08.09.2020 Aufrufe

PolFHa Extra - Das neue Sächsische Polizeibehördengesetz (SächsPBG)

Anfang diesen Jahres trat das „Gesetz zur Neustrukturierung des Polizeirechtes des Freistaates Sachsen“ in Kraft, mit der Folge, dass das Verhältnis von Polizeibehörden und Polizeivollzugsdienst (PVD) neu gestaltet wurde. Prof. Dr. Henning Schwier, Dozent für Allgemeines und besonderes Verwaltungsrecht und ausgewiesener Experte für das SächsPBG, hat Ihnen die wichtigsten Neuregelungen für den Polizeidienst zusammengestellt und eine Einordnung vorgenommen.

Anfang diesen Jahres trat das „Gesetz zur Neustrukturierung des Polizeirechtes des Freistaates Sachsen“ in Kraft, mit der Folge, dass das Verhältnis von Polizeibehörden und Polizeivollzugsdienst (PVD) neu gestaltet wurde. Prof. Dr. Henning Schwier, Dozent für Allgemeines und besonderes Verwaltungsrecht und ausgewiesener Experte für das SächsPBG, hat Ihnen die wichtigsten Neuregelungen für den Polizeidienst zusammengestellt und eine Einordnung vorgenommen.

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<strong>Das</strong> <strong>neue</strong> <strong>Sächsische</strong> <strong>Polizeibehördengesetz</strong><br />

Einrichtungen) gestützt werden. Eine Bezugnahme<br />

auf die „Öffentliche Ordnung“<br />

Die Gesamtheit der ungeschriebenen Regeln, deren<br />

Befolgung eine unerlässliche Voraussetzung<br />

für ein geordnetes menschliches Zusammenleben<br />

innerhalb eines bestimmten Gebietes bilden<br />

ist hingegen nicht mehr möglich.<br />

Der Anwendungsbereich der „Öffentliche Ordnung“<br />

ist aufgrund der umfassenden Verrechtlichung sämtlicher<br />

Lebensbereiche ohnehin ausgesprochen eng,<br />

da das Störerverhalten in aller Regel durch eine geschrieben<br />

Norm abgedeckt wird. Auch ist die „Öffentliche<br />

Ordnung“ u. a. aufgrund der Unbestimmtheit<br />

des Schutzgutes („herrschende Sozialmoral“) zu<br />

Recht erheblicher Kritik ausgesetzt. 4) Insofern ist die<br />

Streichung des Begriffs im Rahmen des § 20 <strong>SächsPBG</strong><br />

nachvollziehbar. Tatsächlich wollte der Gesetzgeber<br />

das Schutzgut der „Öffentliche Ordnung“ auch<br />

im Kontext der IDF (§ 18 <strong>SächsPBG</strong>) streichen, hat<br />

diese Streichung allerdings versäumt.<br />

Eine weitere Neuerung im Bereich der Platzverweisung<br />

resultiert nicht aus § 20 <strong>SächsPBG</strong> selbst, sondern<br />

aus § 31 <strong>SächsPBG</strong>. Hiernach handelt ordnungswidrig,<br />

wer vorsätzlich oder fahrlässig einer vollziehbaren<br />

Platzverweisung zuwiderhandelt. Diese Ordnungswidrigkeiten<br />

können mit einer Geldbuße bis zu<br />

5.000 Euro geahndet werden.<br />

§ 21 Durchsuchung von Personen<br />

Eine Durchsuchung einer Person ist die Suche in<br />

den am Körper befindlichen Kleidungsstücken, das<br />

Abtasten des bekleideten Körpers und auch die<br />

Nachschau am unbekleideten Körper bzw. an Teilen<br />

desselben und in den ohne weiteres zugänglichen<br />

Körperöffnungen (z.B. Mund, Ohren, Nase) nach<br />

Gegenständen oder Spuren. Ist der Ort bekannt, an<br />

dem ein zu suchender Gegenstand vorhanden ist und<br />

kann dieser deshalb direkt ergriffen werden, so liegt<br />

keine Durchsuchung vor (z. B. ein Bediensteter einer<br />

Polizeibehörde sieht, wie ein Randalierer ein Schlagwerkzeug<br />

unter der Jacke versteckt). 5)<br />

Der neuformulierte § 21 <strong>SächsPBG</strong> greift den früheren<br />

§ 23 SächsPolG auf, passt diesen allerdings der<br />

<strong>neue</strong>n Rechtslage bzw. den Bedürfnissen der Polizeibehörde<br />

an:<br />

ALT: § 23 SÄCHSPOLG<br />

1. … Person kann festgehalten oder in Gewahrsam<br />

genommen werden<br />

2. … Person, führt Sachen mit, die sichergestellt oder<br />

beschlagnahmt werden dürfen<br />

4) Elzermann/Schwier, Polizeigesetz des Freistaates Sachsen, 5. Auflage,<br />

§ 1, Rn. 16 ff.<br />

5) Elzermann/Schwier, Polizeigesetz des Freistaates Sachsen, 5. Auflage,<br />

§ 23, Rn. 3.<br />

3. … zur Feststellung der Identität erforderlich und<br />

hilflose Lage<br />

4. … am „verrufenen“ Ort<br />

5. … am „gefährdeten“ Objekt<br />

(2)… Suche nach Waffen zum Eigenschutz<br />

hellgrau hinterlegte Varianten gestrichen<br />

NEU: § 21 SÄCHSPBG<br />

1. … Person, die festgehalten werden darf<br />

2. … Person, führt Sachen mit, die sichergestellt werden<br />

kann<br />

3. … hilflose Lage der Person und Abwehr einer sie<br />

betreffenden Gefahr<br />

Neben der Streichung der PVD-spezifischen Varianten<br />

hat allein § 21 I Nr. 3 <strong>SächsPBG</strong> eine substantielle<br />

Veränderung erfahren. Zwar ähnelt die Norm<br />

dem früheren § 23 I Nr. 3 SächsPolG, hat aber eine<br />

andere Zielrichtung. Während § 23 I Nr. 3 SächsPolG<br />

ausschließlich der Identitätsfeststellung diente, ist<br />

Ziel der Durchsuchung einer Person nach § 21 I Nr.<br />

3 <strong>SächsPBG</strong> die Feststellung und die Abwehr einer<br />

diese Person betreffenden Gefahr (etwa wenn eine<br />

hilflose Person Medikamente benötigt, die sie vermutlich<br />

in ihrer Kleidung mitführt).<br />

§ 22 Durchsuchung von Sachen<br />

§ 22 <strong>SächsPBG</strong> ergänzt § 21 <strong>SächsPBG</strong> und erstreckt<br />

die Möglichkeit des Durchsuchens auf Sachen. Die<br />

Durchsuchung von Sachen ist das ziel- und zweckgerichtete<br />

Suchen nach Personen und Gegenständen<br />

in einer Sache. Die bloße Besichtigung einer Sache,<br />

durch die deren äußere Beschaffenheit ohne Einsichtnahme<br />

oder Eindringen in das Innere der Sache<br />

festgestellt werden soll, ist keine Durchsuchung. Sachen<br />

im Sinne dieser Norm sind körperliche Gegenstände<br />

(§ 90 BGB, ebenfalls erfasst sind Tiere nach<br />

§ 90a BGB), soweit sie nicht Wohnung im Sinne des<br />

Art. 13 I GG sind. Befindet sich die Sache am Körper<br />

einer Person oder in einer Wohnung, greift nicht § 22<br />

<strong>SächsPBG</strong>, sondern § 21 <strong>SächsPBG</strong> bzw. § 23 <strong>SächsPBG</strong>.<br />

6) Die Ermächtigung des § 22 <strong>SächsPBG</strong> erstreckt<br />

sich nicht nur auf die eigentliche Durchsuchung, sondern<br />

auch auf diejenigen Maßnahmen, die erforderlich<br />

sind um eine ordnungsgemäße Durchsuchung zu<br />

ermöglichen, z.B. die Öffnung der zu durchsuchenden<br />

Sache oder deren Verbringung an einen anderen,<br />

für die Durchsuchung besser geeigneten Ort.<br />

Für § 22 <strong>SächsPBG</strong> gilt ein ähnliches Ergebnis wie für<br />

§ 21 <strong>SächsPBG</strong>. Auch der § 22 <strong>SächsPBG</strong> übernimmt<br />

im Wesentlichen den Regelungscharakter des alten<br />

§ 24 SächsPolG, passt diesen aber auf die Anforderungen<br />

der Polizeibehörden an.<br />

6) Vgl. zur Durchsuchung von Sachen: Elzermann/Schwier, Polizeigesetz<br />

des Freistaates Sachsen, 5. Auflage, § 24, Rn. 2 ff.<br />

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