08.09.2020 Aufrufe

PolFHa Extra - Das neue Sächsische Polizeibehördengesetz (SächsPBG)

Anfang diesen Jahres trat das „Gesetz zur Neustrukturierung des Polizeirechtes des Freistaates Sachsen“ in Kraft, mit der Folge, dass das Verhältnis von Polizeibehörden und Polizeivollzugsdienst (PVD) neu gestaltet wurde. Prof. Dr. Henning Schwier, Dozent für Allgemeines und besonderes Verwaltungsrecht und ausgewiesener Experte für das SächsPBG, hat Ihnen die wichtigsten Neuregelungen für den Polizeidienst zusammengestellt und eine Einordnung vorgenommen.

Anfang diesen Jahres trat das „Gesetz zur Neustrukturierung des Polizeirechtes des Freistaates Sachsen“ in Kraft, mit der Folge, dass das Verhältnis von Polizeibehörden und Polizeivollzugsdienst (PVD) neu gestaltet wurde. Prof. Dr. Henning Schwier, Dozent für Allgemeines und besonderes Verwaltungsrecht und ausgewiesener Experte für das SächsPBG, hat Ihnen die wichtigsten Neuregelungen für den Polizeidienst zusammengestellt und eine Einordnung vorgenommen.

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

von Henning Schwier<br />

ALT: § 24 SÄCHSPOLG<br />

1. … Sache von Person mitgeführt, die durchsucht<br />

werden darf<br />

2. … in der Sache befindet sich eine Person, die<br />

a) in Gewahrsam genommen werden darf<br />

b) widerrechtlich festgehalten wird oder<br />

c) infolge Hilflosigkeit an Leib oder Leben gefährdet<br />

ist<br />

3. … in der Sache befindet sich eine Sache, die sichergestellt/beschlagnahmt<br />

werden darf<br />

4. … Sache befindet sich am „verrufenen“ Ort<br />

5. … Sache befindet sich an einem „gefährdeten“ Objekt,<br />

an dem Straftat begangen werden soll<br />

6. … Fahrzeug im Kontext § 19 Abs. 1 Nr. 4, 5 oder 6<br />

7. … Sache von Person mitgeführt, die nach § 19 Abs.<br />

1 Nr. 4, 5 oder 6 kontrolliert werden darf<br />

hellgrau hinterlegte Varianten gestrichen<br />

NEU: § 22 SÄCHSPBG<br />

1. … Sache wird von Person mitgeführt, die nach § 21<br />

durchsucht werden darf<br />

2. … in der Sache befinden sich Sachen/Tiere, die<br />

nach § 25 sichergestellt werden dürfen<br />

3. … in der Sache befindet sich hilflose Person, die an<br />

Leib/Leben gefährdet ist<br />

§ 23 Betreten und Durchsuchen von Wohnungen<br />

Die besondere Normierung des Betretens und Durchsuchens<br />

von Wohnungen dient dem verfassungsmäßig<br />

verbürgten Schutz des Rechts auf Unverletzlichkeit<br />

der Wohnung durch Art. 13 I GG. Als Wohnung<br />

sind alle Räume einzustufen, die der allgemeinen<br />

Zugänglichkeit durch eine räumliche Abschottung<br />

entzogen und zur Stätte privaten Lebens und Wirkens<br />

gemacht sind. Der Begriff der Wohnung ist weit<br />

auszulegen. Da er den Schutz der Privatsphäre des<br />

Einzelnen garantieren soll, ist er unabhängig von der<br />

eigentumsrechtlichen Zuordnung des jeweiligen Raumes.<br />

Neben der klassischen Wohnung erfasst Art.<br />

13 GG insofern auch alle Nebenräume (z.B. Keller,<br />

Dachböden, Treppenhäuser), das mit der Wohnung<br />

zusammenhängende befriedete Besitztum (z. B. eingezäunter<br />

Vorgarten) sowie Arbeits-, Betriebs- und<br />

Geschäftsräume (z. B. Läden, Kinos, Supermärkte).<br />

Unter Betreten einer Wohnung ist das Eintreten, Verweilen<br />

und Besichtigen zu verstehen, ohne ziel- und<br />

zweckgerichtet zu suchen. <strong>Das</strong> Betreten erschöpft<br />

sich somit in einer einfachen Um- oder Nachschau.<br />

Unter Durchsuchen ist hingegen das ziel- und zweckgerichtete<br />

Suchen nach Personen oder Sachen oder<br />

Gefahrenquellen in einer Wohnung zu verstehen. Es<br />

soll etwas aufgespürt werden, was der Inhaber der<br />

Wohnung von sich aus nicht herausgeben oder offenlegen<br />

will. 7)<br />

§ 23 <strong>SächsPBG</strong> ersetzt den früheren § 25 SächsPolG,<br />

weist aber einige Veränderungen im materiellen Bereich<br />

auf. Die verfahrensrechtlichen Voraussetzungen,<br />

die früher ebenfalls im § 25 SächsPolG geregelt<br />

waren, sind jetzt in einen eigenständigen Paragrafen<br />

(§ 24 <strong>SächsPBG</strong>) überführt worden. In diesem Bereich<br />

sind allenfalls oberflächliche Veränderungen zu<br />

verzeichnen.<br />

‣ Grundlegende systematische Veränderung<br />

Zunächst beseitigt der <strong>neue</strong> § 23 <strong>SächsPBG</strong> eine<br />

systematische Schieflage. Im früheren § 25 Sächs-<br />

PolG waren das Betreten (Abs. 1) und das Durchsuchen<br />

(Abs. 2) von Wohnungen zwei eindeutig<br />

voneinander getrennte und jeweils eigenständigen<br />

Bedingungen unterworfene Eingriffsmaßnahmen.<br />

Dieser Ansatz war schon grundsätzlich fragwürdig,<br />

da die Maßnahme des Durchsuchens einer Wohnung<br />

das Betreten derselben logisch voraussetzt. Davon<br />

abgesehen waren unter der Geltung des § 25 Sächs-<br />

PolG Konstellationen denkbar, in denen das Durchsuchen<br />

einer Wohnung tatbestandlich möglich, das<br />

bloße Betreten hingegen ausgeschlossen war. Diesen<br />

offensichtlichen Wertungswiderspruch hat der Gesetzgeber<br />

im § 23 <strong>SächsPBG</strong> behoben. <strong>Das</strong> Betreten<br />

und das Durchsuchen sind jetzt im Ausgangpunkt von<br />

denselben Bedingungen abhängig:<br />

ALT: § 25 SÄCHSPOLG<br />

(1) Die Polizei kann eine Wohnung … betreten, wenn<br />

dies zum Schutz eines Einzelnen … gegen dringende<br />

Gefahren für die öffentliche Sicherheit … Während<br />

der Nachtzeit ist das Betreten zur Abwehr einer gemeinen<br />

Gefahr oder einer Lebensgefahr oder schweren<br />

Gesundheitsgefahr … zulässig.<br />

(2) Die Polizei kann eine Wohnung durchsuchen, …<br />

um eine Sache zu beschlagnahmen<br />

NEU: § 23 SÄCHSPBG<br />

(1) Die Polizeibehörden können eine Wohnung … betreten<br />

und durchsuchen, wenn …<br />

‣ Veränderter Tatbestand, § 23 I und II <strong>SächsPBG</strong><br />

Gleichzeitig hat der Gesetzgeber – ähnlich wie bei<br />

§§ 21, 22 <strong>SächsPBG</strong> – auch die Ermächtigungsnorm<br />

zum Betreten und Durchsuchen von Wohnungen auf<br />

die, für die Polizeibehörden relevanten, Fälle eingegrenzt.<br />

Tatsächlich weist § 23 <strong>SächsPBG</strong> lediglich zwei<br />

Tatbestandsalternativen auf:<br />

7) Vgl. zu den Details von Betreten und Durchsuchen von Wohnungen:<br />

Elzermann/Schwier, Polizeigesetz des Freistaates Sachsen, 5. Auflage,<br />

§ 25, Rn. 2 ff.<br />

7

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!