NFV _02_2010 - Rot Weiss Damme
NFV _02_2010 - Rot Weiss Damme
NFV _02_2010 - Rot Weiss Damme
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
Ehemalige Stars – was machen sie heute?<br />
42<br />
Von 1985 bis 1989 stürmte Siggi Reich für Hannover 96. In dieser Szene scheitert er im Oktober 1985 am Kölner Nationaltorwart Harald „Toni“ Schumacher.<br />
Durch Tore von Bastian Hellberg, heute <strong>NFV</strong>-Direktor, Michael Gue und Wayne Thomas gewann 96 3:1. Vor Hannover spielte Reich für ...<br />
Siggi Reich – Eike Immels Albtraum<br />
Situationen blitzschnell erfassen und dann zuschlagen – das war die große Stärke von Siegfried<br />
Reich. Keiner hat für den VfL Wolfsburg, Dzeko hin, Grafite her, so oft getroffen wie der<br />
Mann aus Fallersleben. Da die „Wölfe“ zu seiner Zeit aber noch nicht erstklassig waren, ging<br />
Reich in der Bundesliga unter anderem für Borussia Dortmund und Hannover 96 auf Torejagd.<br />
Von HUBERT MEYER<br />
Es gibt klare Ansagen im Fußball. „Leg<br />
den Ball vor, ich schieße aufs Tor” beispielsweise<br />
kann von dem Spieler, der<br />
im Ballbesitz ist, kaum missverstanden werden.<br />
Gregor Grillemeier allerdings traute seinen<br />
Ohren nicht, als Siegfried („Siggi”)<br />
Reich ihn am 22. März 1988 dazu aufforderte.<br />
Denn er und sein Kollege von Hannover<br />
96 lagen nicht nur 0:2 gegen den VfB Stuttgart<br />
zurück, sondern sie standen zum Anstoß<br />
am Mittelkreis. Mit einem „Spinnst Du<br />
jetzt völlig”, spielte er schließlich den Ball<br />
und sah dann, wie Reich das Tor seines Lebens<br />
schoss – aus mehr als 50 Metern über<br />
den verdutzten VfB-Torwart Eike Immel hinweg.<br />
Legendär der anschließende Kommentar<br />
des Stuttgarter Kapitäns Guido Buchwald:<br />
„Künftig werden wir auch bei Anstößen<br />
eine Mauer machen.”<br />
Fallersleben, die Hoffmann-Stadt. Nur<br />
etwa einen Waldlauf entfernt von der<br />
Wolfsburger Volkswagen-Arena treffen wir<br />
den einstigen Torjäger und heutigen Geschäftsmann.<br />
Wir sitzen im Sporthaus Reich<br />
in der Kampstraße und schmunzeln über<br />
Guido Buchwalds Bonmot. „Ich glaube, der<br />
Eike Immel hat mir das bis heute nicht verziehen.”<br />
Kein Wunder, denn die Zuschauer<br />
der ARD-Sportschau wählten Reichs Kunstschuss<br />
zum auch in späteren Jahren immer<br />
wieder gern gezeigten „Tor des Monats“.<br />
Reich erinnert sich: „Beim Tor des Jahres bin<br />
ich sogar noch Zweiter geworden.”<br />
Februar <strong>2010</strong><br />
Tore – sie waren sein Leben. Keiner hat<br />
für den VfL Wolfsburg so oft das gegnerische<br />
Tor getroffen wie der trickreiche Siggi<br />
Reich, der heute im modernen Fußball ein<br />
ideales Fallbeispiel für Handlungsschnelligkeit<br />
wäre. Situationen blitzschnell erfassen<br />
und dann zuschlagen – das waren Fähigkeiten,<br />
die ihn früh auszeichneten. Allerdings<br />
war er kein gelernter Stürmer. „Ich war von<br />
Haus aus Mittelfeldspieler.” Doch im Leben<br />
und natürlich im Fußball sind es oft auch Zufälle,<br />
die Regie führen. In der A-Jugend-Auswahl<br />
des Niedersächsischen Fußballverbandes,<br />
die seinerzeit vom <strong>NFV</strong>-Verbandssportlehrer<br />
Horst Stockhausen betreut wurde,<br />
fehlte ein zweiter Stürmer. Und so testete<br />
„Stocki” Reich während einer USA-Reise im<br />
Angriff und stellte die Karriere-Weiche.<br />
Ein halbes Jahr kickte Reich zunächst in<br />
der Reservemannschaft des VfL Wolfsburg,<br />
ehe er ins Regionalliga-Team berufen wurde<br />
und schon im ersten Jahr 18 Tore erzielte.<br />
Nach nur zwei Jahren Regionalliga trudelten<br />
die ersten Bundesliga-Offerten ein. Reich<br />
absolvierte ein Probetraining in Gladbach,<br />
Anfang der 80er Jahre noch immer eine der<br />
besten Adressen im deutschen Fußball, und<br />
unterzeichnete anschließend sofort seinen<br />
ersten Profi-Vertrag. Eine Bilderbuchkarriere<br />
schien sich anzubahnen. Doch stattdessen<br />
schlug das Schicksal hart zu.<br />
„Ich habe überhaupt keine Erinnerung<br />
mehr an den Unfall”, sagt Reich und<br />
scheint in unserem Gespräch noch einmal<br />
nach Erinnerungsfetzen zu fahnden. Doch<br />
erfolglos. Was er weiß, ist auch heute lediglich,<br />
was damals in den Zeitungen geschrieben<br />
wurde. Dass er mit seinem Wagen von<br />
der Straße abkam und fürchterlich verunglückte.<br />
„Schwere innere Verletzungen”<br />
hieß es. Zu dem Zeitpunkt war der Fußball<br />
bedeutungslos geworden, denn sein Leben<br />
stand auf dem Spiel.<br />
Doch die Genesung machte Fortschritte<br />
und so trat er schließlich seinen<br />
Dienst in Gladbach an. Zwar war an Fußball<br />
selbst noch nicht zu denken, weil -–<br />
wie sich später erst herausstellte, ein Muskelstrang<br />
im Oberschenkel irreparabel zerstört<br />
war – doch „Jung-Siegfried” schaffte<br />
es trotzdem. „Ein Jahr Muskelaufbau<br />
war nötig, weil die anderen Muskeln den<br />
Verlust ausgleichen mussten.“ Eine Knochenmühle.<br />
Immerhin gelangen ihm in seiner letzten<br />
Halbserie bei Gladbach unter Jupp<br />
Heynckes in 17 Spielen noch acht Tore. Bejubelt<br />
von Mitspielern wie Winfried Schäfer,<br />
Frank Mill, Wolfram Wuttke oder einem Talent<br />
namens Lothar Matthäus. „Ich weiß<br />
noch wie Heynckes durchgedreht ist, als<br />
Matthäus, gerade 18 Jahre, mit dem Porsche<br />
zum Training kam. Schließlich fuhren<br />
alle anderen Datsun“ (damaliger Hauptsponsor<br />
der Borussia).<br />
Er verließ Gladbach und heuerte im<br />
Sommer 1983 in Dortmund an – aus heutiger<br />
Sicht ein Fehler, „denn ich sollte nach<br />
Meinung von Trainer Uli Maslo Rüdiger Abramczik<br />
auf Rechtsaußen ersetzen. Doch ➤