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JAKOB DER LÜGNER - Badisches Staatstheater - Karlsruhe

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Doch dann wird Jakob Zeuge, wie Mischa<br />

sich bei dem Versuch, an einen Wagen<br />

Kartoffeln heranzukommen, in Lebensgefahr<br />

bringt. Um ihn aufzuhalten, erzählt<br />

Jakob dem Freund von der bald zu erwartenden<br />

Ankunft der Befreier. Als Mischa<br />

ihm nicht glaubt, fällt Jakob die Lüge ein,<br />

die Mischa gerade noch rechtzeitig in<br />

Sicherheit – und ihn selbst bald darauf<br />

in Bedrängnis bringt: Er behauptet, ein<br />

Radio versteckt zu halten. In seiner<br />

Begeisterung trägt Mischa die gute<br />

Nachricht weiter. Dass der Besitz eines<br />

Radios bei Todesstrafe verboten ist, kann<br />

das Lauffeuer nicht aufhalten. Schon am<br />

nächsten Tag rückt Kowalski Jakob auf<br />

die Pelle, ein bisschen beleidigt, dass<br />

dieser nicht ihm zuerst von seinem Radio<br />

berichtet hat, aber vor allem neugierig<br />

auf frische Nachrichten. Mischa erzählt<br />

es Rosa Frankfurter und ihrer Familie und<br />

auch seinem Mitbewohner Fajngold, der<br />

ihm im Austausch mit einem ungewöhnlichen<br />

Gefallen den Weg für eine Liebesnacht<br />

mit Rosa ebnet. In der Zwischenzeit<br />

holt Herr Frankfurter im Keller ein Radio<br />

hervor – und zerstört es, ohne es ein<br />

einziges Mal angeschaltet zu haben.<br />

Immer mehr Leute erfahren von Jakobs<br />

Radio, teilen die Hoffnung auf eine baldige<br />

Befreiung mit ihren Nächsten und<br />

schmieden Pläne für „danach“. Aber es<br />

gibt auch andere Stimmen, Gegner des<br />

Radios, die aus Angst, sie könnten als<br />

Mitwisser verurteilt werden, dieses Radio<br />

gerne so schnell wie möglich los wären.<br />

Jakob ist hin und her gerissen zwischen<br />

der Angst, erwischt zu werden, der Freude<br />

über die neue Zuversicht, die man ihm<br />

verdankt, einem schlechten Gewissen,<br />

weil er fortan gezwungen ist, die Lüge<br />

aufrecht zu erhalten und der Überforderung,<br />

nun immer wieder gute Neuigkeiten<br />

erfinden zu müssen. Kurzzeitig kommt ihm<br />

ein Stromausfall zur Hilfe: Kein Strom,<br />

kein Radio, keine Nachrichten – und für<br />

einen Moment hat Jakob Ruhe vor den<br />

vielen Fragen. Doch als der Stromausfall<br />

behoben ist, muss Jakob auch die Hoffnungsquelle<br />

Radio wieder anzapfen.<br />

Dann wird Herschel bei dem Versuch,<br />

in einem Waggon eingeschlossenen<br />

Deportierten auf dem Güterbahnhof mit<br />

Jakobs guten Nachrichten Mut zuzusprechen,<br />

erschossen. Jakob ist verzweifelt,<br />

schöpft aber noch einmal neuen Mut, als<br />

er mit Lina zusammen „Radio hört“. Doch<br />

es wird eng. Eines Tages kehrt Fajngold<br />

nicht von der Arbeit zurück, Professor<br />

Kirschbaum wird abgeholt, kurz darauf<br />

auch seine Schwester und das Ehepaar<br />

Frankfurter. Mischa kann Rosa zunächst<br />

vor der Deportation bewahren, aber auch<br />

er beginnt, an einem guten Ende zu zweifeln.<br />

Die Befreier lassen auf sich warten,<br />

Jakobs Lügen verlieren zusehends ihre<br />

Wirkung, die Hoffnung schwindet. Jakob<br />

ist erschöpft – und vertraut sich schließlich<br />

seinem Freund Kowalski an. Jakobs<br />

Geständnis und Kowalskis Selbstmord<br />

bringen den Erzähler dazu, die Zeit noch<br />

einmal zurückzudrehen und statt des erwarteten,<br />

ein anderes Ende der Geschichte<br />

zu erzählen, eines, das „ein wenig auf<br />

Kosten Jakobs“ geht: Er gesteht seine<br />

Lüge nicht und entschließt sich einsam<br />

zu einem waghalsigen Fluchtversuch, der<br />

ihn das Leben kostet. Kurz darauf wird<br />

das Ghetto befreit und man wundert sich<br />

gemeinsam über den Radiobesitzer Heym,<br />

der das doch hätte wissen müssen. Nach<br />

dem erfundenen Wunschende, dem Traum<br />

von Befreiung und Zukunft, holt den Erzähler<br />

die Wahrheit ein – und zwingt ihn,<br />

statt des erfundenen nun das realistische<br />

Ende seiner Geschichte zu erzählen.<br />

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