JAKOB DER LÜGNER - Badisches Staatstheater - Karlsruhe
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seelen-<br />
16<br />
landsCHaFt<br />
der erinnerung<br />
zur inszenierung<br />
Auf der Bühne eine surreale Landschaft,<br />
vereinzelt liegen Möbel und andere Gegenstände<br />
herum oder werden im Verlauf<br />
der Geschichte hervorgeholt. Ausgehend<br />
von Bildern eines verwaisten Ackers<br />
oder Feldes, wie denen des zerstörten<br />
Warschauer Ghettos 1945, die kaum noch<br />
erahnen lassen, was hier einmal war,<br />
haben Regisseur Martin Nimz und Bühnenbildner<br />
Sebastian Hannak sich bei der<br />
Entwicklung des Raums von zwei zentralen<br />
Gedanken leiten lassen: Dem des Verborgenen,<br />
das unter der Oberfläche einer<br />
Landschaft vergraben liegt, Verschüttetes,<br />
Verdrängtes, Vergessenes und Totgeschwiegenes<br />
– und dem der Hoffnung auf<br />
Zukunft, der Sehnsucht nach Überfluss<br />
und Freiheit, assoziativ gefasst in Bildern<br />
überquellender Orangenhaufen aus dem<br />
Gelobten Land. Der reale Ort, an den der<br />
Erzähler zurückkehrt, um Wahrheit zu<br />
suchen, sich mit der Vergangenheit zu<br />
konfrontieren, zu recherchieren und zu<br />
rekonstruieren, wurde auf der Bühne in<br />
eine innere Landschaft übersetzt, eine<br />
Seelenlandschaft, eine Art Steinbruch<br />
der Erinnerungen. Es ist eine innere Reise,<br />
die hier dokumentiert wird.<br />
Martin Nimz hat jakob der lügner vor<br />
einem Jahr schon einmal in Heidelberg<br />
inszeniert. Das Motiv des Wartens stand<br />
damals konzeptionell im Zentrum der<br />
Arbeit. Im Sinne des von Jurek Becker<br />
in seinem Essay über den Widerstand<br />
formulierten Gedankens der Ghettos als<br />
„Wartezimmer zu den Konzentrationslagern“<br />
lag der Schwerpunkt der ersten<br />
Auseinandersetzung mit dem Roman auf<br />
dem Modellhaften der Geschichte, auf<br />
dem Aspekt des bewegungslosen Ausharrens,<br />
des hoffnungsvollen Wartens auf<br />
Befreiung, Rettung und Erlösung. Durch<br />
das Einführen der Erzählerebene in der<br />
Spielfassung der <strong>Karlsruhe</strong>r Neuinszenierung,<br />
wird dieses Motiv des Wartens erweitert<br />
um die Perspektive eines namenlosen<br />
Überlebenden. Seine „Geschichte