279.tirol
Ausgabe 1, August 2020
Ausgabe 1, August 2020
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REISE INS<br />
UNGEWISSE<br />
10 Jahre GemNova<br />
GEORG<br />
Dein Gemeinde<br />
Organisator<br />
AUSGABE 1 | AUGUST 2020<br />
MEHR<br />
KNÖDEL<br />
FÜR ALLE<br />
Mit dem<br />
neuen digitalen<br />
Essensgutschein<br />
von Jausengeld
ZUR BESSEREN ÜBERSICHT HABEN<br />
WIR ZWEI ZENTRALE SCHWER-<br />
PUNKTE IN DIESER AUSGABE WIE<br />
FOLGT GEKENNZEICHNET.<br />
DIGITALISIERUNG<br />
Die Corona-Krise hat gezeigt, welch<br />
hohen positiven Einfluss die Digitalisierung<br />
in unser aller Leben haben<br />
kann. Alle Artikel im Magazin rund um<br />
dieses Thema sind mit diesem Icon<br />
gekennzeichnet.<br />
ZUKUNFT GEMEINDE<br />
Nur gemeinsam und in Kooperation<br />
mit Expertinnen und Experten können<br />
die aktuellen Herausforderungen<br />
in den Gemeinden gelöst werden.<br />
Sie finden alle Themen rund um<br />
die Zukunft der Gemeinden anhand<br />
dieser Kennzeichnung.<br />
Regionalität und Umweltverträglichkeit sind uns<br />
ein Anliegen.<br />
201920037
WIR ALLE SIND<br />
GEMEINDE.<br />
1
INHALT<br />
GemNova inside<br />
tirol.mobil<br />
tirol.bildet<br />
05 GemNova ist vielfältig –<br />
Tirols Gemeinden sind<br />
vielfältiger<br />
06 10 Jahre GemNova<br />
09 Gäb’s euch drei nicht<br />
10 Ab & zu eiert es halt<br />
13 Reise ins Ungewisse<br />
tirol.Politik<br />
16 Der Gemeinderat –<br />
Mitgestaltung in der<br />
Gemeindepolitik<br />
18 Oft unterschätzt und dennoch<br />
stille Macht im Hintergrund:<br />
Der Gemeinderat<br />
tirol.digital<br />
20 Georg – dein<br />
Gemeinde-Organisator<br />
22 Eine umfassende<br />
Digitalisierungsstrategie<br />
für Tirols Gemeinden<br />
25 Die Nach-Corona-Zeit<br />
und die Digitalisierung<br />
26 Das neue „Amtsdeutsch“<br />
tirol.wirtschaftet<br />
29 Mehr Knödel für alle<br />
30 SO:FAIR<br />
32 Es gibt nichts Gutes,<br />
außer man tut es<br />
tirol.innovativ und modern<br />
37 Unter der Erde<br />
40 Mobil mit oder trotz<br />
Tourismus<br />
tirol.investiert<br />
42 Entwicklung Wohnraum<br />
44 Architekturwettbewerbe –<br />
ein demokratischer Prozess<br />
46 Unterschiedliche Umsetzungsmodelle<br />
für<br />
Infrastrukturprojekte<br />
tirol.bunt und vielfältig<br />
49 Ein Deutschkurs, viele<br />
Bedürfnisse<br />
53 Mit wenig viel erleben<br />
tirol.sportlich und gesund<br />
54 Annäherung an<br />
Laura Stigger<br />
56 Dem Rad gehört die<br />
Zukunft<br />
58 Die gesunde Gemeinde<br />
tirol.traditionell<br />
60 Osttirol fasziniert landschaftlich<br />
und kulinarisch<br />
62 Das Neue im Alten<br />
entdecken – in den<br />
Ötztaler Museen<br />
64 So geht das Virus hops<br />
66 Die Freude lacht ihnen aus<br />
den Augen<br />
68 Handreichung Elternbildungspartnerschaft<br />
70 Aus der Krise lernen<br />
tirol.Kultur<br />
72 6 lesenswerte Bücher<br />
76 Drauf gepfiffen –<br />
wir blasen weiter<br />
tirol.sozial<br />
77 YoungStar erobert das<br />
Zillertal<br />
78 Schulsozialpädagogik –<br />
What’s that?<br />
80 Gemeinsam versorgt<br />
tirol.hat Recht<br />
81 BIM, Building Information<br />
Modeling<br />
tirol.sucht Menschen<br />
84 Vitalregion über Innsbruck<br />
tirol.ist schön<br />
86 Tiroler Seen – vielfältig<br />
und wunderschön
tirol.blickt über die Grenzen<br />
6<br />
92 Interkommunale Zusammenarbeit<br />
in Vorarlberg<br />
tirol.kooperiert<br />
GemNova inside<br />
10 Jahre GemNova. Erfolgreich<br />
gewachsen durch Herausforderungen<br />
96 Die Kommunalwerkstatt<br />
98 Der neue Tiroler Baukoffer<br />
ist da<br />
100 Pitztal Regional – ein<br />
ganzes Tal handelt regional<br />
32<br />
tirol.wirtschaftet<br />
ES DIE GIBT GRENZEN NICHTS<br />
GUTES, DER SCHULEN AUSSER<br />
MAN TUT ES<br />
Ucil ma quam aut fugit, et lant volor sequiatiat<br />
audant. Sequae adi tectibernam quo<br />
Der erste Online-Shop, der wie Amazon<br />
ommolup tatur.<br />
aufgebaut ist, nur eben regional.<br />
102 „Da passiert etwas<br />
Historisches“<br />
tirol.spart<br />
104 Die Eröffnungsbilanz aus<br />
Sicht der Gemeinde<br />
106 Regionalität und<br />
Digitalisierung als Weg<br />
aus der Corona-Krise<br />
GemNova Menschen<br />
108 GemNova verstärkt<br />
Präsenz in den Bezirken<br />
110 Von der GemNova in das<br />
Büro des Landeshauptmannes<br />
54<br />
tirol.sportlich und gesund<br />
ANNÄHERUNG AN<br />
LAURA STIGGER<br />
Bike Challenge? Ja, hab ich schon gehört.<br />
Laura Stigger? Das ist doch die verrückte<br />
Radlfahrerin. Kals am Großglockner?<br />
Lanser Alm? Kenn ich, höchster Berg<br />
Österreichs, gutes Essen und<br />
Trinken, urige Atmosphäre. Wie das alles –<br />
und noch vielerlei mehr – zusammenhängt?<br />
92<br />
tirol.blickt über die Grenzen<br />
INTERKOMMUNALE<br />
ZUSAMMENARBEIT<br />
IN VORARLBERG<br />
Gespräch mit Oliver Christof.
4
GemNova inside 5<br />
GEMNOVA IST VIELFÄLTIG –<br />
TIROLS GEMEINDEN<br />
SIND VIELFÄLTIGER<br />
10 Jahre GemNova mit neuem<br />
Auftritt und dem neuen Gem-<br />
Nova Magazin 279.TIROL.<br />
Das „Wie“ unseres unternehmerischen<br />
Tuns bei GemNova basiert auf unseren<br />
Werten. Einer davon ist Vielfältigkeit.<br />
Wir beschäftigen 34 Nationalitäten im<br />
Unternehmen, unsere jüngste Kollegin ist<br />
18 Jahre alt, unser ältester Kollege (gleichzeitig<br />
unser Botschafter) ist 66 Jahre alt.<br />
Wir haben nur die besten Erfahrungen<br />
damit. So entsteht Kreativität gepaart<br />
mit Erfahrung, Innovation in Verbindung<br />
mit Umsetzungsstärke und vieles mehr.<br />
Diese Vielfältigkeit und damit die Offenheit<br />
für Neues, Innovatives und Buntes hat<br />
uns auch dazu bewogen, dies in unserem<br />
Auftritt zu zeigen. Unser neues Logo symbolisiert<br />
das und zeigt, dass wir vielfältig,<br />
bunt, kreativ und offen sind. Wir denken,<br />
das ist eine wesentliche Stärke von uns<br />
und hat schon oft zu neuen, unkonventionellen<br />
Lösungen geführt und ist sicherlich<br />
auch Teil unserer Entwicklung.<br />
Gleichzeitig haben wir uns aber auch<br />
gesagt, dass es außerhalb unserer<br />
Arbeit für die Tiroler Gemeinden so viel<br />
Buntheit in Tirol gibt, die es auch wert<br />
ist, dargestellt und gezeigt zu werden. Und<br />
so ist die Idee zum neuen Magazin entstanden.<br />
Wir möchten im neuen Magazin<br />
„279.TIROL“ Tirol und seine 279 Gemeinden<br />
von vielen Seiten zeigen. Kulinarik,<br />
Kultur, Brauchtum, Sport, Landschaft, Innovation,<br />
starke Unternehmen und Persönlichkeiten,<br />
das ist Tirol, das zeichnet uns<br />
aus. Deshalb kommen im neuen Magazin<br />
viele zu Wort, können sich vorstellen, ihre<br />
Sicht darlegen und zeigen, wer sie sind<br />
und was sie zu etwas Besonderem macht.<br />
Unterschiedliche Meinungen sind willkommen,<br />
und in Kommentaren lassen wir auch<br />
dafür Raum und Platz.<br />
Wenn dieses Magazin irgendwo im Büro<br />
oder zu Hause liegt und über mehrere<br />
Monate immer wieder darin geblättert<br />
und gelesen wird, dann haben wir unser<br />
Ziel erreicht. Dann ist es ein Magazin, das<br />
nicht nur Werbung für GemNova sein soll<br />
(natürlich machen wir das auch, denn wir<br />
sind ja auch stolz auf unsere Arbeit), sondern<br />
das auch darüber hinaus Wissenswertes,<br />
Interessantes und manchmal vielleicht<br />
auch Kurioses zeigen soll.<br />
Wir freuen uns auch über Input und Feedback<br />
von unseren Leserinnen und Lesern<br />
(immerhin sind es bereits fast 9.000). Wer<br />
Ideen hat über berichtenswerte Themen,<br />
möge sich bei uns melden, wir freuen uns<br />
über vielfältige Berichte und Artikel. Wir<br />
alle sind Gemeinde – wir alle sind „279.<br />
TIROL“ (der Titel ändert sich erst, wenn<br />
Gemeinden fusionieren sollten ).<br />
IHR<br />
Alois Rathgeb<br />
Niki Kraak
6 GemNova inside<br />
ERFOLGREICH<br />
GEWACHSEN DURCH<br />
HERAUSFORDERUNGEN.<br />
Vor einigen Wochen, im Mai, feierte<br />
die Tochtergesellschaft des Tiroler<br />
Gemeindeverbandes, die GemNova,<br />
ihr zehnjähriges Bestehen.<br />
Statt eines großen Festes wurde, bedingt durch die Corona-Krise,<br />
online auf das Jubiläum angestoßen und ein Blick<br />
zurückgeworfen. Im Vergleich zu vielen anderen Unternehmen<br />
war der Weg der GemNova ungewöhnlich. Es ist die<br />
Geschichte von genutzten Chancen und dem Anspruch, die<br />
Weiterentwicklung der Tiroler Gemeinden zu fördern. Was<br />
im Kleinen begann, entwickelte sich im Verlauf der Jahre<br />
zum größten kommunalen Dienstleister Österreichs.<br />
Wie in vielen Fällen begann alles mit einer Idee. Gem-<br />
Nova-Geschäftsführer Alois Rathgeb hatte vor 2010 ein<br />
Unternehmen, das auf die Beschaffung von Material und<br />
Bedarfsmittel für Busunternehmen in Österreich und<br />
Deutschland spezialisiert war. Während seiner vielen<br />
Geschäftsreisen kam ihm der Gedanke, Beschaffung<br />
müsste auch ein Thema für Gemeinden sein, die damit<br />
enorme Kosten sparen könnten. Mit dieser Idee und der<br />
Motivation, etwas Sinnstiftendes für die Region zu tun,<br />
wandte er sich schließlich an den Präsidenten des Tiroler<br />
Gemeindeverbandes, Ernst Schöpf. Die Überlegung<br />
stieß auf offene Ohren. Schon damals sah Ernst Schöpf<br />
allerdings, dass neben der Beschaffung auch andere Aufgaben<br />
für die Tiroler Gemeinden sowohl in puncto Zeit<br />
als auch Qualität zunehmend zu einer Herausforderung<br />
werden würden; nämlich Service und Dienstleistung. Das<br />
nahm Rathgeb sich zu Herzen.<br />
Einen konkreten Plan gab es nicht<br />
Am 14. Mai 2010 startete Alois Rathgeb zusammen mit<br />
fünf Kollegen, einige von ihnen in Teilzeit. „Es würde<br />
sich heute besser anhören, wenn ich sagen würde, wir<br />
haben damals einen Plan gehabt, wie sich die Dinge<br />
entwickeln sollten. Die Wahrheit ist: So etwas gab es
GemNova inside<br />
7<br />
nicht. Ich hatte zu dem Zeitpunkt nicht einmal<br />
eine Ahnung, was Gemeinden eigentlich sind<br />
und wie sie ticken. Dennoch ergriffen wir die<br />
Chancen und setzten sie um. Das ist wohl der<br />
Schlüssel zum Erfolg“, sagt Rathgeb rückblickend.<br />
Es wurde relativ rasch klar: Es bleibt nicht bei<br />
der Beschaffung. Ende 2013/Anfang 2014 kam<br />
eine Gemeinde auf die GemNova zu und bat um<br />
Unterstützung bei der Sanierung ihrer Volksschule.<br />
Gemeinsam gelang die Umsetzung des<br />
Projektes. Wie man jedoch eine Verbindung von<br />
„Beschaffung“ zu „Sanierung“ herstellen kann, ist<br />
für Rathgeb bis heute ein Rätsel. Fest steht, dass<br />
die GemNova mit den Jahren nicht nur ein immer<br />
noch wachsendes Aufgabengebiet, sondern auch<br />
mehr Erfahrung und Know-how erlangte, komplizierte<br />
Situationen gemeinsam mit den Kommunen<br />
zu meistern.<br />
Der nächste große Schritt ließ nicht lange auf<br />
sich warten. 2015 wurde Österreich und auch<br />
Tirol von einer Flüchtlingswelle erfasst. Weil<br />
Sprache die zentrale Rolle bei der Integration<br />
spielt, entschlossen sich die Tiroler Sozialen<br />
Dienste GmbH (TSD), Sprachkurse für Migrantinnen<br />
und Migranten anzubieten, und ließen ein<br />
entsprechendes Programm zu deren Durchführung<br />
ausschreiben. Alois Rathgeb erkannte die<br />
Sensibilität und Dringlichkeit dieses Themas. Mit<br />
der Motivation, einen Beitrag zur Lösung dieser<br />
Herausforderung zu leisten, rechnete er sich<br />
das Projekt durch und bewarb sich mit einem<br />
Vorschlag. Am 19. Dezember 2015 bekam die<br />
GemNova dann prompt den Zuschlag, das Programm<br />
auf ihre Weise durchzuführen. Der Projektstart<br />
war am 11. Jänner 2016. „In kürzester<br />
Zeit suchte ich mir Unterstützung, denn es galt,<br />
über die Weihnachtszeit qualifizierte Fachkräfte<br />
für die Durchführung der Sprachkurse zu finden.<br />
Über 100 Bewerbungsgespräche wurden<br />
geführt. Schließlich stellten wir 85 Leute ein.<br />
Natürlich gab es laute Kritik, ob und wenn ja wie<br />
die GemNova so eine Aufgabe bewerkstelligen<br />
könnte. Doch wir überzeugten, und bereits nach<br />
zwei Monaten bekamen wir Lob für die Qualität<br />
und den Erfolg unserer Arbeit“, erinnert sich der<br />
GemNova-Geschäftsführer.<br />
Neue Wege trotz Kritik<br />
Rathgeb führt den positiven Verlauf der Sprachkurse<br />
auf die grundlegende praktische Einstellung<br />
der GemNova zurück, ein Problem<br />
anzugehen: Wie kann man welche Qualität<br />
gewährleisten, was wird dafür benötigt und was<br />
muss getan werden, damit ein Projekt gelingt?<br />
Der Fokus auf einen möglichen monetären<br />
Gewinn spielt bei dieser Herangehensweise<br />
keine Rolle. Das erfolgreiche Gelingen ist das<br />
Ziel. Das war damals so und hat sich bis heute<br />
nicht geändert. „Es sind Geschichten wie die<br />
der Sprachkurse, die uns alle bei der GemNova<br />
mit Stolz erfüllen. Zu Beginn eines Projektes<br />
hagelt es oft Kritik. Doch dann überzeugen wir<br />
mit unserem Know-how und unserer Arbeit, und<br />
aus Kritik wird Lob. Das motiviert und spornt an,<br />
neue Chancen zu nutzen“, betont Rathgeb.<br />
Werte wie<br />
Verantwortung, Wertschätzung,<br />
Vertrauen,<br />
Authentizität und Vielfalt<br />
sind keine Worthülsen.<br />
Sie werden gelebt.<br />
Keine Lippenbekenntnisse, sondern gelebte<br />
Werte<br />
Generell ist das Handeln der GemNova durch das<br />
Verständnis geprägt, einen gesellschaftlichen<br />
Beitrag zu leisten. Zur Philosophie des Unternehmens<br />
gehört auch, dass der Sinn einer Aufgabe<br />
im Fokus steht und nicht der Zweck. Statt<br />
auf Hierarchien und strikte Führung setzt die<br />
GemNova auf Eigenverantwortung und Selbstorganisation.<br />
Daher spricht Geschäftsführer Alois<br />
Rathgeb auch von Kolleginnen und Kollegen<br />
und nicht von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern.<br />
Werte wie Verantwortung, Wertschätzung,<br />
Vertrauen, Authentizität und Vielfalt sind keine<br />
Worthülsen. Sie werden gelebt. Das zeigte sich<br />
gerade während des Shutdowns zu Beginn der<br />
Corona-Krise. Auch die GemNova wurde davon<br />
überrascht. Nach einer kurzen Schockstarre, wie<br />
Alois Rathgeb es beschreibt, analysierte man die<br />
Situation. Es war sofort klar: Keiner wird entlassen.<br />
Ferner beschloss man keine Kürzungen<br />
beim Gehalt. Die Unternehmensführung wollte<br />
damit die Unternehmenswerte unterstreichen<br />
und sie für jeden erlebbar machen. Betriebswirtschaftlich<br />
schuf man dann die Voraussetzungen<br />
dafür, u. a. durch neue Produkte, die in dieser Zeit<br />
entwickelt wurden.<br />
DIE<br />
LETZTEN<br />
JAHRE<br />
IN<br />
ZAHLEN<br />
ENTWICKLUNG<br />
BESCHÄFTIGTE<br />
2011<br />
7<br />
2014<br />
130<br />
2020<br />
ÜBER 450<br />
KOLLEGINNEN<br />
UND KOLLEGEN<br />
Davon sind rund 350<br />
Kolleginnen und Kollegen<br />
in der Freizeitbetreuung<br />
und Schulassistenz<br />
beschäftigt.<br />
Die GemNova gehört<br />
heute von der Anzahl<br />
der Beschäftigten zu<br />
den 50 größten Tiroler<br />
Unternehmen.<br />
UMSATZ-<br />
ENTWICKLUNG<br />
2011<br />
450.000 EURO<br />
2014<br />
700.000 EURO<br />
2015<br />
900.000 EURO<br />
2017<br />
7,5 MIO. EURO<br />
2019<br />
16 MIO. EURO
8 GemNova inside<br />
Die Herausforderungen der Zukunft<br />
Fragt man Alois Rathgeb, wie der künftige Weg der<br />
GemNova aussieht, schmunzelt er. Mit Rückblick auf<br />
die letzten zehn Jahre wundert er sich selbst, was alles<br />
in dieser Zeit geschehen ist. Es gab ständig Anfragen,<br />
ob die GemNova Unterstützung leisten könne, auch<br />
wenn sich das fragliche Projekt nicht im Portfolio der<br />
GemNova wiederfand. Das hat die Entwicklung des<br />
Unternehmens ausgemacht und ließ es von der Anzahl<br />
der Beschäftigten und seinem umfangreichen Knowhow<br />
her stetig wachsen.<br />
WIR<br />
ALLE SIND<br />
GEMEINDE<br />
Die Herausforderungen<br />
der Gemeinden liegen in<br />
den Themenbereichen<br />
Finanzen, Personal,<br />
rechtliche Fragen und<br />
Infrastruktur.<br />
„Die Herausforderungen der Gemeinden liegen in vier<br />
Themenbereichen. Das sind die Finanzen, das Personal,<br />
rechtliche Fragen und die Infrastruktur. Sie werden die<br />
Zukunft der Gemeinden bestimmen. Zum einen liegt<br />
die Lösung für die meisten Probleme in der Digitalisierung,<br />
zum anderen in Form von Kooperationen. Ohne<br />
diese zwei Punkte wird es nicht gehen. Wir arbeiten<br />
gerade daran, regionale Servicecenter zu initiieren.<br />
Auf diese Weise können Leistungen wie die Finanzen<br />
oder Bauverfahren ausgelagert, Rechtssicherheit<br />
gewährleistet und Kosten gespart werden. Die Gemeinden<br />
behalten aber ihre Eigenständigkeit. Das ist ganz<br />
wichtig für das Zusammenleben und die Identität der<br />
Bürgerinnen und Bürger. Anders gesagt: Wir alle sind<br />
Gemeinde, wie der Titel unseres zum Jubiläum erschienenen<br />
Buches für jedermann lautet“, fasst Alois Rathgeb<br />
seinen Ausblick zusammen.<br />
AUTOR<br />
JAN SCHÄFER<br />
GemNova Verlag<br />
Mai 2020, 190 Seiten<br />
„Wir alle sind Gemeinde“ geht auf rund 190 Seiten<br />
in leicht verständlicher Sprache der Frage<br />
nach, was eine Gemeinde ausmacht. Bei genauer<br />
Betrachtung wird offensichtlich, wie komplex die<br />
kleinste demokratische Einheit unseres föderalen<br />
Systems ist. Ob es die Wasserversorgung,<br />
die Müllentsorgung, Wege, die Kinderbetreuung,<br />
die Pflege oder der Schutz vor Gefahren ist, das<br />
alles und weit darüber hinaus gewährleistet eine<br />
Gemeinde. Um das aber zu können, steht sie vor<br />
großen Herausforderungen. Anhand von praktischen<br />
Beispielen und Alltagssituationen wird<br />
nicht nur das deutlich, es werden auch Lösungsansätze<br />
vorgestellt. „Wir alle sind Gemeinde“ ist<br />
ein Buch von Praktikern für Praktiker und richtet<br />
sich neben Bürgermeisterinnen und Bürgermeistern<br />
auch an Gemeinderätinnen und Gemeinderäte<br />
sowie an alle Bürgerinnen und Bürger.
GemNova inside<br />
9<br />
GÄB’S<br />
EUCH<br />
DREI<br />
NICHT,<br />
GÄB’S<br />
DIE<br />
GEM-<br />
NOVA<br />
NICHT<br />
(MEHR)<br />
AUTOR<br />
ALOIS RATHGEB<br />
Viele können sich noch<br />
erinnern: „Gameover für<br />
GemNova“ hat mal einer<br />
lauthals von sich gegeben.<br />
„GemNova gehört sofort<br />
aufgelöst“ ein anderer.<br />
Ja, 2012 ging’s so richtig<br />
rund. Viele haben damals<br />
in den Chor eingestimmt,<br />
einige wenige haben uns den<br />
Rücken gestärkt.<br />
Mein und unser besonderer Dank nach<br />
zehn Jahren gilt dabei drei Personen, von<br />
denen wir wissen, dass sie auch in der<br />
schwierigsten Phase hinter uns gestanden<br />
sind, und bei denen ich mich und wir<br />
uns heute gerne ganz offiziell bedanken<br />
wollen:<br />
Landeshauptmann Günther Platter:<br />
In seiner damaligen Funktion als<br />
Gemeindereferent hat er die Idee von<br />
Anfang an mitgetragen und unterstützt.<br />
Und 2012, als es Spitz auf Knopf stand<br />
und wir sogar eine kleine Koalitionskrise<br />
mitausgelöst hatten (dass wir das<br />
in so kurzer Zeit hinbekommen hatten,<br />
tut uns heute noch leid ), hat er klar<br />
für uns Stellung bezogen und hinter den<br />
Kulissen viel für uns getan. Ich denke,<br />
er hat dafür gesorgt, dass bestimmte<br />
Themen nicht vermischt, sondern sachlich<br />
getrennt wurden. Sehr geehrter Herr<br />
Landeshauptmann, danke für die Sachlichkeit<br />
und die Unterstützung unseres<br />
Projektes.<br />
Präsident Bgm. Mag. Ernst Schöpf: Er<br />
ist wirklich eine Persönlichkeit und ein<br />
Vorbild für uns in der GemNova. Stets auf<br />
das Wohl der Gemeinden bedacht und<br />
immer die Sache im Fokus. Handschlagqualität,<br />
wie man sie heute noch selten<br />
erlebt, ist er auch in den schwierigsten<br />
Zeiten ruhig und gelassen hinter uns<br />
gestanden. „Luis, das kriegen wir schon<br />
hin“ hat uns viel Druck genommen und<br />
die Sicherheit, dass wir nicht Opfer eines<br />
Stellvertreterkrieges wurden. Und in den<br />
vielen Jahren hat er, auch wenn wir Fehler<br />
gemacht haben, nie mit uns geschimpft.<br />
Und wie heißt es so schön bei den Ötztalern:<br />
„Nicht geschumpfen ist genug gelobt!“<br />
Danke, Ernst, für dein Vertrauen, deine<br />
Unterstützung und deinen Rückhalt. Wir<br />
wären ohne dich heute nicht da, wo wir<br />
sind!<br />
Bgm. Arno Guggenbichler: Es hat eine<br />
Zeit gegeben, in der sich einige Bürgermeisterkollegen<br />
von Arno sehr stark<br />
gegen uns gemacht haben. Die Hintergründe<br />
wissen wir uns heute zu erklären,<br />
damals war es nicht wirklich angenehm.<br />
Arno war uns dabei immer eine Stütze<br />
und ist immer für uns eingetreten, auch<br />
in vielen Gesprächen mit seinen Kolleginnen<br />
und Kollegen. Ja, Arno, das wissen<br />
wir, dass du im Hintergrund viel für<br />
uns getan hast. Danke! Arno hat auch<br />
von Anfang an unsere Angebote genützt,<br />
hat viel dazu beigetragen, dass wir von<br />
Lieferanten usw. akzeptiert wurden, und<br />
ist heute immer noch ein treuer – und<br />
wir hoffen natürlich – auch ein zufriedener<br />
Kunde. (Und er teilt meine Liebe zum<br />
konventionellen Fahrrad). Danke, Arno, für<br />
deine Unterstützung und Loyalität!
10 GemNova inside<br />
AB<br />
& ZU<br />
EIERT<br />
ES<br />
HALT<br />
Ernst Schöpf, Bürgermeister von Sölden und Präsident des<br />
Tiroler Gemeindeverbandes, über zehn Jahre GemNova, über in<br />
den Weg gelegte Prügel, über politische Eitelkeiten. Und über<br />
die Bedeutung von Nadelstreif und Haargel.<br />
2009 wurden Sie erstmals zum Präsidenten<br />
des Tiroler Gemeindeverbandes<br />
gewählt, ein Jahr später gründeten Sie<br />
bereits die GemNova. Wie ist es eigentlich<br />
dazu gekommen?<br />
Eigentlich hat mir ein Busunternehmer<br />
Alois Rathgeb ans Herz gelegt. Das war<br />
bereits 2009, als ich Hubert Rauch als Präsident<br />
des Gemeindeverbandes beerbte.<br />
Dieser Kerl Alois Rathgeb hat mir gefallen,<br />
er war sympathisch und voller Energie. Wir<br />
sind dann einige Themen durchgegangen,<br />
schlussendlich beim gemeinsamen Einkauf<br />
für die Gemeinden hängengeblieben. 2010<br />
wurde ich erneut zum Kopf des Gemeindeverbandes<br />
gewählt, da hab’ ich dann die<br />
GemNova schon mitgebracht.<br />
Der Start war also die gemeinsame<br />
Beschaffung?<br />
Ja, so hat es 2010 begonnen. Die Gemeinden<br />
sind schnell draufgekommen, dass ein<br />
gemeinsamer Einkauf – von Schreibmaterialien<br />
über Computer bis hin zum Klopapier<br />
– Sinn macht. Erstens ist es günstiger,<br />
zweitens mit weniger Aufwand verbunden<br />
und drittens effizienter. Na ja, und dann sind<br />
über die Jahre halt weitere Aufgaben dazugekommen,<br />
sehr viel schneller, als wir alle<br />
gedacht haben.<br />
Bleiben wir noch ganz am Anfang. Da<br />
hat’s doch einige Prügel gegeben, die<br />
euch ganz bewusst in den Weg gelegt<br />
wurden.
GemNova inside<br />
11<br />
Das war am Anfang so, das passiert freilich<br />
auch heute noch. Wobei es da nicht<br />
immer um die GemNova, sondern vielmehr<br />
um mich ging. Wie heißt’s so treffend:<br />
Man schlägt den Sack und meint<br />
den Esel. Ich halte das schon aus, aber<br />
für ein junges Unternehmen, welches<br />
gerade erst flügge wird, waren diese<br />
Querschüsse schon ungut, unangenehm,<br />
lästig und ärgerlich. Mittlerweile steigt<br />
die GemNova leichtfüßig über diese Prügel<br />
hinweg.<br />
Stichwort Wachstum: Umsatz und<br />
Beschäftigte sind dann ja förmlich<br />
explodiert. War dies eigentlich beabsichtigt?<br />
Nein, nicht in dieser Geschwindigkeit.<br />
Allerdings haben dann viele Bürgermeisterinnen<br />
und Bürgermeister immer öfter<br />
gefragt, ob wir für die ein oder andere<br />
kommunale Herausforderung Beistand<br />
leisten könnten. Die Komplexität der<br />
Aufgaben in den Gemeinden ist massiv<br />
gestiegen, da waren natürlich viele froh,<br />
professionelle Unterstützung zu bekommen.<br />
Sei es bei den Vergabeverfahren,<br />
beim Baumanagement, bei Ausschreibungen,<br />
dem Fuhrpark, beim Personal, den<br />
Finanzen oder etwa der Öffentlichkeitsarbeit.<br />
Und Sie sind dabei nicht auf die Bremse<br />
gestiegen?<br />
Also es galt schon aufzupassen, dass wir<br />
uns nicht übernehmen. Das kann nämlich<br />
leicht passieren. Ein Katalysator dieses<br />
Wachstums waren dann sicher die<br />
Deutschkurse ab 2015, die aufgrund der<br />
Flüchtlingskrise plötzlich massiv nachgefragt<br />
wurden. Gerade in dieser Zeit hat die<br />
GemNova Außerordentliches geleistet, vor<br />
allem auch in und für die Gemeinden. Eine<br />
gemeinsame Sprache, über die man sich<br />
verständigen kann, verbindet, ist die Voraussetzung<br />
für geglückte Integration. Tirol,<br />
und damit die GemNova, wurde damals<br />
von SOS Mitmensch als österreichweit<br />
bester Anbieter für Deutschkurse ausdrücklich<br />
gelobt.<br />
Sprache und Bildung ...<br />
... ist die Voraussetzung für Chancengleichheit.<br />
Darum nimmt der Bildungspool,<br />
nimmt die Akademie innerhalb der<br />
GemNova einen so wichtigen Stellenwert<br />
ein. Sprachförderung, Inklusion, Aus- und<br />
Weiterbildung, Schulungen, Nachmittagsund<br />
Freizeitbetreuung. Auch in diesen<br />
Bereichen sind die Gemeinden froh, professionelle<br />
Unterstützung samt entsprechendem<br />
Personal zu erhalten.<br />
Und Sie halten der GemNova bei alledem<br />
den Rücken frei?<br />
Meine Aufgabe ist es vor allem, politische<br />
Querschüsse abzufedern. Diese tauchen<br />
oft plötzlich aus dem Nichts auf und sind<br />
nicht so leicht zuordenbar. Da ist es dann<br />
schon hilfreich, einen starken Schutzschild<br />
zu haben. Außerdem dürfen Sie<br />
die Eitelkeiten in der Politik nicht unterschätzen,<br />
da wird manchmal gar nicht<br />
der eigentlichen Sache wegen etwas torpediert.<br />
Und nein, um Ihre nächste Frage<br />
gleich zu beantworten, ich nenne jetzt<br />
keine konkreten Beispiele.<br />
DIE GEMNOVA IST NICHT<br />
NUR DAS UNTERNEHMEN<br />
DER TIROLER GEMEIN-<br />
DEN, SONDERN AUCH DER<br />
GRÖSSTE KOMMUNALE<br />
DIENSTLEISTER ÖSTER-<br />
REICHS. DAS BLEIBT<br />
NATÜRLICH NICHT IM<br />
VERBORGENEN.<br />
Schade, das hätte nicht nur mich sehr<br />
interessiert. Die Zusammenarbeit mit<br />
dem Land ...<br />
... funktioniert grundsätzlich gut. Wenn<br />
es ab und zu mal eiert, dann gehört das<br />
einfach dazu. Auch in den Gemeinden ist<br />
die Meinungsfindung nicht immer friktionsfrei,<br />
ich weiß recht gut, wovon ich<br />
da spreche. Nach zehn Jahren steht die<br />
GemNova heute besser als je zuvor da,<br />
die Gemeinden wissen, worin die Vorteile<br />
einer Zusammenarbeit liegen. Das ist der<br />
Schlüssel zum Erfolg.<br />
Soll die GemNova auch in anderen Bundesländern,<br />
in Südtirol, tätig werden?<br />
Lassen Sie es mich so formulieren: Die<br />
Neugierde aus anderen Bundesländern ist<br />
vorhanden, Salzburg schaut gern über die<br />
Grenze, der österreichische Gemeindebund<br />
beobachtet auch sehr genau. Die GemNova<br />
ist ja nicht nur das Unternehmen der Tiroler<br />
Gemeinden, sondern auch der größte<br />
und erfolgreichste kommunale Dienstleister<br />
Österreichs. Das bleibt natürlich nicht im<br />
Verborgenen.<br />
Letzte Frage, wohl eher rhetorisch. Wie<br />
ist Ihr Verhältnis zu Alois Rathgeb?<br />
Ausgezeichnet, von gegenseitigem Vertrauen<br />
geprägt. Und ich stärke ihm politisch<br />
den Rücken. Er ist ja prima vista eher<br />
unscheinbar, kommt nicht im Nadelstreif<br />
oder mit gegeltem Haar daher. Gleichzeitig<br />
weiß er sehr genau, wovon er redet. Und,<br />
ganz wichtig, er ist sehr gut vernetzt, auf<br />
den verschiedensten Ebenen. Außerdem<br />
hat er eine gute Nase, um mit den richtigen<br />
Leuten zu kooperieren, die besten Mitarbeiterinnen<br />
und Mitarbeiter zu finden.<br />
Es ist also kein Zufall, dass er vom ersten<br />
Tag an die GemNova verantwortet.<br />
ZUM AUTOR<br />
MAG. REINHOLD OBLAK<br />
Aufgewachsen in Kärnten, studierte er<br />
an den Universitäten Wien und Perugia,<br />
Italien. Er war viele Jahre Journalist,<br />
Konzernsprecher, Vorstand und Aufsichtsrat.<br />
Seit 2018 ist er bei der GemNova für die<br />
Unternehmenskommunikation zuständig.<br />
Kontakt: r.oblak@gemnova.at
12 GemNova inside<br />
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GemNova inside<br />
13<br />
REISE<br />
INS UNGEWISSE<br />
AUTOR<br />
ALOIS RATHGEB<br />
MUT ZU NEUEN WEGEN<br />
Gemeindekooperationen. Digitalisierung. Wenn man<br />
die wichtigsten Worte der letzten Jahre im kommunalen<br />
Umfeld wählen müsste, dann würden wohl Kooperation<br />
und Digitalisierung mit haushohem Abstand gewinnen.<br />
Über kaum ein anderes Thema wird aktuell so viel diskutiert, geschrieben<br />
und nachgedacht. Unzählige Studien beschäftigen sich damit, Versuche gibt<br />
es viele, Einzelaktivitäten sind zahlreich, den Königsweg hat noch niemand<br />
gefunden. Eines ist jedoch gewiss, ohne Kooperation und Digitalisierung<br />
können die Gemeinden die Aufgaben der Zukunft unmöglich in der geforderten<br />
Qualität bewältigen. Der Weg führt zwangsläufig in die Fusion, für<br />
viele wohl das Unwort der letzten Jahre.
14 GemNova inside<br />
Gerade Covid19 hat noch stärker gezeigt, wie wichtig Zusammenarbeit<br />
und Digitalisierung sind, und hat viel dazu beigetragen, dass<br />
sich immer mehr Gemeinden noch intensiver damit auseinandersetzen.<br />
In einer vom Tiroler Gemeindeverband und von GemNova<br />
durchgeführten Befragung im Juni dieses Jahres (abzurufen auf<br />
www.gemnova.at) haben fast zwei Drittel der Befragten angegeben,<br />
dass sie sich vorstellen können, Aufgaben auszulagern, und<br />
bis zu 60 Prozent gaben an, dass noch viele kommunale Angebote<br />
online nicht verfügbar sind bzw. diese verfügbar sein sollten.<br />
Speziell Gemeinden bis 3.000 Einwohnerinnen und Einwohner<br />
sehen in beiden Bereichen eine sehr hohe Notwendigkeit von<br />
Änderungen und Weiterentwicklungen für die Zukunft.<br />
In der Zusammenschau dieser Online-Befragung, aber auch<br />
der von uns im Vorfeld mit über 150 Bürgermeisterinnen und<br />
Bürgermeistern durchgeführten telefonischen Umfrage und<br />
aus unserer täglichen Arbeit ergibt sich folgendes Herausforderungs-<br />
und Lösungsbild für die Zukunft der Tiroler Gemeinden:<br />
Herausforderungen:<br />
Infrastruktur, Recht,<br />
Personal, Finanzen<br />
Zukunft<br />
Gemeinde =<br />
KOOPERATIONEN<br />
mittels Regionale<br />
Gemeinde ServiceCenter<br />
REGISTERBASIERTE<br />
DIGITALISIERUNG<br />
„Der Bund überträgt immer mehr Aufgaben an die Gemeinden,<br />
er vergisst nur meist, das Geld mitzuschicken“, so Gemeindeverbandspräsident<br />
Ernst Schöpf. Und daraus ergeben sich zwangsläufig<br />
große Herausforderungen für die Gemeinden. Die VRV<br />
2015 stellt Gemeinden ebenso vor Herausforderungen, und eine<br />
zukunftssichere, ausgewogene Budgetierung und Finanzplanung<br />
sind Eckpfeiler eines stabilen Haushaltes. Dazu bedarf es viel<br />
Know-how und Erfahrung.<br />
Entsprechendes Personal für diese und andere Themen zu finden<br />
und zu halten, wird zusehends schwieriger, die Schere in der<br />
Bezahlung zwischen Privatwirtschaft und öffentlicher Verwaltung<br />
wird nicht kleiner, eher größer. Es braucht dazu unbedingt neue,<br />
kreative Wege des Personalmarketings, der Personalsuche bis hin<br />
zur Auslagerung von Tätigkeiten.<br />
Da stellt sich für<br />
Gemeinden die Frage,<br />
wie die Zukunft aussehen<br />
soll und kann.<br />
Rechtliche Rahmenbedingungen, Bürgerinnen und Bürger, die<br />
zur Bauverhandlung mit Anwalt anrücken, Haftungsthemen für<br />
die Bürgermeisterin und den Bürgermeister. Es wird für kleinere<br />
Gemeinden immer schwieriger. Sich ohne teure Spezialisten<br />
sicher durch den Gesetzesdschungel zu bewegen. Speziell dieses<br />
Thema scheuen auch viele Menschen, und das führt wiederum<br />
dazu, dass sich immer weniger bereit erklären, politische<br />
Ämter zu bekleiden. Und schlussendlich ist es für Gemeinden<br />
eine Monsteraufgabe, Infrastruktur zu schaffen und diese auch<br />
zu erhalten. Wir haben in Tirol ein Kanalnetz, das meist schon<br />
50 Jahre und älter ist, wir haben einen extrem hohen Sanierungsbedarf<br />
im Straßennetz. Rechtliche Anforderungen zwingen<br />
Gemeinden laufend dazu, Schulgebäude, Pflegeheime und anderes<br />
zu sanieren, zu erneuern oder zu erweitern. Infrastruktur ist<br />
funktional und qualitativ hoch komplex, rechtlich herausfordernd<br />
und sehr kostenintensiv. Anpacken und Bauen ging früher, diese<br />
Zeiten sind schon längst vorbei.<br />
Da stellt sich für Gemeinden die Frage, wie die Zukunft aussehen<br />
soll und kann. Was müssen und können wir realisieren? Wie<br />
gestalten wir künftig unsere Verwaltung? Wollen wir uns auf<br />
bestimmte Themen konzentrieren? Was erwartet sich die Bürgerin<br />
und der Bürger von ihrer bzw. seiner Gemeinde? Diese und<br />
viele andere Fragen werden immer wichtiger und entscheidender,<br />
um richtige und wegweisende Entscheidungen treffen zu können.<br />
Für all diese Herausforderungen haben wir in Zusammenarbeit<br />
mit Tirols Gemeinden zahlreiche Lösungen entwickelt und mit<br />
vielen auch schon realisiert. Seit Jahren arbeiten wir daran, für<br />
diese Themen entsprechendes Fachwissen bei uns zu sammeln<br />
und gebündelt den Gemeinden zur Verfügung zu stellen. Der<br />
Erfolg gibt uns Recht, wir haben zwischenzeitlich eigentlich mit<br />
jeder Tiroler Gemeinde Projekte umgesetzt. Nun gilt es, gemeinsam<br />
den nächsten Schritt in die Zukunft zu tun. Verwaltungsgemeinschaften?<br />
Gemeindeverbände? Ist das der richtige Weg?<br />
Weitere Einheiten zu schaffen, die mit Gremien ausgestattet<br />
werden müssen u. v. m., sehen wir als sehr komplex und schwierig<br />
an. Bei manchen Themen kann das eine Lösung sein, bei manchen<br />
wird es nur so gehen.
GemNova inside<br />
15<br />
Unser Lösungsansatz geht jedoch in Richtung „Regionale Gemeinde<br />
ServiceCenter“. Das sind quasi GemNova-Niederlassungen in<br />
den Regionen, die Vor-Ort-Service und Dienstleistungen für die<br />
Gemeinden anbieten. Dies kann von der Baurechtsverwaltung über<br />
Buchhaltung- bis hin zu Lohnverrechnungsleistungen gehen. Das<br />
können „Kümmerer-Leistungen“ für die Planungsverbände sein,<br />
und das kann die regionale Koordination von Betreuungsleistungen<br />
im schulischen Kontext sein. Gemeinden können über einen<br />
Dienstleistungsvertrag diese Angebote nutzen, längerfristig aber<br />
auch kurzfristig (z. B. im Krankheits- oder Urlaubsfall) die Leistungen<br />
in Anspruch nehmen. Die hoheitlichen Tätigkeiten bleiben damit<br />
natürlich bei den Gemeinden, die ServiceCenter arbeiten zu. Für<br />
Gemeinden selbstverständlich natürlich immer auf freiwilliger Basis.<br />
Durch die Schaffung einer derartigen Struktur können tirolweit<br />
innerhalb der ServiceCenter Personalausfälle leichter kompensiert<br />
werden, es kann Erfahrungs- und Wissensaustausch strukturiert<br />
erfolgen und diverseste Spezialisierungen geben. In der GemNova<br />
selbst steht weiteres, vertieftes Fachwissen zur Verfügung, was<br />
wiederum Stabilität bringt. Dabei wird natürlich darauf geachtet,<br />
dass die Gemeinden die Entscheidungshoheit haben und entsprechenden<br />
Einfluss nehmen können. Die ServiceCenter sind schnell,<br />
flexibel und individuell anpassbar, und Gemeinden profitieren von<br />
dieser Flexibilität. Also eine Win-win-Situation für alle.<br />
Solche Strukturen – das betrifft aber auch Verwaltungs- und Verbandsstrukturen<br />
– benötigen zum Erfolg noch einen ganz wesentlichen<br />
Faktor: eine moderne, zukunftsgerichtete IT-Struktur. Es<br />
bedarf Lösungen, welche mandantenfähig<br />
sind und auf Registern<br />
(ZMR, AGWR, FB-Register etc.)<br />
basieren. Nur so können Gemeinden<br />
mit diesen ServiceCentern professionell<br />
und schnittstellenfrei zusammenarbeiten.<br />
Damit können die ServiceCenter<br />
Leistungen erbringen,<br />
und die Gemeinden können vor Ort<br />
im Amt in die Akten Einsicht nehmen.<br />
Es müssen keine Papiere hinund<br />
hergeschickt werden, und jeder<br />
kann jederzeit und ortsunabhängig<br />
zugreifen und arbeiten. Solche<br />
Lösungen führen auch zu deutlich<br />
geringeren IT-Kosten, ein weiterer<br />
Vorteil einer ServiceCenter-Lösung.<br />
Das alles mag ein mutiger Blick in<br />
die Zukunft sein. Wir sind jedoch<br />
der Überzeugung, dass es mutiger<br />
Lösungsansätze bedarf, um<br />
die künftigen Herausforderungen<br />
zu meistern.<br />
Regionale Gemeinde<br />
ServiceCenter<br />
Die Regionalen Gemeinde<br />
ServiceCenter bieten neben der<br />
Betreuung der Planungsverbände<br />
diverse Dienst- und Serviceleistungen<br />
für die Gemeinden. Die<br />
Zusammenarbeit basiert auf<br />
Vertragsbasis, und die Gemeinde<br />
ist vollkommen frei in ihrer<br />
Entscheidung, welche Leistungen<br />
sie über welchen Zeitraum in<br />
Anspruch nimmt. Kombiniert mit<br />
einer professionellen IT-Lösung<br />
ist das unser Weg für die Zukunft<br />
der Tiroler Gemeinden.<br />
Ansprechpartner bei GemNova:<br />
Alois Rathgeb, Georg Keuschnigg,<br />
Maximilian Huber<br />
STATEMENTS<br />
Am Institut für Föderalismus haben wir recherchiert,<br />
welche Kooperationsformen es auf kommunaler Ebene<br />
im deutschsprachigen Raum gibt. Es gibt viele, teilweise<br />
gleiche und teils sehr unterschiedliche Formen<br />
der Zusammenarbeit, aber keine flächendeckende,<br />
strukturierte Lösung der akuten Probleme.<br />
Die von der GemNova entwickelte Idee der Regionalen<br />
Gemeinde ServiceCenter bietet einen Lösungsansatz,<br />
der zumindest den größten Teil der Anforderungen<br />
erfüllt: In den ServiceCentern sitzen fachlich<br />
geschulte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die als<br />
externes Gemeindeamt die übernommenen Aufgaben<br />
mit ihrem Fachwissen abarbeiten, in der Muttergesellschaft<br />
GemNova können sie auf Expertinnen und<br />
Experten zurückgreifen. Die Gemeinden bleiben die<br />
bestimmende Größe, weil sie Dienstleistungsverträge<br />
abschließen, aber auch kündigen können.<br />
Mit der regionalen Bündelung kommunaler Kompetenz<br />
entsteht eine Struktur, die es auch kleinen und<br />
kleinsten Gemeinden ermöglicht, eigenständig zu<br />
bleiben und gleichzeitig eine standardisierte Dienstleistung<br />
zu erbringen.<br />
GEORG KEUSCHNIGG<br />
EHEMALIGER NATIONALRAT UND BUNDESRAT,<br />
JETZT BEI GEMNOVA<br />
Um die Herausforderungen der Zukunft für Tirols<br />
Gemeinden zu meistern, braucht es mutige Konzepte.<br />
Es wird nicht genügen, Kleinigkeiten zu<br />
verändern. Wir sind gefordert, auch große Herausforderungen<br />
anzunehmen und vielfach auch Neues,<br />
Ungewohntes zu akzeptieren. Die Regionalen<br />
Gemeinde ServiceCenter sind so ein mutiger<br />
Schritt in die Zukunft, die den Gemeinden Handlungsspielräume<br />
zurückgeben werden. Damit können<br />
wir unsere Leistungen bündeln, professionalisieren<br />
und für die Zukunft absichern. Damit<br />
treten wir auch entschieden gegen Fusionen auf<br />
und können unsere ländlichen Strukturen weiterhin<br />
aufrechterhalten.<br />
BGM. MAG. ERNST SCHÖPF<br />
PRÄSIDENT TIROLER GEMEINDEVERBAND
16 tirol.Politik<br />
DER GEMEINDERAT –<br />
MITGESTALTUNG IN DER<br />
GEMEINDEPOLITIK<br />
LH<br />
GÜNTHER PLATTER<br />
© Blickfang<br />
LR MAG.<br />
JOHANNES TRATTER<br />
Verantwortung für die<br />
Heimat übernehmen.<br />
Die Zugehörigkeit zu einer Gemeinde<br />
verbindet die Einwohnerinnen und Einwohner.<br />
Sie teilen gemeinsame Traditionen,<br />
Geschichten, Vorhaben und auch<br />
Sorgen. Gleichzeitig sind die Gemeinden<br />
ein politisches Organ, zu dem die Menschen<br />
einen besonderen Bezug haben.<br />
Auf dieser Ebene werden Entscheidungen<br />
getroffen, die die unmittelbare<br />
Lebenswelt der Bürgerinnen und Bürger<br />
direkt betreffen.<br />
Umso wichtiger ist es, dass die<br />
Gestaltung der Gemeindepolitik jenen<br />
überantwortet wird, die sich in außerordentlichem<br />
Maße für die Belange des<br />
Ortes einsetzen und denen die Bewohnerinnen<br />
und Bewohner ihr Vertrauen<br />
schenken. Dies sind nicht zuletzt die<br />
Gemeinderätinnen und Gemeinderäte,<br />
die sich in der Lokalpolitik engagieren<br />
und Verantwortung für ihre Heimat<br />
übernehmen – oft zusätzlich zu ihren<br />
beruflichen Verpflichtungen.<br />
Der unermüdliche Einsatz, den Gemeinderätinnen<br />
und Gemeinderäte für ihre<br />
Gemeinde, ihre Mitbürgerinnen und<br />
Mitbürger aufbringen, verdient Dank<br />
und Anerkennung. Ihre Arbeit ist richtungs-<br />
und zukunftsweisend, mitunter<br />
kritisch, stets aber konstruktiv und mit<br />
Blick auf das Wohl der Allgemeinheit.<br />
Für dieses Engagement bedanke ich<br />
mich bei ihnen sowie bei allen anderen,<br />
die – ungeachtet ihrer Funktion –<br />
auf Gemeindeebene politisch aktiv sind<br />
und damit die Zukunft unseres Landes<br />
entscheidend mitgestalten.<br />
Ihr LH Günther Platter<br />
Gemeinsam für unsere<br />
Bürgerinnen und Bürger.<br />
Bevor ich 2012 als Mitglied der Landesregierung<br />
mit der Zuständigkeit für<br />
die Gemeinden betraut wurde, war ich<br />
Bürgermeister in meiner Heimatstadt<br />
Hall. Die persönlichen Erfahrungen, die<br />
ich in der Kommunalpolitik gewonnen<br />
habe, begleiten mich bis heute als wertvolle<br />
Ressource. Ich schätze das hohe<br />
Engagement der Gemeinderätinnen<br />
und Gemeinderäte und komme daher<br />
der Einladung, in diesem Magazin einige<br />
Gedanken zu ihrer Rolle auszuführen,<br />
gerne nach.<br />
In der öffentlichen Präsenz wird zwar<br />
vor allem der Bürgermeister bzw. die<br />
Bürgermeisterin wahrgenommen, doch<br />
die politischen Geschicke einer Gemeinde<br />
und alle Weichenstellungen werden<br />
im Gemeinderat durch die Arbeit der<br />
dort gewählten Mandatare eingeleitet.<br />
Die allermeisten, die hier tätig sind, tun<br />
dies unbezahlt und aus dem Motiv heraus,<br />
etwas Positives für ihren Heimatort<br />
zu bewegen. Ob Widmungsfragen,<br />
Verbesserung der Infrastruktur, soziale<br />
Themen, Projekte zur Ortskernrevitalisierung<br />
oder ganzheitliche Entwicklungsprozesse<br />
– als Gemeindelandesrat<br />
sehe ich, welche kommunalen Anliegen
tirol.Politik 17<br />
© Land Tirol/Cammerlander<br />
© Julia Moll<br />
BGM. MAG.<br />
ERNST SCHÖPF<br />
vorrangig sind, was vor Ort diskutiert<br />
und entschieden wurde und wie zielstrebig<br />
man die jeweilige Gemeinde<br />
weiterbringen möchte.<br />
Die Erwartungen der Bürgerinnen und<br />
Bürger sind vielfältig, die finanziellen<br />
Gegebenheiten keineswegs einfach.<br />
Dass es trotzdem in hohem Maß<br />
gelingt, die Lebensqualität der Bevölkerung<br />
in den Regionen, vom dicht besiedelten<br />
urbanen Raum bis hin zu entlegeneren<br />
ländlichen Gemeinden, auf<br />
einem guten Niveau zu halten, ist nicht<br />
zuletzt dem ungebrochenen Einsatz der<br />
gewählten Kommunalpolitikerinnen und<br />
-politiker zu verdanken. Sie kennen die<br />
konkreten Anliegen und setzen sich für<br />
das Wohlergehen der Mitbürgerinnen<br />
und Mitbürger ein.<br />
Ich bedanke mich bei allen Gemeinderätinnen<br />
und Gemeinderäten für ihre<br />
verantwortungsvolle Arbeit im Dienst<br />
der Bevölkerung! Auch wenn es zahlreiche<br />
Herausforderungen zu bewältigen<br />
gilt, zuletzt sogar im bislang ungeahnten<br />
Ausmaß einer Pandemie, steht das<br />
Land den Gemeinden als verlässlicher<br />
Partner zur Seite. Gemeinsam wird<br />
es weiterhin gelingen, unsere Heimat<br />
zukunftsfähig zu gestalten!<br />
Ihr LR Mag. Johannes Tratter<br />
Respekt, der redlich<br />
verdient ist.<br />
Wenn in der Öffentlichkeit oder in den<br />
Medien über Gemeindeangelegenheiten<br />
diskutiert wird, steht meist der Bürgermeister<br />
im Mittelpunkt. Dabei geschieht<br />
in einer Gemeinde nichts Maßgebliches,<br />
wo nicht auch die Gemeinderäte<br />
ein gewichtiges Wörtchen mitzureden<br />
und auch mitzuentscheiden hätten. Die<br />
Gemeinderäte sind ein von der breiten<br />
Masse oft übersehener, aber dennoch<br />
ungemein wichtiger Pfeiler des politischen<br />
Gemeindelebens. Der Gemeinderat<br />
ist, und das unterstreicht die Wichtigkeit<br />
dieser Institution, die gewählte Volksvertretung<br />
innerhalb einer Gemeinde.<br />
Gemeinderäte zeichnen sich vielfach<br />
durch engagierte Arbeit in den Gemeindeausschüssen<br />
aus, wo die Anträge für<br />
den Gemeinderat vorbereitet werden, die<br />
danach in selbigem beschlossen oder<br />
abgelehnt werden. Ob Budget, Raumordnung,<br />
Finanzen, Sicherheit, Sport oder<br />
Kultur – die Arbeit der Gemeinderäte<br />
betrifft das tägliche Leben der Bürger in<br />
wesentlicher Form. Denn das politische<br />
Geschehen einer Gemeinde wird nun mal<br />
in den Gemeinderatssitzungen bestimmt.<br />
Der größte Teil dieser Treffen ist übrigens<br />
öffentlich. Das heißt, jeder Bürger<br />
kann zuhören, und das sei ihm auch ans<br />
Herz gelegt, um einmal zu sehen, was da<br />
geleistet wird. Bei den letzten Gemeinderatswahlen<br />
2016 wurden 3.698 engagierte<br />
Mitbürgerinnen und -bürger in das<br />
verantwortungsvolle Amt eines Gemeinderates<br />
gewählt. Wir sollten diesen Menschen<br />
für ihr unbezahltes und oft auch<br />
ungedanktes Einbringen in ein funktionierendes<br />
Gemeindeleben dankbar sein<br />
und ihnen mit jenem Respekt begegnen,<br />
der ihnen zusteht. Und dieser Respekt ist<br />
redlich verdient. Denn die Regulierungsund<br />
Ordnungsmanie scheint eine österreichische<br />
Schwäche zu sein.<br />
Die Verwaltungskunst hat ungeahnte<br />
Höhen erreicht. Das damit einhergehende<br />
gesetzliche Regelwerk ist umfangreich<br />
und engmaschig geworden. Die<br />
Chance, sich darin zu verfangen, ist<br />
groß, und unliebsame Begegnungen von<br />
Mandatarinnen und Mandataren mit den<br />
Aufsichtsbehörden oder gar der Staatsanwaltschaft<br />
sind immer öfter zu beobachten.<br />
Bleibt unseren Gemeinden also<br />
nur die Hoffnung, dass sich auch bei den<br />
nächsten Wahlen 2022 wieder genügend<br />
Freiwillige für das Amt des Gemeinderates<br />
finden. Um ihr wertvolles Tagwerk<br />
neben Brotberuf und Familie für die Dorfgemeinschaft<br />
zu verrichten.<br />
Ihr Bgm. Mag. Ernst Schöpf
18<br />
tirol.Politik<br />
OFT UNTERSCHÄTZT<br />
UND DENNOCH STILLE<br />
MACHT IM HINTERGRUND:<br />
DER GEMEINDERAT<br />
Wenn in den Medien oder in Diskussionen<br />
von Gemeindeangelegenheiten<br />
die Rede ist, dann steht fast immer<br />
der Bürgermeister bzw. die Bürgermeisterin<br />
im Mittelpunkt. Doch in<br />
einer Gemeinde geht nichts ohne den<br />
Gemeinderat. In der breiten Masse der<br />
Bevölkerung oftmals unterschätzt,<br />
ist das Amt der Gemeinderätin bzw.<br />
des Gemeinderates allerdings von<br />
essenzieller Bedeutung für das Funktionieren<br />
einer Kommune.<br />
Die Tiroler Gemeindeordnung definiert<br />
knapp in zwei Sätzen die Aufgaben des<br />
Gemeinderates – und zeigt damit seine<br />
Macht und seinen Einfluss auf: „Der<br />
Gemeinderat ist das oberste Organ der<br />
Gemeinde. Er hat über alle Angelegenheiten<br />
von grundsätzlicher Bedeutung zu entscheiden<br />
und die Geschäftsführung der<br />
übrigen Gemeindeorgane zu überwachen.“<br />
Aktuell bekleiden 3.698 Tirolerinnen und<br />
Tiroler dieses Amt. Stellvertretend für diese<br />
Menschen aus 279 Tiroler Ortschaften<br />
haben wir eine der interessantesten Persönlichkeiten<br />
aus diesem Kreis getroffen,<br />
um uns ein Bild vom Alltag dieser Institution<br />
zu verschaffen.<br />
Von der Privatwirtschaft in die Politik<br />
Die Telferin Cornelia Hagele machte zuerst<br />
in der freien Wirtschaft Karriere. Als stellvertretende<br />
Geschäftsführerin des österreichischen<br />
Handelskonzerns Hofer war sie<br />
u. a. für den Aufbau des ungarischen Marktes<br />
zuständig. 2007 kehrte sie nach Tirol<br />
zurück. Ihre Kinder Paul und Linda kamen<br />
zur Welt. Exakt in dieser Zeit standen in<br />
Tirol Gemeinderatswahlen an. Christian<br />
Härting, heute Bürgermeister der Marktgemeinde<br />
Telfs, kam 2009 auf Hagele zu,<br />
um sie für die Politik zu begeistern. Sie<br />
sagte zu. Bei den Wahlen 2010 trat die<br />
neue Liste in Tirols drittgrößter Gemeinde<br />
mit knapp 16.000 Einwohnerinnen und<br />
Einwohnern an. Und das Abschneiden war<br />
äußerst erfolgreich. Fünf Mandate und der<br />
Bürgermeisterposten waren der Lohn.<br />
Aufgaben, Pflichten und ein Gespür<br />
Wenn Cornelia Hagele heute zurückblickt,<br />
strahlt sie über das ganze Gesicht, gefolgt<br />
von ihrem sympathischen, verschmitzten<br />
Lächeln: „Wir haben nicht erwartet, so gut<br />
abzuschneiden. Gerechnet haben wir mit<br />
zwei bis drei Mandaten.“ Doch nun galt es<br />
für die politische Quereinsteigerin aus der<br />
Wirtschaft, auch in der Kommunalpolitik<br />
als Gemeinderätin Zeichen zu setzen. Wie<br />
beschreibt nun Cornelia Hagele aber die<br />
Aufgaben und Pflichten einer Gemeinderätin<br />
bzw. eines Gemeinderates? „Zuerst
tirol.Politik<br />
19<br />
einmal, es ist eine ganz wunderbare Sache,<br />
wenn man mitgestalten kann. Allerdings<br />
muss einem klar sein, dass es viel Aufwand<br />
mit sich bringt, wenn man diese Rolle übernimmt.<br />
Man muss viel Zeit investieren. Es<br />
muss zum Hobby werden, damit man es<br />
auch gerne und gut macht“, schildert Cornelia<br />
Hagele nach einer kurzen Nachdenkpause.<br />
„Natürlich sind inhaltliche Dinge sehr<br />
wichtig, allerdings auch gesellschaftliche. Um<br />
ein Gespür für die Menschen zu bekommen,<br />
was sie bewegt und was sie sich wünschen,<br />
„Was die tägliche politische<br />
Arbeit betrifft, ist<br />
es immens wichtig, nicht<br />
unbedarft zu sein, sondern<br />
eine klare Vorstellung<br />
zu haben, was man<br />
wie bewegen möchte.“<br />
bedarf es der Nähe zu den Bürgerinnen<br />
und Bürgern. Damit ist aber nicht nur eine<br />
Sprechstunde gemeint, man muss vor allem<br />
raus zu den Menschen.“<br />
Klare Vorstellungen und dickes Fell<br />
Bei den nächsten Wahlen 2016 wurde die<br />
heute 45-Jährige Vizebürgermeisterin. Sie<br />
hat also mittlerweile bereits einige Routine<br />
gesammelt. 2022 sind neuerlich Gemeinderatswahlen<br />
angesetzt, die Vorbereitungen<br />
quer durch das Land laufen bereits. Es wird<br />
wieder viele neue Gemeinderätinnen und<br />
Gemeinderäte geben, die schon jetzt beginnen,<br />
sich darauf vorzubereiten. Was wird<br />
sie erwarten, Frau Hagele? „Was die tägliche<br />
politische Arbeit betrifft, ist es immens<br />
wichtig, nicht unbedarft zu sein, sondern<br />
eine klare Vorstellung zu haben, was man<br />
wie bewegen möchte. Dabei sollte man<br />
aber ja nicht glauben, der Einzige zu sein,<br />
der die Wahrheit mit dem Löffel gefressen<br />
hat. Man muss viele Meinungen einbeziehen<br />
und konstruktiv an gemeinsamen Lösungen<br />
arbeiten. Außerdem braucht man ein<br />
dickes Fell, denn nicht immer wird man Lob<br />
für seine Arbeit erhalten. Der Ton wird Jahr<br />
für Jahr rauer. Zart besaitet zu sein, kann<br />
man sich nicht leisten. Am besten hat man<br />
einen breiten Rücken.“ Einen der wesentlichsten<br />
Punkte für eine erfolgreiche politische<br />
Tätigkeit fasst Cornelia Hagele mit<br />
einem einzigen Satz zusammen, den man<br />
erst einmal sacken lassen muss, um ihn<br />
in seiner ganzen Tragweite zu erfassen:<br />
„Man muss Entscheidungen treffen, aber<br />
man muss auch wissen, was passiert,<br />
wenn man keine Entscheidung trifft.“<br />
Auswirkungen in beide Richtungen<br />
Nach der wirtschaftlichen kletterte Cornelia<br />
Hagele in den Folgejahren auch die<br />
politische Erfolgsleiter unaufhaltsam nach<br />
oben. 2018 wurde sie zusätzlich zu ihren<br />
Agenden in der Heimatgemeinde Telfs<br />
auch Landtagsabgeordnete. Da drängt sich<br />
sogleich die Frage auf, wie man diese beiden<br />
teils gegensätzlichen Rollen verbinden<br />
kann? „Es gibt sehr viele Themen, die in beide<br />
Richtungen Auswirkungen haben. Deshalb<br />
finde ich es extrem wichtig, dass Menschen<br />
im Landtag vertreten sind, die gemeindepolitisches<br />
Know-how einbringen können.<br />
Schließlich haben Entscheidungen der Landespolitik<br />
oft unmittelbare Auswirkungen<br />
auf die Gemeinden.“ Und sogleich schildert<br />
Cornelia Hagele ein Beispiel, um dies zu verdeutlichen.<br />
„Nehmen wir die Bildungspolitik.<br />
Kinderbetreuung ist Gemeindesache. Gruppengrößen<br />
in der Betreuung sind aber Landessache.<br />
Gruppengrößen wiederum haben<br />
klare Auswirkungen finanzieller Natur für<br />
die Gemeinden. Es gilt also, eine Balance<br />
herzustellen zwischen der bestmöglichen<br />
Organisationsform und der noch finanzierbaren.“<br />
Und wie schon zu Zeiten, als sie das<br />
Amt der Gemeinderätin angenommen hatte,<br />
fasste Cornelia Hagele auch als Landtagsabgeordnete<br />
schnell Fuß. Dank einer<br />
vorbildlichen Einstellung, die sie – von uns<br />
nachgefragt – so beschreibt: „Bereit sein,<br />
sich in neue Dinge einzulesen. Über eine<br />
starke Lernbereitschaft zu verfügen. Sich<br />
das Handwerk umgehend und umfassend<br />
anzueignen. Verstehen, was wichtig ist, und<br />
sich darauf zu konzentrieren.“<br />
OBEN: Dr. Cornelia Hagele – es<br />
ist eine wunderbare Sache, wenn<br />
man in seiner Heimatgemeinde<br />
mitgestalten kann. (© GemNova)<br />
ZUM AUTOR<br />
MANFRED SCHIECHTL<br />
25 Jahre Medienerfahrung in<br />
verschiedensten Bereichen bei<br />
der Tiroler Tageszeitung und<br />
dem Kurier sind die Basis für eine<br />
umfangreiche Expertise in allen<br />
Kommunikationsbelangen.<br />
Kontakt: m.schiechtl@gemnova.at
20 tirol.digital<br />
GEORG – DEIN<br />
GEMEINDE-ORGANISATOR<br />
HALLO.<br />
ICH BIN<br />
GEORG...<br />
Georg ist eine für Tirol<br />
neue, in anderen Bundesländern<br />
bereits etablierte<br />
Softwarelösung<br />
für Gemeinden. Georg<br />
besticht durch seine<br />
Vollintegration aller<br />
Anwendungen, die in den<br />
Gemeinden zum Einsatz<br />
kommen. Besonders hervorzuheben<br />
ist, dass die<br />
Benutzeroberfläche nicht<br />
nur immer nach der selben<br />
Logik, sondern auch<br />
nach einheitlichem Aussehen<br />
aufgebaut ist. Egal<br />
ob Bauamt, Buchhaltung,<br />
Amtsleitung etc. – alle<br />
Anwendungen sind systembruchfrei<br />
integriert.<br />
... dein GEmeinde-<br />
ORGanisator. Dank<br />
einer Partnerschaft<br />
zwischen CommUnity<br />
und GemNova darf ich dir<br />
nun auch in Tirol bei<br />
deiner täglichen Arbeit<br />
unter die Arme greifen.<br />
Eigentlich kennst du mich ja schon, denn<br />
die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der<br />
CommUnity haben auch die Programme<br />
„Wahl Service“ und Lokales Melderegister<br />
entwickelt, mit denen du ja schon arbeitest.<br />
Seit 2013 unterstütze ich im Osten<br />
von Österreich die Gemeinden. Derzeit<br />
setzen 252 Gemeinden österreichweit auf<br />
mich. Meine Eltern sind der Weltmarktführer<br />
SAP und die Register der Republik<br />
Österreich. Heuer werde ich also sieben<br />
Jahre alt, und ich werde von Jahr zu Jahr<br />
größer und besser. Von der kleinsten 300<br />
Einwohnergemeinde bis hin zu den Landeshauptstädten<br />
Innsbruck, Graz und Linz<br />
darf ich die Abläufe in den Gemeinden<br />
digital umsetzen.
tirol.digital 21<br />
Was macht mich aus?<br />
Egal wie viele unterschiedliche Aufgaben<br />
du in deiner Gemeinde erledigen musst,<br />
du bist immer im gleichen System unterwegs.<br />
Das bedeutet für dich, dass du dich<br />
immer in derselben Benutzeroberfläche<br />
bewegst und sich die Symbole, Bezeichnungen<br />
und deren Anordnungen immer<br />
gleichen. Du musst dich also nie neu<br />
orientieren. Außerdem kommst du ganz<br />
einfach vom Bauakt eines Einwohners zu<br />
dessen Abrechnungsunterlagen oder Meldedaten.<br />
Ich bin also EIN System für alle<br />
Bereiche deiner Gemeinde.<br />
Wie schaffe ich diese Mehrfachbelastung?<br />
Wie ich dir weiter vorne ja schon erzählt<br />
habe, sind meine Eltern auf der einen<br />
Seite SAP und auf der anderen Seite die<br />
Register der Republik Österreich.<br />
eine eindeutige Datenbasis. Du kannst<br />
jeden Datensatz (also Einwohner, architektonisches<br />
Objekt, Unternehmen etc.)<br />
nur einmal anlegen. Du fragst dich jetzt,<br />
was dir das bringt? Die Eindeutigkeit des<br />
Datensatzes erleichtert dir sowohl die<br />
Zuordnung sämtlicher Unterlagen zu dem<br />
jeweiligen Datensatz (was dir die Umsetzung<br />
der DSGVO massiv vereinfacht)<br />
als auch deine Abläufe immer gesetzeskonform<br />
abzubilden. Dadurch werden die<br />
Bescheide nach den Vorgaben der Bundesabgabenordnung<br />
ausgestellt. Leider<br />
hat mir der Redakteur des Magazins nicht<br />
mehr Platz für meine Vorstellung gegeben,<br />
daher kann ich dir nicht im Detail mehr<br />
von meinen Zuckerseiten präsentieren.<br />
Nur so viel sei noch gesagt:<br />
Ich würde dich sehr gerne persönlich kennenlernen<br />
und mich mit dir darüber unterhalten,<br />
wie ich dich unterstützen kann.<br />
Gerne vereinbaren meine Tiroler Patinnen<br />
Verena Kaiser und Gabi Kaplenig und<br />
mein Tiroler Pate Norbert Pfleger einen<br />
Termin mit dir.<br />
Kontakt: v.kaiser@gemnova.at,<br />
n.pfleger@gemnova.at, g.kaplenig@<br />
gemnova.at<br />
252 *<br />
STÄDTE &<br />
GEMEINDEN<br />
275 TSD *<br />
AUTOMATISCH VER-<br />
ARBEITETE KONTOAUSZÜGE<br />
87 MIO *<br />
BUCHUNGS-<br />
ZEILEN<br />
Beginnen wir bei SAP: SAP ist der Weltmarktführer<br />
bei ERP-Systemen. ERP<br />
steht für Enterprise Resource Planning<br />
(Planung der Unternehmensprozesse). Da<br />
die Aufgaben einer Gemeinde ja inzwischen<br />
mindestens genauso umfangreich<br />
sind, wie die eines Konzerns, ist SAP<br />
also genau die richtige Grundlage, um<br />
dich zu unterstützen. Angefangen von<br />
Bestellungen und Buchhaltungsagenden<br />
über die Abwicklung von Arbeitsabläufen<br />
(z. B. Bauverfahren) bis hin zur Versendung<br />
von Unterlagen. die Gemeinde ähnelt<br />
immer mehr einem modernen Konzern mit<br />
vielfältigen Aufgaben. Ich wurde also auf<br />
der Basis von SAP bereits ideal auf deine<br />
Arbeitsabläufe angepasst.<br />
Um allerdings noch besser für dich da<br />
sein zu können, basiert meine Struktur<br />
auf den Registern (LMR, ZMR, UR usw.)<br />
der Republik Österreich. Eine Verknüpfung<br />
der verschiedenen Register versichern dir<br />
7,5 MIO *<br />
SENDUNGEN ÜBER POST<br />
Meine zahlreichen automatisierten Prozesse<br />
ermöglichen unter anderem automatisierte<br />
Kontoauszugsbuchungen,<br />
automatisiertes Einspielen von Finanzonlineunterlagen<br />
oder das Empfangen oder<br />
Versenden von strukturierten E-Rechnungen<br />
in mein System.<br />
3,95 MIO *<br />
ARCHITEK-<br />
TONISCHE<br />
OBJEKTE<br />
ZUR AUTORIN<br />
DIPL.-KFR. VERENA KAISER<br />
Verena Kaiser ist Projektverantwortliche im Team<br />
Digitalisierung und seit 2020 bei der GemNova.<br />
Kontakt: v.kaiser@gemnova.at<br />
* seit 2013 ohne Linz, Graz, Innsbruck
22 tirol.digital<br />
EINE UMFASSENDE<br />
DIGITALISIERUNGSSTRATEGIE<br />
FÜR TIROLS GEMEINDEN<br />
Der Digitalisierungsprozess<br />
hat in den vergangenen<br />
Jahren<br />
zahlreiche<br />
Lebens- und<br />
Berufsfelderverändert.<br />
Insbesondere<br />
die<br />
Industrie wurde<br />
vielfach fundamental beeinflusst, und zahlreiche<br />
Betriebe haben Probleme, sich mit den<br />
zum Teil völlig neuen Rahmenbedingungen<br />
zurechtzufinden. Als Mitarbeiter eines sehr<br />
innovativen Unternehmens auf der einen<br />
und als Bürgermeister von Wattens auf der<br />
anderen Seite wurde mir schnell bewusst,<br />
dass es auf kommunaler Ebene ein riesiges<br />
Digitalisierungspotenzial gibt, welchem<br />
sich der Markt aber offensichtlich noch<br />
nicht im ausreichenden Maß gewidmet hat.<br />
In Gemeinden haben wir es mit unheimlich<br />
vielen und interessanten Daten zu tun,<br />
welche aber zum Großteil noch völlig ungenutzt<br />
bleiben und im Tagesgeschäft immer<br />
noch manuell bzw. mehrfach gemanagt werden<br />
müssen. Datenbanken, insbesondere<br />
in Registern gedacht, sind nicht vorhanden,<br />
würden jedoch einen erheblichen Vorteil in<br />
der Datenqualität sowie der Effizienz mit<br />
sich bringen. Ein Masterplan Digitalisierung<br />
wäre daher in jedem Fall zu unterstützen<br />
und würde den Gemeinden ein wichtiges<br />
Werkzeug zur Bewältigung der zahlreichen<br />
neuen sowie immer komplexer werdenden<br />
Aufgaben sein.<br />
THOMAS OBERBEIRSTEINER<br />
BÜRGERMEISTER VON WATTENS<br />
VERÄNDERUNGEN, WELCHE MIT<br />
DER DIGITALISIERUNG EINHER-<br />
GEHEN, SIND WEITREICHEND<br />
UND VIELFÄLTIG.<br />
Die Digitalisierung nimmt keine Rücksicht<br />
auf liebgewonnene Strukturen<br />
und setzt sich über bestehende Grenzen<br />
hinweg. Sie erfasst dabei alle<br />
Lebensbereiche und hat Einfluss auf<br />
die gesamte Gesellschaft. Viel zu tun<br />
gibt es dabei auch im kommunalen<br />
Bereich, um mit den Entwicklungen<br />
Schritt halten zu können. Kernthema<br />
bei allen künftigen kommunalen Digitalisierungsinitiativen<br />
wird die durchgängige<br />
Nutzung der bestehenden<br />
Registerdaten (ZMR, Firmenbuch,<br />
AGWR etc.) von Bundes- über Landes-<br />
bis hin zur Gemeindeebene sein.<br />
Aktuell ist in Tirol keine klare Digitalisierungsstrategie<br />
auf kommunaler<br />
Ebene vorhanden. Vielfach führt<br />
dies zu unüberlegten und nicht abgestimmten<br />
Digitalisierungsinitiativen<br />
in den Gemeinden, welche zur Entstehung<br />
von Insellösungen führen und<br />
dadurch künftigen Kooperationen den<br />
Weg verbauen. Zudem werden hohe<br />
finanzielle Mittel für nicht zukunftssichere<br />
Lösungen aufgewendet. Die<br />
Digitalisierung bringt jedoch nicht<br />
nur Herausforderungen mit sich, sie<br />
schafft auch die Möglichkeit, Prozesse<br />
neu zu denken, klassische Anwendungen<br />
durch effizientere, nutzerfreundliche<br />
Lösungsansätze zu ersetzen und<br />
Innovationen anzuregen. Es wurden<br />
bereits viele wichtige Schritte gesetzt.<br />
Das Fundament ist sehr weit fortgeschritten.<br />
Etwa der Ausbau des Breitbands,<br />
welcher auf einer Gesamtstrategie<br />
beruht, unverzichtbar für<br />
eine gelungene Digitalisierung. Der<br />
Aufbau eines digitalen Informationsangebots,<br />
die Einführung der digitalen<br />
Amtstafel, die Umsetzung der<br />
DSGVO oder auch die anstehende<br />
Einführung der Barrierefreiheit für<br />
Gemeindewebseiten und Apps. Doch<br />
am Ende eines langen Weges aus<br />
der analogen in die digitale Welt mit<br />
all ihren Vorteilen gilt es noch, das<br />
Herz der digitalen Gemeinde der<br />
Zukunft zum Schlagen zu bringen.<br />
Das Herz wird die zentrale, alles verbindende<br />
kommunale Softwarelösung<br />
der Zukunft sein. Sämtlichen<br />
Prozessschritten müssen dabei die<br />
zentralen Register (ZMR, Firmenbuch,<br />
AGWR etc.) als Grundlage dienen.<br />
NUR EINE ANWENDUNG<br />
IST BÜRGERFREUNDLICH UND<br />
ZUKUNFTSFÄHIG.<br />
Nur so kann eine effiziente, zukunftsfähige<br />
und ganzheitliche Digitalisierung<br />
erfolgen. Darauf aufbauend wird<br />
zukünftig eine eindeutige e-id zum<br />
Herzstück der kommunalen Digitalisierungsstrategie<br />
werden. Der Bürger<br />
sollte damit direkten Zugriff auf seine<br />
Daten erhalten. Und auch hier wird<br />
es entscheidend sein, dass es künftig<br />
nicht zahllose Apps etc. sind, sondern<br />
EINE Anwendung. Nur das ist bürgerfreundlich<br />
und zukunftsfähig.<br />
Zusatzlösungen müssen nahtlos integrierbar<br />
bzw. anbindbar sein. Je nach<br />
Erfordernissen müssen Module, die<br />
eine maßgeschneiderte Lösung für
tirol.digital<br />
23<br />
Raum zum Wohlfühlen<br />
Ideal als langfristige oder temporäre Raumlösung<br />
(z.B. Kindergärten und Schulen)<br />
Optimale Wärmedämmung<br />
Brandschutz (R)EI30 serienmäßig<br />
www.containex.com<br />
CTX_Inserat_GemNova (195x118)_220-rz.indd 1 04.08.20 15:00<br />
Gemeinden bieten, an das Herz angedockt<br />
werden können. Digitale Daten<br />
müssen – Standards gehorchend –<br />
zwischen den Modulen austauschbar<br />
sein. Alle Module müssen sozusagen<br />
die gleiche Datensprache sprechen.<br />
Nur so können Synergien genutzt und<br />
die Effizienz gesteigert werden. Eine<br />
moderne kommunale Softwarelösung<br />
wird neue Möglichkeiten eröffnen, um<br />
Abläufe zu vereinfachen und Zeit zu<br />
sparen.<br />
Für eine einzelne Gemeinde ist es<br />
ohne eine Gesamtstrategie jedoch<br />
nicht möglich, all diese Entscheidungen<br />
zu treffen. Um Schwerpunktsetzungen<br />
und eine gemeinsame Vorgehensweise<br />
wird man daher nicht<br />
herumkommen, um einen nachhaltigen<br />
Mehrwert generieren zu können<br />
und Lehrgeld zu vermeiden. Dem Tiroler<br />
Gemeindeverband ist es daher ein<br />
Anliegen, die Gemeinden bei deren<br />
Digitalisierungsentscheidungen nicht<br />
im Regen stehen zu lassen und im<br />
Zuge einer übergeordneten Strategie<br />
den „Masterplan Digitalisierung für<br />
Tirols Gemeinden“, konkrete Handlungsempfehlungen<br />
sowie die nötige<br />
Unterstützung bereitzustellen.<br />
ZUM AUTOR<br />
MAG. MARTIN WEX<br />
Martin Wex ist Landtagsabgeordneter,<br />
Vizebürgermeister von Schwaz und unterstützt<br />
die GemNova im Bereich Gemeindeentwicklung<br />
und Digitalisierung.<br />
Kontakt: m.wex@gemnova.at<br />
„Die Digitalisierung stellt die Gemeinden vor<br />
immense fachliche, aber auch finanzielle<br />
Herausforderungen. Richtige Entscheidungen<br />
in diesem Bereich zu treffen, ist mehr<br />
als schwierig. Deshalb ist es uns als Tiroler<br />
Gemeindeverband wichtig, die Gemeinden<br />
dabei zu unterstützen und mit dem „Masterplan<br />
Digitalisierung für Tirols Gemeinden“ ein<br />
Grundlagenpapier an die Hand zu geben. Wie<br />
der damals sehr erfolgreiche „Masterplan<br />
Breitbandausbau“ soll er für Gemeinden eine<br />
Leitlinie für ihre künftigen Entscheidungen<br />
sein. Damit sollte eine abgestimmte und effiziente<br />
Vorgehensweise gesichert sein.<br />
ERNST SCHÖPF<br />
PRÄSIDENT TIROLER GEMEINDEVERBAND<br />
UND BÜRGERMEISTER VON SÖLDEN
24 ENTGELTLICHE EINSCHALTUNG<br />
AUFSCHWUNG FÜR MUTTERS<br />
Die NHT wickelt ein jährliches<br />
Bauvolumen von weit<br />
über 100 Millionen Euro ab<br />
und ist damit der größte<br />
gemeinnützige Bauträger in<br />
Tirol. Neben der Errichtung<br />
von leistbarem Wohnraum<br />
ist die Entwicklung von Gemeindeprojekten<br />
ein neues<br />
Steckenpferd.<br />
BILD: Spatenstich für<br />
das neue NHT-Projekt in<br />
Mutters mit (v. li.) Architekt<br />
Raimund Rainer, Bürgermeister<br />
Hansjörg Peer, Landesrätin<br />
Patrizia Zoller-Frischauf,<br />
NHT-Geschäftsführer<br />
Hannes Gschwentner.<br />
(© NHT/Vandory)<br />
Aktuell errichtet die NEUE HEIMAT TIROL<br />
im Auftrag der Gemeinde Mutters direkt<br />
im Dorfzentrum ein neues Multifunktionsgebäude.<br />
Die Baukosten betragen rund 4,3<br />
Millionen Euro.<br />
Kompetent<br />
„Nach dem 2018 übergebenen Wohn- und<br />
Pflegeheim in der Nachbargemeinde Natters<br />
freuen wir uns, nun ein weiteres Kommunalprojekt<br />
im westlichen Mittelgebirge<br />
abwickeln zu können“, so NHT-Geschäftsführer<br />
Hannes Gschwentner. Bürgermeister<br />
Hansjörg Peer: „Dieses Neubauprojekt<br />
ist ein weiterer Impuls für die Attraktivierung<br />
unseres Dorfzentrums. Die NHT steht<br />
uns mit Rat und Tat zur Seite.“<br />
Die NHT arbeitet dabei stets mit renommierten<br />
Architekturbüros zusammen. In<br />
diesem Fall stammen die Pläne vom Innsbrucker<br />
Architekt Raimund Rainer. Der Neubau<br />
ist an die bestehende Struktur angelehnt<br />
und setzt trotzdem moderne Akzente.<br />
Neben zwölf mit Fußbodenheizung und<br />
Komfortlüftung hochwertig ausgestatteten<br />
Mietwohnungen sind im Erdgeschoß<br />
eine Apotheke sowie eine Bäckerei mit<br />
Café untergebracht. Zusätzlich finden ein<br />
Probelokal der Musikschule sowie das<br />
direkt von der Hauptstraße aus zugängliche<br />
Tourismusbüro im neuen Gebäude<br />
Platz. Die Fertigstellung ist bis Dezember<br />
2021 geplant.<br />
Klimafreundlich<br />
Die dazugehörige Tiefgarage verfügt über<br />
28 Autoabstellplätze, 16 weitere Parkplätze<br />
werden seitens der Gemeinde auf<br />
einem angrenzenden Grundstück errichtet.<br />
Auch bei der Energie- und Wärmeversorgung<br />
setzt die NHT auf modernste<br />
und zugleich klimafreundliche Technik mit<br />
Pelletsheizung sowie einer Photovoltaikanlage<br />
am Dach.<br />
Weitere NHT-Projekte:<br />
neueheimat.tirol
tirol.digital<br />
25<br />
DIE NACH-CORONA-ZEIT<br />
UND DIE DIGITALISIERUNG<br />
AUTOR<br />
GEORG KEUSCHNIGG<br />
Eines ist sicher:<br />
Die Corona-Zeit hat der digitalen<br />
Kompetenz der Bevölkerung<br />
ordentlich Rückenwind verliehen!<br />
Im Homeoffice war man gezwungen,<br />
sich selbst einzuloggen, Passwörter<br />
einzugeben, sich mit den<br />
Internetdiensten in englischer<br />
Sprache auseinanderzusetzen,<br />
Konferenztools herunterzuladen,<br />
Systeme zu synchronisieren und<br />
vieles mehr. Was bleibt aber aus<br />
dieser Zeit, die jederzeit wiederkehren<br />
kann, und wie verändert<br />
sich die Gesellschaft?<br />
Außer Streit steht nunmehr, dass<br />
die Breitbandinfrastrukturen bis<br />
ins letzte Haus zu errichten sind.<br />
Ohne vernünftige Bandbreiten<br />
funktioniert das Homeoffice nicht,<br />
können die Kinder nicht lernen und<br />
kann kein EPU betrieben werden.<br />
Der Aufwand, den die Gemeinden<br />
mit massiver Unterstützung des<br />
Landes und des Bundes betreiben,<br />
hat in dieser Phase schon<br />
viel gebracht.<br />
Nach der Verfügbarkeit der Infrastruktur<br />
ist es die digitale Kompetenz,<br />
an der wir arbeiten müssen.<br />
Im Homeoffice gibt es keine IT-<br />
Abteilung, die einem alles konfiguriert.<br />
Und die Kolleginnen und<br />
Kollegen rollen die Augen, wenn<br />
man am Telefon zu begriffsstutzig<br />
ist. Der eine oder andere Kurs<br />
über die Basics der digitalen Welt<br />
wird daher wohl auch für ältere<br />
Semester unabdingbar sein.<br />
Die nächste Erkenntnis ist, dass<br />
das Teleworking funktioniert. Viele<br />
haben die Software, die es für<br />
Besprechungen und Konferenzen<br />
bereits gibt, erst jetzt kennengelernt.<br />
Wer als Tiroler viel in Wien<br />
zu tun hat, weiß um den Zeitaufwand<br />
für Sitzungen in der Bundeshauptstadt,<br />
wo sich in Österreich<br />
alles zusammenballt. Die Wiener<br />
Kolleginnen und Kollegen wechseln<br />
nur den Konferenzraum, bei unsereinem<br />
geht ein ganzer Tag drauf,<br />
von den Kosten gar nicht zu reden.<br />
Bisher hat die Gesellschaft auf<br />
die Distanzunabhängigkeit, welche<br />
die Digitalisierung ermöglicht,<br />
nicht wirklich reagiert. Nach wie<br />
vor gilt es als selbstverständlich,<br />
dass jeder, der in den Regierungsstellen<br />
etwas auf sich hält, in Wien<br />
oder in Innsbruck sitzen muss. Mit<br />
allen Folgen für den Verkehr, und<br />
was jetzt noch wichtiger geworden<br />
ist, für die Zusammenziehung<br />
von Menschen an einem Platz. Das<br />
Internet ist so weit entwickelt,<br />
dass sich die Gesellschaft ohne<br />
Effizienzverluste viel dezentraler<br />
aufstellen kann. Was Andrä Rupprechter<br />
mit dem Masterplan für<br />
den ländlichen Raum begonnen<br />
hat, sollte mit Nachdruck vorangetrieben<br />
werden.<br />
Um möglichen Einwänden vorab<br />
den Wind aus den Segeln<br />
zu nehmen: Die Welt ist nicht<br />
schwarz-weiß, es gibt nicht<br />
Homeoffice oder Bürobetrieb. Die<br />
Abläufe müssen neu austariert<br />
werden. Der menschliche Kontakt<br />
in einem Betrieb wird auch weiterhin<br />
wesentlich sein. Es wird viele<br />
Mischformen geben; zwei Sitzungen<br />
digital, zwei am Firmenstandort.<br />
Und die letzteren werden so<br />
organisiert sein, dass der menschliche<br />
Austausch bewusst gefördert<br />
wird. Oder drei Tage im Büro und<br />
zwei Tage daheim. Damit können<br />
auch diejenigen, die in den Bezirken<br />
leben, Jobs in den Zentralorten<br />
annehmen. Drei Tage pendeln<br />
geht, fünf oft nicht mehr.<br />
Die Corona-Krise wird uns allen<br />
noch viel Kopfweh bereiten. Die<br />
Chancen und neuen Sichtweisen,<br />
die sie mit sich bringt, sollten aber<br />
für neue Strategien in der Landesentwicklung<br />
genützt werden.
26<br />
tirol.digital<br />
DAS NEUE „AMTSDEUTSCH“<br />
BARRIEREFREIER ZUGANG ZU<br />
INFORMATIONEN IN DEN GEMEINDEN<br />
ZUR AUTORIN<br />
CHRISTINE EDER-<br />
HASLEHNER<br />
Christine Eder-Haslehner hat 2017 im<br />
Bereich Deutsch und Integration bei der<br />
GemNova begonnen und unterstützt<br />
aktuell den Bereich Gemeindeentwicklung.<br />
Sie verfügt über langjährige<br />
Erfahrung in der Arbeit mit Menschen<br />
mit Migrationshintergrund.<br />
Kontakt: c.eder-haslehner@gemnova.at<br />
Seit dem Jahr 2016 ist in Österreich die<br />
Gleichstellung von Menschen mit Behinderungen<br />
gesetzlich geregelt. Tiroler<br />
Gemeinden sind verpflichtet, aufgrund der<br />
EU-Richtlinie nicht nur einen barrierefreien<br />
Zugang zu ihren Gebäuden, sondern auch<br />
zu Informationen anzubieten. Websites und<br />
auch mobile Anwendungen sind barrierefrei<br />
zu gestalten. Auf Basis des Tiroler Antidiskriminierungsgesetzes<br />
wurde ein konkreter<br />
Zeitplan für die Umsetzung erstellt.<br />
Diese Verordnung ist mit 1. Jänner 2019 in<br />
Kraft getreten und ab dem 23. September<br />
2020 anzuwenden.<br />
Doch nicht nur Menschen mit Beeinträchtigungen<br />
profitieren von dieser Verordnung.<br />
Die recht komplexe Amtssprache macht<br />
vielen zu schaffen. Neben den amtlichen<br />
Texten sind auch viele tägliche Informationen<br />
häufig schwer verständlich. Gerade die<br />
Corona-Zeit im März und April hat gezeigt,<br />
wie schwierig es ist, kompliziert formulierte<br />
Informationen der breiten Masse<br />
verständlich und einfach zugänglich zu<br />
machen.<br />
Pilotprojekt Gemeinde Aschau<br />
Seit Herbst 2019 läuft in Aschau im Zillertal<br />
ein vom Land Tirol gefördertes Projekt<br />
zum Thema „Leichte Sprache in der<br />
Gemeinde“. Ziel ist es, die Mitarbeiterinnen<br />
und Mitarbeiter für die leichte und einfache<br />
Sprache zu sensibilisieren. Außerdem<br />
werden nach und nach Texte der Website<br />
in leichte bzw. einfache Sprache übersetzt,<br />
um möglichst viele Menschen zu erreichen<br />
und komplizierte Schriftstücke verständlich<br />
zu machen.<br />
Die Expertin Dr. Monika Mazegger erklärt<br />
in mehreren Workshops den Mitarbeiterinnen<br />
und Mitarbeitern der Gemeinde<br />
die Grundregeln der leichten und einfachen<br />
Sprache. „In Zukunft werden wir als<br />
Gemeinde besonderen Wert darauf legen,<br />
dass alle Informationen so einfach und<br />
verständlich wie möglich an die Bevölkerung<br />
weitergegeben werden“, sagt Amtsleiter<br />
Walter Schiestl. „Zukünftig werden<br />
wir auch in der Gemeindezeitung sperrige<br />
Gesetzestexte und Verordnungen<br />
übersetzt in leichter und einfacher<br />
Sprache anbieten. Das<br />
spart uns schlussendlich<br />
viel Zeit und Ressourcen, weil Rückfragen<br />
weniger werden.“<br />
In den Workshops zur einfachen und leichten<br />
Sprache in den Gemeinden werden die<br />
Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sensibilisiert,<br />
um Texte bewusst und kritisch zu<br />
analysieren und sie anhand der erarbeiteten<br />
Merkmale der einfachen Sprache in<br />
eine gut verständliche Form zu bringen.<br />
Zusätzlich zu den Workshops der einfachen<br />
und leichten Sprachen wird auch ein<br />
kritischer Blick auf die Website geworfen.<br />
Entspricht die Seite den Kriterien<br />
der WCAG-2.1? Sind die Voraussetzungen<br />
gegeben, damit Menschen mit Behinderungen<br />
Webinhalte wahrnehmen und verstehen,<br />
auf diesen Seiten navigieren und<br />
mit ihnen interagieren können? Damit beispielsweise<br />
Lesegeräte für Blinde die Seiten<br />
„verstehen“ und Informationen richtig<br />
weitergeben? Gemeinsam mit Expertinnen<br />
und Experten sowie Betroffenen bietet<br />
die GemNova einen einfachen Check an,<br />
mit dem Gemeinden in kurzer Zeit feststellen<br />
können, welcher Handlungsbedarf<br />
auf sie zukommt. Dabei wird überprüft, ob<br />
die Gemeinde-Website allen geforderten<br />
WCAG-2.1-Kriterien und den grundsätzlichen<br />
Prinzipien der Barrierefreiheit<br />
entspricht.
tirol.digital 27<br />
Fakten & Infos<br />
GESETZLICHE GRUNDLAGEN<br />
Österreichisches Bundesbehindertengleichstellungsgesetz,<br />
das die Diskriminierung von<br />
Menschen mit Behinderungen verbietet und<br />
eine gleichberechtigte Teilhabe an der Gesellschaft<br />
fordert.<br />
EU-Richtlinie 2016/2102 über den barrierefreien<br />
Zugang zu den Websites und mobilen Anwendungen<br />
öffentlicher Stellen. Als barrierefrei gilt<br />
eine Website, wenn sie den Anforderungen der<br />
Richtlinie für barrierefreie Inhalte (WCAG) 2.1 in<br />
der Konformitätsstufe AA entspricht, damit alle<br />
Kriterien der Stufen A und AA der WCAG 2.1<br />
erfüllt sind. (Quelle: Verwaltungs-WIKI)<br />
TIROLER<br />
ANTIDISKRIMINIERUNGSGESETZ 2005<br />
TlROLER<br />
Blaulichtpolizze<br />
§ 14b TADG 2005 Barrierefreier Zugang zu<br />
Websites und mobilen Anwendungen:<br />
Websites und mobile Anwendungen des Landes<br />
Tirol, der Gemeinden, der Gemeindeverbände,<br />
der durch Landesgesetz eingerichteten<br />
Selbstverwaltungskörper und der sonstigen<br />
durch Landesgesetz eingerichteten juristischen<br />
Personen des öffentlichen Rechts haben den<br />
Anforderungen an einen barrierefreien Zugang<br />
nach Abs. 2 zu entsprechen. […]<br />
BILD: Die GemNova-Expertin<br />
für einfache/leichte Sprache,<br />
Dr. Monika Mazegger, und der<br />
Aschauer Amtsleiter Walter<br />
Schiestl arbeiten gemeinsam<br />
am Pilotprojekt für die<br />
Zillertaler Gemeinde.<br />
(© GemNova)<br />
Spezialkonzept für Feuerwehrfahrzeuge<br />
inkl. Aufbauten und Ausrüstungsgegenstände.<br />
Versicherte Sparten: Kfz-Haftpflichtversicherung,<br />
Vollkaskoversicherung, Kfz-Rechtsschutzversicherung<br />
Neuerungen:<br />
• Erhöhung der Versicherungssumme in der<br />
Haftpflichtversicherung auf EUR 20 Mio.<br />
• Erhöhung der Versicherungssumme in der<br />
Rechtsschutzversicherung auf EUR 200.000<br />
• Anhänger können im neuen Versicherungskonzept<br />
aufgenommen werden<br />
Unser Spezialisten-Team erreichen<br />
Sie unter 0512 5313-1701 oder per<br />
mail@tiroler.at.
28 tirol.kooperiert<br />
Jetzt neu<br />
Der digitale<br />
Essensgutschein<br />
von Jausengeld<br />
Mehr<br />
Knödel<br />
für<br />
alle!
tirol.wirtschaftet<br />
29<br />
Mehr<br />
knödel<br />
für<br />
alle!<br />
MIT JAUSENGELD,<br />
DEM NEUEN DIGITALEN<br />
ESSENSGUTSCHEIN<br />
Mittagessen motiviert! Besonders<br />
für Arbeitnehmerinnen<br />
und -nehmer, die körperlich<br />
und geistig jeden Tag<br />
Höchstleistungen erbringen<br />
müssen, ist es eine Möglichkeit,<br />
zu entspannen und Energie<br />
zu tanken.<br />
Das hat auch Vater Staat erkannt und<br />
unterstützt Unternehmen durch diese<br />
sogenannten „steuerfreien Sozialleistungen“.<br />
Die Qual der Wahl<br />
Den Unternehmen stehen unterschiedliche<br />
Gutschein-Systeme zur Auswahl,<br />
damit Mitarbeiter diese Sozialleistungen<br />
einsetzen können. Diese klassischen<br />
Papiergutscheine werden gut akzeptiert,<br />
bedeuten aber enorme administrative<br />
Zusatzaufgaben für Unternehmen<br />
und Restaurants. Bei den neueren<br />
App-Lösungen müssen Mitarbeiter jede<br />
Quittung aufbewahren und einscannen.<br />
Eine neue, einfachere Lösung muss her.<br />
Die Idee zu Jausengeld wurde geboren.<br />
Mit der dazugehörigen App sind alle<br />
Informationen jederzeit abrufbar: Restaurants<br />
in der Nähe, Guthabenstand,<br />
Transaktionslisten etc. Auch Unternehmen<br />
sowie Wirtinnen und Wirte profitieren<br />
dank der Digitalisierung von dem neuen<br />
System: Das Ausgeben, Sammeln und<br />
Einreichen von Papiergutscheinen entfallen<br />
komplett, stattdessen erledigt das<br />
automatisierte System im Hintergrund<br />
die gesamte Arbeit. Dadurch kann viel an<br />
Kosten gespart werden, die Jausengeld an<br />
seine Kundinnen und Kunden weitergibt<br />
und das System zur wahrscheinlich günstigsten<br />
Gutschein-Lösung in Österreich<br />
macht. Eben mehr Knödel für alle!<br />
Wer steckt dahinter?<br />
Jausengeld ist ein Unternehmen der<br />
GemNova und BrainBehind. Für die<br />
GemNova als Förderer der regionalen<br />
Wirtschaft ist Jausengeld ein Mittel, um<br />
den regionalen Konsum am Mittagstisch<br />
anzukurbeln und somit die Wirtinnen<br />
und Wirte zu unterstützen. Der IT-<br />
Dienstleister BrainBehind hat bereits in<br />
mehreren Projekten seine weitreichende<br />
Kompetenz bewiesen und ist der ideale<br />
Partner, um die einwandfreie Funktionalität<br />
des Produktes sicherzustellen.<br />
Mehr zu Jausengeld findest<br />
du unter www.jausengeld.at<br />
Was zum Brett ist Jausengeld?<br />
Jausengeld ist der neue Star am Essensgutschein-Himmel.<br />
Mitarbeiterinnen und<br />
Mitarbeiter können mit der Jausengeld-<br />
Card bei allen Restaurants im Akzeptanz-<br />
Netzwerk essen gehen, bezahlt wird ganz<br />
einfach am Bankomat-Terminal. Dank der<br />
Prepaid-Funktion muss auch kein Bargeld<br />
mehr mitgenommen werden.<br />
ZUM AUTOR<br />
STEFAN SCHOBER<br />
Stefan Schober kommt ursprünglich<br />
aus dem Salzburger Land, hat in<br />
Wien studiert und dort in den letzten<br />
fünf Jahren im Bereich Marketing<br />
und Sales gearbeitet.<br />
Kontakt: s.schober@gemnova.at
30 tirol.wirtschaftet<br />
so<br />
fair<br />
Mit gutem Beispiel voran: nicht in<br />
ausbeuterische, sondern in nachhaltige<br />
Produkte investieren.<br />
Tausende tragen und nutzen täglich spezielle Arbeitskleidung.<br />
Gemeinden benötigen etwa Kleidung für<br />
Bauhof-Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, für die<br />
Belegschaft der Pflegeheime und die Feuerwehr.<br />
„Gerade in der Textilindustrie herrschen neben den<br />
unökologischen Produktions- oft auch problematische<br />
Arbeitsbedingungen: Kinder- und Zwangsarbeit gehören<br />
ebenso zur Tagesordnung wie überlange Arbeitszeiten,<br />
schlechte Löhne und mangelnde Sicherheit“,<br />
weiß LHStvin und Klimabündnis-Obfrau Ingrid Felipe.<br />
Dabei kann man auch bei der Beschaffung von Kleidung<br />
und Textilien auf Werte wie Fairtrade und Nachhaltigkeit<br />
bauen.<br />
ZUM AUTOR<br />
MARIO FOIDL<br />
Mario Foidl ist Projektverantwortlicher<br />
im Bereich Beschaffung und<br />
setzt auf fairen Einkauf.<br />
Kontakt: m.foidl@gemnova.at
tirol.wirtschaftet<br />
31<br />
RECHTS: Die<br />
GemNova achtet auf<br />
nachhaltige Beschaffung<br />
und verwendet<br />
ausschließlich zertifiziertes<br />
Papier.<br />
(© GemNova)<br />
Es<br />
geht<br />
uns<br />
alle<br />
an<br />
UNTEN: Andreas<br />
Kirchmair, Amtsleiter<br />
Gemeinde Sistrans,<br />
legt großen Wert auf<br />
faire Beschaffung.<br />
(© Gemeinde Sistrans)<br />
„Gemeinden können hier mit gutem Beispiel vorangehen<br />
und öffentliche Gelder nicht in ausbeuterische,<br />
sondern zukunftsfähige Produkte investieren“,<br />
so Felipe. Amtsleiter Andreas Kirchmair legt für seine<br />
Gemeinde Sistrans großen Wert auf eine derartige<br />
Vorgangsweise: „Als Klimabündnis- und<br />
e5-Gemeinde sind wir bestrebt, beim<br />
Einkauf aller Produkte und Dienstleistungen<br />
als Vorbild auf die Kriterien der<br />
Nachhaltigkeit zu achten“, schildert er.<br />
Und hat zugleich einen Tip parat: „Die<br />
GemNova bietet eine Einkaufsplattform<br />
mit zahlreichen Produkten, bei denen<br />
die Einhaltung der Kriterien geprüft<br />
wurde“, so Kirchmair.<br />
Verbesserung der Lebens- und<br />
Arbeitsbedingungen<br />
Sozial faire und nachhaltige Beschaffung<br />
ist ein großes Anliegen der<br />
GemNova. Um diese erfolgreich zu<br />
etablieren, wurde eine Kooperationsvereinbarung<br />
mit SO:FAIR geschlossen. SO:FAIR ist<br />
eine Initiative von Klimabündnis, Südwind und Fairtrade,<br />
unterstützt von den Ländern Tirol, Oberösterreich und<br />
Salzburg. Gemeinsam wird ein Fahrplan entwickelt, an<br />
dessen Ende Gemeinden Maßnahmen zur Umsetzung<br />
erhalten und einer nachhaltigen Beschaffung nichts<br />
mehr im Wege steht. „Ziel ist es, nicht zuletzt auch<br />
einen Beitrag zu den Nachhaltigkeitszielen der Vereinten<br />
Nationen zu leisten“, so Andrä Stigger, Geschäftsführer<br />
von Klimabündnis Tirol. „Durch die Beschaffung<br />
nachhaltiger Produkte können Tiroler Gemeinden aktiv<br />
zur Verbesserung der Lebens- und Arbeitsbedingungen<br />
beitragen. Wir sind froh, mit der GemNova einen<br />
engagierten Partner gefunden zu haben“, freut sich<br />
Stigger. Während der gesamten Projektlaufzeit werden<br />
GemNova-Fachleute von externen Expertinnen und<br />
Experten begleitet. Diese stehen zudem jederzeit mit<br />
ihrem Know-how zusätzlich zur Verfügung.<br />
Mit der GemNova-Einkaufsplattform auf der<br />
sicheren Seite<br />
Um Gewissheit zu haben, die richtigen Produkte<br />
zu erwerben, bietet die GemNova-Einkaufsplattform<br />
eine eigens erstellte Kategorie für nachhaltige<br />
Beschaffung, in der von der Abfallwirtschaft über<br />
Büromaterial, Papier bis hin zur Reinigung zahlreiche<br />
Artikel erhältlich sind. Alle Produkte dieser Kategorie<br />
verfügen über ein entsprechendes Gütesiegel bzw.<br />
Umweltzeichen. Die Einkaufsplattform ist für alle<br />
Gemeinden und deren dazugehörigen Institutionen<br />
völlig kostenlos nutzbar. „Wir freuen uns, die Plattform<br />
den Tiroler Gemeinden mit der erweiterten<br />
Funktionalität zur Verfügung stellen zu können. Wir<br />
werden unser Wissen und Angebote zum Thema<br />
Nachhaltigkeit sukzessive weiter ausbauen“, erklärt<br />
GemNova-Geschäftsführer Alois Rathgeb.<br />
Nachhaltige Beschaffung geht uns alle an<br />
Nachhaltigkeit geht natürlich weit über die Beschaffung<br />
von Produkten für Büro und Bauhof hinaus. Vom<br />
richtigen Heizen und Dämmen, Photovoltaikanlagen,<br />
klimafreundliche Gemeindefahrzeuge, LED-Beleuchtungskonzepte,<br />
Abfallwirtschaft und vieles mehr. Die<br />
GemNova, das Unternehmen der Tiroler Gemeinden,<br />
hat für jeden Bereich die richtigen Ansprechpartner<br />
und Expertinnen und Experten. „Geben wir uns alle<br />
einen Ruck. Gemeinsam können wir eine umweltfreundlichere<br />
Beschaffung verwirklichen und im<br />
täglichen Leben umsetzen. Durch Zusammenarbeit<br />
können wir ganz einfach und unkompliziert unseren<br />
Beitrag zum Klima- und Umweltschutz leisten.<br />
Für die Umwelt, für uns selber, für unsere Kinder“,<br />
erklärt der GemNova-Beschaffungsexperte Mario<br />
Foidl. „Denn – es geht uns alle an!“
32<br />
tirol.wirtschaftet<br />
ES GIBT NICHTS<br />
GUTES, AUSSER MAN<br />
TUT ES!<br />
ZUM AUTOR<br />
ALOIS RATHGEB<br />
Alois Rathgeb ist Gründer und Geschäftsführer<br />
der GemNova und hat in der Corona-Krise den Online-<br />
Shop ganznah.tirol zur Unterstützung der heimischen<br />
Wirtschaft und der Gemeinden initiiert.<br />
Kontakt: a.rathgeb@gemnova.at<br />
Im Zuge der Corona-Krise<br />
haben sich flugs zahlreiche<br />
Initiativen formiert, um den<br />
heimischen Handel zu unterstützen.<br />
Für einen langfristigen<br />
Erfolg braucht es jedoch<br />
eine tirolweite, gemeinsame<br />
Vorgehensweise.<br />
Die Idee gab es in der GemNova schon<br />
seit Längerem, allein es fehlten die zeitlichen<br />
Ressourcen für eine professionelle<br />
Umsetzung. Im Zuge der Corona-Krise<br />
waren sie schließlich da, und war die<br />
Notwendigkeit des Projektes noch einmal<br />
sichtbarer geworden. Mit www.ganznah.<br />
tirol soll eine Art Amazon für Tirol aufgebaut<br />
werden. Die ersten Händler sind<br />
schon mit dabei. „Plattformen mit Linksammlungen<br />
zu verschiedenen Online-<br />
Shops zu entwickeln, halte ich für kontraproduktiv.<br />
Das kann Google besser“, sagt<br />
Bernhard Moll, Projektverantwortlicher bei<br />
GemNova für ganznah.tirol, und auch nicht<br />
jeder Händler brauche einen eigenen Webshop,<br />
findet er: „Langfristig ist der Kunde<br />
nicht bereit, sich durch eine Reihe an<br />
Webshops zu klicken und sich überall zu<br />
registrieren, bis er das passende Produkt<br />
gefunden hat. Das ist der entscheidende<br />
Vorteil der Online-Riesen – dass es<br />
einfach und bequem, funktional und das<br />
Angebot vielfältig ist.“ Mit ganznah.tirol<br />
soll dieser Erfolgsfaktor auf regionale Ebene<br />
heruntergebrochen werden.<br />
Amazon für Tirol<br />
Neben Beschreibungen zum Produkt gibt<br />
es Infos zum Händler, um der Plattform<br />
ihre ganz eigene Persönlichkeit zu geben<br />
und auch die Gesichter dahinter zu präsentieren.<br />
Gesucht wird nach möglichst<br />
kurzen Lieferwegen – die Ergebnisse<br />
also nach Entfernung gereiht. Das soll<br />
gleichzeitig den Nebeneffekt haben, dass<br />
man vielleicht doch kurz persönlich ins<br />
Geschäft ums Eck schaut, anstatt sich<br />
seine Waren liefern zu lassen. Online<br />
schauen, stationär kaufen sozusagen.<br />
Wer mag, kann sich individuell beraten<br />
lassen – der Händler<br />
ist ja nicht weit weg<br />
und auch telefonisch<br />
erreichbar – oder<br />
bestimmte Services<br />
dazubuchen, etwa den<br />
Einbau von Geräten oder<br />
die Entsorgung von Altgeräten.<br />
Bezahlt wird direkt<br />
an den Händler. „Hier sind<br />
wir stärker, als Amazon es je sein<br />
kann“, ist Moll überzeugt.<br />
Wie bei allen Projekten und Unternehmungen<br />
von GemNova geht es<br />
auch hier nicht um eigene Profitmaximierung.<br />
Im Gegenteil: „Bei<br />
GemNova geht es uns immer um<br />
die Sache, darum, einen Beitrag für<br />
die Region, die Gesellschaft und die<br />
Menschen zu leisten und damit letztlich<br />
um ein achtsameres Miteinander“,<br />
erklärt Moll. „Auch mit dem Online-Shop<br />
ist es also nicht unser primäres Ziel, Geld<br />
zu verdienen, sondern den wirtschaftlichen<br />
Kreislauf am Leben zu erhalten.“
tirol.wirtschaftet<br />
33<br />
Gerade in Zeiten wie diesen gewinnt der Online-Handel für<br />
unsere Unternehmerinnen und Unternehmer eine größere<br />
Bedeutung. Durch die neuen Technologien wird es immer<br />
mehr Möglichkeiten geben, online einkaufen zu gehen.<br />
Allerdings ist darauf zu achten, dass man den regionalen<br />
Online-Handel benützt, dadurch fördert man die heimische<br />
Wirtschaft und durch die kurzen Transportwege auch die<br />
Nachhaltigkeit .Ganznah.tirol ermöglicht es den Unternehmen,<br />
die Synergie-Effekte zwischen dem stationären und dem<br />
regionalen Online-Handel bestens zu nützen.<br />
DR. CORNELIA HAGELE<br />
LANDTAGSABGEORDNETE<br />
Deshalb wird auch keine Provision pro verkauftem<br />
Produkt verlangt, sondern pauschal<br />
abgerechnet. „Wir wollen nicht in<br />
eine Konkurrenzsituation mit dem Händler<br />
treten, sondern ihm eine Plattform<br />
bieten“, erklärt Moll. Tatsächlich ist<br />
die Pauschale mehr als fair: Für<br />
Unternehmen bis fünf Mitarbeiter<br />
werden neun Euro<br />
pro Monat verrechnet,<br />
bis 20 Mitarbeiter 19<br />
Euro und darüber hinaus<br />
29 Euro. Im Höchstfall<br />
bezahlt man also 348<br />
Euro im Jahr. À la longue<br />
sollen in den Webshop<br />
auch Dienstleistungsunternehmen<br />
integriert<br />
werden. So soll man<br />
etwa seinen Friseurtermin<br />
online buchen können,<br />
mittelfristig sollen Restaurants<br />
oder Handwerksbetriebe<br />
hinzukommen. Auch hier hat die<br />
Plattform eine reine Vermittlungsfunktion,<br />
abgerechnet wird direkt mit<br />
dem Händler, der nach wie vor nur seinen<br />
monatlichen Pauschalbetrag bezahlt.<br />
Die Plattform ist für Händler und Dienstleister<br />
eine riesige Chance. Einen eigenen<br />
Webshop erfolgreich umzusetzen,<br />
ist gerade für viele kleine schlicht nicht<br />
machbar und auch für größere Unternehmen<br />
eine Herausforderung. Denn ein<br />
Webshop will auch betreut und beworben<br />
werden. Das kostet Geld. Mitunter viel.<br />
Auch das geht im Kollektiv leichter. Und<br />
ohne Online-Präsenz wird es zunehmend<br />
schwierig(er). Moll: „Ich bin überzeugt,<br />
dass man in Zukunft nur zusammen<br />
erfolgreich sein kann. Uns ist bewusst,<br />
dass wir Amazon nie ersetzen werden<br />
können. Das wollen wir auch nicht, aber<br />
wir bieten eine regionale Alternative, die<br />
genauso unkompliziert und bequem funktioniert.<br />
Dazu brauchen wir viele Händler,<br />
die das Projekt unterstützen und das<br />
Angebot breit und vielfältig gestalten. Im<br />
Moment werkelt in Tirol jeder noch gerne<br />
für sich, doch ich bin überzeugt, dass wir<br />
das gemeinsam schaffen können.“<br />
Super Sache,<br />
mit dem ganznah.tirol-<br />
Onlineshop. Es ist so<br />
einfach, die Produkte<br />
raufzuladen, zu verwalten.<br />
Jetzt wäre es super, wenn<br />
ganz viele innen und<br />
Unternehmer mitmachen,<br />
damit der Shop schnell<br />
wächst.<br />
ROSI BETZ<br />
TIMPI GESCHENKSIDEEN
34<br />
tirol.wirtschaftet<br />
Für uns schafft ganznah.<br />
tirol die Möglichkeit, unsere<br />
Werkstatt und unsere<br />
Produkte einem breiteren<br />
Publikum präsentieren<br />
zu können. Zudem hilft<br />
sie uns, Erfahrungen im<br />
Online-Handel zu sammeln<br />
und eventuell durch<br />
Synergien mit anderen<br />
Tiroler Betrieben, welche<br />
auch diese Plattform nutzen,<br />
neue Angebote zu<br />
entwickeln. Wir möchten<br />
über ganznah.tirol unsere<br />
Liebe zu Tirol und zur<br />
Schafwolle weitergeben<br />
und zeigen, was mit (regionaler)<br />
Schafwolle unter<br />
anderem möglich ist.<br />
DIETMAR MERANER<br />
MERANER WEIN-<br />
HANDLUNG<br />
Danke<br />
für die Möglichkeit, bei ganznah.tirol mit dabei<br />
zu sein. Das Tiroler Verkaufsportal wird eine<br />
Erfolgsgeschichte, wo wir Unternehmer unsere<br />
Produkte den Tirolerinnen und Tiroler vorstellen,<br />
was Tirol alles produziert und zu leisten vermag!<br />
Die Wertschöpfung bleibt im Land, und Tirol<br />
rückt noch näher zusammen.“<br />
JOACHIM REGENSBURGER<br />
ÖTZTALER SCHAFWOLL-<br />
ZENTRUM<br />
Unsere Handelsbetriebe<br />
sorgen sowohl stationär als<br />
auch online für Wertschöpfung in unserem<br />
Land und sichern heimische Arbeitsplätze<br />
für die Tirolerinnen und Tiroler. Die Corona-Pandemie<br />
hat gezeigt, wie wichtig es ist, neue Vertriebswege<br />
zu beschreiten und sich zu digitalisieren. Zudem<br />
ist durch Corona die Regionalität wieder stärker in den<br />
Fokus der Bevölkerung gerückt. Ich begrüße deshalb alle<br />
Initiativen, die unsere Tiroler KMU bei der Umsetzung<br />
der Digitalisierungen unterstützen – so auch die<br />
Plattform ganznah.tirol.<br />
Für die Tiroler Bezirksblätter als den medialen<br />
Tiroler Nahversorger – auch in Corona-Zeiten –<br />
war es ganz klar, die Initiative der GemNova,<br />
ganznah.tirol tatkräftig zu unterstützen. Denn gerade<br />
in schwierigen Zeiten ist die Unterstützung der regionalen<br />
Tiroler Anbieter und Dienstleister enorm wichtig.<br />
Nur wenn wir zusammenstehen und die heimische Wirtschaft<br />
durch einen Einkauf fördern, können wir gemeinsam<br />
die Krise meistern.<br />
Eine ganz tolle<br />
Idee!<br />
LANDESRÄTIN<br />
PATRIZIA ZOLLER-<br />
FRISCHAUF<br />
SIEGHARD KRABICHLER<br />
CHEFREDAKTEUR<br />
BEZIRKSBLÄTTER
tirol.wirtschaftet<br />
35<br />
Für uns als kleiner Händler bietet<br />
ganznah.tirol eine hervorragende<br />
Ergänzung zu unserem Online-<br />
Shop. Wenn alle Tiroler Händler<br />
mitmachen, erreichen wir gemeinsam<br />
wesentlich mehr Kunden, und<br />
wir profitieren alle davon!<br />
GERHARD KAPELLER<br />
RIDE WITH PASSION GMBH<br />
Online-Shopping gehört<br />
heute zum Alltag, bequem von<br />
zu Hause aus, ohne mühsame<br />
Öffnungszeiten und Parkplatzsuche.<br />
Mit ganznah.<br />
tirol wurde endlich<br />
ein regionaler<br />
Marktplatz<br />
erschaffen, der<br />
die Wertschöpfung<br />
im Land<br />
hält. Kurze Wege<br />
entlasten die Umwelt<br />
und regionale Arbeitsplätze<br />
können gesichert werden.<br />
Gemeinsam können Tiroler<br />
Betriebe den großen Online-<br />
Anbietern Paroli bieten und<br />
das nützt uns allen: Betriebe,<br />
Kundinnen und Kunden und<br />
schlussendlich auch der<br />
Gemeinde.<br />
ANDREAS EGGER<br />
BÜRGERMEISTER<br />
ASCHAU IM ZILLERTAL<br />
INTERVIEW MIT DEM KÜNFTIGEN<br />
PROJEKTVERANTWORTLICHEN<br />
BERNHARD MOLL<br />
Bernhard Moll aus Imst wird mit September<br />
die Projektverantwortung für<br />
ganznah.tirol übernehmen. Wir sprachen<br />
mit ihm über sich und seine<br />
Beweggründe, nach vielen Jahren im<br />
internationalen Vertrieb zurück nach<br />
Tirol zu kehren und sich dieser spannenden<br />
Herausforderung zu stellen:<br />
Lieber Bernhard! Es freut uns sehr,<br />
dass du unser Team verstärken<br />
und mit diesem Projekt künftig die<br />
regionale Wirtschaft unterstützten<br />
wirst. Stell dich doch kurz vor.<br />
Ich bin 51 Jahre alt, verheiratet mit<br />
Herta und habe einen Sohn und drei<br />
Enkel, aufgewachsen und wohnhaft bin<br />
ich in Imst. Anfänglich habe ich mehrere<br />
Jahre Erfahrungen im Vertrieb bei<br />
einem Tiroler Lebensmittelgroßhändler<br />
und bei einer Werbeagentur gesammelt.<br />
Anschließend war ich knapp<br />
20 Jahre mit Leidenschaft bei zwei<br />
multinationalen Medizintechnik-Unternehmen<br />
aktiv. Verschiedene Positionen<br />
im Vertrieb, Produkt- und Projektmanagement,<br />
national und international,<br />
haben für spannende Erfahrungen und<br />
Erfolge gesorgt. Parallel durfte ich viele<br />
Fortbildungen für Vertrieb und Marketing<br />
absolvieren.<br />
Du scheinst wenig Zeit zu haben.<br />
Was machst du in deiner Freizeit?<br />
Als Mitglied der Stadtfeuerwehr Imst<br />
und Unterstützer des Vereinswesens<br />
bin ich gerne mit der Heimatstadt<br />
Imst verbunden. Mit Freude bin ich<br />
„Fasnachtler“ beim Schemenlaufen,<br />
bei mancher Gelegenheit auch Führer<br />
im Museum der Fasnacht. Und wenn<br />
es die Zeit erlaubt, wird das eine oder<br />
andere Tal in Tirol mit dem Vespa-<br />
Roller erkundet, mit dem Mountainbike<br />
die Tiroler Natur genossen oder<br />
Familie und Freunde beim Barbecue<br />
verwöhnt.<br />
Warum reizt dich das Projekt ganznah.tirol<br />
– DER neue Marktplatz für<br />
Tirol – so sehr? Was waren deine<br />
Beweggründe?<br />
Erstens war ich fasziniert, wie in einer<br />
sehr kurzen Zeit ein derartiges regionales<br />
Konzept vom ersten Gedanken<br />
bis zur Realisierung umgesetzt wurde.<br />
Das GemNova-Team hat rasch<br />
erkannt, welche zusätzlichen regionalen<br />
Vertriebskanäle es in Zeiten von<br />
Covid19 braucht. Man schätzt umso<br />
mehr die Dienstleistungen und Produkte,<br />
welche regional angeboten werden,<br />
wenn man Vergleiche in anderen Ländern<br />
machen konnte. Als die Plattform<br />
ganznah.tirol veröffentlicht wurde, hat<br />
mich diese Idee sofort fasziniert.Heftige<br />
Umbrüche beschäftigen aktuell<br />
unsere Gesellschaft. Diese Umbrüche<br />
haben aber auch einen Trend verstärkt,<br />
der sich schon seit Längerem abzeichnet:<br />
Regionalität und kurze Wege. Internationalität<br />
wird es weiter benötigen<br />
und brauchen – lokale Wertschöpfung<br />
und regionale Alternativen bekommen<br />
aber einen höheren Stellenwert und<br />
sind wichtig für unsere Gemeinden! Ich<br />
habe den Entschluss gefasst, regional<br />
meine Erfahrungen einzubringen. Mit<br />
dem Projekt „ganznah.tirol“ habe ich<br />
DIE Gelegenheit gesehen, ein lokales<br />
Projekt mitaufzubauen und zum Erfolg<br />
zu führen.<br />
Ein Projekt, welches das<br />
Gemeinsame vor den<br />
Einzelnen stellt und<br />
als Plattform eine<br />
zusätzliche Alternative<br />
bietet für den<br />
lokalen Handel und<br />
lokale Dienstleister.
36 tirol.wirtschaftet<br />
Halloooooooo,<br />
jemand zu<br />
Hauseee?<br />
Werde auch du Händler bei<br />
Tirols erstem ONLINE-SHOP<br />
der wie Amazon aufgebaut ist,<br />
nur eben regional.<br />
www.ganznah.tirol
tirol.innovativ und modern<br />
37<br />
UNTER<br />
DER ERDE<br />
ZUM AUTOR MARKUS BRUGGER, MSC<br />
Markus Brugger ist seit Anfang 2020 bei GemNova und ist Projektverantwortlicher<br />
für den Bereich Abfall- und Ressourenmanagement. Die<br />
letzten Jahre war er bei der IKB und hat sämtliche Projekte wie Unterflursammelsysteme,<br />
neue Wege bei Recyclinghofgestaltungen und wichtige<br />
Themen wie Abfallvermeidung vorangetrieben und umgesetzt.<br />
Kontakt: m.brugger@gemnova.at<br />
Das weltweit modernste<br />
Müllsammelsystem hält auch<br />
in Tirol Einzug.<br />
Das aktuell modernste Abfallsammelsystem<br />
ist die „Unterirdische Müllentsorgung“.<br />
Sie bietet eine Reihe von Vorteilen<br />
gegenüber herkömmlichen Sammellösungen.<br />
Zudem sind sie in der Anschaffung<br />
und auch im Betrieb günstiger. Das zeigen<br />
auch zwei Pilotprojekte, die derzeit in der<br />
Tiroler Landeshauptstadt Innsbruck laufen.<br />
Diese sogenannten Unterflursysteme<br />
bestehen aus einem Betonschacht mit<br />
Sammelbehälter, der somit unterirdisch<br />
aufgestellt ist. Über Einwurfsäulen, die<br />
knapp einen Meter hoch sind, wird der<br />
Müll eingeworfen. Bei der Abholung wird<br />
der gesamte Großcontainer von einem<br />
speziellen Müllwagen per Kran aus dem<br />
Schacht gehoben und in das Entsorgungsfahrzeug<br />
entladen.<br />
Viele Vorteile<br />
Unterflursammelsysteme bestechen<br />
durch eine Reihe von Vorteilen für den<br />
Endverbraucher. Sie sind komfortabel und<br />
einfach bedienbar, barrierefrei zugänglich<br />
und präsentieren sich in einem gepflegten<br />
Erscheinungsbild. Sie sorgen bei der Altglasentsorgung<br />
für eine deutliche Lärmreduktion,<br />
was eine Verlängerung der<br />
Sammelzeiten auch an Wochenenden und<br />
Abenden ermöglichen würde. Die Geruchsund<br />
Ungezieferbelästigung vor allem bei<br />
Rest- und Biomüll ist durch die unterirdische<br />
Lagerung erheblich verringert. Vor<br />
allem an heißen Sommertagen. Außerdem<br />
ist eine Entsorgung von Müll durch Fremdpersonen<br />
aufgrund eines Schlüsselsystems<br />
unmöglich. Die Brandgefahr ist stark<br />
eingeschränkt. Aber auch für die Abfallentsorger<br />
hat dieses System große Vorteile.<br />
Die Baukosten im Vergleich zu herkömmlichen<br />
Müllhäuschen sind günstiger,<br />
Personaleinsatz und -kosten im laufenden<br />
Betrieb können deutlich gesenkt werden.<br />
Das zeigen die langjährigen Erfahrungen<br />
aus Vorreiternationen wie Italien, Spanien<br />
und die Schweiz. Aufgrund des vergrößerten<br />
Sammelvolumens – 5.000 anstelle<br />
der derzeit üblichen 1.000 Liter Fassungsvermögen<br />
pro Müllsorte – verlängern sich<br />
die Abholintervalle erheblich. Mit einge-<br />
OBEN: Markus Brugger<br />
erklärt Interessierten die<br />
Vorteile von Unterflursystemen.<br />
(© GemNova)
38<br />
tirol.innovativ und modern<br />
bauten elektronischen Sensoren, die den<br />
Füllstand anzeigen, kann die Entsorgung<br />
sogar punktgenau durchgeführt werden.<br />
Das Ablesen erfolgt zentral aus dem Recyclinghof.<br />
Ebenfalls ein Vorteil für die Entsorger,<br />
welche die lukrierten, potenziell<br />
erheblichen Einsparungen an die Kunden<br />
weitergeben können.<br />
Zwei Pilotprojekte in Innsbruck<br />
In Tirol laufen derzeit zwei Pilotprojekte.<br />
Beide in Innsbruck. In der Kajethan-<br />
Sweth-Straße im Stadtteil Olympisches<br />
Dorf haben die Innsbrucker Kommunalbetriebe<br />
(IKB) eine Unterflursammelanlage<br />
errichtet. In der Prinz-Eugen-Straße im<br />
Stadtteil Pradler Saggen wiederum die<br />
Neue Heimat Tirol.<br />
„Die Sammelstelle<br />
wird von den Kundinnen<br />
und Kunden sehr<br />
gut angenommen,<br />
außerdem hat sich<br />
eine klare Verbesserung<br />
der Müllsortierung<br />
eingestellt.“<br />
Das Interesse ist laut GemNova-Abfallexperte<br />
Markus Brugger, der beide Anlagen<br />
mitkonzipiert hat, hier, aber auch in<br />
anderen Tiroler Gemeinden groß. „Seit<br />
die beiden Pilotanlagen in Innsbruck in<br />
Betrieb sind, werden wir immer wieder<br />
darauf angesprochen. Ich kann das System<br />
nur empfehlen. Ich wurde einmal<br />
gefragt, ob es bei all den Vorteilen auch<br />
Nachteile gibt. Ich musste nach einiger<br />
Überlegung antworten, dass mir keine in<br />
den Sinn kommen..“<br />
Jede Menge positive Erfahrungen<br />
Bernhard Matt, bei der Innsbrucker<br />
Immobiliengesellschaft<br />
für das Objektmanagement<br />
zuständig, gilt als einer<br />
der Urväter dieser Idee in Tirol.<br />
Seine Erfahrungen nach der<br />
Umsetzung der Pilotanlage<br />
für die IKB: „Die Sammelstelle<br />
wird von den Kundinnen und<br />
Kunden sehr gut angenommen,<br />
außerdem hat sich eine klare<br />
Verbesserung der Müllsortierung<br />
eingestellt. Weitaus besser<br />
als gedacht läuft es mit<br />
illegaler Fremdentsorgung. Es<br />
wurde nur in zwei Einzelfällen<br />
von Ortsfremden Müll in der<br />
Anlage deponiert. Das optische<br />
Erscheinungsbild ist weitaus<br />
sauberer als bei öffentlichen<br />
Wertstoffinseln. Zudem konnte<br />
die Geruchsbelästigung im Vergleich<br />
zum abgelösten Müllraum stark reduziert<br />
werden.“ Markus Pollo, kaufmännischer<br />
Geschäftsführer der Neuen Heimat Tirol<br />
(NHT), ist ebenfalls vom neuen System<br />
sehr angetan. „Die Abholung des Mülls kann<br />
punktgenau erfolgen. Es muss nicht mehr<br />
routinemäßig nach einem Zeitplan das<br />
jeweilige Müllauto vorbeikommen. Durch<br />
eingebaute Sensoren kann termingerecht<br />
abgeholt werden. Dadurch erwarten wir<br />
uns eine Senkung der anfallenden Müllkosten,<br />
was sich schlussendlich bei unseren<br />
Mietern in den Betriebskosten positiv<br />
auswirken wird.“<br />
Die Zukunft der Tiroler Müllentsorgung<br />
GemNova-Geschäftsführer Alois Rathgeb<br />
glaubt an eine große Zukunft von Unterflursammelanlagen<br />
in Tirol: „Unterflursysteme<br />
sehen wir als sehr großes Zukunftsprodukt<br />
in und für Tirol. In vielen Ländern<br />
dieser Welt ist dieses System mittlerweile<br />
Standard. Bei uns ist es sehr neu. Es<br />
bietet unheimliche Vorteile – im Entladerhythmus,<br />
in der Sauberkeit, einfach im<br />
ganzen Handling. Deshalb sind wir ganz<br />
fest überzeugt, dass das die Zukunft in<br />
der Müllentsorgung sein wird.“<br />
Mehr Informationen<br />
gibt es im Videobeitrag<br />
„Unter der<br />
Erde” bei 279.TIROL<br />
auf YouTube.<br />
OBEN: Die Großcontainer von Unterflursystemen<br />
fassen mit einem Volumen von 5.000<br />
Litern fünfmal mehr Müll als herkömmliche<br />
Container. (© GemNova)
ENTGELTLICHE EINSCHALTUNG 39<br />
DIE IKB INVESTIERT IN DIE<br />
TECHNISCHEN ANLAGEN<br />
VON GEMEINDEN<br />
Die Innsbrucker Kommunalbetriebe<br />
AG (IKB) bietet mit ihrer Contracting-Lösung<br />
für Gemeinden ein interessantes<br />
Produkt für die Erneuerung<br />
und den Betrieb von Heizungs-, Lüftungs-<br />
und Kühlanlagen an.<br />
Legen Sie als Gemeinde-Verantwortliche<br />
Ihre technischen Anlagen in die<br />
professionellen Hände eines regionalen<br />
Partners vor Ort. Beim Contracting-Modell<br />
investiert die IKB in die<br />
Anlagen der Gemeinden. Dadurch fallen<br />
Anschaffungskosten weg und die<br />
laufenden Kosten werden planbar – und<br />
das bei hoher Versorgungssicherheit.<br />
Die Gemeinden zahlen eine fixe Rate<br />
(über eine zu vereinbarende Laufzeit),<br />
die die Investition als auch die laufende<br />
Betreuung beinhaltet. Nach Ende<br />
der Laufzeit geht die Anlage in das<br />
Eigentum der Gemeinde über. Während<br />
der Vereinbarung betreibt die IKB<br />
die technischen Anlagen auf eigene<br />
Kosten. So muss sich die Gemeinde<br />
um keine Wartungen, Instandhaltungen,<br />
Garantieabwicklungen und Störungen<br />
sorgen.<br />
Sparen Sie Zeit, Geld und Energie in<br />
einem – und konzentrieren Sie sich auf<br />
die Anliegen Ihrer Bürger/-innen.<br />
IHRE VORTEILE<br />
AUF EINEN BLICK:<br />
keine Investitionskosten durch<br />
das Contracting-Modell der IKB<br />
höchste Energieeffizienz<br />
und niedrige Energie- und<br />
Betriebskosten<br />
besserer Preis beim<br />
Energieeinkauf<br />
100 % Sicherheit durch<br />
Vollgarantie<br />
technisch und gesetzlich am<br />
Stand der Technik<br />
Alles aus einer Hand: von der<br />
Beratung bis zur Umsetzung und<br />
Wartung<br />
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365 Tagen erreichbar<br />
Vereinbaren Sie am<br />
besten noch heute<br />
einen Termin:<br />
ING. MARTIN ANGERER<br />
0512 502-5234<br />
martin.angerer@ikb.at<br />
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Die IKB investiert in Ihre Anlagen und garantiert Sicherheit und<br />
Service mit dem Rundum-Sorglos-Paket.
40 tirol.mobil<br />
MOBIL MIT ODER<br />
TROTZ TOURISMUS<br />
ZUM AUTOR<br />
DIPL.-BW. ANDREAS<br />
KNAPP, MBA<br />
Andreas Knapp ist seit Kurzem bei<br />
der GemNova im Bereich Multimodale<br />
Mobilität tätig. Er verfügt<br />
über jahrelange Erfahrung bei der<br />
Planung, Finanzierung und<br />
Ausschreibung von regionalen<br />
Mobilitätskonzepten.<br />
Kontakt: a.knapp@gemnova.at<br />
Die regionale Mobilität zählt mit<br />
zu den größten Herausforderungen<br />
nachhaltiger Lebensweise.<br />
Egal ob mit den Öffis, dem Rad<br />
oder anderen multimodalen Mobilitätsformen,<br />
„stehenbleiben“<br />
will niemand.<br />
Bei der „Mobilitätsstrategie Ötztal 2030“<br />
wurde erstmals in einer großen und starken<br />
touristischen Region eine Allianz<br />
von Gemeinden, Tourismusverband und<br />
Bergbahnen gebildet, um gemeinsam und<br />
abgestimmt der Verkehrsproblematik entgegenzutreten.<br />
Im 65 Kilometer langen Ötztal zwischen<br />
Haiming und Gurgl leben 21.000 Personen,<br />
wobei ca. 5.300 bzw. 6.500 Personen<br />
aus oder ins Tal pendeln. Mit<br />
ca. 4,1 Millionen Nächtigungen<br />
im Jahr stellt der Tourismus<br />
die Säule der wirtschaftlichen<br />
Entwicklung im nächtigungsstärksten<br />
Tourismusverband<br />
in Tirol dar. Doch neben Gästean-<br />
und -abreisen, Pendlerinnen-<br />
und Schülerverkehre ist<br />
vor allem auch der tägliche<br />
Talverkehr auf den mitunter<br />
engen Ortsdurchfahrten<br />
immer mehr ein Ärgernis. So<br />
wurde der Entschluss gefasst,<br />
dass es eine umfassende<br />
Mobilitätsstrategie braucht.<br />
Rührt euch, Ötztaler!<br />
Den Bürgermeistern war<br />
vor allem die Einbindung der<br />
Bevölkerung wichtig. So wurde<br />
ein in die Mobilitätsstrategie<br />
eingebetteter BürgerInnenbeteiligungsprozess<br />
beauftragt, um<br />
dies sicherzustellen und Feedback für<br />
Lösungsansätze zu gewinnen. Aufgrund<br />
der starken Betroffenheit der Ortschaft<br />
Oetz wurde besonders emotional und<br />
lebendig diskutiert. Gefordert wurde vor<br />
allem der Ausbau der öffentlichen Verkehrsmittel<br />
und die Verbesserung der<br />
Verkehrssituation auf der B 186, samt<br />
Fahrzeug- und Lärmreduktion.<br />
Neben dem Einbinden der BürgerInnen<br />
war die fachliche Aufarbeitung sowie das<br />
Erstellen einer belastbaren Datengrundlage<br />
das wichtigste Instrument beim Finden<br />
von Lösungen. Hierzu wurde ein Planungsbüro<br />
hinzugezogen, das viel Wert<br />
auf nachhaltige Lösungen legte und einige<br />
hochinteressante Ansätze hervorbrachte.<br />
Mit der Bahn nach Sölden<br />
Der eigentliche Verkehrsknoten für das<br />
Tal ist der Bahnhof Ötztal, dort wo täglich<br />
Tausende die Bahnsteige füllen, hält<br />
auch der Fernverkehr. Direkt von Zürich<br />
oder Wien ins Ötztal, ohne Umstieg, erste<br />
Klasse, best service, best holidays … Das<br />
war die Basis einer Studie, die beauftragt<br />
wurde, um zu eruieren, ob es eine Möglichkeit<br />
gibt, mit einer Bahnverbindung<br />
vom Bahnhof Ötztal ins Tal zu gelangen.<br />
Abseits der Straße – mittels Zug, Schwe-
tirol.mobil<br />
41<br />
bebahn oder ganz anders. Denn es war<br />
klar, der tägliche hausgemachte Verkehr<br />
war das Problem, das man in den Griff<br />
bekommen muss.<br />
So wurden verstärkt Anstrengungen<br />
unternommen, um alternative Möglichkeiten<br />
nachhaltiger Mobilität zu forcieren.<br />
Ein Rückgrat bildet u. a. der talweite Radweg,<br />
der sowohl touristischem Radvergnügen<br />
als auch täglichen Radfahranforderungen<br />
Platz bietet. Um den Menschen<br />
etwas abseits der Tallinie die Möglichkeit<br />
zu geben, mit dem Rad zur Bahn zu<br />
fahren, dort das Rad sicher, überdacht,<br />
absperrbar, beleuchtet und aufladbar<br />
abzustellen, werden Radabstellanlagen<br />
für E-Bikes an Haltestellen, Bergbahnen,<br />
am Bahnhof und weiteren wichtigen<br />
Punkten angeschafft. Zudem wurde ein<br />
jahresdurchgängiger Halbstundentakt für<br />
den Bus fixiert.<br />
Alternative Antriebe<br />
Um Einheimischen und Gästen vermehrt<br />
abgas- und lärmemissionsfreie Mobilität<br />
im Ötztal zu gewährleisten, werden in<br />
einer Kooperation mit der TIWAG an insgesamt<br />
24 Standorten von Ötztal Bahnhof<br />
bis zum Timmelsjoch Ladestationen<br />
für E-Autos errichtet. Egal ob für PendlerInnen<br />
am Bahnhof Ötztal, BergbahnbesucherInnen<br />
während des Skifahrens, vor<br />
Gemeindeämtern, für Timmelsjochüberquerer<br />
oder anstatt der eigenen Ladestationen,<br />
E-Mobilität wird breit nutzbar<br />
gemacht und soll die Lärm- und Abgasreduktion<br />
unterstützen.<br />
Doch aktuell wiegt die Tatsache, dass einfach<br />
zu viele Wege mit dem PKW erledigt<br />
werden (müssen), noch zu stark.<br />
Hier gibt es, ausgehend vom Tourismus,<br />
das Projekt „Ötztaler Card“, das den Menschen<br />
im Tal dieselbe Infrastruktur, den<br />
Gästen gleichgestellt, ermöglichen soll.<br />
Den öffentlichen Verkehr und alle Freizeiteinrichtungen<br />
im Tal mit einer Karte<br />
nutzen, ohne nochmals in die Geldtasche<br />
greifen zu müssen.<br />
Alternativen sind der Schlüssel zum Ziel<br />
Man muss das Rad nicht neu erfinden und<br />
Menschen belehren, was für sie das Beste<br />
sei. Es ist den BewohnerInnen selbst<br />
ein Anliegen, ihr Tal, das sie als eines der<br />
schönsten Österreichs wahrnehmen, zu<br />
erhalten. Viele sind bereit, ihr Mobilitätsverhalten<br />
zu überdenken, dafür sind jedoch<br />
echte Alternativen notwendig. Das Mobilitätsangebot<br />
zu erweitern und somit die<br />
Nutzung zu erleichtern, ist eines der großen<br />
Ziele der „Mobilitätsstrategie Ötztal<br />
2030“. Gemeinsam kann das erreicht werden,<br />
trotz oder vielmehr mit Tourismus.<br />
Ötztal(er) Card, eine verlockende Perspektive<br />
Gäste nehmen den Service im Tal gerne<br />
in Anspruch, egal ob im Sommer der Bus<br />
mit Radanhänger zum Downhillen oder<br />
im Winter der verdichtete Linienverkehr<br />
zu den Bergbahnen zum Skifahren. Als<br />
Gast hat man es gut, immer mobil mit<br />
Skipass oder mit der Ötztal Card. Und<br />
die Einheimischen, die nicht täglich pendeln<br />
oder am Wochenende mit der Familie<br />
unterwegs sein wollen? Die nur gelegentlich<br />
fahren oder nur kurze Strecken in<br />
Anspruch nehmen?<br />
LINKS OBEN: Busverkehr<br />
im Ötztal im Halbstundentakt.<br />
(© GemNova)<br />
LINKS UNTEN: Die neue<br />
Mobilitätsstrategie soll den<br />
täglichen Verkehr reduzieren.<br />
(© GemNova)
42 tirol.investiert<br />
Wohnen in Lans 2030 ist mehr als<br />
nur Wohnen. Auf der Suche nach der<br />
Zukunft des Dorfes hat Lans ein ambitioniertes<br />
Wettbewerbsverfahren<br />
ausgerufen. Der Ort mit aktuell knapp<br />
über 1.100 Einwohnerinnen und Einwohnern<br />
und gleichzeitig in direkter<br />
Nähe zu Innsbruck verbindet die Vorteile<br />
und Herausforderungen zwischen<br />
Stadt und Land fast prototypisch.<br />
Hier wird ein neuer Ortsteil geplant –<br />
keine reine Wohnsiedlung, sondern ein<br />
lebendiges Quartier, in dem die gewachsenen<br />
Strukturen weitergedacht<br />
werden können. Wie in einem Dorfkern<br />
bilden ähnliche Häuser rund um den<br />
gemeinsamen Anger einen Ort zum<br />
Wohnen, zum Arbeiten, zum Leben.<br />
ARCHITEKTURBÜRO<br />
FELD72<br />
BILD: Visualisierung.<br />
(© feld72/Janusch)
tirol.investiert<br />
43<br />
ENTWICKLUNG<br />
WOHNRAUM<br />
ZUM AUTOR<br />
CEDRIC KLOSE<br />
Cedric Klose ist Bürgermeister-<br />
Stellvertreter der Gemeinde Lans.<br />
(© Gemeinde Lans)<br />
Die Gemeinde Lans startete ein Pilotprojekt<br />
zur nachhaltigen Entwicklung des<br />
Baufeldes „Oberes Feld“, einem Wohngebiet,<br />
dass in den nächsten 10 bis 15<br />
Jahren vielen Lanser Bürgerinnen und<br />
Bürgern zur Heimat werden soll. Es ging<br />
der Gemeinde darum, dass innovative<br />
Wohnmodelle entwickelt werden, die den<br />
Lebensbedürfnissen der Menschen durch<br />
ihre Maßstäblichkeit, Flexibilität und ihre<br />
Qualität in Bezug auf hochwertige Außenräume<br />
gerecht werden. Mit ungezwungenen<br />
Möglichkeiten der Begegnung, aber<br />
auch der Chance zur „Intimität in den<br />
eigenen vier Wänden“.<br />
hat die Gemeinde bei der Organisation<br />
des Wettbewerbsverfahrens begleitet.<br />
Auf den ersten Platz gereiht und somit<br />
als Sieger des Wettbewerbs sind die<br />
Entwürfe und Arbeiten des Architekturbüros<br />
feld72 gemeinsam mit den Landschaftsarchitekten<br />
von Plansinn gekürt<br />
worden. Auf Basis des Siegerprojektes<br />
wird ein Rahmenplan für das gesamte<br />
Baufeld festgelegt. Anschließend erfolgt<br />
die Umsetzung einer ersten Baustufe mit<br />
Wohnraum für Lanserinnen und Lanser.<br />
„Dörfliches“ Leben in unmittelbarer<br />
Nachbarschaft zum<br />
urbanen Innsbruck.<br />
Unter aktiver Bürgerinnen- und Bürgerbeteiligung<br />
wurde dazu ein nicht offener,<br />
anonymer mehrstufiger Realisierungswettbewerb<br />
durchgeführt. Die GemNova<br />
BILD: Endausbaustufe mit zwölf Häusern. In der ersten Baustufe könnten fünf Häuser errichtet werden.<br />
Die weiteren Flächen stehen für die nächsten 10 – 15 Jahre zur Verfügung. (© feld72 Architekten)
44 tirol.investiert<br />
ARCHITEKTURWETTBEWERBE –<br />
EIN DEMOKRATISCHER PROZESS<br />
OBEN: Dipl.-Ing.<br />
Christian Höller, Vorsitzender<br />
der Sektion<br />
ArchitektInnen der<br />
Kammer der ZiviltechnikerInnen<br />
Tirol und<br />
Vorarlberg (© Günter<br />
Richard Wett)<br />
Architekturwettbewerbe werden<br />
gern kritisiert. Eines der hartnäckigsten<br />
Gerüchte lautet, sie<br />
würden zu Kostensteigerungen<br />
bei Projekten führen. Unterschlagen<br />
wird dabei – siehe<br />
das Drama um die Ausschreibung<br />
des MCI-Neubaus in Innsbruck<br />
–, dass die teilnehmenden<br />
Architektinnen und Architekten<br />
realistische Berechnungen<br />
erstellen, ausgehend vom Anforderungsprofil,<br />
das die Auslobenden<br />
formuliert haben. Das Problem<br />
liegt daher in den meisten<br />
Fällen an den Ausschreibungen:<br />
Sie fordern oft einen Raum- und<br />
Nutzungsplan, der um die veranschlagte<br />
Summe nicht realisierbar<br />
ist!<br />
Die Kammer der Ziviltechnikerinnen und -techniker<br />
für Tirol und Vorarlberg und ihre Vertreterinnen<br />
und Vertreter leisten hier Aufklärungsarbeit.<br />
Sie evaluieren regelmäßig durchgeführte<br />
Wettbewerbe, arbeiten daraufhin, die Qualität<br />
der Ausschreibungen weiter zu verbessern und<br />
die Abläufe zu optimieren.<br />
Unabdingbar dafür sind eine gründliche Projektentwicklung<br />
und eine klare Definition der Aufgabenstellung<br />
seitens der Auslobenden. Eine<br />
unzureichende, lückenhafte oder oberflächliche<br />
Vorbereitung rächt sich und mündet meist in<br />
einer kostspieligen Projektumsetzung. Das lässt<br />
sich vermeiden.<br />
Kooperiert der Auslobende von Anfang an mit<br />
einem wettbewerbsvorbereitenden Büro, steht<br />
ihm ein Partner zur Seite, der ihn bei sämtlichen<br />
Schritten begleitet und zentrale Aufgaben übernimmt<br />
– bis hin zur Formulierung der Anforderungen<br />
und der Ausschreibung. Wettbewerbsverfahren<br />
lassen sich perfekt auf die jeweiligen<br />
Bedürfnisse abstimmen. Erfahrungswerte und<br />
Analysen zeigen: Je präziser die Bestellerwünsche,<br />
desto besser die Ergebnisse!<br />
Mit dem Konsulenten für das Wettbewerbswesen<br />
hat die Kammer der Ziviltechnikerinnen<br />
und -techniker für Tirol und Vorarlberg zudem<br />
eine Stelle geschaffen, die öffentliche Hand wie<br />
private Auftraggebende professionell, objektiv<br />
und unabhängig berät. Ein für die NutzerIinnen<br />
und Nutzer kostenloses Service, das wesentlich<br />
dazu beiträgt, die Wettbewerbskultur in Tirol zu<br />
fördern und zu verbessern.<br />
Als völlig unberechtigt erweist sich die Sorge<br />
einiger Auslobenden, sie könnten bei einem<br />
Architekturwettbewerb die Kontrolle über die<br />
Entscheidungen verlieren, denn:<br />
Ein solches Verfahren findet<br />
immer auf Augenhöhe statt.<br />
Auslobende und Teilnehmende ziehen am<br />
selben Strang. Alle wollen das bestmögliche<br />
Ergebnis für die jeweilige Aufgabe erzielen. Auftraggebende<br />
können auf das Wissen und die<br />
Erfahrung von Expertinnen und Experten bauen,<br />
die Fachjury unterstützt sie in allen Belangen.<br />
Die Zahlen der letzten Jahre unterstreichen:<br />
Über 90 Prozent der Entscheidungen werden<br />
einstimmig getroffen. Das bestätigt, dass niemand<br />
etwas vorgesetzt bekommt! Vielmehr<br />
herrscht nach dem Abschluss des Architekturwettbewerbs<br />
große Klarheit darüber, was<br />
die Entscheidungsträger wollen – und was sie<br />
nicht wollen.
tirol.investiert<br />
45<br />
Auch kostenmäßig ist ein Wettbewerb anderen Verfahren<br />
vorzuziehen. In der Regel bewegen sich die<br />
finanziellen Aufwendungen für einen Architekturwettbewerb<br />
zwischen 0,5 und drei Prozent der Baukosten.<br />
Ein Architekturwettbewerb bietet unschlagbare<br />
Vorteile<br />
Er bringt eine breite Palette an Vorentwürfen. Der<br />
Entscheidungsprozess verläuft transparent und<br />
wird von einer unabhängigen Fachjury getragen,<br />
was zu einer hohen Rechtssicherheit führt. Mit dem<br />
Abschluss des Architekturwettbewerbs erhält der<br />
Auslobende ein Siegerprojekt, kann mit nur einem<br />
Bietenden in Verhandlung treten – und zwar über<br />
ein konkret vorliegendes Projekt! Ein enormer Vorteil<br />
gegenüber herkömmlichen Verhandlungsverfahren,<br />
bei denen in der Regel die Kosten im Vordergrund<br />
stehen, nicht aber eine nachhaltige, ressourcenschonende<br />
und hochwertige Bauweise.<br />
Architekturwettbewerbe garantieren die jeweils bestmögliche<br />
Lösung für ein Bauprojekt, der Prozess ist<br />
für alle Beteiligten in jedem Punkt nachvollziehbar. Es<br />
gibt kein Verfahren, das all diese Vorzüge besser in<br />
sich vereint als ein Architekturwettbewerb.
46 tirol.investiert<br />
UNTERSCHIEDLICHE<br />
UMSETZUNGSMODELLE<br />
FÜR INFRASTRUKTURPROJEKTE<br />
Ausgangspunkt für jedes<br />
erfolgreiche Projekt ist die Definition<br />
der Projektziele.<br />
ZUR AUTORIN<br />
MAG. MAGDALENA<br />
RALSER<br />
Magdalena Ralser ist Expertin im<br />
Vergaberecht. Sie ist seit 2015<br />
Teil des GemNova-Teams und<br />
gehört mittlerweile zu den besten<br />
Vergabejuristinnen in Österreich.<br />
Kontakt: m.ralser@gemnova.at<br />
Ohne klare Vorstellungen darüber, welche Zielsetzungen<br />
das Projekt verfolgt/verfolgen soll, wie die Prozesse<br />
gestaltet sind/werden sollen und wie das Projekt<br />
organisatorisch abgewickelt wird/werden soll, ist es<br />
nicht möglich, das passende Umsetzungskonzept zu<br />
entwerfen bzw. bereitzustellen.<br />
Die drei wesentlichen Fragen zu Beginn eines<br />
jeden Projektes sind:<br />
In welcher Qualität, in welchem<br />
Zeitrahmen und zu<br />
welchen Kosten kann das<br />
Projekt realisiert werden?<br />
Für den erfolgreichen Beginn<br />
eines Projektes muss die<br />
Aufgabenstellung erarbeitet<br />
bzw. abgestimmt werden. Dazu<br />
sollten folgende Punkte berücksichtigt<br />
werden:<br />
Qualität<br />
..<br />
ZUM AUTOR<br />
DI ALEXANDER<br />
GOSTNER<br />
Alexander Gostner ist seit 2016 bei<br />
der GemNova und verantwortet den<br />
Bereich Infrastruktur.<br />
Kontakt: a.gostner@gemnova.at<br />
Ist-Analyse/Ausgangsanalyse/Bedarfsanalyse<br />
Ideenbeschreibung<br />
Zielfindung/Zieldefinition<br />
(Zeit, Qualität, Kosten)<br />
Projektmachbarkeit<br />
prüfen<br />
Findung des Projektteams<br />
Kosten
tirol.investiert<br />
47<br />
Ein Projekt ist eine zeitlich befristete, relativ innovative und<br />
Ein Projekt ist eine zeitlich befristete,<br />
risikobehaftete Aufgabe von erheblicher Komplexität, die aufgrund<br />
ihrer Schwierigkeit und Bedeutung meist ein gesonder-<br />
relativ innovative und risikobehaftete<br />
Aufgabe von erheblicher Komplexität,<br />
tes Projektmanagement erfordert.<br />
die aufgrund ihrer Schwierigkeit und Bedeutung<br />
DEFINITION PROJEKT GABLER<br />
meist<br />
WIRTSCHAFTSLEXIKON<br />
ein gesondertes Projektmanagement<br />
erfordert.<br />
Es handelt sich dabei um die bestimmende Phase<br />
für die Projektkosten und Qualität des Projektes.<br />
Zur Erreichung der Projektziele können bei Bauvorhaben<br />
verschiedene Organisationsmodelle gewählt<br />
werden, die nachfolgend kurz dargestellt werden.<br />
Bei der Wahl des Organisationsmodelles sind im Hinblick<br />
auf die Besonderheit des öffentlichen Bauherrns<br />
folgende Fragestellungen notwendig:<br />
Wie wirkt sich das Vergaberecht auf die Eignung<br />
von Organisationsmodellen aus?<br />
Das Vergaberecht setzt dem öffentlichen Bauherrn<br />
einen besonderen institutionellen Rahmen, der bei<br />
der Erstellung von Infrastrukturprojekten berücksichtigt<br />
werden muss. Je nach gewähltem Organisationsmodell<br />
sowie geschätzten Auftragssummen muss<br />
das passende Vergabeverfahren gewählt werden.<br />
Wie kann eine hohe Effizienz der Ausgestaltung<br />
in Verbindung mit einer guten Transparenz und<br />
Nachvollziehbarkeit für außenstehende Dritte<br />
gewährleistet werden? Welche eventuellen Abwägungsprobleme<br />
treten dabei auf?<br />
Wie wird sichergestellt, dass bei der Ausgestaltung<br />
des Organisationsmodells die Auswirkung<br />
auf die Marktsituation berücksichtigt wird?<br />
Ausgestaltungsmöglichkeiten der Planung<br />
Die jeweiligen Planungsgewerke Objekt-, Tragwerks-,<br />
TGA-Planung und beratende Leistungen können<br />
generell getrennt vergeben werden. Es ist aber auch<br />
möglich, einen Generalplaner zu beauftragen. Bei der<br />
Wahl des passenden Vergabeverfahrens ist dabei die<br />
geschätzte Auftragssumme zu berücksichtigen. Der<br />
Objektplaner bzw. Generalplaner kann im Zuge eines<br />
Architekturwettbewerbes oder auch im Zuge eines<br />
Verhandlungsverfahrens ermittelt werden.<br />
Ausgestaltungsmöglichkeiten Bauausführung<br />
MODELL: EINZELUNTERNEHMER<br />
Die traditionelle Form des Organisationsmodelles<br />
auf Einzelprojektebene sieht die Vergabe der Bauausführung<br />
nach der Ausführungsplanung an Einzelunternehmer<br />
vor, die einen bestimmten, ihrem<br />
fachspezifischen Gewerk entsprechenden Teil der<br />
Bauausführung übernehmen. Die Einzelunternehmer<br />
werden nach vollständiger Planung im Rahmen einer<br />
Gewerkevergabe beauftragt. Auf diese Weise kann<br />
der Bauherr direkte Vertragsbeziehungen zu einzelnen<br />
Unternehmen aufnehmen, wodurch sich, je nach<br />
Projektumfang, die Anzahl der zu koordinierenden<br />
einzelnen Auftranehmerinnen und -nehmer erhöht<br />
und eine entsprechende Vielzahl an Vertragsbeziehungen<br />
entsteht.<br />
MODELL: GENERALUNTERNEHMER-<br />
AUSFÜHRUNG (GU-A)<br />
Im GU-A-Modell übernimmt ein Generalunternehmer<br />
auf Basis der vom Bauherrn zur Verfügung gestellten<br />
abgeschlossenen Ausführungsplanung die schlüsselfertige<br />
Bauausführung. Er erbringt dabei keine<br />
Planungsleistungen, sondern führt den Teil der Bauleistung,<br />
der seinem eigenen Fachgewerk entspricht,<br />
selbst durch und vergibt die übrigen Teilleistungen<br />
an Subunternehmer. Die Beauftragung von Subunternehmern<br />
erfolgt im Namen und auf Rechnung des<br />
GU-A, und es besteht zwischen den Subunternehmern<br />
und dem Bauherrn kein Vertragsverhältnis. Der
48 tirol.investiert<br />
GU-A übernimmt eigenverantwortlich die gesamten<br />
Bauausführungsleistungen und damit auch die Steuerungs-<br />
und Koordinationsaufgaben der einzelnen<br />
Gewerke sowie deren Schnittstellen im Projektverlauf.<br />
Ausgestaltungsmöglichkeiten Planung und Bauausführung<br />
Die Ausgestaltung dieser Modelle kann variieren und<br />
muss im Vorfeld im Detail abgestimmt werden.<br />
MODELL: GENERALUNTERNEHMER/-<br />
ÜBERNEHMER-AUSFÜHRUNGSPLANUNG<br />
+ AUSFÜHRUNG (GU+)<br />
Das GU-Modell GU+ bezieht neben der Bauausführung<br />
auch die Ausführungsplanung vertraglich ein.<br />
Der Generalunternehmer übernimmt teilweise oder<br />
vollständig die Ausführungsplanung des Bauprojektes,<br />
nachdem der Bauherr die Entwurfs- und Genehmigungsplanung<br />
abgeschlossen hat und die Baugenehmigung<br />
erteilt wurde. Auf Basis der zur Verfügung<br />
gestellten Entwurfspläne führt der Generalunternehmer<br />
die Planung bis zur Ausführungsreife weiter und<br />
realisiert nach Abstimmung der Planungsergebnisse<br />
mit dem Entwurfsplaner den Bau.<br />
Beim GU+ kann der Generalunternehmer neben der<br />
Bauausführung und der Ausführungsplanung auch<br />
die Entwurfs- sowie die Genehmigungsplanung im<br />
Bauprojekt durchführen. Dem geht ein grundlegendes<br />
Planungskonzept des Bauherrn voraus, das die<br />
funktionalen Objektanforderungen beschreibt. Der<br />
gestalterische Einfluss des Generalunternehmers bei<br />
diesem GU-Modell ist besonders hoch, da er große<br />
Teile der Planungsleistung übernimmt, allerdings<br />
behält sich der Bauherr mit Unterstützung eines<br />
Architekten oftmals die Gestaltung des Bauwerks vor.<br />
MODELL: TOTALUNTERNEHMER (TU)<br />
Bei einer kompletten Übernahme der Planungs- und<br />
Bauleistungen durch einen einzigen Auftragnehmer<br />
und einer damit einhergehenden schlüsselfertigen<br />
Durchführung des Bauprojektes handelt es sich um<br />
das TU-Modell. Der Totalunternehmer realisiert das<br />
Projekt eigenständig und vergibt in eigener Verantwortung<br />
Teilleistungen an Fachplaner oder Einzelunternehmer.<br />
Lediglich die Grundlagenermittlung und<br />
die Definition der funktionalen Bauabsicht verbleiben<br />
beim Bauherrn. In der Bauausführung erbringt der<br />
Totalunternehmer einen wesentlichen Teil der Bauleistung<br />
selbst, bei den Planungsleistungen hingegen<br />
steht es ihm frei, diese selbst zu erbringen oder an<br />
Fachplaner zu vergeben.<br />
Der Bauherr beauftragt einen Totalunternehmer zur<br />
Erstellung einer integrierten ganzheitlichen Lösung<br />
von der Planung bis zur Fertigstellung der Bauausführung.<br />
Er hat damit einen einzigen Ansprechpartner,<br />
der die vollständige schlüsselfertige Projektdurchführung<br />
koordiniert und verantwortet.<br />
Steuerung und Koordination<br />
Auch bei den oben angeführten Organisationsmodellen<br />
(Planung und Bauausführung) kann der Bauherr<br />
den Umfang der ihm zugeordneten Verantwortung<br />
für Steuerungs- und Koordinationsaufgaben beeinflussen.<br />
Mit der Festlegung der Ausgestaltung des<br />
Organisationsmodelles entscheidet der Bauherr, wo<br />
die vertragliche Schnittstelle zwischen Planung und<br />
Bauausführung erfolgen soll. Die Verantwortung für<br />
die Steuerungs- und Koordinationsaufgaben zwischen<br />
Planung und Bau verbleibt auf der Seite des Bauherrn.<br />
Unabhängig von der Ausgestaltung des Organisationsmodelles<br />
liegt es in der Verantwortung des<br />
Bauherrn, die Übereinstimmung zwischen vertraglich<br />
vereinbarter und tatsächlich erbrachter Leistung zu<br />
überwachen.<br />
Je nach den vorhandenen eigenen Kompetenzen und<br />
notwendigen Ressourcen kann der Bauherr in einem<br />
Projekt entscheiden, welche Managementleistungen,<br />
Verantwortungen und Risiken er selbst übernehmen<br />
bzw. an externe Konsulenten auslagern möchte sowie<br />
welches Organisationsmodell für sein Bauvorhaben<br />
das geeignetste ist.<br />
Deshalb ist es umso wichtiger, bereits im Anfangsstadium<br />
die Projektziele zu definieren und die weitere<br />
geplante Vorgehensweise festzulegen, denn:<br />
Je später im Projektablauf Änderungen<br />
erforderlich sind, desto größer sind die<br />
Auswirkungen auf Kosten und Termine.
tirol.bunt und vielfältig 49<br />
EIN DEUTSCHKURS,<br />
VIELE BEDÜRFNISSE.<br />
ZUR AUTORIN<br />
DIPL. SOZ. PÄD. KATHRIN MALINA<br />
Kathrin Malina hat im März 2016 als Sprachtrainerin bei<br />
GemNova begonnen, seit Mai 2019 ist sie zudem im GemNova-<br />
Bildungspool für die Koordination der Schulassistentinnen und<br />
Freizeitbetreuer im Tiroler Unterland zuständig.<br />
Bei Fragen zu Kursen im Unterland: v.kitzbichler@gemnova.at<br />
Rückblick auf eine gelungene<br />
österreichisch-deutsche<br />
Kooperation vor dem Hintergrund<br />
der Herausforderungen,<br />
die ein offenes Europa für<br />
Menschen mit sich bringt, die<br />
wegen der Arbeit ihr Glück<br />
in der Ferne suchen und dort<br />
auf unerwartete sprachliche<br />
Hürden stoßen. Pack ma’s!<br />
Berge, blauer Himmel, hinter uns der Wilde<br />
Kaiser und vor uns grüne Wiesen: Mitten<br />
in diesem Idyll liegt der Ort, an dem<br />
der Caritas-Deutschkurs stattfindet. Was<br />
klingt wie die Beschreibung einer typischen<br />
Tiroler Gemeinde, ist tatsächlich<br />
die der grenznahen bayerischen Nachbargemeinde<br />
Kiefersfelden, zehn Autominuten<br />
von Kufstein entfernt.<br />
Auch wenn die beiden Orte nur durch<br />
einen Fluss getrennt sind, sind sie sprachlich<br />
weiter auseinander,<br />
als man<br />
meinen würde. Was<br />
für Einheimische<br />
vielleicht keinen<br />
großen Unterschied<br />
macht, stellt aber<br />
sehr wohl eine Herausforderung<br />
für<br />
all jene dar, deren<br />
Muttersprache nicht<br />
Deutsch ist und die<br />
ihren Alltag inmitten<br />
von Dialektsprache<br />
bewältigen müssen.<br />
Das war auch einer der Gründe, die den<br />
Leiter des Altenwohnheims St. Peter dazu<br />
bewogen haben, für sein Pflegeteam einmal<br />
wöchentlich Kurse für Deutsch im<br />
Arbeitsleben anzubieten. Ein ganz besonderer<br />
Kurs mit einer herausfordernden<br />
Thematik, wechselndem Trainerteam<br />
und Teilnehmerinnen und Teilnehmern<br />
aus sehr unterschiedlichen Herkunftsländern.<br />
Wir drei Deutschtrainerinnen, Carina<br />
Gruber, Verena Kitzbichler und Kathrin<br />
Malina, haben uns heute zusammengesetzt,<br />
um gemeinsam darüber zu sprechen,<br />
wie es uns im Laufe des letzten Jahres<br />
in diesem Kurs ergangen ist und was<br />
wir alles erlebt haben.<br />
OBEN: Die Sprachtrainerinnen<br />
Verena Kitzbichler, Kathrin Malina<br />
und Carina Gruber (v. l .n. r.)<br />
(© GemNova)
50 tirol.bunt und vielfältig<br />
CARINA: „Wisst ihr noch, wie überrascht<br />
wir waren, als letztes Jahr auf<br />
einmal eine Anfrage aus Deutschland<br />
kam? Das hat uns schon ein bisschen<br />
stolz gemacht, dass sich unser Angebot<br />
der Deutschkurse auch bis ins Nachbarland<br />
rumgesprochen hat.“<br />
KATHRIN: „Stimmt, aber es ist ja einfach<br />
auch echt schwierig, ein Angebot zu<br />
finden, wenn die Kursteilnehmerinnen und<br />
-teilnehmer im Schichtbetrieb arbeiten …“<br />
VERENA: „… die normalen Kurszeiten sind<br />
ja meistens einmal pro Woche am Abend,<br />
und das ist für Leute, die manchmal in der<br />
Nachtschicht und manchmal in der Frühschicht<br />
arbeiten, einfach nicht möglich.“<br />
KATHRIN: „Genau! Da haben wir ja<br />
wirklich schon einige lustige Situationen<br />
erlebt. Ausdrücke und Redewendungen,<br />
die für uns ganz normal sind, erklären<br />
sich eben nicht automatisch jedem Menschen<br />
mit nichtdeutscher Muttersprache.“<br />
VERENA: „Ja, zum Beispiel „Das ist mir<br />
wurscht!“ – wir haben im Kurs gemeinsam<br />
schon gegrübelt, ob der Ausdruck<br />
daher kommt, dass alle Würste gleich<br />
aussehen.“<br />
VERENA: „Und gerade in einem Heim<br />
wie in Kiefersfelden kommen ja Bewohnerinnen<br />
und Bewohner sowie Mitarbeiterinnen<br />
und Mitarbeiter aus ganz Tirol<br />
und Bayern zusammen. Da ist es natürlich<br />
wahnsinnig schwierig, die unterschiedlichen<br />
Dialekte zu verstehen. Da<br />
verstehen ja schon die Unterlandler nicht<br />
immer die Oberlandler!“<br />
KATHRIN: „Da braucht’s dann vüh Gfüh,<br />
vui Gfui oder eben viel Gefühl …“<br />
CARINA: „Das Ziel unserer Kurse ist<br />
ja, die Sprache im Berufsalltag zu verbessern.<br />
Gerade in einem Heim wie in<br />
Kiefersfelden gibt es viel Kommunikation<br />
mit den Bewohnerinnen und Bewohnern,<br />
den Angehörigen und den Arbeitskolleginnen<br />
und -kollegen. Da hilft es dann<br />
auch beruflich, wenn man ein bisschen<br />
Dialekt versteht.“<br />
CARINA: „Mich beeindruckt ja immer<br />
wieder, dass die Teilnehmerinnen und<br />
Teilnehmer auch nach einem anstrengenden<br />
Acht-Stunden-Tag noch gerne<br />
in unseren Kurs kommen. Das Interesse<br />
ist wirklich groß!“<br />
DIE ALLTAGSSPRACHE IST OFT SEHR WEIT<br />
WEG VON DEM, WAS IN KLASSISCHEN DEUTSCH-<br />
BÜCHERN GELEHRT WIRD.<br />
VERENA: „Ja, ich finde, daran sieht<br />
man auch, dass sie sich darauf freuen,<br />
sich in einem ganz anderen Rahmen<br />
auszutauschen. Und ich habe festgestellt,<br />
dass es für die Teilnehmerinnen<br />
und Teilnehmer eine gute Gelegenheit<br />
ist, auch über Dinge zu sprechen, die sie<br />
gerade bewegen. Oft trauen sie sich das<br />
sonst nicht, weil sie denken, ihr Deutsch<br />
ist nicht gut genug.“<br />
KATHRIN: „Das ist für den Heimleiter,<br />
Herrn Hartmann, auch ein ganz wichtiger<br />
Punkt bei diesem Kurs. Ihm ist es ein<br />
Anliegen, dass die Kursteilnehmerinnen<br />
und -teilnehmer Wortschatz lernen, um<br />
ihre Bedürfnisse und Empfindungen auszudrücken.<br />
Gerade in diesem Arbeitsbereich<br />
ist man oft psychisch sehr belastet,<br />
und dann hilft es einfach, wenn man<br />
das auch mal sagen kann – quasi als<br />
eine kleine Form der Psychohygiene.“<br />
CARINA: „Und wenn einer sagt, „Ich bin<br />
fix und foxi“, muss das natürlich erstmal<br />
im Kurs erklärt werden.“ (lacht)<br />
CARINA: „Manchmal führt so ein Unverständnis<br />
ja auch buchstäblich zu Notlagen<br />
– wenn ein Bewohner des Altenwohnheims<br />
sagt „I muss pieseln!“, dann<br />
braucht es schon ein hohes Maß an Dialektverständnis,<br />
um das zu verstehen.<br />
Selbst wenn man versucht, so etwas<br />
zu googeln, würde man wahrscheinlich<br />
nichts finden.“<br />
KATHRIN: „Gerade das Thema Dialekt<br />
ist ja für die meisten die größte Herausforderung.<br />
Oft haben die Leute in ihren<br />
Heimatländern schon Deutschkurse<br />
gemacht, sogar auf sehr hohem Niveau,<br />
aber dort wird natürlich nur Hochdeutsch<br />
gesprochen und geschrieben. Der Alltag<br />
sieht bei uns in der Region dann ganz<br />
anders aus.“<br />
KATHRIN: „Allein schon die Richtungen<br />
rauf-runter, rein-raus sind immer ein<br />
Aha-Erlebnis.“<br />
VERENA: „Wir ermuntern unsere Teilnehmerinnen<br />
und Teilnehmer ja auch,<br />
dass sie aufschreiben sollen, wenn sie<br />
ein Wort oder einen Satz hören, der<br />
immer wieder in ihrem Alltag vorkommt,<br />
den sie aber nicht verstehen. Dann können<br />
wir im Kurs versuchen zu klären,<br />
worum es sich handeln könnte.“<br />
KATHRIN: „Da fällt mir ein Beispiel ein,<br />
in dem eine nichtdeutschsprachige Pflegerin<br />
von ihrem Erlebnis erzählt hat. Eine<br />
Dame hat gefragt, ob ihre Bettnachbarin<br />
schon munter sei. Die Antwort der Pflegerin:<br />
‚Nein, es ist Mittwoch.‘ Sie kannte<br />
zwar das Wort ‚wach‘, aber ‚munter‘ hatte<br />
sie noch nie gehört. Da sie gut Englisch<br />
spricht, hatte sie Monday verstanden,<br />
und es deshalb mit einer Frage nach<br />
einem Wochentag assoziiert.“
tirol.bunt und vielfältig<br />
51<br />
VERENA: „Da merkt man einfach, dass<br />
die Alltagssprache oft sehr weit weg ist<br />
von dem, was in klassischen Deutschbüchern<br />
gelehrt wird.“<br />
CARINA: „Und genau das lernen ja die<br />
meisten. Und dann sind sie total verzweifelt,<br />
dass sie kein Wort verstehen, obwohl<br />
sie schon die B2-Prüfung bestanden<br />
haben. (vgl. Infokasten rechts) Deshalb ist<br />
das Wichtigste sprechen, sprechen, sprechen.<br />
Mit dem normalen Alltagsdeutsch<br />
haben die meisten die größten Schwierigkeiten.<br />
In ihrem beruflichen Fachbereich<br />
kennen die Teilnehmerinnen und<br />
Teilnehmer meist alle wichtigen Begriffe<br />
sehr gut.“<br />
VERENA: „Aber wenn einer zu ihnen<br />
sagt, ‚Wie läuft’s?‘, können sie nicht antworten,<br />
weil sie gar nicht wissen, was<br />
damit gemeint ist.“<br />
KATHRIN: „Und dann denken die Einheimischen,<br />
‚Die können kein Deutsch!‘<br />
Dabei sind die Leute in unserem<br />
Deutschkurs wirklich sehr gut qualifiziert<br />
und ausgebildet. Da sitzen diplomierte<br />
Krankenschwestern und Physiotherapeutinnen<br />
und -therapeuten – von<br />
den Philippinen, aus Estland, Kroatien,<br />
Ungarn und so weiter ….“<br />
CARINA: „Das finde ich auch das Tolle<br />
an unseren Kursen, dass wir so viele<br />
Menschen aus den unterschiedlichsten<br />
Herkunftsländern mit teilweise wahnsinnig<br />
interessanten Lebensläufen treffen.<br />
Da fragt man sich dann schon:<br />
Wie kommt jetzt eine Meteorologin mit<br />
Universitätsabschluss aus China nach<br />
Kiefersfelden ins Altenwohnheim? Vielleicht<br />
liegt’s ja doch am blauen Himmel,<br />
dem Wilden Kaiser und dem ganzen Idyll<br />
drumherum …<br />
RICHTUNGS-<br />
ANWEISUNGEN IM<br />
Dialekt<br />
Der Angesprochene soll sich hin zum<br />
Sprecher bewegen: (Endung auf a )<br />
Kimm oba/owa!<br />
Kimm aufa!<br />
Kimm eina!<br />
Kimm aussa!<br />
Kimm umma!<br />
Geh obi/owi!<br />
Geh aufi!<br />
Geh eini!<br />
Geh aussi!<br />
Komm runter!<br />
Komm rauf!<br />
Komm rein!<br />
Komm raus!<br />
Komm rüber!<br />
Der Angesprochene soll sich weg vom<br />
Sprecher bewegen: (Endung auf i)<br />
Geh ummi!<br />
Geh runter!<br />
Geh rauf!<br />
Geh rein!<br />
Geh raus!<br />
Geh rüber!<br />
Erläuterung Sprachniveau B2<br />
Die Grundaussagen komplexer Texte und<br />
Aussagen werden verstanden und können<br />
wiedergegeben werden. Eine flüssige<br />
Unterhaltung mit Muttersprachlern zu verschiedenen<br />
Themen fällt leicht. Meinungen<br />
und Ansichten können jetzt auch begründet,<br />
Vor- und Nachteile von Entscheidungsmöglichkeiten<br />
verständlich erläutert werden.
52 tirol.bunt und vielfältig<br />
GEFÖRDERTE<br />
integration<br />
Eine große Herausforderung für das Trainerinnenteam<br />
ist, lernungewohnten Menschen, die<br />
mit den regulären Lehrwerken oft überfordert<br />
sind, den Druck und die Angst vor dem Fremdsprachenlernen<br />
zu nehmen. Durch die jahrelange<br />
Erfahrung der GemNova Akademie in<br />
diesem Bereich und durch die für die Zielgruppe<br />
individuell erstellten Unterrichtsmaterialien<br />
gelang es, eine entspannte und motivierende<br />
Atmosphäre zu schaffen, in welcher der Kursbesuch<br />
zu Freude wird.<br />
ZUR AUTORIN<br />
MONIKA KOPP<br />
Monika Kopp kommt ursprünglich aus<br />
Ungarn und hat dort Deutsch studiert,<br />
aber die Tiroler Dialekte waren auch für<br />
sie eine Herausforderung. Seit 2016 ist<br />
sie bei der GemNova als Sprachtrainerin<br />
tätig und vermittelt auch die regionale<br />
Sprachenvielfalt.<br />
Kontakt: m.kopp@gemnova.at<br />
Die deutsche Sprache ist der Schlüssel zu<br />
erfolgreicher Integration. Erlernen kann man<br />
sie auf vielen Wegen – aber spätestens, wenn<br />
Sprachprüfungen verpflichtend abgelegt werden<br />
müssen, kommt man um einen professionellen<br />
Deutschkurs nicht herum.<br />
Allerdings ist es oft gar nicht so einfach, den<br />
passenden Kurs zu finden. Vor allem Frauen<br />
mit Kleinkindern und eingeschränkter Mobilität<br />
haben Schwierigkeiten, alles unter einen<br />
Hut zu bringen. Die GemNova unterstützt die<br />
Kursteilnehmerinnen und -teilnehmer, indem<br />
sie unter anderem im Vormittagskurs für eine<br />
Kinderbetreuung sorgt: Während die Kinder auf<br />
dem Spielteppich unter Aufsicht Lego spielen,<br />
Türme bauen oder sich in Memory messen,<br />
trainieren die Mütter Telefongespräche, lernen<br />
neue Wörter oder lösen Aufgaben zu Hörtexten.<br />
Für diese Selbstzahlerkurse gibt es verschiedene<br />
Förderungen, allerdings ist es vor allem für<br />
Anfängerinnen und Anfänger schwer, fast sogar<br />
unmöglich, in dem Förderdschungel zurechtzukommen.<br />
Das Team der GemNova Akademie<br />
berät die Teilnehmenden nicht nur bei der<br />
Suche nach der passenden Förderung, sondern<br />
unterstützt sie auch bei der Antragstellung, die<br />
oft digitale Kompetenzen voraussetzt.<br />
Von Beginn an Grundkenntnisse der deutschen<br />
Sprache zu erwerben, erachtet Bürgermeister<br />
Dietmar Wallner als besonders wichtig:<br />
„Das Erlernen einer Sprache<br />
eröffnet den Zugang zur<br />
Kultur der Menschen, die<br />
diese Sprache sprechen.“<br />
„Dadurch erlernt man, wie eine andere Kultur<br />
kommuniziert, wodurch bestimmte Vorurteile<br />
von vornherein vermieden werden<br />
können“, so der Bürgermeister.<br />
BILD: Bürgermeister<br />
Dietmar Wallner (© Marktgemeinde<br />
Jenbach)<br />
Factbox<br />
Die GemNova Akademie<br />
bietet maßgeschneiderte<br />
Deutschkurse für Privatpersonen<br />
und Firmen an.<br />
Das für einen erfolgreichen<br />
Spracherwerb entwickelte<br />
Kurskonzept basiert auf<br />
langjährigen Erfahrungen<br />
der Trainerinnen und Trainer<br />
und legt den Fokus auf<br />
Effizienz, Individualität und<br />
Flexibilität.<br />
KONTAKT<br />
MAG. MICHAEL<br />
MAURER, MA<br />
Michael Maurer ist in der<br />
GemNova Akademie u. a. als<br />
Deutschtrainer tätig. Er ist<br />
dort für Weiterbildungen und<br />
Qualitätsentwicklung verantwortlich<br />
und ist Experte für<br />
Sprachtests.<br />
m.maurer@gemnova.at
tirol.bunt und vielfältig<br />
53<br />
MIT WENIG VIEL ERLEBEN –<br />
EIN NACHMITTAG IN EINER<br />
TIROLER PFLICHTSCHULE<br />
„Fantasie ist wichtiger<br />
als Wissen, denn Wissen<br />
ist begrenzt.“<br />
Das hat Albert Einstein einmal gesagt.<br />
Dieses Zitat erwartet man vermutlich<br />
am wenigsten in Verbindung mit einer<br />
Tiroler Pflichtschule, obwohl dort jeden<br />
Tag gezaubert wird.<br />
Wer – so wie ich – in der Nachmittagsbetreuung<br />
arbeitet, weiß, dass ein Blatt<br />
Papier schon lange nicht nur ein Blatt<br />
Papier ist. Das ist so viel mehr. Es kann<br />
in Sekunden zu einem Hut, einem Schiff,<br />
in ein Spiel oder ein Geschenk verwandelt<br />
werden. Stoffreste werden zu Jongliertüchern,<br />
Stofftieren oder Gespenstern.<br />
Und sogar ganz ohne Material kannst du<br />
die Kinder auf Abenteuerreisen mitnehmen<br />
– egal ob auf Monsterjagd, nach<br />
Ägypten oder in ein romantisches Schloss.<br />
Das alles geht allein mit der Fantasie.<br />
Dieses Verzaubern verlangt natürlich<br />
sehr viel von den Mitarbeitererinnen und<br />
Mitarbeitern, aber es gibt ihnen auch<br />
viel Freiheit. Freiheit, den Tag selbst zu<br />
gestalten. Fast jedes noch so kleine Hobby<br />
kann schnell im Rahmen eines interessanten<br />
Nachmittagsprogramms umgesetzt<br />
werden. Zum Beispiel kann Schach,<br />
Kartenspiel, Zauberei oder Erste Hilfe<br />
als Zusatz zur Hausübungsbetreuung<br />
oder als Workshop angeboten werden.<br />
Aber auch Themen wie Gartenarbeit,<br />
Brotbacken und Müllsortieren können<br />
mit Leichtigkeit für alle Altersklassen<br />
umgesetzt werden.<br />
Mit so viel Spannung und Abwechslung<br />
genießen die Kinder die Ruhe während<br />
des Mittagsessens noch mehr. So bleibt<br />
auch Zeit für Gespräche mit einzelnen<br />
Kindern. Diese Zeit ist vermutlich die<br />
wertvollste des ganzen Tages, weil<br />
man hier zwischen Tellergeklapper<br />
und Besteckschieben mehr über<br />
jedes einzelne Kind erfährt als<br />
den restlichen Tag über.<br />
Kein Tag gleicht dem vorherigen,<br />
und so bringt auch<br />
jeder Tag neue Abenteuer<br />
mit sich. Gestern als Held<br />
der Wikinger, heute als helfender<br />
Samariter, und wer<br />
weiß, wo es morgen hingeht<br />
...<br />
ZUM AUTOR<br />
DIPL.SOZ.PÄD. MARTIN<br />
NYENSTAD<br />
Arbeitet im Tagesheim Volksschule<br />
Dreiheiligen und ist Teambetreuer<br />
an der NMS Gabelsbergerstraße,<br />
NMS Pembauerstraße, VS Dreiheiligen,<br />
VS Innere Stadt, VS Saggen<br />
Siebererschule und an der<br />
Daniel-Sailer-Schule<br />
Kontakt: m.nyenstad@gemnova.at<br />
Interview<br />
MIT EINEM TAGES-<br />
HEIMKIND<br />
Wie heißt du? Nadja.<br />
Wie ist es für dich, ins Tagesheim zu<br />
gehen? Es ist nicht immer schön, aber<br />
es gibt immer etwas Cooles zu tun.<br />
Besonders gut ist, dass man immer<br />
Unterstützung beim Lernen und für das<br />
Hausübungmachen bekommt.<br />
Wie sieht dein Nachmittag aus?<br />
Nach der Schule gehe ich ins Tagesheim.<br />
Da machen wir Hausübung und<br />
lernen. Dann gehen wir essen, und<br />
danach können wir spielen.<br />
Was war dein tollstes Erlebnis im<br />
Tagesheim? Als wir letztes Jahr eine<br />
Zirkusaufführung für die gesamte<br />
Schule und die Eltern gemacht haben.<br />
Ich war ein Zauberer. Das war besonders<br />
toll.<br />
Was könnte besser sein?<br />
Das Essen.
54<br />
tirol.sportlich und gesund<br />
ANNÄHERUNG<br />
AN LAURA STIGGER<br />
AUTOR REINHOLD OBLAK<br />
Bike Challenge? Ja, hab ich schon gehört. Laura<br />
Stigger? Das ist doch die verrückte Radlfahrerin.<br />
Kals am Grossglockner? Lanser Alm? Kenn ich,<br />
höchster Berg Österreichs, gutes Essen und<br />
Trinken, urige Atmosphäre. Wie das alles – und<br />
noch vielerlei mehr – zusammenhängt? Der Versuch<br />
einer gemütlichen Annäherung.<br />
Am Anfang stand, wie zumeist, eine Idee.<br />
Oder nein, eigentlich gleich mehrere. Etwa:<br />
Junge Sportlerinnen und Sportler gehören<br />
unterstützt. Dann noch: Tirols Gemeinden<br />
haben doch tolle Bike-Strecken, warum daraus<br />
nicht mehr machen. Weiters: Das kann<br />
man doch professionell aufziehen, einer legt<br />
eine beeindruckende Zeit vor, andere können<br />
sich an dieser messen. Und schließlich:<br />
Keine Eintagsfliege, jährlich soll mindestens<br />
eine neue Bike-Strecke in einer neuen<br />
Gemeinde dazukommen. Wer vor zwei Jahren<br />
so intensiv zwischen seinen Ohren hinund<br />
herdachte, war Alois Rathgeb, beruflich<br />
Geschäftsführer der GemNova, privat leidenschaftlicher<br />
Mountainbiker und Straßenradrennfahrer<br />
und Marathonläufer.<br />
BILD: Laura Stigger pfeift in 38 Minuten und<br />
31 Sekunden auf die Lanser Alm. Wer gemütlich<br />
hinaufradelt, braucht dafür rund zwei Stunden.<br />
„Ich bin die Stigger Laura“<br />
Aus dem Einen wurde relativ rasch<br />
die Eine, und was für Eine. Laura<br />
Stigger ist mehrfache Bike-Europa-<br />
und -Weltmeisterin bei den<br />
Juniorinnen, gewann 2018 zwei<br />
Tage nach ihrem 18. Geburtstag<br />
sensationell die Straßenrad-Weltmeisterschaft<br />
bei den Juniorinnen<br />
und wurde folglich zu Tirols Sportlerin<br />
des Jahres gewählt. Vor allem<br />
aber ist sie unglaublich sympathisch<br />
und down to earth, also genau das<br />
Gegenteil von abgehoben. Laura lebt in
tirol.sportlich und gesund<br />
55<br />
Haiming, nur ein paar Steinwürfe vom Ötztal<br />
entfernt, für dessen URC sie auch startet<br />
und Rennen gewinnt. 2017 übrigens gab<br />
es kein einziges Rennen, welches sie nicht<br />
gewonnen hätte. Heuer im Frühjahr – Tirols<br />
Politik hatte wegen Corona gerade eine<br />
vollständige Quarantäne in jeder einzelnen<br />
Gemeinde ausgerufen – traf es Laura<br />
übrigens doppelt. Keine schweißtreibenden<br />
Bike-Einheiten in der freien Natur, dann<br />
auch noch beim Stiegenlauftraining zu<br />
Hause ein grauslicher Knacks und – schon<br />
war das Bandl im rechten Fuß gerissen.<br />
Das Glück im Unglück: Alle Rennen waren<br />
ohnehin abgesagt, Olympia verschoben,<br />
das Gymnasium geschlossen, nur die Matura<br />
wartete. Somit hieß es für sie Pauken<br />
statt Biken, und das mit Erfolg. Anfang Juni<br />
schaffte sie gleich im ersten Durchgang die<br />
Reifeprüfung, Gratulation.<br />
„Der Alois hat gefragt, ich hab ja gesagt“<br />
Aber wolltest du nicht von der Bike Challenge<br />
erzählen? Klar doch, aber wir haben<br />
ja keinen Stress. Also: Der Rathgeb Alois<br />
hat sodann die Stigger Laura gefragt, ob<br />
sie sich vorstellen könne, bei der Bike Challenge,<br />
natürlich powered by GemNova, eine<br />
Spitzenzeit vorzulegen. „Ich hab gleich ja<br />
gesagt“, erinnert sich Laura heute an Alois’<br />
Avancen. „Es war die absolut richtige Entscheidung.“<br />
Rathgeb sah und sieht es übrigens<br />
ebenso.<br />
Die Spitzensportlerin war somit gefunden,<br />
jetzt fehlte noch die Strecke. Die GemNova,<br />
salopp formuliert ist diese 420-Mann/<br />
Frau-Firma das Unternehmen der Tiroler<br />
Gemeinden, lud daraufhin die 279 Kommunen<br />
ein, sich mit einer offiziellen Mountainbike-Strecke<br />
zu bewerben. Das war Anfang<br />
2019. Das Rennen machte, für einige doch<br />
etwas überraschend, Kals am Großglockner.<br />
Die kleine Osttiroler Gemeinde legte eine<br />
überzeugende Bewerbung vor und punktete<br />
außerdem mit der engagierten Bürgermeisterin<br />
Erika Rogl und ihrem Team.<br />
Der Teufel steckt im Detail<br />
Doch nun etwas schneller, sonst hört dieser<br />
Artikel ja überhaupt nicht mehr auf.<br />
Die Vorbereitungen waren intensiv und<br />
fordernd, ein detailliertes Streckenprofil<br />
musste erstellt, die<br />
erforderlichen Tafeln behördlich<br />
bewilligt, die teuflischen technischen<br />
Details bewältigt werden.<br />
Danach war wieder Laura an<br />
der Reihe, und wie nicht anders<br />
zu erwarten, legte sie auf der<br />
Strecke zwischen dem Kalser<br />
Ortszentrum und dem Lucknerhaus<br />
eine fantastische Zeit vor.<br />
Den ganzen Sommer über, gut,<br />
in Kals, am Fuße des Großglockners,<br />
ist dieser eher kurz, den<br />
ganzen kurzen Sommer über<br />
hatten nun ambitionierte Bikerinnen<br />
und Biker die Möglichkeit, sich an<br />
Lauras Zeit zu messen. Versucht haben<br />
es natürlich viele, einige reisten sogar aus<br />
Finnland oder Ungarn an, Alois blieb so um<br />
die 25 Minuten hinter der Spitzensportlerin<br />
zurück. Und ja, der Uwe aus dem Tiroler<br />
Unterland schaffte es tatsächlich, um<br />
41 Sekunden schneller als Laura zu sein. Ihr<br />
Kommentar:<br />
„Der kerl hat wirklich<br />
dynamit in seinen haxn.<br />
bravo.“<br />
Vom Glockner zum Kofel<br />
Heuer findet die Bike Challenge, und damit<br />
bin ich nun wirklich bald am Ende, in Lans<br />
am Fuße des Patscherkofels statt. Die Strecke<br />
führt von Lans hinauf zur Lanser Alm,<br />
der engagierte Vizebürgermeister heißt<br />
Cedric Klose und ist selbst begeisterter<br />
Biker. Coronabedingt war heuer übrigens<br />
lange nicht klar, ob und wie diese Challenge<br />
nun stattfinden kann. Die Vorbereitungen<br />
waren, ja, eh so ereignisreich wie im<br />
Vorjahr, Laura trat nach ihrem Bänderriss<br />
dennoch an und zeigte ihre Stärke. Ihre Zeit<br />
für die 789 Höhenmeter und 6,2 Kilometer:<br />
38 Minuten und 31 Sekunden.<br />
BILD: „Ich lade<br />
alle herzlich ein“, sagt<br />
Laura Stigger im<br />
ORF-Interview, „an der<br />
Bike Challenge in Lans<br />
teilzunehmen. Einige<br />
werden schneller sein<br />
als ich, andere<br />
langsamer.“<br />
Alois jagte abermals verzweifelt und<br />
erfolglos ihrer Zeit hinterher (Rückstand:<br />
lediglich 19 Minuten, das meine ich anerkennend,<br />
wohlgemerkt), doch es gab diesmal<br />
auch deutlich Flottere. Julia Sörgel<br />
aus Reutte, österreichische Meisterin im<br />
Mountainbike Hillclimb, nahm Laura knapp<br />
drei Minuten ab, eine Handvoll weiterer<br />
Athleten unterbot Julias Zeit nochmals um<br />
etliche Sekunden. Eine Klasse für sich war<br />
freilich der junge Martin Peinelt aus Sistrans.<br />
Mit unglaublichen 31 Minuten und<br />
25 Sekunden stellte er eine wahre Fabelzeit<br />
auf. Ob da in den nächsten Wochen<br />
noch irgendjemand auch nur annähernd<br />
herankommt? Schau ma mal.<br />
Rennradeln auf die Aschinger Alm<br />
Neben den Mountainbike-Strecken in Kals<br />
und in Lans gibt es übrigens eine weitere<br />
Strecke speziell für Rennrad-Fans (das sind<br />
jene Radln mit den besonders dünnen Reifen).<br />
Diese führt von Ebbs im Bezirk Kufstein<br />
auf die Aschinger Alm, die zu unterbietende<br />
Richtzeit legte der Local Hero Maximilian<br />
Kuen vor, Laura ist bis dato noch nicht angetreten.<br />
Maximilian seinerseits freilich auch<br />
noch nicht in Kals oder in Lans.<br />
So, das wäre es jetzt mal in aller gemütlichen<br />
Kürze. Wie bitte? Nein, dafür ist jetzt<br />
wirklich kein Platz mehr. Außerdem muss<br />
ich an die frische Luft. Schau einfach auf<br />
bikechallenge.tirol im Internet nach, ja, das<br />
kannst du auch von deinem Computer aus<br />
machen, dort findest du viele weitere Infos.<br />
Nein, das meinst du jetzt aber nicht wirklich?<br />
Okay, gut, auf bikechallenge.tirol gibt’s<br />
auch Fotos von Laura und Alois ...
56<br />
tirol.sportlich und gesund<br />
DEM RAD GEHÖRT<br />
DIE ZUKUNFT<br />
ZUM AUTOR<br />
THOMAS PUPP<br />
Thomas Pupp ist Gründer und<br />
Manager des Tirol KTM Cycling<br />
Teams und war einer der Initiatoren<br />
der Rad-WM 2018. Gemeinsam<br />
mit Gerhard Kapeller leitet er die<br />
Ride with passion GmbH.<br />
Giro del Friuli, Herbst 2019. Jubelnd streckte<br />
Patrick Gamper auf der Ziellinie beide<br />
Arme in die Höhe. Mit seinem Sieg auf der<br />
zweiten Etappe dieser viertägigen Rundfahrt<br />
im hügeligen Veneto legte er den<br />
letzten Grundstein für einen Profivertrag<br />
beim deutschen Team BORA hansgrohe.<br />
Überhaupt war dieses Jahr 2019 gespickt<br />
mit großen Erfolgen: Vier internationale Siege,<br />
drei österreichische Meistertitel, das<br />
begehrte Bergtrikot bei der Österreich-<br />
Rundfahrt haben drei jungen Fahrern den<br />
Weg zu einem großen Profiteam ermöglicht.<br />
In Summe ist es die bisher erfolgreichste<br />
Saison in der 13-jährigen Geschichte des<br />
Tirol KTM Cycling Teams gewesen, das<br />
2007 mit dem Ziel gegründet wurde, die<br />
größten Radtalente auf ihrem angestrebten<br />
Weg zum Radprofi bestmöglich zu begleiten<br />
und zu fördern, mit einem professionellen<br />
Umfeld und mit einem internationalen<br />
Rennkalender. Und so bilden die jungen Fahrer<br />
seit Jahren das Gerüst der österreichischen<br />
U23-Nationalmannschaft und haben<br />
als Aushängeschilder des österreichischen<br />
Radsports, die jetzt international ihre Ausrufezeichen<br />
setzen, das Tirol-Trikot getragen:<br />
Marco Haller, Patrick Konrad, Gregor Mühlberger,<br />
Lukas Pöstlberger, Michael Gogl,<br />
Sebastian Schönberger und nun eben auch<br />
der Tiroler Patrick Gamper. Die junge, erfrischende<br />
und erfolgreiche Philosophie hat<br />
dem Team national und international einen<br />
sehr guten Ruf beschert, als Kaderschmiede,<br />
als Sprungbrett für junge Talente, und<br />
sie lässt sehr viele Partner und Mitstreiter<br />
seit 13 Jahren an das Projekt glauben.<br />
Mehr als nur ein Radteam<br />
Heuer ist alles anders. Corona hat auch<br />
die Räder des Teams jäh zum Stillstand<br />
gebracht. Doch während die Rennkilometer<br />
bisher sehr überschaubar sind, arbeitet<br />
die Führung des Teams an seinem<br />
Stützpunkt am Innsbrucker<br />
Hauptbahnhof intensiv an seiner<br />
strategischen Ausrichtung,<br />
mehr als nur ein Radteam zu<br />
sein. Das Missionstatement<br />
„Ride with passion“ ist dabei<br />
Programm und Philosophie<br />
zugleich, mit Leidenschaft, Herz<br />
und Hirn umfassend am Rad zu<br />
drehen: Da ist einmal die Veranstaltung<br />
Gravel Innsbruck, mit<br />
der man den großen Trend Gravel<br />
auch für Tirol sinnstiftend<br />
nützen möchte. Dann der Aufbau<br />
und die einladende Gestaltung<br />
eines Shops, mit einem feinen<br />
Menü vieler Köstlichkeiten,<br />
die den Radsport so lebenswert<br />
machen. Und schließlich will<br />
man dem Thema Rad in einem<br />
breiten Kontext eine Community und meinungsbildende<br />
Plattform sein. Mit der Initiative,<br />
die Radweltmeisterschaften 2018 nach<br />
Tirol zu holen, wurde dafür ein wichtiger<br />
Impuls für Tirol gesetzt.<br />
Wir sind Weltmeister<br />
Hunderttausende Besucherinnen und Besucher<br />
säumten links und rechts die Straßen,<br />
und Millionen verfolgten die Helden<br />
der Landstraßen vor den Fernsehgeräten.<br />
Der touristische Erfolg war groß. Doch ist<br />
dieser nur eine von drei großen zu gewinnenden<br />
Etappen, wenn wir die Gesamtwertung<br />
wollen, das Regenbogentrikot für<br />
ein weltmeisterliches Radland Tirol: Da ist<br />
natürlich einmal der Radsport selbst. Seine<br />
Förderung und Unterstützung muss nachhaltiger<br />
für die Zukunft gesichert werden,
tirol.sportlich und gesund<br />
57<br />
um den Talenten eine positive Perspektive<br />
zu geben. Dann die Infrastruktur, mit Radwegen,<br />
Beschilderungen und ausreichend<br />
Abstellflächen. Einiges passiert in diesem<br />
Bereich. Das Land Tirol tätigt im Schulterschluss<br />
mit den Gemeinden die notwendigen<br />
Investitionen in bauliche Maßnahmen,<br />
um verlorene Kilometer der Vergangenheit<br />
aufzuholen. Und schließlich die Königsetappe:<br />
das Bewusstsein, die Einstellung, das<br />
Commitment aller, wirklich das Radland<br />
Tirol zu sein.<br />
WÄHREND COVID-19 VIELE<br />
BRANCHEN FIEBRIG AN DAS<br />
BETT FESSELT, ZÄHLT DIE<br />
RADINDUSTRIE ZU DEN<br />
GROSSEN GEWINNERN.<br />
Die Zeichen der Zeit könnten dafür nicht<br />
besser stehen. Während Covid-19 viele<br />
Branchen fiebrig an das Bett fesselt, zählt<br />
die Radindustrie zu den großen Gewinnern:<br />
Der Radhandel ausverkauft und die Auftragsbücher<br />
prall gefüllt für die Zukunft.<br />
Denn wenn es um die Entwicklung zeitgemäßer<br />
Verkehrslösungen in Städten und<br />
Regionen geht, ist das Fahrrad eindeutig<br />
das Fahrzeug der Zukunft: untadelig der<br />
ökologische Fußabdruck, genügsam der<br />
Anspruch an Platz und Raum. Und der<br />
gesundheitliche Aspekt für die Bevölkerung<br />
unbestritten. Auch wird längst nicht mehr<br />
nur von Radwegen gesprochen: Bike- oder<br />
Cycling-Highways sind die neuen verkehrsplanerischen<br />
Begriffe. Überbreite Radwege,<br />
die intelligente Verbindungen zwischen<br />
Städten und deren peripheren Räumen<br />
schaffen sollen, und das ausschließlich<br />
für Radler.<br />
Radfahren boomt<br />
Und so wundert es kaum, dass das Fahrrad<br />
seit Langem wieder auf einer Erfolgswelle<br />
strampelt, moderne Mobilität mit viel Lifestyle<br />
verbindet, und es in vielen Städten<br />
Europas schon hipper ist, mit einem stylishen<br />
Fixie oder Retro-Rennrad unterwegs<br />
zu sein als mit einem im Vergleich dazu<br />
anachronistischen Porsche. Kopenhagen<br />
gilt dabei vielen als Mekka des städtischen<br />
Radfahrens. Über 50 Prozent des beruflichen<br />
und schulischen Verkehrs werden<br />
mit dem Rad zurückgelegt, Delegationen<br />
aus der ganzen Welt schauen vorbei, um<br />
zu lernen. Die Stadt gibt gerne Auskunft<br />
und Know-how weiter, „to Copenhagenize<br />
a city“ heißt das dann, andere Städte radfit<br />
machen.<br />
Viele Städte ziehen nach, wetteifern um<br />
den Ruf der fahrradfreundlichsten Stadt<br />
Europas: Amsterdam, London, Barcelona,<br />
Berlin, Düsseldorf, Münster, München,<br />
Rotterdam oder Utrecht, die im Moment<br />
wohl progressivste Stadt in Sachen Fahrrad.<br />
Rund 200 Millionen Euro werden dort<br />
in die Radinfrastruktur investiert. Die zwei<br />
Gemeinsamkeiten vieler dieser Städte:<br />
Die Stadtregierungen setzen voll auf das<br />
Zukunftspotenzial des Fahrrades, und<br />
Großveranstaltungen wie Radweltmeisterschaften<br />
oder Starts der Tour de France<br />
geben und gaben zusätzlichen Schub für<br />
diese Investitionen.<br />
FAZIT FÜR<br />
INNSBRUCK UND<br />
TIROL: VIEL<br />
ANSPORN UND<br />
MOTIVATION, UM<br />
DEM NAMEN<br />
„BIKECITY“ UND<br />
RADLAND WIRKLICH<br />
GERECHT ZU<br />
WERDEN! ES LOHNT<br />
SICH! NUR NICHT<br />
AUFGEBEN. GEHEN<br />
WIR ES AN!<br />
TIROL KTM<br />
CYCLING TEAM<br />
2007 gegründet. Zählt<br />
international seit Jahren zu<br />
den erfolgreichsten<br />
Talenteschmieden.<br />
RIDE WITH<br />
PASSION GMBH<br />
Leitet die operativen<br />
Geschicke des Teams, führt<br />
einen Shop<br />
www.ridewithpassion.tirol,<br />
organisiert Veranstaltungen<br />
wie das „Gravel Innsbruck“<br />
und versteht sich als meinungsbildende<br />
Plattform<br />
für die Welt des Rades. Die<br />
GemNova hält an der GmbH<br />
eine strategische Beteiligung.<br />
GRAVEL<br />
Neuer großer Fahrradtrend.<br />
Geländetaugliche „Rennräder“<br />
für Fahren auf und abseits<br />
der Straßen und perfekt für<br />
Radreisen.<br />
OBEN: Die so erfolgreiche Rad-WM<br />
2018 sollte den Gemeinden den nötigen<br />
Rückenwind geben. (Tirol Cycling<br />
Team WM 2018 Zeitfahren) (© Tom<br />
Bause)<br />
LINKS: Am Hauptfrachtenbahnhof in<br />
Innsbruck befindet sich die Basis des<br />
Tirol KTM Cycling Teams, mit einem<br />
Shop und einem kleinen Café.<br />
(© home of cycling/Haumesser)
58<br />
tirol.sportlich und gesund<br />
Die gesunde<br />
Gemeinde<br />
STARTET JETZT<br />
AUCH IN TIROL.<br />
Die Bürgermeister und<br />
Amtsleiter von Fiss, Serfaus<br />
und Ladis haben sich am<br />
21. Juli in Fiss mit den Vertretern<br />
der „ARGE Gesunde<br />
Gemeinde“ getroffen, um die<br />
ersten Schritte zur Umsetzung<br />
der gesunden Gemeinde<br />
in Fiss, Serfaus und Ladis<br />
im Herbst zu besprechen.<br />
Die Beweggründe erklärt Planungsverbandssprecher<br />
und Bürgermeister von<br />
Fiss, Mag. Markus Pale so: „Wir sind<br />
schon seit Jahren im Bereich der Gesundheitsförderung<br />
in Fiss aktiv und bieten<br />
Veranstaltungen von Kräuterwanderungen<br />
über Vorträge zu medizinischen Themen<br />
bis hin zu gemeinsamen Ausflügen<br />
mit den Seniorinnen und Senioren an. Als<br />
wir von der GemNova als Projektleitung<br />
der gesunden Gemeinde gefragt wurden<br />
ob wir Interesse an einem Pilotprojekt in<br />
Tirol hätten, haben wir sofort zugesagt.“<br />
Paul Greiter, Bürgermeister in Serfaus,<br />
schließt sich dem gleich an: „Wir<br />
haben uns über die Einladung von Fiss,<br />
gemeinsam mit Ladis die Modellregion<br />
der gesunden Gemeinde in Tirol<br />
zu bilden, sehr gefreut. Auch wir haben<br />
bereits gute Erfahrungen mit Gesundheitsförderungsmaßnahmen<br />
gemacht,<br />
wie z. b. die Dorfgesundheitswochen,<br />
die von avomed, dem Arbeitskreis für<br />
Vorsorgemedizin und ARGE-Partner der<br />
gesunden Gemeinde, bereits in Serfaus<br />
erfolgreich veranstaltet wurden.“<br />
Die „Arbeitsgemeinschaft Gesunde<br />
Gemeinde“ bestehend aus der Projektleiterin<br />
Mag. Claudia Angerer-Foissner, Gem-<br />
Nova, Friedrich Lackner, Geschäftsführer<br />
avomed, und Mag. Marion Zimmermann,<br />
Geschäftsführerin Verein Sicheres Tirol,<br />
versteht sich als Prozessbegleiter und<br />
-berater für die Gemeinden auf dem Weg<br />
zu einer gesunden Gemeinde.<br />
ZUR AUTORIN MAG. CLAUDIA<br />
ANGERER-FOISSNER<br />
Claudia Angerer-Foissner ist Projektverantwortliche<br />
bei der GemNova für die gesunde<br />
Gemeinde. Sie unterstützt Gemeinden bei<br />
der Schaffung von nachhaltigen und gesunden<br />
Strukturen, die Gemeindebürgerinnen und -bürger<br />
zu einem gesunden Lebensstil motivieren.<br />
Kontakt: c.angerer-foissner@gemnova.at<br />
BILD: Hinten: Mag. Paul Greiter, Bürgermeister Serfaus, Florian<br />
Klotz, Bürgermeister Ladis, Mag. Markus Pale, Bürgermeister Fiss<br />
Vorne: Pauli Erhart, Amtsleiter Ladis, Michael Rietzler, Amtsleiter<br />
Fiss, Mag. Claudia Angerer-Foissner, Projektverantwortliche<br />
GemNova, Mag. Marion Zimmermann, GF Verein Sicheres Tirol,<br />
Friedrich Lackner, GF avomed, Christian Kofler, Finanzreferent<br />
Fiss (© Alexander Achenrainer/Gemeinde Fiss)
tirol.sportlich und gesund<br />
59<br />
DIE 7 SCHRITTE<br />
ZUR GESUNDEN<br />
GEMEINDE.<br />
WELCHE AKTIVITÄTEN<br />
KÖNNEN ANGEBOTEN<br />
WERDEN?<br />
1.<br />
Projektvorstellung in der Gemeinde<br />
durch die ARGE Gesunde<br />
Gemeinde<br />
3.<br />
Gesundheitsbefragung der<br />
Bürgerinnen und Bürger:<br />
Online-Fragebogen, persönliche<br />
Interviews<br />
5.<br />
Gründung des ehrenamtlichen<br />
Arbeitskreises<br />
Gesundheit durch fachliche<br />
Unterstützung der ARGE<br />
Gesunde Gemeinde, mit<br />
Einbindung der regionalen<br />
Expertinnen und Experten<br />
(Gemeinde, Arzt, Apotheker,<br />
Therapeuten, Sprengel, Heimleiter<br />
etc.)<br />
7.<br />
Regelmäßige und nachhaltige<br />
Gesundheitsveranstaltungen<br />
führen zur Qualifizierung als<br />
gesunde Gemeinde (Ortsschild<br />
und Amtstafel)<br />
2.<br />
Gemeinderatsbeschluss<br />
4.<br />
Präsentation der Befragungsergebnisse<br />
in der Gemeinde<br />
in Form eines Startworkshops<br />
mittels Einbindung der Bürgerinnen<br />
und Bürger<br />
6.<br />
Entwicklung eines<br />
individuellen Gesundheitsprogrammes<br />
durch den Arbeitskreis<br />
Gesundheit.<br />
Kommunikation des Programmes<br />
in den Gemeindemedien<br />
(Flyer, Homepage,<br />
Postwurf, Social Media, Vereine,<br />
Gesundheits- und Sozialsprengel<br />
etc.)<br />
+ Vorträge zu Ernährung, Bewegung,<br />
psychischer und mentaler Gesundheit etc.<br />
+ Projekte mit Kindergärten und Schulen:<br />
gesunde Ernährung, gesunde Jause etc.<br />
+ Jährliche Schwerpunktthemen: Herzkreislauf,<br />
Immunsystem, Rücken ...<br />
+ Bewegungsprogramme wie Rückenschule,<br />
Walking, Sportkurse etc.<br />
+ Gesundheits-Workshops<br />
+ Dorfgesundheitswochen<br />
+ Entspannungsprogramme wie Yoga,<br />
mentales Training, Entspannungstechniken<br />
+ Gesundheitskampagnen in Kooperation<br />
mit dem Fonds Gesundes Österreich:<br />
Nachbarschaftshilfe, Mobilität im Alter,<br />
generationsübergreifende Projekte,<br />
Projekte zur Förderung des Zusammenhalts<br />
in der Gemeinde etc.<br />
WAS KOSTET DIE<br />
GESUNDE GEMEINDE?<br />
+ Einmalige Anstoßfinanzierung von 500 Euro für<br />
die Kosten der Befragung, durchgeführt in<br />
Kooperation mit dem MCI, Nonprofit, Sozial &<br />
Gesundheitsmanagementlehrgang<br />
+ Jährlicher Mitgliedsbeitrag von 500 Euro<br />
+ 1 Euro pro Bürgerin und Bürger stellt die Gemeinde<br />
dem Arbeitskreis Gesundheit für Gesundheitsförderungsaktivitäten<br />
zur Verfügung (das Budget<br />
bleibt in der Gemeinde).<br />
Der Fonds Gesundes Österreich, das Land Tirol und<br />
die ÖGK finanzieren die fachliche begleitende Unterstützung<br />
durch das Team der ARGE Gesunde Gemeinde.
60<br />
tirol.taditionell<br />
Osttirol fasziniert<br />
landschaftlich und kulinarisch<br />
AUTOR JAN SCHÄFER<br />
Steile Felswände, bizarre<br />
Felsformationen, verborgene<br />
Seitentäler, tosende Gebirgsbäche,<br />
aber auch sanfte<br />
Almen sind typisch für den<br />
Bezirk Lienz, so die offizielle<br />
Bezeichnung Osttirols.<br />
Diese in weiten Teilen noch<br />
erhaltene abwechslungsreiche,<br />
ursprüngliche und wilde<br />
Landschaft prägt die Menschen<br />
und ihre Kultur. Auch<br />
die heimische Küche ist davon<br />
beeinflusst.<br />
Ackerbau, Graswirtschaft und bedingt der<br />
Getreideanbau waren gerade in frühen<br />
Zeiten in dieser Region mühsam und nur<br />
auf eingeschränkten Flächen möglich. Die<br />
zur Verfügung stehenden Nahrungsmittel<br />
wurden durch Kräuter, Pilze und das,<br />
was die Natur saisonal sonst noch bot,<br />
ergänzt. Um die oft langen, harten Winter<br />
zu überstehen, wurden die Lebensmittel<br />
zur Konservierung und zum Lagern<br />
fermentiert oder geräuchert. Das prägte<br />
die Küche Osttirols. Speck, Hauswürstl,<br />
Lammbraten zählen genauso dazu wie<br />
Ziegen-, Grau- und Almkas. Nicht zu vergessen<br />
sind Schlipfkrapfen, kräftiges Bauernbrot<br />
und Polsterzipfln aus Dinkelmehl.<br />
Traditionelles trifft auf mediterrane<br />
Einflüsse<br />
Inzwischen werden viele traditionelle<br />
Rezepte neu und kreativ interpretiert.<br />
Zu verdanken ist das der örtlichen<br />
Spitzengastronomie.<br />
Denn neben 266 Dreitausendern<br />
bietet Osttirol auch elf<br />
von „Gault & Millau“ ausgezeichnete<br />
Haubenlokale. Viele<br />
gastronomische Betriebe<br />
setzen zunehmend auf Regionalität<br />
und Erzeugnisse, die<br />
von heimischen Bauern produziert<br />
werden. Die Qualität<br />
und Frische drückt sich im<br />
Geschmack aus, der durch die<br />
Nähe zu Italien mit mediterraner<br />
Küche kombiniert wird.<br />
Passend dazu wird eine Vielzahl<br />
von erlesenen Weinen aus<br />
Österreich und Italien angeboten.<br />
Heimische Brände aus<br />
Obst und Zirbe runden das<br />
kulinarische Angebot ebenso<br />
ab wie in Osttirol produzierter<br />
Gin und Whiskey.<br />
In jedem Winkel des Bezirks<br />
kann man Osttirol auf sehr unterschiedliche<br />
Weise, aber immer sehr genussvoll<br />
erleben. Mittlerweile gibt es 17 Genussrouten,<br />
auf denen sich Osttirol landschaftlich<br />
und kulinarisch entdecken lässt. Im<br />
Schatten der Hohen Tauern, im hinteren<br />
Iseltal auf 1.451 Metern hoch über Matrei,<br />
verzaubert beispielsweise der „Strumerhof“<br />
mit seiner Kräuterküche. Diese wachsen<br />
nicht nur im Garten des „Strumerhofs“.<br />
Für die Gerichte wird alles genutzt,<br />
was die Natur der unmittelbaren Umgebung<br />
bietet. So entstehen einzigartige<br />
Kreationen wie die würzige Unkrautsuppe<br />
oder Brennesselknödel in raffinierter<br />
Gorgonzolasoße. In Matrei selbst finden<br />
sich gleich zwei Haubenlokale. Zum einen<br />
ist es die „Rauter Stube“ im Hotel Rauter,<br />
wo Chefkoch Michael Rainer traditionelle<br />
Hausmannskost neu interpretiert. Zum<br />
anderen ist da das „Saluti“. Drei-Hauben-<br />
Koch Ernst Moser überrascht seine Gäste<br />
mit einem regelmäßig wechselnden Ange-<br />
OBEN: Drei-Hauben-Koch Josef Mühlmann vom Gannerhof,<br />
Innervillgraten. (© Gannerhof/Matteo Marioli)<br />
RECHTS KLEIN: Eine Kreation des<br />
Gannerhofs: Rübenkraut-Schlipfkrapfen mit luftgetrocknetem<br />
Schicken und eingelegten Zirbenkernen.<br />
(© Gannerhof/Lukas Kirchgasser Fotografie)<br />
RECHTS GROSS: Das Kräuterwirtshaus<br />
Strumerhof der Familie Holzer auf 1.451 Meter Seehöhe<br />
hoch über Matrei i. O. (© Alex Papis/Strumerhof)
tirol.taditionell<br />
61<br />
bot. Mal ist es mexikanisch<br />
ausgerichtet,<br />
dann wieder asiatisch<br />
oder orientiert sich<br />
an lokalen Gerichten.<br />
Haubenküche ist in<br />
Osttirol daheim<br />
Am Anfang des<br />
Defreggertals, in<br />
Hopfgarten, lädt das<br />
„Zedernklang“ zu<br />
prämierten Gaumenfreuden<br />
ein. Zwei-<br />
Hauben-Koch Gerald<br />
Rieger legt bei seinen kulinarischen Gaumenfreuden<br />
ebenso wie seine Kochkollegen Wert auf höchste<br />
Qualität heimischer Produkte. Natürlich dürfen bei<br />
dieser Aufzählung Osttiroler Spitzengastronomie<br />
das „Hotel Pfleger“ in Anras, das „Vinicea“ in Lavant,<br />
der „Strasserwirt“ in Strassen oder das „Parkhotel<br />
Tristachersee“ in Amlach nicht fehlen. Wer sich ins<br />
ursprüngliche Villgratental aufmacht, sollte unbedingt<br />
im fast schon entlegenen „Gannerhof“ in Innervillgraten<br />
vorbeischauen. Hier verwöhnt der mit drei Hauben<br />
ausgezeichnete Koch Josef Mühlmann seine Gäste<br />
mit wahren Sinnesfreuden. Gault & Millau schrieb<br />
über den Gannerhof: „Man muss schon hinwollen,<br />
aber dieses ‚Hinwollen‘ zahlt sich aus. So werden bei<br />
Josef Mühlmann Schlipfkrapfen durch die Rübenkrautfüllung<br />
in Kombination mit luftgetrocknetem Schinken<br />
und Zirbenkernen in etwas Kalbsfond angerichtet zu<br />
einem Hochgenuss.“<br />
"<br />
Man muss schon<br />
hinwollen, aber dieses<br />
'<br />
Hinwollen' rentiert sich."<br />
Heimische Produkte, höchste Qualität und alte<br />
Familienrezepte<br />
Jenseits von prämierter Küche gibt es auch bei den<br />
vielen Einkehrmöglichkeiten Osttirols kulinarische<br />
Genüsse zu entdecken. Gleich, ob man auf dem<br />
Venediger Höhenweg, am Fuße des Großglockners,<br />
zwischen Glödis und Hochschober oder auf dem<br />
Karnischen Kamm unterwegs ist – jede Hütte wartet<br />
mit ihrer eigenen Spezialität auf: Spinat- oder<br />
Kaspressknödel, Kaiserschmarrn und unterschiedlichste<br />
Kuchen nach Hausrezept. Das Probieren ist<br />
es wert. Doch auch eine einfache Brettljause mit<br />
einem heimischen Obstler – auch Pregler genannt<br />
– verkörpert den Geschmack der Region. Zu Recht<br />
hat sich Osttirol nicht nur touristisch, sondern auch<br />
kulinarisch einen guten Namen gemacht. Es ist ein<br />
Reiseziel, für das man sich Zeit nehmen sollte, denn<br />
es gibt viel zu entdecken.
62<br />
tirol.taditionell<br />
Das Neue im Alten entdecken –<br />
in den Ötztaler Museen<br />
ZUR AUTORIN<br />
MMAG. DR. EDITH HESSENBERGER<br />
Ist eine österreichische Kulturwissenschaftlerin und<br />
europäische Ethnologin. Aufgewachsen in Salzburg, studierte<br />
sie an den Universitäten Wien und Innsbruck. 2018 übernahm<br />
sie die Leitung der Ötztaler Museen, seit 1. Jänner 2019<br />
fungiert sie als Geschäftsführerin der neu gegründeten<br />
Ötztaler Museen GmbH.<br />
Die Ötztaler Museen zählen<br />
mit dem mittelalterlichen<br />
Turm in Oetz und dem frühneuzeitlichen<br />
Bauerndorf-<br />
Ensemble in Lehn/Längenfeld<br />
zu den ältesten Häusern im<br />
Tal. Schon durch ihre Geschichte<br />
haben sie die Funktion<br />
von Zeitzeugen.<br />
Die Gebäude erinnern an unsere Geschichte,<br />
sie zeigen Spuren all der Schritte,<br />
die unsere Gesellschaft in den letzten<br />
Jahrhunderten gegangen ist.<br />
Die Geschichte der alten Häuser ist ihr<br />
Auftrag: Mahnmal zu sein für die schwierigen<br />
Zeiten und Krisen in der Vergangenheit,<br />
wie Hunger oder Naturgefahren,<br />
– aber auch Leuchtturm zu sein für die<br />
Tradition eines nachhaltigen Wirtschaftens,<br />
das Familien mit kleinstem ökologischen<br />
Fußabdruck ernährte und trug –<br />
und nicht zuletzt auch in Zukunft ernähren<br />
und tragen könnte.<br />
So wird im Ötztaler Heimat- und Freilichtmuseum,<br />
das insgesamt elf Gebäude<br />
umfasst, auch ein Garten mit alten Sorten<br />
gepflegt und alle zwei Wochen traditionelles<br />
Bauernbrot im historischen Ofen<br />
gebacken. Auf Anfrage wird auch gerne ein<br />
traditionelles Mues in der Rauchküche des<br />
Museums zubereitet. Die vier Mühlen am<br />
Lehnbach erzählen die Geschichte der Wassernutzung<br />
für aufwändige Arbeiten, wie<br />
etwa die Verarbeitung von Flachs zu Leinen.<br />
In Oetz wird der Bogen vom historischen<br />
bergbäuerlichen Leben hin zur Kunst<br />
geschlagen: Im Turmmuseum findet ein<br />
Teil der rund 5.000 Objekte umfassenden<br />
Kunstsammlung des Oetzer Sammlers<br />
Hans Jäger in einem über 600 Jahre alten<br />
Gebäude Platz.<br />
OBEN: Museumswart<br />
Christian<br />
Holzknecht bei der<br />
Flachsernte im<br />
Museumsgarten und<br />
frische Teiglinge in<br />
der Museumsstube.<br />
(© Ötztal Museum)
tirol.taditionell<br />
63<br />
Ötztaler Museen<br />
Schriften<br />
Der „Turm“, wie er von Einheimischen<br />
genannt wird, ist sicherlich selbst schon<br />
einen Besuch wert. Aber auch die Ausstellung,<br />
die sich über die fünf Ebenen des<br />
mittelalterlichen Gebäudes erstreckt, lädt<br />
zu einer interessanten Zeitreise ein: Das<br />
Ötztal wird im Spiegel der Kunst gezeigt,<br />
und damit wird auch die Geschichte des<br />
Tourismus erzählt. Denn Maler und Wissenschaftler<br />
waren die ersten Reisenden,<br />
die das Ötztal als erstaunlichen, beeindruckenden<br />
Naturraum beschrieben und<br />
damit indirekt Werbung machen. Die<br />
Spuren des darauffolgenden Jahrhundertwende-Sommerfrische-Tourismus<br />
sind<br />
bis heute in Oetz deutlich zu sehen.<br />
Das ganze Jahr über wird ein buntes Veranstaltungsprogramm<br />
für ein breites<br />
Publikum angeboten, es reicht von wissenschaftlichen<br />
Vorträgen über Kunst-<br />
Workshops bis hin zu weihnachtlichen Liederabenden.<br />
Geschichte wird aber auch<br />
im talweiten Archiv „Gedächtnisspeicher“<br />
erfahrbar und<br />
zugänglich gemacht, das über<br />
eine stattliche regionalhistorische<br />
Fachbibliothek verfügt:<br />
Hier werden alte Schriften,<br />
Aufzeichnungen, Medien und<br />
Bücher gesammelt und Interessierten<br />
für Nachforschungen<br />
zur Verfügung gestellt – denn<br />
es gibt zur Geschichte des<br />
Tales auch in Zukunft noch<br />
sehr viel zu entdecken.<br />
Vorbereitend zu den Ausstellungen<br />
forscht das Museumsteam<br />
natürlich auch selbst.<br />
Damit die Ergebnisse Interessierten<br />
nachhaltig zugänglich<br />
sind, erscheint in regelmäßigen<br />
Abständen eine Schriftenreihe.<br />
In diesem Sommer<br />
werden die Themen Kulturlandschaft<br />
und historische<br />
Architekturen vor den Vorhang<br />
geholt: Zwei Ausstellungen,<br />
eine davon erstreckt sich über<br />
neun Standorte im gesamten<br />
Ötztal, setzen sich damit auseinander,<br />
was an Landschaft<br />
eigentlich „schön“ ist, wo der<br />
Wert von historischen Bau-Ensembles<br />
liegt – und welche Chancen ein achtsamer<br />
Umgang mit unserem kulturellen<br />
Erbe birgt.<br />
BAND 2<br />
226 Seiten<br />
Studienverlag,<br />
Innsbruck 2019.<br />
BAND 3<br />
250 Seiten<br />
Studienverlag,<br />
Innsbruck 2020.<br />
BAND 1<br />
175 Seiten<br />
Studienverlag,<br />
Innsbruck 2018.<br />
Ötztaler Heimat- und Freilichtmuseum<br />
Gedächtnisspeicher Ötztal<br />
Lehn 23b | 6444 Längenfeld<br />
+43 664 9102321 | info@oetztalermuseen.at<br />
OBEN: Publikationen<br />
der Ötztaler<br />
Schriften aus den<br />
Jahren 2018, 2019<br />
und 2020. (© Ötztal<br />
Museum)<br />
Mehr dazu unter:<br />
www.oetztalermuseen.at<br />
LINKS: Das Turmmuseum<br />
in Oetz<br />
stellt Kunstwerke und<br />
Künstler rund ums<br />
Ötztal vor. (© Ötztal<br />
Museum)
64<br />
tirol.bildet<br />
So geht das Virus hops<br />
AUTOREN<br />
NINA REDLICH & MICHAEL MAURER<br />
Die Wochen von steigenden<br />
Infektionen mit Covid-19 und<br />
der daraus resultierenden<br />
Maßnahmen stellten für alle<br />
Kinder eine außergewöhnliche<br />
Zeit dar.<br />
Sie mussten sich mit neuen Lebensweisen<br />
vertraut machen und wurden damit auch<br />
vor sozial-emotionale sowie die Lernpraxis<br />
betreffende Herausforderungen gestellt.<br />
Die Öffnung von Bildungs- und Betreuungseinrichtungen<br />
barg anschließend die<br />
Chance, einerseits die Erfahrungen der<br />
letzten Woche gemeinsam aufzuarbeiten,<br />
und andererseits sich mit den Merkmalen<br />
des Zusammenseins in einem veränderten<br />
Alltag vertraut zu machen.<br />
Aus diesem Grund beschloss ein Team<br />
aus Kolleginnen und Kollegen des Gem-<br />
Nova Bildungspools und der GemNova<br />
Akademie, Pädagoginnen und Pädagogen<br />
bei dieser Aufgabe zu unterstützen. Mit<br />
ihrem Know-how und ihrer Erfahrung wurden<br />
gemeinsam Materialien entwickelt, um<br />
den Wiedereinstieg der Pädagoginnen und<br />
Pädagogen in den Bildungsalltag mit ihren<br />
Kindern, in dem sie die Auswirkungen der<br />
Corona-Krise weiterhin begleiten werden,<br />
zu erleichtern.<br />
Mit diesem speziell aufbereiteten Material<br />
werden einige inhaltlich-didaktische<br />
Impulse für verschiedene pädagogische<br />
Angebote mitgegeben.<br />
Diese lassen sich aufgrund<br />
ihrer unterschiedlichen<br />
didaktischen Zugänge in den<br />
Bereichen Natur und Technik,<br />
Sprache und Kommunikation,<br />
Emotionen und soziale Beziehungen,<br />
Ästhetik und Gestaltung<br />
mit Kindern sowohl auf<br />
unterschiedlichen Altersstufen<br />
(3 bis 14 Jahren) als auch in verschiedenen<br />
Bildungssettings<br />
anwenden. Ziel ist es, die Kinder<br />
im Rahmen des Bildungsbzw.<br />
Unterrichtsgeschehens im<br />
Kindergarten, in der Volksschule,<br />
in der Neuen Mittelschule<br />
und auch im Rahmen der Freizeitbetreuung<br />
mit ihren aktuellen Gefühlen<br />
und Interessen sowie ungeklärten Fragen<br />
rund um die Geschehnisse der Corona-Krise<br />
abzuholen. Die gewählten methodischen<br />
Zugänge des „gemeinsamen lauten Denkens“,<br />
des „Vorlesens und Erzählens“, des<br />
naturwissenschaftlichen Experimentierens<br />
sowie der Sprachsensibilisierung (language<br />
awareness) regen Gespräche mit Kindern<br />
an und ermöglichen das Aufgreifen bzw.<br />
Vertiefen ihrer Gedanken sowie ihrer individuellen<br />
Bedürfnisse. Sie stellen gleichzeitig<br />
jene didaktische Grundlage dar, welche<br />
angelehnt an aktuelle empirische Befunde<br />
zur Wirksamkeit von sprachförderlichen<br />
Maßnahmen eine nachhaltige Qualität im<br />
Bereich der alltagsintegrierten Sprachförderung<br />
hervorruft. Diese wiederum führt<br />
laut internationaler Studien zu positiven<br />
Effekten bei der sprachlichen Entwicklung<br />
von Kindern.<br />
Das Material kann kostenlos heruntergeladen<br />
oder als Druckversion mit dazu<br />
passenden Pflege- und Hygieneprodukten<br />
bestellt werden:<br />
www.gemnova.at/aktuelles/so-gehtdas-virus-hops.html<br />
OBEN: Die Lehrmaterialien vermitteln anhand<br />
eines spannenden Experiments, wie wichtig<br />
Händewaschen ist. (© GemNova)
tirol.bildet<br />
65<br />
Ziel ist es, die Kinder mit<br />
ihren aktuellen Gefühlen<br />
und Interessen sowie ungeklärten<br />
Fragen rund um<br />
die Geschehnisse der<br />
Corona-Krise abzuholen.<br />
RECHTS: Auch den<br />
Kleinsten kann bereits<br />
anhand von Bildern das<br />
Virus erklärt werden.<br />
(© GemNova)
66<br />
tirol.bildet<br />
DIE<br />
Freude<br />
LACHT IHNEN AUS<br />
DEN AUGEN<br />
ZUR AUTORIN<br />
SANDRA LEITNER<br />
Hat die Gründung des Vereins<br />
„Gemeinsam Ferien by GemNova“<br />
koordiniert und sich intensiv mit<br />
dem Thema Ferienbetreuung in<br />
Gemeinden auseinandergesetzt.<br />
Kontakt:<br />
ferienbetreuung@gemnova.at<br />
Die Tiroler Sommerschulwochen werden<br />
heuer erstmals durchgeführt. An 16 Standorten<br />
in allen Bezirken Tirols werden rund<br />
300 Kinder intensiv betreut. Diese gemeinsame<br />
Aktion von Land Tirol und dem Gem-<br />
Nova Bildungspool kam in den Gemeinden<br />
sehr gut an und soll nächstes Jahr konzeptionell<br />
weiter ausgearbeitet werden.<br />
Für viele Alleinerzieherinnen und -erzieher, für viele<br />
Eltern war die Situation während des Höhepunkts<br />
der Corona-Krise ungemein herausfordernd. Die<br />
Schulen waren geschlossen, die Kinder mussten<br />
zu Hause beschäftigt und beaufsichtigt werden. Da<br />
ging auch schon der eine oder andere Urlaubstag<br />
drauf. Um die Erziehungsberechtigten jetzt in den<br />
Sommerferien zusätzlich zu unterstützen, wurden<br />
seitens des Landes die Tiroler Sommerschulwochen<br />
ins Leben gerufen.<br />
RECHTS: Tobias Binder und Rawa Kachi bringen<br />
Flüchtlingskindern spielerisch die deutsche Sprache näher.<br />
(© GemNova)
tirol.bildet<br />
67<br />
Intensive Betreuung<br />
Zwischen minimal zwei und maximal vier Wochen,<br />
je nach Bedarf der Eltern, werden nun an 16 Standorten<br />
in ganz Tirol diese Sommerschulwochen durchgeführt.<br />
Rund 300 Kinder werden dabei intensiv<br />
betreut, vormittags wird gemeinsam gelernt, nachmittags<br />
ein tolles Freizeitprogramm absolviert. Für<br />
die Erziehungsberechtigten ist das Angebot bis auf<br />
die Verpflegung (rund 5 Euro pro Tag für das Mittagessen<br />
der Kinder) kostenlos, auch weil die einzelnen<br />
Gemeinden die Räumlichkeiten zur Verfügung stellen,<br />
die Kosten für die Pädagoginnen und Pädagogen<br />
wiederum von Landesseite übernommen werden.<br />
Thomas Ramsl, 38 Jahre jung und leidenschaftlicher<br />
Musiker, der in Wien und München Musik studierte<br />
und auch Meisterklassen besuchte, leitet nun an der<br />
freien Waldorfschule in Innsbruck die Sommerschulwochen.<br />
„Ich lerne mit den Kindern Englisch, Deutsch<br />
und Mathematik, nachmittags musizieren wir dann<br />
gemeinsam und sind auch künstlerisch tätig. Die<br />
Begeisterung bei den Kindern ist groß, die Freude<br />
lacht ihnen aus den Augen.“ Bei diesem Pädagogen<br />
freilich kein Wunder, dirigiert Ramsl doch auch die<br />
Tiroler Kaiserjägermusik oder die Big Band Innsbruck.<br />
Spezielle Hilfe für Flüchtlingskinder<br />
Besonderes Augenmerk wird bei den Sommerschulwochen<br />
auch auf jene Kinder gelegt, die der<br />
deutschen Sprache noch nicht so mächtig sind. Die<br />
39-jährige Rawa Kachi, vor fünf Jahren selbst aus<br />
dem von heftigen Kämpfen und<br />
Kriegen erschütterten Syrien<br />
nach Österreich geflohen, gibt<br />
„DAS WICHTIGSTE IST, ALLE<br />
ihr Wissen nun an diese Kinder<br />
SIND MIT GROSSER FREUDE weiter: „Vor allem geht es darum,<br />
die Buchstaben zu erken-<br />
DABEI UND LERNEN SPIELE-<br />
RISCH DIE DEUTSCHE SPRACHE.“ nen, langsam lesen zu lernen.<br />
Wir sprechen natürlich Deutsch<br />
miteinander, manchmal erkläre<br />
ich auch etwas auf Arabisch.<br />
Beim Spielen gibt es dann keine Sprachschwierigkeiten<br />
mehr, die Kinder verständigen sich mit Händen<br />
und Füßen. Und mit sehr viel Lachen.“<br />
Insgesamt sieben Kinder umfasst ihre kleine Gruppe,<br />
sechs davon kommen aus Syrien, ein Mädchen<br />
aus Kenia. Das Umfeld ist für fast alle neu, natürlich<br />
gibt es auch Heimweh, das eine oder andere<br />
Wehwehchen, Verständigungsschwierigkeiten. „Das<br />
Wichtigste aber ist, alle sind mit großer Freude dabei<br />
und lernen dabei spielerisch die deutsche Sprache.“<br />
Verein: Gemeinsam Ferien by GemNova<br />
Die bei den Tiroler Sommerschulwochen tätigen Pädagoginnen<br />
und Pädagogen sind übrigens alle beim<br />
Verein „Gemeinsam Ferien by GemNova“ angestellt,<br />
der speziell dafür von der GemNova gegründet wurde.<br />
Der Zweck dieses Vereins: das Angebot an Ferienbetreuung<br />
für schulpflichtige Kinder sowohl quantitativ<br />
als auch qualitativ zu verbessern, um gleichzeitig<br />
auch die Vereinbarkeit von Familie und Beruf voranzubringen,<br />
womit auch das berufliche Fortkommen<br />
von Frauen gefördert wird. Ein fürwahr wichtiges, nie<br />
enden wollendes Ziel.<br />
Über diese Sommerschulwochen hinaus gibt es natürlich<br />
auch eigene Angebote der Gemeinden. So werden<br />
etwa in Mutters oder in Steinach am Brenner noch<br />
deutlich längere Ferienbetreuungen angeboten. Alleine<br />
in diesen beiden Gemeinden werden den Sommer<br />
über bis zu 50 Kinder betreut, die Pädagoginnen und<br />
Pädagogen dafür stellt abermals die GemNova. Und ja,<br />
dieses Konzept der Ferienbetreuung ist eine schlüssige<br />
Sache. Auch weil der Verein „Gemeinsam Ferien by<br />
GemNova“ bestens vernetzt ist. Mit ein Grund, warum<br />
die besten Pädagoginnen und Pädagogen beschäftigt<br />
werden können. Zwei Beispiele davon sind eben<br />
Thomas Ramsl und Rawa Kachi.<br />
OBEN: Landesrätin Beate Palfrader zu<br />
Besuch an der Volksschule Pfunds, wo aktuell<br />
die Tiroler Sommerschulwochen stattfinden.<br />
(© Land Tirol)
68<br />
tirol.bildet<br />
HANDREICHUNG<br />
ELTERNBILDUNGSPARTNER-<br />
SCHAFT<br />
PRAXISEMPFEHLUNGEN<br />
ZUR ALLTAGSINTEGRIER-<br />
TEN SPRACHFÖRDERUNG<br />
VON ZU HAUSE AUS.<br />
Handreichung Elternbildungspartnerschaft<br />
– Praxisempfehlungen<br />
zur alltagsintegrierten<br />
Sprachförderung von<br />
zu Hause aus.<br />
Der Zusammenarbeit mit Eltern und Erziehungsberechtigten<br />
kommt in einer Zeit, in<br />
der Kinder verstärkt zu Hause betreut werden,<br />
eine besondere Bedeutung zu, da sie<br />
die Durchgängigkeit alltagsbasierter Sprachbildung<br />
sicherstellen kann, welche Kinder<br />
dabei unterstützt, sich ein- bzw. mehrsprachig<br />
optimal weiterzuentwickeln.<br />
Die Folgen der Corona-Pandemie im aktuellen<br />
Kindergartenjahr, durch die der pädagogische<br />
Alltag in elementaren Bildungseinrichtungen<br />
nicht mehr in gewohnter Weise<br />
sichergestellt werden konnte, verursachten<br />
insbesondere für Kinder mit Migrationskontext<br />
und anderen Herkunftssprachen<br />
einen einschneidenden Bruch auf ihrem<br />
Bildungsweg. Sie führten zu einem Verlust<br />
wertvoller Bildungszeit, welche gerade<br />
vor dem Übergang in die Schule intensiv<br />
genutzt werden kann, um Kinder in ihren<br />
Teilhabemöglichkeiten am Bildungsgeschehen<br />
zu stärken. Die kontaktlose Zeit<br />
kristallisierte sich jedoch auch als besondere<br />
Chance für pädagogische Fachkräfte<br />
heraus, Bildungspartnerschaften mit Eltern<br />
und Erziehungsberechtigten zu intensivieren,<br />
um weiterhin das Wohlbefinden und<br />
die individuelle Entwicklung jedes Kindes<br />
in den zentralen Fokus zu stellen. Im regelmäßigen<br />
telefonischen Austausch bot sich<br />
pädagogischen Fachkräften die Gelegenheit,<br />
über interessiertes Nachfragen Eltern<br />
und Erziehungsberechtigte in ihrem täglichen<br />
Tun und Handeln mit den Kindern als<br />
Entwicklungsbegleiterinnen und -begleiter<br />
wertzuschätzen und sie als Sprachvorbilder<br />
zu stärken. Insbesondere im Hinblick auf<br />
die sprachlichen Entwicklungsfortschritte,<br />
die zwischenzeitlich im häuslichen Kontext<br />
in der Erst- bzw. Zweitsprache jedenfalls<br />
stattgefunden haben, bot sich diese Form<br />
der Zusammenarbeit auf Distanz als besonders<br />
wirksam an, um mögliche Ängste und<br />
Unsicherheiten von Eltern in Bezug auf den<br />
Erst- und Zweitspracherwerb aufzugreifen<br />
und insbesondere, um Entwicklungsfortschritte<br />
mithilfe der Alltagsbeobachtungen<br />
der Eltern und Erziehungsberechtigten im<br />
häuslichen Kontext sichtbar zu machen und<br />
gemeinsam zu reflektieren.<br />
Sprachliche Bildung im Alltag unter Einbezug<br />
der sprachlichen Vielfalt<br />
Das Team der Sprachberaterinnen und<br />
-berater hat im Auftrag der Fachabteilung<br />
für Elementarbildung der Tiroler Landesregierung<br />
eine pädagogische Handreichung<br />
mit praktischen Empfehlungen für pädagogische<br />
Teams im Kindergarten ausgearbeitet,<br />
die vor allem Unterstützungsmöglichkeiten<br />
zur alltags-integrierten Sprachförderung<br />
sowie zur Sprachentwicklungsbeobachtung<br />
im häuslichen Kontext aufzeigt.<br />
DER KINDLICHE SPRACHERWERB<br />
KANN IN JEDEM BELIEBIGEN<br />
LEBENS- UND LERNKONTEXT<br />
GANZHEITLICH UND DURCH JEDE<br />
KOMPETENTE BEZUGSPERSON<br />
GEFÖRDERT WERDEN.<br />
Der Leitfaden basiert auf der grundlegenden<br />
Überlegung, dass Sprachentwicklung immer<br />
durch Beziehung und über das Sammeln<br />
von Sinneserfahrung bzw. das Anregen von<br />
Denkprozessen auf ganz natürliche Weise<br />
beim Kind passiert. Somit kann der kindliche<br />
Spracherwerb in jedem beliebigen Lebensund<br />
Lernkontext ganzheitlich und durch<br />
jede kompetente Bezugsperson gefördert<br />
werden. Als wesentlich hervorzustreichen<br />
gilt, dass die Förderung des Kindes in seiner<br />
Erstsprache(n)kompetenz gleichermaßen<br />
zur Förderung seiner Zweitsprachenkompetenz<br />
beiträgt und deren Entwicklung<br />
sogar begünstigt, eben weil das Wahrnehmen,<br />
Denken und Handeln immer ein ganzheitlicher<br />
Prozess ist. In der pädagogischen<br />
Handreichung finden sich daher zu verschiedenen<br />
inhaltlichen Schwerpunkten konkrete<br />
Handlungsmöglichkeiten, die von pädagogischen<br />
Fachkräften als Empfehlung direkt an
tirol.bildet<br />
69<br />
LIEBE KINDER, WIR<br />
HOFFEN, ES GEHT EUCH<br />
GUT?! UNS GEHT ES<br />
GUT. BEI UNS IM WALD<br />
IST ALLES IN ORDNUNG.<br />
AUSZUG DER SPRACHLICH-SPIELERISCHEN IMPULSE<br />
IM WALD, DER ALS „BILDUNGSRAUM“ GENUTZT WIRD.<br />
Eltern und Familien weitergegeben werden<br />
können. Das Interesse an „Bilderbuchkultur<br />
und Vorlesen“ kann beispielsweise durch<br />
den Besuch einer örtlichen Kinderbücherei<br />
bzw. durch die Zurverfügungstellung eines<br />
Ausleihverfahrens des Kindergartens selbst<br />
gefördert werden oder aber auch, indem die<br />
erwachsene Bezugsperson gemeinsam mit<br />
dem Kind Bücher auf einem Online-Marktplatz,<br />
basierend auf den aktuellen Bedürfnissen<br />
des Kindes, aussucht. Das gemeinsame<br />
Lesen bzw. Anschauen von Büchern, das<br />
dialogische Sprechen über damit verknüpfte<br />
Themen sowie auch das bewusste Beobachten<br />
des Kindes bei der selbstständigen<br />
Auseinandersetzung mit dem Buch zu Hause<br />
kann den Fokus des kindlichen Interesses<br />
auf den Literacybereich lenken.<br />
Ebenso kann im häuslichen Alltag auch<br />
der Zugang zur Schriftkultur durch das<br />
Sichtbarmachen von Schriftdokumenten<br />
(Kalender, Einkaufszettel, Zeitschriften etc.)<br />
oder auch durch das gemeinsame Suchen<br />
nach Schriftzeichen oder Piktogrammen<br />
beim Spazierengehen auf einfache Weise<br />
begünstigt werden. Das Aufgreifen der<br />
konkreten Fragen des Kindes, wenn es sich<br />
selbst beim Schreiben versuchen möchte,<br />
zählen dazu wie auch das gemeinsame<br />
Besorgen von Schreibutensilien und<br />
„Schulsachen“, wenn das Kind bereits vor<br />
Schuleintritt Interesse zeigt. Beim Führen<br />
von Gesprächen mit dem Kind kann<br />
auch dem dekontextualisierten Sprechen<br />
besondere Beachtung geschenkt werden.<br />
Dies gelingt bei Erzählungen über vergangene<br />
oder zukünftige Ereignisse (z. B.: den<br />
gemeinsamen Tag reflektieren und Pläne<br />
schmieden, Familienmitglieder erzählen<br />
Geschichten aus ihrer Kindheit,<br />
von der Großfamilie, aus der<br />
Gegend, in der sie aufgewachsen<br />
sind etc.) sowie beim Thematisieren<br />
abstrakter Phänomene wie<br />
das Beschreiben von Gefühlen<br />
oder anderen nicht sichtbaren<br />
Zuständen. Auch das naturwissenschaftliche<br />
Experimentieren<br />
im Alltag gehört dazu: Gemeinsame<br />
Tätigkeiten im Haushalt wie<br />
auch Unternehmungen in der<br />
Natur, für die das Kind besonderes Interesse<br />
zeigt, eignen sich für das gemeinsame<br />
laute Nachdenken. Insbesondere durch<br />
bewusstes Nachfragen können die aktuellen<br />
Gedanken der Kinder aufgegriffen werden.<br />
Im Rahmen der alltagsbasierten Sprachbildung<br />
kann auch explizites Sprachwissen<br />
von Kindern, welches idealerweise schon<br />
vor dem Schuleintritt sichtbar wird, effizient<br />
gefördert werden. Dabei ist es dienlich,<br />
aufmerksam zu sein, ob und wann das Kind<br />
beispielweise zwischen zwei oder mehreren<br />
Sprachen wechselt, ob der kindliche Wortschatz<br />
neben konkreten auch abstrakte<br />
Begriffe beinhaltet oder auch zu welchen<br />
Satzkonstruktionen Kinder in der Lage sind<br />
(Haupt- und Nebensätze). Auch das gemeinsame<br />
Nachdenken über andere Sprachen<br />
fördert den Zugang und das Wissen über<br />
Sprachenvielfalt.<br />
Intensive Bildungspartnerschaft mit den<br />
Eltern als Chance<br />
Alltagsbasierte Sprachbildung, welche über<br />
die Förderung des Kindergartens hinaus<br />
noch durch eine intensive Bildungspartnerschaft<br />
mit Eltern und Erziehungsberechtigten<br />
angereichert wird, birgt die besondere<br />
Chance in sich, die sprachliche Entwicklung<br />
jedes Kindes sehr individuell sowie ganzheitlich<br />
begleiten zu können und damit auch<br />
sein sozial-emotionales Wohlbefinden in<br />
den Fokus zu rücken. Das bewusste Einbinden<br />
der Familiensprache(n) in alltäglichen<br />
sprachförderlichen Maßnahmen (alle im<br />
oberen Abschnitt angeführten Empfehlungen<br />
lassen sich in der Erst- wie auch in der<br />
Zweitsprache umsetzen!) verleiht der Expertise<br />
der Bildungspartnerinnen und -partner<br />
als sprachliche Vorbilder ihrer Herkunftssprachen<br />
sowie als Entwicklungsbegleiterinnen<br />
und -begleiter ihrer eigenen Kinder<br />
eine besondere Wertschätzung.<br />
Gelebte pädagogische Praxis in einer<br />
Tiroler Gemeinde<br />
Dem Kindergarten der Gemeinde Stanz bei<br />
Landeck ist es gelungen, während des Lockdowns<br />
mit Kindern und Eltern auf besondere<br />
Weise in Kontakt zu treten und somit<br />
der Bildungspartnerschaft mit Eltern sowie<br />
der Bildungsarbeit mit Kindern eine ganz<br />
neue Ausdrucksform zu verleihen. An einem<br />
besonderen Platz im Wald, den das pädagogische<br />
Team bereits vor der Krise mit<br />
den Kindern wöchentlich aufsuchte und als<br />
„Bildungsraum“ nutzte, wurde eine Szene<br />
mit sprachlich-spielerischen Impulsen vorbereitet,<br />
welche für Kinder und ihre Familien<br />
ein Anstoß zum Miteinander plaudern, Nachdenken,<br />
Erzählen, Geschichten erfinden und<br />
aufschreiben war. Eltern und Erziehungsberechtigte<br />
hatten die Chance, mithilfe<br />
dieses pädagogischen Angebots ihre Kinder<br />
im Alltag in ihrer sprachlichen Entwicklung<br />
intensiv und individuell zu begleiten.<br />
Der Kindergartenleitung, Frau Maria Senn,<br />
gemeinsam mit ihrer Assistenzkraft ist es<br />
gelungen, durch das Schaffen einer lern- und<br />
sprachanregenden Umgebung außerhalb<br />
des Kindergartens ihren Bildungsauftrag<br />
im Bereich Sprache, Kommunikation und<br />
die Heranführung an Literacy mithilfe einer<br />
gelingenden Bildungskooperation mit Eltern<br />
fortzusetzen und somit einen wesentlichen<br />
Beitrag zur pädagogischen Qualität in der<br />
elementaren Bildungsarbeit zu leisten.<br />
ZUR AUTORIN<br />
MAG. NINA REDLICH, MA ECED<br />
Nina Redlich leitet das Team Sprachberatung<br />
des Landes Tirol und<br />
koordiniert den Fachbereich Elementarpädagogik<br />
im GemNova Bildungspool Tirol.<br />
Kontakt: n.redlich@gemnova.at
70<br />
tirol.bildet<br />
AUS<br />
DER KRISE<br />
LERNEN<br />
März – Freitag, der<br />
13. Lockdown. Gemeinsame<br />
Unternehmungen<br />
verboten.<br />
Kontakt ausschließlich<br />
mit Personen im<br />
eigenen Haushalt.<br />
Veranstaltungen<br />
abgesagt. Aus- und<br />
Weiterbildung undenkbar.<br />
Und dann?<br />
ZUR AUTORIN<br />
MAG. SANDRA<br />
WIMMER<br />
Sandra Wimmer verantwortet<br />
den Bereich Aus- und<br />
Weiterbildung. Sie hat selbst als<br />
Deutschtrainerin gearbeitet und<br />
ist Expertin im Bereich Sprachund<br />
Wissensvermittlung.<br />
Kontakt: s.wimmer@gemnova.at
tirol.bildet<br />
71<br />
Das Leben verläuft nun mal nicht immer<br />
wie eine Autobahn geradeaus. Auch steinige<br />
und unvorhersehbare Passagen sind ein<br />
Teil davon. Jedoch liegt die Kunst darin, die<br />
in den Weg gelegten Steine zu sammeln<br />
und schlussendlich ein Haus daraus zu<br />
bauen. Dieser Gedanke hat auch die Gem-<br />
Nova Akademie während der Zeit von Quarantäne<br />
und Veranstaltungsverbot stetig<br />
begleitet. Kurzerhand wurde eine DSGVOkonforme<br />
Online-Lernplattform implementiert<br />
und die Präsenzkurse in niedrigem<br />
Ausmaß so gut wie möglich weitergeführt.<br />
Jedoch auch hier gab es immer wieder<br />
Brocken, die beseitigt werden mussten:<br />
fehlende technische Ausrüstung, schlechte<br />
Internetverbindung, überlastete Server,<br />
verzweifelte oder sogar unauffindbare Teilnehmerinnen<br />
und Teilnehmer<br />
Zeit, Geduld und Kreativität<br />
Wie alles im Leben benötigte es eine<br />
gewisse Zeit, viel Geduld und kreative Trainerinnen<br />
und Trainer, bis der Online-Unterricht<br />
wieder mit Spaß stattfinden konnte.<br />
Im Laufe der Monate hat sich diese Art<br />
der Aus- und Weiterbildung sehr gut etabliert.<br />
Sogar so gut, dass wir künftig verstärkt<br />
auf Webinare und Blended Learning<br />
(eine Kombination aus Präsenzseminaren<br />
und E-Learning) setzen werden. Somit<br />
konnte mit den vielen Steinen und Brocken<br />
ein tolles, stabiles Haus geschaffen werden.<br />
Eine weitere Baustelle, die sich rund<br />
um die kommunale Fortbildung aufgetan<br />
hat, steht ebenso im Zeichen der Flexibilität<br />
und des maßgeschneiderten, lebenslangen<br />
Lernens. Durch Covid-19 hatten<br />
plötzlich viele deutlich mehr Zeit, welche<br />
für Aus- und Weiterbildungen genutzt werden<br />
konnte. Mithilfe von E-Learning ist es<br />
heutzutage möglich, sich orts- und zeitunabhängig<br />
neues Wissen anzueignen.<br />
Auch das ist künftig über die GemNova<br />
Akademie möglich.<br />
Lernen, trainieren, festigen<br />
Anhand einer Webapp können sowohl<br />
kommunalspezifische als auch allgemeine<br />
Inhalte in Selbstregie gelernt, trainiert<br />
und gefestigt werden. Dies umfasst Neuerungen<br />
zur TGO (Tiroler Gemeindeordnung),<br />
rechtliche Grundlagen zum Freizeitwohnsitz<br />
oder Umgang und Tricks<br />
mit den Office-Programmen, Krisenmanagement<br />
und Präsentationstechniken.<br />
Begleitend zu diesen Themen können<br />
Präsenzseminare besucht werden.<br />
Somit kann jede und jeder selbst entscheiden,<br />
wie viel Zeit in eine Fortbildung<br />
investiert wird. Dies kann sich von einer<br />
kurzen zehnminütigen Sequenz mittels<br />
Smartphone bis zu einem mehrstündigen<br />
Themenkomplex erstrecken.<br />
Alles in allem kann rückblickend gesagt<br />
werden, dass auch aus einer Krise wie dieser<br />
viele positive Neuerungen mitgenommen<br />
werden können: eine Veranstaltungsplattform<br />
mit allen relevanten Aus- und<br />
Weiterbildungen für Gemeinden, Blended-<br />
Learning-Kurse und E-Learning-Seminare.<br />
Dennoch freuen wir uns wieder darauf,<br />
wenn Normalität einkehrt. Trotz der<br />
technischen Möglichkeiten möchten wir<br />
Präsenzseminare nämlich nicht missen.<br />
Wir bieten den Gemeinden<br />
auch individuelle,<br />
maßgeschneiderte Inhouse-Schulungen<br />
an.<br />
Kontakt:<br />
akademie@gemnova.at<br />
Factbox<br />
Alle Veranstaltungen, die für<br />
Gemeinden relevant sind,<br />
können auf der Veranstaltungsplattform<br />
gemeindeveranstaltungen.at<br />
gefunden<br />
werden.<br />
Derzeitige Anbieter sind:<br />
FLGT – Fachverband der<br />
Gemeindebediensteten<br />
Tirols, Bildungsforum, Tiroler<br />
Gemeindeverband, Open-<br />
Digital, Kommunalwerkstatt,<br />
Bauernbund, GemNova Akademie<br />
und Grillhof.
72 tirol.kultur<br />
LESENSWERTE<br />
BÜCHER<br />
INSIDE TÜRKIS<br />
KLAUS<br />
KNITTELFELDER<br />
EMPFOHLEN VON<br />
REINHOLD OBLAK<br />
Edition a<br />
Mai 2020<br />
224 Seiten, € 22,-<br />
Sehr sauber recherchiert. Frech und flott und frei geschrieben. Keine allzu persönlichen<br />
Bewertungen, stattdessen viele Informationen, amüsante Aperçus, alles mit zuweilen<br />
recht trockenem Humor versehen. Die Zusammenhänge erklärend dargestellt, die<br />
jeweilige Vita pointiert zusammengefasst. Der Journalist Klaus Knittelfelder, ein bisher<br />
eher unbekannter Name, selbst gerade mal 28 Jahre jung, hat ein wirklich bemerkenswertes<br />
Buch verfasst. Und ja, die wenigen Männer und noch weniger Frauen im<br />
engsten Kreis des türkisen Kanzlers gehören schon mal in dieser Form porträitiert,<br />
zueinander in Beziehung gestellt. Wichtig auch aufzuzeigen, wie der Hase innerhalb<br />
der gegenwärtigen ÖVP läuft, wer Entscheidungen vorbereitet, das Ohr des Herrn<br />
Kurz hat. Dafür gebührt dem Autor großes Lob, gleichzeitig Respekt und Anerkennung.<br />
Was als beispielgebende Geschichte dieses Netzwerkes freilich fehlt: die Chronologie<br />
zur penibel vorbereiteten Machtübernahme innerhalb der ÖVP, welche Mitterlehner in<br />
den Schatten, Kurz ins Licht stellte. Ins, wie viele meinen, in jenem Fall freilich ziemlich<br />
schlechte Licht.
tirol.kultur<br />
73<br />
Steidl Verlag<br />
Juni 2020<br />
240 Seiten, € 34,-<br />
ISCHGL<br />
LOIS HECHENBLAIKNER<br />
Der renommierte Tiroler Fotograf Lois<br />
Hechenblaikner hat einmal mehr einen<br />
beeindruckenden Bildband vorgelegt.<br />
Diesmal, dem aktuellen Anlass entsprechend,<br />
über den Corona-Hotspot Ischgl.<br />
Seine Aufnahmen zeigen – im Zeitraum<br />
von 26 Jahren – die Auswüchse<br />
des Tourismus in diesem Wintersportort.<br />
Unglaubliche Fotos, schockierende<br />
Bilder, für sich sprechende Aufnahmen.<br />
Deswegen war es auch nicht nötig, diese<br />
mit Bildunterschriften zu versehen.<br />
Hechenblaikner richtet seine Kamera so<br />
zielgenau auf das Treiben im Schnee,<br />
dass die Fotos für sich stehen, keiner<br />
weiteren Worte bedürfen. Und ja, natürlich,<br />
diese öffentlichen Saufgelage, diese<br />
touristischen Auswüchse bedürfen zweierlei:<br />
eines entsprechenden Angebotes,<br />
gleichzeitig vieler Menschen, die dieses<br />
auch nutzen. In Ischgl ist beides zuhauf<br />
vorhanden.<br />
Zwischen Juli 1942 und Oktober 1943 wurden<br />
in den Vernichtungslagern Treblinka,<br />
Sobibor und Belzec mindestens 1,5 Millionen<br />
Jüdinnen und Juden ermordet. Der<br />
harmlose Name für diese systematische<br />
Ermordung von Menschen: „Aktion Reinhard“.<br />
Über viele Umwege gelangten nun<br />
die Fotos von Johann Niemann, stellvertretendem<br />
Lagerkommandanten von Sobibor,<br />
an die Öffentlichkeit. Darüber wird in diesem<br />
ausgezeichnet recherchierten Buch<br />
detailliert berichtet. Mit wissenschaftlicher<br />
Genauigkeit, mit vielen Zahlen, Daten, Fakten.<br />
Vor allem aber auch mit Aussagen<br />
Überlebender, nachgezeichneten Einzelschicksalen,<br />
die der Geschichte erst ihr<br />
ganz persönliches Gesicht geben.<br />
Bemerkenswert an diesen Fotos aus dem<br />
Vernichtungslager Sobibor: sie zeigen die<br />
Selbstherrlichkeit, die lockere Entspanntheit<br />
der Täter, allen voran von Johann Niemann.<br />
Gleichzeitig verschweigen sie das<br />
unsagbare Leid, die unglaubliche Angst,<br />
das grauenhafte Elend der Hunderttausenden<br />
Opfer. Und Sie verschweigen den<br />
Kontext, die Umstände, unter denen diese<br />
Bilder aufgenommen wurden. Ein uneingeschränkt<br />
empfehlenswertes Buch, das<br />
über die Fotos die eine Seite der Medaille<br />
zeigt. Und über den ausgezeichneten<br />
Inhalt, die erklärenden Texte, die schreckliche<br />
andere.<br />
Und dann kam Corona, Covid-19, mit<br />
Ischgl als Zentrum. Während die Tiroler<br />
Politik relativierte, die Hände in Unschuld<br />
wusch und ohnehin alles richtig machte,<br />
zeigt Hechenblaikner mit seinen Bildern<br />
die schrille, die laute, die grausliche<br />
Realität. Von gestern, von heute,<br />
wohl auch wieder von morgen. Selbiges<br />
hat er freilich auch mit seinen anderen<br />
Büchern – Hinter den Bergen, Volksmusik<br />
– gemacht. Dass er damit in Tirol recht<br />
oft als „Nestbeschmutzer“ tituliert, überall<br />
sonst hingegen geachtet und respektiert<br />
wird, spricht wohl für ihn. Ein Buch,<br />
das deshalb vor allem auch in und für<br />
Tirol uneingeschränkt zu empfehlen ist.<br />
Metropol Verlag<br />
Jänner 2020<br />
382 Seiten, € 29,-<br />
FOTOS<br />
AUS SOBIBOR
74 tirol.kultur<br />
ALPENGLETSCHER<br />
FISCHER/RITSCHEL<br />
Wer dieses faszinierende Buch nur in die<br />
Hand nimmt, wird schon überrascht sein.<br />
Der Haptik des Covers wegen greift es<br />
sich wirklich gut an. Dann die großformatigen<br />
Fotos, aufgenommen über viele<br />
Jahrzehnte. Erinnerungen an einst massive<br />
Gletscherströme, gewaltige Aufnahmen<br />
bekannter Berge und schwindender<br />
Eisbrüche. Beim langsamen, sorgfältigen,<br />
staunenden Eintauchen in dieses Buch<br />
werden wir immer wieder an den beeindruckenden<br />
Bildern hängenbleiben. Was<br />
für grandiose Fotos, was für ein Genuss<br />
beim Betrachten.<br />
Dazu viele sehr interessanten Texte.<br />
Bei uns in den Alpen, heißt es etwa, verlieren<br />
die Gletscher zwischen einem<br />
halben und einem Meter Eis. Pro Jahr,<br />
wohlgemerkt. Ist es wärmer, können es<br />
auch schnell mal zwei Meter sein. Der<br />
Klimawandel lässt grüßen. Ausdrücklich<br />
hervorzuheben: die teils sehr persönlichen<br />
Zeilen zum Gletscherschwund, zu<br />
vergangenen Touren in den Ost- und<br />
Westalpen. Ein Buch, das mit viel Herzblut<br />
verfasst wurde. Uneingeschränkte<br />
Leseempfehlung.<br />
Tyrolia Verlag,<br />
Mai 2020<br />
256 Seiten, € 39,-
tirol.kultur 75<br />
PAPA LALALAYA<br />
KRIEMHILD BUHL<br />
Kriemhild Buhl hat ein unglaublich beeindruckendes<br />
Buch geschrieben. Ja, natürlich über ihren Vater, Hermann<br />
Buhl, der in Bergsteigerkreisen nach wie vor<br />
Legendenstatus genießt. Viel mehr freilich noch über<br />
ihre Mutter, Generl, über ihre Schwestern, über sich<br />
selbst. Herausgekommen ist eine fein ziselierte Familiengeschichte,<br />
mit vielen endgültigen Brüchen, mit<br />
großen Hoffnungen, bitteren Enttäuschungen. Verfasst<br />
aus der Sicht der Tochter, der Schwester, eines Kindes,<br />
einer Jugendlichen, einer erwachsenen Frau.<br />
Edition Tandem,<br />
März 2019<br />
265 Seiten, € 22,-<br />
Besonders hervorzuheben ist die Sprache, sind die<br />
grundsätzlichen Gedanken und Überlegungen, ist die in<br />
wunderschöne Worte gefasste Zuneigung zu ihrer Mutter,<br />
Hermann Buhls Frau. Hier wurde mit ganz feiner<br />
Feder geschrieben. Und ja, dieses Buch durchströmt<br />
auch sehr viel Herzblut, intensives Gefühl. Zuweilen ist<br />
es reine Hilflosigkeit, die uns hier entgegentritt. Dann<br />
wieder pralle Lebensfreude, große Nachdenklichkeit,<br />
auch Verzweiflung. Wer dieses Buch zur Hand nimmt,<br />
wird reich beschenkt. Chapeau!<br />
Bergverlag Rother,<br />
Mai 2019<br />
208 Seiten, € 24,90<br />
FELSTOUREN IM<br />
II. UND III. GRAD<br />
OTTO/BAUR<br />
Wer mal ins leichte Klettern hineinschnuppern möchte, der oder dem sei dieses Buch empfohlen.<br />
Vor allem deswegen, weil sich hier eine feine breite, übersichtliche Auswahl an entsprechenden<br />
Zielen findet. Klar, für jemanden, der wirklich klettert, ist ein II. und III. Grad wohl nichts. Für andere<br />
indes kommt auch bei diesen Schwierigkeiten schon mal die „Nähmaschine“ zum Vorschein. Vor<br />
allem, wenn eine gewisse Ausgesetztheit auch noch hinzukommt. Und die ist bei einigen dieser<br />
Touren durchaus vorhanden.<br />
Die recht ausführlichen Beschreibungen sind grundsätzlich in Ordnung, wenngleich in Einzelfällen<br />
ein „Local“ schon mal den Kopf schüttelt. Die Fotos sind mitunter recht nett, was bei einigen<br />
Touren freilich besser wäre, ist ein Topo. Vielleicht ein Anreiz für die nächste Auflage. Besonders<br />
hervorzuheben: die für den ersten Blick hilfreiche Übersichtskarte, die feine Zusammenfassung<br />
der Ziele samt Schwierigkeitsgraden. Und ja, dieses Buch mit knapp 50 Touren deckt von den<br />
Allgäuer Alpen im Westen bis zum Tennengebirge im Osten gleich mehrere schöne Regionen<br />
ab. Kommt bitte immer gesund zurück.
76<br />
tirol.kultur<br />
DRAUF GEPFIFFEN–<br />
WIR BLASEN WEITER!<br />
Den Kopf in die Tuba stecken hätte auch<br />
nichts gebracht – und so haben sich viele<br />
Musikantinnen und Musikanten der Tiroler<br />
Musikkapellen wegen des Virus nicht<br />
aus dem Takt bringen lassen. Denn eine<br />
Woche ohne Probe geht gar nicht.<br />
Von einem Tag auf den anderen nicht<br />
mehr proben, anschließend nicht mehr<br />
gemeinsam zusammensitzen – eine<br />
Vorstellung, die wohl keinem Musikanten<br />
wohl bekommen war. „Bleib dahoam!“ –<br />
für einen Musikanten schlichtweg Freitag<br />
abends ein Fremdwort. Die Musikkapelle<br />
Sautens blieb daheim, war aber deswegen<br />
noch lange nicht leise. Sie machten<br />
bei verschiedenen Aktionen mit. Ab dem<br />
15. März ließen sie – wie in ganz Österreich<br />
– Töne aus den Fenstern und von<br />
Balkonen erklingen oder waren Teil der<br />
Klopapier-Challenge.<br />
Auch bei der Bundesmusikkapelle Ried-<br />
Kaltenbach gestalten sich die Proben nur<br />
anders, was dem Spaß an der Musik keinen<br />
Abbruch tut. „Es finden derzeit Covidbedingt<br />
leider noch keine Platzkonzerte<br />
unserer Bundesmusikkapelle Ried-Kaltenbach<br />
statt. Es ist aber mit großer Freude<br />
zu beobachten, wie fleißig geprobt wird,<br />
und die Covid-Vorgaben eingehalten werden.<br />
Es ist nur zu hoffen, dass bald wieder<br />
Konzerte stattfinden können“, so Bürgermeister<br />
Klaus Gasteiger.<br />
OBEN: Daheim<br />
gemeinsam beim<br />
Proben. (© MK<br />
Sautens)<br />
LINKS:<br />
Die Bundesmusikkapelle<br />
Ried-Kaltenbach<br />
probt derzeit im<br />
Freien. (© BMK Ried-<br />
Kaltenbach)
tirol.sozial 77<br />
EROBERT DAS ZILLERTAL<br />
ZUR AUTORIN<br />
DIPL. SOZ. PÄD. CHRISTIANE MAYER<br />
Christiane Mayer ist seit über 20 Jahren im sozialen<br />
Bereich tätig. YoungStar ist ihr Herzensprojekt, weil es<br />
Jugendliche dort abholt, wo sie gerade stehen und eine<br />
aktive und sinnvolle Beschäftigung bietet.<br />
Kontakt: c.mayer@gemnova.at<br />
Die vier Zillertaler Gemeinden<br />
Schwendau, Hippach, Ramsau<br />
und Hainzenberg starten mit<br />
„YoungStar“, einem tollen Projekt<br />
der GemNova. Dabei wird<br />
Jugendlichen ab 13 Jahren eine<br />
sinnvolle Freizeitbeschäftigung<br />
geboten. Tirolweit übernehmen<br />
diese vier Gemeinden eine<br />
beispielgebende Vorreiterrolle.<br />
Den Auftakt machte in diesen Tagen der<br />
erste „Lernfreude“-Nachmittag im Haus<br />
der Gemeinde. Dabei wurde gemeinsam<br />
gelernt, Englisch wiederholt sowie Hausübungen<br />
erledigt. Die ersten drei „Lernfreude“-Stunden<br />
sind für die teilnehmenden<br />
Kinder kostenlos, die Jugendlichen<br />
hingegen bekamen bereits ihren ersten<br />
Ziller-Taler im Wert von 3,- Euro pro Stunde.<br />
„Ich finde es einfach toll, etwas Neues<br />
auszuprobieren“, so eine Teilnehmerin.<br />
„Ich kann Verantwortung übernehmen und<br />
andere mit meinem Wissen unterstützen.<br />
Da haben wir alle etwas davon.“<br />
wichtig, „das soziale Miteinander zu fördern.<br />
Gerade in dieser für uns alle nicht<br />
einfachen Zeit ist es notwendig, Kinder<br />
und Jugendliche bestens zu unterstützen.“<br />
Für die Projektbetreuung vor<br />
Ort ist die diplomierte Sozialpädagogin<br />
Marion Kogler zuständig. Sie ist die<br />
erste Ansprechpartnerin, sie liefert bei<br />
plötzlich auftretenden Fragen rasche<br />
Antworten.<br />
Um die Kinder und Jugendlichen aneinander<br />
zu gewöhnen, organisierte Kogler<br />
kürzlich einen gemeinsamen Kennenlernen-Nachmittag.<br />
„Natürlich sind dabei<br />
auch Spaß und Spiel nicht zu kurz gekommen“,<br />
so die Pädagogin, die sich von der<br />
Begeisterung der Kinder und Jugendlichen<br />
gleich anstecken ließ.<br />
Ausweitung geplant<br />
Doch YoungStar besteht nicht nur aus<br />
der „Lernfreude“. Als nächster Schritt<br />
ist der Aufbau einer Sommerbörse angedacht,<br />
bei der Jugendliche insbesondere<br />
in soziale Einrichtungen hineinschnuppern<br />
sollen. Und dann gibt es natürlich<br />
auch noch die Idee der Nachbarschaftshilfe<br />
oder von sogenannten Sprachbuddys.<br />
Gemnova Prokurist Niki Kraak: „Die<br />
vier Zillertaler Gemeinden haben einen<br />
tollen Start hingelegt. Wie zu hören ist,<br />
werden bald weitere Gemeinden folgen..“<br />
UNTEN:<br />
Der tirolweite Start von YoungStar erfolgt<br />
im Zillertal. Bgm. Franz Hauser (Schwendau),<br />
Marion Kogler (Projektbetreuung), Bgm. Gerhard<br />
Hundsbichler (Hippach), Christiane Mayer<br />
(GemNova) sowie Niki Kraak (Prokurist<br />
GemNova) (© GemNova)<br />
Soziales Miteinander fördern<br />
Für den Schwendauer Bürgermeister<br />
Franz Hauser ist es dabei besonders
78 tirol.sozial<br />
Schulsozialpädagogik –<br />
what’s that?<br />
ZUR AUTORIN<br />
MAG. CARINA GRUBER<br />
Carina Gruber ist seit Juli 2016<br />
als Sprachtrainerin bei GemNova,<br />
seit Mai 2019 ist sie zudem im<br />
GemNova Bildungspool für die<br />
Koordination der Schulassistentinnen<br />
und Freizeitbetreuerinnen im<br />
Tiroler Unterland zuständig.<br />
Kontakt: c.gruber@gemnova.at<br />
Soziales Lernen als Lerngegenstand gibt<br />
es an diversen Schulstandorten in Tirol<br />
schon seit geraumer Zeit, die Einbettung<br />
in das Konzept der Schulsozialpädagogik<br />
ist hingegen noch nicht so weit verbreitet.<br />
Das erste tirolweite Pilotprojekt startete<br />
im Jahr 2009 an der NMS, damals<br />
noch Hauptschule, in Fieberbrunn im Tiroler<br />
Unterland. Inzwischen haben einige<br />
Gemeinden nachgezogen, unter anderem<br />
die Gemeinde Kössen, welche seit dem<br />
Frühjahr 2017 das Projekt Schulsozialpädagogik<br />
an der hiesigen Neuen Mittelschule<br />
anbietet.<br />
Umgesetzt wird das Projekt Schulsozialpädagogik<br />
an der NMS Kössen seit Anbeginn<br />
von Dipl. Soz.-Päd. Nicole Mayr und<br />
Mag. Bernhard Lang. Die beiden Schulsozialpädagogen<br />
fokussieren sich im<br />
Unterrichtsfach Soziales Lernen auf die<br />
sozialen Belange der Schülerinnen und<br />
Schüler. Klassenverbände sind eine heterogene<br />
Zusammensetzung aus unterschiedlichsten<br />
Charakteren, die mitten<br />
in ihrer Identitätsfindungsphase stecken.<br />
Diese Mischung birgt natürlich ein gewisses<br />
Konfliktpotenzial in sich, und da setzt<br />
die Schulsozialpädagogik an, um mit ausgewählter<br />
Methodik mit den Kindern diese<br />
Thematiken zu bearbeiten.<br />
KLASSENVERBÄNDE<br />
SIND EINE HETEROGENE<br />
ZUSAMMENSETZUNG<br />
AUS UNTERSCHIED-<br />
LICHSTEN CHARAK-<br />
TEREN, DIE MITTEN IN<br />
IHRER IDENTITÄTSFIN-<br />
DUNGSPHASE STECKEN.<br />
Die zu behandelnden Themen verändern<br />
sich natürlich je nach Altersstufe. „Wo es<br />
in der ersten Klasse zu Schulbeginn noch<br />
viel um Eingewöhnung und Kennenlernen<br />
geht, werden in der zweiten Schulstufe<br />
bereits Domänen wie Selbst- und Fremdwahrnehmung,<br />
Egoismus und Narzissmus<br />
sowie Glück und Zufriedenheit thematisiert“,<br />
erläutert Sozialpädagogin Nicole<br />
Mayr. Zudem wird das Angebot auf die<br />
jeweiligen Bedürfnisse der Schülerinnen<br />
und Schüler bzw. der Klassen im Generellen<br />
zugeschnitten. Insbesondere in den<br />
höheren Klassen wird die Themenauswahl<br />
in der Gruppe und auch in enger Abstimmung<br />
mit den Lehrpersonen getroffen.<br />
Überdies werden neben diesen unterrichtsintegrierten<br />
Einheiten auch Beratungsgespräche<br />
von den beiden Schulsozialpädagogen<br />
angeboten. Diese finden<br />
am Standort statt und können sowohl von<br />
Schülerinnen und Schülern, als auch von<br />
Eltern und Lehrpersonen wahrgenommen<br />
werden. Die Nachfrage nach einer solchen<br />
Hilfestellung und Beratungsmöglichkeit ist<br />
groß - Tendenz steigend.<br />
Was die Fördermittel für Schulsozialpädagogik<br />
betrifft, so sind diese seitens des<br />
Landes Tirol auf einen Beitrag aus dem<br />
Resort Bildung beschränkt. Das heißt, das<br />
Angebot wird bis dato von den Gemeinden<br />
selbst finanziert, was für kleinere<br />
Gemeinden mit großen finanziellen Aufwendungen<br />
verbunden ist - das Ergebnis<br />
kann sich jedoch sehen lassen. Umfragen<br />
zufolge sind Eltern, Lehrerinnen und<br />
Lehrer und die wichtigste Zielgruppe, die<br />
Schülerinnen und Schüler selbst, an der<br />
NMS Kössen überaus zufrieden mit dem<br />
Angebot und schätzen das Engagement<br />
seitens der Schulleitung und der Gemeinde<br />
als Schulerhalter in diesem Bereich.<br />
Die Gemeinde Kössen hat die Stelle der<br />
Schulsozialpädagogik an der NMS mit der<br />
Anstellung als Leitung des Jugendzentrums<br />
Kössen kombiniert und somit eine<br />
Vollzeitanstellung für Nicole geschaffen.<br />
Die Kombination aus den beiden Tätigkeiten<br />
ist laut Sozialpädagogin Nicole Mayr<br />
eine sinnhafte Verknüpfung und ermöglicht<br />
ihr ein ganzheitliches Arbeiten mit<br />
den Jugendlichen.<br />
RECHTS: Die eigenständige Erledigung der<br />
Schulaufgaben war eine große Herausforderung.<br />
(© shutterstock)
tirol.sozial<br />
79<br />
Auch in Zeiten des Corona-Lockdowns und<br />
der damit einhergehenden Schulschließungen<br />
und des Umstiegs auf Homeschooling war<br />
die Schulsozialpädagogik eine große Unterstützung<br />
für sowohl Lehrerinnen und Lehrer<br />
als auch Schülerinnen und Schüler an der<br />
NMS Kössen. Schulsozialpädagogin Nicole<br />
Mayr hierzu: „Es ging vor allem darum, die<br />
Lehrpersonen zu unterstützen. Mit Schülerinnen<br />
und Schüler die schwer erreichbar<br />
waren, Kontakt aufzunehmen oder jenen zu<br />
helfen, die Schwierigkeiten mit dieser neuen<br />
Strukturierung des Unterrichts hatten. Es war<br />
eine Fokussierung auf unser Beratungsangebot.“<br />
Zudem musste für manche Lernende<br />
technisches Equipment besorgt werden, da<br />
sie andernfalls gar nicht am digitalen Unterricht<br />
teilnehmen hätten können. Als Fazit<br />
meint die Sozialpädagogin jedoch, dass es<br />
unglaublich sei, wie gut die Youngsters mit<br />
dieser schwierigen Zeit des Homeschoolings<br />
umgegangen seien, vor allem vor dem Hintergrund,<br />
dass einige der Kinder noch kaum<br />
mit den dazu notwendigen Programmen vertraut<br />
waren und die Umstellung in so kurzer<br />
Zeit stattgefunden hatte. Sowohl die selbstständige<br />
Strukturierung des Tages und die<br />
eigenständige Erledigung der Schulaufgaben<br />
zuhause als auch die fehlende soziale Nähe<br />
zu Freunden, welche in dieser Altersgruppe<br />
für die persönliche Entwicklung von großer<br />
Bedeutung ist, zählten zu den großen Herausforderungen<br />
dieser Zeit und wurden in den<br />
„SOL-Einheiten“ und Beratungsgesprächen<br />
der letzten Schulwochen vor den Sommerferien<br />
thematisiert.<br />
Es ist unglaublich, wie gut<br />
die Jugendlichen mit dieser<br />
schwierigen Zeit des Homeschoolings<br />
umgegangen sind.
80 tirol.sozial<br />
GEMEINSAM VERSORGT:<br />
EINE GUTE SACHE, DIE<br />
NACHHALTIG WIRKT<br />
den Partnern des Projektes –<br />
u. a. MPreis, die Rewe-Gruppe,<br />
Hofer und DM – regional für<br />
den Besteller einkaufen.<br />
ZUM AUTOR<br />
MICHAEL KIRCHMAIR<br />
Michael Kirchmair ist seit 2013<br />
bei der GemNova. Er ist Experte<br />
für den Bereich Informations- und<br />
Kommunikationstechnik.<br />
Kontakt: m.kirchmair@gemnova.at<br />
In Corana-Zeiten haben viele an der Versorgung<br />
für jene getüftelt, die Hilfe bei den<br />
täglichen Besorgungen brauchen. Gemeinsam<br />
mit verschiedenen Partnern hat Gem-<br />
Nova ein nachhaltiges System geschaffen,<br />
dass bargeld- und kontaktlose Hilfe<br />
ermöglicht, Freiwillige und Gemeinden<br />
einbindet und allen lokalen Händlern die<br />
Teilnahme ermöglicht. „Die Initiative kam<br />
von der Firma MPreis. Von Anfang an war<br />
aber klar, dass alle ein offenes System wollen“,<br />
sagen die GemNova-Projektbetreuer<br />
Michael Kirchmair und Magnus Gratl. In<br />
einzelnen Gemeinden wurde bereits erfolgreich<br />
getestet. In einem zweiten Schritt<br />
wird „Gemeinsam versorgt“, das auf Nonprofit-Ebene<br />
arbeitet, an professionelle<br />
Dienstleister in der Pflege übergeben.<br />
Was steckt dahinter?<br />
Die Firma Brain Behind hat als genialer<br />
Partner ein einfaches App für Helfer entwickelt,<br />
dass den digitalen Einkauf regelt.<br />
Mittels einer Karte können sie auch bei<br />
Der Hilfesuchende meldet<br />
sich erstmals an und kann<br />
dann unkompliziert per Telefon,<br />
oder auch selbstständig<br />
oder über Hilfsorganisationen<br />
seine Bestellung aufgeben.<br />
„Es geht auch, wenn man den<br />
Einkaufszettel einfach fotografiert<br />
und hochlädt. Schon<br />
ist die Bestellung im System“,<br />
erklärt Michael Kirchmair. Dann<br />
kommt wieder der Helfer zum<br />
Zug. Er erledigt in einem oder<br />
mehreren Geschäften den Einkauf<br />
und bezahlt an der Kasse<br />
bargeldlos im Auftrag des<br />
Bestellers. Der Einkauf wird<br />
samt Kassenbon zugestellt und im System<br />
als erledigt gekennzeichnet. Fertig. „Unser<br />
System funktioniert ohne Lieferschein,<br />
ist offen für alle interessierten Händler in<br />
einem Ort und ermöglicht es dem Bestellenden<br />
sogar, Wünsche zu äußern und für<br />
mehrere Einheiten Aufträge zu erteilen. Für<br />
die Helfer ist es toll, dass niemand mehr in<br />
Vorlage zur Finanzierung gehen muss. Es<br />
wird direkt und bargeldlos – auf Wunsch<br />
auch über ein Treuhandkonto – im Auftrag<br />
des Hilfesuchenden abgewickelt“, sagen<br />
Kirchmair und Gratl.<br />
In allen Bundesländern gibt es interessierte<br />
Gemeinden und Organisatoren.<br />
„Die Entwicklungen von Corona haben uns<br />
überholt. Das System ist soweit fertig und<br />
soll bei einer zweiten Welle vor allem für<br />
professionelle Hilfseinrichtungen bereitstehen.<br />
Erfolgreich in Tirol umgesetzt wurde<br />
‚Gemeinsam versorgt‘ in der Gemeinde<br />
Mils bei Hall. Dort wurde eine Einheit<br />
betreutes Wohnen unkompliziert versorgt“,<br />
erklärt Michael Kirchmair abschließend.<br />
Er dankt allen am Projekt Beteiligten: „Die<br />
Abstimmung zwischen Brain Behind, Raiffeisen,<br />
der Kronenzeitung als Medienpartner<br />
und den vielen Interessenten hat gut<br />
funktioniert. Ein gutes Produkt steht zum<br />
Einsatz bereit.“<br />
OBEN: Der Startschuss erfolgte in Mils bei<br />
Hall in Tirol: Amtsleiter Roland Klingler, miniM-<br />
Filialleiterin Özlem Karakus, Bürgermeister<br />
Peter Hanser (v. l. n. r.). (© GemNova)
BIM<br />
BUILDING INFORMATION MODELING<br />
IST GOLD WERT FÜR DEN BAUHERRN<br />
tirol.hat Recht 81<br />
AUTOREN<br />
CHRISTOPH MÜLLER-THIEDE (M.O.O.CON), DANIEL DEUTSCHMANN (HEID & PARTNER)<br />
UND MIRKO WARZECHA (MENSCH UND MASCHINE)<br />
BIM (Building Information Modeling)<br />
ist in aller Munde. Allerdings<br />
wird es aktuell vorwiegend<br />
aus der Perspektive<br />
von Planerinnen und Planern<br />
und Ausführenden diskutiert.<br />
Die Nutzenstiftung von seiten<br />
der Bau-Auftraggeberinnen<br />
und -geber wird kaum beleuchtet.<br />
Dabei ist BIM eine Methodik und ein Tool,<br />
das seinen vollen Nutzen erst entfaltet,<br />
wenn es über den gesamten Lebenszyklus<br />
einer Immobilie angewendet wird.<br />
Und damit rückt der Nutzen von BIM in<br />
den Fokus von Auftraggebernnen, Nutzern,<br />
Betreiberinnen sowie Investoren.<br />
Gemeinden sind oftmals Auftraggeber<br />
sowie Investoren von Immobilienprojekten<br />
und treten in der Folge häufig zugleich<br />
als Nutzer und Betreiber auf, weshalb<br />
BIM insbesondere auch im kommunalen<br />
Bereich vermehrt ein wichtiges Thema<br />
sein wird. Um diese Perspektive entsprechend<br />
in den Fokus zu rücken, haben sich<br />
drei Partner aus den Bereichen Projektmanagement,<br />
Recht und Digitale Modelle<br />
zusammengeschlossen und eine Veranstaltungsreihe<br />
zum Thema „BIM – Die<br />
erfolgreiche Umsetzung für den Bauherrn“<br />
ins Leben gerufen. Denn: Das sind die drei<br />
Bereiche, die notwendig sind, um ein BIM-<br />
Projekt aus Sicht von Auftraggeberinnen<br />
und -gebern erfolgreich zu machen.<br />
Worum geht es denn nun eigentlich aus<br />
Sicht des Bauherrn? Zu allererst gilt es,<br />
den – je nach Projekt individuellen – Nutzen<br />
zu identifizieren. Je nachdem, ob ich<br />
geberin oder -geber eines Gebäudeprojekts<br />
Nutzerin, Betreiber und/oder Investorin<br />
bin, sieht die Nutzenstiftung anders<br />
aus. Aus jeder dieser Perspektiven können<br />
unterschiedliche Vorteile durch eine<br />
Anwendung von BIM erzielt werden.<br />
Grundlage für nutzenstiftendes BIM ist<br />
in jedem Fall der strukturierte und im<br />
Projektfortschritt detailliert werdende<br />
Datenaufbau. Diese Daten gliedern sich<br />
in statische Daten (so wie das Gebäude<br />
übergeben wird) und dynamische Daten<br />
(Daten aus der Nutzung des Gebäudes).<br />
Zusammen erhält man einen digitalen<br />
Zwilling, der auf Knopfdruck Informationen<br />
zum aktuellen Zustand von Bauelementen<br />
und Anlagen liefert, aber auch<br />
zu Nutzungsverhalten und Auslastung der<br />
unterschiedlichen Bereiche und Räume.<br />
Aus Nutzersicht können mit diesen Daten<br />
das Nutzungsangebot verbessert und beispielsweise<br />
Echtzeitdaten zur Auslastung<br />
eingesehen werden. Aus Betreibersicht<br />
können mit diesen Daten Facility Management<br />
(FM) Services zielgerichtet gesteuert<br />
und optimiert werden. Aus Investorensicht<br />
sind Werterhaltung der Immobilie<br />
sowie Kostensicherheit in Errichtung und<br />
Betrieb die relevantesten Faktoren.<br />
Sobald sich der Bauherr im Klaren ist, welche<br />
dieser Anwendungen für ihn wichtig<br />
sind, geht es um die Frage: Was muss<br />
ich als Auftraggeberin oder-geber tun,<br />
damit diese tatsächlich Realität werden<br />
und einen Nutzen stiften?<br />
Unsere Antwort spiegelt die drei nachfolgenden<br />
– für ein BIM-Projekt – erfolgsrelevanten<br />
Kompetenzen wider:
82 tirol.hat Recht<br />
TEIL 1<br />
Projektmanagement<br />
Aus Sicht des Projektmanagements muss<br />
der Bauherr, nachdem er seine BIM-Strategie<br />
– also die relevanten Anwendungsfälle<br />
– festgelegt hat, die dazu passende<br />
Projektorganisation aufsetzen. Wichtig<br />
dabei ist, Klarheit über die Modellverantwortung<br />
zu schaffen sowie Strukturen für<br />
das Qualitätsmanagement zu etablieren,<br />
das passende Beschaffungsmodell auszuwählen<br />
und dafür zu sorgen, dass an<br />
den Schnittstellen Planung-Ausführung-<br />
Betrieb die korrekte Übergabe der Modellverantwortung<br />
definiert ist, sodass die<br />
Daten ohne Informationsverlust weitergegeben<br />
werden. Mit dieser Grundlage<br />
ist der Bauherr in der Lage, die entsprechenden<br />
Leistungsbilder für die Auftragnehmerinnen<br />
und -nehmer zu erstellen<br />
sowie die Bestellqualität für das digitale<br />
Modell – die so genannte Auftraggeber-<br />
Informationsanforderung (AIA) – zu formulieren.<br />
So wie Bau-Auftraggeberinnen und<br />
-geber auch für das physische Gebäude<br />
einen Bedarf formulieren, müssen damit<br />
Architektinnen und Architekten und Fachplanerinnen<br />
- und planer wissen, was sie<br />
zu planen haben, müssen sie dies auch für<br />
das digitale Gebäudemodell tun.<br />
Die größte Herausforderung besteht darin,<br />
dass viele dieser Angaben und Festlegungen<br />
in der Strategie- und Initiierungsphase<br />
eines Gebäudeentwicklungsprojektes<br />
erfolgen müssen. Also zu einem Zeitpunkt,<br />
zu dem noch kein Plan gezeichnet ist. Zu<br />
so einem frühen Zeitpunkt ist der Bauherr<br />
aufgefordert, die für ihn nutzenstiftenden<br />
Anwendungsfälle eines BIM-Modells für<br />
den gesamten Lebenszyklus – also auch<br />
für den Betrieb – zu definieren. Gelingt dies,<br />
ist der Bauherr in der Lage viele Jahrzehnte<br />
lang von einem lückenlosen, auf die Bedarfe<br />
zugeschnittenen digitalen Gebäudemodell<br />
zu profitieren und damit den Wert und Nutzen<br />
der Immobilie deutlich zu erhöhen.<br />
TEIL 2<br />
Rechtliche Aspekte<br />
Im Zusammenhang mit dem Einsatz von<br />
BIM sind verschiedene strategische, vergabe-<br />
und vertragsrechtliche Punkte zu<br />
beachten. Das BIM-Abwicklungsmodell<br />
regelt die konkrete Vergabe- und Vertragsstrategie<br />
für das Projekt und in welcher<br />
Phase die Modellverantwortung bei<br />
welchem Projektbeteiligten liegt.<br />
Für die erfolgreiche Realisierung von BIM-<br />
Projekten bedarf es darüber hinaus der<br />
Festlegung neuer Leistungsbilder (z. B.<br />
„BIM-Manager“, „BIM-Koordinator“), einer<br />
Verantwortungsmatrix, von Regelungen<br />
zur Datenspeicherung und zu Nutzungsrechten<br />
sowie von zusätzlichen (einheitlichen)<br />
Vertragsbedingungen für alle Beteiligten<br />
(sogenannte „BIM-BVB“). Bei der<br />
Wahl eines konkreten Vertragsmodells<br />
ist grundlegend zwischen „gebündelter“<br />
Beauftragung und Einzelverträgen zu<br />
unterscheiden.<br />
Ein Praxisbeispiel<br />
Als vergaberechtliche Strategie für das<br />
Tiroler BIM-Pilotprojekt „Neubau der<br />
HBLFA Rotholz“ wurde festgelegt, zwei<br />
Vergabeverfahren zur Findung eines<br />
Generalplaners (GP) und eines Generalunternehmers<br />
„Plus“ (GU+) durchzuführen.<br />
Beide Verfahren wurden als<br />
Verhandlungsverfahren mit vorheriger<br />
europaweiter Bekanntmachung gemäß<br />
des Bundesvergabegesetzes durchgeführt,<br />
um die gemeinsame Festlegung<br />
eines hinreichend genauen Leistungsumfangs<br />
(insbesondere für das BIM-Modell<br />
und die Schnittstellen) zu ermöglichen.<br />
Das Leistungsbild des GP umfasste u.<br />
a. die Gebäudemodellbearbeitung mittels<br />
BIM, somit die Erstellung eines<br />
„as-planned-Model“. Der GU+ wurde<br />
im Anschluss beauftragt, das vom GP<br />
zur Verfügung gestellte BIM-Modell für<br />
alle Fachbereiche weiterzuführen und<br />
ein „as-built-model“ zu erstellen, womit<br />
eine vollständige Gebäude- und Bauteilerfassung<br />
im BIM-Modell erreicht werden<br />
konnte. Die Verantwortung für das<br />
BIM-Modell lag zunächst beim GP, ging<br />
später an den GU+ über und verblieb bis<br />
zur Übernahme des Bauwerks durch den<br />
Bauherrn und Übergabe des BIM-Modells<br />
bei diesem. Dabei oblag es dem GU+,<br />
den optimalen Übergabezeitpunkt des<br />
Modells vom GP auf den GU+ zu bestimmen.<br />
Der GU+ verantwortete ab diesem<br />
Zeitpunkt in Eigenverantwortung die Planungsfortschreibung<br />
und die Verteilung<br />
der einzelnen Rollen (z. B. BIM-Koordinator).<br />
TEIL 3<br />
Digitale Modelle<br />
Wie bereits eingangs erwähnt, liegt es<br />
an den Auftraggeberinnen und -gebern,<br />
bereits in der Entwurfs- und Planungsphase<br />
klarzustellen, wofür das zentrale<br />
Datenmodell am Ende dienen soll und in<br />
welcher Phase welche Informationen im<br />
Modell erfasst werden. Man spricht in diesem<br />
Zusammenhang u. a. vom Level of<br />
Information (LoI) und Geometry (LoG). Diese<br />
Regeln müssen klar im BIM-Lastenheft<br />
(AIA – Auftraggeber-Informationsanforderungen)<br />
definiert werden (z. B. wann und in<br />
welchem Format welche Daten übergeben<br />
werden). Digitale Modelle sind nicht nur<br />
saubere 3D-Modelle, sondern speichern<br />
die richtigen Informationen, die später für<br />
den Betrieb wichtig sind und wachsen mit<br />
der Bauphase und im Betrieb.<br />
Als Auftraggebergeberin und -geber möchte<br />
man jederzeit wissen, wie der Stand<br />
des Projektes ist. Demnach ist in der Realisierung<br />
und Ausführung eine gemeinsame<br />
virtuelle Arbeitsumgebung – eine CDE
tirol.hat Recht 83<br />
(Common Data Environment)<br />
–, die den digitalen<br />
Austausch von Projektinformationen<br />
ermöglicht,<br />
wichtig. Dies erhöht<br />
nicht nur die Transparenz,<br />
sondern ermöglicht<br />
sowohl ein Controlling<br />
über den gesamten Projektfortschritt<br />
und auch<br />
die dokumentierte Verwaltung<br />
von Aufgaben.<br />
Zudem wird durch diese<br />
verbesserte Kommunikation<br />
die Entscheidungsfindung<br />
erleichtert.<br />
Die möglichst papierlose<br />
Bau- und Ausführungsphase<br />
(BIM2Field) dient<br />
zur tatsächlichen Mengenermittlung,<br />
zur Bauablaufsimulation<br />
und<br />
zum Kostenmanagement.<br />
Während der Ausführung<br />
können Informationen von<br />
Objekten beispielsweise<br />
über QR-Codes ins Modell<br />
zurückgeschrieben werden.<br />
So erreicht man die Sicherung der<br />
Fortschreibung des Datenmodells sowie<br />
eine Baufortschrittsvisualisierung und<br />
-analyse, wodurch Termin- und Kostensicherheit<br />
im Projekt besser gewährleistet<br />
werden können.<br />
Durch die Übergabe eines digitalen<br />
Modells an den Betrieb bleiben wichtige<br />
Informationen erhalten. Das richtige Aufbereiten<br />
und Einspielen der Daten in die<br />
CAFM-Umgebung (Computer Aided Facility<br />
Management) ist essenziell für die<br />
weitere Nutzung und muss von Beginn an<br />
mitgedacht werden. Bei der Übertragung<br />
der BIM-Daten ins Facility-Management-<br />
BILD: Projekt<br />
Rotholz (© DI Hannes<br />
Buchinger)<br />
System (BIM2FM) ist es wesentlich, dass<br />
mittels BIM-Profile alle Parameter festgelegt<br />
werden, die ins FM-System übernommen<br />
werden sollen. Nur so ist die<br />
Nutzenstiftung von BIM auch im Gebäudebetrieb<br />
sichergestellt.<br />
Heid & Partner Rechtsanwälte ist eine<br />
Partnerkanzlei von GemNova und hat<br />
eine Tirol Niederlassung in den Büroräumlichkeiten<br />
der GemNova.<br />
Der Vergabemodus beim<br />
Projekt HBLFA Rotholz als<br />
GU+ ist eine richtungsweisende<br />
Möglichkeit der<br />
öffentlichen Vergabe, bei<br />
der Qualität, Kosten und<br />
Termine exakt eingehalten<br />
werden. Die Umsetzung<br />
als eines der ersten<br />
BIM-Projekte in Tirol kann<br />
als gelungener Einstieg in<br />
diese Methode und Technologie<br />
bewertet<br />
werden.<br />
BM DI<br />
ANTON<br />
RIEDER
84 tirol.sucht Menschen<br />
VITALREGION<br />
ÜBER INNSBRUCK<br />
EIN IN MEHRFACHER HINSICHT HOCHINTERESSANTES PROJEKT<br />
Die „Vitalregion über Innsbruck“,<br />
eine Kooperation der Gemeinden<br />
Ellbögen, Patsch, Vill, Igls,<br />
Lans, Aldrans, Sistrans, Tulfes<br />
und Rinn im Freizeit- und Touristikbereich,<br />
ist ein in mehr-<br />
facher Hinsicht hochinteressantes<br />
Projekt.<br />
Die neun Gemeinden möchten gemeinsam<br />
die Region weiterentwickeln. Die<br />
Vorteile sollen dabei sowohl für Einheimische<br />
als auch für Touristinnen und<br />
Touristen und Tagesgäste spürbar und<br />
erlebbar werden. Darüber hinaus entstand<br />
im Rahmen des Projekts aber auch eine<br />
spannende Jobmöglichkeit, welche als Vorreitermodell<br />
für den kommunalen Arbeitsmarkt<br />
dienen kann.<br />
Welche Ziele verfolgen die kooperierenden<br />
Gemeinden im Detail? Johannes Strobl,<br />
Bürgermeister der Gemeinde Aldrans,<br />
schildert das Besondere an dieser Zusammenarbeit:<br />
„Die Vitalregion ist ein Zusammenschluss<br />
über die Planungsverbandsgrenzen<br />
hinaus. Wir verfolgen das Ziel,<br />
unsere gemeinsamen Interessen stärker<br />
zu vertreten und den größeren Nutzen,<br />
der aus der Zusammenarbeit entsteht,<br />
zu lukrieren.“<br />
Synergien über Jobmodell nutzen<br />
Die Gemeinde Aldrans spielt dabei eine<br />
besondere Rolle, denn die Administration<br />
der Vitalregion ist im Gemeindeamt angesiedelt.<br />
Eine Mitarbeiterin der Gemeinde<br />
ist zu einem Teil für das Aldranser Bürgerservice<br />
zuständig, zum anderen übernimmt<br />
sie die Projektkoordination für die<br />
gesamte Vitalregion.<br />
„Wir haben uns entschieden, Aufgaben aus<br />
der Gemeindeverwaltung und der Vereinsadministration<br />
zusammenzuführen, um<br />
durch dieses Angebot erstens ein attraktiver<br />
Arbeitgeber zu sein und vor allem, was<br />
für uns ganz wichtig ist, Gemeinsamkeiten<br />
und Synergien zwischen den beiden Verwaltungsaufgaben,<br />
für das Bürgerservice<br />
einerseits und die Vitalregion andererseits,<br />
zu nutzen. Dies in einer Person zu verbinden,<br />
macht Sinn und ist die Zukunft“, so<br />
Bürgermeister Strobl.<br />
Die Tiroler Gemeinden sind laufend auf<br />
der Suche nach verlässlichen und engagierten<br />
Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern.<br />
Dabei sind Stellen in den unterschiedlichsten<br />
Bereichen zu besetzen,<br />
um sämtliche Services für die Bürgerinnen<br />
und Bürger bieten zu können. „Um<br />
die Tiroler Gemeinden als attraktive<br />
Arbeitgeber zu positionieren, kommen<br />
vermehrt innovative Beschäftigungsmodelle<br />
zum Einsatz“, so Maximilian Huber,<br />
bei der GemNova für das Personalmanagement<br />
zuständig.<br />
Ein Paradebeispiel hierfür ist die gemeinsam<br />
mit der GemNova, dem Unternehmen<br />
der Tiroler Gemeinden, ausgeschriebene<br />
Stelle in der Gemeinde Aldrans.<br />
Jobattraktivität stark erhöht<br />
Die ausgeschriebene Position im Bereich<br />
Verwaltungsmanagement vereint zwei<br />
unterschiedliche Aufgabengebiete, welche<br />
sich zu einem attraktiven Vollzeit-Jobangebot<br />
ergänzen. Mit Alexandra Skamen<br />
konnte eine engagierte und sehr kompetente<br />
Person für diese Stelle gefunden werden.<br />
„Die Tätigkeit ist äußerst interessant<br />
und vielseitig. Man hat sehr viel mit unterschiedlichsten<br />
Menschen zu tun. Aufgrund<br />
der Tätigkeit für die Vitalregion sogar über<br />
die Gemeindegrenzen hinaus. So erfährt<br />
man auch, was in allen Nachbargemeinden<br />
los ist. Ich finde das sehr spannend“, freut<br />
sich Skamen über die vielen Herausforderungen<br />
in ihrem Aufgabengebiet.
tirol.sucht Menschen 85<br />
LINKS: Bgm.<br />
Johannes Strobl<br />
fand mit GemNova<br />
eine professionelle<br />
Unterstützung in der<br />
Personalsuche.<br />
(© GemNova)<br />
RECHTS: Die<br />
Gemeinde Aldrans ist<br />
Teil der Vitalregion<br />
über Innsbruck.<br />
(© Innsbruck Tourismus/Tom<br />
Bause)<br />
Professionelles Recruiting als Weg zum<br />
Erfolg<br />
„Die Tiroler Gemeinden mit ihren dazugehörigen<br />
Einrichtungen bieten eine umfassende<br />
Bandbreite an interessanten und zugleich<br />
herausfordernden Jobmöglichkeiten. Um allerdings<br />
hochqualifiziertes Personal zu finden,<br />
wird die Durchführung eines professionellen<br />
Recruiting-Prozesses immer wichtiger. Von<br />
der Festlegung der detaillierten Anforderungen<br />
und Schaltung von Stelleninseraten über ein<br />
umfangreiches Analyse- und Screening-Verfahren<br />
der Bewerbungen bis hin zur Abhaltung<br />
von Hearings – die geeigneten Personen<br />
zu finden, wird zunehmend komplexer<br />
und erfordert ein großes Maß an fachlichen<br />
sowie zeitlichen Ressourcen“, so Maximilian<br />
Huber. „Durch die Vielzahl an täglichen Aufgaben<br />
in der Verwaltung verfügen Gemeinden<br />
oft nicht über ausreichend Ressourcen sowie<br />
das umfassende Netzwerk. Außerdem ist mit<br />
einer externen Abwicklung über die GemNova<br />
eine transparente und neutrale Personalsuche<br />
garantiert. So konnten auch wir für die<br />
Gemeinde Aldrans und die Vitalregion mit Alexandra<br />
Skamen in kurzer Zeit eine qualifizierte<br />
Person für die ausgeschriebene Stelle finden“,<br />
fasst Bürgermeister Strobl zusammen.<br />
Erfahren Sie mehr mehr<br />
über Jobs in den Gemeinden<br />
im Videobeitrag bei<br />
279.TIROL auf YouTube.<br />
AUTOR<br />
MANFRED SCHIECHTL
86 tirol.ist schön<br />
TIROLER SEEN –<br />
VIELFÄLTIG<br />
UND WUNDERSCHÖN
tirol.ist schön<br />
87<br />
ZUM FOTOGRAFEN<br />
FELIX RICHTER<br />
Felix Richter studierte Journalismus<br />
an der Universität von Rio<br />
de Janeiro. Seit 1997 war Richter<br />
als Berufsfotograf, Verleger und<br />
Schriftsteller in Brasilien tätig. Er<br />
veröffentlichte 20 Fotografiebücher,<br />
fünf Romane und hatte<br />
zahlreiche Fotoausstellungen. 2017<br />
übersiedelte Richter mit seiner<br />
Familie nach Innsbruck und arbeitet<br />
heute als Social-Media-Manager<br />
und Fotograf.<br />
Kontakt: f.richter@gemnova.at<br />
BILD: Achensee –<br />
der größte See Tirols<br />
mit einer Tiefe von<br />
bis zu 133 Metern.<br />
(© Felix Richter)
88 tirol.ist schön<br />
OBEN: Ein Naturjuwel,<br />
der Hintersteiner<br />
See, liegt oberhalb von<br />
Scheffau im Naturschutzgebiet<br />
Kaisergebirge.<br />
(© Felix Richter)<br />
UNTEN: Am Fuße des<br />
Fernpasses gelegen ist<br />
der Blindsee aufgrund der<br />
versunkenen Baumstämme<br />
besonders beliebt bei<br />
Taucherinnen und<br />
Tauchern. (© Felix Richter)<br />
RECHTS: Der Obernbergersee<br />
liegt auf ca.<br />
1.600 Meter Seehöhe und<br />
gilt als beliebtes Wanderziel<br />
für Naturliebhaber.<br />
(© Felix Richter)
tirol.ist schön<br />
89
90 tirol.ist schön
tirol.ist schön 91<br />
LINKS:Der Piburger<br />
See bei Ötz ist einer der<br />
wärmsten Seen Tirols<br />
und nur zu Fuß erreichbar.<br />
(© Felix Richter)<br />
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92 tirol.blickt über die Grenzen<br />
INTERKOMMUNALE<br />
ZUSAMMENARBEIT<br />
IN VORARLBERG<br />
AUTOR<br />
GEORG KEUSCHNIGG<br />
Beim westlichen Nachbarn stellen<br />
sich die Gemeinden in vielen<br />
Bereichen neu auf – im Gespräch<br />
mit Oliver Christof vom Vorarlberger<br />
Gemeindeverband.<br />
Das Land Vorarlberg und der Vorarlberger<br />
Gemeindeverband haben vor elf<br />
Jahren eine Stelle eingerichtet, die sich<br />
mit der Beratung und Entwicklung von<br />
neuen interkommunalen Formen der<br />
Zusammenarbeit befasst. Mit ihrer Leitung<br />
wurde Oliver Christof betraut. Georg<br />
Keuschnigg von der GemNova bat ihn um<br />
eine Zwischenbilanz.
tirol.blickt über die Grenzen<br />
93<br />
In Vorarlberg werden seit einigen Jahren<br />
neue interkommunale Strukturen entwickelt.<br />
Was wird konkret gemacht?<br />
In den letzten fünf Jahren sind zu den bestehenden<br />
interkommunalen Strukturen folgende neue<br />
dazugekommen:<br />
Bereich IT-Betreuung, Geografisches Informationssystem<br />
(GIS): IT-Kompetenzzentrum<br />
Bludenz/Walgau/Montafon (derzeit 22 von 25<br />
Gemeinden); EDV-Betreuung in der Region Vorderland<br />
(sechs von 13); IT amKumma (vier von<br />
vier); IT-Fachbereich der Region Leiblachtal (fünf<br />
von fünf); Kompetenzzentrum GIS Hohenems-<br />
Kummenberg (fünf Gemeinden).<br />
Bereich Personal: Zusätzlich zu den bestehenden<br />
Personalverwaltungen (Bludenz, Dornbirn,<br />
Feldkirch) wurde 2018 das Kompetenzzentrum<br />
Personalverwaltung Hard eingerichtet. Derzeit<br />
gehören ihr zwei Gemeinden von zehn an.<br />
Baurechtsverwaltung: Zusätzlich zu den bestehenden<br />
Baurechtsverwaltungen (Großes Walsertal,<br />
Klostertal-Arlberg, AmKumma, Blumenegg,<br />
Montafon, Walgau West) wurde 2017 die Baurechtsverwaltung<br />
Bregenzerwald gegründet (16<br />
von 24).<br />
Finanzverwaltungen: Zusätzlich zur bestehenden<br />
Finanzverwaltung für die Gemeinden<br />
der Region Vorderland wurden in den letzten<br />
Jahren folgende neue gegründet: Finanzverwaltung<br />
Montafon für neun von zehn Gemeinden<br />
und Stand Montafon; Finanzverwaltung<br />
Hofsteig: drei Gemeinden von sieben; Finanzund<br />
Rechnungswesen Walgau West: drei<br />
Gemeinden von acht; Finanzdienstleistungszentrum<br />
Blumenegg mit sieben Gemeinden;<br />
Finanzverwaltung Leiblachtal: fünf Gemeinden<br />
von fünf. Neu ist auch die gemeinsame<br />
Parkraumüberwachung Hofsteig für vier von<br />
sieben Gemeinden.<br />
Wie sind diese Kooperationen<br />
organisiert?<br />
Die Mehrzahl der neuen IKZ-Formen<br />
wurden als Verwaltungsgemeinschaften<br />
umgesetzt, weil es<br />
sich hier um eine zwar formalisierte,<br />
aber einfache und unbürokratische<br />
Form der Zusammenarbeit<br />
handelt. Der Einstieg in die interkommunale<br />
Zusammenarbeit ist<br />
damit relativ leicht, mittlerweile<br />
haben wir auch schon viel Erfahrung<br />
mit dieser Rechtsform. Beim<br />
Gemeindeverband besteht wiederum<br />
eine höhere Rechtssicherheit.<br />
Welche Aufgaben werden erfüllt?<br />
Meine Beschreibungen sind naturgemäß unvollständig,<br />
aber der Reihe nach:<br />
Baurechtsverwaltungen: Im Rahmen der Verwaltungsgemeinschaft<br />
sind im Namen der<br />
Gemeinde die gesamten Agenden des Baurechtes<br />
im Sinne des Baugesetzes gemeinschaftlich<br />
zu besorgen.<br />
IT-Betreuung: Lizenzverwaltung für die<br />
Gemeinden; Rechteverwaltung; Organisationsberatung,<br />
Schulung; ProOffice (Facility Management);<br />
Unterstützung bei der Einführung Zusatzprogrammen<br />
(Wirtschaftshof, Kassabuch) u. a.<br />
Finanzverwaltungen: Strategisches Finanzmanagement,<br />
Buchhaltung und Rechnungswesen,<br />
Förderwesen, Erstellung von mittelfristigen<br />
Finanzplanungen, Liquiditätsmanagement,<br />
Darlehensmanagement, Unterstützung in steuerlichen<br />
Angelegenheiten, Erarbeitung von<br />
Finanzkennziffern und Aufbau eines Benchmarksystemes,<br />
Gebühren- und Tarifkalkulationen,<br />
Unterstützung bei der Erstellung von<br />
Voranschlägen und Rechnungsabschlüssen,<br />
LINKS: Ausblick vom<br />
Gipfel des Hochhäderichs in<br />
Vorarlberg (© Johannes Fink)<br />
OBEN: Oliver Christof<br />
(© privat)
94 tirol.blickt über die Grenzen<br />
Koordinierung und Übernahme von Buchhaltungsagenden,<br />
Steuer- und Abgabenwesen.<br />
Personalverwaltungen: Personalverwaltung<br />
und die Gehaltsverrechnung der Mitarbeiterinnen<br />
und Mitarbeiter der Mitgliedsgemeinden.<br />
Abfall und Umwelt: Gemeindeverband<br />
für Abfallwirtschaft und Umweltschutz:<br />
Sammlung und Verwertung, Abfallberatung,<br />
Verwaltung Abfallwirtschaft und<br />
Umweltprojekte. Über den Umweltverband<br />
wird für alle 96 Vorarlberger Gemeinden<br />
die Sammlung und Verwertung vieler<br />
Abfall- und Altstoffarten ausgeschrieben.<br />
Gleichzeitig wird dafür gesorgt, dass die<br />
Kosten für die Gemeinden – und damit für<br />
die Bürgerinnen und Bürger – im Rahmen<br />
bleiben. Der Gemeindeverband für Abfallwirtschaft<br />
und Umweltschutz verhandelt<br />
im Interesse der Kommunen Verträge und<br />
Tarife für die Abfallsammlung und Abfallverwertung.<br />
Nachhaltige Beschaffung (Themenbereich<br />
des Vorarlberger Gemeindeverbandes–Alt;<br />
Beschaffungs- und<br />
Vergabemanagement): ÖkoBeschaffungsService<br />
(ÖBS), Nachhaltig Bauen in<br />
der Gemeinde und Vergabemanagement;<br />
als Verwaltungsgemeinschaft organisiert,<br />
72 Gemeinden nehmen teil. Mit dem<br />
Servicepaket "Nachhaltig: Bauen" in der<br />
Gemeinde unterstützt der Vorarlberger<br />
Gemeindeverband gemeinsam mit seinen<br />
Partnern Energieinstitut Vorarlberg<br />
und Spektrum Bauphysik & Bauökologie<br />
die Vorarlberger Gemeinden. Mit einem<br />
Satz: Wir unterstützen auf Wunsch den<br />
gesamten Prozessablauf zum nachhaltigen<br />
Gebäude.<br />
Abgabenprüfung: Aufgabe der Verwaltungsgemeinschaft,<br />
an der 55<br />
Gemeinden beteiligt sind, ist die Durchführung<br />
der Nachschau (§ 144 BAO) und<br />
der Außenprüfung (§§ 147 ff BAO).<br />
Wie geht es weiter?<br />
Wir haben eine Reihe von Projekten<br />
in Vorbereitung. Für vier Gemeinden<br />
kon- zipieren wir gerade eine gemeinsame<br />
Gemeindesicherheitswache. In<br />
der Konzeptionsphase befindet sich<br />
auch eine Sozialraumplanung für mehrere<br />
Großregionen (26 Gemeinden). Für<br />
13 Gemeinden entwickeln wir einen strategischen<br />
Kooperationsplan. Das Projekt<br />
ist bereits beschlossen und befindet sich<br />
in der ersten Umsetzungsphase. Neun<br />
Gemeinden entwickeln eine weitere<br />
Finanzverwaltung. Im Bereich Digitalisierung<br />
beschäftigen wir uns mit der<br />
Überarbeitung und Priorisierung der ca.<br />
350 Produkte und Dienstleistungen.<br />
Vielen Dank für diese Informationen<br />
und weiterhin viel Erfolg bei der Realisierung<br />
der ambitionierten Projekte!<br />
KOMMENTAR<br />
Vorarlberg scheint, was Kooperationen<br />
angeht, schon sehr weit zu sein. Klar,<br />
das Bundesland ist kleiner und schon<br />
allein geografisch kompakter als Tirol.<br />
Das macht schon vieles einfacher,<br />
weil sich die handelnden Personen<br />
näher sind und dadurch auch vertrauter<br />
sind. Was man in Vorarlberg deutlich<br />
sieht: Es gibt offensichtlich ein<br />
klares und sehr breites Bekenntnis<br />
zu Kooperationen. Von der Landesregierung<br />
über den Gemeindeverband<br />
bis hin zu den einzelnen Gemeinden.<br />
Wie sich die Umsetzung in Form von<br />
Verbänden und Verwaltungsgemeinschaften<br />
in der Praxis bewähren wird,<br />
wird sich zeigen. Die Sorge, dass es<br />
eine unüberschaubare Zahl an diesen<br />
Konstellationen gibt, ist berechtigt<br />
und damit sicherlich auch die Sorge,<br />
dass Bürgermeistinnen und -meister<br />
in unzähligen Sitzungen ihre Zeit verbringen.<br />
Unser Modell der Regionalen<br />
Gemeinde ServiceCenter (siehe dazu<br />
den Beitrag „Die Reise ins Ungewisse“<br />
auf den Seiten 13 – 15) ist eine Alternative<br />
dazu. Wir werden dieses Modell<br />
in den nächsten Jahren verfolgen, da<br />
es unserer Überzeugung nach sehr<br />
flexibel ist und den Gemeinden viel<br />
Handlungsspielraum lässt.<br />
ALOIS<br />
RATHGEB
ENTGELTLICHE EINSCHALTUNG 95<br />
STUFENLOSE KOMMUNALPROFI-TECHNOLOGIE<br />
„MADE IN AUSTRIA“<br />
In jedem Transporter und Traktor von Lindner stecken<br />
200 Stunden österreichische Wertarbeit. Europäische Premiumkomponenten<br />
machen die Fahrzeuge zu hocheffizienten<br />
und vielseitigen Geräteträgern für moderne Städte und<br />
Gemeinden. Jetzt gibt es den Lintrac 130 und den Unitrac 112<br />
LDrive als hochwertig ausgestattete Kommunalprofi-Modelle<br />
„Made in Austria“ zum Sonderpreis.<br />
Wendig, stufenlos, sehr sauber und leicht zu bedienen: Dafür<br />
stehen der Lintrac 130 und der Unitrac 112 LDrive des Tiroler<br />
Familienunternehmens Lindner. „In jedem unserer Traktoren und<br />
Transporter stecken über 200 Stunden österreichische Wertarbeit.<br />
60 Prozent der Wertschöpfung bleiben in Österreich,<br />
95 Prozent in Europa“, betont Geschäftsführer Hermann Lindner.<br />
Sauberste Motorentechnologie auf dem Markt<br />
In den Lintrac 130 baut Lindner den besonders sauberen und<br />
sparsamen Perkins-Syncro-Motor der Stufe 5 ein. Diese ist mit<br />
der Abgasklasse EURO 6 vergleichbar. Mit 3,6 Liter Hubraum und<br />
100 kW Leistung (136 PS) sowie einem enormen Drehmoment<br />
von 530 Nm ist der Lintrac<br />
130 der stärkste stufenlose<br />
Lindner-Traktor. Das stufenlose<br />
TMT11-ZF-Getriebe<br />
kommt aus Steyr.<br />
Unitrac 112 LDrive: Hocheffizienter<br />
Geräteträger<br />
mit Stufenlos-Technologie<br />
Der Unitrac 112 LDrive<br />
punktet mit ZF-Stufenlostechnologie<br />
und einfacher<br />
LDrive-Bedienung. Das im<br />
Unitrac 112 LDrive verwendete<br />
CVT Stufenlosgetriebe<br />
wurde gemeinsam mit ZF entwickelt und wird von Lindner<br />
produziert. Der 107 PS starke Motor erfüllt die Kriterien von<br />
EURO 6c, die Nutzlast liegt bei sechs Tonnen.<br />
Mehr Information: www.lindner-traktoren.at<br />
LINTRAC UND UNITRAC<br />
FÜR KOMMUNALPROFIS<br />
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Lintrac 130<br />
Kommunalprofi<br />
statt 148.785 € nur<br />
119.000 €<br />
Unitrac 112 LDrive<br />
Kommunalprofi<br />
statt 172.608 € nur<br />
139.000 €<br />
* Aktionspreise sind Sondernettopreise inklusive MwSt. Aktion gültig von 1.7. bis 30.10.2020 auf Neufahrzeug-Bestellungen in Kommunalprofi-Ausstattung.<br />
lindner-traktoren.at
96 tirol.kooperiert<br />
DIE KOMMUNALWERKSTATT -<br />
GEMEINSAM FÜR TIROLS<br />
GEMEINDEN<br />
ZUM AUTOR<br />
MAXIMILIAN HUBER, MA<br />
Maximilian Huber ist seit 2018 bei der GemNova<br />
und verantwortet die Bereiche Personalmanagement,<br />
Förderberatung sowie Zukunft und Innovation.<br />
Kontakt: m.huber@gemnova.at<br />
Heimische Kommunal-Spezialisten<br />
bündeln für die Tiroler<br />
Gemeinden ihre Kräfte: die Finanz-<br />
und Steuerexpertinnen<br />
und -experten von Stauder,<br />
Schuchter & Kempf, die Kanzlei<br />
Heid & Partner, die Bundesimmobiliengesellschaft<br />
(BIG),<br />
die Förderungsspezia- listen<br />
der Cemit und die GemNova,<br />
das Unternehmen der Tiroler<br />
Gemeinden, schließen sich zur<br />
Kommunalwerkstatt zusammen.<br />
Gemeinden sind in ihrer täglichen Arbeit<br />
mit zahlreichen Aufgaben in den unterschiedlichsten<br />
Themenfeldern konfrontiert.<br />
Die Erfahrung zeigt, dass eine<br />
vernetzte Herangehensweise die beste<br />
und nachhaltigste Lösung bringt, jedoch<br />
zugleich auch die größte Herausforderung<br />
darstellt. Die Kommunalwerkstatt vereint<br />
Spezialisten aus den verschiedensten<br />
Bereichen, um ein integratives Handeln<br />
der Kommunen zu fördern und die Tiroler<br />
Gemeinden in ihrer täglichen Arbeit zu<br />
unterstützen, finanziell zu entlasten und<br />
darüber hinaus rechtlich abzusichern.<br />
Finanzen<br />
Nahezu jede Aktivität hat in Gemeinden<br />
eine monetäre Auswirkung. Durch die<br />
OBEN: Stehend v. l. n. r. GemNova-<br />
Prokurist Nikolaus Kraak, Präsident des<br />
Tiroler Gemeindeverbandes Bgm. Ernst<br />
Schöpf, Landesrat Johannes Tratter, BIG-<br />
OFM Teamleiter Tirol Wolfgang Rauth.<br />
Sitzend v. l. n. r. GemNova-Geschäftsführer<br />
Alois Rathgeb, Daniel Deutschmann (Heid<br />
& Partner), BIG-Geschäftsführer Wolfgang<br />
Gleissner, Cemit Geschäftsführer Bernhard<br />
Hofer, nicht im Bild: Stauder, Schuchter &<br />
Kempf. (© GemNova)
tirol.kooperiert<br />
97<br />
zumeist eingeschränkten Mittel sowie die<br />
aktuell durch die Auswirkungen der Coronakrise<br />
verschärften Situation stehen<br />
Gemeinden vor großen finanziellen Herausforderungen.<br />
Die frei verfügbaren Mittel<br />
werden immer knapper. Eine umfassende<br />
Analyse des mittelfristigen Finanzplans,<br />
der freien Finanzspitze sowie eine Priorisierung<br />
der anstehenden Projekte sind<br />
hierbei wesentlich.<br />
Steuern<br />
Die öffentliche Hand ist Abgabengläubiger<br />
und Abgabenschuldner zur gleichen<br />
Zeit. Egal von welcher Seite man es betrachtet,<br />
in jedem Fall sind Steuern, Abgaben,<br />
Gebühren und Beiträge beträchtliche<br />
Budgetposten.<br />
Infrastruktur<br />
Einen Kernbereich des Tätigkeitsfeldes für<br />
jede Gemeinde bildet die Bereitstellung<br />
kommunaler Infrastruktur. Eine umfassende<br />
Analyse unter Berücksichtigung<br />
der ganzheitlichen Gemeindeentwicklung<br />
ist essentziell. Um unüberlegte<br />
Schnellschüsse zu vermeiden, ist die<br />
Anfertigung einer Studie zur Bewertung<br />
der Ausgangslage für die Projektentwicklung<br />
unabdingbar.<br />
Die aufbereiteten Zahlen, Daten und Fakten<br />
dienen der Gemeinde als Grundlage,<br />
um die beste Entscheidung treffen zu<br />
können. Die Erhaltung und der Betrieb<br />
von kommunaler Infrastruktur stellen<br />
weiterhin eine umfangreiche Aufgabe für<br />
Gemeinden dar.<br />
Recht<br />
Die rechtliche Betreuung im kommunalen<br />
Umfeld erfordert viel Erfahrung,<br />
eine sensible Vorgehensweise und das<br />
Verständnis für den sorgsamen Umgang<br />
mit öffentlichen Aufgaben und Mitteln. Die<br />
Herausforderung besteht im konstruktiven<br />
Umgang mit diesen Anforderungen und<br />
dem Bemühen, kreative und zukunftsweisende<br />
Lösungen zu erarbeiten.<br />
Förderung & Innovation<br />
Aufgrund der eingeschränkten finanziellen<br />
Mittel, welche Gemeinden zur Verfügung<br />
stehen, ist die Umsetzung von Projekten<br />
in den überwiegenden Fällen an Förderungen<br />
gebunden. Die Förderlandschaft wird<br />
jedoch zunehmend komplexer. Von der<br />
Ausschöpfung der Möglichkeiten über<br />
die fachlich richtige Antragstellung und<br />
Prozessabwicklung bis hin zur korrekten<br />
Abrechnung ist es ein langer Weg.<br />
Gerade in Zeiten wie diesen, wo unzählige<br />
Fördermöglichkeiten im Rahmen des<br />
kommunalen Investitionsprogrammes bereitgestellt<br />
werden, ist die Ausschöpfung<br />
sämtlicher zur Verfügung stehender Mittel<br />
unabdingbar, um das ohnehin schon<br />
angespannte Budget zu entlasten und<br />
Investitionen tätigen zu können.<br />
Personal<br />
Der Fachkräftemangel macht auch vor<br />
öffentlichen Institutionen nicht Halt. Tirols<br />
Gemeinden und deren Einrichtungen sind<br />
laufend auf der Suche nach verlässlichen<br />
und qualifizierten Mitarbeiterinnen und<br />
Mitarbeitern. Als Übergangslösung in der<br />
Urlaubszeit, als Karenzvertretung oder<br />
für dauerhaft. Neues Personal zu suchen,<br />
Unterlagen zu sichten, Kandidatinnen und<br />
Kandidaten auszuwählen und letztlich die<br />
passende Person anzustellen, ist oftmals<br />
ein langwieriger und aufwändiger Prozess.<br />
Digitalisierung<br />
Als unumgängliche Querschnittsmaterie<br />
darf auch die Digitalisierung in all den<br />
kommunalen Aufgabenbereichen nicht<br />
außer Acht gelassen werden. Vielmehr<br />
gilt es, dieser ein besonderes Augenmerk<br />
zu schenken. Dabei muss zukünftig die<br />
Durchgängigkeit von Verwaltungsprozessen<br />
als zentrales Ziel gelten, welches nur<br />
durch registerbasierte Softwarelösungen<br />
und Tools erreicht werden kann.<br />
All diese unterschiedlichen Themenfelder<br />
stellen für Gemeinden immense Herausforderungen<br />
dar, welche es jedoch in jeder<br />
Phase des Handelns zu berücksichtigen<br />
gilt. Die Experten der Kommunalwerkstatt,<br />
welche auf umfassende Fachkenntnisse<br />
und eine weitreichende Erfahrung zurückgreifen<br />
können, sind in der Lösung aller<br />
kommunalen Herausforderungen die richtigen<br />
Partner für die Tiroler Gemeinden.<br />
OBEN: VS Angedair in Landeck –<br />
der Bau oder Umbau einer Volksschule<br />
erfordert eine vernetzte Denkweise in den<br />
Themenfeldern der Kommunalwerkstatt.<br />
(© Lukas Schaller)
98<br />
tirol.kooperiert<br />
DER NEUE TIROLER<br />
BAUKOFFER IST DA<br />
Ein Gemeinschaftsprojekt der Tiroler Bezirksblätter und der GemNova.<br />
ZUM AUTOR<br />
SIEGHARD<br />
KRABICHLER<br />
Sieghard Krabichler ist Chefredakteur<br />
der Bezirksblätter.<br />
Sie wollen ein Haus bauen?<br />
Eine Wohnung sanieren? Die<br />
Fenster tauschen oder ein<br />
neues Bad installieren?<br />
Alle derartigen Bauvorhaben haben zwei<br />
Gemeinsamkeiten: Zum einen sind Baumaßnahmen<br />
immer mit viel Geduld, Arbeit<br />
und Aufwand verbunden, zum anderen gilt<br />
es, die richtigen Fachleute zu finden, um in<br />
der Region die Aufträge vergeben zu können.<br />
Auch die richtige Förderung zum richtigen<br />
Zeitpunkt bei der richtigen Behörde<br />
anzusuchen, ist ungemein wichtig. Dazu<br />
kommen noch die richtige Finanzierung<br />
und der möglichst rasche Abschluss der<br />
Baumaßnahmen.<br />
Die Tiroler Bezirksblätter haben sich<br />
im letzten Jahr bereits gemeinsam<br />
mit ihrem Partner, der GemNova,<br />
entschlossen, die Bauwerber und Bau-<br />
interessierten mit dem Tiroler<br />
Baukoffer zu unterstützen. Die<br />
zweite. Auflage des Baukoffers<br />
wird über die Gemeinden und<br />
die Geschäftsstellen der Tiroler<br />
Bezirksblätter vertrieben.<br />
Weiters wird der Baukoffer<br />
auf der Herbstmesse 2020<br />
und bei der Häuslbauermesse<br />
2021 an Interessierte verteilt.<br />
Der Baukoffer beinhaltet ein<br />
Baumagazin mit vielen wertvollen<br />
Tipps rund ums Bauen<br />
sowie nützlichen Planungslisten,<br />
ein Gutscheinheft mit<br />
attraktiven Angeboten und<br />
Informationen der teilnehmenden<br />
Firmen in Form von<br />
Flyern oder Beilagen.<br />
Im Koffer sind auch nützliche Giveaways<br />
wie Maßband, Bleistift und Bauhandschuhe<br />
zu finden, und die Gemeinden haben<br />
die Möglichkeit, lokalbezogene Informationen<br />
mit hineinzupacken. „Hier unterstützen<br />
wir die Bürgermeister, und sie<br />
können diesen Vorteil gerne nutzen“, sagt<br />
Sieghard Krabichler, Chefredakteur der<br />
Tiroler Bezirksblätter.<br />
Alois Rathgeb, der Geschäftsführer der<br />
GemNova: „Das ist eine tolle Initiative<br />
der Tiroler Bezirksblätter, der Tiroler<br />
Gemeinden und der GemNova. Die regionalen<br />
Unternehmen sowie die Häuslbauer<br />
werden davon begeistert sein.“ Die Gem-<br />
Nova ist in Sachen Gemeindebetreuung<br />
in Tirol ein starker Partner der Kommunen.<br />
Die Tiroler Bezirksblätter konnten<br />
auch heuer wieder als Projektpartnerin<br />
gewonnen werden, die mit ihnen in<br />
Zusammenarbeit dieses Projekt umsetzt.<br />
Die GemNova wird die Kommunikation<br />
mit den Gemeinden übernehmen und die<br />
Amtsbauleiterinnen und -leiter oder die<br />
Bürgermeisterinnen und -meister informieren.<br />
„Wir starten mit diesem Projekt<br />
in den nächsten Wochen in ganz Tirol“,<br />
so Rathgeb.<br />
OBEN: Präsentieren die zweite Auflage des<br />
Tiroler Baukoffers: die Bezirksblätter-Geschäftsführer<br />
Fredy Pfurtscheller und Gunther Sternagl.<br />
(© Tiroler Bezirksblätter)<br />
RECHTS: Der Tiroler Baukoffer, eine gemeinsame<br />
Initiative von Bezirksblätter und Gem-<br />
Nova, wird in diesen Tagen an alle Gemeinden<br />
Tirols ausgegeben. (© GemNova)
tirol.kooperiert<br />
99<br />
Ein weiteres Ziel des Baukoffers ist es,<br />
spezifisch die Fachbetriebe, die in der<br />
Region ihre Angebote zur Verfügung stellen,<br />
den Bauinteressierten zu präsentieren.<br />
„Denn gerade die Fachleute in der Region<br />
sichern die Arbeitsplätze und stehen kompetent<br />
in kurzer Zeit für die Kunden zur<br />
Verfügung“, weiß der Geschäftsführer der<br />
Tiroler Bezirksblätter, Fredy Pfurtscheller.<br />
Es wird dieses Jahr zwei Mutationen<br />
des Baukoffers geben. Nord- und Osttirol<br />
werden unterschiedliche Angebote<br />
enthalten. Natürlich gibt es auch<br />
regionsübergreifend agierende größere<br />
Bauunternehmen oder auch Anbieter im<br />
Baunebengewerbe. „Auch diese bekommen<br />
die Chance, hier im gesamten Verbreitungsgebiet<br />
ihre Kompetenz den Bauwerbern<br />
zur Verfügung zu stellen“, erklärt<br />
Pfurtscheller.<br />
Den Baukoffer erhalten Sie nach positivem<br />
Baubescheid sowie als Bauinteressierter<br />
bei Ihrer Gemeinde, in einer der<br />
neun Geschäftsstellen der Tiroler Bezirksblätter,<br />
auf der Herbstmesse 2020 oder<br />
der Häuslbauermesse 2021.<br />
„Wir haben uns zusammengesetzt, intensiv<br />
diskutiert und ein wirklich tolles Paket<br />
geschnürt. Wenn die Tiroler Bezirksblätter,<br />
die Tiroler Gemeinden und die GemNova<br />
die Köpfe zusammenstecken, kann nur<br />
etwas Beeindruckendes dabei herauskommen.<br />
Mit diesem Baukoffer werden auch<br />
heuer alle Beteiligten eine große Freude<br />
haben“, erklären Rathgeb und Pfurtscheller<br />
unisono.<br />
Wir haben uns zusammengesetzt,<br />
intensiv diskutiert<br />
und ein wirklich tolles Paket<br />
geschnürt.
100 tirol.kooperiert<br />
PITZTAL REGIONAL –<br />
EIN GANZES TAL HANDELT<br />
REGIONAL<br />
Produkte aus der Landwirtschaft,<br />
die man im<br />
gesamten Tal genießen kann.<br />
Die Antwort auf Corona & Co? Lokal<br />
denken und handeln, regional einkaufen<br />
und am besten Produkte frisch aus dem<br />
Tal genießen. Das alles bietet der Verein<br />
Pitztal Regional mit Unterstützung<br />
von Bund, Land und Europäischer Union<br />
(LEADER). Die Vermarktungsplattform<br />
nimmt Fahrt auf, auch wenn durch Corona<br />
der Absatz im Tourismus stillgestanden<br />
ist. Über 5.000 Kilo Fleisch wurden<br />
in den ersten Monaten vermarktet. Sehr<br />
zur Freude von Bauern, Vereinsvertreterinnen<br />
und -vertretern, Touristikerinnen<br />
und Touristikern und Konsumentinnen<br />
und Konsumenten.<br />
Die ersten Fleischprodukte vor Ort wurden<br />
erfolgreich zu einem guten Preis vermarktet.<br />
Viele Partnerinnen und Partner<br />
haben sich bereits gemeldet und wollen<br />
mit an Bord sein. „Wir haben bereits jetzt<br />
rund 150 Mitglieder aus dem Tourismus<br />
und aus der Landwirtschaft.<br />
Es beginnt zu laufen. Die Mischpakete<br />
wurden an private Haushalte ausgeliefert“,<br />
so die beiden Obleute Andrea Lechleitner<br />
und Markus Kirschner, die als Vertreter<br />
von Landwirtschaft und Tourismus<br />
an der Spitze von Pitztal Regional stehen.<br />
Doch, was ist so besonders an Pitztal<br />
Regional? „Wir sind eine regionale<br />
Vermittlungsplattform. Wir garantieren<br />
unseren Bauern einen guten Preis, binden<br />
die Schlachtstelle in Wenns mit ein<br />
und sichern Privaten und Touristikerinnen<br />
und Touristikern beste Qualität mit<br />
Herkunftskennzeichnung zu. Das ist der<br />
Schlüssel: Unsere Bauern müssen nachweisen,<br />
dass ihre Tiere im Pitztal aufgewachsen<br />
sind und den Kriterien des<br />
Vereins entsprechen. Wir wollen möglichst<br />
lokal vermarkten und damit auch<br />
unsere bäuerlichen Betriebe absichern.<br />
Ein Mehrwert, den auch Gäste und Einheimische<br />
zu spüren bekommen“, sagt<br />
Andrea Lechleitner. Die Vereinsvertreter<br />
finden es positiv, dass man eigentlich<br />
überall auf offene Ohren stößt. „Uns<br />
freut, wenn Kunden auf das Mischpaket<br />
rückmelden, dass sie von Qualität, Verpackung<br />
und Lieferung total begeistert<br />
sind. Kein Wunder: Für die Haushalte<br />
werden alle Fleischsorten separat in<br />
haushaltsüblichen Mengen sortiert und<br />
vakuumiert“, ergänzt Markus Kirschner.<br />
Der Pitztal Burger<br />
Die beiden Vereinsobleute freuen aber<br />
auch noch andere Initiativen. Neben<br />
klassischen Produkten wird ein eigener<br />
Pitztal Burger mit 100 Prozent Rindfleisch<br />
aus dem Tal und einem eigenen<br />
Brot, das der „Tal-Bäck“ Andreas Schranz<br />
zur Verfügung stellt, geschaffen. Der<br />
Burger soll talweit einheitlich zu einem<br />
Mindestpreis vermarktet werden. Erste<br />
Partner sind dabei die beiden Restaurantleiter<br />
Benedikt Lederle (Hochzeiger<br />
Bergbahnen) und Bernd Matschnig (Gletscherbahnen).<br />
Bernd Matschnig, Pitztaler<br />
Gletscher: „Ich habe schon lange an der<br />
Idee für einen Burger gearbeitet. Pitztal<br />
Regional passt dabei super. Für uns ist<br />
klar, dass wir mit dabei sein werden.“ In<br />
dieselbe Kerbe schlägt auch Benedikt<br />
Lederle, Hochzeiger: „Wir beziehen schon<br />
seit Jahren Rindfleisch aus dem Pitztal.<br />
Der Burger ist eine tolle Ergänzung für<br />
OBEN: Der Pitztal Burger mit 100 Prozent<br />
Rindfleisch aus dem Tal. Auch das Brot wird im<br />
Tal gebacken. (© Hochzeiger Bergbahnen)
tirol.kooperiert 101<br />
gerade die coronapandemie<br />
hat gezeigt,<br />
wie wertvoll und<br />
wichtig es ist zu<br />
wissen, woher lebensmittel<br />
kommen.<br />
unsere Gäste und<br />
wird schon gut angenommen.“<br />
Pitztal Regional soll sich<br />
weiterentwickeln. Gerade<br />
die Corona-Pandemie<br />
hat gezeigt, wie wertvoll und<br />
wichtig es ist zu wissen, woher<br />
Lebensmittel kommen. „Die ersten<br />
Abnahmen stimmen uns grundsätzlich<br />
positiv. Mit dem Pitztaler<br />
Babyerdäpfel wurde bereits ein weiteres<br />
Produkt aufgenommen. Für die<br />
Entwicklung brauchen wir aber noch Zeit“,<br />
sagt Andrea Lechleitner. Markus Kirschner<br />
ergänzt: „Das Bewusstsein steigt, das ist<br />
positiv. Wir haben uns außerdem bemüht, für<br />
die in die Jahre gekommene Schlachtstelle in<br />
Wenns ebenfalls eine Lösung zu finden. Hier stehen<br />
die Gemeinden voll hinter einer Neuausrichtung.<br />
Dann haben wir eine eigene Verkaufsstelle<br />
für Gäste und Einheimische zur Verfügung.“ Dies sei<br />
ein wichtiger Baustein, unterstreichen beide Vereinsvertreter.<br />
Für den Herbst wird jetzt die Wintersaison<br />
vorbereitet. Hier wird transparent gearbeitet. „Die Preise<br />
werden zwischen Gastronomie, Landwirten und Metzger<br />
verhandelt. Jeder soll auch seinen Nutzen daraus ziehen“, ist<br />
Andrea Lechleitner und Markus Kirschner wichtig. Begleitet<br />
wird Pitztal Regional von der GemNova. „Es ist uns ein Herzensanliegen,<br />
dass regionale Kreisläufe funktionieren und Wertschöpfung<br />
bringen“, sagt dazu Projektbegleiter Magnus Gratl.<br />
RECHTS: Grauvieh auf der Weide.<br />
(© GemNova)<br />
ZUM AUTOR<br />
MAGNUS GRATL<br />
Magnus Gratl hat den Bereich<br />
Gemeindeentwicklung bei der<br />
GemNova aufgebaut und wechselt<br />
Anfang September in das<br />
Büro des Landeshauptmannes.<br />
Kontakt: m.gratl@gemnova.at
102 tirol.kooperiert<br />
„Da passiert<br />
etwas<br />
Historisches“<br />
AUTOR<br />
MAGNUS GRATL<br />
LINKS: Bgm. Paul<br />
Hauser, Gemeinde<br />
Matrei a. B., Bgm.<br />
Alfons Rastner,<br />
Gemeinde Mühlbachl,<br />
und Bgm. Alexander<br />
Woertz, Gemeinde<br />
Pfons auf dem Weg<br />
einer möglichen<br />
Gemeindefusion.<br />
(© Kreativstadl Tirol)
tirol.kooperiert<br />
103<br />
Der Terminkalender für die Gemeinderäte<br />
der drei Wipptaler<br />
Gemeinden Matrei am Brenner,<br />
Mühlbachl und Pfons ist nicht<br />
erst seit heuer eng getaktet.<br />
Während in den Vorjahren die Vertiefung<br />
einer Kooperation auf Verwaltungsebene<br />
im Mittelpunkt stand, soll jetzt stärker bei<br />
den Bauhöfen kooperiert werden. Gleichzeitig<br />
werden am 20. September 2020<br />
die Bürgerinnen und Bürger zu den Urnen<br />
gerufen. „Wir wollen ein Stimmungsbild,<br />
ob aus Sicht der Menschen in unseren<br />
Gemeinden eine Fusion überhaupt Sinn<br />
macht. Darum hoffen wir im September<br />
auf eine möglichst hohe Wahlbeteiligung“,<br />
so die drei Bürgermeister Paul Hauser<br />
(Matrei), Alfons Rastner (Mühlbachl) und<br />
Alexander Woertz (Pfons).<br />
Gemeinsam mit den Gemeinderäten wurde<br />
daran intensiv gearbeitet. Bereits Anfang<br />
Jänner traten die drei Gemeinderäte zu<br />
einer gemeinsamen Klausur zusammen.<br />
Erste rechtliche Fragen, Vor- und Nachteile<br />
sollten abgewägt werden. In einer<br />
zweiten Klausur im Frühjahr wurden dann<br />
Inhalte besprochen und ein Fragen- und<br />
Antwortenkatalog für die Bürgerinnen und<br />
Bürger ausgearbeitet. „Sie wurden auch<br />
per Postwurf eingeladen, ihre Fragen, Sorgen,<br />
Ängste und Chancen zu formulieren.<br />
Hier sind viele Vorschläge eingelangt“, sagt<br />
dazu Bürgermeister Paul Hauser. Er betont<br />
das harmonische Arbeitsklima in diesen<br />
Klausuren, bei dem auch kritische Fragen<br />
aufgearbeitet wurden. In einem zweiten<br />
Schritt wurde eine umfangreiche Informationsbroschüre<br />
für die drei Gemeinden<br />
vorbereitet. „Hier finden sich die Ergebnisse<br />
aus den Klausuren, Zahlen und Fakten,<br />
Interviews, aber auch alle wichtigen Daten<br />
die Volksbefragung betreffend“, führt Bürgermeister<br />
Alfons Rastner aus. Jetzt im<br />
Sommer wird eine Gemeindeversammlung<br />
vorbereitet, die am 10. September stattfinden<br />
soll. „Bei dieser Versammlung sollen<br />
die letzten Fragen beantwortet werden.<br />
Schließlich ist für uns die Volksbefragung<br />
richtungsweisend. Wir hoffen daher, dass<br />
in allen drei Gemeinden eine gute Wahlbeteiligung<br />
erreicht wird“, erklärt Bürgermeister<br />
Alexander Woertz. Die drei Bürgermeister<br />
und ihre Gemeinderäte beschließen im<br />
Juli die Ausschreibung der Volksbefragung.<br />
DIE FRAGESTELLUNG IST EIN-<br />
DEUTIG UND KANN SO AUCH<br />
MIT JA ODER NEIN BEANT-<br />
WORTET WERDEN, WIE ES DIE<br />
TIROLER GEMEINDEORDNUNG<br />
VORSIEHT.<br />
„,Stimmen Sie einer Fusion der drei<br />
Gemeinden Matrei am Brenner, Mühlbachl<br />
und Pfons zu?‘ Klarer kann man es<br />
nicht formulieren. Wir haben an diesem<br />
Tag in allen drei Gemeinden die Wahllokale<br />
gleichzeitig geöffnet und wollen das Ergebnis<br />
auch gemeinsam verkünden. Wichtig<br />
war uns, dass auch die Briefwahl möglich<br />
ist“, sagt Bürgermeister Rastner.<br />
Unabhängig von der Fusion soll jetzt die<br />
weitere Zusammenarbeit bei den Bauhöfen<br />
vertieft werden. „Auch hier gilt,<br />
die Mitarbeiter müssen mitgenommen<br />
werden und die Kooperation in diesem<br />
Bereich mittragen. Nur dann sind wir<br />
erfolgreich“, meint Bürgermeister Paul<br />
Hauser. Das Wo und Wie wird über die<br />
externe Begleitung durch die GemNova<br />
gemeinsam mit den Bauhofmitarbeiterinnen<br />
und -mitarbeitern ausgearbeitet. „Die<br />
externe Begleitung war für die Vorbereitung<br />
der Volksbefragung wichtig und ist<br />
es auch bei den weiteren Kooperationsschritten.<br />
Wir als Bürgermeister sind<br />
sehr positiv eingestellt, Bevölkerung und<br />
Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die ja<br />
hauptbetroffen sind, müssen diese Schritte<br />
aber mittragen“, so Alexander Woertz,<br />
Bürgermeister in Pfons.<br />
Für alle drei Gemeindeoberhäupter wird<br />
die Entscheidung im Herbst mit Spannung<br />
erwartet. „Es ist eigentlich alles offen. Wir<br />
wünschen uns eine hohe Wahlbeteiligung<br />
und ein eindeutiges Ergebnis. Dann werden<br />
die Gemeinderäte zur Tat schreiten.<br />
Sollte eine Mehrheit für die Fusion sprechen,<br />
werden die nächsten Schritte noch<br />
heuer eingeleitet“, unterstreichen die drei<br />
Bürgermeister. Doch dann müssten sich<br />
die Bürgerinnen und Bürger noch gedulden.<br />
Denn frühestens mit 1. Jänner 2022<br />
entstünde eine neue Gemeinde aus den<br />
bisherigen drei Orten. Bis dahin wären<br />
auch emotionale Fragen wie Gemeindename<br />
oder Gemeindewappen eindeutig<br />
geklärt. „Am 20. September passiert<br />
etwas Historisches für unser Land. Die<br />
Augen werden sich ins Wipptal richten“,<br />
sagen Hauser, Rastner und Woertz<br />
abschließend.
104 tirol.spart<br />
DIE ERÖFFNUNGS-<br />
BILANZ AUS SICHT<br />
DER GEMEINDE<br />
ZUM AUTOR<br />
MAG. GEORG HOCHFILZER<br />
Georg Hochfilzer ist Politikwissenschaftler<br />
mit Schwerpunkt Kommunale Politik. Er bildet<br />
gemeinsam mit Christoph Carotta und<br />
Christian Lechner das Team der GemNova<br />
Kommunalfinanz. Er verfügt über langjährige<br />
Erfahrung in der Arbeit mit den Tiroler<br />
Gemeinden und kennt auch den Blickwinkel<br />
von der Gemeindeseite.<br />
Kontakt: g.hochfilzer@gemnova.at<br />
Mit der Einführung der VRV 2015<br />
geht es für die Gemeinde einher,<br />
eine Bilanz des aktuellen Vermögens<br />
zu erstellen.<br />
Daraus ergibt sich die Chance, den IST-<br />
Bestand zu analysieren. Häufig hört man<br />
auch die Frage, was dieser ganze Aufwand<br />
eigentlich bringen soll. Eine Standortanalyse.<br />
Die Einführung der VRV 2015 und<br />
die damit verbundenen Aufgaben führten<br />
unter den beteiligten Finanzverwaltern<br />
und den verantwortlichen Politikerinnen<br />
und Politikern häufig zu Diskussionen.<br />
Brachten diese verbundenen Aufgaben<br />
doch einen sehr beachtlichen Mehraufwand.<br />
Doch was ist nun der Output?<br />
Die wesentlichen Änderungen durch die<br />
VRV 2015 bestehen darin, dass die bisherige<br />
Aufzeichnung des Zahlungsflusses<br />
(Finanzierungshaushalt) um die Bereiche<br />
Ergebnishaushalt und Vermögenshaushalt<br />
erweitert wird. Das bedeutet im Detail: Die<br />
bisherige Form der finanziellen Aufzeichnung<br />
wird als Finanzierungshaushalt weitergeführt.<br />
Neu und somit zusätzlich sind:<br />
DER ERGEBNISHAUSHALT UND DER<br />
VERMÖGENSHAUSHALT.<br />
Wichtiger Teil des Vermögenshaushaltes<br />
ist die Eröffnungsbilanz. Diese erstmalig<br />
zu erstellen und vom Gemeinderat<br />
beschließen zu lassen, gehört zu den<br />
nächsten Schritten bei der Umstellung<br />
auf die VRV 2015. Zeitlich empfohlen<br />
wird die Erstellung samt Beschluss bis<br />
Herbst 2020, spätestens notwendig ist<br />
dies vor dem Erstellen des Rechnungsabschlusses<br />
(Schlussbilanz) für 2020.<br />
Transparenz als Möglichkeit<br />
Das Erfassen des Vermögens und dessen<br />
Bewertung ist nicht nur mit Arbeit verbunden,<br />
es bietet auch Chancen und Möglichkeiten,<br />
Transparenz zu schaffen. Was<br />
alles ist im Besitz der Gemeinde? Welche<br />
Straßen, welche Grundstücke, welche<br />
Fahrzeuge? Wasserleitungen, Abwasseranlagen,<br />
Fahrzeuge, Werkzeuge, Einrichtungen<br />
– alles, was einmal gekauft wurde,<br />
noch im Besitz der Gemeinde ist und beim<br />
Ankauf mehr als 400 Euro gekostet hat,<br />
wurde im Sachanlagevermögen erfasst.<br />
Diesen Wert erkennt man erstmals in der<br />
Eröffnungsbilanz. Im Detail werden diese<br />
„Sachen“ im Anlageverzeichnis angeführt.<br />
Auch Beteiligungen an Unternehmen sind<br />
auf der „Aktivseite“ der Eröffnungsbilanz<br />
angeführt. Damit erkennen interessierte<br />
Bürgerinnen und Bürger auch wesent-
tirol.spart<br />
105<br />
DAS<br />
ERSTELLEN DER<br />
ERÖFFNUNGSBILANZ IST<br />
EINE ARBEIT, DIE UNS FORDERT,<br />
DIE UNS SEHR BESCHÄFTIGT UND<br />
DIE RESSOURCEN BINDET. ABER<br />
DIESE ARBEIT LOHNT SICH. SIE<br />
BELOHNT UNS MIT TRANS-<br />
PARENZ, MIT PLANBARKEIT,<br />
MIT VERGLEICHBAR-<br />
KEIT.<br />
liche Zusammenhänge der Gemeindepolitik.<br />
An welchen Unternehmen ist die<br />
Gemeinde beteiligt? Hat sie Einfluss auf<br />
den Betrieb der Skiliftgesellschaft? Ist<br />
das Schwimmbad Teil des Gemeindevermögens<br />
oder in einer Gesellschaft<br />
mit der Gemeinde verbunden? Welche<br />
Anteile besitzt die Gemeinde an einer<br />
überregionalen Mautstraße? Besitzt die<br />
Gemeinde Aktien? Fragen, die sich aus<br />
der Eröffnungsbilanz beantworten lassen.<br />
Sie bringt in diesem Sinn Transparenz<br />
und Übersicht, sie kann wesentliche<br />
Zusammenhänge aufzeigen, und<br />
sie zeigt, welches Angebot die Gemeinde<br />
ihren Bürgerinnen und Bürgern macht.<br />
Sind der Tausch bzw. die Neuanschaffung<br />
eines Anlagegutes notwendig? Muss der<br />
Bestand schon getauscht werden oder<br />
ist die Restnutzungsdauer noch ausreichend?<br />
Ist eine Reparatur sinnvoll oder<br />
soll wegen des Alters ein Tausch stattfinden?<br />
Könnte man mit der Nachbargemeinde<br />
bei der einen oder anderen<br />
Investition eine Kooperation eingehen,<br />
um Kosten zu teilen? Dies wird,<br />
unter anderem, durch die Erstellung<br />
der Eröffnungsbilanz sichtbar<br />
– und es schafft Raum zum Denken.<br />
Zum Überdenken und Handeln.<br />
Diese Aussage stimmt bis auf wenige<br />
Ausnahmen. Selbstverständlich<br />
kann man freie, bebaubare Grundflächen<br />
verkaufen und somit zu Geld machen.<br />
Aber was ist mit dem Kindergarten, der<br />
Volksschule, dem Gemeindeamt? Will<br />
man diese Einrichtungen verkaufen,<br />
bekommt man kurzfristig Geld. Aber<br />
dieses muss dann sofort wieder in den<br />
Neubau der eben verkauften Einrichtung<br />
investiert werden. Denn ohne Kindergarten,<br />
ohne Volksschule, ohne Bücherei,<br />
ohne Feuerwehrgebäude wird kaum eine<br />
Gemeinde auskommen. In den meisten<br />
Gemeinden wird dieses Vermögen, das<br />
sich als „Saldo der Eröffnungsbilanz“<br />
abbildet, einen Millionenbetrag ausweisen.<br />
Die Gemeinde mag dabei vermögend<br />
erscheinen, aber Geld hat sie deswegen<br />
noch lange nicht.<br />
„NICHTS, WAS DER GEMEINDE<br />
GEHÖRT, KANN MAN ZU GELD<br />
MACHEN!“<br />
Die leidigen Straßen und Wege<br />
Typisches Beispiel für hohe Werte sind<br />
Straßen und Wege. Die Grundfläche, der<br />
Aufbau samt Absicherung verschlingen<br />
bei der Errichtung ein Vermögen. Nicht<br />
weniger aufwändig ist die Erhaltung der<br />
Straßenanlagen. Über die Jahre fließen<br />
horrende Beträge in diese Infrastruktur.<br />
Kann man sie verkaufen? Kann man daraus<br />
Geld erwirtschaften? In den meisten<br />
Fällen nicht. Wieder ein Mosaikstein<br />
an Transparenz in der Verwendung von<br />
Gemeindemitteln. Viel Aufwand, wenig<br />
bis kein Ertrag.<br />
Möglichkeiten der Planung<br />
Das in der Eröffnungsbilanz angeführte<br />
Vermögen wird Jahr für Jahr weniger<br />
wert. Zu den wenigen Ausnahmen gehören<br />
Grundflächen und Kulturgüter. Für das<br />
meiste Vermögen der Gemeinde muss<br />
mit der Zeit wieder Ersatz geschaffen<br />
werden. Wann benötigt die Feuerwehr ein<br />
neues Auto, wie lange kann der Gemeindetraktor<br />
noch genutzt werden, welche<br />
Spielgeräte müssen am Dorfspielplatz<br />
erneuert werden? Diese Wertminderung,<br />
bzw. die Sicht der Neuinvestition,<br />
ist durch die Eröffnungsbilanz gegeben.<br />
Damit ermöglicht eine detaillierte Erfassung<br />
und Bewertung des Sachanlagevermögens<br />
auch eine vorausschauende Planung<br />
in zukünftige Ersatzinvestitionen.<br />
Ist es das wert?<br />
Die Eröffnungsbilanz wird ein Menge<br />
Gesprächsstoff bilden, und es stellt sich<br />
die Frage, muss denn das alles sein? Die<br />
Antwort lautet Ja. Die Eröffnungsbilanz<br />
ist es wert, erstellt zu werden. In Hinblick<br />
auf Vergleichbarkeit, auf Planung,<br />
auf die zukünftigen Schritte, welche die<br />
Gemeinde setzt. Die Eröffnungsbilanz<br />
mit allen ihren Gliederungen und Anlagen<br />
ermöglicht es, das Vermögen und die<br />
Finanzierung des Vermögens zu erkennen.<br />
Das Erstellen der Eröffnungsbilanz ist<br />
eine Arbeit die uns fordert, die uns sehr<br />
beschäftigt und die Ressourcen bindet.<br />
Aber diese Arbeit lohnt sich. Sie belohnt<br />
uns mit Transparenz, mit Planbarkeit, mit<br />
Vergleichbarkeit.<br />
Factbox<br />
Grundlage Voranschlags- und<br />
Rechnungsabschlussverordnung<br />
2015.<br />
Stichtag der Erstellung 1.1.2020,<br />
Beschluss der Eröffnungsbilanz<br />
bis Q3/2020 (Empfehlung Land<br />
Tirol). Mögliche Korrekturen mit<br />
GR-Beschluss bis fünf Jahre nach<br />
Beschluss möglich.
106 tirol.spart<br />
REGIONALITÄT UND<br />
DIGITALISIERUNG ALS WEG<br />
AUS DER CORONA-KRISE<br />
Die vorherrschende Corona-<br />
Krise beeinflusst unser Leben<br />
in einem Ausmaß, wie es<br />
selbst für Pessimisten unter<br />
uns nicht vorstellbar war:<br />
eine rasante Ausbreitung des<br />
Virus weltweit, hohe Ansteckungsraten<br />
und Todesfälle<br />
bei älteren und vorbelasteten<br />
Menschen, Ausgangssperren<br />
und Social Distancing.<br />
Jedoch nicht nur das Alltagsleben der<br />
Menschen wird massiv eingeschränkt und<br />
beeinflusst, sondern im Zuge der Ausgangsbeschränkungen<br />
und Quarantänemaßnahmen<br />
wird auch die Wirtschaft praktisch<br />
lahmgelegt. Die sogenannten „Systemerhalter“,<br />
welche sich vor allem um das Aufrechterhalten<br />
der Gesundheitsversorgung bzw.<br />
Versorgung der Bevölkerung mit lebensnotwendigen<br />
Waren kümmern, sind unsere<br />
Helden des Alltages geworden und sorgen<br />
dafür, dass keine Eskalation der Lage und<br />
Verzweiflung bei den Menschen aufkommt.<br />
Für jene Teile der Wirtschaft, welche aufgrund<br />
des Shutdowns praktisch zu 100<br />
Prozent betroffen sind, wie beispielsweise<br />
der Tourismus inklusive Restaurants und<br />
Gastronomie sowie Handel, müssen mit<br />
milliardenschweren Paketen geschützt bzw.<br />
gerettet werden.<br />
Milliarden an Steuergeld<br />
Auch die selbstständigen Unternehmer,<br />
KMU sowie Großunternehmen müssen<br />
kämpfen und können sich zum Teil nur<br />
via AMS-Kurzarbeit, AWS-Überbrückungsfinanzierung<br />
sowie Stundung öffentlicher<br />
Abgaben „über Wasser“ halten. All diese<br />
Schutz- und Rettungsmaßnahmen kosten<br />
Milliarden an Steuergeld, welche in diesem<br />
Ausmaß natürlich nie eingeplant waren.<br />
Darüber hinaus muss berücksichtigt werden,<br />
dass auch die, eigentlich vom Staat<br />
eingeplanten, laufenden Steuereinnahmen<br />
in einem relevanten Ausmaß von den zu<br />
erzielenden Steuereinnahmen abweichen<br />
werden, sodass es zu einem erheblichen<br />
Staatsdefizit kommen wird.<br />
In weiterer Folge kann dieses Defizit nur<br />
wieder reduziert werden, indem gesunde<br />
und innovative österreichische Unternehmen<br />
wieder vollständig ihre Wirtschaftsleistung<br />
entfachen werden und darüber hinaus<br />
auch aus der Krise neue Kraft schöpfen.<br />
Diese potenziellen zusätzlichen und notwendigen<br />
Kräfte orientieren sich eigentlich<br />
auch an den Themengebieten, welche für<br />
Unternehmen noch vor der Corona-Krise<br />
relevant waren – die Möglichkeiten der Digitalisierung<br />
und Einsatz von Kreativität und<br />
Innovation. Viele von uns erlebten praktisch<br />
im Zeitraffer, wie sich unsere Arbeitsplätze<br />
vom Office ins Homeoffice verlagerten und,<br />
je nach Ausstattung, praktisch nahtlos weitergearbeitet<br />
worden ist. Diverse bis dato<br />
persönliche Meetings wurden praktisch<br />
„in Real-Time“ durch Skype-, Zoom- oder<br />
Team-Meetings ersetzt, wodurch schlussendlich<br />
auch ein deutlicher Aufwand an<br />
Fahrt- und Reiseaufwendungen weggefallen<br />
ist.<br />
Regionalität im Fokus<br />
Darüber hinaus zeigt sich, dass plötzlich die<br />
Regionalität und diesbezügliche Produkte<br />
und Dienstleistungen via digitale und virtuelle<br />
Plattformen den Tirolerinnen und Tirolern<br />
vermittelt werden können. So beliefern<br />
Tiroler Restaurants, welche ihre Gasträume<br />
schließen mussten, via Online-Services<br />
ihre Kundinnen und Kunden bzw. können<br />
Obst und Gemüse direkt via Hofverkäufe<br />
eingekauft werden. Jene selbstständigen<br />
Dienstleister, welche bis dato beispielsweise<br />
Fitnesstrainings, Ernährungsberatungen<br />
etc. in persönlichen Trainings und<br />
Meetings vermittelt hatten, bieten interaktive<br />
virtuelle Meetings oder Lernvideos an,<br />
damit die Kundenbindung auch losgelöst<br />
vom persönlichen Treffen aufrechterhalten<br />
werden kann. Es zeigt sich, dass im Zuge<br />
der Krise und der relevanten Maßnahmen
tirol.spart<br />
107<br />
ZUM AUTOR<br />
BERNHARD HOFER<br />
Bernhard Hofer ist CEO der Cemit Speeding<br />
up Innovation GmbH, welche sowohl Start-ups,<br />
Gemeinden als auch Großunternehmen im<br />
Innovationsprozess begleitet. Bernhard Hofer<br />
verfügt über umfassende Erfahrung in der<br />
Konzeption von Digitalisierungsprojekten sowie<br />
Technologie-Scouting.<br />
die Digitalisierung<br />
nun „Einzug in jedes<br />
Wohnzimmer“ hält<br />
und somit eigentlich ein<br />
völlig neuer Marktzugang<br />
für Tiroler Unternehmen<br />
entsteht, da die Bevölkerung<br />
wesentlich digital affiner wird<br />
und somit regionale Dienstleistungen<br />
via verschiedenster digitaler<br />
Initiativen zur Tiroler Bevölkerung<br />
gebracht werden können.<br />
Diese potenzielle Kreativität und digitale<br />
Begeisterung wird auch im Sinne der notwendigen<br />
Wertschöpfung ansteigen müssen,<br />
wozu auch diverse Fördermöglichkeiten<br />
genutzt werden sollen – wie beispielsweise<br />
das Förderprogramm „FFG Kleinprojekte“. Via<br />
des Förderprogramms werden Projekte von KMU<br />
und Start-ups, welche alleine oder in Kooperation<br />
durchgeführt werden und welche als Ergebnis kommerziell<br />
verwertbare Produkte, Verfahren oder Dienstleistungen<br />
aufweisen, unterstützt. Gefördert werden<br />
Projektkosten bis max. 60 Prozent (max. Gesamtkosten<br />
150.000 Euro) in Form von Zuschüssen. Einreichungen<br />
können laufend erfolgen, es gibt keine Einschränkungen,<br />
darüber hinaus gelten vereinfachte Kriterien für die Förderung.<br />
Das sind im Wesentlichen der Innovationsgehalt, der technische<br />
Schwierigkeitsgrad des Projektes, die wirtschaftlichen Verwertungsaussichten<br />
(Unique Selling Proposition, Geschäftsmodell)<br />
sowie die Perspektive, dass durch das Projekt die Forschungstätigkeit<br />
der Bewerberin oder des Bewerbers intensiviert wird.
108 GemNova Menschen<br />
GEMNOVA VERSTÄRKT<br />
PRÄSENZ IN DEN BEZIRKEN<br />
Bereits im März begann die GemNova mit der<br />
Optimierung ihrer Gemeindebetreuung.<br />
AUTOR JAN SCHÄFER<br />
Mit der Erweiterung des Teams erfolgte<br />
auch eine neue Positionierung der<br />
Gemeindebetreuer in den Bezirken.<br />
„Unser Ziel ist es, die Kommunikation<br />
zwischen den Gemeinden weiterauszubauen.<br />
Durch einen engeren Informationsaustausch<br />
können wir als GemNova auf<br />
der einen Seite unser Leistungsangebot<br />
noch gemeindespezifischer aussteuern.<br />
Andererseits profitieren die Gemeinden<br />
von Wissenstransfer und Kostenersparnissen.<br />
Das können wir jetzt durch unsere<br />
vier Gemeindebetreuer noch besser<br />
und effektiver gewährleisten“, sagt der<br />
Geschäftsführer der GemNova, Alois<br />
Rathgeb.<br />
Erfahrung, Fingerspitzengefühl und<br />
Netzwerker<br />
Klaus Gasteiger, Jahrgang 1965, ist seit<br />
April 2018 als Gemeindebetreuer der<br />
GemNova in Tirol unterwegs. Er ist vielen<br />
Bürgermeisterinnen, Bürgermeistern,<br />
Amtsleiterinnen, Amtsleitern und Gemeindebediensteten<br />
ein Begriff. Von 1999 bis<br />
2003 saß er im Bundesrat, in den Jahren<br />
2003 bis 2013 und 2016 bis 2018 war er<br />
Abgeordneter zum Tiroler Landtag. Seit<br />
2000 ist Klaus Gasteiger direkt gewählter<br />
Bürgermeister seiner Heimatgemeinde<br />
Kaltenbach im Zillertal. Seine Tätigkeiten<br />
in der Privatwirtschaft sind ebenso vielseitig.<br />
Der gelernte Tischler kam 1986<br />
zur Firma Empl Fahrzeuge Ges.m.b.H. und<br />
baute zwischen 1988 und 1998 die Sparte<br />
Vertrieb Feuerwehrfahrzeuge auf. 1999<br />
bis 2002 betrieb er eine Handelsagentur<br />
und war von 2014 bis 2016 Handels- und<br />
Gewerberechtlicher Geschäftsführer der<br />
ASKÖ Tirol GmbH.<br />
Gefragt nach seiner Motivation, warum er<br />
Gemeindebetreuer der GemNova geworden<br />
ist, sagt er:<br />
„Ich wollte schon immer<br />
etwas bewirken und aktiv<br />
gestalten – gleich ob es in<br />
der Wirtschaft oder in der<br />
Politik war.“<br />
„Das ist auch so bei der GemNova. Meine<br />
Funktion verstehe ich als Netzwerker im<br />
Unternehmen und für die Tiroler Gemeinden.“<br />
Nachdem Klaus Gasteiger überall<br />
in Tirol als Gemeindebetreuer tätig war,<br />
konzentriert er sich jetzt auf das Tiroler<br />
Unterland mit den Bezirken Kitzbühel, Kufstein,<br />
Schwaz und die Landeshauptstadt<br />
Innsbruck.<br />
Einen Betrag für die Tiroler Gemeinden<br />
leisten<br />
Seit Anfang April ist Michael Radl, Jahrgang<br />
1976, im Team der Gemeindebetreuer.<br />
Er wohnt im Ötztal in Umhausen,<br />
ist verheiratet und hat einen Sohn. Seine<br />
berufliche Laufbahn startete mit einer<br />
Lehre als Büro- und Bankkaufmann bei<br />
der Sparkasse in Imst. Kurz nach seiner<br />
Lehre wechselte er zu „max.mobil“<br />
– jetzt T-Mobile Austria – und war für<br />
den Bereich Firmenkunden in Vorarlberg<br />
und Tirol zuständig. Als sich später die<br />
Chance ergab, für die Pensionsversicherungsanstalt<br />
tätig zu werden, nutzte der<br />
Umhausener sie. Er begann als Pensionssacharbeiter<br />
und wurde später freigestellter<br />
Betriebsrat.<br />
Anschließend war er für die Arbeitnehmervertretung<br />
des ÖGB tätig. In diesem<br />
Rahmen kümmerte er sich hauptsächlich<br />
um die Bereiche Banken und Energiewirtschaft.<br />
Über die Jahre sammelte Michael<br />
Radl viel Erfahrung und Know-how mit<br />
gewählten Funktionären. In ihm wuchs<br />
jedoch der Wunsch, sich abermals beruflich<br />
zu verändern, und so bewarb er sich<br />
bei der GemNova. „Ich wollte auf regionaler<br />
Ebene aktiver werden, etwas für<br />
unsere Gemeinden tun, ihnen bei den Herausforderungen<br />
helfen, die sie heute und<br />
künftig zu bewältigen haben. Das ist der<br />
Grund, warum ich mich bei der GemNova<br />
bewarb. Ich freue mich, meine Erfahrungen<br />
einbringen zu können und Teil eines<br />
starken Teams zu sein“, sagt der Umhausener.<br />
Michael Radl ist der Ansprechpartner<br />
für Imst und Innsbruck Land.<br />
Ein offenes Ohr für Gemeindeanliegen<br />
Zeitgleich mit Michael Radl kam Jan Schä-
GemNova Menschen 109<br />
LINKS: Das GemNova-<br />
Gemeindebetreuer-Team:<br />
Jan Schäfer, Reinhard<br />
Raggl, Michael Radl und<br />
Klaus Gasteiger (v. l. n. r.)<br />
(© GemNova)<br />
fer ins Team der Gemeindebetreuer. Über<br />
die Zusammenarbeit bei der Entstehung<br />
des Buchs der GemNova „Wir alle sind<br />
Gemeinde“ entstand gegenseitiges Vertrauen<br />
und Interesse. Jan Schäfer, Jahrgang<br />
1965, siedelte 2013 mit seiner Frau<br />
und seinen zwei inzwischen erwachsenen<br />
Kindern von Deutschland nach Matrei in<br />
Osttirol. Seitdem lebt und arbeitet er dort<br />
als Unternehmensberater für Marketing<br />
und Kommunikation. Er studierte Holzwirtschaft,<br />
kam aber durch Zufall 1999 in die<br />
Marketingbranche, wo er betriebsintern u.<br />
a. zum Marktforscher und strategischen<br />
Planer ausgebildet wurde. Bevor er sich<br />
2006 selbstständig machte, war er für<br />
verschiedene Agenturen tätig. Beruflich<br />
bedingt lebte der „Wahlmottinga“ in Norwegen,<br />
Schweden, Guinea und den USA.<br />
Gemeinden sind das Fundament<br />
unserer Gesellschaft<br />
und Wirtschaft.<br />
Zu den Themenschwerpunkten seiner<br />
Arbeit gehörten Tourismus, Energiewirtschaft,<br />
Markenbildung, Risikokommunikation<br />
und kommunale Themen. Heute<br />
unterstützt er mit seiner Arbeit hauptsächlich<br />
klein- und mittelständische<br />
Unternehmen sowie öffentliche Institutionen.<br />
„Welch wichtige Rolle Gemeinden<br />
in unser aller Leben spielen, wurde<br />
mir über die Jahre durch die diversen<br />
Projekte immer bewusster. Sie sind das<br />
Fundament unserer Gesellschaft und<br />
Wirtschaft. Sie auf ihrem Weg Richtung<br />
Zukunft zu unterstützen, ist mir ein Anliegen.<br />
Wesentlich dabei sind das Zuhören<br />
und der offene Dialog“, hebt der Marketingexperte<br />
hervor. Jan Schäfer kümmert<br />
sich um die Gemeinden im Bezirk Lienz.<br />
Know-how aus Wirtschaft & Gemeindewesen<br />
Die GemNova konnte Anfang August<br />
Reinhard Raggl, Jahrgang 71, als vierten<br />
Gemeindebetreuer gewinnen. Er lebt im<br />
Bezirk Landeck in Schönwies, ist verheiratet<br />
und hat zwei erwachsene Kinder. Dort<br />
ist er seit 2018 auch Bürgermeisterstellvertreter.<br />
Der studierte Diplomwirtschaftsingenieur<br />
blickt auf über drei Jahrzehnte<br />
Erfahrung in der europäischen Industrie<br />
zurück. Er war als Qualitätsmanager,<br />
Auditor, Sales Director und Coach tätig.<br />
Zu seinen beruflichen Stationen gehören<br />
Unternehmen wie Thöni Industriebetriebe,<br />
Sapa oder die Hydro Aluminium.<br />
Ferner arbeitet er als Business Coach mit<br />
Schwerpunkt im Sales- und Gesundheitsmanagement.<br />
Dieses umfangreiche Wissen aus dem<br />
Management lässt Reinhard Raggl immer<br />
wieder in seine Gemeindearbeit einfließen.<br />
Er weiß, wie die Wirtschaft tickt und<br />
kennt sich mit kommunalen Themen aus.<br />
Das möchte er für seine neue Aufgabe bei<br />
der GemNova zur Stärkung der Tiroler<br />
Gemeinden nutzen. Mit Blick auf seine<br />
neue Tätigkeit sagt er: „Als Vizebürgermeister<br />
der Gemeinde Schönwies kenne<br />
ich die stetig steigenden Herausforderungen<br />
einer Gemeinde. Durch meine<br />
neue Aufgabe bei der GemNova kann ich<br />
dazu beitragen, die Gemeinden umfangreich<br />
zu entlasten. Vielseitige Services<br />
und Dienstleistungen machen das möglich,<br />
aber auch zahlreiche Expertinnen und<br />
Experten aus verschiedensten Fachgebieten.“<br />
Die Bezirke Landeck und Reutte sind<br />
Reinhard Raggls Betreuungsgebiet.<br />
Bereits in den vergangenen Wochen und<br />
Monaten haben die Gemeindebetreuer<br />
viele Gemeinden bereist und sich bei<br />
den Bürgermeisterinnen und Bürgermeistern<br />
persönlich vorgestellt. Viele<br />
neue Erkenntnisse und Einblicke in die<br />
Gemeinden konnten gewonnen werden.<br />
Einerseits sind die Herausforderungen<br />
vielfach sehr ähnlich. Andererseits gibt es<br />
ebenso sehr spezielle orts- oder regionsbezogene<br />
Anliegen. Durch die Rückmeldungen<br />
der Gemeindebetreuer wird nicht<br />
nur das Leistungsangebot der GemNova<br />
optimiert, auch neue Lösungen können<br />
dadurch entwickelt werden.<br />
Denn: Nur gemeinsam gelingt es, die<br />
vielen Herausforderungen in unseren<br />
Gemeinden zu meistern.
110<br />
GemNova Menschen<br />
VON DER<br />
GEMNOVA ...<br />
Auf Wunsch des Tiroler Landeshauptmannes<br />
Günther Platter wechselt der Bereichsverantwortliche<br />
für Gemeindeentwicklung<br />
der GemNova, Magnus Gratl, in das Büro<br />
des Landeshauptmannes. Dort wird Gratl<br />
nach seinem Wechsel aus dem Unternehmen<br />
der Tiroler Gemeinden ab Anfang<br />
September für Gemeindeangelegenheiten<br />
zuständig sein. „Die bisher bereits ausgezeichnete<br />
Zusammenarbeit zwischen dem<br />
Land Tirol und der GemNova sowie dem<br />
Tiroler Gemeindeverband wird damit weiter<br />
ausgebaut. Wir bedanken uns bei Günther<br />
Platter für das Vertrauen in die Expertise<br />
der GemNova“, freut sich Geschäftsführer<br />
Alois Rathgeb, das Land Tirol einmal mehr<br />
in seiner Arbeit unterstützen zu dürfen.<br />
„Ich werde im Büro des Landeshauptmannes<br />
unter anderem die gesamten<br />
Gemeindeagenden übernehmen“, bestätigt<br />
Gratl. „Ich denke, man sieht an meinem<br />
Beispiel, dass die Arbeit der GemNova<br />
auch im Landhaus sehr genau beobachtet<br />
wird.“- Gratl, ehemals Geschäftsführer des<br />
Maschinenrings Innsbruck-Land, hat den<br />
Bereich Gemeindeentwicklung in der Gem-<br />
Nova aufgebaut.<br />
... IN DAS BÜRO DES<br />
LANDESHAUPT-<br />
MANNES
ENTGELTLICHE EINSCHALTUNG 111<br />
BEIM WINTERDIENST AUF DER SICHEREN SEITE<br />
Maschinenring<br />
Kontakt: 059060 700<br />
www.maschinenring.tirol<br />
Wenn es in Tirol Winter wird, steht Gemeinden<br />
eine besonders herausfordernde Jahreszeit<br />
ins Haus. Für Unterstützung beim<br />
Winterdienst sorgt bei einem Großteil der<br />
heimischen Kommunen der Maschinenring.<br />
So auch in Thaur, wo die Maschinenring-<br />
Dienstleister Andreas und Romed Plank vom<br />
Bartlhof seit mehr als fünf Jahren für die<br />
Schneeräumung und Streuung verantwortlich<br />
sind. Gemeinsam mit dem Maschinenring-Winterdienstroutinier<br />
Josef Brunner<br />
vom Madleinhof werden von November bis<br />
März alle Gemeindestraßen in ihrer Heimatgemeinde<br />
betreut.<br />
Verantwortungsvolle Tätigkeit<br />
Neben Räumung und Salzstreuung werden<br />
besonders steile Abschnitte des Straßennetzes<br />
auch gekiest und Schneeansammlungen<br />
abtransportiert. Bei großen<br />
Neuschneemengen kommt zusätzlich eine<br />
Schneefräse zum Einsatz, um möglichst<br />
schnell wieder Platz in den engen Gassen<br />
zu schaffen und für sichere Straßenverhältnisse<br />
zu sorgen. „Regelmäßige Kontrollfahrten<br />
und die Einschätzung von Witterung<br />
und Gefahrenpotenzial zählen ebenso<br />
zu unseren Aufgaben. Ein nützliches Hilfsmittel<br />
ist das detaillierte Wetter-SMS vom<br />
Maschinenring, das über relevante Prognosen,<br />
Niederschlag und Glättegefahr informiert“,<br />
erklärt Andreas Plank.<br />
Regionalität als Pluspunkt<br />
„Der örtliche Bezug unserer Dienstleister<br />
macht den Maschinenring als Winterdienstanbieter<br />
aus. Unsere Fahrer<br />
werden in einem Gebiet eingesetzt, wo<br />
sie sich auskennen. Dadurch funktioniert<br />
auch die Kommunikation mit den<br />
Gemeindebediensteten einwandfrei.<br />
Außerdem bleibt die Wertschöpfung<br />
in der Region, wovon Dienstleister und<br />
Kunden gleichermaßen profitieren. Für<br />
die Fahrer bedeutet die Ausübung des<br />
Winterdienstes über den Maschinenring<br />
auch eine rechtliche und<br />
versicherungstechnische<br />
Absicherung“, erklärt Mag.<br />
Hannes Ziegler, Geschäftsführer<br />
des Maschinenring.<br />
Versorgungssicherheit und<br />
Schlagkraft aus der Region<br />
Mit mehr als 500 Winterdienst-Mitarbeitern<br />
ist der<br />
Maschinenring tirolweit bei<br />
mehr als 1.000 Kunden im Einsatz. Von der<br />
maschinellen Räumung reicht die Palette<br />
über den händischen Winterdienst, die Eiszapfenentfernung<br />
und die Tauwetterkontrolle<br />
bis hin zum Dachabschöpfen und den<br />
Abschlusskehrungen. „Durch große und<br />
regional verteilte Lagerkapazitäten für Salz<br />
kann die Streuung auch bei schwierigen<br />
Wetter- oder Marktsituationen sichergestellt<br />
werden“, ergänzt Ziegler. Genaueste<br />
Wetterprognosen mit einer vernetzten Alarmierung<br />
kommen genauso zum Einsatz wie<br />
GPS-Tracking für die Aufzeichnung der erledigten<br />
Arbeiten. Eine ständige Rufbereitschaft<br />
sowie regelmäßige Aus- und Weiterbildungen<br />
der eingesetzten Arbeitskräfte<br />
bieten größtmögliche Sicherheit für die Auftraggeber.<br />
„Die lückenlose Dokumentation<br />
von Routen und ausgebrachten Streumitteln<br />
ist mittlerweile ein wichtiger Bestandteil<br />
unserer Winterdienst-Aufträge. Auch im Falle<br />
von Haftungsfragen sind Kommunen auf<br />
der sicheren Seite – schließlich übernehmen<br />
wir auch die rechtliche Verantwortung“,<br />
erklärt der Maschinenring-Geschäftsführer<br />
abschließend.<br />
OBEN: Die beiden Maschinenring-Dienstleister<br />
Andreas und Romed Plank aus Thaur<br />
sorgen für die Schneeräumung und Streuung<br />
in ihrer Heimatgemeinde.<br />
LINKS: Der Maschinenring setzt für den<br />
verlässlichen Winterdienst auf Mitarbeiter aus<br />
der Region. (© Mario Webhofer/Maschinenring)
112<br />
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AUSGABE IM NEUEN<br />
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