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ETA Hoffmann (1776 – 1822): Querdenker im Staatsdienst - Manz

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<strong>Querdenker</strong> <strong>im</strong> <strong>Staatsdienst</strong><br />

sich das Genre der Gehe<strong>im</strong>bundromane (Vulpius, Cramer, Grosse)<br />

heraus, das mit düsteren Ausblicken in die Zukunft vorgab, hinter<br />

die Kulissen der Politik spähen zu können. Bereits den Machwerken<br />

der Turmgesellschaft in Goethes Wilhelm Meister hing eine gehe<strong>im</strong>nisvoll-schaurige<br />

Note an, die vom politischen Alltag ablenken sollte.<br />

Die phantastische irreale Gegenwelt zur Politsphäre sowie triviale<br />

literarische Formen übten einen beachtlichen Einfluss auf <strong>Hoffmann</strong><br />

aus, der allerdings nicht die Intention hatte, Realitäten zu verschleiern,<br />

sondern sie über die Verklausulierung des Romantischen<br />

anzuprangern.<br />

Sobald <strong>Hoffmann</strong> 1800 das dritte Examen (das damals so<br />

genannte zweite Referendarsexamen) be<strong>im</strong> Kammergericht in Berlin<br />

mit Auszeichnung bestand, folgte die Ernennung zum Assessor<br />

be<strong>im</strong> Obergericht in Posen. Jene Stadt gehörte zu Preußen (Provinz<br />

Brandenburg-Südpreußen) und war Teil der ursprünglich polnischen<br />

Nation, die 1795 unter den damaligen drei Großmächten Russland,<br />

Deutschland und Österreich aufgeteilt worden war. Posen galt<br />

als kulturelles Zentrum Westpolens und bedeutender Schnittpunkt<br />

des deutschen, polnischen und jüdischen Geistes.<br />

Das Jahr darauf wurde <strong>Hoffmann</strong> in das unweit von Warschau<br />

gelegene Plock strafversetzt, nachdem er mit Karikaturen über<br />

Adelige, Offiziere und höhere Beamten, unter anderen den Generalmajor<br />

Zastrow, Aufsehen erregt hatte. Es folgte die Heirat mit<br />

Michaelina Rorer-Trcinka und mehr oder weniger ereignislose Jahre<br />

in der Provinz. <strong>Hoffmann</strong> schloss Freundschaft mit Julius Eduard<br />

Hitzig, dem aus Berlin stammenden, am Warschauer Gericht tätigen<br />

Assessor, der zum Kreis aufgeklärter jüdischer Bürger Berlins zählte<br />

und als einer der ersten eine Verlagsbuchhandlung eröffnet hatte.<br />

Hitzig war ein gewichtiger Fürsprecher <strong>Hoffmann</strong>s in dessen Streit<br />

mit der Ministerialbürokratie und sollte ihn in späteren Jahren in<br />

geistige und persönliche Verbindung mit der Berliner Romantik<br />

seiner Zeit bringen.<br />

Der Einmarsch der Napoleonischen Truppen bereitete 1807<br />

<strong>Hoffmann</strong>s Zeit als Assessor in Plock ein jähes Ende, da man ihn vor<br />

die Entscheidung stellte, der Preußischen Verfassung abzuschwören<br />

oder die Stadt zu verlassen. <strong>Hoffmann</strong> entschied sich für letzteres<br />

und ging nach Berlin, wo er unter akuter Geldnot litt, aber dank<br />

Hitzig entscheidende Bekanntschaften machte. Jener bewegte sich<br />

<strong>im</strong> Kreise der „Serapionsbrüder“ und stand <strong>im</strong> Zusammenhang mit<br />

der „christlich-teutschen-Tischgesellschaft“, in der sich die national<br />

gesinnte Berliner Romantikergruppe zusammengefunden hatte.<br />

Unter ihnen befanden sich unter anderen Clemens Brentano, Ach<strong>im</strong><br />

von Armin, Adam Müller, Adelbert von Chamisso, Heinrich Kleist,<br />

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