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ETA Hoffmann (1776 – 1822): Querdenker im Staatsdienst - Manz

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<strong>Querdenker</strong> <strong>im</strong> <strong>Staatsdienst</strong><br />

<strong>Hoffmann</strong> offen gegen den Justizminister von Kircheisen, unter dem<br />

der „diktatorische“ Premierminister Hardenberg stand, und verkündete,<br />

nur vor dem Wort des Königs selbst weichen zu wollen<br />

(was zum Ende auch geschah). Der Polizeidirektor von Kamptz<br />

beantwortete <strong>Hoffmann</strong>s Prinzipientreue mit einer Beschwerde<br />

gegen die gesamte Belegschaft der Kommission (Von Gerlach, Kuhlmeyer,<br />

Trützschler und <strong>Hoffmann</strong>), in der er sie der Demagogie und<br />

des Oppositionsgeistes bezichtigte. 47<br />

<strong>Hoffmann</strong> war also durch seine Gesetzestreue und Korrektheit<br />

der Obrigkeitsgläubigkeit der Staatsorgane in die Quere gekommen.<br />

Mit dem Meister Floh hatte er den Zensoren die Grundlage geliefert,<br />

auf Grund derer sie ihn für seine Staatskritik belangen konnten. Im<br />

Vorgehen des Polizeidirektors wiederum spiegelt sich exakt die von<br />

<strong>Hoffmann</strong> <strong>im</strong> Meister Floh denunzierte Korruption.<br />

Meister Floh wurde <strong>–</strong> sofern er bereits gedruckt und in Frankfurt<br />

be<strong>im</strong> Verlag angekommen war <strong>–</strong> zunächst konfisziert. Aus Angst<br />

vor einem Berufsverbot zeigte sich der Verleger Wilmans äußerst<br />

kooperativ gegenüber der Polizei und gab bereitwillig Auskunft<br />

über <strong>Hoffmann</strong>s Korrespondenzen, verriet u. a. auch, dass <strong>Hoffmann</strong><br />

um die Tilgung einer Anspielung auf von Kamptz in den Manuskriptseiten<br />

gebeten hatte (und damit, dass <strong>Hoffmann</strong>s Zeilen tatsächlich<br />

auf jenen gemünzt gewesen waren). Des Verlegers Denunziation<br />

wurde von der Polizei per Erstattung der für Wilmans<br />

entstandenen Verlustkosten honoriert. Gegen <strong>Hoffmann</strong> wurden vier<br />

Verfahren eingeleitet, 48 und zwar wegen „gebrochener Amtsverschwiegenheit“<br />

(<strong>Hoffmann</strong> habe Aspekte seiner juristischen Tätigkeit<br />

<strong>im</strong> Meister Floh verarbeitet), wegen „Beamtenverleumdung“<br />

(Knarrpanti sei als Parodie auf den Polizeidirektor von Kamptz konzipiert<br />

worden), wegen „Majestätsbeleidigung“ (die Obrigkeit fühle<br />

sich verhöhnt) und wegen „Demagogie“ (<strong>Hoffmann</strong> habe den Meister<br />

Floh als Protestschrift gegen die Staatsgewalt verfasst).<br />

Wegen Vernehmungsunfähigkeit hatte das Verhör am Krankenbett<br />

<strong>Hoffmann</strong>s zu erfolgen. Schwer an Syphilis erkrankt, diktierte<br />

der Angeklagte von dort aus auch seine Verteidigungsschrift: 49<br />

Dem Vorwurf, seine beruflichen Erfahrungen in literarischer<br />

Form verarbeitet zu haben, hatte <strong>Hoffmann</strong> entgegen zu halten, dass<br />

niemand völlig abstrahiert von seinem Lebensalltag schaffen könne.<br />

Der Realitätsbezug der Kunst sei also unvermeidlich, der Schriftsteller<br />

habe schließlich gesellschaftliche Verantwortung zu übernehmen.<br />

Walter Scott, seinerseits Jurist, habe ebenso persönliche Berufserfahrungen<br />

in sein schriftstellerisches Schaffen einfließen lassen.<br />

Segebrecht bezeichnet <strong>Hoffmann</strong>s Argumentation als Verteidigung<br />

der Rechte der Poesie gegenüber der Staatsgewalt. 50<br />

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