Arbeitszeit - KV Schweiz
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32<br />
Zivilstandsamt<br />
Mit Emotionen umgehen können<br />
Der Job sei sehr abwechslungsreich und<br />
vielfältig, loben sowohl Rancetti wie ihre<br />
Mitarbeiterin Pia Wolf. Letztere fügt an:<br />
«Es ist nie langweilig.» Denn selbst wenn<br />
sie den ganzen Tag mit leblosem Papier zu<br />
tun hat, stecken grösste Emotionen in den<br />
schwarz auf weiss festgehaltenen Eintragungen:<br />
Glückseligkeit über die Geburt<br />
eines Kindes, Freude über das Ehebündnis,<br />
Trauer über den Tod eines Familienangehörigen.<br />
«Wir sehen in viele Leben<br />
und Schicksale», sagt Rancetti. Mitbringen<br />
müsse man deshalb viel Freude am<br />
Umgang mit Menschen.<br />
Aber der Umgang mit den Emotionen<br />
will gelernt sein. Unfälle seien am<br />
Schlimmsten, erklärt Pia Wolf. Lebenserfahrung<br />
ist wertvoll. Kurse wären hier<br />
nützlich, meint Beatrice Rancetti. Sie selber<br />
baut auf ihre 35 Jahre Berufserfahrung.<br />
Schwieriges bespricht sie im Team<br />
oder mit anderen Amtsleiter/innen. Einer<br />
der schwierigsten Momente für sie war,<br />
context 10 – 2012<br />
als sie den Tod ihrer besten Freundin aufnehmen<br />
und eine Stunde später einen<br />
Mitarbeitenden trauen musste.<br />
Trauungen sind also nur eine von vielen<br />
Aufgaben – aber aufwendig. Hier besteht<br />
dann doch die Möglichkeit, ein we<br />
«Vor zehn Jahren erhielt man noch Fotos und<br />
Dankesschreiben. Heute ist es für die Leute eine<br />
pure Dienstleistung, die man nicht verdankt.»<br />
Beatrice Rancetti, Leiterin Zivilstandsamt<br />
NAchWuchs gEsucht<br />
Es fehlt an Nachwuchs im <strong>Schweiz</strong>er Zivilstandswesen.<br />
Gesucht sind vor allem<br />
Personen, die einen <strong>KV</strong>-Abschluss gemacht<br />
haben.<br />
Seit 2005 gibt es eine Berufsprüfung für<br />
Zivilstandsbeamtinnen und -beamte.<br />
Seither haben über 350 Personen den<br />
anspruchsvollen eidgenössischen Fachausweis<br />
erworben. Damit werde gezeigt,<br />
heisst es beim <strong>Schweiz</strong>erischen Verband<br />
für Zivilstandswesen, dass es sich nicht<br />
nur – wie von aussen vielfach gesehen –<br />
um irgendeine untergeordnete Funktion<br />
in der öffentlichen Verwaltung, sondern<br />
um einen eigenen Berufsstand mit<br />
grosser Verantwortung und staatstragenden<br />
Aufgaben handelt.<br />
In der <strong>Schweiz</strong> sind ausschliesslich die<br />
Zivilstandsämter zur Beurkundung des<br />
nig kreativ zu sein, wie Pia Wolf bemerkt.<br />
Ihre bisher eindrücklichste Trauung war<br />
jene zweier Frauen, «wo man so deutlich<br />
gefühlt hat, wie sehr sie sich lieben».<br />
Abklärungen im Ausland<br />
Wie die Trauung gestaltet wird, hängt<br />
vom Brautpaar ab. Der Ablauf wird im<br />
Vorfeld anlässlich des Ehevorbereitungsgesprächs<br />
besprochen. Die einen wollen<br />
eine ganz kurze Zeremonie, andere<br />
nützen die 20 Minuten aus, die ihnen offiziell<br />
zustehen. Während des Treffens<br />
müssen die Brautleute zudem eine eidesstattliche<br />
Erklärung unterschreiben, dass<br />
es kein Hindernis für eine Eheschlies<br />
sung gibt. Und sie erfahren, was sie für<br />
Dokumente benötigen.<br />
Personenstandes und zur Vorbereitung<br />
und Durchführung der Eheschliessung<br />
zuständig. Sie stellen die Basisdaten für<br />
die weitere Verarbeitung in der Verwaltung<br />
bereit (für die Einwohnerkontrolle,<br />
Steuerverwaltung, militärische Aushebung,<br />
AHV usw.).<br />
Zur Berufsprüfung wird zugelassen, wer<br />
über einen kantonalen oder einen eidgenössischen<br />
Ausbildungsabschluss auf<br />
Sekundarstufe II verfügt. Oder wer den<br />
Nachweis erbringt, während mindestens<br />
zwei Jahren 70 bis 100 Prozent, oder<br />
während mindestens drei Jahren 40 bis<br />
70 Prozent eine zivilstandsamtliche Tätigkeit<br />
ausgeübt zu haben.<br />
Für detaillierte Infos: www.zivilstandswesen.ch<br />
Bei den beiden deutschen Immigranten,<br />
die soeben bei Beatrice Rancetti waren,<br />
gab es keine Probleme. Anders sieht<br />
es bei den Bräuten aus der Mongolei oder<br />
Nepal aus, die keine Papiere besitzen.<br />
Zurzeit tauchen auch viele Eriträer ohne<br />
Papiere auf. Da müssen dann Urkunden<br />
Abklärungen mit Botschaften im Ausland<br />
gemacht werden.<br />
Auf dem Zivilstandsamt Kreis Liestal,<br />
das für 14 Gemeinden im Kanton Basellandschaft<br />
und ein Dorf im Kanton Aargau<br />
zuständig ist, werden pro Jahr rund<br />
220 Trauungen vorgenommen. Dafür<br />
steht im Amt ein Trauzimmer zur Verfügung.<br />
Angeboten werden an bestimmten<br />
Daten auch das Schloss Pratteln oder das<br />
Schloss Wildenstein. Diese Orte haben<br />
Atmosphäre. Das Trauzimmer in Liestal<br />
ist eher nüchtern, gewinnt laut Pia Wolf<br />
aber an Ambiente, wenn sich Sonnenstrahlen<br />
durch das Fenster der alten Tür<br />
stehlen.<br />
Poetische Momente<br />
Beatrice Rancetti nimmt jeweils einige<br />
Unterlagen mit und entscheidet spontan,<br />
je nach Stimmung der Gesellschaft, wie<br />
sie die Trauung gestaltet. «Oft beginne ich<br />
mit dem Gesetz und sage dann etwas zur<br />
Partnerschaft.» Sie stellt auch Fragen,<br />
zum Beispiel was die Brautleute von der<br />
Ehe erwarten. Nach dem JaWort und<br />
eventuellem RingTausch beendet Rancetti<br />
die Zeremonie oft mit einem Gedicht.<br />
Selber haben Wolf und Rancetti nie<br />
geheiratet. Sie habe «zu viel gesehen»,<br />
meint Rancetti. Zwangsheiraten zum Beispiel.<br />
Oder Stammkunden: Sie habe<br />
Mühe, wenn jemand zum vierten Mal heirate<br />
oder eine Braut aus den Ferien mitbringe.<br />
Die kürzeste Ehe hielt übrigens<br />
zwei Stunden – dann durfte die Scheidung<br />
bearbeitet werden. 50 Prozent beträgt<br />
die Rate im Kanton Basellandschaft.<br />
Es gebe aber tolle Paare, betont Rancetti.<br />
Eines hat vor sieben Jahren geheiratet<br />
und kommt nun an jedem Hochzeitstag<br />
ins Amt und trinkt einen Kaffee mit<br />
der Leiterin. Diese erzählt: «Vor zehn Jahren<br />
erhielt man noch Fotos und Dankesschreiben.<br />
Heute ist es für die Leute eine<br />
pure Dienstleistung, die nicht verdankt<br />
werden muss.»<br />
Dankbar ist der Job nicht immer, gewisse<br />
Ausländer etwa verlangen nach<br />
einem Mann, wollen eine Frau nicht akzeptieren.<br />
Es braucht zudem einen sieb