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ETA Hoffmann (1776 – 1822): Querdenker im Staatsdienst - Manz

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<strong>Querdenker</strong> <strong>im</strong> <strong>Staatsdienst</strong><br />

Die Beibehaltung der Patr<strong>im</strong>onialgerichtbarkeit führte jedoch<br />

trotz Abschaffung der Erbuntertänigkeit <strong>im</strong> Endeffekt zu einer<br />

erneuten Standessicherung des Adels auf Kosten der Bauern. Zu<br />

den adeligen Gutsherren gesellten sich die bürgerlichen, die sich<br />

in der Gestaltung ihrer alltäglichen Lebenspraxis den Adel zum Vorbild<br />

nahmen und nur neue, nicht weniger umfassende Abhängigkeitsverhältnisse<br />

schufen. Das Tagelöhnerwesen griff um<br />

sich.<br />

Das Majorat wird aus der Sicht eines jungen Juristen erzählt,<br />

dessen Großonkel <strong>–</strong> seinerseits ebenfalls Rechtsgelehrter <strong>–</strong> mit der<br />

Aufsicht über die Ein- und Ausgaben sowie mit der Testamentsvollziehung<br />

des Freiherrn betraut ist. Fast ironisch zeichnet <strong>Hoffmann</strong><br />

<strong>im</strong> Großonkel des Ich-Erzählers eine Allegorie des Rechts, die den<br />

Neffen bevormundet und sogar den Majoratsherrn in Schranken zu<br />

weisen vermag.<br />

Sein Neffe gerät aus Liebe zur Gattin des Majoratsherrn in Konflikt<br />

mit der Moral und der gesellschaftlichen Determination. Seine<br />

jugendliche Leidenschaft ist ihm ein Motor in allen Belangen, doch<br />

fehlt ihm ähnlich wie auch dem Ich-Erzähler <strong>im</strong> Rat Krespel die Reife<br />

des Alters. Die musikalische Komponente als erotisierendes Element<br />

prägt die Annäherung zwischen der jungen Baronin und dem Ich-<br />

Erzähler:<br />

Wohl merkt’ ich nehmlich, daß das Fräulein der Baronin bedeutende<br />

Blicke zuwarf, und daß diese sich mühte uns zu hören. Vorzüglich war<br />

dies der Fall, als ich, da das Gespräch sich auf Musik gewandt, mit voller<br />

Begeisterung von der herrlichen, heiligen Kunst sprach und zuletzt<br />

nicht verhehlte, daß ich, trockener, langweiliger Juristerei, der ich mich<br />

ergeben, unerachtet, den Flügel mit ziemlicher Fertigkeit spiele, singe<br />

und auch wohl schon manches Lied gesetzt habe.<br />

Die Parallele zu <strong>Hoffmann</strong> scheint an dieser Stelle offenbar.<br />

Ebenso erinnert die Spannung, die zwischen den beiden Charakteren<br />

entsteht, an <strong>Hoffmann</strong>s Schwäche für Julie Mark. Auch er hatte <strong>–</strong><br />

wie der junge Liebhaber <strong>im</strong> Buch <strong>–</strong> eine von Eifersucht geprägte<br />

Abneigung gegen den zukünftigen Gatten der Verehrten, den Hamburger<br />

Kaufmann Graepel, entwickelt. Jener musste dem von <strong>Hoffmann</strong><br />

als Raubein charakterisierten Majoratsherrn Roderich ähnlich<br />

gewesen sein. 56<br />

Das Jagderlebnis des jungen Juristen <strong>im</strong> Majorat, bei dem er nur<br />

knapp dem Angriff eines durch einen verfehlten Schuss in Rage<br />

geratenen Wolfes entgeht, gibt der Baronin Anlass, den Freund eindringlich<br />

vor den Gefahren des Waldes zu warnen. Im Lichte der<br />

Ereignisse <strong>Hoffmann</strong>s letzter Lebensjahre, als er den Instanzen,<br />

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