08.09.2020 Aufrufe

PolFHa Extra - Das neue Sächsische Polizeibehördengesetz (SächsPBG)

Anfang diesen Jahres trat das „Gesetz zur Neustrukturierung des Polizeirechtes des Freistaates Sachsen“ in Kraft, mit der Folge, dass das Verhältnis von Polizeibehörden und Polizeivollzugsdienst (PVD) neu gestaltet wurde. Prof. Dr. Henning Schwier, Dozent für Allgemeines und besonderes Verwaltungsrecht und ausgewiesener Experte für das SächsPBG, hat Ihnen die wichtigsten Neuregelungen für den Polizeidienst zusammengestellt und eine Einordnung vorgenommen.

Anfang diesen Jahres trat das „Gesetz zur Neustrukturierung des Polizeirechtes des Freistaates Sachsen“ in Kraft, mit der Folge, dass das Verhältnis von Polizeibehörden und Polizeivollzugsdienst (PVD) neu gestaltet wurde. Prof. Dr. Henning Schwier, Dozent für Allgemeines und besonderes Verwaltungsrecht und ausgewiesener Experte für das SächsPBG, hat Ihnen die wichtigsten Neuregelungen für den Polizeidienst zusammengestellt und eine Einordnung vorgenommen.

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

von Henning Schwier<br />

der neuformulierte § 33 <strong>SächsPBG</strong> (Alkoholkonsumverbote),<br />

der die alte Regelung aus § 9a SächsPolG<br />

aufgreift und eine Ermächtigung zum Erlass örtlich<br />

und zeitlich begrenzter Alkoholkonsumverbote formuliert.<br />

‣ Grundsätzliche Kritik am Instrument „Alkoholkonsumverbot“<br />

Kaum zu bestreiten ist, dass Alkohol generell enthemmt,<br />

als Gewaltkatalysator wirkt und die Gewaltbereitschaft<br />

Einzelner steigern kann. Allerdings führt<br />

Alkoholgenuss nicht generell zu Aggressivität. Vielmehr<br />

hängt es von den äußeren Umständen, den individuellen<br />

Gegebenheiten und Befindlichkeiten sowie<br />

den situativen Einflüssen ab, welche Wirkungen<br />

der Alkohol bei dem Einzelnen zeigt. Deshalb wird<br />

die kritische Frage aufgeworfen, ob überhaupt eine<br />

kausale Beziehung oder nicht vielmehr ein „Scheinsachzusammenhang“<br />

zwischen Alkohol und polizeirelevanter<br />

Gefahr bzw. Störung besteht. Diskutiert<br />

wird außerdem, ob kommunale Alkoholverbote nicht<br />

alleine eine Verlagerung der Problemlage bewirken.<br />

Trotz dieser (im Grundsatz) berechtigten Kritik hat<br />

der Gesetzgeber der (kommunal-) politischen Forderung<br />

nach Alkoholkonsumverboten im § 33 <strong>SächsPBG</strong><br />

Rechnung getragen. 9)<br />

‣ Differenzierung der Alkoholkonsumverbote<br />

nach § 33 I bzw. II <strong>SächsPBG</strong><br />

§ 33 <strong>SächsPBG</strong> differenziert zwischen Alkoholkonsumverboten<br />

zum Kinder- und Jugendschutz (Abs. 1)<br />

bzw. sonstigen Alkoholkonsumverboten (Abs. 2).<br />

(1) Die Ortspolizeibehörden können zum Zweck des<br />

Kinder- und Jugendschutzes … auf öffentlichen Flächen,<br />

die sich in räumlicher Nähe von Einrichtungen,<br />

die ihrer Art nach oder tatsächlich vorwiegend von<br />

Kindern und Jugendlichen aufgesucht werden, den<br />

Konsum und das Mitführen von alkoholischen Getränken<br />

zum Zweck des Konsums innerhalb dieser<br />

Flächen verbieten, soweit dort auf Grund der örtlichen<br />

Verhältnisse eine abstrakte Gefahr der Begehung<br />

alkoholbedingter Straftaten oder Ordnungswidrigkeiten<br />

vorliegt.<br />

(2) Die Ortspolizeibehörden können durch Polizeiverordnung<br />

auf sonstigen öffentlichen Flächen … Konsum<br />

und das Mitführen … zum Zweck des Konsums<br />

… verbieten, wenn<br />

1. Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich<br />

dort das Ausmaß oder die Häufigkeit alkoholbedingter<br />

Straftaten oder alkoholbedingter Ordnungswidrigkeiten<br />

von erheblicher Bedeutung<br />

von der des übrigen Gemeindegebiets deutlich<br />

abhebt und<br />

9) Vgl. Elzermann/Schwier, Polizeigesetz des Freistaates Sachsen, 5.<br />

Auflage, § 9a, Rn. 1 ff.<br />

2. Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass dort<br />

auch zukünftig alkoholbedingte Straftaten oder<br />

alkoholbedingte Ordnungswidrigkeiten von erheblicher<br />

Bedeutung begangen werden.<br />

‣ Gemeinsame Bedingungen bei § 33 I bzw. II<br />

<strong>SächsPBG</strong><br />

Die Alkoholkonsumverbote zum Kinder- und Jugendschutz<br />

(Abs. 1) bzw. die sonstigen Alkoholkonsumverbote<br />

(Abs. 2) weisen zunächst – trotz aller Unterschiede<br />

– einen gemeinsamen Kern auf. In beiden<br />

Varianten können der Konsum und das Mitführen<br />

von alkoholischen Getränken zum Zweck des Konsums<br />

verboten werden, um alkoholbedingte Straftaten<br />

oder Ordnungswidrigkeiten zu verhindern. Beide<br />

Formulierungen sind stark auslegungsbedürftig.<br />

Aufgrund der hierzu ergangenen Rechtsprechung<br />

und Kommentarliteratur kann aber zumindest der<br />

unbestimmte Rechtsbegriff „alkoholische Getränke“<br />

als geklärt gelten. Die Untergrenze, ab wann ein<br />

Getränk als alkoholisch eingestuft werden kann, wird<br />

dabei durch § 9 I Nr. 2 JuSchG gezogen, sodass das<br />

Mitführen von schwach alkoholhaltigen Getränken<br />

wie etwa „alkoholfreiem“ Bier vom Anwendungsbereich<br />

der Polizeiverordnung ausgenommen ist. 10)<br />

Verboten werden kann der „Konsum und das Mitführen“<br />

von alkoholischen Getränken „zum Zwecke<br />

des Konsums“. Nicht erfasst wird das einfache Durchqueren<br />

der zum Geltungsbereich der Polizeiverordnung<br />

gehörenden Örtlichkeiten mit zuvor eingekauftem<br />

Alkohol, wenn nicht beabsichtigt ist, diesen dort<br />

zu konsumieren. Auch das Verweilen mit mitgeführtem<br />

Alkohol ohne Konsumabsicht wird nicht erfasst.<br />

Die Absicht des Konsums müssen äußere Umstände<br />

belegen, z. B. mitgeführte Trinkgefäße, Strohhalme,<br />

bereits geöffnete oder geleerte Flaschen.<br />

Unter „alkoholbedingte Straftaten bzw. Ordnungswidrigkeiten“<br />

i. S. v. § 33 I bzw. II <strong>SächsPBG</strong><br />

sind Straftaten zu fassen, deren Begehung durch Alkoholeinwirkung<br />

beeinflusst worden ist. Nach Sinn<br />

und Zweck der Verordnungsermächtigung sind nicht<br />

nur solche Straftaten erfasst, deren Begehung monokausal<br />

auf Alkoholeinwirkung zurückzuführen ist. Es<br />

genügt, wenn die Alkoholeinwirkung mitursächlich<br />

gewesen ist.<br />

Sowohl bei Abs. 1 als auch bei Abs. 2 darf sich das<br />

Verbot nicht auf Bereiche beziehen, die nach Gaststättenrecht<br />

konzessioniert sind („außerhalb zugelassener<br />

Außenbewirtschaftungsflächen“).<br />

‣ Spezifische Bedingungen des § 33 I <strong>SächsPBG</strong><br />

(Kinder- und Jugendschutz)<br />

§ 33 I 1 <strong>SächsPBG</strong> regelt die Voraussetzungen unter<br />

denen Alkoholverbote auf öffentlichen Flächen<br />

zum Schutz von Kindern und Jugendlichen möglich<br />

sind. Die Regelung ermöglicht insbesondere in der<br />

10) Vgl. hierzu: Nikles/Roll/Spürck/Umbach, § 9 JuSchG, Rn. 11.<br />

11

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!