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ETA Hoffmann (1776 – 1822): Querdenker im Staatsdienst - Manz

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<strong>Querdenker</strong> <strong>im</strong> <strong>Staatsdienst</strong><br />

stürzten Duodezfürsten mit all ihren überlebten Privilegien wieder<br />

eingesetzt, was die studentische Jugend und die Freiheitskämpfer<br />

aufbrachte. Hinzu gesellte sich die Unzufriedenheit über die allgemeinen<br />

wirtschaftlichen Verhältnisse. Als bei einem Wartburgfest<br />

der Burschenschaften reaktionäre Schriften verbrannt wurden, darunter<br />

auch der Codex der Gendarmerie, und kurz darauf 1819 der<br />

Theaterautor Kotzebue vom Studenten Sand ermordet wurde, traten<br />

die berüchtigten „Karlsbader Beschlüsse“ in Kraft: Sie legit<strong>im</strong>ierten<br />

ein radikales Vorgehen der Regierung gegen diejenigen Kräfte, welche<br />

auf die Beendigung der deutschen Kleinstaaterei bzw. auf eine<br />

geeinte deutsche Nation hinarbeiteten und beinhalteten u. a. das Verbot<br />

des Turnens und die Einführung der Zensur.<br />

Die „Immediat-Commission“ hegte den studentischen Burschenschaften,<br />

den Universitäten, den Turnerbewegungen und der<br />

Publizistik gegenüber besonderes Misstrauen. Unter den Verhafteten<br />

befanden sich: der Turnvater Dr. phil. Friedrich Ludwig Jahn, der<br />

Verleger Georg Re<strong>im</strong>er, der Wissenschafter Ludwig Roediger, der<br />

Schriftsteller August Follen, der Student Ludwig von Mühlenfels<br />

und viele andere. Die Kommission war vom preußischen König<br />

Friedrich Wilhelm III. mit allen Befugnissen eines höchsten Gerichtshofs<br />

ausgestattet worden. Dementsprechend hatte die Kommission<br />

nicht nur rechtliche Beurteilungen abzugeben, sondern auch rechtskräftige<br />

Entscheidungen zu fällen, die daraufhin vollzogen wurden.<br />

Prinzipiell sollte die Entscheidung getroffen werden, ob der Angeklagte<br />

<strong>im</strong> Zuge eines Kr<strong>im</strong>inalverfahrens anzuklagen sei. Die Mitglieder<br />

der Untersuchungskommission durften sich uneingeschränkt<br />

in ihrer Kompetenz als Richter angesprochen fühlen, obwohl die<br />

eigentliche Motivation die Rechtfertigung der restriktiven Politik<br />

gegenüber der Justiz war.<br />

Hauptsächlich war <strong>Hoffmann</strong> angehalten, herauszufinden, ob<br />

die Angeklagten an einer gegen die Verfassung gerichteten Vereinigung<br />

teilgenommen hatten. Anfangs verlief <strong>Hoffmann</strong>s Tätigkeit in<br />

der Kommission problemlos, doch zunehmend kristallisierten sich<br />

Differenzen mit den Vertretern der übergeordneten Instanzen und<br />

Überwachungsorgane heraus. Er nahm stets eine liberale, die Angeklagten<br />

verteidigende Rolle ein, indem er deren Äußerungen als<br />

nicht hinreichend für eine rechtskräftige Anklageschrift bezeichnete.<br />

41 <strong>Hoffmann</strong> beharrte darauf, ausschließlich Straftaten, aber<br />

niemals Gesinnungen zu verfolgen. Im Falle Roedigers, eines Mitglieds<br />

der Jenaer Urburschenschaft, der auf dem Wartburgfest eine<br />

umstürzlerische Rede gehalten hatte, stellte <strong>Hoffmann</strong> dessen Gesinnung<br />

genauso wie seine Verbindung zum Kotzebue-Mörder Sand<br />

und dem Verlagsbuchhändler Re<strong>im</strong>er 42 als harmlos dar und forderte<br />

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