ETA Hoffmann (1776 – 1822): Querdenker im Staatsdienst - Manz
ETA Hoffmann (1776 – 1822): Querdenker im Staatsdienst - Manz
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keit zu verstehen sei. Die Auseinandersetzung mit dem Wahnsinn<br />
und die Deklaration eines solchen konnten nur relativ in Bezug auf<br />
den Durchschnitt getroffen werden, aber keinen Anspruch auf absolute<br />
Aussagekraft erheben. An dieser Stelle trifft sich <strong>Hoffmann</strong>s<br />
Intention als Jurist mit jener des Dichters, dessen Bemühungen darin<br />
lagen, dem aus der Norm gleitenden Genie einen Platz in der<br />
Welt <strong>–</strong> wenn auch nur in der fiktiven <strong>–</strong> einzuräumen und ersichtlich<br />
zu machen, welch scharfen Urteilen der Künstler gegenübertreten<br />
muss. Sein literarisches Werk schafft Platz für Sonderlinge und weist<br />
hin auf den möglichen Wahnsinn <strong>im</strong> menschlichen Tun, unterläuft<br />
die starren Ordnungen seiner Welt und bezeichnet gleichzeitig das<br />
Risiko solcher Befreiungsschläge.<br />
Die Rechtsauffassung<br />
<strong>Querdenker</strong> <strong>im</strong> <strong>Staatsdienst</strong><br />
Wulf Segebrecht erklärt in <strong>Hoffmann</strong>s Auffassung vom Richteramt 37<br />
Hitzigs und <strong>Hoffmann</strong>s Meinungen als stellvertretend für die verschiedenen<br />
Rechtsauffassungen ihrer Zeit, als Austragung eines<br />
Konflikts zwischen Aufklärung und Romantik: <strong>Hoffmann</strong> sah sich<br />
als Richter mit der eigenmächtigen Entscheidung über Angeklagte<br />
betraut, auch wenn etwaige Gutachten entgegen seiner Meinung<br />
ausgefallen waren. Letztendlich oblag aus <strong>Hoffmann</strong>s Sicht die Entscheidung<br />
<strong>im</strong>mer dem Juristen, womit er dem Individuum einen<br />
sehr hohen Grad an Verantwortung übertrug. Dem romantischen<br />
Postulat des universellen Genies, der vollkommenen Einheit von<br />
Vielheit, war vor dem Staatsganzen der Vorzug zu geben. <strong>Hoffmann</strong>s<br />
Liberalität verband sich mit Akribie sowohl in seinen juristischen<br />
als auch in seinen musikkritischen Schriften. Hitzig hingegen<br />
vertrat eine aufklärerisch-rationalistische Rechtsauffassung auf der<br />
Grundlage des Naturrechts. Klare Richtlinien und eindeutige Vorgangsweisen<br />
sollten die Richter ihrer schweren Verantwortung entbinden.<br />
Der Staat könne so als Monument vereinter Kompetenzen<br />
gelesen werden. Hitzigs Modell der Staatssicherheit war nahezu<br />
gleichzusetzen mit der Rechtssicherheit.<br />
Wurde <strong>Hoffmann</strong> also als „Radikaler <strong>im</strong> öffentlichen Dienst“ 38<br />
abgestempelt, so war seine facettenreiche Persönlichkeit in ihrer<br />
Ganzheit nicht wahrgenommen worden. In Schnapps Ausgabe <strong>Hoffmann</strong>s<br />
juristischer Schriften sind sämtliche Gutachten zu den ihm<br />
anvertrauten Kr<strong>im</strong>inalfällen nachzulesen. Neben der teilweise literarischen<br />
Qualität der einführenden Tatsachenberichte zeichnet sich<br />
<strong>Hoffmann</strong> wie erwähnt durch außergewöhnliche Vorgehensweise<br />
sowie gewissenhafte Arbeit aus. Im Zusammenhang mit der Untersuchungssache<br />
wider Samuel Schallenberger 39 (Münzfälschung) stellte<br />
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