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ETA Hoffmann (1776 – 1822): Querdenker im Staatsdienst - Manz

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<strong>Querdenker</strong> <strong>im</strong> <strong>Staatsdienst</strong><br />

haften. Dieser muss sich wohl oder übel der Staatsgewalt beugen<br />

und sieht sich in völliger Ohnmacht dessen Organen ausgesetzt:<br />

„Herr Peregrinus schwur hoch und teuer, daß er sich auch nicht des<br />

geringsten Verbrechens bewußt sei. Einer der Abgeordneten meinte<br />

aber lächelnd, daß vielleicht in wenigen Stunden seine völlige<br />

Unschuld aufgeklärt sein werde, bis dahin müsse er sich aber den<br />

Befehlen der Obrigkeit fügen.“ 44<br />

Der Auftritt des gehe<strong>im</strong>en Hofrats Knarrpanti macht die<br />

Diskrepanz zwischen der ihm zugewiesenen hohen hierarchischen<br />

Stellung und seiner tatsächlichen Kompetenz deutlich. Das Gebaren,<br />

das er nach außen trägt, steht <strong>im</strong> Gegensatz zu seinen inneren<br />

Werten, seiner Intelligenz. Knarrpanti kann mit der seiner Position<br />

entsprechenden Macht nicht umgehen und legt eine unpassende<br />

Überheblichkeit an den Tag, die zwar lächerlich und einfältig wirkt,<br />

jedoch trotzdem Ehrfurcht einflößt:<br />

Da erschien [. . .] vor dem Rat ein seltsamer Mensch, sowohl<br />

seiner Kleidung als seinem ganzen Wesen nach, welcher sagte, er sei<br />

Gehe<strong>im</strong>er Hofrat und nenne sich Knarrpanti. Darauf zog er ein Papier<br />

mit einem großen Siegel aus der Tasche und überreichte es mit einer<br />

höflichen Verbeugung und einer Miene, die deutlich aussprach, wie<br />

sehr der Rat durch die hohe Würde, die er, der Gehe<strong>im</strong>e Hofrat Knarrpanti<br />

bekleide und durch den wichtigen Auftrag, den er erhalten, überrascht<br />

sein, und welcher Respekt ihm nun erwiesen werden würde. 45<br />

Knarrpanti verfährt gemäß dem Grundsatz, dass sich zu jedem Verbrecher<br />

auch ein Verbrechen finden müsste. Dahinter verbirgt sich<br />

eine Anspielung <strong>Hoffmann</strong>s auf ein in Umlauf gebrachtes Gerücht,<br />

das der fundierten Anschuldigungen entbehrt, so dass für den einmal<br />

ausgesprochenen Verdacht Bestätigung gefunden werden muss.<br />

Die Durchsuchung der Manuskripte Peregrinus Tyß’ und die spätere<br />

Anklage desselben auf Grund der in den Schriftstücken enthaltenen,<br />

aus dem Zusammenhang gerissenen Worte sind Teil einer Verfahrensweise,<br />

der <strong>Hoffmann</strong> Amtsmissbrauch und Willkür anlastet.<br />

So werden Peregrinus Tyß beispielsweise Entführungsgedanken vorgeworfen,<br />

da er in seinen Aufzeichnungen den Besuch von Mozarts<br />

Oper Die Entführung aus dem Serail erwähnt. Knarrpanti bildet sich<br />

ein, diese Verklausulierung scharfsinnig durchschaut zu haben,<br />

obwohl er eigentlich nur seiner Erwartungshaltung gemäße Ergebnisse<br />

zu Tage fördert. <strong>Hoffmann</strong> thematisiert in diesem Zusammenhang<br />

die fehlende Präzision der Sprache, die großen Interpretationsspielraum<br />

offen lässt und die bei dem Versuch, präzise Parameter<br />

(Richtlinien) an ein relatives Medium (Sprache) anzulegen, unweigerlich<br />

zu Ungerechtigkeiten führen muss.<br />

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