22.12.2012 Aufrufe

ETA Hoffmann (1776 – 1822): Querdenker im Staatsdienst - Manz

ETA Hoffmann (1776 – 1822): Querdenker im Staatsdienst - Manz

ETA Hoffmann (1776 – 1822): Querdenker im Staatsdienst - Manz

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

<strong>Querdenker</strong> <strong>im</strong> <strong>Staatsdienst</strong><br />

keit zu vereinbaren war. Zuletzt <strong>im</strong> Zuge des Aufruhrs rund um<br />

Meister Floh, der in Märchenform verpackten Satire auf die Korruption<br />

des Staatsapparates, wurde <strong>Hoffmann</strong> selbst Zielscheibe der<br />

„Demagogenverfolgung“. Seiner Prinzipientreue wegen hatte er von<br />

der Seite des Anklägers auf die des Angeklagten zu wechseln.<br />

Seine Schaffensperiode fällt in eine Zeit des Wandels, der sich<br />

am augenscheinlichsten in der Französischen Revolution und dem<br />

damit in Verbindung stehenden Paradigmenwechsel von der Aufklärung<br />

zur Romantik vollzog. Während Napoleons militärische<br />

Expansionspolitik politisch-philosophische Ideen quer über den<br />

europäischen Kontinent aussäte, vollzog sich die Auflösung einer<br />

Sozialstruktur zugunsten einer anderen: Parallel zum allmählichen<br />

wirtschaftlichen Erstarken der neu entstandenen bürgerlichen<br />

Schicht brachte das einsetzende 19. Jahrhundert Veränderungen der<br />

literarischen Szene mit sich: Während die Literatur des Mittelalters<br />

in ihrer Repräsentanz der alleinig herrschenden Oberschicht die<br />

finanzielle Unterstützung ihrer Souveräne besaß, war der Autor des<br />

19. Jahrhunderts durch soziale Umbrüche obdachlos geworden. Als<br />

neue Grundlage des Schreibens diente dem Dichter die öffentlich<br />

relevant gewordene Privatsphäre der Gesellschaft. Aus der Obhut<br />

der adeligen Mäzene entlassen, fand der Künstler zu einer Autonomie,<br />

die neben dem finanziellen Risiko die Sorge um Anerkennung<br />

und Erfolg mit sich brachte. Die praktische Existenzsicherung über<br />

einen handfesten Nebenerwerb war also für viele Dichter der Ausweg<br />

aus der Geldnot. E. T. A. <strong>Hoffmann</strong>, seinerseits, hatte die Juristenlaufbahn<br />

eingeschlagen und verhielt sich dabei in Einklang mit<br />

seiner Künstlerseele, das Recht des Individuums gegen den Zugriff<br />

des Staates einfordernd.<br />

Die innere Zerrissenheit der Epoche, die dem Einzelnen durch<br />

politische und soziale Änderungsprozesse zuteil geworden war,<br />

sowie die Seelenqualen eines in eine neue Ära entlassenen Individuums<br />

prägten die literarischen Charaktere der Romantik. <strong>Hoffmann</strong><br />

fügte sich auf eine kritisch distanzierte Art und Weise in<br />

seinem schriftstellerischen Werk der Mode seiner Zeit und stellte sie<br />

gleichzeitig ironisch in Frage. So zahlreich die wundersamsten<br />

Gestalten seine Zeilen bevölkern mögen, so gemäßigt verhielt sich<br />

der Dichter jedoch selbst Zeit seines Lebens. Trotz seines überdurchschnittlichen<br />

literarischen und musikalischen Talents hütete er sich<br />

davor, sein Leben völlig der Kunst zu verschreiben <strong>–</strong> ein Exper<strong>im</strong>ent,<br />

das er aber sehr wohl an seinen literarischen Gestalten durchexerzierte.<br />

Das romantische Ideal künstlerischen Schöpfertums sah<br />

die Entgrenzung des Künstlers und somit die völlige Entfremdung<br />

aus dem Gesellschaftsverband vor. Das Auf- und gleichzeitige Ver-<br />

145

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!