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PolFHa Extra - Das neue Sächsische Polizeibehördengesetz (SächsPBG)

Anfang diesen Jahres trat das „Gesetz zur Neustrukturierung des Polizeirechtes des Freistaates Sachsen“ in Kraft, mit der Folge, dass das Verhältnis von Polizeibehörden und Polizeivollzugsdienst (PVD) neu gestaltet wurde. Prof. Dr. Henning Schwier, Dozent für Allgemeines und besonderes Verwaltungsrecht und ausgewiesener Experte für das SächsPBG, hat Ihnen die wichtigsten Neuregelungen für den Polizeidienst zusammengestellt und eine Einordnung vorgenommen.

Anfang diesen Jahres trat das „Gesetz zur Neustrukturierung des Polizeirechtes des Freistaates Sachsen“ in Kraft, mit der Folge, dass das Verhältnis von Polizeibehörden und Polizeivollzugsdienst (PVD) neu gestaltet wurde. Prof. Dr. Henning Schwier, Dozent für Allgemeines und besonderes Verwaltungsrecht und ausgewiesener Experte für das SächsPBG, hat Ihnen die wichtigsten Neuregelungen für den Polizeidienst zusammengestellt und eine Einordnung vorgenommen.

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<strong>Das</strong> <strong>neue</strong> <strong>Sächsische</strong> <strong>Polizeibehördengesetz</strong><br />

- ergibt sich aus: § 2 III SächsPVDG<br />

- hier lebt der Rechtsgedanke des früheren § 60 II<br />

SächsPolG fort<br />

- liegt vor, wenn Polizeibehörde die Abwehr der<br />

Gefahr unmöglich ist oder wenn durch die Herbeiführung<br />

der Entscheidung der Polizeibehörde<br />

eine nicht zu vertretende Verzögerung bei<br />

der Wahrnehmung der Aufgabe der Gefahrenabwehr<br />

eintreten würde und dadurch die Abwehr<br />

der Gefährdungslage erschwert oder vereitelt<br />

würde<br />

• Der PVD ist ausschließlich zuständig für die straftatenbezogene<br />

Gefahrenabwehr.<br />

- ergibt sich aus: § 2 III SächsPVDG bzw. aus der<br />

eindeutigen Gesetzesbegründung<br />

- Ausnahmen: § 30 I <strong>SächsPBG</strong> bzw. § 33 I <strong>SächsPBG</strong><br />

- Problem:<br />

Fraglich ist, worauf die Polizeibehörde ihre Zuständigkeit<br />

stützt, wenn sie im Rahmen ihrer<br />

Diensttätigkeit Vorgänge wahrnimmt, bei denen<br />

ein Störer die Grenze zur Straftatbegehung<br />

überschreitet bzw. zu überschreiten droht? In<br />

diesem Fall ist die Behörde eigentlich nicht zuständig,<br />

da die straftatenbezogene Gefahrenabwehr<br />

ausdrücklich dem PVD vorbehalten sein<br />

soll. <strong>Das</strong> mit dem Gesetzesvorhaben befasste<br />

Ministerium geht davon aus, dass ein Einschreiten<br />

der Polizeibehörden dennoch möglich sei,<br />

da eine drohende Straftat auch immer die geschriebene<br />

Rechtsordnung als Teilaspekt der<br />

öffentlichen Sicherheit bedroht. <strong>Das</strong> ist zwar im<br />

Ergebnis überzeugend (denn es führt dazu, dass<br />

der PVD nicht ausschließlich, sondern vorrangig<br />

für die straftatenbezogene Gefahrenabwehr zuständig<br />

ist). Mit dem ausdrücklich geäußerten<br />

Wunsch des Gesetzgebers, die straftatenbezogene<br />

Gefahrenabwehr exklusiv dem PVD zuzuweisen,<br />

ist es aber nicht zu vereinbaren, denn<br />

die drohende Begehung einer Straftat ist in jedem<br />

Fall auch als Gefährdung der öffentlichen<br />

Sicherheit einzustufen, so dass sich die (gleichzeitige)<br />

Zuständigkeit der Polizeibehörde für die<br />

straftatenbezogene Gefahrenabwehr als Automatismus<br />

darstellt.<br />

• Die Polizeibehörden und der PVD sind jeweils für<br />

die Gefahrenvorsorge bzw. den Schutz privater<br />

Rechte zuständig.<br />

- ergibt sich aus: § 2 I 2 und II <strong>SächsPBG</strong> bzw. § 2 I<br />

4 und II SächsPVDG<br />

Bei der Abwicklung der behördlichen bzw. polizeilichen<br />

Maßnahme (Bsp.: Verwahrung sichergestellter<br />

Gegenstände) ist wie folgt zu differenzieren: Nimmt<br />

die Behörde bzw. der PVD die Maßnahme in originärer<br />

Zuständigkeit wahr, ist der jeweilige Behörden-​<br />

zweig auch für die Abwicklung zuständig. Wird der<br />

PVD auf der Grundlage der Eilkompetenz nach § 2<br />

III SächsPVDG an Stelle der an sich zuständigen Polizeibehörde<br />

tätig, kann er im Grundsatz alle Maßnahmen<br />

treffen, zu denen in der konkreten Situation die<br />

Polizeibehörde befugt wäre. Die Folgemaßnahmen<br />

hingegen (z.B. Verwahrung, Rückgabe, Verwertung<br />

von sichergestellten Gegenständen, einschließlich<br />

der ggf. in diesem Zusammenhang anfallenden Kosten)<br />

sind durch die zuständige Polizeibehörde abzuwickeln.<br />

Ergänzt wird § 2 <strong>SächsPBG</strong> bzw. § 2 SächsPVDG durch<br />

§ 4 <strong>SächsPBG</strong> bzw. § 102 SächsPVDG, wonach die Polizeibehörden<br />

und der PVD zur Zusammenarbeit und<br />

gegenseitigen Unterrichtung verpflichtet sind.<br />

§ 4 I <strong>SächsPBG</strong> formuliert diese Anforderung wie folgt:<br />

(1) Die Polizeibehörden haben mit dem Polizeivollzugsdienst<br />

bei der Gefahrenabwehr zusammenzuarbeiten<br />

und die zuständigen Polizeidienststellen unverzüglich<br />

über Vorgänge zu unterrichten, deren Kenntnis<br />

für die Aufgabenerfüllung des Polizeivollzugsdienstes<br />

bedeutsam erscheint. Unbeschadet der Zuständigkeit<br />

der Polizei zur vorbeugenden Bekämpfung von Straftaten<br />

sollen die Polizei und die Polizeibehörden im<br />

Rahmen der Gefahrenabwehr zusammenwirken und<br />

zur Vermeidung strafbarer Verhaltensweisen (Kriminalprävention)<br />

beitragen.<br />

III. Details zu den veränderten Befugnissen<br />

§ 18 Identitätsfeststellung<br />

Eine Identitätsfeststellung (IDF) ist die Bestimmung<br />

der Identität einer unbekannten Person oder<br />

die Prüfung, ob eine Person mit einer gesuchten Person<br />

identisch ist. 2) Der <strong>neue</strong> § 18 <strong>SächsPBG</strong> folgt in<br />

seiner grundlegenden Struktur dem alten § 19 Sächs-<br />

PolG. Absatz 1 listet die tatbestandlichen Alternativen<br />

auf, die eine IDF ermöglichen. Absatz 2 regelt,<br />

welche konkreten Rechtsfolgen im Rahmen der IDF<br />

eröffnet sind.<br />

‣ Tatbestandliche Bedingungen der IDF nach<br />

§ 18 I <strong>SächsPBG</strong><br />

Der Tatbestand der IDF nach § 18 I <strong>SächsPBG</strong> wurde<br />

auf die ordnungsbehördliche Tätigkeit der Polizeibehörde<br />

zugeschnitten. Der Gesetzgeber hat aus dem<br />

Katalog des früheren § 19 SächsPolG die Alternativen<br />

herausgenommen, die sich auf die spezifische Tätigkeit<br />

des PVD bezogen:<br />

ALT: § 19 I SÄCHSPOLG<br />

(1) Die Polizei kann die Identität einer Person feststellen,<br />

1. um im einzelnen Falle eine Gefahr für die öffentliche<br />

Sicherheit oder Ordnung abzuwehren…<br />

2) Vgl. zu den grundlegenden Details der IDF: Elzermann/Schwier, Polizeigesetz<br />

des Freistaates Sachsen, 5. Auflage, § 19, Rn. 1 ff.<br />

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