ST:A:R_10
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
<strong>ST</strong>/A/R<br />
Buch XI – EP positions<br />
Nr. <strong>10</strong>/2006 87<br />
Franzobels „hunt” als Auftakt eines Zentrums für radikales Volkstheater<br />
HausruckTheater<br />
Zeittheater am Kohlebrecher<br />
Nach dem Nestroypreis 2005 für<br />
Franzobels Erfolgsstück „hunt oder<br />
Der totale Februar“ stellt der Verein<br />
Theater im Hausruck das neue Zentrum<br />
für radikales Volkstheater vor. Der<br />
Kohlebrecher in Kohlgrube / Wolfsegg,<br />
ein imposantes Industriedenkmal aus<br />
der Blütezeit des Braunkohlebergbaus,<br />
wird zur Kulisse für zeitgenössisches<br />
Theater rund um Themen aus Politik<br />
& Gesellschaft, (Zeit)Geschichte und<br />
Gegenwart. Nach der diesjährigen<br />
Wiederaufnahme von „hunt“ folgen 2007<br />
und 2008 die Stücke „zipf“ und „lenz“,<br />
ebenfalls aus der Feder Franzobels: in<br />
Summe eine Trilogie, die verdrängte<br />
Ereignisse der regionalen Zeitgeschichte<br />
zu packenden Theatertexten verdichtet.<br />
Regisseur Georg Schmiedleitner will<br />
auch in den kommenden Jahren mit<br />
dem HausruckTheater brennende<br />
Themen der jüngeren Geschichte rund<br />
um den Kohlebrecher in Szene setzen<br />
und Impulse für eine breit angelegte<br />
Diskussion geben. Franzobels Triologie<br />
begreift sich als radikales Volkstheater.<br />
Radikal im Sinne von: formale und<br />
inhaltliche Zeitgenossenschaft, klare<br />
Abgrenzung von folkloristischem Theater,<br />
deklarierte Verwurzelung in der Region<br />
– durch die Wahl der Themen, durch die<br />
Organisationsform und die Beteiligung<br />
vieler Menschen im Hausruck.<br />
Peter Weinhäupl (Eigentümer<br />
Kohlebrecher, kfm. Dir. Leopold Museum):<br />
„Der Brecher ist eine 20 Meter hohe,<br />
22 Meter lange und 9 Meter breite,<br />
seit 1922 bestehende Kohlebrechund<br />
Sortieranlage. Er befi ndet sich<br />
im 1968 stillgelegten Bergbauareal<br />
der Bergwerkskolonie Kohlgrube in<br />
Wolfsegg/OÖ. Nach dem Ende des<br />
Braunkohlebergbaus wird der Brecher<br />
zum Symbol für den Niedergang der<br />
Region. Eine Architekturskulptur mitten<br />
im Wald, um die sich niemand kümmerte:<br />
in keinem Architekturführer erwähnt,<br />
aus dem Bewusstsein der Bevölkerung<br />
gelöscht, als Schandfl eck abgestempelt,<br />
im Wald versteckt. Die Aura des Ortes und<br />
die Form begeisterten mich. Die Rettung<br />
dieses Bauwerks war schon Grund genug<br />
für einen Erwerb. Auch mein Bruder<br />
Wolfgang, Architekt in Wien, war von der<br />
Betonspinne fasziniert. Beide ersteigerten<br />
wir das Gelände und begannen auf eigene<br />
Faust mit Renovierungsarbeiten. 2003<br />
bewies die Eröffnung des Festivals der<br />
Regionen am Brechergelände, welche<br />
Strahlkraft der Betonsolitär besitzt. Die<br />
öffentlichkeitswirksame Abwicklung des<br />
Festivals kann als Initialzündung für das<br />
darauf folgende Theaterprojekt ‚hunt oder<br />
Der totale Februar’ verstanden werden.<br />
Der vormalige Schandfl eck wurde zum<br />
allseits geschätzten Symbol einer Region<br />
mit Industrie- und Arbeitskultur.“<br />
www.hausrucktheater.at