Nr. <strong>11</strong>/2006 Buch XVI - Lutter <strong>ST</strong>/A/R 123 Interview: <strong>ST</strong>/A/R: Es freut mich, daß Du in unser Büro gekommen bist, um für Star a bisserl was aus Deinem Leben und von Deiner Arbeit zu erzählen. Du hast etwas ganz Neues gemacht. Du hast im 7. Bezirk einen Shop für Architektur eröffnet. Magst Du uns erzählen, was Du damit bezweckst? Lutter: Ja, also paß auf, die Idee war so, ich hab oben im letzten Geschoß ein Büro gemietet und das Erdgeschoßlokal war leer, frei. Ich bin immer wieder dort vorbeigekommen und hab reingeschaut und mir gesagt ‚das ist interessant, was läßt sich damit machen?’ Also hab ich mich erkundigt, bin auch hineingegangen und hab von drinnen rausgeschaut. Da hab ich gesehen, das ist ziemlich städtisch, da gibt’s eine Kreuzung, da ist viel los, da ist Verkehr, da fahren viele Autos. Ich hab mir gedacht, ‚ich weiß net, das taugt mir, das hat was’. Dann hab ich mich mit einer langjährigen Mitarbeiterin zusammengesetzt: ‚Weist Du Michi, wir sollten irgendwas machen da unten, das reizt mich, das ist spannend. Wir sitzen da oben im Elfenbeinturm, wir Architekten, machen auf elitär und sofisticated und finden uns selbst so richtig gut, aber wenn zehn von uns miteinander sitzen, dann ist das gar nicht zum auszuhalten! Ich jedenfalls habe damit oft ein Problem. Also: Raus aus dem Elfenbeinturm! Machen wir an Shop für Architektur, wo wir Architektur verkaufen’. <strong>ST</strong>/A/R: Was verkauft man denn da und wie geht das denn? Lutter: Was wir verkaufen sind die geistigen, immateriellen Leistungen die unsere Hirne erbringen. Wenn Du sonst zum Architekten gehst, dann sagt der Dir: ‚das dauert ein Jahr wenn ich anfange und kostet viel Geld’. Er verkauft ganze, fertige Produkte. Wir dagegen sezieren unsere Leistungen, wir schneiden sie auf, wie in einer Computer-Tomographie. Unsere Leistung besteht aus vielen verschiedenen Leistungen und die verkaufen wir, einzeln. Wir haben das Geschäft auf das eingerichtet, was einer braucht, der ein Projekt macht. Wurst was! Oft geht’s um Grundstücke, um Fragen der Bauordnung und Anschlüsse, die vielen, vielen Dinge, die ein Projekt mit sich bringen kann. Was mach ich, wenn ich eine Terrasse auf dem Dach bauen oder einen Kleingarten ausbauen will? Brauch ich da die Baupolizei, den Eigentümer oder einen Rechtsanwalt? <strong>ST</strong>/A/R : Da braucht es dann geschultes Personal das Antworten gibt... Lutter: Im Shop sitzt eine Mitarbeiterin, die bei mir jahrelang als Architektin gearbeitet hat. Die weiß vieles und den Rest müssen wir erarbeiten. Wir wissen ja nicht überall sofort Bescheid, aber einiges wissen wir schon. <strong>ST</strong>/A/R: Und dann verkauft Ihr Eure Informationspakete dort direkt zu festen Preisen? Lutter: Sobald wir wissen worum es geht klären wir Preise ab. Wenn ich mir etwas anschaue vor Ort, dann kostet das fünfzig oder hundert Euro, wie auch immer, wir machen das dann vorab aus. Dann gibt es eine Beratung nach Bedarf, ich stehe zur Verfügung um Fragen zu besprechen. 03:51:<strong>ST</strong>/A/R: Wonach fragen Dich Deine Kunden? Lutter: Wie kann ich eine Stiege einbauen um zwei Wohnungen zusammenzulegen? Welche Materialien sollte ich für bestimmte Arbeiten verwenden? Welche Alternativen gibt es zu meinen Plänen? Soll ich diese oder jene Räumlichkeit kaufen, ist sie ihren Preis wert? <strong>ST</strong>/A/R: In Wien ist euer Shop für Architektur sicher eine einmalige Einrichtung? Lutter: Ich glaube in Österreich, wir sind jedenfalls die Ersten. <strong>ST</strong>/A/R: Abends veranstaltet Ihr Informationstreffen im Büro? Lutter: Wir schauen abends oft Filme an. Das Programm orientiert sich an Themen, die unsere Gäste interessieren. Wir kooperieren dabei mit einer Rechtsanwaltskanzlei, die machen die rechtliche und wir die architektonische Beratung. Gerade hatten wir eine Veranstaltung zum Thema Dachterrasse. Was kann und was darf gemacht werden? Demnächst stellen wir eine Arbeit von der Weimarer Bauhausuniversität aus. Der Vorsteher des 7. Bezirks der Thomas Blimlinger hat das eingefädelt. <strong>ST</strong>/A/R: Hat er dazu die Initiative ergriffen? Lutter: Dem Blimlinger gefällt was ich mache, weil es im Bezirk viele leere Geschäftslokale gibt. Teils sind die Mieten sehr hoch, teils erscheinen die Lokale nicht als attraktiv. Der Bezirk hat sich mit dem Thema beschäftigt und dazu verschiedene Entwürfe gemacht. Die wurden bei uns ausgestellt. <strong>ST</strong>/A/R: Das freut mich, daß Du mit Deinem Geschäft Initiative im Kleinbereich ergreifst. Wir brauchen ja mehr als immer nur Weltarchitektur. Wie paßt das zu Deinen bisherigen Aktivitäten? Lutter: Angefangen habe ich ja als alternativer Architekt, mit biologischen und ökologischen Wohnhäusern. Diesen Weg habe ich dann verlassen. <strong>ST</strong>/A/R: Was war der Grund? Lutter: Mir schien das damals als zu aufgesetzt. Das war die Zeit der sogenannten Edelgrünen, der bürgerlichen Grünen. Die wollten, daß jedes Haus wie ein Dorf aussieht. Alles sollte ökologisch ausschauen. Das war mir zu dogmatisch. Es hat auch noch nicht hingepaßt. Alles hat mehr gekostet, aber es war nicht klar, wie sich das amortisieren sollte. Es etwas besser geworden, aber es gibt ja immer noch zu wenig Förderung. Ich hab das dann jedenfalls verlassen und mich in den neunziger Jahren mit der Gestaltung von Restaurants als Erlebnisbereich beschäftigt. Orte an denen man Tanzen, Essen, trinken und Musik machen kann. Das hat sich in der Kärntnerstrasse ergeben, wo wir ein geschossiges Lokal gestaltet haben. <strong>ST</strong>/A/R: Worum ging es Euch dabei? Lutter: Mit verschiedenen Künstlern haben wir versucht ein Thema zu entwickeln. Was ist das Thema Essen? Was kann das alles? Was gibt es für Genüsse, was gibt es für harte und was gibt es für weiche Früchte? Das haben wir umgesetzt in Architektur. Wir haben uns auch mit Inszenierung auseinander gesetzt. Wo soll und will der Gast gesehen werden? Und wo nicht? Neben dem Funktionellen haben wir Gefühlswelten berücksichtigt und inszeniert. Da hat es ein paar Lokale gegeben, in denen wir diesen Weg gegangen sind. Leider hat halt der Betreiber nicht das Geschick gehabt, diese Lokale entsprechend zu führen. <strong>ST</strong>/A/R: Zwischen Auftraggeber und Architekt muß ein harmonisches Zusammenspiel bestehen. Wenn das Herz des Auftraggebers nicht dabei ist, dann ist es sinnlos, überhaupt etwas zu machen. Lutter: Die Beziehung kann durchaus kontrovers sein. Das kann ja Energie erzeugen. Wenn der Auftraggeber immer nur sagt „Ja, ja, paßt eh, ja, ja, paßt eh“ ist das meistens schlecht. Grad wenn der manchmal dagegen ist, aber bereit ist, mit mir zu kämpfen, dann kann was Gutes rauskommen. <strong>ST</strong>/A/R: Mit dem Statikbüro von Helmut Locher arbeitet ihr auch schon lange zusammen? Lutter: Seit der Zeit des Alternativprojektes in der Schottenfeldgasse 78. Wir haben das zusammen gemietet, das Haus dahinten, gemeinsam mit anderen befreundeten Architekten und Künstlern. Wir haben das gemietet um zu schauen das wir miteinander was machen. Das hat sich dann nicht so entwickelt, wie ich das geglaubt hab. Aber die Querverbindung mit dem Locher ist sehr stark geworden und natürlich sind die Projekte dann gut gelaufen, weil man im Haus miteinander kommunizieren konnte. <strong>ST</strong>/A/R: Und was kam danach? Lutter: Dann sind andere Aufträge gekommen. Besonders die Dachwohnungsgeschichte hat mich sehr beschäftigt und mir die spezielle Wiener Situation klarer gemacht. Das Wiener Bürgerhaus oder die Gründerzeithäuser, das ist alles sehr lieb und wertvoll, sodaß man nichts verändern darf oder soll. Irgendwann hat es dann diesen Gewaltakt gegeben, diese Provokation der Spitalgasse: ‚So, jetzt zeig ich Euch, daß man durchhaus auf ein Gründerzeithaus was draufsetzen kann, was mit dem Haus zunächst einmal gar nichts zu tun hat“. Die Immanenz, die Überzeugung, daß über jede Fensterachse eine Gaube gehört, ist in Frage zu stellen. Nicht daß ich gegen die Erhaltung der Bauten wäre oder Zusammenhänge ablehne, aber man muß das differenziert sehen und bei jedem Haus kann das anders sein. Wir haben dann die Auftraggeber ein bißchen überrumpelt. <strong>ST</strong>/A/R: Die Auftraggeber verstanden die Pläne wohl nicht so genau? Lutter: Natürlich nicht, keiner hat so ganz genau gewußt was da passiert. Wir haben das Projekt eingereicht, dann haben wir es zurückbekommen und haben eine Auswechslungsplanung gemacht. Über die haben wir rübergezeichnet und es hat keiner mehr so wirklich erkannt, was das für ein Projekt war, weil das zunächst ja ganz blöd und banal ausgeschaut hat. Wir haben dann diese Holzleinenzeichnung gemacht, die in der Auswechslungsplanung nicht so ganz leicht zu erkennen war. Daraus haben sich dann andere Dachgeschoßprojekte ergeben. <strong>ST</strong>/A/R: Dann hast Du auch Wettbewerbe gewonnen? Lutter: Wenn Bauherren Architekten suchen, aber nicht wissen wen, dann schreiben sie mitunter kleine Wettbewerbe aus, zum Beispiel für Einfamilienhäuser, auf eine sehr positive Art und Weise. Da habe ich mitgemacht und gewonnen. <strong>ST</strong>/A/R: Wie beschreibst Du nach 30 Jahren Tätigkeit Deine Zufriedenheit mit Wien? Lutter: Also selbstständig arbeite ich ja erst seit zwanzig Jahren. <strong>ST</strong>/A/R: Das bedeutet aber schon was, also das ist schon zu schätzen! Lutter: Ich sags so: es wir viel geraunzt und gejammert. Ich tu das überhaupt nicht. Ich find das im Grunde ziemlich super was hier passiert, mit all den Facetten die Wien hat. Ich war gerade zehn Tage in China, da ticken die Uhren anders. Über das was wir hier täglich diskutieren, etwa eine Überhöhung von 50 cm, fangen die gar nicht erst zu reden an. Aber mittlerweile habe ich gelernt mit den Behörden umzugehen, sehe das Positive und find einen Weg. Früher bin ich ein bisserl aggressiv aufs Amt gegangen. Das hab ich jetzt überhaupt nicht mehr, sondern gehe gerne hin und suche auch Rat: ‚du wie geht das, wie mach ma das?’ r Heinz Lutter l walder.tischlerei@utanet.at
Städteplanung / Architektur / Religion Buch XVI - Lutter <strong>ST</strong>/A/R 125 Lutters Dachlandschaften Fotos: Anna Blau Ihr Spezialist für Planung, Fertigung und Montage im Bereich Glasdächer und Glasfassaden. Mit eigenen Aluminiumprofi len sind wir unabhängig von Systemlieferanten. Unser Know-How ist Ihr Erfolg. Spezielle Projekte werden nach Naturmaß gefertigt. Besuchen Sie unsere Homepage und profi tieren Sie von unseren Service. ▲www.wema-glasbau.at Penthouse Sankt Veit Gasse 4 - 6, Wien 13 wema - glasbau GmbH Neubauzeile 59 4030 Linz Tel +43 732 38 20 36-0 Fax +43 732 38 46 82 Geschäftsleitung: Ing. Johannes Eßmeister Mobil +43 676 83 88 16 00 ▲ <strong>ST</strong>/A/R FREUT SICH ÜBER DIE GELUNGENE ZUSAMMENARBEIT!!! Meidlinger Hauptstrasse 15 / Arndtstrasse 89, Wien 12 Fotos: Margherita Spiluttini ▲