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PolFHa Extra - Das neue Sächsische Polizeibehördengesetz (SächsPBG)

Anfang diesen Jahres trat das „Gesetz zur Neustrukturierung des Polizeirechtes des Freistaates Sachsen“ in Kraft, mit der Folge, dass das Verhältnis von Polizeibehörden und Polizeivollzugsdienst (PVD) neu gestaltet wurde. Prof. Dr. Henning Schwier, Dozent für Allgemeines und besonderes Verwaltungsrecht und ausgewiesener Experte für das SächsPBG, hat Ihnen die wichtigsten Neuregelungen für den Polizeidienst zusammengestellt und eine Einordnung vorgenommen.

Anfang diesen Jahres trat das „Gesetz zur Neustrukturierung des Polizeirechtes des Freistaates Sachsen“ in Kraft, mit der Folge, dass das Verhältnis von Polizeibehörden und Polizeivollzugsdienst (PVD) neu gestaltet wurde. Prof. Dr. Henning Schwier, Dozent für Allgemeines und besonderes Verwaltungsrecht und ausgewiesener Experte für das SächsPBG, hat Ihnen die wichtigsten Neuregelungen für den Polizeidienst zusammengestellt und eine Einordnung vorgenommen.

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von Henning Schwier<br />

2. … am „verrufenen“ Ort<br />

3. … am „gefährdeten“ Objekt<br />

4. … Kontrollstelle<br />

5. … Schleierfahndung<br />

6. … Kontrollbereich<br />

Nr. 2 bis 6 als PVD-spezifische Varianten gestrichen<br />

NEU: § 18 I SÄCHSPBG<br />

(1) Die Polizeibehörden können die Identität einer<br />

Person feststellen, soweit dies<br />

1. zur Abwehr einer Gefahr oder<br />

2. zum Schutz privater Rechte<br />

erforderlich ist.<br />

Mit Gefahr i. S. d. § 18 I Nr. 1 ist eine konkrete Gefahr<br />

für die Schutzgüter der öffentlichen Sicherheit<br />

oder öffentlichen Ordnung gemeint. Dies bedeutet,<br />

dass im einzelnen Fall die hinreichende Wahrscheinlichkeit<br />

bestehen muss, dass in absehbarer Zeit ein<br />

Schaden für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung<br />

eintreten wird oder bereits eingetreten ist. Dabei ist<br />

zu berücksichtigen, dass eine IDF typischerweise eine<br />

Maßnahme der Gefahrerforschung als Bestandteil<br />

der Gefahrenabwehr ist. Zusätzlich wird regelmäßig<br />

eine Abschreckungswirkung, sog. „Zipperleineffekt“,<br />

erzielt.<br />

§ 18 I Nr. 2 <strong>SächsPBG</strong> wurde neu in das Gesetz aufgenommen,<br />

eine vergleichbare Regelung gab es<br />

im SächsPolG nicht. Die Regelung ist allerdings nur<br />

klarstellend, da sie inhaltlich bereits in § 18 I Nr. 1<br />

<strong>SächsPBG</strong> enthalten ist. Der Schutz privater Rechte<br />

obliegt den Polizeibehörden nur im Rahmen von<br />

§ 2 II <strong>SächsPBG</strong>. Die Bedeutung dieser Befugnis besteht<br />

vor allem darin, den „Täter“ einer fahrlässigen<br />

Sachbeschädigung zu identifizieren. Da eine fahrlässige<br />

Sachbeschädigung nicht strafbar ist, bleibt hier<br />

nur die Möglichkeit, auf polizeirechtlicher Grundlage<br />

vorzugehen. Beispiele sind der Passant, der aus<br />

Unachtsamkeit eine Schaufensterscheibe eindrückt,<br />

oder der Tierhalter, dessen Tier einen Sachschaden<br />

verursacht hat.<br />

‣ Rechtsfolgen der IDF nach § 18 II <strong>SächsPBG</strong><br />

§ 18 II <strong>SächsPBG</strong> entspricht im Wesentlichen dem früheren<br />

§ 19 II SächsPolG, wurde aber in der Nummer 4<br />

um die Möglichkeit des Durchsuchens erweitert:<br />

(2) Die Polizeibehörden können … erforderlichen<br />

Maßnahmen treffen. Sie können<br />

1. den Betroffenen anhalten,<br />

2. den Betroffenen nach seinen Personalien befragen,<br />

3. verlangen, dass der Betroffene mitgeführte Ausweispapiere<br />

zur Prüfung aushändigt,<br />

4. den Betroffenen und von ihm mitgeführte Sachen<br />

nach Gegenständen durchsuchen, die<br />

zur Identitätsfeststellung dienen können, oder<br />

5. den Betroffenen festhalten.<br />

Kann die Identität schon durch Anhalten des Betroffenen<br />

und das Verlangen, mitgeführte Ausweispapiere<br />

vorzuzeigen und zur Prüfung auszuhändigen, oder<br />

auf andere Weise, etwa die telefonische Überprüfung<br />

seiner Angaben mit Hilfe einer von ihm benannten<br />

Person, festgestellt werden, sind weitere Maßnahmen<br />

zur Feststellung der Identität unzulässig.<br />

Ist die Identifizierung dagegen so nicht oder nur unter<br />

erheblichen Schwierigkeiten möglich oder bestehen<br />

tatsächlich Anhaltspunkte dafür, dass Angaben<br />

unrichtig sind, darf der Betroffene bei steigender<br />

Eingriffsintensität sowie von ihm mitgeführte Sachen<br />

nach Gegenständen die zur Identitätsfeststellung<br />

dienen können durchsucht werden und vor Ort festgehalten<br />

werden. Die Möglichkeit des Durchsuchens<br />

aus § 18 II Nr. 4 <strong>SächsPBG</strong> tritt als spezielle Befugnis<br />

im Kontext der IDF zu den allgemeinen Ermächtigungsnormen<br />

des Durchsuchens von Personen bzw.<br />

Sachen aus § 21 bzw. § 22 <strong>SächsPBG</strong> hinzu. Ein sachlicher<br />

Grund für diese (etwas erstaunliche) systematische<br />

Verortung lässt sich der Gesetzesbegründung<br />

nicht entnehmen. Die früher in § 19 II SächsPolG<br />

enthaltene Möglichkeit, den Betroffenen zur Durchführung<br />

der IDF zur Dienststelle mitzunehmen (sog.<br />

Sistierung), wurde in § 18 II <strong>SächsPBG</strong> bewusst nicht<br />

aufgenommen. Sie kommt künftig also nur dem PVD<br />

zu.<br />

§ 20 Platzverweisung<br />

Unter einer Platzverweisung versteht man das (vorübergehende)<br />

Gebot, einen Ort, zu verlassen (Entfernungsgebot)<br />

und/oder das (vorübergehende) Verbot,<br />

einen Ort zu betreten (Betretungsverbot). Es muss<br />

sich dabei um eine eng umgrenzte überschaubare<br />

Örtlichkeit handeln. Als Beispiele seien eine Straße<br />

(sofern der Bereich nicht zu lang ist), ein Grundstück,<br />

ein Gebäude, ein Gebäudeteil, eine kleinere Parkanlage<br />

oder ein Marktplatz genannt. Eine Platzverweisung<br />

kann nur von kurzfristiger Dauer, bis ca. drei<br />

Tage, ausgesprochen werden. 3)<br />

§ 20 <strong>SächsPBG</strong> entspricht fast vollumfänglich dem<br />

Wortlaut des früheren § 21 I SächsPolG. Neben einer<br />

lediglich begrifflichen Anpassung (aus „Platzverweis“<br />

wird „Platzverweisung“) ist die Streichung der<br />

„Öffentlichen Ordnung“ als einziger substantieller<br />

Unterschied zu verzeichnen. Folglich kann nach jetziger<br />

Rechtslage ein Platzverweis nur noch auf eine<br />

Gefahr bzw. Störung der „Öffentlichen Sicherheit“<br />

(geschriebene Rechtsordnung, subjektive Rechte des<br />

Einzelnen, Funktionsfähigkeit des Staates und seiner<br />

3) Vgl. zu den grundlegenden Details der Platzverweisung: Elzermann/<br />

Schwier, Polizeigesetz des Freistaates Sachsen, 5. Auflage, § 21, Rn. 2<br />

ff.<br />

5

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