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ST_A_R_19

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Nr. <strong>19</strong>/2008 Buch II - Wiener Wohnbau<br />

<strong>ST</strong>/A/R 11<br />

Das Wohnen als kulturelle<br />

Ausdrucksform unseres Lebens<br />

du<br />

Zur Zeit der letzten Jahrhundertwende war die Wohnsituation in den europäischen Städten fürchterlich.<br />

Ein Ergebnis der industriellen Revolution, die Millionen von Arbeitern in die Städte trieb. Wien,<br />

Reichshauptstadt der österreichisch-ungarischen Monarchie hatte gerade die Gründerzeit bewältigt, die<br />

Schleifung der mittelalterlichen Basteien öffnete die alte Stadt zu den Vororten, und die alte kleinteilig<br />

barocke Struktur der Stadt wurde von rationalen Zinskasernen verdrängt. Eine Struktur der Stadt, die bis heute<br />

besteht.<br />

Dagegen etablierte sich der soziale Wohnbau in ganz Europa und in Wien ganz besonders, um die miserablen<br />

Wohnverhältnisse zu bekämpfen. Sozialer Wohnbau bedeutet, dass der Staat eine öffentliche Verantwortung und<br />

Kontrolle über die Höhe der Mieten und die Qualität des Wohnbaus übernimmt. Der Wohnbau ist damit dem freien<br />

Markt entzogen, dafür ermöglichen niedrige Mieten auch niedrige Löhne und folglich eine höhere Produktivität<br />

der Wirtschaft. Der Wohnbau als System wird als wesentliches Steuerungsinstrument verstanden, das innerhalb der<br />

Stadt einen sozialen Ausgleich ermöglicht, das Gentrification und Verslumung verhindert. Zudem ermöglicht die<br />

öffentliche Kontrolle des Wohnbaus auch die Sicherung einer architektonischen Qualität.<br />

Weltweite Aufmerksamkeit erlangt das “Rote Wien” mit seinen “Superblocks”, deren Architekten zum großen<br />

Teil von Otto Wagner ausgebildet waren. Folgten diese noch einer traditionellen Architektursprache, so wurde die<br />

Moderne in neuen Siedlungen realisiert.<br />

Nach der Nazizeit und dem Wiederaufbau nach dem 2. Weltkrieg wurde in den achtziger Jahren das System des<br />

Wiener Wohnbaus verfeinert, den heutigen Bedürfnissen angepasst. Mit hoher architektonischer Qualität wird auf<br />

die verschiedenen städtebaulichen Situationen reagiert. Beispielhafte Lösungen wurden realisiert. Die öffentlichen<br />

Förderungen, die politische Verantwortung, die engagierten Bauträger und hervorragenden Architekten - sie<br />

garantieren auch heute leistbare Wohnungen für alle Bevölkerungsgruppen mit einer architektonischen Haltung,<br />

die den Wohnbau als wesentlichen kulturellen Ausdruck des Lebens proklamiert.<br />

Vorwort von Dietmar Steiner, Direktor Architekturzentrum Wien,<br />

aus dem Ausstellungskatalog „Wiener Wohnbau – Innovativ. Sozial. Ökologisch“<br />

FRAUEN-WERK-<strong>ST</strong>ADT UND KULTURPALAIS<br />

EINGANG OSWALDGASSE

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