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18 KULTUR JOKER KULTOUR

Freiheitssinsel im Kleinen Wiesental

Der Kulturraum Rosenhof in Schwand ist eine

kulturelle Begegnungsstätte ohne Abgrenzung

„Eine Zukunft mit Vision ist

eine Zukunft mit Hoffnung.

Hoffnung ist Vertrauen in die

Bewegung des Lebens.“ Pilar

Buira Ferre

Die 1961 im spanischen Lleida

geborene Pilar Buira Ferre

ist nach gründlicher tänzerischer

Ausbildung bei internationalen

Tanzgrößen, darunter

auch Pina Bausch, viele Jahre

als Mitglied verschiedener

Tanzkompanien und Tanztheaterensembles,

aber auch

mit eigenen Produktionen in

zahlreichen Ländern der Welt

herumgekommen. Sie hat als

Dozentin für Modernen Tanz

an der Folkwangschule in Essen

und als Tanzpädagogin

und Choreografin beim Theater

Total in Bochum gearbeitet.

Sie kennt also als erfolgreiche

Künstlerin den Kulturbetrieb

von allen Seiten. Und trotzdem,

oder gerade deswegen,

hat die weltgewandte Kosmopolitin

1999 den Kulturraum

Rosenhof in Schwand, einem

Ortsteil von Tegernau im Kleinen

Wiesental, weitab von den

kulturellen Metropolen und

nur mit Aufwand erreichbar,

gegründet.

„Ich wollte frei von allen

institutionellen Zwängen

eine Stätte der kulturellen

Begegnung und des freien

Austauschs für Menschen

ohne jede Abgrenzung oder

Beschränkung schaffen.“ Sie

suchte lange nach einem geeigneten

Ort und fand ihn im

Rosenhof in Schwand auf den

Schwarzwaldhöhen. Zunächst

Mitte des 19. Jahrhunderts als

Bauernhof von Frieder Roser

Pilar Buira Ferre im parkartigen Garten des Rosenhofs in Schwand

Foto: E. Krieger

als „Roserhof“ erbaut, zog er

später wie magnetisch sehr

spezielle Menschen an. In den

1920er Jahren lebte dort der

aus der Krupp-Dynastie stammende

Tüftler und Erfinder

Oskar Jurnitschek, der dort die

Konservierung von Wurst und

Fertiggerichten in Dosen erfand.

Zehn Jahre danach folgte

als Besitzer Karl Scheurer, der

die Oberbadischen Angora-

Werke, später die noch heute

existierende „Medima“ gegründet

hatte und züchtete

dort Angorakaninchen. Dann

kam der Bauunternehmer Alfred

Meierhans. Er veranlasste

erhebliche Umbauten der Gebäude

und hinterließ überall

auf dem Gelände noch heute

vorhandene schmiedeeiserne

Blütenornamente, was zur Namensgebung

Rosenhof führte.

1982 scharte der Psychoanalytiker

Dieter Duhm eine Gruppe

Gleichgesinnter um sich, deren

freizügige Experimente neuer

Formen des Zusammenlebens

jedoch im Kleinen Wiesental

nicht sehr gut ankamen. Und

dann zogen 1999, nach einigem

Leerstand, Pilar Buira Ferre

und der Mediziner Andreas

Vogel mit ihren beiden Töchtern

auf dem Rosenhof ein.

„Jeder unserer Vorgänger hat

hier Impulse gesetzt und etwas

hinterlassen. Für mich ist

dies eine Wiese voller Blumen,

die ich zu einem neuen Strauß

zusammenfügen kann“, sagt

Pilar, die am liebsten nur mit

ihrem Vornamen genannt sein

möchte.

Schon bald organisierte sie

die ersten Konzerte und andere

Kulturveranstaltungen

und parallel dazu wurde eine

naturheilkundlich-ostheopatische

Praxis eingerichtet, die

neben der Patientenbetreuung

auch Ärzte und Therapeuten

aus aller Welt anzog, die die

damals noch sehr junge Therapiemethode

kennenlernen

wollten. Finanziert wurde das

Ganze wesentlich durch die

externe Arbeit von Pilar als

Choreografin, Tänzerin und

Tanzperformerin.

2003 gründete Pilar zusammen

mit ambitionierten Kulturfreunden

den Verein „Kulturraum

Rosenhof“ und das Veranstaltungsspektrum

kam so

richtig in Schwung. Es reichte

von Kammerkonzerten, Theateraufführungen,

modernen

Tanz-Performances, Kunstausstellungen

bis zu Tanz- und

Malworkshops und Zirkus- und

Theaterprojekten für Kinder.

Den Höhepunkt bildete das

alljährliche Tanzfestival. Dafür

konnte Pilar durch ihre guten

Kontakte Tanzkompanien und

Solokünstler aus ganz Europa

und Übersee gewinnen, die

das eigenwillige Projekt gerne

unterstützten. Der Rosenhof

entwickelte sich von einem Insidertipp

zur vielbesuchten und

-beachteten Kulturstätte.

Leider brannte 2010 die

für die Veranstaltungen ausgebaute

ehemalige Scheune

komplett aus und mit ihr Kostümfundus,

Ausstellungsräume

und der Wintergarten.

Im Musiksaal im Haupthaus

waren nur noch kleinere Veranstaltungen

möglich und an

Tanzperformances war nicht

mehr zu denken. Mit einer

provisorischen überdachten

Freiluftbühne konnte zwar das

Tanzfestival weiterhin stattfinden,

aber der Verein musste

sich Gedanken über eine neue

Zukunft machen. Ergebnis war

2013 eine neue Vision für den

Rosenhof, die nach langem bürokratischem

Hin und Her nunmehr

2021 in Angriff genommen

wird. Doch davon später.

Zwischenzeitlich entwickelte

Pilar 2010 mit „In Zeit Sprung“

ein Tanztheaterprojekt für

Frauen und Männer über 40 als

eine Einladung, sich selbst als

Persönlichkeit näher zukommen

und in sich „den Künstler

zu entdecken“, wie Pilar es gerne

formuliert. Über die Dauer

von sieben Monaten durchlaufen

die Teilnehmenden eine

Abfolge von Workshops in

den Sparten Tanz, Skulptur,

Malerei, Singen und Bodypercussion.

Am Ende werden die

Resultate vor Publikum in verschiedenen

Tanzperformances

präsentiert. In jedem Jahr waren

bisher die Klassen voll besucht,

für 2021 sind noch Anmeldungen

möglich.

Die erwähnte Vision 2013

beschreibt ein integriertes

Konzept verschiedener Komponenten.

Ein Theatersaal

soll als Voraussetzung für die

Fortführung des bisherigen

Veranstaltungsspektrums mit

dem Mittelpunkt Tanz neu

errichtet werden. Im Haus der

Gesundheit dreht sich alles um

spezielle humanistische Medizin-Ansätze

und schließlich

soll durch den Bau von Mietwohnungen

das solidarische

Zusammenleben von Familien

und Einzelpersonen gezielt und

bewusst generationenübergrei-

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