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Vorzüglich speisen im Zehrhaus Paravicini<br />

Zu Gast im<br />

„Ritter St. Georg“<br />

Was wurde zur Zeit Melanchthons<br />

in einem<br />

<strong>Wir</strong>tshaus gegessen und<br />

getrunken? Und wurde dort<br />

auch gefeiert? Aber ja! Diese<br />

Facette der Stadtgeschichte<br />

versucht seit über<br />

zehn Jahren die Gruppe<br />

„Zehrhaus Paravicini“ den<br />

Festbesuchern näherzubringen.<br />

Historisch können<br />

sie sich dabei <strong>auf</strong> zwei Wurzeln<br />

stützen. Brettens Wohlstand<br />

im Mittelalter hing<br />

eng mit den Handelsstraßen<br />

zusammen, die, beispielsweise<br />

von Nürnberg nach<br />

Straßburg oder vom Rheinland<br />

nach Italien führend,<br />

sich in Bretten kreuzten.<br />

Auf diesen – verhältnismäßig<br />

sicheren – Verkehrsachsen<br />

bewegten sich neben<br />

den großen Wagenzügen<br />

auch einzelne K<strong>auf</strong>l eute,<br />

Krämer, Boten und Pilger.<br />

Gegen entsprechende Gebühren<br />

und Zölle boten die<br />

jeweiligen Territorialherren<br />

Geleitschutz gegen Wegelagerer.<br />

Das Geleit wurde <strong>auf</strong><br />

Anforderung gewährt und in<br />

täglichen Reiseabschnitten<br />

durchgeführt. Bretten war<br />

<strong>auf</strong>grund seiner Lage häufi g<br />

als Mittagsrast oder zur<br />

Übernachtung vorgesehen,<br />

was entsprechend lange<br />

Aufenthaltszeiten der<br />

Durchreisenden mit sich<br />

brachte. Und was macht so<br />

ein hungriger und durstiger<br />

Reisender? Genau – er<br />

sucht das nächste Gasthaus<br />

oder eine Herberge <strong>auf</strong>. Die<br />

Gastherbergen in Bretten<br />

entstanden ungefähr mit<br />

der Verleihung der Stadtrechte<br />

im Jahre 1148 und<br />

wurden meist im Nebenerwerb<br />

betrieben. Der Betrieb<br />

war in jedem Fall von einer<br />

herrschaftlichen Erlaubnis<br />

abhängig. Diese war mit der<br />

Pfl icht verbunden, Reisende<br />

mit Fuhrleuten und Begleitmannschaft<br />

<strong>auf</strong>zunehmen,<br />

zu verköstigen und Ställe<br />

für die Unterbringung der<br />

Peter-und-Paul-Fest<br />

Pferde bereitzuhalten. Eine<br />

dieser Herbergen stand<br />

schon damals am Marktplatz<br />

und wurde von der<br />

Familie Paravicini geführt,<br />

die, aus Glaubensgründen<br />

aus dem Schweizer Veltin<br />

vertrieben, in Bretten ansässig<br />

war. Im heutigen<br />

„Beyle Hof“ befand sich<br />

nachweislich über Jahrhunderte<br />

hinweg eine Gastherberge,<br />

später eine Posthalterei.<br />

Das Schwanenwappen,<br />

das Hauswappen der<br />

Paravicinis, ist heute noch<br />

an diesem Anwesen zu sehen.<br />

1996 wurde die Idee<br />

geboren, an historisch belegter<br />

Stelle wieder eine<br />

Gastwirtschaft einzurichten.<br />

Da auch noch das original<br />

<strong>Wir</strong>tshausschild der<br />

ehemaligen Gastherberge<br />

Vom Kleinkind bis zum Großvater: jeder packt an, so gut er<br />

kann. Foto: Michael Fritz<br />

„Zum Ritter St. Georg“ vorhanden<br />

war, ergab sich der<br />

Name von selbst. Als Gruppenname<br />

wurde in Anlehnung<br />

an die ehemaligen<br />

Betreiber und die Funktion<br />

des Ortes „Zehrhaus Paravicini“<br />

gewählt.<br />

Über die Jahre erwarben<br />

sich die Paravicinis ein beachtlichesHintergrundwissen<br />

über Speisen und Essgewohnheiten,<br />

aber auch<br />

ganz allgemein über Kleidung<br />

und Leben in mittelalterlichen<br />

Zehrhäusern. Unermüdlich<br />

und ideenreich<br />

werden ständig neue Gaumenfreudenzusammengetragen,<br />

ausprobiert, verfeinert<br />

und – <strong>auf</strong> ihre „Mittelaltertauglichkeit“<br />

getestet.<br />

Jedes Jahr werden nun<br />

übers Fest in der wunderbaren<br />

Kulisse des alten Gemäuers<br />

Speisen und Getränke<br />

für Gewandträger<br />

und <strong>Besuch</strong>er bereitgehalten<br />

und eine Möglichkeit<br />

geboten, sich zu treffen und<br />

zu amüsieren – am Samstag<br />

und Sonntag ab der 4.<br />

Stund’ am Mittag und am<br />

Montag ab der 11. Stund’<br />

am Morgen. fz<br />

Voller Einsatz: Die Teilnehmer in ihren Bruchen schenken sich gegenseitig nichts und fast alles ist erlaubt, um<br />

den Ball in das gegnerische Torfeld zu bugsieren.<br />

Bruchenball – der mittelalterliche Wettkampf<br />

WM-Feeling am Simmelturm<br />

Spannende Begegnungen, packende<br />

Zweikämpfe, umstrittene<br />

Schiedsrichterentscheidungen<br />

und jede Menge lautstarke Fan-<br />

Gesänge von den Rängen – ja, das<br />

gibt es dieser Tage nicht nur im<br />

fernen Südafrika sondern am<br />

Sonntag ab 17 Uhr auch in der heimischen<br />

Simmelturm-Arena. Passend<br />

zur l<strong>auf</strong>enden Fußballweltmeisterschaft<br />

hat sich die neu gegründete<br />

Peter-und-Paul-Gruppe<br />

„Die Bruchenballer“ die Ausrichtung<br />

eines Bruchenball-Turniers<br />

zur Aufgabe gemacht. „Bruchenball“<br />

wurde bereits vor über 500<br />

Jahren gespielt, um damit die<br />

Knappen auszubilden. Ihre Aufgabe<br />

war es nämlich, ihren Herrn<br />

während einer Feldschlacht zu ret-<br />

ten, falls dieser verletzt vom Pferd<br />

stürzte und sich <strong>auf</strong>grund seiner<br />

schweren Rüstung nicht selbst<br />

vom Schlachtfeld bewegen konnte.<br />

Kein Wunder, dass der „Ball“<br />

damals recht schwer war. Bis zu<br />

140 Kilogramm soll die mit Tannenzapfen<br />

gefüllte Kuhhaut damals<br />

gewogen haben, so die Überlieferung.<br />

Galt es damals, die Rettung<br />

<strong>auf</strong> Leben und Tod zu trainieren,<br />

steht heute die sinnfreie Gaudi im<br />

Mittelpunkt des sportlichen Wettstreites.<br />

Je vier spärlich bekleidete Recken<br />

einer Mannschaft versuchen,<br />

einen rund einhundert Kilo schweren,<br />

mit Holzspänen gefüllten,<br />

Stoffballen in das gegnerische<br />

Zielfeld zu bugsieren. Dabei ist ho-<br />

- 5 -<br />

her körperlicher Einsatz – auch im<br />

direkten Zweikampf – von Nöten.<br />

Zuweilen erinnert das Spiel daher<br />

eher an griechisch-römische Ringkämpfe.<br />

Da es im Mittelalter immer<br />

öfter zu Ausschreitungen, Verletzungen<br />

und sogar Todesfällen<br />

kam, durften die Spieler nur mit<br />

einer „Bruche“ (Unterhose) bekleidet<br />

antreten, um das Mitführen<br />

von Hieb- und Stichwaffen zu unterbinden.<br />

Letztendlich wurde das<br />

Spiel dennoch verboten und geriet<br />

zeitweilig in Vergessenheit. Zur<br />

Fußball-WM 2006 erlebte der Bruchenball<br />

eine erste Renaissance in<br />

Bretten. Die Bruchenballer planen<br />

nun, dieses archaische Spiel zum<br />

festen Bestandteil des Programms<br />

werden zu lassen. fz

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