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4. Advent 2020 Grenzland Anzeiger

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<strong>4.</strong> <strong>Advent</strong> <strong>2020</strong><br />

<strong>Grenzland</strong> <strong>Anzeiger</strong><br />

Mit Brauchtum im Inntal auf Weihnachten zu<br />

Nr. 26/<strong>2020</strong><br />

Von Christina Schmid<br />

Es ist schon eine besondere<br />

Zeit im Jahr, die <strong>Advent</strong>szeit. Mit<br />

ihrem Brauchtum, Düften nach<br />

Zimt und Nelken und den vielen<br />

Lichtern werden Kindheitserinnerungen<br />

wach. Vordere Generationen<br />

berichten den nachkommenden,<br />

wie es damals<br />

war, als die Barbarazweige<br />

in die Vase gesteckt<br />

wurden, der Nikolaus<br />

mit dem Kramperl<br />

kam und vieles mehr. Im<br />

Simbacher Heimatmuseum<br />

gibt es einen Ordner,<br />

in dem Veröffentlichungen<br />

zum Thema „Kirchliches<br />

Brauchtum im Jahreslauf“<br />

gesammelt werden. Darin<br />

findet man zum Beispiel<br />

einen „Kalender aus dem<br />

Jahr 1947“, verfasst von Augustinus<br />

Martlmüller aus<br />

Tann, gedruckt von A. Lehner<br />

aus Simbach am Inn.<br />

Martlmüller war Zeitungsredakteur<br />

in Tann und Heimatkundler.<br />

„Wie der liebe<br />

Herrgott die Düs terheit<br />

der Nacht mit leuchtenden<br />

Sternlein säumte, so hat er<br />

auch den grauen Alltag<br />

unseres Lebens verschönt<br />

durch die innigen und<br />

trauten Feste…“, schreibt<br />

der Autor den Kalender<br />

einleitend. Er wollte mit<br />

seiner kurzen schriftlichen Führung<br />

durch das Kirchenjahr das<br />

Volk wieder vertraut machen mit<br />

dem noch vorhandenen, sowie in<br />

den letzten Jahrzehnten bereits<br />

in Vergessenheit geratenen religiösen<br />

Brauchtum der Heimat. Es<br />

war 1947, die Erlebnisse und Erinnerungen<br />

an den 2. Weltkrieg<br />

steckten noch in Herzen, Gemütern<br />

und Knochen der Menschen.<br />

Seit dem Erscheinen des Kalenders<br />

1947 sind Jahrzehnte vergangen,<br />

manche Bräuche sind geblieben,<br />

manche gibt es nicht<br />

mehr. Martlmüller beginnt mit<br />

dem Weihnachtsfestkreis und<br />

hier mit dem <strong>Advent</strong>skranz. „Mit<br />

dem Kirchenjahr beginnt am<br />

Ein Licht in dunkler Zeit<br />

Der <strong>Advent</strong>kranz ist bei jeder Familie zu finden<br />

vierten Sonntag vor Weihnachten<br />

auch der <strong>Advent</strong>. Er währt bis 2<strong>4.</strong><br />

Dezember. In diese ödeste, dunkelste<br />

Zeit des Jahres bringt der<br />

<strong>Advent</strong>skranz Licht und Freude,<br />

webt goldene Fäden zu den Kinderherzen.<br />

Am ersten <strong>Advent</strong>sonntag wird<br />

zunächst eine Kerze am mit Lametta<br />

geschmückten Tannenkranz<br />

angezündet. Am nächsten<br />

Sonntag brennen schon zwei,<br />

dann drei und am vierten <strong>Advent</strong>ssonntag<br />

alle vier Kerzen. So<br />

wird das allmählich herannahende<br />

Weihnachtsfest sinnreich<br />

angedeutet“, so der Tanner, der<br />

folgend näher auf Engelämter<br />

eingeht und auf die Barbarazweige.<br />

Hierzu schreibt er: „Am<br />

<strong>4.</strong> Dezember ist das Fest der heiligen<br />

Barbara. Ein schöner Brauch<br />

knüpft sich an den Namen der<br />

Heiligen, jener der Barbarazweige.<br />

Als man nämlich Sankt<br />

Barbara während ihres Martyriums<br />

durch Dornhecken schleifte,<br />

erhielten diese nach der Legende,<br />

durch das Blut der heiligen<br />

Jungfrau den leuchtenden<br />

Glück und Segen<br />

mit Barbarazweigen<br />

Blütenschmuck. So blühen auch<br />

Barbarazweige, an diesem Tage<br />

gepflückt und im Zimmer ins Wasser<br />

gestellt, am Weihnachtsfeste<br />

auf und bringen Glück und Segen.<br />

Man nimmt als Barbarazweige<br />

meist Zweige vom Schlehdorn,<br />

vom Holler und vom Kirschbaum“.<br />

Zwei Tage nach Barbara ist<br />

schon der Nikolaus an der Reihe.<br />

Von eigener Bedeutung waren<br />

die Raunächte, als wichtigste werden<br />

im Kalender die Nacht vom<br />

Thomastag, der Heilige Abend<br />

und der Vorabend vor Heilig-Dreikönig<br />

genannt. „Da reicht man<br />

heute noch in manchen Orten<br />

dem Vieh Brot mit geweihtem<br />

Salz, altem Brauch getreu. Früher<br />

mussten in den Raunächten nach<br />

dem Gebetläuten die Stalltüren<br />

geschlossen werden, damit nichts<br />

Unholdes herein konnte. Auch<br />

keine Milch durfte mehr ins Haus<br />

gegeben werden, weil die Hexen<br />

damit ihr Spiel treiben konnten.<br />

Jeder wurde gemahnt zu trachten,<br />

dass er rechtzeitig zu Hause<br />

sei in diesen kritischen Nächten,<br />

da ja auch das „Nachtgload“ (wilde<br />

Jagd) durch die Lüfte brause.<br />

Von Raunächten,<br />

Frauentragen und Kripperl<br />

Wer der „wilden Jagd“, einem<br />

schauerlichen, reitenden Geisterzug<br />

begegnete, musste sich nach<br />

dem Glauben glatt zur Erde werfen<br />

und Arme und Beine kreuzen,<br />

denn sonst wäre er mitgenommen<br />

worden. Dies gibt es heute<br />

nicht mehr. In manchen Pfarreien<br />

wieder aufgelebt ist jedoch das<br />

„Frauentragen“, das Martlmüller<br />

ebenfalls erwähnt. Nach wie vor<br />

wird gepflegt, dass Kripperl aufgestellt<br />

werden. In dieser vorweihnachtlichen<br />

Zeit werden sie<br />

hergerichtet, vielleicht neu ergänzt.<br />

„Der Brauch, Krippen aufzustellen,<br />

das heißt, die wichtigsten<br />

Ereignisse bei der Geburt<br />

und im Leben Jesu während Weihnachten<br />

und in den folgenden<br />

Wochen bis Lichtmess durch Bilder<br />

und Figuren vorzustellen,<br />

geht bis auf die Zeit des hl. Franziskus<br />

von Assisi (gest. 1226) zurück.<br />

Die schöne Sitte fand rasche<br />

Verbreitung in Italien, wanderte<br />

dann auch über die Berge ins<br />

Land Tirol und drang von dort<br />

nach Altbayern vor. Im 17. Jahrhundert<br />

war die Krippe auf bayerischem<br />

Gebiet bereits eingeführt.<br />

Sie wurde im Laufe der Zeit<br />

immer „populärer“. In einem Zeitungsartikel<br />

aus dem Jahr 1919<br />

steht Folgendes: „So mancher,<br />

der zur Weihnachtszeit vor einer<br />

in der Kirche aufgerichteten Krippe<br />

steht, denkt sich vielleicht:<br />

„Wer kam wohl zuerst auf den Gedanken,<br />

eine Krippe zu bauen?“<br />

Foto: Archiv Madl<br />

Die Antwort auf diese Frage ist<br />

nicht eben schwer. Was stellt das<br />

Kripplein vor? Es stellt uns jenen<br />

Ort vor, an welchem der Erlöser<br />

zur Welt geboren wurde. Weil<br />

aber der Stall, in welchem er das<br />

Licht der Welt erblickte, wie alles,<br />

was sich darin befand, arm und<br />

elend war, daher liebte jene Stelle<br />

der Geburt des Herrn derjenige,<br />

welcher aus Liebe zu unserem<br />

Heiland die Armut vor allen anderen<br />

Tugenden am meisten liebte<br />

und schätzte…“ Auch hier wird<br />

auf den Hl. Franz von Assisi verwiesen.<br />

Vieles hat sich gewandelt, manche<br />

einst gepflegte Sitte ist verschwunden,<br />

manches aber über<br />

Jahrhunderte und Jahrzehnte erhalten<br />

geblieben. Auf den <strong>Advent</strong>skränzen<br />

findet man heute<br />

kaum noch Lametta und die Raunächte<br />

haben von ihrem Schrecken<br />

verloren. Es ist schon eine<br />

besondere Zeit, die <strong>Advent</strong>szeit<br />

mit ihren Bräuchen, Düften, Erinnerungen<br />

und der Freude auf das<br />

Christkindl. Auch heuer in diesem<br />

außergewöhnlichen Jahr der Corona-Pandemie<br />

werden <strong>Advent</strong>skränze<br />

gebunden, die Häuser und<br />

Gärten mit adventlichen Arrangements<br />

und Lichtern geschmückt,<br />

Kerzen entzündet und Kripperl<br />

aufgestellt.

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