12.1991.


<strong>Geistiges</strong> <strong>Eigentum</strong> <strong>und</strong> Kommunikationstechnik 525<br />

Ins Auge springt, daß Konzelmanns Entlarvung einen beträchtlichen Imageverlust<br />

nach sich zog, während sich Kempowski <strong>und</strong> Schnei<strong>der</strong> nach wie vor eines<br />

guten Rufs erfreuen. Ihnen wird von <strong>der</strong> Gesellschaft offensichtlich gar nicht mehr<br />

<strong>die</strong> Verkündung von Wahrheit zugeschrieben, man nimmt ihnen we<strong>der</strong> übel, daß<br />

sie mit Versatzstücken verschiedener Herkunft jonglieren, noch verlangt man<br />

ihnen einen Originalitätsnachweis ab. Verschweigt <strong>der</strong> Journalist hingegen seine<br />

Quellen, ist er in toto unglaubwürdig, untragbar geworden für seinen Beruf. Er<br />

muß <strong>die</strong> Menge <strong>der</strong> unüberblickbaren Zeichen überblicken <strong>und</strong> wissen, wann er<br />

zitiert, obwohl er zu erfinden glaubt. Wer aber denkt, stiehlt. Er überschreitet <strong>die</strong><br />

Grenzen des Eigenen, vereinnahmt, was ihm nützlich erscheint, <strong>und</strong> bringt es<br />

unter neuem Etikett auf den Markt. Während <strong>die</strong> Differenz zwischen Original<br />

<strong>und</strong> Plagiat in <strong>der</strong> Publikumspresse noch als Schlagzeile abgefeiert wird, weiß<br />

man in den Denkfabriken <strong>der</strong> Me<strong>die</strong>nkonzerne längst, daß das Urheberrecht im<br />

weißen Rauschen <strong>der</strong> elektronischen Me<strong>die</strong>n verdämmern wird.<br />

IV. Ein kleiner Spaziergang durch den juristischen Irrgarten<br />

1. „Das geistige <strong>Eigentum</strong> ist zum Vorwand verkommen, um wirtschaftliche Interessen<br />

fernab des Literaturbetriebs zu schützen. Zwischen dem, was tatsächlich, <strong>und</strong> dem, was<br />

angeblich geschützt wird, klaffen Welten - nämlich jene, <strong>die</strong> zwischen Literatur im Sinne<br />

von Kunst <strong>und</strong> sozialer Instanz einerseits <strong>und</strong> Massentextware an<strong>der</strong>erseits klaffen. Das<br />

Pathos <strong>der</strong> Urheberrechtler klingt hohl. (...) In meiner Tageszeitung (...) sind praktisch nur<br />

<strong>die</strong> Wettervorhersage, <strong>der</strong> Kinospielplan <strong>und</strong> <strong>die</strong> Börsennotizen nicht geschützt. Alles<br />

an<strong>der</strong>e ist schützenswerte schöpferische Leistung, sogar ein Teil <strong>der</strong> Inserate. Die Speisekarte<br />

des Restaurants unten im Haus darf ich nicht abschreiben, das Suppenrezept auf <strong>der</strong><br />

Packung ist ein Geisteswerk, <strong>und</strong> nur beim Einheitsfahrschein hatte <strong>der</strong> BGH einmal<br />

Bedenken, <strong>die</strong> Schutzfähigkeit anzuerkennen. Wir sind umringt von geistigen Leistungen."<br />

9<br />

Der Stoßseufzer läßt sich leicht nachvollziehen. Nicht alles ist schützbar, doch<br />

mehr als gemeinhin angenommen. Grabmale <strong>und</strong> Steckdosenblenden in Deutschland,<br />

Kristallfiguren in Osterreich, das Arrangement eines Stillebens in den Nie<strong>der</strong>landen,<br />

okkulte Visionen in <strong>der</strong> Schweiz, ja sogar das satte Gelb <strong>der</strong> Branchentelefonbücher<br />

hierzulande. Damit erweist sich - auch wenn einige Beispiele unter<br />

angrenzende Schutzrechte fallen - ein eherner Gr<strong>und</strong>satz <strong>der</strong> Urheberrechtler als<br />

durchaus dehnbar:<br />

8 Michel Foucaults Thesen zur Entstehung des Urheberrechts enthalten einen entscheidenden<br />

Punkt in bezug auf <strong>die</strong> Wahrheitsfunktion. Foucault sagt, daß im Mittelalter<br />

literarische Texte anonym zirkulierten, während sich wissenschaftliche nur in Verknüpfung<br />

mit dem Namen des Autors behaupteten; eine überpersönliche Wahrheit<br />

existierte nicht. Heute gilt wissenschaftliche Erkenntnis als objektiv <strong>und</strong> kurios erscheint,<br />

daß ausgerechnet <strong>die</strong> Mittler zwischen Wissenschaft <strong>und</strong> Laien, <strong>die</strong> Journalisten,<br />

mit ihrer Persönlichkeit dafür einstehen müssen, obwohl sie auch nicht mehr als<br />

daran glauben können.<br />

9 O'Chotjewitz, S. 30.


526 <strong>Florian</strong> <strong>Felix</strong> <strong>Weyh</strong><br />

„Nur was nicht je<strong>der</strong> kann, was also <strong>die</strong>sem Urheber persönlich zugerechnet werden kann,<br />

steht unter dem Schutz des Urheberrechts." 10<br />

Nicht darunter fällt <strong>die</strong> Substanz, <strong>die</strong> Idee an sich. Sie ist frei, ganz gleich, wer<br />

sie zuerst ersinnt. Erst wenn sie Nie<strong>der</strong>schlag in einer konkreten Gestalt findet,<br />

einem Kunstwerk o<strong>der</strong> einer patentfähigen Konstruktionszeichnung, gehört sie<br />

zu den schützenswerten Gütern. In <strong>der</strong> Praxis sind Ideen allerdings Rohstoffe,<br />

<strong>und</strong> ideenverschlingende Branchen wie das Fernsehen gehen immer mehr dazu<br />

über, darauf Honorare zu bezahlen. Juristisch ist das ebensolcher Unsinn wie <strong>die</strong><br />

Praktiken des Scheckbuch-Journalismus:<br />

„An wirklichen Geschehnissen erwächst kein Urheberrecht. (...) Es ist ein weitverbreiteter<br />

Irrglaube, man könne <strong>die</strong> 'Story seines Lebens' an eine Illustrierte verkaufen mit <strong>der</strong> Folge,<br />

daß <strong>die</strong>se daran ein Ausschließungsrecht erwerbe." 11<br />

Diesen Irrglauben lassen sich <strong>die</strong> Pressekonzerne beträchtliche Summen kosten.<br />

Als Gegenleistung erhalten sie Informationen ein bißchen früher als <strong>die</strong> Konkurrenz,<br />

<strong>und</strong> man mag geneigt sein, ihnen irrationales Verhalten zu unterstellen.<br />

Auf den zweiten Blick sieht das schon an<strong>der</strong>s aus. Die Me<strong>die</strong>nbranche traut<br />

<strong>der</strong> Rechtsprechung, <strong>die</strong> aus dem Geist <strong>der</strong> Gedankenfreiheit öffentliche Areale<br />

freigehalten hat, nicht mehr über den Weg. Zum einen, weil sie ein originäres<br />

Interesse daran hat, den Zustand zu än<strong>der</strong>n <strong>und</strong> ihre Claims in den öffentlichen<br />

Arealen abzustecken, zum an<strong>der</strong>en, weil ein Blick in <strong>die</strong> Rechtsentwicklung genügt,<br />

um ein jähes Anwachsen an „geistigen Leistungen" zu entdecken. Da kann man<br />

es schon mal darauf angelegt sein lassen, <strong>die</strong> Schutzfähigkeit von Ideen in praxi<br />

durchzusetzen, indem man ihnen mit dem freiwilligen Anerkennungshonorar<br />

einen Weg ins Bewußtsein bahnt. Nach aller historischen Erfahrung wird sich <strong>die</strong><br />

Rechtsordnung irgendwann <strong>der</strong> „normativen Kraft des Faktischen" beugen. Selbst<br />

für <strong>die</strong> Großen des Marktes ein gefährliches Spiel, denn sollten Ideen tatsächlich<br />

eine Art „Ideenschutz" genießen, sei es auch nur für Showkonzepte des Unterhaltungsfernsehens,<br />

würde sie <strong>der</strong> wirtschaftlich Stärkste aufkaufen <strong>und</strong> damit<br />

jegliche Innovation lahmlegen.<br />

Schwarzmalerei? Dem klassischen Urheber- <strong>und</strong> Patentrecht wurden in den<br />

vergangenen Jahrzehnten immer mehr Nebenrechte beigeordnet, über <strong>der</strong>en Notwendigkeit<br />

sich prinzipiell wie im Einzelfall streiten ließe. Schon für einen nicht<br />

spezialisierten Juristen ist <strong>der</strong> Terrain kaum zu überblicken, dem Laien, auch dem<br />

betroffenen, ist es unmöglich. Er mag aber entdecken, daß je jünger <strong>die</strong>se Verordnungen<br />

sind, ihre wirtschaftliche Opportunität um so deutlicher ins Auge springt,<br />

etwa beim Halbleitergesetz von 1987 o<strong>der</strong> den jüngsten Computerrichtlinien <strong>der</strong><br />

EG. Im letzten Interview vor seinem plötzlichen Tod gab Vilem Flusser das richtige<br />

Stichwort dazu:<br />

10 Fromm/Nordemann, S. 58.<br />

11 Fromm/Nordemann, S. 147.


<strong>Geistiges</strong> <strong>Eigentum</strong> <strong>und</strong> Kommunikationstechnik 527<br />

„Wenn man unter Informationsgesellschaft eine Gesellschaft versteht, in <strong>der</strong> <strong>der</strong> größte<br />

Teil <strong>der</strong> Bevölkerung an Ausarbeitung von Informationen im weitesten Sinn beteiligt ist,<br />

also im sogenannten tertiären Sektor arbeitet, dann leben wir in einer Informationsgesellschaft."<br />

12<br />

Die Informationsgesellschaft bedarf <strong>der</strong> ständigen Erschließung neuer Arreale,<br />

um weiterhin hohe Erträge einzufahren. Statistische Erhebungen zeigen, daß weltweit<br />

zwischen 2 <strong>und</strong> 5 Prozent des Bruttosozialprodukts von den Copyright Industries<br />

erwirtschaftet werden. Das klingt nicht überwältigend, doch liegt dem<br />

ein konservativer Informationsbegriff zugr<strong>und</strong>e. Stellt man mit Blick auf Vilem<br />

Flusser in Rechnung, daß sowohl <strong>die</strong> Millionen von Angestellten in Verwaltungen,<br />

Versicherungen, Krankenkassen, wie <strong>die</strong> Ingenieure <strong>und</strong> Arbeiter <strong>der</strong> Elektronikindustrie<br />

mittelbar mit dem Erzeugen, Sammeln o<strong>der</strong> Verwerten von Informationen<br />

beschäftigt sind, dann weitet sich <strong>der</strong> volkswirtschaftliche Anteil <strong>der</strong> Copyright<br />

Industries erheblich.<br />

Die Grenzen zwischen scheinbar unschöpferischer Datenkompilation <strong>und</strong> urheberrechtlich<br />

relevanter Arbeit sind dabei fließend. Auch <strong>die</strong> Produkte <strong>der</strong> unschöpferischen<br />

Kompilation verlangen häufig nach rechtlichem Schutz, den sie<br />

unter Berufung auf das „Recht <strong>der</strong> kleinen Münze" auch erhalten. Wer Adreßdaten<br />

<strong>und</strong> Kaufkraftstatistiken frem<strong>der</strong> Hand verwendet, muß dafür Lizenzgebühren<br />

bezahlen, obwohl ihre Eigenständigkeit gering, ihre „Schöpfungshöhe" so<br />

gut wie nicht wahrnehmbar ist, <strong>und</strong> eine individuelle Leistung nicht vorliegt. Peu<br />

ä peu verschwindet <strong>der</strong> Urheber hinter einem Produkt, nach dessen Herstellungsweise<br />

- individuell o<strong>der</strong> maschinell - gar nicht mehr gefragt wird; man setzt<br />

voraus, daß Kreativität einen von <strong>der</strong> Persönlichkeit abspaltbaren Prozeß darstellt<br />

<strong>und</strong> in absehbarer Zeit auf Maschinen übertragbar sein wird.<br />

2. Dies entspricht dem US-amerikanischen Wirtschaf tsVerständnis. Bisher existierte<br />

zwischen <strong>der</strong> alten <strong>und</strong> neuen Welt - mit einer Enklave in Großbritannien <strong>und</strong><br />

Irland - eine klare ideologische Scheidelinie. Auf <strong>der</strong> einen Seite des Atlantiks<br />

das kontinentale „droit moral", das dem Individualitätsgedanken Rechnung trägt,<br />

auf <strong>der</strong> an<strong>der</strong>en das angloamerikanische „Copyright", das den volkswirtschaftlichen<br />

Bedürfnissen Vorrang gibt <strong>und</strong> darum von Industrie-Lobbyisten aller Couleur<br />

nachdrücklich geför<strong>der</strong>t wird. Obwohl eine breite Front aus Schriftstellerverbänden,<br />

konservativen Urheberrechtlern <strong>und</strong> auf Tradition bedachten Regierungen<br />

sich für <strong>die</strong> Bewahrung <strong>der</strong> individuellen Rechte einsetzt, muß man kein Prophet<br />

sein, <strong>der</strong>en Nie<strong>der</strong>lage vorauszusehen.<br />

12 Flusser in Freitag v. 17.1.1991.<br />

13 „Die bisherige Rechtsprechung ist großzügig <strong>und</strong> hat all das als schutzfähig anerkannt,<br />

was nicht den Stempel <strong>der</strong> Primitivität bereits offen auf <strong>der</strong> Stirn trägt" Fromm/Nordemann,<br />

S. 83<br />

14 Setzt man Individualismus begriffsgeschichtlich korrekt an, als wirtschaftliche Freiheit<br />

des Einzelnen, fließen <strong>die</strong> Gegensätze wie<strong>der</strong> zusammen.


528 <strong>Florian</strong> <strong>Felix</strong> <strong>Weyh</strong><br />

Wo liegt <strong>der</strong> Unterschied? Bei dem in Europa - mit <strong>der</strong> erwähnten Ausnahme<br />

- vorherrschenden Autorenrecht glie<strong>der</strong>n sich <strong>die</strong> Urheberrechtsgesetze in jeweils<br />

zwei Teile, einen persönlichkeitsrechtlichen <strong>und</strong> einen vermögensrechtlichen. Je<strong>der</strong><br />

Schöpfer besitzt danach, auch wenn er alle Nutzungsrechte verkauft hat, eine<br />

Anzahl unveräußerlicher Ansprüche. Er kann auf <strong>die</strong> Namensnennung pochen,<br />

sich gegen Entstellungen <strong>und</strong> Bearbeitungen verwehren, ein Werk aus gewandelter<br />

Überzeugung zurückrufen. Auch zwingende wirtschaftliche Überlegungen setzen<br />

<strong>die</strong>ses Recht nicht außer Kraft. Derartige Schutzzonen kennt das angloamerikanische<br />

Copyright nicht. Dort gehen im ungünstigsten Fall alle Rechte auf den<br />

Verwerter über, den das Gesetz danach als eigentlichen Urheber ansieht, obwohl<br />

sich sein kreativer Akt auf <strong>die</strong> Unterzeichnung einer - häufig einmaligen - Zahlungsanweisung<br />

beschränkt.<br />

Aus <strong>die</strong>sem Stoff sind <strong>die</strong> Legenden des amerikanischen Alptraums. Vom<br />

erfolgsumflorten Comiczeichner zum Penner im Central Park, vom Evergreenkomponisten<br />

zum Fürsorgefall ist es nur ein kleiner Schritt. Das Copyright kennt<br />

dafür weniger Skrupel, geistig min<strong>der</strong>e Produkte anzuerkennen. Eine nachgerade<br />

geniale Zirkeldefinition enthebt <strong>die</strong> Juristen <strong>der</strong> Copyright-Län<strong>der</strong> aller anstrengenden<br />

Kunstdefinitionen. Sie sagen: „What is worth to be copied, should be<br />

protected" <strong>und</strong> geben damit jede Verantwortung, jede eigene Bewertung an den<br />

Markt ab. Indes sind <strong>die</strong> Vereinigten Staaten nach fast h<strong>und</strong>ertjähriger Bedenkzeit<br />

im Jahr 1989 <strong>der</strong> „Revi<strong>die</strong>rten Berner Übereinkunft" beigetreten, dem internationalen<br />

Abkommen, das ein Mindestmaß an Persönlichkeitsrechten garantiert. Die<br />

Fraktion <strong>der</strong> harten Copyright-Verfechter sieht sich seitdem mit einem Störfaktor<br />

konfrontiert, dessen Bremswirkung für den schrankenlosen Handel auf <strong>der</strong> Hand<br />

liegt. Im eigenen Land hat man - eine diplomatische Meisterleistung, wenngleich<br />

ein juristischer Spagat - das Urheberpersönlichkeitsrecht gleich wie<strong>der</strong> eingeschränkt,<br />

weil in den Augen <strong>der</strong> mächtigen Hollywoodlobby nicht sein soll, was<br />

nicht sein darf.<br />

Zum Paradefall <strong>der</strong> feindlichen Denkschulen wurde 1991 <strong>die</strong> Auseinan<strong>der</strong>setzung<br />

um John Hustons „Asphalt Jungle". In den fünfziger Jahren in Schwarzweiß<br />

gedreht, hatte Huston <strong>die</strong> Rechte, wie in Hollywood üblich, <strong>der</strong> Produktionsfirma<br />

verkauft. Nach amerikanischem Verständnis war sie vollkommen im Recht, als<br />

sie nach dem Tode des Regisseurs beschloß, den Film durch ein aufwendiges<br />

technisches Verfahren nachkolorieren zu lassen. Die Proteste <strong>der</strong> Erben <strong>und</strong> des<br />

Drehbuchautors verhallten, das schwarzweiße Meisterwerk erhielt ein buntes<br />

Kleid. Da <strong>die</strong> Produktionsfirma aber durchaus wußte, daß ihr Vorgehen mit <strong>der</strong><br />

Berner Übereinkunft nicht im Einklang stand, man <strong>die</strong> neue Fassung aber weltweit<br />

vermarkten wollte, riskierte man <strong>die</strong> gerichtliche Auseinan<strong>der</strong>setzung. In Frank-<br />

15 Nach unserem Urheberrecht ist das ausgeschlossen. Ein „Bestsellerparagraph" spricht<br />

bei unerwartet großen Erfolgen dem Autor selbst dann Gewinnbeteiligung zu, wenn<br />

er sie vertraglich ausgeschlossen hat. Fälle <strong>die</strong>ser Art sind allerdings sehr selten, denn<br />

<strong>die</strong> Marge zwischen ursprünglicher Abfindung <strong>und</strong> tatsächlichem Verwertergewinn<br />

muß enorm groß sein.


<strong>Geistiges</strong> <strong>Eigentum</strong> <strong>und</strong> Kommunikationstechnik 529<br />

reich, dem Mutterland des „droit moral", sollte <strong>der</strong> Farbfilm im Fernsehen laufen,<br />

<strong>und</strong> erwartungsgemäß klagten <strong>die</strong> Erben vor einem französischen Gericht.<br />

Sie gewannen in letzter Instanz, <strong>und</strong> es lohnt sich, das Urteil genauer anzusehen.<br />

Die Richter des „Cour de Cassation" haben, nach wi<strong>der</strong>sprüchlichen Urteilen<br />

<strong>der</strong> Vorinstanzen, eine höchst originelle Lösung gef<strong>und</strong>en. Einerseits konnte<br />

man den Amerikanern nicht unterstellen, ihr Copyright-Gesetz sei in irgendeiner<br />

Form unmoralisch; an<strong>der</strong>erseits wäre es unmoralisch gewesen, <strong>der</strong> reduzierten<br />

Schutzform des Copyright auf französischem Boden Geltung zu verschaffen. Die<br />

Richter argumentierten, daß John Huston dem Filmproduzenten seine Persönlichkeitsrechte<br />

nicht abgetreten haben konnte, weil es sie im Amerika <strong>die</strong>ser Jahre<br />

nicht gab; also gelangte <strong>der</strong> Produzent auch nicht in eine Position, <strong>die</strong> ihm Manipulationen<br />

am Werk erlaubt hätte. Da es <strong>die</strong>se Rechte aber an<strong>der</strong>norts zur gleichen<br />

Zeit gab, besitzen <strong>der</strong> Regisseur - o<strong>der</strong> seine Erben - sie in den Län<strong>der</strong>n weiterhin,<br />

in denen sie existieren. Das Copyright beinhaltet also, indem es sie verneint, <strong>die</strong><br />

Persönlichkeitsrechte genauso wie ein Urheberrechtsgesetz, das sie als unveräußerlich<br />

erklärt. Verkaufen kann man sie in beiden Fällen nicht, nur ist man im ersteren<br />

wehrlos gegen Verstöße.<br />

Eine gewitzte Kasuistik, <strong>die</strong> man deutschen Gerichten im Konfliktfall ans Herz<br />

legen mag. Denn obwohl man dem amerikanischen Vorgehen im Urheberrecht<br />

bisher zum Glück nicht folgte, hat <strong>der</strong> Gesetzgeber <strong>die</strong> heimische Filmindustrie<br />

schon in den sechziger Jahren mit copyright-verbrämten Son<strong>der</strong>rechten ausgestattet.<br />

An keiner an<strong>der</strong>en Stelle werden Eingriffe eines Verwerters so wenig sanktioniert,<br />

nirgendwo an<strong>der</strong>s muß <strong>der</strong> Urheber so drastische Abstriche an seinen Rechten<br />

hinnehmen. Das hat sich auch nach <strong>der</strong> Reform des Gesetzes 1985 nicht<br />

geän<strong>der</strong>t. Paragraph 93 etwa besagt, daß <strong>die</strong> am Filmwerk Beteiligten nur „gröbliche<br />

Entstellungen o<strong>der</strong> an<strong>der</strong>e gröbliche Beeinträchtigungen ihrer Werke" ahnden<br />

lassen können. Das geht selbst zurückhaltenden Juristen zu weit:<br />

„Mit <strong>der</strong> zusätzlichen Voraussetzung, daß <strong>die</strong> Entstellung o<strong>der</strong> an<strong>der</strong>e Beeinträchtigung<br />

gröblich sein müssen, verläßt <strong>der</strong> Gesetzgeber in dem Bemühen, den Filmproduzenten<br />

tunlichst vor je<strong>der</strong> Störung in <strong>der</strong> Auswertung zu sichern, <strong>die</strong> Grenzen <strong>der</strong> Gerechtigkeit."<br />

16<br />

Ein harscher, aber gerechtfertigter Vorwurf, denn hier tickt eine Zeitbombe. Ursprünglich<br />

geschaffen, <strong>die</strong> eigene Filmindustrie gegen ausländische Konkurrenz<br />

zu schützen, sind <strong>die</strong> Bestimmungen in <strong>der</strong> Praxis gegenstandslos geblieben. Eine<br />

nennenswerte Filmindustrie existiert in Deutschland nicht, <strong>die</strong> Majorität <strong>der</strong> Kinospielfilme<br />

erwächst Koproduktionen mit öffentlich-rechtlichen Anstalten. Erst <strong>die</strong><br />

gewinnorientierten Privatsen<strong>der</strong>, <strong>der</strong>en Investitionen <strong>die</strong> <strong>der</strong> Filmindustrie bei<br />

weitem überragen, verschaffen den fast vergessenen Paragraphen 88 bis 95 eine<br />

neue Bedeutung. Anhand des schlafenden Son<strong>der</strong>rechts lassen sich auch <strong>die</strong>se<br />

Branchen von lästigen Einsprüchen freistellen.<br />

16 Fromm/Nordemann S. 372 - Hervorhebg. im Original.


530 <strong>Florian</strong> <strong>Felix</strong> <strong>Weyh</strong><br />

Daß sich <strong>die</strong> großen Privatsen<strong>der</strong> Deutschlands - allen voran RTL - wenig um<br />

<strong>die</strong> Ansprüche <strong>der</strong> Urheber scheren <strong>und</strong> <strong>die</strong> Amerikanisierung <strong>der</strong> Branche vorantreiben,<br />

ist langst aktenk<strong>und</strong>ig. Lautet <strong>der</strong> Gr<strong>und</strong>gedanke unseres Urheberrechtes<br />

immer noch, daß <strong>der</strong> Schöpfer an je<strong>der</strong> wirtschaftlichen Auswertung seiner<br />

Werke beteiligt sein soll, praktizieren Sen<strong>der</strong> wie RTL das amerikanische „buyout"-System.<br />

Dabei werden Drehbuchautoren gegen Pauschalsummen, <strong>die</strong> nicht<br />

einmal <strong>die</strong> Höhe <strong>der</strong> Erstvergütung erreichen müssen, alle Wie<strong>der</strong>holungsrechte<br />

abgekauft; spätestens nach <strong>der</strong> zweiten o<strong>der</strong> dritten Ausstrahlung erwirtschaftet<br />

<strong>der</strong> Sen<strong>der</strong> gewinnträchtige Werbezeit zum Nulltarif. Wer <strong>die</strong> Taktrate des Immerwie<strong>der</strong>kehrenden<br />

in den letzten Jahren verfolgt hat, weiß, was das auf Länge<br />

<strong>der</strong> gesetzlichen Schutzfrist bedeutet - den Ausverkauf des Urhebers nach Gutsherrenart.<br />

Da <strong>die</strong> öffentlich-rechtlichen Anstalten davon nicht unberührt bleiben,<br />

rückt <strong>der</strong> Tag näher, an dem <strong>die</strong> Justitiare von ARD <strong>und</strong> ZDF ebenfalls aufs<br />

„buy-out"-Modell pochen werden. Der Markt nivelliert sich zu Lasten <strong>der</strong>er, <strong>die</strong><br />

ihn erst ermöglichen.<br />

3. Auch was sich im Fall John Huston wie ein großer Sieg <strong>der</strong> Berner Konvention<br />

ausnimmt, ist in Wirklichkeit ein trojanisches Pferd. Mit dem Beitritt <strong>der</strong> Briten<br />

<strong>und</strong> Amerikaner, mit den GATT-Verhandlungen <strong>und</strong> dem gemeinsamen Markt<br />

in Europa gelang es <strong>der</strong> Copyright-Fraktion, einen wesensverän<strong>der</strong>nden Zug ins<br />

Urheberrecht zu implantieren. Ihnen kam <strong>der</strong> Handlungsbedarf einer Wachstumsindustrie<br />

zugute, <strong>die</strong> sich vor Angriffen mangelhaft gefeit wähnte: <strong>der</strong> Computerindustrie.<br />

Eine EG-weit gültige Richtlinie zum Softwareschutz, flugs ins Urheberrecht<br />

<strong>der</strong> einzelnen Län<strong>der</strong> gehievt, schafft Schutz <strong>und</strong> neue Probleme. Ein Kenner<br />

<strong>der</strong> Materie faßt es bündig zusammen: „Man hat wirtschaftlich sinnvoll gehandelt,<br />

aber dem Urheberrecht einen Bären<strong>die</strong>nst erwiesen."<br />

Die Computerrechtsnovelle, seit 23. Juni 1993 zu nationalem Gesetz geworden,<br />

wertet den Programmcode buchstäblich als „literarisches Werk". Keine Analogie,<br />

son<strong>der</strong>n eine axiomatische Behauptung. Daß Programmierer damit Schriftsteller<br />

sind <strong>und</strong> Persönlichkeitsrechte beanspruchen können, beinhaltet sie nicht. Selbst<br />

bei Pauschalverträgen wäre das für <strong>die</strong> Industrie unpraktikabel, denn es hieße,<br />

daß jede individuelle Softwareinstallation <strong>der</strong> Rückfrage bedürfe. So griff man zu<br />

Ausnahmeregelungen, <strong>die</strong> als Bestandteil des Urheberrechts dasselbe weiträumig<br />

umgehen. Verklausuliert fand <strong>der</strong> Copyright-Begriff „work made for hire" Eingang<br />

in <strong>die</strong> Richtlinie, wonach sich ein Softwarehaus mit den festen Gehaltszahlungen<br />

für seine Programmierer aller späteren Ansprüche entziehen kann; Einwände<br />

17 Der Erdrutschsieg <strong>der</strong> Konservativen in Frankreich hat eine neue Lage bei den GATT-<br />

Verhandlungen geschaffen: Aus Sicht <strong>der</strong> Franzosen haben nationale Eigenheiten, zu<br />

denen das „droit moral" gezählt wird, Vorrang vor dem freien Welthandel. Ob sich<br />

<strong>die</strong>se als Protektionismus angefeindete Haltung politisch durchsetzen läßt, ist <strong>der</strong>zeit<br />

nicht absehbar.<br />

18 Mündliche Mitteilung von Dr. Joseph Drexel im Münchner Max-PIanck-Institut für<br />

Internationales Urheberrecht am 6.5.1992.


<strong>Geistiges</strong> <strong>Eigentum</strong> <strong>und</strong> Kommunikationstechnik 531<br />

gegen Entstellungen o<strong>der</strong> gar ein Rückrufrecht - angesichts möglicher, heute<br />

unabsehbarer Folgen durchaus angebracht - sind nicht vorgesehen.<br />

Das Urheberrecht für echte Literatur kennt ebenfalls Angestelltenverhältnisse,<br />

richtet sich dabei aber nach <strong>der</strong> sogenannten „Zweckübertragungstheorie", <strong>die</strong><br />

faustische Pakte ausschließt. Prinzipiell gelten übertragene Rechte immer nur für<br />

naheliegende Zwecke; beziehen sie sich auf entfernte Verwertungen, muß das<br />

ausdrücklich vereinbart werden. Nutzungsarten, <strong>die</strong> zum Vertragsabschluß gar<br />

nicht absehbar waren, weil sie auf neuen technischen <strong>Entwicklung</strong>en beruhen,<br />

kann man überhaupt nicht pauschal freigeben.<br />

Warum <strong>die</strong> EG-Bürokraten <strong>der</strong> Software eine solch privilegierte Stellung zubilligen,<br />

hat einen sehr praktischen Gr<strong>und</strong>: „Man hat nach einem Schutzrecht<br />

gesucht, das sofort internationalen Schutz bietet, <strong>und</strong> das sah man durch <strong>die</strong><br />

Gewährleistung des Urheberschutzes durch <strong>die</strong> Berner Konvention für gegeben<br />

an, denn <strong>die</strong> Berner Konvention schützt Schriftwerke. Ein Computerprogramm<br />

kann immer auch geschrieben werden." Auf Unterschiede in <strong>der</strong> „Text"-Qualität<br />

mochte man keinen Wert legen, <strong>und</strong> so trägt das Gesetz unverkennbare Züge<br />

einer industriepolitischen Morgengabe. An Einsprüchen dagegen fehlt es nicht.<br />

Karl Wenzel schreibt:<br />

„Würde das traditionelle Urheberrecht einen für Computerprogramme geeigneten Schutz<br />

bieten, wären gesetzliche Son<strong>der</strong>regelungen überflüssig <strong>und</strong> damit ebenso eine Richtlinie<br />

<strong>der</strong> EG. Deutlicher formuliert: Die Behauptung, <strong>der</strong> Richtlinienentwurf ziele auf <strong>die</strong><br />

Gewährung des Urheberschutzes für Computerprogramme ab, ist eine schriftliche Lüge.<br />

Lügen haben kurze Beine. Deswegen sollte (...) ein <strong>die</strong> Computerprogramme betreffendes<br />

beson<strong>der</strong>es Leistungsschutzrecht entwickelt werden." 21<br />

Schwierigkeiten bereitet den Juristen vor allem das Wesen des Computers: Eine<br />

Maschine, <strong>der</strong>en Bestimmung auf Anhieb nicht einleuchtet, <strong>die</strong> auf ein Geflecht<br />

von Energie, Materie <strong>und</strong> Information zurückgreifen muß, um überhaupt zu funktionieren.<br />

Während man <strong>der</strong> greifbaren, aber leeren Hardware leichten Herzens<br />

Patentschutz gewährt, steht man hilflos vor dem Mysterium ihrer unkörperlichen<br />

Be<strong>die</strong>nungsprogramme.<br />

In den Nie<strong>der</strong>ungen <strong>der</strong> Justiz, vorne an <strong>der</strong> Front <strong>der</strong> kleinen Staatsanwälte,<br />

hat sich in den letzten Jahren genügend Material für beißende Satiren angesammelt,<br />

das von EDV-Leuten gerne zitiert wird. Von den gelochten <strong>und</strong> abgehefteten<br />

Disketten ist da <strong>die</strong> Rede, <strong>die</strong>sen „nicht näher gekennzeichneten quadratischen,<br />

flachen Gegenständen aus hartem Kunststoff" mit „aus sich heraus nicht verständlichen<br />

Buchstaben <strong>und</strong> Zahlenkombinationen", <strong>der</strong>en Sinn „in <strong>der</strong> Wie<strong>der</strong>gabe<br />

von Zischlauten" liegt. Ein an<strong>der</strong>er Gedanke kommt dem Mysterium indes näher:<br />

19 Gerne lassen sich Verwerter <strong>der</strong>artige Zukunftsklauseln in <strong>die</strong> Verträge schreiben. Seit<br />

einer höchstrichterlichen Entscheidung über Videocassettenauswertung alter UFA-Filme<br />

- zur Herstellungszeit war <strong>die</strong> Technologie unbekannt - haben <strong>der</strong>artige Formulierungen<br />

keinen Bestand.<br />

20 Mündliche Mitteilung von Dr. Joseph Drexel am 6.5.1992.<br />

21 Wenzel, S. HO.


532 <strong>Florian</strong> <strong>Felix</strong> <strong>Weyh</strong><br />

„Das Computerprogramm ersetzt <strong>die</strong> Mechanik. Damit entspricht ein neues Computerprogramm<br />

funktionell einer neuen mechanischen <strong>Entwicklung</strong>, also einer neuen Maschi­<br />

,«22 ne."<br />

Kein „literarisches Werk", <strong>und</strong> es scheint nötig festzuhalten, wie fehlgeleitet <strong>die</strong><br />

fahrlässige Setzung <strong>der</strong> EG-Kommission ist. Das Hauptmerkmal aller Literatur,<br />

<strong>der</strong> unabdingbare Seelenanteil, fehlt dem Computerprogramm völlig; deshalb<br />

wird es auch nicht unvollständig veräußert, son<strong>der</strong>n total, bis aufs letzte Bit<br />

bestimmbar. Zwar ist es in einer Sprache abgefaßt, doch <strong>die</strong>nt sie nicht <strong>der</strong> Kommunikation,<br />

son<strong>der</strong>n stellt einen Befehlssatz dar - etwas extrem Undialogisches,<br />

rein Mechanisches, das alle flirrenden „Künstliche-Intelligenz"-Begriffe nicht zum<br />

Leben erwecken können. Im Urheberrecht hat Software nichts verloren; sie gehört<br />

ins Patentrecht o<strong>der</strong> angrenzende Bereiche <strong>und</strong> nicht dorthin, wo <strong>die</strong> kulturelle<br />

Identität eines Staates vor billiger Verramschung bewahrt wird. Mit dem fatalen<br />

Schritt <strong>der</strong> EG-Kommission beginnt <strong>die</strong> Demontage von innen. In gefährlicher<br />

Nähe zu Büchern <strong>und</strong> Musik, Bil<strong>der</strong>n <strong>und</strong> Filmen haust nun ein wesensfrem<strong>der</strong><br />

Gast, dessen krakenartige Virulenz man geflissentlich übersieht. Wie schnell eine<br />

scheinbar harmlose Technologie ins Zentrum <strong>der</strong> Gesellschaft vorstößt, zeigt sich<br />

am Beispiel <strong>der</strong> Kopiermaschinen.<br />

V. Die Kopiermaschine o<strong>der</strong> Habenwollen um jeden Preis<br />

1. Einer <strong>der</strong> beliebtesten Befehle des mo<strong>der</strong>nen Menschen lautet: copy. Schon ein<br />

neunzehnjähriger Abiturient besitzt in seinem Dutzend Aktenordnern mehr geronnene<br />

Erfahrung, als er sein ganzes Leben machen wird. Strebt er ein Studium<br />

an, so wird er Wagenladungen von Kopien heimwärts tragen, <strong>der</strong>en erschöpfende<br />

Lektüre zu Lebzeiten unmöglich ist - es sei denn, er enthält sich aller weltlichen<br />

Genüsse. Aber Kopien <strong>die</strong>nen auch nicht dem Lesen, sie <strong>die</strong>nen dem Besitz. Je<br />

mehr man davon anhäuft, desto sicherer fühlt man sich. Ein Student kann in <strong>die</strong><br />

Prüfung gehen, ohne sich vorzubereiten; er kann es nicht ohne einen Berg Kopien<br />

hinter sich. Daß Kopien ästhetisch unansehnlich, ergonomisch unpraktisch <strong>und</strong><br />

archivarisch unsinnig sind, tut ihrer Beliebtheit keinen Abbruch. Sie stehen in<br />

keinerlei Wettbewerb mit schön ausgestatteten Büchern. Ihre Papierqualität, ihre<br />

substantielle Randunschärfe, das bröckelnde Schwarz <strong>der</strong> Schriftzeichen - all <strong>die</strong>s<br />

stört nur eine Min<strong>der</strong>heit <strong>der</strong> Kopioten. Die Mehrheit bekommt das gar nicht mit,<br />

weil sie <strong>die</strong> Kopien gleich im Schrank verschwinden läßt. Überspitzt gesagt: Wir<br />

leben in einer Gesellschaft, <strong>die</strong> ihre Sinnfragen durch Kopieren löst. Kopieren ist<br />

kein Tatbestand, son<strong>der</strong>n eine Geisteshaltung. Darin verbinden sich zwei gegensätzliche<br />

Impulse: Kopien individualisieren <strong>und</strong> entindividualisieren zugleich. Sie<br />

machen das Persönliche in plötzlicher Massenhaftigkeit gewöhnlich, doch je<strong>der</strong><br />

glaubt, sein Leben damit zu bereichern.<br />

22 Wenzel, S. 106.


<strong>Geistiges</strong> <strong>Eigentum</strong> <strong>und</strong> Kommunikationstechnik 533<br />

Lange bevor <strong>die</strong> Xerographie o<strong>der</strong> das Tonband erf<strong>und</strong>en wurden, entstand<br />

das Prinzip Kopie aus <strong>der</strong> bürgerlichen Emanzipation <strong>und</strong> Produktion. Man kopierte<br />

Lebensweisen des Adels, <strong>und</strong> als es <strong>die</strong> technische <strong>Entwicklung</strong> erlaubte,<br />

kopierte man industriell den adligen Reichtum. Das 19. Jahrh<strong>und</strong>ert ist das Jahrh<strong>und</strong>ert<br />

<strong>der</strong> Kopie schlechthin; ganze Volkswirtschaften lebten davon. Die deutsche<br />

kupferte hemmungslos englische Patente ab, bis man einen Bestand durch<br />

Kopie gesichert hatte, den man dann mit Schutzgesetzen gegen Freibeuter verteidigte.<br />

Das Prinzip Kopie liegt als Keimzelle je<strong>der</strong> industriellen <strong>Entwicklung</strong><br />

zugr<strong>und</strong>e, es ist <strong>die</strong> Seele <strong>der</strong> Massenproduktion. Ist ein Markt gesättigt, indem<br />

alle Konsumenten Kopien <strong>der</strong> Gebrauchsgegenstände besitzen, gelangen Miniaturkopien<br />

industrieller Fertigungsanlagen in <strong>die</strong> privaten Haushalte - Geräte,<br />

<strong>der</strong>en Sinn es ist, Endprodukte herzustellen, <strong>die</strong> man bisher aus <strong>der</strong> Fabrik bezog.<br />

Parallel dazu tritt <strong>die</strong> dritte Generation <strong>der</strong> Maschinen an, <strong>die</strong> wie<strong>der</strong>um all das<br />

vervielfältigt, was zur Herstellung von Gebrauchsgegenständen <strong>und</strong> Fertigungsanlagen<br />

benötigt wird: Blaupausen des Geistes.<br />

Dieser historische Prozeß, <strong>der</strong> unsere Wohnungen mit kleinen Fertigungsanlagen<br />

vollgestopft hat, verlief vollkommen ideologiekonform. Einer expan<strong>die</strong>renden<br />

Wirtschaft <strong>die</strong>nen auf Gemeinschaftsnutzung angelegte Großgeräte nicht,<br />

<strong>der</strong>en Kosten so immens sind, daß man im Zweifelsfall Reparaturen <strong>und</strong> Renovierungen<br />

vorzieht, statt eine neue Einrichtung zu installieren. Die Industriegesellschaft<br />

ist aber kein Reparatur- <strong>und</strong> Renovierungsbetrieb, son<strong>der</strong>n ein exorbitanter<br />

Müllerzeuger; Müll sind ausgelesene Kopien. So muß <strong>der</strong> öffentliche Dorfbackofen<br />

dem heimischen Herd weichen, <strong>der</strong> Küchenherd dezentralen Mikrowellenstationen.<br />

Ein gewöhnliches Mietshaus mit sechs Parteien enthält heute mehr<br />

industrielle Technologie als ein Gewerbebetrieb vor dreißig Jahren. Gleichzeitig<br />

mit den Gemeinschaftsanlagen verschwindet <strong>der</strong> Ort zur unmittelbaren Kommunikation,<br />

<strong>die</strong> Vereinzelung greift Raum <strong>und</strong> gebiert <strong>die</strong> Informationsgesellschaft<br />

aus dem Geist <strong>der</strong> Kopie. 4<br />

Unter <strong>die</strong>sem Gesichtspunkt erscheinen <strong>die</strong> Sorgenkin<strong>der</strong> <strong>der</strong> elektronischen<br />

Revolution - Tonbandmaschinen <strong>und</strong> Videorekor<strong>der</strong>, Kopiergeräte <strong>und</strong> Computer<br />

- in einem an<strong>der</strong>en Licht. Sie ahmen alle Werkzeugmaschinen hochprofessioneller<br />

Couleur nach, ohne zugleich das Bewußtsein professioneller, also volkswirtschaftlich<br />

eingeb<strong>und</strong>ener Arbeit nach sich zu ziehen. Daß <strong>die</strong> Flut <strong>der</strong> Desktop-Publishing-Programme,<br />

<strong>der</strong> Massenvertrieb von Laserdruckern <strong>und</strong> <strong>der</strong> rasante<br />

Preisverfall bei Schriften ganze Branchen in den Ruin treibt, nimmt <strong>der</strong><br />

Endverbraucher gar nicht mehr wahr. Er ist auf seine neue Vernetzung in <strong>der</strong><br />

Volkswirtschaft nicht hingewiesen worden; bisher stand er immer am Ende <strong>der</strong><br />

wirtschaftlichen Kette. Seine changierende Identität zwischen Produzent <strong>und</strong> Kon-<br />

23 Diesem Muster folgen alle aufstrebenden Volkswirtschaften. Japan <strong>und</strong> Ostasien nach<br />

dem zweiten Weltkrieg, <strong>die</strong> Schwellenlän<strong>der</strong> heute.<br />

24 Herwig San<strong>der</strong> stellt <strong>die</strong> gegenteilige Behauptung auf: Das Kopiergerät habe den<br />

Dorfbrunnen ersetzt; dort treffe man sich zum eigentlichen Informationsaustausch. Ein<br />

Blick in <strong>die</strong> öde Wirklichkeit <strong>der</strong> Copyshops wi<strong>der</strong>legt <strong>die</strong> Annahme: Es ist zu laut, zu<br />

stickig <strong>und</strong> viel zu ungemütlich, um dort länger als nötig zu verweilen.


534<br />

<strong>Florian</strong> <strong>Felix</strong> <strong>Weyh</strong><br />

sument ist ihm unklar; daher fühlt er sich auch nicht im Unrecht, wenn er am<br />

Rande <strong>der</strong> Legalität operiert. Indem er eine Maschine kauft, <strong>die</strong> Kopieren erlaubt,<br />

muß ihm doch erlaubt sein, <strong>die</strong>se Vorzüge zu genießen. Soll man doch <strong>die</strong> Maschine<br />

verbieten!<br />

2. Die For<strong>der</strong>ung ist alt <strong>und</strong> naheliegend. Je<strong>der</strong> technischen Neuerung folgt <strong>die</strong><br />

Diskussion, wie man ihre Auswirkungen begrenzt, ihre Grenzüberschreitungen<br />

eindämmt. Kann man Maschinen, <strong>die</strong> illegalen Handlungen <strong>die</strong>nen, aus dem<br />

Verkehr ziehen? Selbst Waffen sind nach landläufiger Meinung nicht immer<br />

schlecht, nicht dann, wenn sie vor an<strong>der</strong>en Waffen schützen sollen. Im urheberrechtlichen<br />

Bereich beschäftigte vor einiger Zeit <strong>der</strong> Doppelvideorekor<strong>der</strong> <strong>die</strong><br />

Wissenschaft. Sein offensichtlicher Zweck liegt im mühelosen Kopieren geschützten<br />

Materials, also erwog man - rein akademisch - ein Verbot des Geräts. Der<br />

Ansatz mußte scheitern, denn nach dem Gr<strong>und</strong>satz „in dubio pro reo" kann eine<br />

private Nutzung - etwa Kopien selbstgefilmter Videos für <strong>die</strong> Verwandtschaft -<br />

nie ausgeschlossen werden, selbst wenn sie unwahrscheinlich ist. Solange nur ein<br />

Käufer den Videorekor<strong>der</strong> legal einsetzt, fehlt <strong>die</strong> rechtliche Handhabe für eine<br />

Prohibition. Legt <strong>der</strong> Hersteller dem Gerät darüber hinaus eine Warnung in <strong>der</strong><br />

Art von „Rauchen schadet Ihrer Ges<strong>und</strong>heit!" bei - etwa „Kopieren schadet Ihrem<br />

guten Leum<strong>und</strong>!" -, ist dem rechtlichen Gewissen genüge getan. Conclusio: Eine<br />

Maschine, <strong>die</strong> legal ziemlich sinnlos ist, ist noch lange nicht illegal, bloß weil ihr<br />

Sinn das nahelegt.<br />

Auch technische Kopiersperren gehören zu den angewandten Gegenstrategien.<br />

Daß sie rasch altern - was technisch absperrt, läßt sich auch technisch öffnen -<br />

tut ihrer Beliebtheit keinen Abbruch. Lediglich <strong>die</strong> meisten Softwarefirmen verzichten<br />

mittlerweile darauf, weil <strong>der</strong> Kopierschutz, konsequent gehandhabt, den<br />

Benutzern zu große Unbequemlichkeiten auferlegt. In vielen an<strong>der</strong>en Bereichen<br />

ist <strong>der</strong> Hang zu technischen Lösungen ungebrochen. Als letzter Schrei gelten<br />

japanische Digitalkopierer, <strong>die</strong> bestimmte Vorlagen erkennen <strong>und</strong> geschwärzt ausgeben<br />

o<strong>der</strong> sich ganz weigern, sie zu duplizieren. Geldscheine <strong>und</strong> Urk<strong>und</strong>en,<br />

beliebte Objekte in den Farbcopyshops, sollen so vor Fälschungen gefeit sein.<br />

Eine delikate Strategie; nicht, weil sie in den Bereich <strong>der</strong> Hochkriminalität<br />

hineinreicht, son<strong>der</strong>n weil sie das Dilemma des digitalen Zeitalters aufzeigt. Um<br />

den Geldschein zu erkennen, muß <strong>der</strong> Digitalkopierer eine Kopie seiner Gestalt<br />

im elektronischen Gedächtnis abgespeichert haben. Das Falschgeld ist also, zumindest<br />

fakultativ, bereits im Kopierer vorhanden. Ebenso „läuft" ein Programm<br />

auf dem Computer nur, wenn es ganz o<strong>der</strong> in Teilen in den Arbeitsspeicher kopiert<br />

wird. Das erklärt, warum Juristen <strong>und</strong> EDV-Leute kein gr<strong>und</strong>sätzliches Kopierverbot<br />

begründen können. Technisch wäre es zwar möglich, das Programm während<br />

des Arbeitsvorgangs in den virtuellen Speicher zu verlagern - es also auf<br />

<strong>der</strong> Festplatte o<strong>der</strong> Diskette zu löschen -, aber das hätte bei einem Stromausfall<br />

25 Das kopierfeste Papier einer kanadischen Firma - bei Belichtung ebenfalls selbstschwärzend<br />

- hätte schon <strong>die</strong> Raubdrucktheoretiker des 18. Jahrh<strong>und</strong>erts entzückt.


<strong>Geistiges</strong> <strong>Eigentum</strong> <strong>und</strong> Kommunikationstechnik 535<br />

den Totalverlust zur Folge. So behilft man sich, das eigentümliche Wesen des<br />

Computers verleugnend, mit einem Wirrwarr an Lizenzbestimmungen <strong>und</strong> ruft<br />

nach restriktiver Handhabung <strong>der</strong> Gesetze, <strong>die</strong> gleichwohl ihren Gegenstand verfehlen.<br />

Dabei sind <strong>die</strong> Probleme we<strong>der</strong> exklusiv, noch neu. Sie traten schon vor 70<br />

Jahren bei <strong>der</strong> Einführung des R<strong>und</strong>funks auf. Auch hier, das vergißt man leicht<br />

handelt es sich um einen massenhaften Kopiervorgang, <strong>der</strong> nur deshalb keinen<br />

Eingang ins herrschende Bewußtsein fand, weil er sich vor Erfindung des Magnetbandes<br />

nicht fixieren ließ; <strong>die</strong> potentiell unendliche Kopie „versendete" sich<br />

im Äther, Mit welchen Einbußen das verb<strong>und</strong>en war, merkten <strong>die</strong> Betroffenen<br />

rasch <strong>und</strong> griffen auf einen genossenschaftlichen Gedanken zurück, <strong>der</strong> in Frankreich<br />

Mitte des 19. Jahrh<strong>und</strong>erts entwickelt worden war: <strong>die</strong> Verwertungsgesellschaften.<br />

Ihr Gr<strong>und</strong>gedanke lautet, daß ein einzelner Urheber <strong>die</strong> Auswertungen seiner<br />

Werke nicht mehr überblicken, eine umspannende Organisation ihm jedoch zu<br />

seinem Recht verhelfen kann. Beson<strong>der</strong>s <strong>die</strong> GEMA geriet durch lückenlose Präsenz<br />

in den Ruf einer „Musikpolizei"; kein Gastwirt, kein Schützenfestveranstalter, <strong>der</strong><br />

sich nicht lautstark über ihre „Schnüffelei" beklagte. Das hat den willkommenen<br />

Effekt, daß sich je<strong>der</strong> <strong>der</strong> Illegalität seines Tuns bewußt ist, <strong>der</strong> eine öffentliche<br />

Musikveranstaltung ohne GEMA-Gebühren bestreitet. Ursprünglich war <strong>die</strong> Tätigkeit<br />

<strong>der</strong> Verwertungsgesellschaften rein individuell ausgerichtet; im Paris des<br />

19. Jahrh<strong>und</strong>erts kassierte <strong>die</strong> „Societe des Auteurs, Compositeurs et Editeurs de<br />

Musique" bei den Konzertcaföbetreibern im Namen <strong>der</strong> jeweiligen Komponisten<br />

ab. Dieses Prinzip läßt sich noch auf R<strong>und</strong>funk, Film <strong>und</strong> Fernsehen übertragen,<br />

<strong>die</strong> Titel für Titel auf <strong>der</strong> Abrechnung angeben, versagt aber bei Magnetaufzeichnungen<br />

<strong>und</strong> Fotokopien im privaten Bereich. Wer welches Werk in welchem<br />

Umfang aus dem Copyshop nach Hause nimmt, läßt sich nicht mehr individuell<br />

ermitteln. Um nicht vollkommen vor den technischen Me<strong>die</strong>n <strong>der</strong> zweiten Generation<br />

zu kapitulieren, warf man das geheiligte Individualitätsprinzip über Bord:<br />

Nunmehr steht <strong>die</strong> Vermutung Pate bei <strong>der</strong> Auszahlung <strong>der</strong> Tantiemen.<br />

3. Wer darin einen juristischen Sittenverfall sieht, mag sich mit dem Gedanken<br />

an <strong>die</strong> Sozialbindung des <strong>Eigentum</strong>s trösten. Auch geistiges <strong>Eigentum</strong> unterliegt<br />

ihr, wird indes vom Bürger weit großzügiger interpretiert als im Falle seines<br />

eigenen Vorgartens. Paragraph 53 des Urheberrechtsgesetzes regelt sehr genau,<br />

wann Fotokopien erlaubt <strong>und</strong> mit <strong>der</strong> Kopierabgabe abgegolten sind. Die gängige<br />

studentische Praxis, ganze Bücher abzulichten, weil Fachliteratur teuer ist, verstößt<br />

nach wie vor gegen geltendes Recht. Bücher darf man erst kopieren, wenn sie<br />

über zwei Jahre im Buchhandel vergriffen sind - <strong>und</strong> dann auch nur zu rein<br />

26 Der B<strong>und</strong>esgerichtshof hat in einem Gr<strong>und</strong>satzurteil nachdrücklich bekräftigt, daß <strong>die</strong><br />

Privatsphäre des Bürgers wichtiger ist als <strong>die</strong> Ansprüche des Urhebers auf namentliche<br />

Vergütung. Je<strong>der</strong> individuelle Nachweis, wohin eine Kopie gewan<strong>der</strong>t ist, würde in<br />

einem Überwachungsstaat enden.


536 <strong>Florian</strong> <strong>Felix</strong> <strong>Weyh</strong><br />

privaten Zwecken. Darum kümmert sich fast niemand, denn <strong>die</strong> Einführung <strong>der</strong><br />

Kopierabgabe stellt im Rechtsbewußtsein <strong>der</strong> Menschen eine Quasi-Legitimation<br />

aller Kopiervorgänge dar. Trotzdem schielt man an<strong>der</strong>norts neidisch auf <strong>die</strong> Verwertungsgesellschaften<br />

von Musik, Literatur <strong>und</strong> Film. Eine Leerdiskettenabgabe<br />

wird von Programmierern immer wie<strong>der</strong> gefor<strong>der</strong>t.<br />

Das ist weit schwieriger als im Musik- <strong>und</strong> Videobereich, weil Raubkopien<br />

nur einen Bruchteil <strong>der</strong> verkauften Disketten füllen, während <strong>der</strong> Löwenanteil<br />

auf <strong>die</strong> legale Datensicherung fällt. Aufschlußreich zudem <strong>die</strong> Frage <strong>der</strong> Wertrelationen:<br />

„Die nächste große Abweichung zum Musikbereich besteht darin, daß <strong>die</strong> Preisspanne für<br />

eine bespielte Schallplatte, einer bespielten Musikcassette o<strong>der</strong> bespielten Compactdisk<br />

relativ eng ist. Demgegenüber können sich beispielsweise auf zehn technisch gleichwertigen<br />

Disketten Low-Cost-Computerspiele für insgesamt DM 100,00 o<strong>der</strong> ein hochwertiges<br />

CAD-Programm für mehrere tausend Mark befinden. Infolge <strong>die</strong>ser starken Abweichungen<br />

(...) dürfte eine Verwertungsgesellschaft im EDV-Bereich für <strong>die</strong> Erhebung von Leerdiskettenabgaben<br />

o<strong>der</strong> <strong>der</strong>gleichen nicht praktikabel sein." 27<br />

Die Wertrelationen stellen eines <strong>der</strong> größten Probleme für <strong>die</strong> Verwertungsgesellschaften<br />

dar. Die Industriezweige, bei denen man <strong>die</strong> Kopierabgaben kassiert,<br />

rechnen den vergütungspflichtigen Anteil <strong>der</strong> Kopien möglichst niedrig, <strong>und</strong> niemand<br />

kann das schlüssig wi<strong>der</strong>legen. Es bleibt beim statistischen Spiel, an dessen<br />

Ausgang, staatlich verordnete zwei Pfennige pro Blatt stehen - eine lächerliche<br />

Marge angesichts <strong>der</strong> bekannten Kopierbereitschaft fortgeschrittener Zivilisationen.<br />

Im Verhältnis <strong>der</strong> Verwertungsgesellschaften zum einzelnen Mitglied setzt<br />

sich <strong>die</strong>se Indifferenz fort. Für <strong>die</strong> wichtigsten Nutzungsarten erhält <strong>der</strong> Urheber<br />

eine Tantieme, <strong>die</strong> mit seinem persönlichen Werk in keinerlei Beziehung mehr<br />

steht. Mag es hie <strong>und</strong> da bei beson<strong>der</strong>s erfolgreichen Autoren <strong>und</strong> Komponisten<br />

noch eine nachweisbare Verbindung geben - wer in den Charts auf Platz eins<br />

steht, wird wirklich häufig auf Cassette überspielt -, so ist <strong>der</strong> Verteilungsplan<br />

für das Gros <strong>der</strong> Urheber ein stochastisches Mysterium. Gewiß eines, dessen<br />

Früchte man gerne einstreicht, über dessen Bedeutung man sich aber kaum Gedanken<br />

macht.<br />

Gibt es überhaupt Alternativen? Zwischen <strong>der</strong> genossenschaftlichen Verteilung<br />

anonymer Masseneinnahmen <strong>und</strong> dem unrealistischen totalen Kopierverbot behauptet<br />

sich allenfalls <strong>die</strong> Shareware als Idee. Darunter versteht man Computerprogramme,<br />

<strong>die</strong> gegen geringe Materialgebühr frei kopiert werden dürfen. Die<br />

Anwen<strong>der</strong> sollen sich aber nach einer Testphase beim Softwareproduzenten registrieren<br />

lassen; dafür zahlen sie eine dem Kaufpreis ähnliche Lizenzgebühr <strong>und</strong><br />

erhalten <strong>die</strong> aktuelle Programmversion mit Handbüchern <strong>und</strong> fachk<strong>und</strong>iger Unterstützung.<br />

Wer sich nicht registrieren läßt, das Programm aber weiterhin nutzt,<br />

wird nicht als Straftäter betrachtet - das ist <strong>der</strong> Unterschied zur normalen Praxis.<br />

Ein paradoxes Prinzip, weil es exakt auf <strong>die</strong> Voraussetzungen zurückgreift, <strong>die</strong><br />

27 Gravenreuth, S. 115.


<strong>Geistiges</strong> <strong>Eigentum</strong> <strong>und</strong> Kommunikationstechnik 537<br />

<strong>der</strong> Kopiergesellschaft verlorengegangen sind: wirtschaftliches Augenmaß <strong>und</strong><br />

Rechtsgefühl. Genausogut könnten <strong>die</strong> Firmen ihre Programme zum normalen<br />

Kaufpreis anbieten, denn wer registrierwillig ist, bezahlt auch seine übrige Software.<br />

Shareware-Firmen leben vom schmalen Reservoir <strong>der</strong> ehrlichen K<strong>und</strong>en,<br />

kaum mehr als 10 % <strong>der</strong> potentiellen Käuferschaft; <strong>die</strong> Majorität ignoriert jeden<br />

moralischen Appell.<br />

4. Tatsächlich kennt niemand <strong>die</strong> Gründe, warum das eine Programm sich verkauft,<br />

das an<strong>der</strong>e vornehmlich schwarz kopiert wird. Computerprogramme kosten viel<br />

Geld; bei einigermaßen professionellen Ansprüchen ist man für eine Datenbank<br />

o<strong>der</strong> ein Textverarbeitungssystem zwischen achth<strong>und</strong>ert <strong>und</strong> zweitausend Mark<br />

los. Kritiker sagen seit langem: Wären <strong>die</strong> Programme billiger, gäbe es weniger<br />

Anreiz, sie zu kopieren. Diese Kritiker sind pragmatisch, denn sie sehen, daß <strong>die</strong><br />

Zahlungsmoral mit <strong>der</strong> Hohe <strong>der</strong> Lizenzgebühren zusammenhängt; <strong>der</strong> Kopieranreiz<br />

steigt proportional dazu. Dabei nimmt mit <strong>der</strong> Größe des Verbrechens nicht<br />

einmal das Risiko zu; ob man an einem Nachmittag für tausend o<strong>der</strong> fünfzigtausend<br />

Mark Software zusammenkopiert, macht kaum einen Unterschied, erwischt<br />

wird sowieso niemand.<br />

Und so wimmelt es in b<strong>und</strong>esdeutschen Haushalten von wild gesammeltem<br />

Hehlergut ohne Rücksicht auf den praktischen Nutzen. Der vierzehnjährige Schüler<br />

hortet kieferorthopädische Spezialprogramme, <strong>der</strong> Lehrer Baustatiksoftware,<br />

<strong>der</strong> Journalist CAD- <strong>und</strong> CIM-Programme. Unter <strong>die</strong>ser Perspektive schrumpfen<br />

<strong>die</strong> von <strong>der</strong> Industrie herausgegebenen Schadensbilanzen zu äußerst spekulativen<br />

Zahlenwerken. Sie gehen davon aus, daß je<strong>der</strong> Raubkopierer <strong>die</strong> gestohlenen<br />

Programme kaufen würde, könnte er sie nicht stehlen.<br />

Zwar verschwindet bei Softwaredelikten im Gegensatz zum gewöhnlichen<br />

Diebstahl <strong>die</strong> Ware nicht - im Gegenteil, sie verdoppelt sich -, doch daß <strong>der</strong><br />

potentielle Käufer mit dem Dieb identisch sei, folgt wohl eher einer Wunschvorstellung.<br />

Möglicherweise ist <strong>der</strong> Anteil von Registrierwilligen bei <strong>der</strong> Shareware<br />

zahlenmäßig identisch mit dem Anteil <strong>der</strong> Käufer hochwertiger Software, <strong>und</strong><br />

<strong>der</strong> wie<strong>der</strong>um identisch mit dem tatsächlichen Bedarf an Programmen im kleingewerblichen<br />

<strong>und</strong> privaten Bereich. Die Industrie hat in den Goldgräberjahren<br />

hoch gepokert <strong>und</strong> sich in Hinblick auf den Massenmarkt gründlich verschätzt.<br />

Gebraucht werden allenfalls Spiele, <strong>der</strong>en Nützlichkeit beim homo ludens unumstritten<br />

sind; bezeichnen<strong>der</strong>weise liegen ihre Preise im Akzeptanzbereich vergleichbarer<br />

Freizeitaufwendungen. Daß große Industrieunternehmen für fünfh<strong>und</strong>ert<br />

Rechner nur eine Datenbank- o<strong>der</strong> Textverarbeitungslizenz erwerben, steht<br />

auf einem an<strong>der</strong>en Blatt, läßt sich aber wesentlich einfacher handhaben. Empfind-<br />

28 Einer Umfrage <strong>der</strong> amerikanischen Zeitschrift „PC Computing" zufolge halten 87 %<br />

<strong>der</strong> Computerbesitzer Raubkopien für gerechtfertigt: „Wer hat schon während <strong>der</strong><br />

Arbeitszeit <strong>die</strong> Gelegenheit, <strong>die</strong> Handbücher genau zu lesen? Dadurch daß <strong>der</strong> Anwen<strong>der</strong><br />

<strong>die</strong> eigene Freizeit investiert, wird er zum loyalen K<strong>und</strong>en. Die Hersteller sollten<br />

endlich erkennen, daß <strong>die</strong>se Art von 'Heimarbeit' ein wesentlicher Faktor ist, um<br />

K<strong>und</strong>en bei <strong>der</strong> Stange zu halten." (Zit. nach „Windows Magazin" 8/93).


538<br />

<strong>Florian</strong> <strong>Felix</strong> <strong>Weyh</strong><br />

liehe Bußgel<strong>der</strong> machen den Wertvorteil schnell zunichte, <strong>der</strong> strafrechtliche Zugriff<br />

ist ohne Verletzung <strong>der</strong> Privatsphäre möglich.<br />

5. Fürs psychologische Verständnis <strong>der</strong> Kopiergesellschaft ist <strong>die</strong>s alles unbedeutend.<br />

Der Schlüsselbegriff lautet: „free flow of information". Geprägt haben ihn<br />

<strong>die</strong> Verfechter des geistigen Welthandels, <strong>die</strong> für eine globale Vereinheitlichung<br />

<strong>der</strong> Urheberrechte eintreten. Überall soll das Gleiche geschützt, dasselbe erlaubt<br />

sein. Nur so kann ein wirklich freier Handel mit geistigen Produkten eintreten,<br />

lohnen sich <strong>die</strong> Investitionen <strong>der</strong> Me<strong>die</strong>ngiganten.<br />

Ferdinand Sieger, Doyen des deutschen Urheberrechts, attestiert dem „free<br />

flow of information" hingegen eine „drogenhafte Anziehungskraft". Fürwahr:<br />

Der Slogan klingt nach griffigem Naturrecht, nach einem Axiom <strong>der</strong> Informationsgesellschaft.<br />

„Free flow of information" bedeutet über Zensurfreiheit hinaus Kommunikation<br />

in weltumspannenden Netzen, Satellitenfernsehen bis in den hintersten<br />

Winkel <strong>der</strong> Erde, den Austausch aller Daten. Das klingt utopisch, demokratisch,<br />

dezentralisierend, ist aber ganz an<strong>der</strong>s gemeint. Denn <strong>der</strong> Ausschluß vom<br />

„freien Fluß" für all <strong>die</strong>jenigen, <strong>die</strong> ihn nicht bezahlen können, gehört wie selbstverständlich<br />

zum Begriff dazu.<br />

Mit an<strong>der</strong>en Worten: Der schöne Terminus ist ein Begriff des Warenverkehrs,<br />

keiner <strong>der</strong> informellen Selbstbestimmung. Er wird bereits heute von multinationalen<br />

Me<strong>die</strong>nkonzernen okkupiert, <strong>die</strong> afrikanische Fernsehsen<strong>der</strong> mit amerikanischen<br />

Seifenopern versorgen, während sie eine Quotierung zugunsten heimischer<br />

Produktionen als Handelsbarriere ansehen. Vollends ausgeklammert ist <strong>der</strong><br />

Endverbraucher, <strong>der</strong> den gigantischen Me<strong>die</strong>naufwand bezahlen soll <strong>und</strong> einen<br />

wirklich freien Informationszugang nur noch in Form von Bibliotheken hat, sofern<br />

ihm sein Staat das zugesteht. Dagegen hat <strong>die</strong> Kopiergesellschaft eine kleine<br />

Anarchie entwickelt. Genauer: Die Kopiergesellschaft befindet sich im Zustand<br />

<strong>der</strong> Anarchie. Sie fragt nicht nach dem Nutzen <strong>der</strong> Kopie, son<strong>der</strong>n drückt ihren<br />

Protest gegen <strong>die</strong> totale Bewirtschaftung des Geistes aus. In dem Maße, in dem<br />

<strong>die</strong> Information zur Natur des Alltags wird, wächst dem Kopieren <strong>die</strong> symbolische<br />

Bedeutung des M<strong>und</strong>raubs zu. Man nimmt sich, was an<strong>der</strong>en gehört, jedoch<br />

gestern noch allgemein zugänglich war. Am Kopiergerät vollziehen sich <strong>die</strong> letzten<br />

Ausläufer <strong>der</strong> französischen Revolution: Schneisen <strong>der</strong> Freiheit in <strong>die</strong> Reviere <strong>der</strong><br />

Me<strong>die</strong>nkonzerne!<br />

29 Bismarck/Gaus/Kluge/Sieger, S. 165.<br />

Fortsetzung im nächsten Heft


<strong>Geistiges</strong> <strong>Eigentum</strong> <strong>und</strong> Kommunikationstechnik 539<br />

Literatur<br />

Amtsblatt <strong>der</strong> Europäischen Gemeinschaften Nr. L122/42 vom 17.5.1991.<br />

Bismarck/Gaus/Kluge/Sieger, 1985: Industrialisierung des Bewußtseins, München.<br />

Bosse, Heinrich, 1981: Autorschaft ist Werkherrschaft, München.<br />

Braun, Thorsten, 1990: „Bedeuten Herstellung <strong>und</strong> Vertrieb von Doppel-Videorekor<strong>der</strong>n<br />

eine Urheberrechtsverletzung?", in: Zeitschrift für Urheber- <strong>und</strong> Me<strong>die</strong>nrecht (- ZUM)<br />

11/1990, Baden-Baden.<br />

Brecht, Bert, 1960: Das Dreigroschenbuch, Frankfurt a.M.<br />

Edelmann, Bernard, 1992: „Das anwendbare Recht bei <strong>der</strong> Verwertung nachkolorierter<br />

amerikanischer Filme in Frankreich", in: Gewerblicher Rechtsschutz <strong>und</strong> Urheberrecht<br />

International (- GRUR Int.) 4/1992, Weinheim.<br />

Fromm/Nordemann, 1988: Urheberrecht, 7. Aufl., Stuttgart.<br />

Gravenreuth, Günther Frhr. von, 1992: Computerrecht von A-Z, München.<br />

O'Chotjewitz, Peter, 1987: „Geistiger Diebstahl o<strong>der</strong> schöpferischer Dialog?", in: Die Fe<strong>der</strong><br />

9/1987, S. 29-32.<br />

Schmidt, Arno, 1991: Die Gelehrtenrepublik, Frankfurt a.M.<br />

Schmidt-Szalewski, Joanna, 1993: „Die theoretischen Gr<strong>und</strong>lagen des französischen Urheberrechts<br />

im 19. <strong>und</strong> 20. Jahrh<strong>und</strong>ert", in: Gewerblicher Rechtsschutz <strong>und</strong> Urheberrecht<br />

International (- GRUR Int.) 3/1993, Weinheim.<br />

Wenzel, Karl Egbert, 1991: „Problematik des Schutzes von Computer-Programmen", in:<br />

Gewerblicher Rechtsschutz <strong>und</strong> Urheberrecht (- GRUR) 2/1991, Weinheim.<br />

Wieser, Harald, 1991: Von Masken <strong>und</strong> Menschen, Zürich.


<strong>Florian</strong> <strong>Felix</strong> <strong>Weyh</strong><br />

<strong>Geistiges</strong> <strong>Eigentum</strong> <strong>und</strong> <strong>die</strong> <strong>Entwicklung</strong> <strong>der</strong><br />

Kommunikationstechnik, Teil II: Mein <strong>und</strong> Dein im<br />

weißen Rauschen<br />

J. Vorrede<br />

Im vorigen Heft (Leviathan 4/93) habe ich versucht, <strong>die</strong> historische <strong>Entwicklung</strong><br />

des Urheberrechts in Beziehung zur technologischen Me<strong>die</strong>nentwicklung zu setzen.<br />

Recht entsteht im Me<strong>die</strong>nbereich durch Technik, lautete eine Hypothese, <strong>und</strong><br />

es wird durch Technik ständig im Status quo bedroht. Ein ausführlicher Streifzug<br />

durch <strong>die</strong> unterschiedlichen Denkschulen des europäischen „droit moral" <strong>und</strong><br />

des amerikanischen Copyrights ergab eine deutlich bessere Adaptionsfähigkeit<br />

des Copyright-Modells auf <strong>die</strong> gegenwärtige me<strong>die</strong>ntechnologische Revolution.<br />

Das marktorientierte Copyright, das sich im Verkaufsvorgang gänzlich vom Urheber<br />

ablöst <strong>und</strong> keine unveräußerlichen, handelshemmende Persönlichkeitsrechte<br />

enthält, wird im Me<strong>die</strong>nhandel <strong>der</strong> Zukunft <strong>die</strong> führende Rolle spielen - zugunsten<br />

internationaler Me<strong>die</strong>ntrusts, auf Kosten einzelner Urheber.<br />

Wie sehr <strong>die</strong> technische <strong>Entwicklung</strong> <strong>die</strong> philosophischen Gr<strong>und</strong>lagen des<br />

geistigen <strong>Eigentum</strong>s demontiert hat, zeigt sich in <strong>der</strong> Entstehung <strong>und</strong> <strong>Entwicklung</strong><br />

<strong>der</strong> Kopiergesellschaft. Ihr Drang nach umfassen<strong>der</strong> Verbreitung aller Informationen,<br />

dem „free flow of Information", löst allmählich das Verständnis von Individualität<br />

<strong>und</strong> Originalproduktion auf. Die Kopiergesellschaft vermag <strong>die</strong> Originale<br />

zwar noch zu erkennen, bewertet sie aber nicht mehr als herausragend <strong>und</strong><br />

strebt ihre Entzauberung durch perfekte Plagiate an. Im elektronischen Warenverkehr<br />

<strong>der</strong> Zukunft löst sich <strong>der</strong> dualistische, vom Falsifikat abgrenzbare Originalbegriff<br />

zur Gänze auf.<br />

IT. Die Welt ist Multimedia o<strong>der</strong> Der digitale Brei<br />

1. Vor dreißig Jahren hätte kaum jemand <strong>die</strong> Behauptung akzeptiert, daß Musik<br />

<strong>und</strong> Malerei, Literatur <strong>und</strong> Fotografie, Film, Fernsehen, R<strong>und</strong>funk, sämtliche<br />

Drucktechnologien, <strong>der</strong> Geldverkehr <strong>und</strong> das Archivwesen eines Tages in ihren<br />

Bausteinen identisch sein werden. Während <strong>die</strong> Physiker vergeblich nach einer<br />

einheitlichen Feldformel zur Verschmelzung von Materie- <strong>und</strong> Energietheoremen<br />

suchen, haben <strong>die</strong> Computertechnologen <strong>die</strong> einheitliche Weltformel längst ge-


<strong>Geistiges</strong> <strong>Eigentum</strong> <strong>und</strong> Kommunikationstechnik, Teil II 95<br />

f<strong>und</strong>en. Sie lautet 0/1 <strong>und</strong> ist jedem Zehnjährigen vertraut. Indem sie <strong>die</strong> Bedingungen<br />

vereinheitlicht, unter denen bisher getrennte Vorgänge abliefen, ersetzt<br />

sie herkömmliche Trägermaterialien, nivelliert <strong>die</strong> Unterschiede zwischen einzelnen<br />

Me<strong>die</strong>n <strong>und</strong> bietet Komplettlösungen für alle Sinneswahrnehmungen an.<br />

Nur <strong>der</strong> technisch unbedarfte Mensch fragt sich, wie solch eine krasse Reduzierung<br />

<strong>der</strong> Welt gerecht werden soll. Die Frage trifft den Sachverhalt nicht. Die<br />

Computerisierung schafft erst <strong>die</strong> Fakten, um dann <strong>die</strong> Beweislast umzudrehen.<br />

Aus dem Wittgensteinschen „Welt ist alles, was <strong>der</strong> Fall ist" wird ein „Welt ist<br />

alles, was sich digitalisieren läßt". Neil Postman hat <strong>die</strong>sen Vorgang auf einen<br />

einfachen Nenner gebracht:<br />

„Eine neue Technologie fügt nichts hinzu <strong>und</strong> zieht nichts ab. Sie verän<strong>der</strong>t vielmehr<br />

alles." 1<br />

Jede Sinneswahrnehmung läßt sich mit 0 <strong>und</strong> 1 darstellen. Je komplexer sie ist,<br />

je mehr Nuancen sie umfaßt, um so größer sind <strong>die</strong> Cluster von 0/1-Abfolgen.<br />

Zu Beginn <strong>der</strong> Computertechnologie waren <strong>die</strong> Speicher klein, <strong>die</strong> Rechner langsam<br />

- kein Nährboden für Visionen, wie wir sie heute bereits als Wirklichkeit<br />

erleben. Schwer vorhersehbar <strong>der</strong> Sprung vom rein quantitativen Zuwachs zur<br />

qualitativen Verän<strong>der</strong>ung. Überschreitet <strong>die</strong> Masse <strong>der</strong> Rechenmaschine - in <strong>die</strong>sem<br />

Fall <strong>die</strong> Speicherkapazität <strong>und</strong> Rechengeschwindigkeit - einen kritischen<br />

Punkt, wird aus ihr eine Weltmaschine, ein universales Wirklichkeitsgerät. Nun<br />

stehen mit <strong>der</strong> Hilfe von nachgeahmten Sinnesorganen (Maus, Tastatur, Scanner)<br />

unterschiedslos alle Informationen zur Bearbeitung bereit; <strong>der</strong> Computer frißt<br />

nicht nur mathematische Daten, son<strong>der</strong>n auch als Daten aufbereitete Empfindungen,<br />

Gefühle <strong>und</strong> gefühlserzeugende Zeichen. Daß dahinter Menschengeist, Phantasie<br />

<strong>und</strong> empathische Begabung steckt, verschwindet im Auf <strong>und</strong> Ab <strong>der</strong> elektronischen<br />

Impulse. Kein Subjekt lenkt den Datenstrom, er ist objektiv <strong>und</strong> allgegenwärtig<br />

- <strong>und</strong> er gehört niemandem. Während <strong>die</strong> schweren Tischgeräte allmählich<br />

auf Aktentaschenformat schrumpfen, unterwan<strong>der</strong>t <strong>die</strong> Technologie vertraute<br />

Gegenstände.<br />

Längst ist ein Klavier kein Klavier mehr, beim genauen Hinsehen erkennt man<br />

einen Diskettenschlitz links oben in <strong>der</strong> Ecke, von einem Zierdeckchen züchtig<br />

verhüllt. In Synthesizern klingen keine Saiten, auch keine elektromechanischen<br />

Schwingkreise aus Spulen <strong>und</strong> Kondensatoren, son<strong>der</strong>n hauchfeine Siliziumplättchen.<br />

Das mechanische W<strong>und</strong>erwerk einer Spiegelreflexkamera wird von einem<br />

Siliziumplättchen gesteuert, <strong>und</strong> in Transistorradios sind <strong>die</strong> Bauteile, nach denen<br />

1 Postman, S. 26.<br />

2 „Die Rolle ist dem Disklavier-Flügel auf den samtschwarzen Leib geschrieben. Denn<br />

er läßt sich nicht nur virtuos spielen, son<strong>der</strong>n kann jedes Klavierstück auf Diskette<br />

aufzeichnen. Zur Wie<strong>der</strong>gabe werden Tasten <strong>und</strong> Pedale elektronisch exakt so bewegt,<br />

wie es <strong>der</strong> Spieler tat. Keine Reproduktion ertönt, son<strong>der</strong>n <strong>der</strong> Originalklang eines<br />

akustischen Flügels, <strong>der</strong> Musikfre<strong>und</strong>e in aller Welt begeistert. Von hervorragenden<br />

Pianisten bespielte Disketten bietet <strong>die</strong> Piano Soft Kollektion." (Aus einer Anzeige <strong>der</strong><br />

Firma Yamaha)


96 <strong>Florian</strong> <strong>Felix</strong> <strong>Weyh</strong><br />

sie benannt wurden, längst nicht mehr erkennbar - verschw<strong>und</strong>en in <strong>der</strong> Millionenzahl<br />

eines Siliziumplättchens. Es gibt Bereiche mit höherem <strong>und</strong> niedrigerem<br />

Digitalisierungsgrad, mit größeren <strong>und</strong> kleineren Wi<strong>der</strong>ständen gegen <strong>die</strong> Vereinheitlichung,<br />

aber das Angriffsziel ist klar: Auslöschung aller gewohnten Verarbeitungsformen.<br />

Denn digitale Reize kommen in <strong>der</strong> Natur nicht vor. Was auf unsere<br />

Sinnesorgane einwirkt - Licht, Töne, Düfte <strong>und</strong> Berührungen - erfolgt stets stufenlos,<br />

nicht schrittweise; es ist nie rein, son<strong>der</strong>n mit tausend Ober- <strong>und</strong> Untertönen,<br />

Schattierungen <strong>und</strong> Undeutlichkeiten durchsetzt. Rufen wir uns einen zentralen<br />

erkenntnistheoretischen Sachverhalt ins Gedächtnis:<br />

„Alle unsere Wirklichkeiten sind wahrgenommen. Wir überprüfen sie an an<strong>der</strong>en Wahrnehmungen.<br />

Ein Zugriff auf eine nicht wahrgenommene Wirklichkeit ist unmöglich." 3<br />

Im Zuge <strong>der</strong> Digitalisierung verringern sich <strong>die</strong> Unterschiede einzelner Wahrnehmungsformen.<br />

Eine Referenzwirklichkeit, anhand <strong>der</strong>er wir sie überprüfen können,<br />

wird es innerhalb <strong>der</strong> Me<strong>die</strong>n nicht mehr lange geben, <strong>und</strong> außerhalb entgleitet<br />

uns <strong>die</strong> Welt in wachsendem Maße. Zwischen einer Lithographie, einem Gemälde<br />

<strong>und</strong> einer Fotografie desselben Gegenstands liegen noch Welten. Digitalisiert man<br />

<strong>die</strong> drei Originalvorlagen <strong>und</strong> bietet sie auf einem Bildschirm dar, rücken <strong>die</strong><br />

divergierenden Eindrücke näher zusammen. Das Tageslicht, das <strong>die</strong> Bildwahrnehmung<br />

im Gehirn erzeugte, aber von ganz unterschiedlichen Oberflächen reflektiert<br />

wurde, ist jetzt dem einheitlichen Kathodenstrahl gewichen. Wo Farbtöne changierten,<br />

Schärfe <strong>und</strong> Unscharfe durch unregelmäßige Farbpartikel ineinan<strong>der</strong> übergingen,<br />

herrscht nun <strong>die</strong> exakte Grenze zwischen 0 <strong>und</strong> 1, Sein <strong>und</strong> Nichtsein.<br />

Daß sich <strong>der</strong> Wandel nicht konfliktfrei vollzieht, zeigt <strong>die</strong> andauernde Auseinan<strong>der</strong>setzung<br />

um digitalisierte Musik. Nach Einführung <strong>der</strong> CD vor zehn Jahren<br />

erhob sich rasch <strong>der</strong> Protest empfindsamer Musikliebhaber. Sie beklagten den<br />

„sterilen Klang" <strong>und</strong> wurden von den Enthusiasten des technischen Fortschritts<br />

verlacht. Die Unmutsäußerungen hielten jedoch an, bis sich <strong>die</strong> Wissenschaft <strong>der</strong><br />

Sache widmete. Je nach Fakultät - objektive Physik vs. subjektorientierter Psychoakustik<br />

- gab man beiden Seiten recht, den Puristen wie den Technikfre<strong>und</strong>en.<br />

Mittlerweile weiß man, daß das neue System nicht nur Informationen unterschlägt,<br />

son<strong>der</strong>n auch welche hinzufügt. Wie jede Technik besitzt <strong>die</strong> digitale eine eigene<br />

Struktur, <strong>die</strong> <strong>die</strong> Musik mit fremden Mustern außerhalb unseres Wahrnehmungsbereichs<br />

überlagert <strong>und</strong> das ganzheitliche Hörerlebnis beeinflußt. Je<strong>der</strong> Konzertbesucher<br />

kennt <strong>die</strong> Differenz zwischen Erlebnis <strong>und</strong> Konserve; eine Aufnahme<br />

enthält nur den Bruchteil <strong>der</strong> Ausdruckswelt eines Konzerts. Je stärker <strong>die</strong> technische<br />

Seite <strong>der</strong> Aufnahme in den Vor<strong>der</strong>gr<strong>und</strong> rückt - <strong>der</strong> glasklare Klang <strong>der</strong><br />

CD -, desto spürbarer <strong>der</strong> Mangel an Ausdruck. Vielleicht hat Rainer Patzlaff<br />

3 HejLS. 222.<br />

4 Der Streit ist auch ein Methodenstreit: Wenn man heute, nach zehn Jahren Hörgewohnheit<br />

mit <strong>der</strong> neuen Technik, einen Vergleichstest macht, fällt er zwangsläufig an<strong>der</strong>s<br />

aus als zu Beginn <strong>der</strong> Ära. Wo soll <strong>die</strong> neutrale, nicht CD-gewohnte Kontrollgruppe<br />

noch herkommen?


<strong>Geistiges</strong> <strong>Eigentum</strong> <strong>und</strong> Kommunikationstechnik, Teil II 97<br />

recht, wenn er <strong>die</strong> „Bewußtseinsanstrengung" <strong>und</strong> den „Gestaltungswillen" des<br />

Künstlers auf dem Podium als eigentliches Erlebnis ansieht - eben nicht <strong>die</strong> bloße<br />

mechanische Reproduktion des musikalischen Codes, son<strong>der</strong>n das Prozeßhafte,<br />

stetig vom Scheitern Bedrohte <strong>der</strong> Aufführung.<br />

2. Daß <strong>die</strong> fortschreitende Me<strong>die</strong>ntechnologie Verluste <strong>und</strong> Verän<strong>der</strong>ungen mit<br />

sich bringt, wußte schon Walter Benjamin. Die digitale Welt schafft indes eine<br />

ganz neue Sinnenarmut, in <strong>der</strong> Original <strong>und</strong> Fälschung, Kunst <strong>und</strong> Künstlichkeit<br />

immer schwerer auseinan<strong>der</strong>zuhalten sind. Alexan<strong>der</strong> Kluge bemerkt in seinem<br />

bahnbrechenden Aufsatz „Die Macht <strong>der</strong> Bewußtseinsindustrie <strong>und</strong> das Schicksal<br />

unserer Öffentlichkeit" aus dem Jahre 1985:<br />

„Die sogenannten neuen Me<strong>die</strong>n sind Unternehmen zur Bildung von neuem <strong>Eigentum</strong>.<br />

Dieses neue <strong>Eigentum</strong> realisiert sich in den Köpfen <strong>der</strong> Menschen. Neuartig ist, daß es fast<br />

durchweg um mittelbare Erfahrung geht." 6<br />

Nicht, was einer schafft, ist geistiger Besitz, son<strong>der</strong>n was er als Substitut von<br />

Wirklichkeit erlebt. Rückt das geistige <strong>Eigentum</strong> an<strong>der</strong>er tatsächlich in den Rang<br />

eines Wirklichkeitsersatzes vor, lassen sich schwere Konflikte zwischen gleichberechtigten<br />

Besitzern voraussehen. Wer keine an<strong>der</strong>e als <strong>die</strong> Me<strong>die</strong>nwirklichkeit<br />

kennt, pocht notgedrungen auf den naturrechtlichen Erfahrungssatz: Wie ich <strong>die</strong><br />

Welt sehe, so gehört sie mir. Daß <strong>die</strong>s kein aktiver Vorgang mehr ist, son<strong>der</strong>n passiv,<br />

in einer fremdbestimmten Dramaturgie erlebt wird, min<strong>der</strong>t den Anspruch auf<br />

Eigenbesitz von Wirklichkeit nicht. Wo verläuft <strong>die</strong> Grenze? Wer im Laufe seiner<br />

Kindheit mehr medial vermittelte Stimmen zu hören bekommt als unmittelbare<br />

Ansprachen, begreift das medial Vermittelte als seine Welt. Es ist <strong>die</strong> einzige<br />

authentische Erfahrung, obwohl sie nur dem digitalen Brei entspringt - kein<br />

Science-Fiction-Szenario, son<strong>der</strong>n allernächste Zukunft.<br />

Als erster deutscher Sen<strong>der</strong> begann <strong>der</strong> WDR in den vergangenen Jahren, seine<br />

Studios auf Digitalaufzeichnung umzustellen. Dabei speichert man Sendungen<br />

nicht mehr auf Tonband, son<strong>der</strong>n auf Festplatte o<strong>der</strong> beschreibbaren Compact-<br />

Discs. Die Bearbeitung erfolgt am Computer <strong>und</strong> ist dem herkömmlichen Tonbandschnitt<br />

in Handhabung <strong>und</strong> Präzision weit überlegen. Allerdings benötigen<br />

solche Aufnahmen beachtliche Speichergrößen, weswegen man sich eines sogenannten<br />

„Kompressionsverfahrens" be<strong>die</strong>nt. Dabei werden Aufnahmesequenzen,<br />

<strong>die</strong> keine Informationen enthalten - zum Beispiel <strong>die</strong> zahllosen Kurzpausen unterhalb<br />

<strong>der</strong> Wahrnehmungsschwelle - bei <strong>der</strong> Speicherung herausgenommen <strong>und</strong><br />

später wie<strong>der</strong> in den Datenfluß eingefügt. Das klingt elegant, hat aber einen<br />

gewaltigen Pferdefuß. Die unhörbaren Pausen von einigen MikroSek<strong>und</strong>en Dauer<br />

folgen bei jedem Menschen einem individuellen Muster; <strong>der</strong> Computer, <strong>der</strong> <strong>die</strong><br />

einmal getilgten Löcher nach <strong>der</strong> Speicherung wie<strong>der</strong> hinzufügt, hält sich an ein<br />

statistisches Maß. Auch wenn man - wie bei <strong>der</strong> CD - im Ergebnis keinen Unter-<br />

5 Patzlaff, S. 110.<br />

6 Bismarck/Gaus/Kluge/Sieger, S. 97.


98 <strong>Florian</strong> <strong>Felix</strong> <strong>Weyh</strong><br />

schied hört, verursacht <strong>die</strong> Technologie einen irreversiblen Sprung in unserer<br />

Wahrnehmungswelt. Bald wird uns <strong>die</strong> digitalisierte R<strong>und</strong>funkstimme tröstlicher,<br />

wärmer, vertrauter vorkommen als <strong>die</strong> unseres unmittelbaren Nachbarn, dessen<br />

Timbre eine erschreckend individuelle Färbung aufweist.<br />

Die Hypothese kann man untermauern. Läßt man, wie <strong>der</strong> kanadische Komponist<br />

Murray Schafer, Menschen aus westlichen Zivilisationen einen für sie entspannenden<br />

Ton singen, landet man immer zwischen 50 <strong>und</strong> 60 Hertz - <strong>der</strong><br />

Frequenz des heimischen Stromnetzes. Der Mensch reagiert auf seine elektrischen<br />

Begleiter, auch wenn er sie nur unterschwellig wahrnimmt, <strong>und</strong> <strong>die</strong> Vorstellung,<br />

nur das Natürliche verschaffe ein Gefühl von Behaglichkeit, mutet seltsam romantisch<br />

an. Warum soll er gefeit sein gegen den Betrug von Augen <strong>und</strong> Ohren, <strong>der</strong><br />

ihm in Gestalt <strong>der</strong> 0/1-Cluster entgegentritt? Eben weil er keine Empfindungsorgane<br />

dafür besitzt, steht er <strong>der</strong> digitalen Welt hilflos gegenüber.<br />

Selbst <strong>der</strong> Gesichtssinn, bisher ein unbestechliches Organ, ist nicht mehr verläßlich.<br />

Im Sommer 1993 warb <strong>die</strong> „Süddeutsche Zeitung" auf Plakatwänden <strong>und</strong><br />

in Zeitungen mit verblüffenden Fotosequenzen, in denen sich ein berühmter Politiker<br />

stufenlos in einen an<strong>der</strong>en berühmten Politiker verwandelte. Das Verfahren,<br />

mittels dessen man aus einem echten Bild ein an<strong>der</strong>es, nicht min<strong>der</strong> echt aussehendes<br />

machen kann, nennt man Imaging o<strong>der</strong> Photocomposing, als animierte<br />

Trickfilmsequenz Morphing. Bereits mit einer PC-Ausstattung von weniger als<br />

zehntausend Mark kann man sich <strong>die</strong>ser Technik in Heimarbeit be<strong>die</strong>nen; professionelle<br />

Bildbearbeitungsstudios boomen seit Jahren. Langst werden Fotos nicht<br />

mehr nur für den Druck aufbereitet, son<strong>der</strong>n gänzlich neu komponiert. Aus den<br />

Bestandteilen mehrerer Aufnahmen wächst ein Bild zusammen, das <strong>die</strong> Welt zeigt,<br />

wie es sie nicht gibt: Der Palmenstrand aus Florida, das Meer von <strong>der</strong> Elfenbeinküste,<br />

<strong>der</strong> Mond vom Pazifik <strong>und</strong> <strong>die</strong> Menschen von den Bahamas. Diese heillos<br />

schöne Welt erscheint dem Betrachter als Wirklichkeit <strong>und</strong> suggeriert, in <strong>der</strong><br />

Werbung mit einem Konsumprodukt verknüpft, para<strong>die</strong>sische Verfügbarkeit.<br />

Wahrend Musikkompositionen selten durchgehende Dissonanzen erzeugen, sind<br />

sie beim Photocomposing konstituierendes Element. Nie wird <strong>der</strong> Betrachter den<br />

fotografierten Ort zu Gesicht bekommen, nie wird er einen Lebens partner mit den<br />

dargestellten, makellosen Körpermaßen finden. Die Dissonanz zwischen Leben<br />

<strong>und</strong> Bild bleibt unauflösbar <strong>und</strong> läßt sich nur durch steten Konsum lin<strong>der</strong>n.<br />

Photocomposing unterscheidet sich von herkömmlichen Techniken <strong>der</strong> Fotomontage,<br />

Collage <strong>und</strong> Retusche nicht nur in handwerklicher Art. Beim Composing<br />

ist alles Bit, <strong>die</strong> Frage nach Original <strong>und</strong> Fälschung stellt sich ebensowenig wie<br />

<strong>die</strong> nach dem fotografischen Urheber. Es existieren nur noch verschiedene Gruppierungen,<br />

keine Ausgangsmaterialien <strong>und</strong> kein Endprodukt. Schere, Skalpell,<br />

Papier, Eiweißlasurfarbe <strong>und</strong> Klebstoff haben ausge<strong>die</strong>nt. Schon zeichnet sich <strong>die</strong><br />

nächste Stufe ab, in <strong>der</strong> <strong>die</strong> fotochemischen Bildträger verschwinden. „Still Video"<br />

7 Auch ohne digitale Speicherung gelangen kaum noch natürliche Stimmen in den<br />

Äther. Der sonore Mo<strong>der</strong>atorenbaß ist ein Produkt gewieften elektronischen Stimmdesigns,<br />

kein natürliches Vermögen.


<strong>Geistiges</strong> <strong>Eigentum</strong> <strong>und</strong> Kommunikationstechnik, Teil 11 99<br />

nennt <strong>die</strong> Firma Canon ihr volldigitales Fotosystem, das Bil<strong>der</strong> auf Disketten<br />

speichert, <strong>und</strong> Kodak zieht mit seiner „Photo-CD" nach. Auch wenn <strong>die</strong> Profis<br />

verächtlich abwinken - ihnen genügen Auflösung <strong>und</strong> Schärfe <strong>der</strong> neuen Systeme<br />

nicht - werden es doch sie sein, <strong>die</strong> als erste von <strong>der</strong> Revolution in <strong>die</strong> Knie<br />

gezwungen werden. Ihre Abnehmer haben ein vitales Interesse daran, künftiges<br />

Bildmaterial im Datenstrom geliefert zu bekommen. Das senkt <strong>die</strong> Kosten, erleichtert<br />

<strong>die</strong> Handhabung <strong>und</strong> macht logistisch unabhängig. Damit wird <strong>die</strong> Fotografie<br />

als erster Bereich <strong>die</strong> neue Welt zur Blüte treiben, mit allen Konsequenzen sozialer<br />

<strong>und</strong> politischer Natur. In umfassen<strong>der</strong> Weise dem verän<strong>der</strong>ten Medium ausgeliefert,<br />

mutiert <strong>der</strong> ehemals schöpferische Fotograf zum digitalen Bildfacharbeiter,<br />

<strong>der</strong> einen Rohstoff abliefert, über den er keine Autonomie mehr besitzt.<br />

Just <strong>die</strong>se Autonomie verlieh ihm aber das Prädikat des unbestechlichen Zeitzeugen,<br />

<strong>der</strong> qua persönlicher Anwesenheit am Ort des Geschehens für <strong>die</strong> dokumentarische<br />

Wahrheit bürgte. Im Photocomposing ist Abbildungswahrheit ein<br />

Produkt digitaler Willkür, <strong>die</strong> persönliche Bürgschaft läßt sich nur noch institutionell<br />

beglaubigen. Selbst wenn ein renommierter Künstler hinter <strong>der</strong> Kamera<br />

steht, weiß man nicht, was in <strong>der</strong> Redaküon vom digitalen Bildinhalt ankommt,<br />

geschweige denn davon ins gedruckte Foto wan<strong>der</strong>t.<br />

„Mit Anerkennung <strong>der</strong> Fotografien als Geisteswerke scheint das Urheberrecht einer 'Materialisierung'<br />

zu folgen, eine Tendenz, <strong>die</strong> sich auch bei den neuen Technologien zeigt." 8<br />

... schreibt Joanna Schmidt-Szalewski in einem Aufsatz über <strong>die</strong> <strong>Entwicklung</strong> des<br />

französischen Urheberrechts. Die Erfindung <strong>der</strong> Fotografie bescherte ein urheberrechtliches<br />

Novum, denn mit ihr wurden zum ersten Mal dem Be<strong>die</strong>ner eines<br />

technischen Apparats Schöpferqualitäten zugestanden. Aus Sicht des 19. Jahrh<strong>und</strong>erts<br />

keine Selbstverständlichkeit, im deutschen Urheberrechts-Diskurs wurden<br />

ähnliche Argumente <strong>der</strong> Drucker verworfen, <strong>die</strong> auf ein eigenständiges Herstellerrecht<br />

pochten. 9 Mit dem Photocomposing setzt sich <strong>die</strong> Fotografie abermals an<br />

<strong>die</strong> Spitze <strong>der</strong> <strong>Entwicklung</strong>. Auf <strong>die</strong> Materialisierung des 19. Jahrh<strong>und</strong>erts - das<br />

Bild wird ohne künstlerische Unterstützung von <strong>der</strong> Natur gleichsam „abgenommen"<br />

- folgt im elektrischen Impulsgewitter <strong>die</strong> Entmaterialisierung, <strong>die</strong> Loslösung<br />

vom Trägermaterial. Nun ist zwar <strong>der</strong> stete Zugriff auf das Bild möglich, ein<br />

künstlerisches Subjekt sucht man dennoch vergebens.<br />

Daß digitale Bil<strong>der</strong>welten nicht außerhalb <strong>der</strong> Gesellschaft stehen, son<strong>der</strong>n<br />

geradezu zentral mit ihr verknüpft sind, ist <strong>die</strong> an<strong>der</strong>e Seite <strong>der</strong> Medaille. Wer<br />

aufmerksam zwischen den Zeilen liest, den Me<strong>die</strong>nseiten <strong>und</strong> „Hausmitteilungen"<br />

<strong>der</strong> Printorgane Beachtung schenkt, stößt auf eindeutige Hinweise. Im Dezember<br />

1990 mußte <strong>der</strong> „Spiegel" einräumen, daß ein Foto <strong>der</strong> MfS-Karteikarte von Lothar<br />

de Maiziere <strong>die</strong> falsche Hausnummer zeigte. War <strong>die</strong> Karteikarte, somit <strong>der</strong> Sta-<br />

8 Schmidt-Szalewski, S. 189.<br />

9 Der Gedanke lebt vor allem in Großbritannien weiter. Dort setzen sich <strong>die</strong> Verleger<br />

erfolgreich für ein paralleles Verleger-Urheberrecht am Schrift- <strong>und</strong> Erscheinungsbild<br />

ein.


100 <strong>Florian</strong> <strong>Felix</strong> <strong>Weyh</strong><br />

si-Vorwurf gefälscht? Der Fehler lag in <strong>der</strong> Druckvorlagenherstellung; dort hatte<br />

man am Bildschirm aus <strong>der</strong> digitalisierten 3 eine 5 gemacht, da <strong>die</strong> Form <strong>der</strong><br />

ursprünglichen Zahl nicht klar erkennbar war. Im Handstreich war aus dem<br />

schwer lesbaren, aber wahren Dokument ein gestochen scharfes, aber falsches<br />

Abbild geworden. Der Leser, <strong>der</strong> das Original nicht kannte, hatte keine Chance,<br />

<strong>die</strong> in <strong>der</strong> Unscharfe verborgene Wahrheit für sich selbst zu entscheiden. Das<br />

digitale System läßt Grauzonen nicht zu, man muß sie, will man sie haben, künstlich<br />

simulieren - doch wer will das schon? Die Retuscheure in <strong>der</strong> „Spiegel" -<br />

Druckvorbereitung folgten dem Gesetz zur guten Gestalt <strong>und</strong> redigierten <strong>die</strong><br />

Wirklichkeit auf eine eindeutige Erscheinung hin - menschlich verständlich, historisch<br />

fatal.<br />

3. Nicht nur, daß digitale Überlieferungen <strong>die</strong> Geschichte verfälschen, sie sind,<br />

konsequent angewandt, vollkommen ahistorisch. In <strong>der</strong> digitalen Welt gibt eine<br />

keine Originale mehr, weil sie sich von <strong>der</strong> Kopie nicht unterscheiden lassen.<br />

Digitale Informationen altern nicht <strong>und</strong> setzen keine Patina an. Während heutige<br />

Archivare mit dem organischen Verfall von Papier kämpfen müssen, werden<br />

künftige mit zweifelhaften Datierungen zu ringen haben. Jede nachträgliche Geschichtskorrektur<br />

liegt zugleich in <strong>der</strong> Gegenwart wie in <strong>der</strong> datierten Vergangenheit<br />

vor, kein Gilb, kein Schimmelfleck verrät ihr wahres Alter. Der Verlust<br />

des Originals ist ein Verlust <strong>der</strong> Vergangenheit schlechthin - <strong>und</strong> entspricht doch<br />

dem Ideal <strong>der</strong> Informationsgesellschaft.<br />

Nicht zufällig wurde im vergangenen Jahrzehnt <strong>der</strong> Ausbau elektronischer<br />

Verkehrswege forciert, Glasfaserkabel bilden <strong>die</strong> „Datenautobahnen" des kommenden<br />

Jahrh<strong>und</strong>erts. Sie verbinden alles <strong>und</strong> jeden in Gleichzeitigkeit, so daß<br />

Zapping, bisher nur das Springen <strong>der</strong> Kanäle beim Fernsehen, zum Signum einer<br />

amorphen Gesellschaft wird. Während herkömmliche Me<strong>die</strong>n in sich abgeschlossen<br />

sind, also auch geschlossen bewältigt werden können - ein Buch liest man<br />

von vorne nach hinten, ein Musikstück hat einen Auftakt <strong>und</strong> einen Schlußakkord -<br />

liegen digitale Informationen gr<strong>und</strong>sätzlich grenzenlos vor. Sie behaupten keine<br />

abgeschlossene Form mehr, ihr Zugriff ist beliebig <strong>und</strong> je<strong>der</strong>zeit aus je<strong>der</strong> beliebigen<br />

Richtung möglich. Teilnehmer des weltumspannenden Computernetzes<br />

„CompuServe" können sich jeden Morgen eine nach ihren Interessen zusammengestellte<br />

Zeitung auf den Bildschirm bringen lassen, <strong>der</strong>en Bestandteile eben keine<br />

neue Zeitung ausmachen, son<strong>der</strong>n beliebig neukombinierbar sind. Das erzeugt<br />

eine gleichermaßen totalitäre wie diffuse Weltsicht. Wolfgang Welsch schreibt in<br />

seiner „Postmo<strong>der</strong>nen Mo<strong>der</strong>ne" über ihre Folgen:<br />

„Unter ihrer Ägide werden Gedicht <strong>und</strong> Anklage, Bericht <strong>und</strong> Hymnus, Analyse <strong>und</strong><br />

Erzählung allesamt gleich, indem sie als bloße Informationsformen traktiert werden.<br />

Austausch von Informationen aber - handfest <strong>und</strong> reflexionslos, zeitsparend statt zeitverbrauchend,<br />

Bit um Bit - das ist <strong>der</strong> Prozeß, in dem <strong>die</strong> Sprache zum Geschäft wird <strong>und</strong><br />

ihre Träger <strong>und</strong> Gehalte zu Waren verkommen." 10<br />

10 Welsch, S. 220.


<strong>Geistiges</strong> <strong>Eigentum</strong> <strong>und</strong> Kommunikationstechnik, Teil 11 101<br />

Hier taucht er wie<strong>der</strong> auf, <strong>der</strong> „free flow of information", bewegt sich rauschend<br />

<strong>und</strong> pfeifend durchs Netz, wird abgezapft <strong>und</strong> umgeleitet, kennt keine richtigen<br />

<strong>und</strong> falschen Wege, nur noch <strong>die</strong> totale Präsenz. Er stellt eine hochentwickelte<br />

Form von Warenwirtschaft dar, <strong>und</strong> daß <strong>der</strong> Geldverkehr mit in den Datenstrom<br />

hineingesogen wird, ist nur konsequent. Bit um Bit heißt ja nichts weiter, als daß<br />

man in <strong>der</strong> Geschichte <strong>der</strong> Menschheit zum ersten Mal ein wirklich adäquates<br />

Tauschsystem gef<strong>und</strong>en hat, das nicht mehr symbolisch, nicht mehr mit komplizierten<br />

volkswirtschaftlichen Deckungsmodellen <strong>und</strong> Goldstandards arbeiten<br />

muß, son<strong>der</strong>n 1:1 auf unterster Ebene den Austausch reguliert. Wer vierh<strong>und</strong>ert<br />

Bit Informationen bezieht, muß dafür vierh<strong>und</strong>ert Bit Geldwert begleichen o<strong>der</strong><br />

gleichwertige Information einspeichern; <strong>die</strong> Wertstellung wird dabei nicht vom<br />

Alltagsgebrauch verwässert, son<strong>der</strong>n bemißt sich selbstreferentiell am Datenstrom.<br />

Neben den kriminologischen Problemen - Bankraub, Diebstahl, Unterschlagung<br />

verän<strong>der</strong>n ihr Gesicht - übt das einen bisher unbeachteten Einfluß auf<br />

Definition <strong>und</strong> Wirkung des geistigen <strong>Eigentum</strong>s aus. Im digitalen Brei gibt es<br />

keine Urheber <strong>und</strong> keine individuellen Rechte mehr. Jede <strong>Eigentum</strong>smarkierung<br />

ist notwendigerweise ebenso manipulierbar wie <strong>die</strong> Schöpfung selbst. Noch<br />

täuscht <strong>die</strong> Übergangsperiode darüber hinweg, denn was heute vom digitalen<br />

Brei vereinnahmt wird, wurde lediglich in Bits übersetzt. Man kann mit vertretbarem<br />

Aufwand Urheber ausfindig machen, Grenzen <strong>und</strong> Zugehörigkeiten ermitteln.<br />

Sobald aber <strong>die</strong> Originale verschw<strong>und</strong>en sind, scheitern <strong>die</strong> juristischen<br />

Begriffe am mangelnden Objekt. Wer etwas aus dem Datenstrom auf seinen Computer<br />

lenkt, es dort bearbeitet <strong>und</strong> wie<strong>der</strong> zurückgibt, läßt sich zu keiner Sek<strong>und</strong>e<br />

mehr verbindlich feststellen. Persönlichkeits- wie Vermögensrechte nach altem<br />

Muster lösen sich auf, nach neuen Ordnungen sucht man vergebens. Die Rasanz<br />

<strong>der</strong> <strong>Entwicklung</strong> läßt sich nicht dramatisch genug einschätzen. Wie in den meisten<br />

Verlagsverträgen ein sinnloser Satz steht, <strong>der</strong> noch vor zehn Jahren Gültigkeit<br />

besaß, werden von morgen aus gesehen <strong>die</strong> meisten unserer urheberrechtlichen<br />

Vereinbarungen das Papier nicht wert sein, auf dem sie nie<strong>der</strong>gelegt sind.<br />

4. Der aktuelle Stand des Erosionsprozesses läßt sich am Multimedia-Bereich<br />

ablesen. Dieses griffige, <strong>der</strong> Absatzkrise im Computersektor entgegenwirkende<br />

Schlagwort ist ein aufgewärmter Begriff <strong>der</strong> siebziger Jahre. Damals verstand man<br />

darunter <strong>die</strong> eklektische Verschmelzung von Diaprojektion, Musik, Film, Fernsehen,<br />

Vortrag <strong>und</strong> Theater <strong>und</strong> zielte auf Messepräsentationen <strong>und</strong> künstlerische<br />

Verwendung. Der Mischmasch wurde vom Publikum jedoch nicht honoriert, Multimedia<br />

blieb eine Modeerscheinung. Zu Beginn <strong>der</strong> neunziger Jahre wurde aus<br />

<strong>der</strong> öffentlichen Präsentationsform ein privates Vergnügen; <strong>die</strong> Bühne schrumpfte<br />

11 „Das Manuskript bleibt <strong>Eigentum</strong> des Autors <strong>und</strong> ist ihm vom Verlag nach Erscheinen<br />

des Werkes auf Verlangen zurückzugeben" - nachgerade rührend, welche Vorstellung<br />

eines materiell vorhandenen Erststückes hier konserviert wird. Tatsächlich hat <strong>die</strong><br />

Firma Rank-Xerox bereits Mitte <strong>der</strong> sechziger Jahre das Originalmanuskript von den<br />

Lektoratsschreibtischen vertrieben. Unbeirrt schicken <strong>die</strong> Verlage Massenkopien an<br />

den Absen<strong>der</strong> zurück, <strong>der</strong> sie dann - zerknittert <strong>und</strong> befleckt - zum Altpapier sortiert.


102 <strong>Florian</strong> <strong>Felix</strong> <strong>Weyh</strong><br />

zum Bildschirm, <strong>die</strong> vielgestaltigen Quellen vereinen sich im uniformen Bitmuster.<br />

Jetzt ist es auf dem PC möglich, Bild-, Ton- <strong>und</strong> Videobearbeitung unter einer<br />

Benutzeroberfläche durchzuführen; Sehen, Hören <strong>und</strong> Lesen zu integrieren <strong>und</strong><br />

„interaktive" Unterhaltungsprogramme ablaufen zu lassen. Im Gegensatz zu herkömmlichen<br />

Filmen erlaubt Multimedia Eingriffe in den Ablauf, Abfragen <strong>und</strong><br />

Gestaltungsmöglichkeiten. Damit vereint sie - das zumindest behaupten ihre Verfechter<br />

- <strong>die</strong> Vorzüge des Computers mit denen des Fernsehers.<br />

Die Euphorie bleibt künstlich, denn technisch ausgereift sind <strong>die</strong> auf dem<br />

Markt befindlichen Produkte nicht. Videosequenzen ziehen einen Bewegungsschleier<br />

hinter sich her - „Zaunlatteneffekt" nennt das <strong>der</strong> Techniker -, <strong>und</strong> längere<br />

Anwendungen lassen <strong>die</strong> haushaltsüblichen Rechner <strong>und</strong> ihre Speicherme<strong>die</strong>n<br />

kapitulieren. Wie so häufig wird <strong>der</strong> Fortschritt auf dem Rücken <strong>der</strong> Konsumenten<br />

ausgetragen, <strong>die</strong> in sturer Gutwilligkeit Vorstufen zu Geräten kaufen, zu <strong>der</strong>en<br />

<strong>Entwicklung</strong> sie erst beitragen.<br />

Als größtes Problem erweist sich für <strong>die</strong> Branche, daß es, wie schon bei den<br />

Multimedia-Ansätzen <strong>der</strong> siebziger Jahre, keine wirkliche Anwendung für <strong>die</strong><br />

neue Technologie gibt. Schulung <strong>und</strong> Präsentation ergeben keinen ausreichenden<br />

Markt, sind sie doch ohnehin von <strong>der</strong> audiovisuellen <strong>Entwicklung</strong> überrannt<br />

worden; Wissenschaft <strong>und</strong> Medizin bieten allenfalls Spezialfirmen eine Nische.<br />

So lebt Multimedia von <strong>der</strong> Vorwegnahme globaler Netze, in denen sie als Fenster<br />

zur Welt ihren eigentlichen Platz fände. Noch einen Schritt weiter wird <strong>der</strong> Multimedia-Computer<br />

zum Universalterminal aller elektronischen Kommunikationsformen,<br />

vereinigt <strong>die</strong> Funktionen von Kopierer, Bildtelefon, Faxgerät, Videoschneidetisch<br />

et altera in einem Gehäuse. Bis dahin ist es freilich ein langer Weg, <strong>und</strong><br />

zwischen den Zeilen geben <strong>die</strong> Multimedia-Verfechter <strong>die</strong> aktuelle Krise zu:<br />

„Es geht darum, mit Hilfe des Computers aus <strong>der</strong> wachsenden Flut von unstrukturierten<br />

Daten brauchbare <strong>und</strong> relevante Informationen herauszufiltern <strong>und</strong> - was vielleicht entscheidend<br />

ist - <strong>die</strong>se Informationen mit Leben zu erfüllen." 13<br />

Da zeigt sich <strong>der</strong> Januskopf: Multimedia erzeugt nicht nur den digitalen Brei,<br />

son<strong>der</strong>n bietet sich sogleich als Gegenmittel an. Der Clou steckt im hinteren Teil<br />

<strong>der</strong> Aussage. Informationen mit Leben zu erfüllen, heißt in jedem Fall <strong>die</strong> Verwendung<br />

urheberrechtlich geschützten Materials, <strong>und</strong> das in rauhen Mengen.<br />

Schon verraten einzelne Pressemeldungen, wohin <strong>die</strong> Reise geht. Bill Gates, <strong>der</strong><br />

Microsoft-Milliardär, nahm etwa Verhandlungen zu den großen Museen <strong>der</strong> Welt<br />

auf, um sich Reproduktionsrechte an berühmten Werken <strong>der</strong> Kunstgeschichte zu<br />

sichern - Rohmaterial für zahllose Briefköpfe <strong>und</strong> Einladungskarten aus dem PC.<br />

Es gehört wenig Prophetie dazu, <strong>die</strong> gesamte verfügbare Masse an Kulturgut<br />

unter wenigen Großkonzernen verteilt zu sehen, bevor <strong>die</strong> Urheber <strong>und</strong> ihre<br />

12 Ein neuer Terminus soll <strong>die</strong> Sinnlücke füllen: „Edutainment" dichtet <strong>die</strong> Industrie (ein<br />

Neologismus aus „education" <strong>und</strong> „entertainment") <strong>und</strong> hofft, damit ein neues Feld<br />

<strong>der</strong> Unterhaltungsindustrie zu eröffnen.<br />

13 Fietz in <strong>der</strong> FAZ v. 22.3.1993.


<strong>Geistiges</strong> <strong>Eigentum</strong> <strong>und</strong> Kommunikationstechnik, Teil II 103<br />

Verwertungsgesellschaften überhaupt erkennen, welche Verluste ihnen drohen.<br />

Im fortgeschrittenen Stadium ist alles multimediatauglich, was je von Dichtern<br />

<strong>und</strong> Komponisten, Malern <strong>und</strong> Filmemachern geschaffen wurde. Das bereits bei<br />

<strong>der</strong> Software aufgetretene Paradoxon, möglichst alles zur Ware zu erklären, aber<br />

nichts vor unbefugtem Zugriff schützen zu können, setzt sich im Multimediabereich<br />

spektakulär fort. Neben den erzielbaren Gewinnen <strong>der</strong> Me<strong>die</strong>nkonzerne<br />

schlagen <strong>die</strong> Verluste durch illegale Anwendungen zu Buche - naturgemäß stärker<br />

in den Rechnungsbüchern <strong>der</strong> Urheber als in denen <strong>der</strong> Konzerne, <strong>der</strong>en Gewinnspannen<br />

Ausfallquoten großzügig mitkalkulieren. Der Verbraucher wird sich wie<br />

im Softwarebereich um Besitzmarkierungen nicht kümmern <strong>und</strong> fröhlich alle zugänglichen<br />

Quellen plün<strong>der</strong>n.<br />

Zu <strong>die</strong>sem Sachverhalt gesellt sich ein terminologisches Problem. Wenn bisher<br />

von Software <strong>die</strong> Rede war, bezeichnet das ausschließlich Programme, nicht aber<br />

<strong>der</strong>en Quellen o<strong>der</strong> Erzeugnisse. Im EDV-Jargon spricht man unterschiedslos von<br />

Daten, gleichgültig, ob es sich um Zahlenmaterial, Texte, Bil<strong>der</strong> o<strong>der</strong> Videosequenzen<br />

handelt. Daten sind zwar nominell geschützt, aber, wie zu zeigen war,<br />

im digitalen Brei entgrenzt <strong>und</strong> damit praktisch schutzlos. Als Ganzheit gehören<br />

sie <strong>der</strong> Maschine o<strong>der</strong> dem Netz, als Beson<strong>der</strong>heit fehlt ihnen ein Name, soweit<br />

es sich nicht um rückmaterialisierbare Formen handelt. Bezeichnen<strong>der</strong>weise vergessen<br />

<strong>die</strong> Computerhersteller in ihren Lamentos über den Softwareklau stets,<br />

daß ihre Anwendungsprogramme eine Leere zweiter Ordnung erzeugen, <strong>die</strong> mit<br />

geistigem <strong>Eigentum</strong> gefüllt werden muß. Im Gegensatz zu einer Textverarbeitung<br />

weiß man bei Multimedia jedoch nicht, was <strong>die</strong>se Software überhaupt hervorbringt:<br />

Digitale Filme? Bunte Seiten? Animierte Literatur? Die Anwendung sitzt exakt<br />

auf <strong>der</strong> Schnittstelle von Daten zu Programmen <strong>und</strong> stiftet naturgemäß Verwir-<br />

14<br />

rung.<br />

Und <strong>die</strong> Justiz? Die rechtliche Behandlung <strong>der</strong> <strong>Entwicklung</strong> spielt sich in einer<br />

vertrauten, aber irreführenden Terminologie ab. Einem bei Kunsthistorikern wie<br />

Philosophen hochgeschätzten Begriff kommt dabei <strong>die</strong> Schlüsselrolle zu: <strong>der</strong> Collage.<br />

Anfangs synonym mit dem Begriff <strong>der</strong> Montage verwandt, warb er für ein<br />

ganz neues Verständnis von Form <strong>und</strong> Ganzheit <strong>und</strong> generalisierte als verzweifeltes<br />

Ordnungsmuster <strong>der</strong> Unübersichtlichkeit auf alle Bereiche <strong>der</strong> Informationsgesellschaft.<br />

Scheinbar gefügig läßt sich <strong>der</strong> Begriff rückwirkend auf Produkte vor<br />

seiner Entstehungszeit anwenden. Ein Gedicht ist eine Collage aus Worten, ein<br />

Wort eine Collage aus Buchstaben. Genau darin aber versteckt sich <strong>der</strong> eigentliche<br />

14 Einen weiteren Hybrid stellen <strong>die</strong> sog. Hypertext-Generatoren („Living Books") dar;<br />

datenbankähnliche Programme, <strong>die</strong> <strong>der</strong> Käufer mit Inhalt (z.B. einer Enzyklopä<strong>die</strong>)<br />

füllen <strong>und</strong> dann als lauffähiges Nachschlagewerk verkaufen kann. Für den Endk<strong>und</strong>en<br />

ist das Ganze nicht mehr frei benutzbar, son<strong>der</strong>n eine reine Ablaufanwendung, bei <strong>der</strong><br />

er nur bestimmte Funktionen (Abfragen, Suchworte) nutzen kann.<br />

15 Über <strong>die</strong> Begriffsgeschichte streiten sich <strong>die</strong> Gelehrten. Einerseits <strong>der</strong> frühen Filmtechnik<br />

entlehnt, an<strong>der</strong>erseits aus Papierexperimenten <strong>der</strong> Futuristen bekannt, hat <strong>die</strong><br />

Collage keine eindeutig datierbare Wurzel. Fest steht, daß sie Anfang des 20. Jahrh<strong>und</strong>erts<br />

zum ersten Mal auftritt, ungefähr parallel in bilden<strong>der</strong> Kunst <strong>und</strong> Film.


104 <strong>Florian</strong> <strong>Felix</strong> <strong>Weyh</strong><br />

Sprengsatz: Niemand käme nach den langwierigen Findungsprozessen des 16. bis<br />

19. Jahrh<strong>und</strong>erts auf <strong>die</strong> Idee, Buchstaben <strong>und</strong> Worten rechtliche Zügel anzulegen;<br />

je<strong>der</strong>mann darf <strong>die</strong>se Art von Collage betreiben. In einer dichter gewordenen<br />

Informationswelt sind <strong>die</strong>se gemeinfreien Bausteine größer geworden. Nicht mehr<br />

Buchstaben o<strong>der</strong> einzelne Worte, son<strong>der</strong>n Zitate bilden <strong>die</strong> kleinste Einheit <strong>der</strong><br />

Informationsgesellschaft; sonst müßte jede Generation immer wie<strong>der</strong> von vorne<br />

anfangen, mühsam mit Buchstaben <strong>und</strong> Worten aufbauen, was in den Informationsspeichern<br />

schon tausendmal gruppiert vorhanden ist.<br />

Die Juristen entwickelten dazu ein Bewertungssystem, das im wesentlichen<br />

zwischen „freier Benutzung" <strong>und</strong> „zustimmungspflichtiger Bearbeitung'" unterscheidet.<br />

In <strong>der</strong> Praxis haben <strong>die</strong>se Sortierungskategorien längst ihren Nutzen<br />

eingebüßt, <strong>und</strong> <strong>die</strong> wenigen Prozesse im neuen Me<strong>die</strong>nzusammenhang zeigen<br />

drastisch <strong>die</strong> Absurdität <strong>der</strong> alten Begrifflichkeit. So tat sich ein amerikanisches<br />

Gericht redlich schwer, beim Photocomposing einzelne Bestandteile <strong>der</strong> klagenden<br />

<strong>und</strong> beklagten Fotografen auseinan<strong>der</strong>zudivi<strong>die</strong>ren <strong>und</strong> prozentuale Besitzansprüchen<br />

zuzuweisen. Nach welchem Maßstab soll man <strong>die</strong> Bearbeitung anerkennen,<br />

wenn <strong>die</strong> Bestandteile <strong>der</strong> verschiedenen Fotos ungefähr gleich groß sind?<br />

Letztlich for<strong>der</strong>t das ein ästhetisches Bekenntnis - etwa, daß man als Basis den<br />

Palmenstrand wählt, <strong>und</strong> nicht das Meer o<strong>der</strong> eine Menschengruppe -, aber das<br />

- 17 " —<br />

öffnete <strong>der</strong> Willkür Tür <strong>und</strong> Tor. Eine normative Ästhetik, <strong>die</strong> in solchen Zweifelsfällen<br />

weiterhilft, existiert nicht mehr, <strong>und</strong> wer, wie <strong>die</strong> postmo<strong>der</strong>nen Denkschulen,<br />

künstlerische Arbeit als Patchworkmuster ansieht, kann hinter den Begriff<br />

<strong>der</strong> Collage gar nicht mehr zurück. Es spielt, postmo<strong>der</strong>n gesehen, keine Rolle,<br />

ob eine Bearbeitung o<strong>der</strong> eine freie Benutzung vorliegt, weil <strong>die</strong> Trennungslinien<br />

im Zitatenspiel nicht mehr erkennbar sind. Daß ein alleinstehen<strong>der</strong> Buchstabe<br />

o<strong>der</strong> ein singuläres Wort wenig Eigenwert besitzen, während sich ein Zitat durch<br />

seine Aussage unterscheidet, ist nur auf den ersten Blick relevant. Niemand vermag<br />

zu sagen, ob <strong>die</strong>ser o<strong>der</strong> jener Baustein, <strong>der</strong> uns heute noch bedeutsam vorkommt,<br />

nicht in <strong>der</strong> nächsten Generation zum leeren Füllsel verkommen sein wird. Ihn<br />

prophylaktisch als Eigenrum zu schützen, weil er nach altem Verständnis eine<br />

Schöpfung darstellt, mag rechtstheoretisch Sinn machen, löst das Dilemma aber<br />

nicht. Den rasant steigenden Umsätzen <strong>der</strong> Informationsindustrie steht <strong>der</strong> gravierende<br />

Verlust an Habhaftigkeit entgegen, sek<strong>und</strong>iert von <strong>der</strong> Bildung neuen<br />

<strong>Eigentum</strong>s in den Köpfen <strong>der</strong> Menschen. Je nach Position ist alles frei o<strong>der</strong> im<br />

Besitz omnipotenter Rechte-Inhaber. Der Stärkere gewinnt, <strong>und</strong> stark ist <strong>der</strong>, <strong>der</strong><br />

seine Areale bis zur Unendlichkeit vergrößert.<br />

16 „Der allgemeine Zitiertrieb ist <strong>der</strong>maßen heftig geworden, daß <strong>der</strong> Vorrat des ewigen<br />

Füllhorns nicht nachkommt <strong>und</strong> mittlerweile <strong>die</strong> ungeflügeltesten Worte ungeniert<br />

ähnlich flügellose zitieren..." Holbein, S. 25.<br />

17 Auch technisch läßt sich das Dilemma nicht lösen: Zwar kann <strong>der</strong> Computer <strong>die</strong><br />

prozentualen Bildanteile <strong>der</strong> einzelnen Fotografen ausrechnen, aber wann stimmt <strong>der</strong><br />

Prozentwert schon mit <strong>der</strong> Bedeutung des Motivs überein?


<strong>Geistiges</strong> <strong>Eigentum</strong> <strong>und</strong> Kommunikationstechnik, Teil II 105<br />

III. Der Schöpfungsakt o<strong>der</strong> Die Macht des entfesselten Codes<br />

1. Ein schöpferischer Geist schafft Werke, denen <strong>der</strong> Geist des Schöpfers innewohnt.<br />

Gott <strong>und</strong> Menschen dürfen denselben Titel tragen, weil <strong>der</strong> Mensch im göttlichen<br />

Auftrag wirkt. Auch Kunst, <strong>die</strong> den klerikalen Rahmen verläßt, kann sich darauf<br />

berufen, daß alles, was gedacht wird, von einem Schöpfer kommt. Die Schöpfungen<br />

des Menschen werden nie selbst zu Geschöpfen, das ist <strong>der</strong> gravierende Unterschied.<br />

Die Gebrü<strong>der</strong> Grimm listen in ihrem „Deutschen Wörterbuch" zahllose Beispiele<br />

für <strong>die</strong>se doppelte Bedeutung des Wortes „Schöpfer" auf. Das gilt für den<br />

„Urheber" nicht min<strong>der</strong>. Auch er, unter lateinischem <strong>und</strong> französischem Einfluß<br />

später zu „Autor" umgebildet, ist kein Terminus technicus <strong>der</strong> Literatur. Schon<br />

1491 findet sich eine Beschreibung Gottes als „haupt <strong>und</strong> <strong>der</strong> urhaber aller himmlischen<br />

<strong>und</strong> irdischen ding". Er ist ein „ursächer, <strong>der</strong> etwas zum ersten gemacht<br />

o<strong>der</strong> erf<strong>und</strong>en hat, erster anrichter o<strong>der</strong> anfenger, urhaber <strong>und</strong> erfin<strong>der</strong> eines<br />

dings". Folgerichtig versteht man unter dem Urheberrecht, daß „<strong>die</strong> vergangenen<br />

geschlechter zu den gegenwärtigen im Verhältnis <strong>der</strong> autorität stehen, des Urheberrechtes,<br />

wie <strong>der</strong> vater zum söhn". Eine genealogisch-patriarchalische Bestimmung,<br />

<strong>die</strong> den göttlichen Vater zum Ausgang nimmt. Wörtlich genommen heißt<br />

das, den Vorrang Gottes - profanisiert: <strong>der</strong> Natur - vor dem Menschen anzuerkennen.<br />

Mit <strong>der</strong> Darwinschen Revolution verkümmert <strong>der</strong> biblische Schöpfungsgedanke,<br />

sein weltlicher Zwilling feiert hingegen Triumphe. Aus dem „ersten anrichter"<br />

wird ein homo faber, Schachautomatenerfin<strong>der</strong>, Konstrukteur mechanischer Webstühle,<br />

Computeringenieur, Biotechnologe. Mit ungeheurer Wißbegierde wirft er<br />

sich auf alle Gebiete <strong>und</strong> meint, indem er sie begreift, sie seinem Besitze einverleiben<br />

zu können. Er liest in <strong>der</strong> Natur wie ein Analphabet, dann wie ein ABC-<br />

Schütze, schließlich wie ein faustischer Gelehrter. Nie käme er auf <strong>die</strong> Idee, daß<br />

ein Buch ihm gehört, bloß weil er <strong>die</strong> Zeichen darin versteht; doch aus <strong>der</strong> Entschlüsselung<br />

<strong>der</strong> Natur leitet er das Recht zu ihrer Unterwerfung ab. Eines Tages<br />

legt er Hand an den genetischen Code - <strong>die</strong> Harvard-Krebsmaus erblickt das<br />

Tageslicht. Mit einem menschlichen Gen versehen, bricht bei ihr unter bestimmten<br />

Bedingungen, vornehmlich unter Chemikalienbelastung, ein Tumor aus. Ein Geschöpf.<br />

Zugleich aber ein Wirtschaftsgut, eine Investition in <strong>die</strong> Zukunft. In Serie<br />

produziert, kann <strong>die</strong> Maus an medizinisch-pharmazeutische Labors verkauft werden.<br />

Ohne Anerkennung als Patent allerdings ein wenig ergiebiger Geschäftszweig,<br />

denn dann dürfte je<strong>der</strong>mann <strong>die</strong> „transgenen" Kreaturen miteinan<strong>der</strong> paaren<br />

lassen <strong>und</strong> müßte für ihre Nachkommen keine Lizenzgebühren bezahlen. Seit<br />

18 Sehr schön <strong>die</strong> in <strong>der</strong> Gr<strong>und</strong>form „Urhaber" noch erkennbare Doppeldeutigkeit: Er hat<br />

nicht nur etwas geschöpft, er hat es auch, er ist ein Urhaben<strong>der</strong>.<br />

19 Bildung von <strong>Eigentum</strong> in den Köpfen. So wie ich mir das Fernsehbild als Wirklichkeit<br />

aneigne, rechne ich als Wissenschaftler das Informationsmuster <strong>der</strong> Natur auf <strong>die</strong><br />

Habenseite. Es bleibt eine unabweisbare Tatsache, daß <strong>die</strong>ser entscheidende Schritt<br />

erst im Zeitalter <strong>der</strong> neuen Me<strong>die</strong>n erfolgte.


106 <strong>Florian</strong> <strong>Felix</strong> <strong>Weyh</strong><br />

1985 versucht <strong>der</strong> amerikanische Chemiekonzern DuPont daher, ein europäisches<br />

Patent zu erhalten; das amerikanische besitzt er bereits.<br />

In <strong>der</strong> Abfolge von Genehmigungen, Wi<strong>der</strong>rufen, Beschwerden <strong>und</strong> Protesten<br />

spiegeln sich <strong>die</strong> Grenzen juristischer Gegenstandsbildung wi<strong>der</strong>. Zunächst lehnte<br />

das zuständige Europäische Patentamt in München <strong>die</strong> Patentierung ab, da <strong>die</strong><br />

gültigen Abkommen Tiere vom Genehmigungsverfahren ausschlössen. Dagegen<br />

legte DuPont Beschwerde ein, wobei in zweiter Instanz das Problem <strong>der</strong> Sittenwidrigkeit<br />

in den Vor<strong>der</strong>gr<strong>und</strong> rückte. Die Mitglie<strong>der</strong> <strong>der</strong> Prüfungskammer kamen<br />

zu dem Schluß, menschliche Krebserkrankungen zu bekämpfen, sei ein gr<strong>und</strong>sätzlich<br />

höheres Ziel als <strong>die</strong> Unversehrtheit von Mäusen. Den Patentgegnern hielten<br />

sie folgende Äußerung entgegen:<br />

„Ein Patent gibt kein positives Recht zur Benutzung <strong>der</strong> Erfindung, son<strong>der</strong>n lediglich <strong>die</strong><br />

Berechtigung, an<strong>der</strong>e für einen begrenzten Zeitraum von <strong>der</strong>en Benutzung auszuschließen.<br />

Es ist Sache des Gesetzgebers festzulegen, unter welchen Bedingungen ein bestimmtes<br />

technisches Wissen eingesetzt werden darf, das den Umgang mit gefährlichen Materialien<br />

einschließt." 20<br />

Ein bemerkenswertes Dokument <strong>der</strong> Exkulpation, das nach diversen technischen<br />

Großkatastrophen des 20. Jahrh<strong>und</strong>erts wenig Hoffnung auf eine eigenständige<br />

Folgenabschätzung naturwissenschaftlicher Forschung aufkommen läßt. Nur folgerichtig<br />

hielt <strong>der</strong> gesellschaftliche Wi<strong>der</strong>stand an. Während <strong>die</strong> EG-Kommission<br />

<strong>die</strong> Patentierung befürwortete, verabschiedete das Europäische Parlament eine<br />

Resolution dagegen. Im Herbst 1992 erteilte das Patentamt das begehrte Siegel,<br />

doch bis zum Stichtag <strong>der</strong> Einspruchsfrist waren in München genügend Beschwerden<br />

eingegangen, um das Verfahren fortzusetzen. Das damit wie<strong>der</strong> ausgesetzte<br />

Patent geht allerdings über den Einzelfall weit hinaus. Es schützt nicht nur trartsgene<br />

Mäuse, son<strong>der</strong>n alle Tierarten, bei denen solche Manipulationen mit dem<br />

DuPont-Verfahren vorgenommen werden <strong>und</strong> bildet somit ein offenes Tor, durch<br />

das <strong>die</strong> neue Schöpfungslehre ins Patentrecht einmarschieren kann. 21<br />

2. Der Fall ist gravierend. Wie so häufig vollzieht sich <strong>die</strong> juristische Diskussion<br />

in einer kalten, zynischen, dem Konflikt abgewandten Sprache, <strong>die</strong> nach einer<br />

technischen Lösung sucht. So <strong>die</strong>nten Übersetzungsprobleme des mehrsprachigen<br />

Patentabkommens als Schlupfloch für <strong>die</strong> Befürworter. Zwischen den unscharf<br />

formulierten Begriffen „Tier", „Tierart" <strong>und</strong> „Tierrasse" fand sich genügend Spielraum,<br />

<strong>die</strong> transgene Maus als Erfindung durchzubringen. Abgesehen von <strong>der</strong><br />

gr<strong>und</strong>sätzlichen Fragwürdigkeit eines solchen Fortschritts, zeugt allein <strong>der</strong><br />

Wunsch nach dem Gen-Patent von <strong>der</strong> Monstrosität menschlichen Besitzdenkens.<br />

Es schadet nichts, <strong>die</strong> Schöpfungsanalogie an <strong>die</strong>ser Stelle weiterzuspinnen. Streng-<br />

20 Entscheidung <strong>der</strong> Prüfungsabteilung des Europäischen Patentamts vom 3. April 1992.<br />

21 Inzwischen zeichnet sich eine gigantische Fehlinvestition ab. Dem britischen Wissenschaftsblatt<br />

„New Scientist" zufolge hat DuPont kein einzige Krebsmaus-Lizenz verkauft<br />

<strong>und</strong> will in Zukunft ganz auf <strong>die</strong> Vermarktung transgener Tiere verzichten.


<strong>Geistiges</strong> <strong>Eigentum</strong> <strong>und</strong> Kommunikationstechnik, Teil II 107<br />

genommen handelt es sich bei dem Eingriff ins Mäusegenom nicht um eine Schöpfung<br />

sui generis, son<strong>der</strong>n um eine entstellende Bearbeitung des genetischen Codes.<br />

Bearbeitungen aber, das wissen wir, sind immer nur mit Zustimmung des Urhebers<br />

gestattet. Daß wir heute einer eindeutigen Gottesvorstellung entbehren, erlaubt<br />

uns zwar scheinbar <strong>die</strong> Manipulation perfekter Geschöpfe - wen sollten wir fragen?<br />

-, verstößt aber zugleich gegen unsere Lebensgr<strong>und</strong>lagen, denn damit sind<br />

wir, <strong>die</strong> wir uns nicht selber schufen, dem eigenen Zugriff schutzlos ausgesetzt.<br />

Patentierbar wäre allenfalls eine völlige Neukombination <strong>der</strong> vier Nukleinsäuren<br />

im Labor, ein Lebewesen, das sich von keinem herkömmlichen ableitet.<br />

Patentrechtlern sind <strong>der</strong>artige Analogien suspekt. Sie suchen lieber nach passenden<br />

Präzedenzfällen <strong>und</strong> verwenden ihre Energie darauf, <strong>die</strong> <strong>Entwicklung</strong> <strong>der</strong><br />

herrschenden Meinung anzupassen, statt sich in ethische Diskussionen verwickeln<br />

zu lassen. Im Fall <strong>der</strong> Harvard-Maus reichen <strong>die</strong> Wurzeln 150 Jahre zurück. Das<br />

erste Biopatent wurde am 24. Juli 1843 in Finnland registriert; es handelte sich<br />

um ein Hefeferment. Pflanzenzüchtungen <strong>und</strong> Pflanzensorten sind seither schutzfähig;<br />

dazu gesellen sich landwirtschaftliche Kulturverfahren, <strong>die</strong> mikroorganische<br />

Herstellung von Antibiotika <strong>und</strong> <strong>die</strong> Erzeugung von Heilseren. In vielen Fällen<br />

ist <strong>die</strong> Grenze zwischen menschlicher Erfindungsgabe - <strong>die</strong> eigentlich durchs<br />

Patent belohnt werden soll - <strong>und</strong> belebter Naturkraft bereits deutlich verwischt,<br />

allein <strong>der</strong> beherzte Zugriff auf <strong>die</strong> Naturkraft begründet das <strong>Eigentum</strong>sverhältnis.<br />

Nicht eben <strong>die</strong> reine Lehre vom gerechten Lohn für gedankliche Mühen, aber<br />

ein brauchbarer industriepolitischer Ansatz. Er wird von <strong>der</strong> sogenannten „Anspornungstheorie"<br />

unterstützt. Manfred Säger charakterisiert sie folgen<strong>der</strong>maßen:<br />

„Die Gr<strong>und</strong>lage <strong>der</strong> Anspornungstheorie ist nicht eine Vorstellung von Gerechtigkeit,<br />

son<strong>der</strong>n eine Theorie über <strong>die</strong> möglichst zweckmäßige För<strong>der</strong>ung des technischen Fortschritts.<br />

Die Sicherung <strong>der</strong> Verwertungsrechte durch Patentschutz <strong>die</strong>nt hier nicht zur<br />

gerechten Belohnung, son<strong>der</strong>n gewissermaßen als 'Kö<strong>der</strong>' <strong>und</strong> 'Ansporn' für eine Beschleunigung<br />

des technischen Fortschritts." 22<br />

Und er liefert als Fußnote einen bezeichnenden Satz Abraham Lincolns nach:<br />

„Das Patentsystem hat <strong>der</strong> Flamme des Genius den Brennstoff des Geldvorteils hinzugefügt."<br />

23<br />

Unter <strong>die</strong>ser Perspektive ist es nur folgerichtig, daß <strong>die</strong> tropischen <strong>Entwicklung</strong>slän<strong>der</strong><br />

patentähnliche Rechte auf ihre natürlich gewachsene Vegetation erheben;<br />

sie haben erkannt, welches Wirtschaftspotential in <strong>der</strong> Artenvielfalt <strong>der</strong> Regenwäl<strong>der</strong><br />

steckt. Hier schließt sich <strong>der</strong> Kreis zwischen elektronischer <strong>und</strong> gentechnologischer<br />

Informationsgesellschaft. Beide streben eine schöne neue Welt auf<br />

Basis des vorhandenen Materials an; beide brauchen natürliche Ausgangspunkte,<br />

von denen aus sie ihre Arbeit beginnen können. Betrachtet man den genetischen<br />

Code stur mechanisch, tritt <strong>die</strong> frappante Übereinstimmung mit dem digitalen<br />

22 Säger, S. 269.<br />

23 Säger, S. 269.


108 <strong>Florian</strong> <strong>Felix</strong> <strong>Weyh</strong><br />

Brei zutage. Ein Minimum an Bausteinen - hie zwei, da vier -, ein Maximum an<br />

Kombinationsmöglichkeiten bei potentiell unendlicher Größe <strong>der</strong> nachfolgenden<br />

Schöpfung. Die Weltbil<strong>der</strong> des Genetikers <strong>und</strong> des Programmierers sind austauschbar,<br />

ihre Vorgehensweisen auch. Schon verschwimmen Begriffe <strong>und</strong> Konzepte,<br />

simulieren elektronische Viren biologische Mechanismen, während sich Biologen<br />

an Erklärungsmustern <strong>der</strong> Maschinenwelt orientieren. Stück um Stück zerlegen<br />

beide das heile Ganze in Fragmente, bis nichts mehr ist, wie es <strong>die</strong> Schöpfung<br />

einst hinterließ. 24<br />

IV. Lost paradise o<strong>der</strong> Im Zentrum des Paradigmenwechsels<br />

1. Das Urheberrecht entstand durch Technik. Durch Technik wird es wie<strong>der</strong> abgeschafft.<br />

Wenn Heinrich Bosse an <strong>der</strong> Wiege des Urheberrechts einen Paradigmenwechsel<br />

ausmacht - also eine gänzlich neue Sichtweise von Geist <strong>und</strong> <strong>Eigentum</strong><br />

- so liegt es nahe, <strong>die</strong>se Sichtweise auf heutige Verhältnisse zu übertragen.<br />

Aus dem Kräftespiel zwischen Künstler, Werk <strong>und</strong> Gesellschaft kristallisiert<br />

sich im 18. Jahrh<strong>und</strong>ert <strong>der</strong> Begriff des schöpferischen Genies heraus. Kein Kunstwerk,<br />

das nicht einem solchen Geist entspringt <strong>und</strong> sich seiner Verfügungsgewalt<br />

zu unterwerfen hat. Das neue Paradigma - <strong>die</strong> sogenannte „Werkherrschaft" -<br />

taucht nicht zufällig an <strong>der</strong> Schnittstelle von philosophischer Aufklärung <strong>und</strong><br />

beginnen<strong>der</strong> Industrialisierung auf; es vereint den Schutz des Einzelnen vor dem<br />

absoluten Staat mit einer marktwirtschaftlichen Idee.<br />

Für Leute, <strong>die</strong> im Zeitalter des Paradigmenwechsels leben, ist <strong>die</strong> Verän<strong>der</strong>ung<br />

schwer erkennbar; noch schwerer erkennbar ist, was Bosse als „point of no return"<br />

bezeichnet, jenes unumkehrbare Datum, von dem an das neue Paradigma gilt.<br />

Denn lange noch existieren beide Sichtweisen parallel, nur hat <strong>die</strong> alte langfristig<br />

keine Chance mehr; sie repräsentiert den aussterbenden Standpunkt <strong>der</strong> Traditionalisten.<br />

Bosse zitiert Thomas S. Kuhn mit folgenden Worten:<br />

„Wie bei politischen Revolutionen gibt es auch bei <strong>der</strong> Wahl eines Paradigmas keine höhere<br />

Norm als <strong>die</strong> Billigung durch <strong>die</strong> maßgebliche Gemeinschaft." 25<br />

Diese Billigung findet unserer Tage als Abstimmung mit den Füßen in jedem<br />

Copyshop statt, zu je<strong>der</strong> St<strong>und</strong>e vor Personalcomputern <strong>und</strong> Videorekor<strong>der</strong>n.<br />

Längst hat sich das alte Bild vom geistigen <strong>Eigentum</strong> gewandelt, <strong>und</strong> <strong>die</strong> Ratlosigkeit,<br />

mit <strong>der</strong> <strong>die</strong> gesellschaftlichen Institutionen <strong>der</strong> medialen Revolution be-<br />

24 Kein an<strong>der</strong>er Teilbereich <strong>der</strong> Informationsgesellschaft verän<strong>der</strong>t sich <strong>der</strong>art schnell<br />

<strong>und</strong> rabiat wie <strong>die</strong>ser. Seine vielfältigen Verästelungen - über <strong>die</strong> Kartierung des<br />

menschlichen Genoms, <strong>die</strong> erfolgreiche Klonierung menschlicher Embryonen bis hin<br />

zum Biocomputer - sprengen den Rahmen des Aufsatzes. Die Tendenz bleibt überall<br />

gleich <strong>und</strong> entspricht <strong>der</strong> Kapitelüberschrift V. des ersten Teils: Habenwollen um jeden<br />

Preis.<br />

25 Bosse,S. 121.


<strong>Geistiges</strong> <strong>Eigentum</strong> <strong>und</strong> Kommunikationstechnik, Teil II 109<br />

gegnen, ist typisch für <strong>die</strong> Verwerfungen eines Paradigmen wechseis. Alte Konzepte<br />

existieren parallel zu neuen, Richtungen <strong>und</strong> Ziele werden neu definiert, Machtverhältnisse<br />

verlagern sich. Tatsächlich än<strong>der</strong>t sich nicht nur das Verhältnis zwischen<br />

Autor <strong>und</strong> Werk, son<strong>der</strong>n <strong>die</strong> gesamte Begrifflichkeit von Information.<br />

Es geht nicht mehr um Geist, es geht um Mobilität. Die Me<strong>die</strong>ntechnologie<br />

erbt Stück um Stück <strong>die</strong> Funktionen <strong>der</strong> Verkehrsindustrie, <strong>die</strong> wie<strong>der</strong>um das<br />

pragmatische Transportgewerbe in einen identitätsstiftenden Mythos verwandelt<br />

hat. Seit <strong>der</strong> berühmten Überlandfahrt von Bertha Benz im Jahre 1888 ist unsere<br />

Welt in rasanter Weise erfahrbar gemacht worden. Damit gewann <strong>der</strong> Begriff <strong>der</strong><br />

Mobilität an vordringlicher Bedeutung für eine Gesellschaft, <strong>die</strong> sich nur noch<br />

mobil als lebendig empfindet.<br />

Mit dem Kollaps <strong>der</strong> realen Verkehrssysteme verlagern sich ihre Bedürfnisse<br />

auf <strong>die</strong> immaterielle Beweglichkeit <strong>der</strong> Datennetze <strong>und</strong> Satellitenbil<strong>der</strong> - <strong>die</strong> Orte<br />

kommen zu den Reisenden. Längst haben damit <strong>die</strong> Wirklichkeits vermittler das<br />

schöpferische Genie ä la Balzac an den Rand gedrängt. Gewiß: Herkömmliche<br />

Romanciers <strong>und</strong> Geschichtenschreiber kämen gut mit dem alten Paradigma aus,<br />

aber jene, <strong>die</strong> sie verdrängen, finden keinen Platz darin <strong>und</strong> reißen alle an<strong>der</strong>en<br />

mit in den Strom <strong>der</strong> neuen Zeit. Ihr Gewicht erzwingt den Wechsel, ihre Produkte<br />

<strong>und</strong> Produktionsweisen erfor<strong>der</strong>n neue Regeln. Man vergesse nicht: Wirklichkeitsvermittlung,<br />

sei es nur in Form journalistischer Texte, hat es bei <strong>der</strong> Entstehung<br />

des alten urheberrechtlichen Paradigmas kaum gegeben, schon gar nicht in fotografisch<br />

genauer Form. Aus <strong>der</strong> Sicht des achtzehnten Jahrh<strong>und</strong>erts ist <strong>die</strong> uns<br />

umgebende Wirklichkeit so lange gemeinfrei, wie sie nicht durch ein Subjekt<br />

künstlerisch interpretiert wird. Mit <strong>die</strong>sem Paradigma läßt sich heute kein Gewinn<br />

mehr erzielen - man braucht einen Warenbegriff jenseits des Subjekts. In <strong>der</strong> Praxis<br />

<strong>der</strong> Me<strong>die</strong>nkonzerne verlagert es sich auf Körperschaften, juristische Unternehmensformen,<br />

<strong>die</strong> selbst nicht schöpferisch sein können, aber alle damit verb<strong>und</strong>enen<br />

Rechte in Anspruch nehmen - <strong>die</strong> Diktatur <strong>der</strong> Berteismänner.<br />

Die historisch jüngste Branche, <strong>die</strong> Softwareindustrie, ist ohne Umwege unter<br />

dem neuen Paradigma angetreten. Man kauft Programme von Microsoft, Star<br />

Division o<strong>der</strong> Digital Research, <strong>die</strong> eigentlichen Schöpfer interessieren nicht mehr.<br />

Wird ein Programmierer entlassen, geht kein Aufschrei des Entsetzens durch <strong>die</strong><br />

Reihen, denn aus dem restlichen Wirtschaftsleben ist <strong>die</strong>se Vorgehensweise vertraut.<br />

Orientierung in <strong>der</strong> Warenwelt geben Markenzeichen <strong>und</strong> Konzerne; beriefe<br />

sich ein Verkäufer auf seine eigene, persönliche Erfahrung, würde man ihm mißtrauen.<br />

Je größer, erfolgreicher, seriöser <strong>die</strong> Körperschaft hinter einem Produkt<br />

ist, desto leuchten<strong>der</strong> seine Aura. Daß sie im Persönlichen anonym bleibt, <strong>die</strong><br />

Menschen dahinter austauschbar sind, gilt nachgerade als Garant von Qualität;<br />

27<br />

es vermin<strong>der</strong>t <strong>die</strong> Gefahr individueller Fehlleistungen.<br />

26 It's a Sony!<br />

27 In Frankreich heißen <strong>die</strong> großen Aktiengesellschaften bezeichnen<strong>der</strong>weise „societes<br />

anonymes".


110 <strong>Florian</strong> <strong>Felix</strong> <strong>Weyh</strong><br />

2. In <strong>die</strong>ser Welt leben wir seit Erfindung des Fließbandes, nur haben wir bisher<br />

den Bereich <strong>der</strong> Me<strong>die</strong>n <strong>und</strong> Kultur davon ausgenommen. Gewiß, Kultur lebt von<br />

individuellen Zuordnungen, <strong>und</strong> Körperschaften können keine Bühne betreten,<br />

keinen Programmplatz füllen, keine Sendung mo<strong>der</strong>ieren. Doch dafür hat man<br />

Stars, <strong>die</strong> in Fleisch <strong>und</strong> Blut verkörpern, was sich im Produktionsprozeß längst<br />

verdinglicht hat. Ein kurioser Rechtsstreit zeigt, wie weit das neue Paradigma<br />

schon ins Bewußtsein <strong>der</strong> Verantwortlichen vorgedrungen ist.<br />

Als <strong>der</strong> Me<strong>die</strong>nclown Karl Dali vor zwei Jahren den Fernsehsen<strong>der</strong> wechselte,<br />

verklagte sein ehemaliger Arbeitgeber (RTL) den künftigen (SAT-1) wegen Verstoßes<br />

gegen das Urheberrechtsgesetz. Die Sendung „Dall-As", <strong>der</strong>en Rechte bei<br />

RTL verblieben, sei eine Schöpfung des Sen<strong>der</strong>s, somit nicht ohne Genehmigung<br />

übertragbar. Bereits <strong>die</strong> Erläuterung des Sendekonzepts bereitete dem Kläger erhebliche<br />

Schwierigkeiten; von urheberrechtlich relevanten Elementen konnte kaum<br />

<strong>die</strong> Rede sein. Dali mo<strong>der</strong>iert eine Talkshow, <strong>die</strong> sich nur insofern von zahllosen<br />

an<strong>der</strong>en Veranstaltungen des Genres unterscheidet, als er seine Gäste mit sehr<br />

spezifischem Witz beschimpft. Da <strong>die</strong>s untrennbar mit <strong>der</strong> eigenen Person verb<strong>und</strong>en<br />

ist, läßt sich davon kein autonomes Konzept ablösen; <strong>die</strong> Behauptung<br />

einer eigenständigen Ware ist absurd. Der Streit verlief im Sande, trotzdem kommt<br />

ihm exemplarischer Charakter zu. Wo das wirtschaftliche Interesse größer ist als<br />

<strong>die</strong> schöpferische Leistung, wird <strong>der</strong> Showmaster zum Gesamtkunstwerk, das nur<br />

in Verbindung mit dem Signet eines Fernsehsen<strong>der</strong>s Gültigkeit erhält. Ein Wechsel<br />

des Arbeitgebers kommt nicht mehr in Frage - so wie <strong>der</strong> Sen<strong>der</strong> ohne ihn nichts<br />

ist, soll er ohne den Sen<strong>der</strong> nichts sein. Ein fiktives Subjekt, das <strong>die</strong> gemeinschaftliche<br />

Leistung aller Ideengeber plus <strong>die</strong> Geldeinlage <strong>der</strong> Kapitalgeber verkörpert.<br />

Diese symbolische Verlagerung vom Schöpfer zum Darsteller ist ein wichtiger<br />

Bestandteil des Paradigmenwechsels; Hollywood hat ihn vor siebzig Jahren vorweggenommen.<br />

Ein an<strong>der</strong>er erscheint auf den ersten Blick wi<strong>der</strong>sinnig, weil er<br />

ein Subjekt einführt, wo vorher keines war: das allgemeine Persönlichkeitsrecht. Es<br />

entstand in den fünfziger Jahren in mehreren Prozessen gegen Zeitungsverlage<br />

<strong>und</strong> begrenzte <strong>die</strong> Informationsfreiheit <strong>der</strong> Me<strong>die</strong>n zugunsten ihrer Opfer, ja begründete<br />

einen finanziellen Anspruch bei erlittener Ruf Schädigung. So war <strong>die</strong><br />

„freie Entfaltung <strong>der</strong> Persönlichkeit" im Gr<strong>und</strong>gesetz zwar nicht gemeint gewesen,<br />

erhielt aber durch <strong>die</strong> wachsende Macht <strong>der</strong> Me<strong>die</strong>n einen neuen Sinn. Während<br />

sich <strong>die</strong> Hersteller geistiger Waren immer mehr entpersonalisieren, treten <strong>die</strong><br />

Opfer schärfer ins Blickfeld. Sie sind <strong>die</strong> eigentlichen Subjekte <strong>der</strong> Beziehung,<br />

realer als alle austauschbaren Angestellten <strong>der</strong> Konzerne, <strong>die</strong> ja nie mit ihrer<br />

privaten Existenz haften müssen. Brächte <strong>der</strong> Paradigmenwechsel nur ihnen Gewinn,<br />

würde er sich nicht durchsetzen; so folgert das allgemeine Persönlichkeitsrecht<br />

als zwangsläufiges Komplement aus den geän<strong>der</strong>ten Verhältnissen.<br />

Die Szene bleibt bewegt. Weil <strong>die</strong> technischen Systeme, <strong>die</strong> den Wechsel einleiteten,<br />

durch unaufhörliches Wachstum ständige Unruhe erzeugen, droht am<br />

Tage X womöglich wie<strong>der</strong> <strong>der</strong> gemeinfreie Urzustand. Dem läßt sich nur mit einer<br />

28 Wesel, S. 134 ff.


<strong>Geistiges</strong> <strong>Eigentum</strong> <strong>und</strong> Kommunikationstechnik, Teil II 111<br />

weltweiten Vernetzung, einem Quasi-Monopol entgegentreten. Vorreiter <strong>der</strong> <strong>Entwicklung</strong><br />

ist <strong>die</strong> Musikindustrie, <strong>die</strong> ihre Gewinne von immer perfekteren Kopiertechniken<br />

bedroht sieht. Die Markierung einzelner Titel mit einem „Produktidentifizierungscode",<br />

das vom Aufnahmegerät gelesen <strong>und</strong> als Blockadesignal<br />

verstanden wird, fällt dabei noch in den Bereich nutzloser, weil hintergehbarer<br />

Kopiersperren. Interessant wird es beim Einsatz sogenannter „Smart Cards", gegen<br />

<strong>die</strong> heutige Kredit- o<strong>der</strong> Telefonkarten wie Spielgeld erscheinen. Nach Vorstellung<br />

<strong>der</strong> Musikindustrie werden sie in absehbarer Zeit den körperlichen Tonträger<br />

ersetzen. Die eigentliche Ware kommt via Breitbandkabel o<strong>der</strong> Satellit ins Haus,<br />

wird aber nicht mehr pauschal mit <strong>der</strong> Radio- <strong>und</strong> Fernsehgebühr bezahlt, son<strong>der</strong>n<br />

muß nach Muster des Pay TV's einzeln beglichen werden.<br />

Natürlich kann ein solches Erfassungssystem jede Bewegung im Freizeitpara<strong>die</strong>s<br />

überwachen, doch scheinen <strong>die</strong> Kassandrarufe <strong>der</strong> achtziger Jahre, wie sie<br />

bei Einführung des maschinenlesbaren Personalausweises ertönten, überholt.<br />

Nicht <strong>der</strong> allmächtige Staat, son<strong>der</strong>n eine marktorientierte Me<strong>die</strong>nlandschaft steht<br />

bei <strong>der</strong> <strong>Entwicklung</strong> Pate. Sie muß, will sie ihre Produkte in <strong>die</strong> Wohnzimmer<br />

plazieren, auf <strong>die</strong> Verlockung <strong>der</strong> Vernetzung setzen; mit Mißtrauen macht sie<br />

schlechte Geschäfte. Die Unverletzbarkeit <strong>der</strong> Wohnung ist dazu unabdingbar,<br />

das Subjekt erlischt nur auf <strong>der</strong> Produzentenseite, auf <strong>der</strong> Konsumentenseite erhält<br />

es einen ehrenvollen Platz mit eigener Mitgliedskarte. Verständlich, denn schon<br />

eine Familie ist weniger lohnend als ihre einzelnen Vertreter, <strong>die</strong> Aufteilung in<br />

Eltern <strong>und</strong> Kin<strong>der</strong> profitabler als <strong>die</strong> klassische Gemeinschaft. Vier Individuen,<br />

vier Smart Cards, vier unterschiedliche Abbuchungen.<br />

3. An<strong>der</strong>s als vor zweih<strong>und</strong>ert Jahren sind <strong>die</strong> Urheber nicht mehr Nutznießer<br />

<strong>der</strong> <strong>Entwicklung</strong>. Ihnen bleibt nichts an<strong>der</strong>es übrig, als sich in Körperschaften zu<br />

organisieren, innerhalb <strong>der</strong>er sie so austauschbar werden wie <strong>die</strong> Manager auf<br />

<strong>der</strong> Gegenseite. Illusorisch das Beharren auf Einzelverwertung, naiv <strong>der</strong> Glaube<br />

an einen persönlichen Gestaltungsspielraum. Stolze Freiberufler sehen sich zu<br />

Gehaltsempfängern <strong>der</strong> Verwertungsgesellschaften herabgestuft - mit <strong>der</strong>en demokratischer<br />

Verfassung es ungefähr so weit her ist wie bei Ersatzkassen <strong>und</strong><br />

Sozialversicherungsanstalten -, wenn sie nicht gleich im Auftrag <strong>und</strong> auf Rechnung<br />

eines Me<strong>die</strong>nkonzerns agieren. Im Zugang zu den Verwertungstechnologien liegt<br />

<strong>die</strong> eigentliche Macht; sie schrumpft stetig. Zu groß sind <strong>die</strong> Kapitalerfor<strong>der</strong>nisse,<br />

als daß sich ihnen ein einzelner Urheber überhaupt aussetzen könnte. Ihm bleibt<br />

nur <strong>die</strong> Möglichkeit, sämtliche Rechte an denjenigen abzutreten, <strong>der</strong> ihm eine<br />

Realisation verspricht, o<strong>der</strong> als lächerliche Figur auf <strong>die</strong> Realisation zu verzichten.<br />

Als tröstliche Gewißheit bleibt ihm <strong>die</strong> Rolle als Konsumentensubjekt.<br />

In <strong>die</strong>ser Situation kann er auf Fairness kaum hoffen. Vielleicht hofft er insgeheim<br />

auf den Staat <strong>und</strong> dessen Selbstverständnis, Schwache zu schützen <strong>und</strong><br />

Starke zu beschneiden. Ein wesentlicher Beitrag zur Erhaltung <strong>der</strong> schöpferischen<br />

Kultur bestünde in einem gesetzlichen Urhebervertragsrecht, das den Dschungel<br />

unübersichtlicher Klauseln lichtet <strong>und</strong> den Verwertern Grenzen setzt. Nach wie


112 <strong>Florian</strong> <strong>Felix</strong> <strong>Weyh</strong><br />

vor herrscht für beide Seiten - den Großkonzern wie den Autor - Vertragsfreiheit,<br />

lediglich begrenzt durch <strong>die</strong> „Allgemeinen Geschäftsbedingungen" des Zivilrechtes.<br />

Das macht in einer liberalen Wirtschaftsordnung Sinn, <strong>die</strong> von <strong>der</strong> Kräftegleichheit<br />

<strong>der</strong> Geschäftspartner ausgeht, wirkt sich aber im Verhältnis zwischen<br />

Urhebern <strong>und</strong> Me<strong>die</strong>nkonzernen fatal aus; <strong>die</strong> „buy-out"-Tendenzen sprechen<br />

Bände.<br />

Wilhelm Nordemann, prominenter Urheberrechtler aus Berlin, hat schon vor<br />

Jahren einen detaillierten <strong>und</strong> sorgfältig ausformulierten Gesetzesvorschlag vorgelegt,<br />

doch in den Bonner Amtsstuben weht ein an<strong>der</strong>er Wind. Viel eher will<br />

man den Staat aus seiner kulturstaatlichen Verantwortung entlassen, als ihn weiter<br />

in <strong>die</strong> Pflicht zu nehmen. Die stückweise Aufgabe des öffentlich-rechtlichen R<strong>und</strong>funksystems,<br />

<strong>die</strong> stete Bedrohung <strong>der</strong> Buchpreisbindung durch internationale<br />

Handelsabkommen, <strong>die</strong> schleichende Entwertung des Urheberpersönlichkeitsrechtes<br />

lassen wenig Hoffnung aufkommen. Selbst <strong>der</strong> betont urheberfre<strong>und</strong>liche Chefreferent<br />

<strong>der</strong> EG-Kommission, Jean-Francois Verstrynge, präsentierte auf einem<br />

Kongreß <strong>der</strong> „Verwertungsgesellschaft Wort" im Oktober 1992 eine düstere Vision:<br />

„Wenn wir nicht jedes Mal <strong>die</strong> Exklusivität eines Rechts durchsetzen können, weil wir<br />

nicht jedem Bürger einen Polizisten für Überwachungszwecke zuteilen können, wenn wir<br />

jedes Mal nur reagieren durch <strong>die</strong> Schaffung eines bloßen Vergütungsanspruchs, bewegen<br />

wir das Urheberrecht allmählich weg von seiner Natur als f<strong>und</strong>amentalem Recht in<br />

Richtung eines Besteuerungssystems. Die erste solche Bewegung fand beim privaten<br />

Kopieren bis zur Reprographie statt. Wenn sich das ohne eine Reaktion fortsetzt, wird das<br />

Urheberrecht in 30 Jahren tot sein." 30<br />

Das wird es. Der klassische Urheber ebenfalls. Wie in den großen Industrien des<br />

19. Jahrh<strong>und</strong>erts transformiert er sich in einen Arbeitnehmer, <strong>der</strong> auf Anfor<strong>der</strong>ung<br />

Ware herstellt, auch wenn sich <strong>der</strong> kreative Prozeß gegen industrielle Zugriffe<br />

sperrt. Vom Ausdrucksgewerbe zum Informationsbetrieb: ein Gewinn an Märkten,<br />

ein Verlust an Seele.<br />

29 In einzelnen Punkten zeigte sich hier das Urheber- <strong>und</strong> Urhebervertragsrecht <strong>der</strong> DDR<br />

fortschrittlicher, auch wenn es sich ebenfalls um überwiegend nachgiebiges, d.h. in<br />

Verhandlungen abdingbares Recht handelte.<br />

30 Verstrynge, S. 89.<br />

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